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Handlungskonzept Klimaanpassung 2013-11-07.pdf

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Daten

Kommune
Bochum
Dateiname
Handlungskonzept Klimaanpassung 2013-11-07.pdf
Größe
1,5 MB
Erstellt
25.12.14, 13:28
Aktualisiert
27.01.18, 11:03

Inhalt der Datei

Kommunales Handlungs- und Controllingkonzept zur Klimaanpassung in Bochum 1 Kommunales Handlungs- und Controllingkonzept zur Klimaanpassung in Bochum Geographisches Institut der Ruhr-Universität Bochum 2 Kommunales Handlungs- und Controllingkonzept zur Klimaanpassung in Bochum Konzepterarbeitung: Dr. Monika Steinrücke Geographisches Institut der Ruhr-Universität Bochum unter Mitarbeit von: Dr. Ulrich Eimer Jörg Eggenstein André Baumeister Manuel Rick In Abstimmung mit der Projektgruppe Klimaanpassung der Stadt Bochum: Uwe Langer | Projektleitung | Stadtplanungs- und Bauordnungsamt Hartmut Ziese | Gesundheitsamt Martin Dabrock | Stadtplanungs- und Bauordnungsamt Martin Bußkamp | Amt für Geoinformation, Liegenschaften und Kataster Andreas Gunkel Tiefbauamt, Abteilung Entwässerung Claudia Herzberg, Peter Morgalla, Philipp Schuster | Umwelt- und Grünflächenamt Bochum 2013 Gefördert durch: Kommunales Handlungs- und Controllingkonzept zur Klimaanpassung in Bochum 3 Inhalt Einleitung 1. 4 Ablaufschema zur Beachtung von Klimaanpassung bei Planungsprozessen 5 1.1 Von der Planung bis zu Genehmigung 9 1.2 Planung öffentlicher Flächen 14 1.3 Hemmnisse und Lösungsansätze 15 2. Die „Handlungskarte Klimaanpassung“ 17 2.1 Konfliktpotentiale 18 2.2 Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel 23 3. Controllingkonzept 30 3.1 Aktualisierung der Grundlageninformationen 31 3.2 Checkliste für Planungsvorhaben 31 3.3 Evaluierung der Ziele / Anpassungsmaßnahmen 32 4 Kommunales Handlungs- und Controllingkonzept zur Klimaanpassung in Bochum Kommunales Handlungs- und Controllingkonzept zur Klimaanpassung in Bochum 5 Einleitung Während der Klimaschutz seit vielen Jahren fester Bestandteil der Kommunalpolitik in Nordrhein-Westfalen ist und zahlreiche Städte und Gemeinden eigene Klimaschutzziele und Klimaschutzstrategien haben, beginnt man auf der kommunalen Ebene erst langsam damit, sich auf die nicht mehr abwendbaren Folgen des Klimawandels einzustellen. Anpassung an den Klimawandel ist bisher oft nur ein Randthema. Allerdings kann die Notwendigkeit der Klimawandelanpassung bereits heute aus dem kommunalen Alltag nicht mehr ausgeblendet werden. Die den Lebensalltag beeinflussenden Veränderungen des Klimas gehen mit erheblichen Belastungen und Risiken einher. Insbesondere ältere Menschen, die aufgrund des demographischen Wandels bald einen großen Teil der Gesamtbevölkerung ausmachen werden, aber auch Säuglinge, Kleinkinder und Kranke leiden verstärkt unter langen Hitzeperioden oder größeren Temperaturschwankungen. Überschwemmungen infolge von Starkregen bedrohen zudem die Infrastruktur wie beispielsweise die Kanalisation, Straßen und Versorgungsleitungen und können in kurzer Zeit zu katastrophalen Situationen führen. Dort, wo Menschen eng zusammenleben und eine funktionierende Infrastruktur sehr wichtig ist, steigt die Anfälligkeit für Störungen durch Wetterereignisse, die Risiken und Gefährdungen sind dort besonders ausgeprägt. Daher kommt insbesondere in den Städten und Stadtregionen der vorsorgenden Planung und der Durchführung von präventiven Maßnahmen eine große Bedeutung zu. Im Mittelpunkt steht dabei, die zu erwartenden Folgen des Klimawandels in ihren Wirkungen abzumildern. Die kommunalen Handlungsfelder zur Klimaanpassung umfassen neben organisatorischen vor allem planerische und bauliche Maßnahmen insbesondere für folgende Problemkreise: • Überhitzung in hochverdichteten Städten und Stadtregionen • Hochwassergefahr durch Starkregenereignisse Der Klimawandel betrifft auch Bochum. Für das Gebiet der Stadt Bochum werden seit über hundert Jahren Wetterdaten gesammelt und ausgewertet. Nicht der mittlere Temperaturanstieg von rund 2 Kelvin in den letzten 100 Jahren ist von Bedeutung für Klimaanpassungsmaßnahmen, sondern die aus der Verschiebung der Temperaturverteilung resultierende zunehmende Hitzebelastung in den Innenstädten. Neben einem starken Anstieg der Sommertage (T ≥ 25 °C) und der Tropennächte, in denen die Temperaturen nicht unter 20 °C sinken, fällt der extrem hohe Anstieg der Heißen Tage mit Lufttemperaturen über 30 °C auf. Während in den vergangenen 100 Jahren die Anzahl schon um 150 % angestiegen ist (von im Mittel 4 auf 10 Tage pro Jahr), kommt in den nächsten 50 Jahren nochmal ein Anstieg von über 200 % dazu. Damit kann es im Zukunftsszenario 2051-2060 statt aktuell 10 heißer Tage bis zu 31 heiße Tage im Jahr geben. Bei einer nur geringen Erhöhung der Gesamtniederschläge ist seit über 100 Jahren eine Zunahme an Tagen mit Starkregen ab 20 mm um rund 24 % zu erkennen. Dies wird sich laut der Klimaprojektionen für die nächsten 50 bis 100 Jahre noch verstärken. 6 Kommunales Handlungs- und Controllingkonzept zur Klimaanpassung in Bochum 1. Ablaufschema zur Beachtung von Klimaanpassung bei Planungsprozessen Die große Herausforderung in diesem Zusammenhang für die kommenden Jahre wird es sein, Klimaanpassungskonzepte nicht nur parallel zum kommunalen Planungsalltag parat liegen zu haben, sondern sie in die kommunalen Planungsabläufe zu integrieren. Auf diesem Wege blieben es nicht bloß gut gemeinte Handlungsempfehlungen und hilfestellende Ratgeber, sondern feste, und vor allem für die beteiligten Akteure verbindliche Bestandteile der Kommunalplanung, wenn möglich und nötig in Gesetzesform. Eine verwaltungsintern vorgeschriebene Berücksichtigung des Ablaufschemas zur Integration von Klimaanpassung in die Planungsprozesse der Stadt Bochum (Abb. 1) und der „Handlungskarte Klimaanpassung“ (Abb. 2) ist notwendig. Da die Stadtstruktur im Wesentlichen „fertig gebaut“ ist, liegt eine große Bedeutung für Anpassungsmöglichkeiten im Umgang mit dem Bestand sowie in der klimagerechten Planung von öffentlichen Straßen, Plätzen und Grünflächen. Aber auch bei Neubauprojekten und städtebaulichen Entwicklungen - ob von privaten Investoren oder der öffentlichen Hand - ist es wichtig, die Weichen richtig zu stellen und eine klimawandelgerechte Planung zu erreichen. Denn hier hat man einen großen Gestaltungsspielraum für Klimaanpassungsmaßnahmen. In den Fällen, wo ein Bebauungsplan aufgestellt wird, kann die Stadt von Anfang an für eine klimawandelgerechte Planung sorgen, durch Vorgaben im Bebauungsplan oder Regelungen in städtebaulichen Verträgen. Bei Einzelprojekten ist es wichtig, die Bauherren zu beraten im Hinblick auf Anpassungsmaßnahmen. Für die städtischen Planungen sind - neben dem Bebauungsplanverfahren - folgende Maßnahmen wichtig: • Klimagerechte Planung von Straßenräumen (Anzahl und Anordnung von Bäumen und sonstigem Grün, etc....) • Klimagerechte Planung von öffentlichen Grün- und Freiflächen, • Entwässerungsplanung, die auf Starkregenereignisse eingestellt ist (Rückhalteflächen, Abkopplung etc.) • Die Berücksichtigung von Anpassungsmaßnahmen in Stadtumbauprogrammen, Stadterneuerungsstrategien, etc. Um Anpassungsmaßnahmen auch bei privaten Baumaßnahmen und städtebaulichen Entwicklungen sowie bei bestehenden Gebäuden zu erreichen, sind auch folgende Aspekte zu beachten: • Prüfung der Klimaverträglichkeit bei allen größeren städtebaulichen Projekten (ggf. durch EDV-gestützte Simulation) und Berücksichtigung der Ergebnisse bei der weiteren Planung Kommunales Handlungs- und Controllingkonzept zur Klimaanpassung in Bochum 7 • Sicherung der als erforderlich eingestuften Maßnahmen durch Bebauungspläne oder durch vertragliche Vereinbarungen mit Bauherren und Investoren (z. B. Städtebauliche Verträge). • Bei Wettbewerben Vorgaben für Klimaanpassungsmaßnahmen machen • Beratung von Eigentümern und Bauherren über die Werthaltigkeit und Notwendigkeit von Klimaanpassungsmaßnahmen (auch bei Bestandsgebäude): z. B. Fassadenbegrünung und -farbe, Innenhofentsiegelung, ggf. Dachbegrünung, Abkopplungsmaßnahmen für Regenwasser Wichtig ist vor allem, dass immer klar ist, um welche Art von klimatischem Belastungsraum nach dem Klimaanpassungskonzept es sich handelt und welche Möglichkeiten für Abhilfe versprechende Klimaanpassungsmaßnahmen sich bieten. Diese lassen sich dann direkt aus dem Klimaanpassungskonzept (Langfassung) entnehmen. Für den Einstieg in das Ablaufschema zur Integration der „Handlungskarte Klimaanpassung“ (siehe Kapitel 2) in die Planungsprozesse der Stadt Bochum (Abb. 1) gibt es zwei völlig unterschiedliche Ausgangsfragestellungen: A NEUPLANUNG: Es ist eine Flächenentwicklung oder Nutzungsänderung einer Fläche (stadteigene Fläche oder Fläche eines Investors) vorgesehen. B BESTANDSUMBAU: Es sollen Maßnahmen zur Optimierung der Lebensqualität in Bochum bezogen auf den Klimawandel ergriffen werden. 8 Kommunales Handlungs- und Controllingkonzept zur Klimaanpassung in Bochum Abb. 1 Ablaufschema zur Integration der „Handlungskarte Klimaanpassung“ in die Planungsprozesse der Stadt Bochum Variante A: Bevor es zu einer Entscheidung zugunsten einer konkreten Fläche kommt, muss bereits an dieser Stelle verwaltungsintern mit Hilfe der „Handlungskarte Klimaanpassung“ abgeglichen werden, ob die angestrebte Fläche ein Konfliktpotential aufweist. Ist dies zutreffend, so muss geklärt werden, um welche Art von Belastungsgebiet es sich handelt, Hitzebelastung und/oder Belastung durch die Folgen von Extremniederschlägen. Ab diesem Zeitpunkt muss eine Belastung, wenn zutreffend, bei jedem weiteren Schritt im Planungsverfahren mit berücksichtigt werden. Kommunales Handlungs- und Controllingkonzept zur Klimaanpassung in Bochum 9 Liegt die Fläche beispielsweise in einem Gebiet, das durch Überflutung bei Extremniederschlägen belastet sein kann, sollte das Tiefbauamt besonders frühzeitig und intensiv mit einbezogen werden, da die Entwässerung einer solchen Fläche von besonderer Wichtigkeit ist. Es muss unter anderem geklärt werden, welche Kanalkapazitäten vorhanden sind und ob eine Abkopplung von Regenwasser möglich ist. Auch das Umwelt- und Grünflächenamt müsste frühzeitig mit einbezogen werden. Sollte es sich um ein Bauvorhaben im Außenbereich beziehungsweise auf bislang unbebauter Fläche handeln, muss zu Beginn der Planungen abgeklärt werden, ob es sich um eine Frischluftschneise handelt, die beeinträchtigt werden könnte. Variante B: Wird im Rahmen von städtischen Zielvorgaben eine Optimierung der Lebensqualität in Bochum im Zusammenhang mit dem Klimawandel angestrebt, so können auf der Grundlage der „Handlungskarte Klimaanpassung“ Flächen im Bochumer Stadtgebiet ausgewählt werden, die eine aktuelle oder zukünftige klimatische Belastung aufweisen. Abhängig von den dargestellten Konfliktpotentialen werden entsprechende Klimaanpassungsmaßnahmen vorgeschlagen. Beispielsweise können für eine vorgesehene Regenwasserabkopplung Gebiete gefunden werden, in denen eine solche Maßnahme den größtmöglichen Effekt erzielt. Andere Gebiete bieten sich eher für Fassaden- und Dachbegrünungsmaßnahmen an. Handelt es sich um die Neuentwicklung einer Fläche (Variante A), kann eine Wettbewerbsausschreibung durchgeführt werden. Dabei wird eine genaue Planungsaufgabe für ein Gebiet veröffentlicht. Bei einer solchen Auslobung hat die Stadt eine Steuerungsmöglichkeit und somit gute Möglichkeiten, Klimaanpassungsmaßnahmen in Form von Dach- und Fassadenbegrünungen oder von Bebauung freizuhaltender Flächen zu integrieren. Die Bewertung erfolgt durch eine Jury, die sich aus den Mitarbeitern der entsprechenden Fachämter, externen Fachpreisrichtern (Städteplaner, Architekten) und Sachpreisrichtern (z. B. Mitglieder von politischen Gremien) zusammensetzt und notwendigerweise eine fachliche Kompetenz auch für Klimaanpassungsmaßnahmen besitzen sollte. Will ein Grundstückseigentümer oder ein Investor eine bestimmte Fläche entwickeln, kann die Stadt außerdem im aufzustellenden Bebauungsplan ganz konkrete Vorgaben und Auflagen bezüglich der Klimaanpassungsmaßnahmen für das angestrebte Bauvorhaben machen. Die Aushandlungsprozesse zwischen Stadt und Investor finden in den meisten Fällen vor Beginn des offiziellen Aufstellungsverfahrens für einen Bebauungsplan statt. Als Hauptargument seitens der Investoren gegen Klimaanpassungsmaßnahmen werden fast immer die zu hohen Kosten angeführt. Will die Stadt nun unbedingt zu einer Einigung mit dem Investor kommen, bleibt oftmals nichts anderes übrig als auf einschränkende Regelungen wie z. B. die Festsetzung von Anpassungsmaßnahmen im Bebauungsplan zu verzichten. Festsetzungen wie vorgeschriebene Dach- oder Fassadenbegrünung oder eine kleinere Grundflächenzahl zwecks Freihaltung von Versiegelung sollen im Bebauungsplan erfolgen. Darüber hinaus gibt es aber noch viele weitere mögliche Klimaanpassungsmaßnahmen, die relativ einfach integriert werden könnten. Zum Beispiel kann in einem B-Plan eine helle Fas- 10 Kommunales Handlungs- und Controllingkonzept zur Klimaanpassung in Bochum sadenfarbe festgelegt werden, die die Albedo (die Reflexion von direkter Sonneneinstrahlung) erhöhen und verhindern würde, dass sich die Gebäude im Sommer zu stark aufheizen. Sollte keine Festsetzung im B-Plan erfolgen, so kann die Stadt versuchen, dem Investor diesen Vorschlag zu unterbreiten, indem sie ihn über die klimatischen Vorzüge einer helleren Fassadenfarbe in Kenntnis setzt. Schon parallel zu den Wettbewerbsauschreibungen oder Investorenabsprachen finden die ersten verwaltungsinternen Treffen statt. Die verschiedenen Bausteine der informellen Abstimmungen sowie das formelle Aufstellungsverfahren für Bebauungspläne und die Planung öffentlicher Flächen werden hinsichtlich der Integrationsmöglichkeiten für Klimaanpassung im Folgenden kurz beschrieben. 1.1 Von der Planung bis zu Genehmigung Sobald durch die Entscheidung des Ratsausschusses klar ist, welche Fläche entwickelt und beplant werden soll - unabhängig davon ob es sich um eine stadteigene Fläche oder eine Fläche handelt, die von einem Investor an die Stadt herangetragen wurde - laufen im verwaltungsinternen Vorlauf weitere Arbeitsschritte ab, die zur Vorbereitung der Erstellung des Bebauungsplanes dienen. Die verwaltungsinternen Vorläufe finden fallabhängig immer in einer anderen Reihenfolge statt und lassen sich nicht allgemeingültig in ein festes Schema fassen. Die Möglichkeiten für integrierbare Klimaanpassungsmaßnahmen reichen von großflächigen, allgemeinen bis hin zu sehr kleinteiligen und konkreten Maßnahmen. Der Ablauf beginnt mit dem Abgleich übergeordneter klimatischer Restriktionen im Regionalen Flächennutzungsplan (von Bebauung freizuhaltendes Gebiet, Frischluftschneisen etc.) sowie den Aussagen der strategischen Umweltplanung und setzt sich mit den Informationen aus der „Handlungskarte Klimaanpassung“ bezüglich des konkreten Planungsgebietes hinsichtlich der Art der klimatischen Belastung der angestrebten Fläche fort. Hier besteht für die beteiligten Ämter die Möglichkeit, neben sonstigen Anmerkungen ganz konkrete Eingaben im Hinblick auf notwendige Klimaanpassungsmaßnahmen zu machen. Die strategische Umweltplanung Die im Rahmen der strategischen Umweltplanung verfolgten Umweltziele liefern einen wichtigen Beitrag zur Klimaanpassung. Besonders die Umweltqualitätsziele, die sich auf die Begrenzung der Neuversiegelung, die Mindestanteile unversiegelter Flächen, die Erhaltung der unbebauten Flächen und die Regenwasserabkopplung beziehen, sind hinsichtlich der Klimaanpassung sinnvoll. Durch die konkret vorgegebenen Werte gibt es klar formulierte Ziele, die bis zu einem bestimmten Zeitpunkt erreicht sein sollen. Mit dem Instrument der strategischen Umweltplanung bieten sich im Zusammenhang mit der Erstellung des städtebaulichen Konzeptes große Möglichkeiten für die Integration von Maßnahmen, die der Anpassung an das Klima dienen. Voraussetzung dafür ist, dass Inhalte der strategischen Umweltplanung in der Abwägung der privaten und öffentlichen Belange im Bebauungsplanverfahren Berücksichtigung finden. Kommunales Handlungs- und Controllingkonzept zur Klimaanpassung in Bochum 11 Bausteine des verwaltungsinternen Vorlaufs Der verwaltungsinterne Vorlauf enthält verschiedene wichtige Bausteine, die im Folgenden näher vorgestellt werden sollen. Der Arbeitskreis Bebauungspläne Ein zentraler Baustein ist der Arbeitskreis Bebauungspläne. Er findet tendenziell sehr früh im verwaltungsinternen Vorlauf statt. In dem Arbeitskreis geht es um die Vorstellung aller neu aufkommenden Planungen mit Beteiligung der Ämter, die bei jedem Bebauungsplan in städtebaulichen Fragen im Kern betroffen sind. Da zu diesem Zeitpunkt bereits klar ist, für welche Fläche ein Bebauungsplan aufgestellt werden soll, muss spätestens hier unter Beteiligung der wichtigsten Verwaltungsakteure im Planungsprozess vom Umwelt- und Grünflächenamt darauf hingewiesen werden, wenn die Fläche in einem klimatischen Belastungsgebiet liegt. Bei den ersten getroffenen Abstimmungen und Absprachen im Arbeitskreis B-Pläne muss die Art der klimatischen Belastung Berücksichtigung finden. Im Arbeitskreis B-Pläne kann zu einem frühen Zeitpunkt im Planungsverfahren sowie in sachlich kompetenter Runde mit Hilfe des Klimaanpassungskonzeptes über in Frage kommende, zu integrierende Klimaanpassungsmaßnahmen beraten werden. In der „Handlungskarte Klimaanpassung“ zusammen mit dem Maßnahmenkatalog sind die konkret für die einzelnen Belastungsgebiete in Frage kommenden Klimaanpassungsmaßnahmen für die vorliegende Art der Belastung (Hitze oder Extremniederschläge) aufgelistet. Das städtebauliche Konzept Das städtebauliche Konzept zeigt die Entwurfsidee, die im Anschluss im B-Plan festgelegt wird. Eingezeichnet werden Standort, Form und Ausrichtung der geplanten Gebäude, der geplante Straßen- und Wegeverlauf sowie Grün- und Freiflächen. Hier lassen sich auf einfache Art und Weise bereits Klimaanpassungsmaßmaßnahmen integrieren, beispielsweise über die Gebäudestellung und die Dichte der Bebauung. Es ist im Normalfall noch nicht so detailliert, dass es beispielsweise bereits feste Standorte für Bäume gibt. Bei größeren Projekten wäre es sinnvoll, im Laufe der Erstellung des städtebaulichen Konzeptes mikroklimatische Modellierungen mit Hilfe des - am Geographischen Institut der RuhrUniversität Bochum entwickelten - Programms ENVI-met einzusetzen, um beabsichtigte Klimaanpassungsmaßnahmen für alle Beteiligten visualisierbar und greifbar zu machen. Es könnte so anschaulich aufgezeigt werden, von welchem Besserungseffekt durch die einzelne Maßnahme beziehungsweise das Zusammenwirken von mehreren Maßnahmen auszugehen wäre. Auf diese Weise könnte die Integration der Klimaanpassung argumentativ unterstützt werden und eventuell das Bewusstsein einzelner, fachlich nicht mit dem Thema vertrauter oder ihm kritisch gegenüberstehender Akteure für die Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit von Klimaanpassungsmaßnahmen erhöht werden. Die Planungsworkshops Ein weiterer Baustein, der im verwaltungsinternen Vorlauf gewählt werden kann, sind die Planungsworkshops oder Planungswerkstätten. Sie finden vor allem bei Planungen für kleine- 12 Kommunales Handlungs- und Controllingkonzept zur Klimaanpassung in Bochum re und mittelgroße Flächen statt, die in den letzten Jahren hauptsächlich aufkamen, und haben die Erstellung eines städtebaulichen Konzeptes zum Ziel. Während der Workshops wird über vorhandene Barrieren und in Frage kommende Lösungen diskutiert. Da die Planungsworkshops die Erstellung eines städtebaulichen Konzeptes zum Ziel haben, bieten sich hier die gleichen umfangreichen Möglichkeiten für die Integration von Klimaanpassung an. Die informellen verwaltungsinternen Abstimmungen Diese bilateralen verwaltungsinternen Absprachen sind als ein wichtiges informelles Instrument zu sehen. Dadurch, dass der offizielle, meist schriftliche, Dienstweg auf das Nötigste beschränkt wird, lassen sich viel Verwaltungsaufwand und vor allem Zeit sparen. Bezogen auf Klimaanpassungsmaßnahmen besteht in diesem Zusammenhang möglicherweise die Gelegenheit, durch informelle Gespräche weitergehende Ausführungen zu liefern und Verständnis für die jeweilige Sichtweise des Fachamtes zu generieren, wodurch es möglicherweise eher zu Kompromissen kommt als über den formellen Dienstweg. Insgesamt bietet der vorstehend beschriebene verwaltungsinterne Vorlauf das größte Potenzial für die Prüfung und Festlegung geeigneter Klimaanpassungsmaßnahmen in einem frühen Stadium. Aber auch im Rahmen des formellen Planverfahrens bieten sich Möglichkeiten für die Berücksichtigung von Maßnahmen. Außerdem müssen die ausgewählten Maßnahmen (Beispiele siehe Kapitel 2) ja auch verbindlich festgelegt werden. Hierzu dienen die nachfolgend beschriebenen Möglichkeiten: Elemente des formellen Aufstellungsverfahrens für B-Pläne Frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung als Schritt des formellen Aufstellungsverfahrens Die frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung als Schritt des formellen Aufstellungsverfahrens für einen Bebauungsplan wird in der Praxis häufig auf Basis eines städtebaulichen Konzeptes durchgeführt. Dies hat den Vorteil, dass für die Öffentlichkeit bereits ein anschauliches Konzept zur Verfügung steht, in dem die Planungen für jedermann verständlich visualisiert sind. Ziel von Öffentlichkeitsarbeit muss es sein, die Bürgerinnen und Bürger ebenso wie weitere Prozessbeteiligte über die Problemlagen sowie über mögliche Lösungswege und Strategien zu informieren und zu sensibilisieren. Dies muss zielgruppenspezifisch erfolgen, um einen möglichst hohen Wirkungsgrad entfalten zu können. Aufbauend auf der gezielten Informationsvermittlung sollen die einzelnen Akteursgruppen aktiv in die entsprechenden Planungsund späteren Umsetzungsprozesse einbezogen werden, dazu eigene Ideen entwickeln und auch umsetzen können (Akteursbeteiligung). Die Vernetzung der Akteure untereinander ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor für ihre Partizipation. Durch die Transparenz zwischen allen Mitwirkenden können Innovationen angeregt und Kommunales Handlungs- und Controllingkonzept zur Klimaanpassung in Bochum 13 gegenseitiges Verständnis bei Umsetzungsproblemen geweckt werden. Neben der klassischen zielgruppenorientierten Ansprache der Akteure ist es wichtig, dass die Stadtverwaltung als Kernakteur und Vermittler auch innerhalb ihrer eigenen Strukturen vernetzt ist. Die verschiedenen Bereiche und Ämter müssen in stärkerem Maße miteinander im Austausch stehen und kommunizieren. Öffentlichkeitsarbeit steht nicht für sich alleine, sondern sollte immer auch vor dem Hintergrund der Motivation zur Partizipation gestaltet werden. So kann sie genutzt werden, um ausgewählte Partizipationsbestrebungen anzukündigen, zu dokumentieren und zum Mitmachen anzuregen. Erarbeitung des offiziellen Planentwurfs Auf der Basis der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung wird dann der bisherige „Vorentwurf“ zum „Entwurf“ hin verfeinert. Das heißt, der Planentwurf enthält konkrete und genaue zeichnerische und textliche Festsetzungen - aus dem städtebaulichen Konzept wird ein Bebauungsplan geformt. Bezogen auf die Klimaanpassungsmaßnahmen geht es in dieser Phase also primär um die rechtssichere und präzise Festsetzung der Maßnahmen. Mit den zeichnerischen Festsetzungen kann man die Stellung und den Abstand der Gebäude regeln. Die textlichen Festsetzungen lassen sich z. B. anwenden für Begrünungsvorgaben. Eine weitere Stelle, an der Chancen und Möglichkeiten für die Integration von Klimaanpassungsmaßnahmen bestehen, ist zweifelsohne die Umweltprüfung mit der anschließenden Erstellung des Umweltberichtes. Hier sind auch die klimatischen Auswirkungen zu untersuchen, zu bewerten und Alternativen zu prüfen. Nach erfolgter Umweltprüfung und der darauf folgenden Anfertigung eines abgestimmten Planentwurfes mit Begründung und Umweltbericht erfolgt der Auslegungsbeschluss durch den Ratsausschuss. Diese Arbeitsphase ist die entscheidende in Bezug auf die tatsächliche Umsetzung und Sicherung der Maßnahmen, denn sofern sich im Zuge der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung keine Änderungen mehr ergeben, handelt es sich beim Planentwurf bereits um dieselbe Fassung, die dann - nach der öffentlichen Auslegung - zum endgültigen Bebauungsplan wird. Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung Hier können erneut Eingaben und Stellungnahmen gemacht werden, die sich auf den abgestimmten Planentwurf beziehen. Es bietet sich dementsprechend auch die Möglichkeit, Bezug auf die Klimaanpassung zu nehmen. Zu den Trägern öffentlicher Belange zählen beispielsweise auch Umweltverbände, die aus ihrer fachlichen Perspektive Eingaben und Anregungen hinsichtlich der nötigen Integration von Klimaanpassungsmaßnahmen machen können. Zudem kann beispielsweise das Umwelt- und Grünflächenamt mit dem ebenfalls nötigen fachlichen Hintergrundwissen Forderungen in Bezug auf Klimaanpassungsmaßnahmen stellen. 14 Kommunales Handlungs- und Controllingkonzept zur Klimaanpassung in Bochum Im Anschluss daran wird durch das Stadtplanungs- und Bauordnungsamt ein Abwägungsvorschlag darüber erstellt, welche der vorgebrachten Eingaben Berücksichtigung finden sollen. Die Entscheidung darüber trifft der Rat. Städtebauliche Verträge/Grundstückskaufverträge Bei größeren Bauvorhaben und bei städtebaulichen Projekten wird in der Regel ein städtebaulicher Vertrag mit dem Investor abgeschlossen. In diesen können auch solche Vorgaben zur Klimaanpassung aufgenommen werden, die sich z. B. im Bebauungsplan aus rechtlichen Gründen nicht festsetzen lassen. Generell ist der städtebauliche Vertrag deutlich flexibler und rechtssicherer zu nutzen für spezielle Regelungen zur Klimaanpassung, als der Bebauungsplan, der eine formelle, allgemeingültige Satzung darstellt, die von allen Seiten vor Gericht angefochten werden kann. Baugenehmigungsverfahren Das Baugenehmigungsverfahren schließt sich an das Ende des formellen Aufstellungsverfahrens für B-Pläne an. Hier geht es um konkrete Bauanträge für einzelne Gebäude, die sich nach dem als Satzung beschlossenen Bebauungsplan zu richten haben. Sofern der Bebauungsplan es erlaubt beziehungsweise es nicht schon vorschreibt, bieten sich hier große Möglichkeiten für Klimaanpassung an den Gebäuden selbst. Als Anpassungslösungen für das Problemfeld der Hitzebelastung können beispielsweise Maßnahmen wie Hauswandverschattungen durch angebaute Verschattungselemente oder durch Vegetation realisiert werden. Auch die sinnvolle Wahl der Baumaterialien sowie der Fassadenfarbe ist sowohl für das einzelne Gebäude als auch hinsichtlich des Wärmeinseleffektes möglich. Im Problemfeld Extremniederschläge gibt es in der Bauvorsorge für ein einzelnes Gebäude technische Möglichkeiten, das Schadenspotenzial kurzfristig oder nachhaltig zu verringern. Um das Gebäude vor einem Wassereintritt aufgrund von Überflutungen zu schützen, bedarf es beispielsweise dichter Kellerfenster oder höher gelegener Eingänge. Schutz vor rückstauendem Wasser aus der Kanalisation bieten Rückstauklappen, die von vielen kommunalen Entwässerungssatzungen gefordert werden. Gebäude in Senken sind bei Starkregen durch mögliche Überflutungen gefährdet. In der Handlungskarte Klimaanpassung sind die gefährdeten Gebiete lokalisiert, aber die Eigentümer sind für den Schutz teilweise selbst verantwortlich. Die Integration der genannten Klimaanpassungsmaßnahmen in das einzelne Gebäude ist allerdings freiwillig, wenn die Maßnahmen nicht ausdrücklich im Bebauungsplan vorgeschrieben sind. Letztendlich muss der Bauwillige in Absprache mit dem Architekten selbst entscheiden, ob und welche Klimaanpassungsmaßnahmen am und im Gebäude durchgeführt werden sollen. Kommunales Handlungs- und Controllingkonzept zur Klimaanpassung in Bochum 1.2 15 Planung öffentlicher Flächen Dieses Kapitel soll die Planung des öffentlichen Raumes näher beleuchten. Dazu zählen Grünflächen, Straßen, Plätze und Wege. Die konkrete Planung dieser Flächen unterliegt den zuständigen Fachplanungen, ist also Aufgabe der Stadt und bedarf daher keiner detaillierten Festsetzungen wie die im Bebauungsplan geregelte Bebauung privater Flächen. Sie erfolgt zunächst mittels verwaltungsinterner Abstimmungen und wird dann den politischen Gremien vorgelegt. Für die Grünflächen ist das Umwelt- und Grünflächenamt, für die Verkehrsflächen mit der Festlegung der Maße, Neigungen, Pflasterung (Straßen, Wege, Plätze) das Tiefbauamt zuständig. Beispielhaft wird im Folgenden die Straßenplanung näher beleuchtet: Die Art des Verfahrens hängt davon ab, ob das geplante Vorhaben von "unwesentlicher Bedeutung“ ist oder ob es den Straßenraum wesentlich verändern wird. Im ersten Fall finden die Maßnahmen im vorhandenen (Straßen-)Raum statt. In diesem Fall erfolgt keine umwelttechnische Untersuchung mehr, da diese zum Zeitpunkt des Straßenbaus bereits durchgeführt wurde. Sollte es sich herausstellen, dass mehrere Varianten nötig sind, wird der Vorentwurf mit den anderen Ämtern, den Trägern öffentlicher Belange (Leitungsträger, Stadtwerke etc.) sowie allen im Straßenraum von der Maßnahme Betroffenen feinabgestimmt. Die Abstimmungen finden im Bereich der Maßnahmen mit "unwesentlicher Bedeutung" immer nur informell und in einem formlosen Verfahren statt und es erfolgt keine Bürgerbeteiligung. Einfache Klimaanpassungsmaßnahmen wie die Verwendung einer hellen Asphaltfarbe zur Erhöhung der Albedo lassen sich aber auch bei solchen Maßnahmen durchführen. Regenwasser beispielsweise kann behandelt und dann versickert oder in ein Gewässer geleitet werden. Im zweiten Fall muss ein Bebauungsplan aufgestellt werden bzw. - bei größeren Projekten auf Kreis-, Landes- und Bundesstraßen - muss ein Planfeststellungsverfahren durchgeführt werden. Hierbei werden die Umweltbelange berücksichtigt, da eine Umweltprüfung (beim Bebauungsplan) bzw. Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP, beim Planfeststellungsverfahren) durchgeführt werden muss. Hier erfolgen Variantenuntersuchungen, Gegenüberstellungen und Abwägungen, um die Auswirkungen auf die Umwelt zu klären. In der Entwurfsplanung erfolgen Abstimmungen mit den Trägern öffentlicher Belange (unter anderem Umweltbehörden und Versorgungsträger) und bezüglich der Entwässerung. Das Umwelt- und Grünflächenamt wird an der Straßenplanung bezüglich der Durchgrünung (z. B. Straßenbäume) beteiligt. Das beste Mittel zur Berücksichtigung von Klimaanpassung bei der Planung ist die Integration der festgelegten Maßnahmen (wie z. B. straßenbegleitende Baumpflanzungen, begrünte Mittelstreifen, Verwendung von Rasengittersteinen oder Begrünung der Bereiche zwischen den Straßenbahnschienen) in das „normale“ Bauleitplan- beziehungsweise Planfeststellungsverfahren. 16 Kommunales Handlungs- und Controllingkonzept zur Klimaanpassung in Bochum 1.3 Hemmnisse und Lösungsansätze Als Haupthemmnis ist sicherlich das noch fehlende allgemeine Bewusstsein bei den handelnden Akteuren für die Bedeutung von Klimaanpassung. Oftmals wird Klimaanpassung nur in Zusammenhang mit den Aspekten Energieeffizienz und Klimaschutz aufgefasst und somit präventiv und nicht reaktiv in Hinblick auf den Klimawandel verstanden. Bei den bisherigen Gesprächen und Veranstaltungen im Zusammenhang mit dem Klimaanpassungskonzept wurde aber ein weitergehendes Interesse deutlich. Besonders deutlich wurde die Absicht, Klimaanpassung und diesbezügliche Maßnahmen im Praxisalltag zu erproben und zu integrieren. Dies gilt insbesondere für alle externen und eigenen Planungsund Entwicklungsmaßnahmen. Jedoch schränkt die Finanzierbarkeit die Möglichkeiten von Klimaanpassungsmaßnahmen ein, da sich die Gesamt-Investition immer noch rentieren muss. Hier ist es wichtig, gegenüber Investoren auf den langfristig wertsteigernden Effekt für die Immobilien zu verweisen, wenn sie bereits heute klimawandelverträglich ausgeführt wird. Daher sind flexible und kreative Lösungen, an deren Entwicklung und Umsetzung sich alle Akteure beteiligen sollten, von besonderer Bedeutung. Hemmnisse • Informationsdefizit zum Thema „Klimaanpassung“ • Fehlendes Problembewusstsein, gesamtgesellschaftlich ebenso wie z. T. in Planung und Verwaltung • Ökonomische Zwänge - fehlende zusätzliche Investitionsmittel • Großer Zeithorizont: Maßnahmen "lohnen" sich z. T. erst nach mehreren Jahren/Jahrzehnten • Fehlende Vorgaben im Planungsprozess • Mangel an Kreativität bei Planern und Investoren • Fehlende Flexibilität im Planungs- und Genehmigungsprozess bei Verwaltung und Behörden • Platzprobleme im Bestand für die nachträgliche Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen Mögliche Lösungsansätze • Kostenneutraler Einbezug von Maßnahmen zur Klimaanpassung bei Gebäudeplanung und –umsetzung (z.B. weiße Fassadenfarbe) • Kommunizieren der Wertsteigerung von klimagerechter Bebauung • Kommunizieren der Synergieeffekte mit dem Naturschutz, um eine bessere Akzeptanz zu erreichen • Konkrete Vorgaben durch Planer und Verwaltung Kommunales Handlungs- und Controllingkonzept zur Klimaanpassung in Bochum 17 • Offener, flexibler Diskurs zwischen Investoren und Verwaltung / Genehmigungsbehörden • Schaffung von Anschauungsobjekten und „Leuchtturmprojekten“ • Beratung und Information für Bürger/innen, Investoren, Eigentümer • Einbeziehung von mikroskaligen Modellierungen zur Visualisierung und Optimierung von Anpassungsmaßnahmen • Kosten/ Nutzen Analysen für verschiedene Zeithorizonte bzw. Szenarien 18 2. Kommunales Handlungs- und Controllingkonzept zur Klimaanpassung in Bochum Die „Handlungskarte Klimaanpassung“ In der „Handlungskarte Klimaanpassung“ sind alle Flächen ausgewiesen, die momentan oder auf das Zukunftsszenario 2051-60 bezogen ein Konfliktpotential im Hinblick auf den Klimawandel aufweisen. Neben der Berücksichtigung anderer Belange sollte diese Karte in alle Planungsprozesse der Stadt Bochum integriert werden. Sie enthält neben der Darstellung des Konfliktpotentials auch schon einen ersten Überblick über notwendige Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel. In Kombination mit dem ausführlichen Maßnahmenkatalog zur Anpassung an den Klimawandel (Langfassung des „Klimaanpassungskonzeptes Bochum“) bildet sie ein gewichtiges Instrument, um die Stadt Bochum nachhaltig vor den Folgen des Klimawandels zu schützen. Im Fall eines Neubauprojektes muss, bevor es zu einer Entscheidung zugunsten einer konkreten Fläche kommt, verwaltungsintern mit Hilfe der „Handlungskarte Klimaanpassung“ abgeglichen werden, ob die angestrebte Fläche ein Konfliktpotential aufweist. Ist dies zutreffend, so muss geklärt werden, um welche Art von Belastungsgebiet es sich handelt: Hitzebelastung und/oder Belastung durch die Folgen von Extremniederschlägen. Ab diesem Zeitpunkt muss eine Belastung, wenn zutreffend, bei jedem weiteren Schritt im Planungsverfahren mit berücksichtigt werden. Sind Maßnahmen, zum Beispiel zur Stadtsanierung, im Bestand vorgesehen oder ist im Rahmen von städtischen Zielvorgaben eine Optimierung der Lebensqualität in Bochum im Zusammenhang mit dem Klimawandel angestrebt, so können auf der Grundlage der „Handlungskarte Klimaanpassung“ Flächen im Bochumer Stadtgebiet ausgewählt werden, die eine aktuelle oder zukünftige klimatische Belastung aufweisen. Abhängig von den dargestellten Konfliktpotentialen werden entsprechende Einschränkungen und Klimaanpassungsmaßnahmen vorgeschlagen. Auch wenn die ausgewählte Fläche nicht in einem im Klimaanpassungskonzept ausgemachten klimatischen Belastungsgebiet liegen sollte, ist es für den weiteren Planungsprozess mit Blick auf die Zukunft wünschenswert, dass mögliche Änderungen des Klimas und potenziell damit verbundene, notwendige Anpassungsmaßnahmen berücksichtigt werden. Eine weitreichende Kommunikation der „Handlungskarte Klimaanpassung“ in die Öffentlichkeit hinein erleichtert die Anwendung des Maßnahmenkatalogs im Bereich privater Grundstücksflächen. Bei der Betrachtung der verschiedenen Klimaanpassungsmaßnahmen wird ersichtlich, dass es sich um die Zuständigkeiten verschiedenster städtischer Verwaltungsbereiche sowie sonstiger Behörden handelt. Die Findung geeigneter Maßnahmenbündel für die Klimaanpassung ist somit ein interdisziplinärer und integrativer Prozess, denn die gute Kooperation der beteiligten Akteure ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor für eine gelungene Klimaanpassung. Entscheidend ist allem voran eine frühzeitige Beteiligung betroffener Akteure. Kommunales Handlungs- und Controllingkonzept zur Klimaanpassung in Bochum 2.1 19 Konfliktpotentiale Um Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel gezielt ein- und möglichst effektiv umzusetzen, sollten die Gebiete und Bereiche identifiziert werden, die eine besondere Sensitivität gegenüber den Folgen des Klimawandels aufweisen. Das sind Gebiete, in denen aufgrund der sozialen, ökonomischen und naturräumlichen Rahmenbedingungen vor Ort besondere Probleme durch die klimatischen Änderungen zu erwarten sind. Neben Belastungsgebieten unter den Aspekten Hitze und Extremniederschläge werden in der „Handlungskarte Klimaanpassung“ auch die Belastungsgebiete der Industrieflächen und die Restriktionsflächen der Frischluftschneisen und Luftleitbahnen ausgewiesen. Die in der Karte dargestellten Zonen werden im Folgenden beschrieben. Zone 1 Gebiete mit einer Hitzebelastung im Ist-Zustand Aufgrund der durchgehenden Bebauung und hohen Versiegelung von Oberflächen gibt es im Bochumer Stadtgebiet Bereiche, die sich im Sommer besonders stark aufheizen. Dies ergibt sich dadurch, dass der bebaute Raum Wärme weitaus stärker speichert als dies für Flächen im unbebauten Umland gilt, durch mangelnde Durchlüftung im innerstädtischen Raum sowie durch verringerte Abkühlung aufgrund geringer Wasserverdunstungsraten in hoch versiegelten Gebieten. Diese thermische Belastung resultiert neben hohen Strahlungstemperaturen am Tage sowohl aus der städtischen Wärmeinsel als auch aus der mangelnden Durchlüftung, wodurch ein Abtransport der warmen Luft aus der Stadt bzw. die Zuführung kühlerer Luft aus dem Umland erschwert wird. Große Temperaturunterschiede von bis zu 10 Grad in warmen Sommernächten zwischen Innenstadt und Stadtrand sowie dem Umland sind die Folge. Dies führt in der Innenstadt vor allem dann zu einer belastenden Situation, wenn die Temperaturen nachts nicht mehr deutlich genug absinken. Die benötigten Ausgangsdaten zur Abgrenzung und Abstufung von Gebieten mit einer Belastung durch Hitze sind: a) Bereiche der Städtischen Wärmeinsel b) Einwohnerdichte in Bochum c) Anteil der Einwohner über 65 Jahre Da es um die Abgrenzung von Gebieten aus dem Problemfeld Hitzebelastung mit Bezug zum Menschen geht, wurde die Bevölkerungsdichte und der Anteil von älteren Menschen zur Abgrenzung von 3 verschiedenen Typen der Gebiete mit Hitzebelastung herangezogen. Je größer die Einwohnerdichte ist, desto mehr Menschen sind einer möglichen Hitzebelastung ausgesetzt. Bei einem Aufenthalt in den Innenstädten tagsüber kann einer Hitzebelastung durch Standortwechsel und Vermeidung von besonnten Standorten entgegengewirkt werden. Anders sieht dies bei der Wohnbevölkerung aus, die insbesondere nachts einer Hitzebelastung durch mangelnde Abkühlung im Bereich der städtischen Wärmeinsel nicht ausweichen kann. Innenstadtbereiche, die überwiegend als Dienstleistungszentrum genutzt werden und einen nur durchschnittlich hohen Anteil an Wohnbevölkerung haben, sind Problemgebiete mit einer etwas niedrigeren Anfälligkeitsstufe. Ältere Menschen zeigen eine schlechtere Anpassung an extreme Hitze mit gesundheitlichen Folgen, die von Abgeschlagenheit bis hin zu Hitzschlag und Herzversagen reichen können. Gebiete mit einem hohen Anteil älterer Menschen können daher als anfälliger gegenüber Hitzestress charakterisiert werden. 20 Kommunales Handlungs- und Controllingkonzept zur Klimaanpassung in Bochum Daraus ergeben sich die folgenden drei Typen in der „Handlungskarte Klimaanpassung“: Durchschnittliche Bevölkerungsdichte im Bereich der Hitzeinsel Hohe Bevölkerungsdichte im Bereich der Hitzeinsel Sehr hohe Bevölkerungsdichte und / oder überdurchschnittlich hoher Anteil an Personen ab 65 Jahre im Bereich der Hitzeinsel Zone 2 Gebiete, die im Zukunftsszenario 2051-60 durch eine Ausweitung der Hitzebelastung betroffen sein werden Die weiter zunehmende Klimaerwärmung wird in Zukunft häufiger zu längeren und stärker ausgeprägten Hitzeperioden auch in Bochum führen. Solche Gebiete, die bereits heute als belastend eingestuft sind, werden zukünftig noch stärker betroffen sein und sich in die Umgebung ausdehnen. Neben der Bochumer Innenstadt gilt dies auch für die zentralen Lagen von Wattenscheid und Langendreer. Für das Zukunftsszenario wurde der Ausgangswert der Lufttemperatur in den mitteldicht bebauten Stadtvierteln um 2 Grad und in den dicht bebauten Stadtgebieten um 4 Grad erhöht. Auf dieser Grundlage wird mit gleich bleibenden Gewichtungen und Grenzwerten eine Klimatopkarte der Zukunftsprojektion 2051-2060 berechnet. Die Flächen der Belastungsgebiete im Zukunftsszenario resultieren nur aus der Neuberechnung der Klimatopflächen. Demographische Prognosen, die zu einer Veränderung der Anfälligkeitsstufen führen könnten, liegen nicht vor und sind deshalb nicht berücksichtigt. Die zukünftigen zusätzlichen Hitzebelastungsgebiete sind in der „Handlungskarte Klimaanpassung“ auf 2 Typen reduziert: Durchschnittliche Bevölkerungsdichte im Bereich der neuen Hitzeinsel Hohe bis sehr hohe Bevölkerungsdichte und / oder überdurchschnittlich hoher Anteil an Personen ab 65 Jahre im Bereich der neuen Hitzeinsel Zone 3 Belastungsgebiete der Industrie- und Gewerbeflächen Die insgesamt hohe Flächenversiegelung bewirkt in diesen Bereichen eine starke Aufheizung tagsüber und eine deutliche Überwärmung nachts. Der nächtliche Überwärmungseffekt kann hier eine der Innenstadt analoge Ausprägung erreichen. Aufgrund der Gebäudeanordnungen und der hohen Rauhigkeit in den Industriegebieten wird das Windfeld stark verändert. Dies äußert sich durch Düseneffekte im Bereich der Werkhallen, die jedoch keine immissionsverbessernden Effekte haben müssen. Besonders problematisch sind unmittelbar an das Zentrum angrenzende Industriekomplexe, die einerseits für die benachbarte Wohnbebauung erhebliche stadtklimatologische Nachteile mit sich bringen und andererseits im Zusammenwachsen mit dichter Wohnbebauung den Wärmeinseleffekt ausdehnen. Kommunales Handlungs- und Controllingkonzept zur Klimaanpassung in Bochum 21 Die dicht bebauten Industriegebiete sind aus klimatischer wie auch lufthygienischer Sicht als ausgeprägte Lasträume zu bezeichnen. Sie werden in der Klimatopkarte als gesonderte Klimatypen behandelt. In die Handlungskarte Klimaanpassung wurden alle ausgedehnten und / oder innenstadtrelevanten Industriegebiete übernommen, da sie ein Gefährdungspotential für die Ausdehnung der Hitzebelastung aufweisen. Zone 4 Gebiete, die durch hohen Oberflächenabfluss bei Starkregen gefährdet sind Potentielle Belastungsbereiche finden sich dort, wo ein großes Oberflächenabflussvolumen auf Siedlungen, Gebäudekomplexe oder städtische Infrastruktur trifft. Kleinräumig müssen darüber hinaus Senken als Belastungsgebiete Beachtung finden. In solchen Senken kann das Wasser nur über die Kanalisation abgeführt werden. Insbesondere während intensiver Starkregenereignisse kann die überlastete Kanalisation dies nicht leisten. Die dominanten Abflussprozesse finden bei Extremniederschlägen an der Oberfläche statt. Die hohe Flächenversieglung in Städten verstärkt das Problem durch die vermehrte Bildung von Oberflächenabfluss. Maßgebend für die Identifikation von Gefahrenzonen sind somit primär die Fließwege. Die Entwässerungsrichtung wird durch das natürliche Relief (Rücken, Täler etc.) bestimmt, während kleine natürliche und anthropogene Geländeelemente (Bordsteine, Mauern oder Häuser) die Fließwege zusätzlich ablenken. Für die Ausweisung der Belastungsgebiete in der „Handlungskarte Klimaanpassung“ werden die Hauptfließwege mit einem Streifen von 50 m Breite umgeben und mit der versiegelten Fläche des Bochumer Stadtgebietes verschnitten. Als Resultat sind alle Flächen dargestellt, in denen Infrastruktur von einer Überflutung als Folge von Extremniederschlägen betroffen wäre. Unversiegelte Gebiete mit hohem Oberflächenabfluss und im Bereich von abflusslosen Senken werden in der „Handlungskarte Klimaanpassung“ gesondert ausgewiesen. Hier besteht momentan noch keine Gefährdung von Infrastruktur. Bei einer geplanten Nutzungsänderung / Bebauung ist aber mit einer Belastung durch Überflutungen zu rechnen. Zone 5 Gebiete der Frischluftschneisen und Luftleitbahnen Eine gute Belüftungssituation in der Stadt trägt wesentlich zur Qualität ihres Mikroklimas bei. Durch einen guten Luftaustausch können überwärmte Luftmassen aus dem Stadtgebiet abgeführt und durch kühlere aus dem Umland ersetzt werden. Weiterhin können mit Schadstoffen angereicherte Luftmassen durch Frischluft ersetzt und die vertikale Durchmischung der Luft erhöht werden. Aufgrund ihrer Lage, der geringen Oberflächenrauhigkeit bzw. des geringen Strömungswiderstandes und der Ausrichtung können einzelne Flächen im Stadtgebiet zu einer wirkungsvollen Stadtbelüftung beitragen. Die von Westen und Osten Richtung Innenstadt verlaufenden Bahntrassen stellen potentielle Luftleitbahnen dar. Eine Gefährdung der Wirksamkeit dieser Luftleitbahnen stellt die zunehmende dichte Bebauung entlang der Trasse dar. Die in der Klimaanalyse (Stadt Bochum 2008) ausgewiesenen relevanten Frischluftschneisen und Luftleitbahnen sind in die „Handlungskarte Klimaanpassung“ übernommen worden. Diese Flächen sind im Bezug auf das Hitzegefährdungspotential von sehr hoher Relevanz und als zu schützender Raum anzusehen. 22 Abb. 2: Kommunales Handlungs- und Controllingkonzept zur Klimaanpassung in Bochum Die „Handlungskarte Klimaanpassung“ der Stadt Bochum Kommunales Handlungs- und Controllingkonzept zur Klimaanpassung in Bochum 23 24 2.2 Kommunales Handlungs- und Controllingkonzept zur Klimaanpassung in Bochum Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel Die „Handlungskarte Klimaanpassung“ stellt in einem ersten Überblick geeignete Klimaanpassungsmaßnahmen vor, die auf die jeweils typischen Konfliktpotentiale der in der Karte dargestellten 5 verschiedenen Zonen abgestimmt sind. In Kombination mit dem ausführlichen Maßnahmenkatalog zur Anpassung an den Klimawandel (Langfassung des „Klimaanpassungskonzeptes Bochum“) werden den an einem Prozess beteiligten Planern und Akteuren konkrete Vorschläge zur Klimaanpassung an die Hand gegeben, um die Stadt Bochum nachhaltig vor den Folgen des Klimawandels zu schützen. Entsprechend des ausgewiesenen Konfliktpotentials können geeignete Anpassungsmaßnahmen aus dem Maßnahmenkatalog ausgewählt werden. Dieser stellt für jedes Problemfeld bzw. jeden thematischen Verwundbarkeitsbereich (Hitzebelastung, Extremniederschläge) die erarbeiteten Informationen tabellarisch zusammen. Dabei werden die Anpassungsmaßnahmen auf unterschiedlichen Maßstabsebenen dargestellt. Maßnahmen zur Anpassung der Stadtstruktur an den Klimawandel sind in der Regel nur langfristig umsetzbar. Größtenteils fallen sie in den Bereich der Freiraum- und der Bauleitplanung. Aufgrund der sehr langsamen Geschwindigkeit eines nachhaltigen Stadtumbaus besteht hier ein hoher Handlungsdruck für die Stadtplanung. Im Bereich der Siedlungswasserwirtschaft sind Maßnahmen zur Verminderung des Oberflächenabflusses durch Flächenentsiegelung und Verbesserung der Rückhalte- und Versickerungsmöglichkeiten kurzfristig umsetzbar. Kurzfristig umzusetzende Maßnahmen zur Anpassung der städtischen Infrastruktur an den Klimawandel sind Begrünungs- und Entsiegelungsmaßnahmen im Straßenraum. Ebenfalls kurzfristig umsetzbar ist die Schaffung von kleineren offenen Wasserflächen im Stadtbereich. Maßnahmen gegen eine Fehlfunktion des Kanalisationssystems und zur Minderung von Schadenspotentialen bei Überflutungen verlangen meist einen höheren technischen und finanziellen Aufwand und sind nur mittel- oder langfristig umsetzbar. Zu den Anpassungsmaßnahmen auf Gebäudeebene gehören kurzfristig umzusetzende Maßnahmen zur Reduzierung der Hitzebelastung im städtischen Raum wie z. B. Dach- und Fassadenbegrünungen. Veränderungen im Gebäudedesign, wie die Gebäudeausrichtung, Hauswandverschattung, Wärmedämmung und der Einsatz von geeigneten Baumaterialien können als mittelfristige Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel zusammengefasst werden. Bei allen Klimaanpassungsmaßnahmen ist zu beachten, dass immer ein dem Einzelfall entsprechend sinnvolles Maßnahmenbündel geschnürt und umgesetzt werden sollte. Die Anwendung nur einzelner Maßnahmen wäre in den meisten Fällen nicht ausreichend für eine Verbesserung der klimatischen Situation. Die in der „Handlungskarte Klimaanpassung“ ausgewiesenen Klimaanpassungsmaßnahmen werden im Folgenden erläutert. Kommunales Handlungs- und Controllingkonzept zur Klimaanpassung in Bochum 25 Zone 1 Gebiete mit einer Hitzebelastung im Ist-Zustand Der Typ A in der Zone 1 wird durch eine nur durchschnittliche Bevölkerungsdichte im Bereich der Hitzeinsel gekennzeichnet. Die generelle Anfälligkeit gegenüber einer Hitzebelastung ergibt sich aus der typischen, hoch versiegelten Bebauungsstruktur der Stadt- und Innenstadtbereiche kombiniert mit einer mittleren Bevölkerungsdichte. Innenstadtbereiche, die überwiegend als Dienstleistungszentrum genutzt werden und einen nur durchschnittlich hohen Anteil an Wohnbevölkerung haben sind Problemgebiet mit anderer Anfälligkeit als reine Wohngebiete. Bei einem Aufenthalt in den Innenstädten tagsüber kann einer Hitzebelastung durch Standortwechsel und Vermeidung von besonnten Standorten entgegengewirkt werden. Sinnvolle Maßnahmen haben zum Ziel, die Aufenthaltsqualität zu steigern durch Verringerung der Hitzeentwicklung am Tag. Hierzu können Maßnahmen auf Gebäudeebene und Maßnahmen zur Anpassung der städtischen Infrastruktur herangezogen werden wie: Beschattung durch Vegetation und Bauelemente Kühleffekte der Verdunstung nutzen (offene Wasserflächen, Begrünung) Windblockaden vermeiden Typ B umfasst die Bereiche der Hitzeinsel mit einer hohen Bevölkerungsdichte. Hier müssen Maßnahmen zur Klimaanpassung wie bei Typ A einerseits die Aufenthaltsqualität steigern durch Verringerung der Hitzeentwicklung am Tag, andererseits aber auch Maßnahmen ergriffen werden, die die nächtliche Überwärmung verringern. Diese werden bei Typ C näher beschrieben. Im Bereich von Typ C ist eine sehr hohe Bevölkerungsdichte und /oder ein überdurchschnittlich hoher Anteil an Personen ab 65 Jahre im Bereich der Hitzeinsel vorhanden. Die hohe Anfälligkeit der Bevölkerung gegenüber einer klimatischen Belastung gibt diesen Gebieten die höchste Priorität für Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel. Tagsüber müssen Ausgleichsräume für die Bevölkerung geschaffen werden, z.B. Parks in Nahbereich. Unbedingt muss hier aber die nächtliche Überwärmung verringert werden. Einerseits kann hierzu die Verringerung der Hitzeentwicklung am Tag durch Vegetation, Verschattung und Entsiegelung erreicht werden. Andererseits sind Maßnahmen zur Anpassung der gesamten Stadtstruktur notwendig, damit die Zufuhr kühlerer Luft aus der Umgebung verbessert wird. Frischluftschneisen und Luftleitbahnen (siehe auch Zone 5) spielen für diese Gefährdungsgebiete eine wichtige Rolle. Eine Erhöhung des Grünanteils durch Baumpflanzungen im hoch verdichteten Bereich der Zone 1 ist nur unter der Berücksichtigung der Belüftung, die durch die Maßnahme nicht eingeschränkt werden darf, anzustreben. Für Baumpflanzungen bieten sich besonders die größeren Hauptverkehrsstraßen sowie größere Plätze und Stellplatzanlagen an. Hierbei steigern insbesondere großkronige Laubbäume durch ihren Schattenwurf die Aufenthaltsqualität. Aufgrund des geringen bis fehlenden Platzangebotes für die Neuanlage von Grünflächen können ergänzend Fassaden- und Dachbegrünungen zur Verbesserung des Mikroklimas durchgeführt werden. Zur Begrenzung von Neuversiegelung und zum Erhalt von Freiflächen sind beispielsweise Festsetzungen im Bebauungsplan zur Gestaltung von Stellplätzen heran- 26 Kommunales Handlungs- und Controllingkonzept zur Klimaanpassung in Bochum zuziehen. In schon bebauten Gebieten ist eine Entsiegelung nur vertretbar, wenn die Funktion des Gebäudes bzw. des Verkehrsweges darunter nicht leidet und keine Grundwassergefährdungen vorliegen. Bodenversiegelungen können durch den Einsatz von durchlässigen Oberflächenbefestigungen vermieden bzw. reduziert werden und zwar vor allem dann, wenn die Nutzungsform der Flächen nicht unbedingt hochresistente Beläge wie Beton oder Asphalt voraussetzt. Die Zone 1 umfasst Gebiete mit einer hohen Flächenkonkurrenz. Dadurch sind in diesen Bereichen enge Grenzen für Maßnahmen zur klimatischen Optimierung gesetzt. Deshalb können hier bioklimatische Extreme nur abgemildert werden. Es ist im Hinblick auf die gesamtstädtische Entwicklung darauf zu achten, dass sich die Flächen dieses Lastraums nicht weiter im Stadtgebiet ausdehnen. Zone 2 Gebiete, die im Zukunftsszenario 2051-60 durch eine Ausweitung der Hitzebelastung betroffen sein werden Durch eine Ausweitung der Hitzeinsel im Zuge des Klimawandels kommen im Zukunftsszenario 20512-60 insbesondere im Bereich der Bochumer Innenstadt, in Wattenscheid und in Langendreer einige Gebiete dazu, die von einer Hitzebelastung betroffen sein werden. Die Typen der Gefährdung entsprechen denen der Zone 1, wobei die Typen B und C zusammengefasst wurden. Die Anpassungsmaßnahmen der Zone 1 sollten auch im Bereich der Zone 2 zur Anwendung kommen, auch wenn die Hitzebelastung momentan noch geringer einzustufen ist. Anpassungsmaßnahmen für Veränderungen, die sich erst in der Zukunft ergeben, müssen bereits heute beginnen. Durch geeignete Maßnahmen kann der Ausweitung der Hitzeinsel in der Zukunft entgegengewirkt werden. Zone 3 Belastungsgebiete der Industrieflächen Die im Folgenden beschriebenen Anpassungsmaßnahmen sind nicht nur für die in der „Handlungskarte Klimaanpassung“ ausgewiesenen Flächen der Zone 3 relevant, sondern sollten auch bei der Neuplanung von Industrie- und Gewerbegebieten einbezogen werden. Durch die Wahl eines geeigneten Areals zur Sicherung einer hinreichenden Be- und Entlüftung kann die Ausbildung großflächiger Wärmeinseln vermieden werden. Dazu kann auch ein bepflanzter Freiraum als Puffer zu angrenzenden Flächen dienen. Im Gewerbeumfeld sollte wie auch im Innenstadtbereich durch Anpassungsmaßnahmen eine akzeptable Aufenthaltsqualität erreicht werden. Maßnahmen, die zu einer Verbesserung der Situation in den Lasträumen der Gewerbe- und Industrieflächen führen, bestehen in erster Linie in der Entsiegelung und dem Erhalt sowie der Erweiterung von Grün- und Brachflächen. Die Erfordernisse gewerblich-industrieller Nutzungen bestimmen maßgeblich die Gestaltung der Gebiete und schränken somit den Rahmen für klimaverbessernde Maßnahmen ein. Es entstehen Zielkonflikte zwischen einer anzustrebenden Verbesserung der Grünstruktur und Verringerung des Versiegelungsgrades einerseits und einer notwendigen Vollversiegelung betrieblicher Funktionsbereiche zum Schutz des Kommunales Handlungs- und Controllingkonzept zur Klimaanpassung in Bochum 27 Grundwassers andererseits. Lösungsmöglichkeiten sind in diesem Fall in einer ausreichenden Gliederung von hochversiegelten Bauflächen und betrieblichen Funktionsbereichen wie Lager- und Freiflächen, durch breite Pflanzstreifen und Grünzüge zu suchen. Darüber hinaus bieten sich oft Stellplatzanlagen, Randsituationen und das Umfeld von Verwaltungsgebäuden für Begrünungen an. Weitere sinnvolle Maßnahmen sind die Begrünung von Fassaden und Dächern sowie die Nutzung von gespeichertem Regenwasser zur Kühlung. Bei Neuplanungen von Gewerbe- und Industriegebieten ist darauf zu achten, in den jeweiligen Planungsstufen die Belange von Klimaanpassung zu berücksichtigen. Zu nennen sind die Rahmenplanung, die Flächennutzungsplanung, die Bebauungsplanung, die Vorhaben- und Erschließungsplanung sowie das Baugenehmigungsverfahren. Klimawirksame Maßnahmen lassen sich insbesondere in der Bauleitplanung für neue und zu erweiternde Standorte umsetzen. So ist im Rahmen der Eingriffsregelung darauf zu achten, soweit möglich die Kompensationsmaßnahmen auf dem Gelände selbst durchzuführen, um für eine Verbesserung der klimatischen und lufthygienischen Bedingungen vor Ort zu sorgen. Mit Hilfe geeigneter Festsetzungen ist im Bebauungsplan eine Begrenzung der Flächeninanspruchnahme sowie eine ausreichende Grünausstattung zu sichern. Weiterhin ist durch eine geeignete Baukörperanordnung und die Beschränkung bestimmter Bauhöhen eine optimale Durchlüftung zu gewährleisten. Zone 4 Gebiete, die durch hohen Oberflächenabfluss bei Starkregen gefährdet sind In den ausgewiesenen Belastungsbereichen, in denen ein hoher Oberflächenabfluss zur Gefährdung von Infrastruktur führen kann, sind neben technischen Maßnahmen des Objektschutzes Maßnahmen erforderlich, die die Abflussmenge reduzieren und Abflussspitzen durch verzögerten Abfluss verringern. Dazu gehören in erster Linie: Entsiegelung und Begrünung der hoch versiegelten Bereiche zur Reduzierung des Oberflächenabflusses und Verbesserung des Stadtklimas Retentionsmaßnahmen in Form von Überlaufbecken oder Überflutungsflächen mit Entlastungspotential für extreme Regenereignisse Um die Effektivität von möglichen Maßnahmen zu prüfen, aber auch Möglichkeiten für eine bewusste Ableitung des Niederschlags an der Oberfläche zu erkennen, müssen Fließwege des Oberflächenabflusses bei Starkregen identifiziert werden. Entsieglungs- und Begrünungsprogramme sollten so geplant werden, dass neben einer Reduzierung der Direktabflüsse eine Verbesserung des Stadtklimas erreicht werden kann. Eine Aufwertung des Stadtbildes sollte bei einer Umsetzung mit berücksichtigt werden. Multifunktionale Überflutungsflächen sollten einhergehen mit stärker begrünten und entsiegelten Innenstädten. Ein bewusstes Wasserwegenetz steigert die Wohnqualität und bietet gleichzeitig Möglichkeiten für eine gezielte Ableitung des Direktabflusses. Untersuchungen zeigen deutlich, dass Begrünungs- und Entsiegelungsmaßnahmen auf die Direktabflussmenge von seltenen Starkregenereignissen nur eine verhältnismäßig geringe Auswirkung haben. Es entstehen hohe Kosten, die zumindest in Bezug auf die Retentionswirkung bei intensiven Regenereignissen nur schwer gerechtfertigt werden können. Als reine 28 Kommunales Handlungs- und Controllingkonzept zur Klimaanpassung in Bochum Anpassungsmaßnahme an Starkregen ist die Wirkung von Entsiegelungsprogrammen eher gering, während sich Retentionsmaßnahmen in Form von Überlaufbecken oder Überflutungsflächen als sehr effektiv erwiesen haben. Neben der hohen Effektivität von Retentionsbecken und dem geringen Flächenverbrauch, besteht ein weiterer Vorteil in der schnellen und einmaligen Umsetzung. Entsiegelungs- und Begrünungsmaßnahmen müssten sukzessive umgesetzt werden, so dass eine maximal mögliche Wirkung erst nach langer Zeit erreicht werden könnte. Entsiegelte und begrünte Flächen entfalten ihre Wirkung vor allem in ihrer alltäglichen Wirkung. Neben einer deutlichen Aufwertung des innerstädtischen Klimas wird die Lebensqualität deutlich verbessert. Aus hydrologischer Sicht zeigen sich die Vorteile des reduzierten Oberflächenabflusses insbesondere bei mittleren Niederschlagsereignissen. Hier verringert sich das Verhältnis aus Gesamtniederschlag und Oberflächenabflussvolumen. Während die Speicherkapazität eines Gründaches bei einem 50-jährigen Niederschlagsereignis schnell erschöpft ist, kann die gleiche Fläche einen gewöhnlichen sommerlichen Starkregen nahezu vollkommen aufnehmen. Wird die Aufnahmekapazität überschritten, werden trotzdem die Abflussspitzen deutlich verringert. Unversiegelte Flächen im Bereich der Hauptabflusswege und innerhalb von abflusslosen Senken weisen momentan nur ein geringes Schadenspotential auf, da das Niederschlagswasser im Falle eines Starkregens auf der Fläche versickern kann. Im Hinblick auf mögliche Schäden sollte aber eine Bebauung oder Flächenversiegelung in diesen Bereichen auch in Zukunft vermieden werden. Unvermeidbare Bebauung sollte mit technischen Maßnahmen zum Schutz vor Überflutungen versehen werden. Zone 5 Gebiete der Frischluftschneisen und Luftleitbahnen Die in der „Handlungskarte Klimaanpassung“ ausgewiesenen Frischluftschneisen und Luftleitbahnen sind aufgrund ihrer Bedeutung für die klimatische Situation im Bereich der Bochumer Innenstadt unbedingt zu erhalten. Sie können zu einer wirkungsvollen Stadtbelüftung beitragen. Zur Unterstützung der Funktion von Frischluftschneisen und Luftleitbahnen sollten hier die folgenden Maßnahmen eingehalten werden: Keine weitere Bautätigkeit Von Emittenten freihalten Randliche Bebauung sollte keine Riegelwirkung erzeugen Keine hohe und dichte Vegetation (Sträucher und Bäume) als Strömungshindernis im Bereich von Frischluftschneisen und Luftleitbahnen Zur Unterstützung der Belüftungsfunktion wird die Anlage zusätzlicher rauhigkeitsarmer Grünzonen im Umfeld der Luftleitbahn empfohlen. Beispiele für planungsrechtliche Umsetzungsinstrumente und Maßnahmen Die vorhandenen Instrumente sollten ausgenutzt werden, um Klimaanpassungsmaßnahmen in Planungsprozesse zu integrieren. Flächennutzungs- und Bebauungspläne bieten im Rah- Kommunales Handlungs- und Controllingkonzept zur Klimaanpassung in Bochum 29 men von Änderungen beziehungsweise der Ausweisung neuer Baugebiete die Möglichkeit, bestimmte Darstellungen (Flächennutzungsplan) oder Festsetzungen (B-Pläne) zu enthalten. Im Folgenden sind einige Beispiele aufgelistet, wie konkrete Maßnahmen in Flächennutzungspläne und B-Pläne übernommen werden können. 1 Um Frei- und Frischluftflächen zu erhalten beziehungsweise neue Frei- und Frischluftflächen zu schaffen, können in den Flächennutzungsplan (FNP) großräumige Darstellungen von nicht baulichen Nutzungen mit unterschiedlichen Zweckbestimmungen wie Parkanlagen, Dauerkleingärten, Sport-, Spiel-, Zelt- und Badeplätze sowie Friedhöfe integriert werden (nach § 5 Abs. 2 Nr. 5 BauGB). Darüber hinaus können Wasserflächen (als Flächen, die nach § 5 Abs. 2 Nr. 7 BauGB aufgrund des Hochwasserschutzes und der Regelung des Wasserabflusses freizuhalten sind) sowie landwirtschaftliche Flächen und Waldflächen (nach § 5 Abs. 2 Nr. 9 BauGB) dargestellt werden. Im B-Plan kann die Erhaltung beziehungsweise Schaffung von Frei- und Frischluftflächen über die Festsetzung der Grundfläche oder Grundflächenzahl (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB), der überbaubaren und nicht überbaubaren Grundstücksfläche (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 BauGB) sowie Flächen, die von der Bebauung freizuhalten sind (§ 9 Abs. 1 Nr. 10 BauGB) gesteuert werden. Ferner ist es möglich im B-Plan öffentliche und private Grünflächen wie Parkanlagen, Dauerkleingärten, Sport-, Spiel-, Zelt- und Badeplätze sowie Friedhöfe festzusetzen (§ 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB). Auch lassen sich Flächen für die Landwirtschaft und Waldflächen festsetzen (§ 9 Abs. 1 Nr. 18 BauGB). Besonders vorteilhaft für das Lokalklima sind Luftleitbahnen. Deren Erhalt beziehungsweise Schaffung können durch die oben bereits erwähnten Darstellungen und Festsetzungen zu Frei- und Frischluftflächen im FNP und in den B-Plänen ermöglicht werden. Zudem können Frischluftschneisen als zeichnerische Darstellung in Flächennutzungspläne übernommen werden, was die spätere Begründung für die Freihaltung im B-Plan erleichtern kann. Förderlich kann in diesem Zusammenhang auch sein, in der Begründung zum FNP (§ 5 Abs. 5 BauGB) beziehungsweise B-Plan (§ 9 Abs. 8 BauGB) besonders auf die lokalklimatische Bedeutung der betreffenden Flächen für die Frischluftversorgung des Siedlungsraumes einzugehen. 2 Maßnahmen wie die Begrünung von Straßenzügen, Dächern und Fassaden können durch das Festsetzen von Anpflanzungen und Pflanzenbindungen für einzelne Flächen oder für ein B-Plangebiet beziehungsweise Teile davon in den B-Plan integriert werden (§ 9 Abs. 1 Nr. 25 BauGB). Auf diese Weise ist es beispielsweise möglich, Stellplätze und bauliche Anlagen zu begrünen und zu bepflanzen. Durch die vorgenannten Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 25 BauGB lassen sich auch die Bepflanzung urbaner Räume mit wärmeresistenten Pflanzenarten mit geringem Wasserbedarf sowie der vermehrte Einsatz bodenbedeckender Vegetation und die Vermeidung oder künstliche Abdeckung unbewachsener Bodenflächen sowie Dach- und Fassadenbegrünungen in Bebauungsplänen festsetzen. 3 Die Verwendung baulicher Verschattungselemente im öffentlichen Raum (z.B. Arkaden) lässt sich durch entsprechende exakte Festsetzung der Baukörper erreichen. Ganz konkrete Maßnahmen zur Optimierung der Gebäudeausrichtung können zum Beispiel die Planung von Gebäudekomplexen mit wind- und wettergeschützten Innenhöfen 30 Kommunales Handlungs- und Controllingkonzept zur Klimaanpassung in Bochum sein. Im Bebauungsplan können zu diesen Zwecken die Bauweise, die überbaubaren und nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen festgesetzt werden (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 BauGB). 4 Eine Möglichkeit zur Klimaanpassung in dicht bebauten, urbanen Gebieten stellt der Rückbau versiegelter Flächen dar. Dies kann durch die Festsetzung einer nicht baulichen Nutzung erfolgen (vgl. 1. Frei- und Frischluftflächen). Hier gilt es zu beachten, dass die Umnutzung baulich genutzter Grundstücke in nicht baulich genutzte Grundstücke in der Regel mit Entschädigungsansprüchen nach dem Planungsschadensrecht verbunden ist. Hier ist jeweils eine Einzelfallbetrachtung notwendig. Mit Hilfe von § 179 BauGB kann jedoch die Entsiegelung dauerhaft nicht mehr genutzter Flächen durch ein Entsiegelungsgebot durchgesetzt werden, sofern dies der Umsetzung des B-Plans dient. Rückbau- und Entsiegelungsmaßnahmen werden vor allem bei Stadtumbaumaßnahmen (§§ 171a – d BauGB) gefördert. 5 Die Verbesserung beziehungsweise Ermöglichung der Versickerung (z.B. durch Versickerungsgräben oder -mulden) sowie die Schaffung von Niederschlagswasserzwischenspeichern und Notwasserwegen (z.B. Regenrückhaltebecken, Sammelmulden) können durch eine Festsetzung von Flächen für die Abfall- und Abwasserbeseitigung, einschließlich der Rückhaltung und Versickerung von Niederschlagswasser (§9 Abs. 1 Nr. 14 BauGB), im B-Plan ermöglicht werden. Zudem kann im Falle der Schaffung von Niederschlagswasserzwischenspeichern und Notwasserwegen das Festsetzen von Flächen für die Wasserwirtschaft, für Hochwasserschutzanlagen und für die Regelung des Wasserabflusses (§9 Abs. 1 Nr. 16 BauGB) erfolgen. Kommunales Handlungs- und Controllingkonzept zur Klimaanpassung in Bochum 3. 31 Controllingkonzept Für eine in die Zukunft gerichtete Kommunalplanung ist es unabdingbar, bereits zum jetzigen Zeitpunkt Klimaanpassung in aktuelle Planungen zu integrieren, um die Auswirkungen des Klimawandels so erträglich wie möglich zu gestalten. Um das Ablaufschema zur Integration von Klimaanpassungsmaßnahmen und die „Handlungskarte Klimaanpassung“ langfristig und aktuell in die Planungsprozesse der Stadt Bochum einzubeziehen, bedarf es eines mehrstufigen Controllingkonzeptes. Es enthält Aufgaben aus drei verschiedenen Themenfeldern, die auf drei unterschiedlichen Zeitachsen eine Rolle spielen. Die für die Integration von Klimaanpassungsmaßnahmen Verantwortlichen aus den entsprechenden Fachabteilungen haben die Aufgabe, die Grundlageninformationen aktuell zu halten, eine Checkliste für Planungsvorhaben abzuarbeiten und die städtischen Ziele sowie erfolgte Anpassungsmaßnahmen zu evaluieren. Dabei sind einige Aufgaben permanent zu berücksichtigen und die Aktualisierungen im Zeitraum von 2-5 Jahren bzw. 5-10 Jahren durchzuführen. Das Controllingkonzept für die Integration von Klimaanpassungsmaßnahmen in Planungsprozesse der Stadt Bochum ist als Übersicht in der Abbildung 3 dargestellt. 3.1 Aktualisierung der Grundlageninformationen Überwachung der Entwicklung der städtischen Wärmeinsel (permanent) Da die Hitzebelastung eine zentrale Rolle für die Ausweisung von Gefährdungspotentialen im Zusammenhang mit dem Klimawandel spielt, ist eine permanente Überprüfung der Entwicklung der städtischen Wärmeinsel notwendig. Die Daten der Bochumer Innenstadt-Klimastation und der Freiland-Klimastation (betrieben von Geographischen Institut der Ruhr-Universität Bochum) stellen dazu eine ausreichende Datengrundlage zur Verfügung. Auf der einen Seite kann die mögliche Zunahme von Hitzetagen im Innenstadtbereich verfolgt werden. Die Anzahl der Heißen Tage mit Temperaturmaxima von mindestens 30 °C ist in den vergangenen 100 Jahren von rund 4 Tagen im Jahr auf aktuell im Mittel 10 Tage im Jahr angestiegen. Das macht einen Zuwachs von 150 % aus. Hier kommt nach den Klimaprojektionen in den nächsten 50 Jahren nochmal ein Anstieg von über 200 % dazu. Damit kann es im Zukunftsszenario 2051-2060 statt aktuell 10 heißer Tage bis zu 31 heiße Tage im Jahr geben. Auch die Intensität der städtischen Hitzeinsel muss permanent überwacht werden. Die Temperaturdifferenz zwischen Freiland und Innenstadt in sommerlichen Strahlungsnächten mit einer Belastung durch nächtliche Hitze liegt aktuell bei 6 bis 7 Kelvin. Durch eine Analyse der Temperaturdifferenzen zwischen den beiden Bochumer Klimastationen, in der Innenstadt und im Freiland, kann die Entwicklung der Hitzeinselintensität überwacht werden. Aktualisierung der Zukunftsprojektionen (alle 2-5 Jahre) Die im Klimaanpassungskonzept Bochum verwendeten Klimaprojektionen beruhen auf den Ergebnissen des IPCC-Berichtes (Intergovernmental Panel on Climate Change) aus dem Jahr 2007. Ein aktueller Bericht ist für 2013/14 zu erwarten. Wenn die darauf beruhenden regionalen Klimaprojektionsberechnungen veröffentlicht sind, ist eine Aktualisierung der Zukunftssze- 32 Kommunales Handlungs- und Controllingkonzept zur Klimaanpassung in Bochum narien für Bochum notwendig. Da die Prognosen der zukünftigen Klimaentwicklung mit vielen Unsicherheiten verbunden sind, sollte die Berücksichtigung des Klimawandels bei Planungsfragen immer auf den neuesten verfügbaren Ergebnissen fußen. Aktualisierung der Klimatopkarte und Fließwegekarte (alle 5-10 Jahre) Die GIS-basierte Berechnung der Klimatopkarte für Bochum, im Ist-Zustand ebenso wie im Zukunftsszenario 2051-60, erleichtert die zukünftige Aktualisierung dieses Kartenmaterials. Bestimmend für die Einteilung des Stadtgebietes in Klimatope ist die dominierende Nutzungsart sowie die thermale Situation an dem jeweiligen Ort. Entsprechend muss die Karte des Zukunftsszenarios aktualisiert werden, sobald die Ergebnisse der neuen Klimazukunftsprojektionen vorliegen. Beide Karten brauchen eine Aktualisierung, sobald sich die Flächennutzungen im Bochumer Stadtgebiet in dem Maße geändert haben, dass diese Änderungen klimawirksam werden. In der Regel ist dies alle 10 Jahre der Fall. Nutzungsänderungen, insbesondere veränderte Flächenversiegelungen wirken sich bedeutend auf die Karte der Fließwege im Bochumer Stadtgebiet aus. Deshalb muss auch diese Karte spätestens nach 10 Jahren aktualisiert werden. 3.2 Checkliste für Planungsvorhaben Überprüfung von Bauvorhaben auf notwendige Anpassungsmaßnahmen Für alle zukünftigen Planungsprozesse in der Stadt Bochum sollte das im Kapitel 1 beschriebene Ablaufschema im Zusammenhang mit der „Handlungskarte Klimaanpassung“ verbindlich sein. In einem ersten Schritt ist eine Überprüfung der Lage der betroffenen Fläche im Stadtgebiet notwendig. Mit Hilfe der „Handlungskarte Klimaanpassung“ muss abgeglichen werden, ob die angestrebte Fläche ein Konfliktpotential aufweist. Ist dies zutreffend, so muss geklärt werden, um welche Art von Belastungsgebiet es sich handelt, Hitzebelastung und/oder Belastung durch die Folgen von Extremniederschlägen. Ab diesem Zeitpunkt muss eine Belastung, wenn zutreffend, bei jedem weiteren Schritt im Planungsverfahren mit berücksichtigt werden. Für das Planungsvorhaben muss im Folgenden eine Zusammenstellung notwendiger und sinnvoller Anpassungsmaßnahmen entsprechend der Lage (Belastungsgebiet „Hitze“ und/oder Belastungsgebiet „Extremniederschlag“ oder außerhalb eines Belastungsgebietes) gemacht werden. Hierzu sind die Informationen aus der „Handlungskarte Klimaanpassung“ und der Maßnahmenkatalog heranzuziehen. Liegt ein Bebauungsplan vor, sollte dieser ämterübergreifend auf die Integration von entsprechenden Klimaanpassungsmaßnahmen überprüft werden. Begleitend zum Planungsprozess ist eine Diskussion der notwendigen Maßnahmen mit beteiligten Akteuren, der Öffentlichkeit sowie der Politik vorzusehen. Auch die verschiedenen Bereiche und Ämter müssen in stärkerem Maße miteinander im Austausch stehen und kommunizieren. Kommunales Handlungs- und Controllingkonzept zur Klimaanpassung in Bochum 33 Aktualisierung des Maßnahmenkatalogs zur Anpassung an den Klimawandel In einem Zeitabstand von 2-5 Jahren muss der Maßnahmenkatalog überarbeitet und aktualisiert werden. Erkenntnisse aus der Evaluierung von umgesetzten Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel aus Bochum genauso wie aus anderen Städten sollen in den Maßnahmenkatalog einfließen. Die Klimaanpassung in der Stadtplanung steckt noch in den Anfängen, gesicherte Evaluierungsergebnisse liegen daher erst in einigen Jahren vor. Neue Erkenntnisse für die Möglichkeiten zur Klimaanpassung sowie eventuelle technische Neuentwicklungen müssen neu in den Maßnahmenkatalog aufgenommen werden. Dabei sind die neuen Maßnahmen entsprechend ihrer Maßstabsebene (Stadtstruktur, städtische Infrastruktur, Gebäudeebene) und ihrer Synergien und Zielkonflikte zu beurteilen. Aktualisierung der Belastungsgebiete in der „Handlungskarte Klimaanpassung“ Aus der im Rhythmus von 5-10 Jahren stattfindenden Aktualisierung der Klimatopkarten des Ist-Zustandes und des Zukunftsszenarios und der Karte der Fließwege verbunden mit aktuellen regionalen Klimaprojektionen ergibt sich die Notwendigkeit, die „Handlungskarte Klimaanpassung“ zu überarbeiten. Dabei sollten neben klimatischen Prognosen und Nutzungsänderungen im Stadtgebiet auch Prognosen zur demographischen Entwicklung in Bochum einbezogen werden. Auf dieser Grundlage müssen die Abgrenzungen für die Belastungsgebiete bezüglich Hitze und bezüglich einer Überflutung im Falle von Extremniederschlägen neu berechnet werden. Dies sollte mindestens alle 10 Jahre erfolgen, um eine aktuelle Grundlage für das Handlungskonzept zur Klimaanpassung zu haben. 3.3 Evaluierung der Ziele / Anpassungsmaßnahmen Evaluation von Maßnahmen durch mikroskalige Modellierungen Die Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Klimaelementen wie Lufttemperatur, Luftfeuchtigkeit oder Wind und einer Stadt sind so komplex, dass man die Folgen von baulichen oder anderen Veränderungen in einem Stadtviertel nicht ohne weiteres abschätzen kann. Sollen Auswirkungen einer beabsichtigten Veränderung der Stadtstruktur vorausgesagt werden, ist der Einsatz eines numerischen Simulationsmodells eine sinnvolle Lösung. Ein solches Simulationsmodell berücksichtigt die Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen urbanen Klimafaktoren wie Bebauung und Vegetation und der Atmosphäre. Auf diesem Weg ist sowohl eine Planung zur Vermeidung von Belastungsräumen als auch die Optimierung bereits vorhandener Strukturen möglich. Während rein qualitative Aussagen zu geplanten Maßnahmen meist von Experten getroffen werden können, ist die Quantifizierung einer Veränderung, beispielsweise der Lufttemperatur durch eine Parkanlage, nur mittels numerischer Simulation möglich. Eine ökologisch sinnvolle und ökonomisch effiziente Begrünung von städtischen Gebieten ist folglich nur möglich, wenn man in der Lage ist, Bereiche zu identifizieren, in denen ein Handlungsbedarf besteht, und abzuschätzen, mit welcher Strategie und mit welchem Einsatz ein möglichst hoher KostenNutzen-Quotient erreicht wird. Um einen Vergleich zwischen Ist-Zustand und verschiedenen Planvarianten zu ermöglichen, ist der Einsatz eines mikroskaligen Klimamodells erforderlich. 34 Kommunales Handlungs- und Controllingkonzept zur Klimaanpassung in Bochum Bei größeren Planungsprozessen im Stadtgebiet sollte zur Evaluierung von möglichen Klimaanpassungsmaßnahmen immer eine mikroskalige Modellierung zum Einsatz kommen. Damit kann einerseits die beste Planvariante ermittelt werden. Ebenso wichtig ist aber auch die Möglichkeit, positive Auswirkungen von Anpassungsmaßnahmen anschaulich in die Öffentlichkeit und in die Akteursgruppen zu kommunizieren. Überprüfung / Aktualisierung von städtischen Zielen Im Rahmen der strategischen Umweltplanung der Stadt Bochum sind Umweltziele für die Kommunalplanung festgelegt. Viele der im Rahmen der strategischen Umweltplanung verfolgten Umweltziele leisten einen wichtigen Beitrag zur Klimaanpassung. Besonders die Umweltqualitätsziele, die sich auf die Begrenzung der Neuversiegelung, die Mindestanteile unversiegelter Flächen, die Erhaltung der unbebauten Flächen, den Erhalt von Park- und Grünanlagen und die Regenwasserabkopplung beziehen, sind hinsichtlich der Klimaanpassung relevant. Durch die konkret vorgegebenen Werte gibt es klar formulierte Ziele, die bis zu einem bestimmten Zeitpunkt erreicht sein sollen. Mit dem Instrument der strategischen Umweltplanung bieten sich im Zusammenhang mit der Erstellung des städtebaulichen Konzeptes große Möglichkeiten für die Integration von Maßnahmen, die der Anpassung an das Klima dienen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass Inhalte der strategischen Umweltplanung in der Abwägung der privaten und öffentlichen Belange im Bebauungsplanverfahren gegenüber Belangen, die einer Verbesserung des Stadtklimas nicht zuträglich wären, Berücksichtigung finden. In regelmäßigen Abständen von einigen Jahren sind die Ziele der strategischen Umweltplanung zu überprüfen und gegebenenfalls zu ergänzen. Evaluation von Maßnahmen durch Messungen Eine langfristig angelegte Evaluation von Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel besteht in der Möglichkeit, bei größeren Projekten Messungen jeweils vor und nach Umsetzung der Anpassungsmaßnahmen durchzuführen. Beispielsweise großflächige Begrünungsmaßnahmen bieten sich an, um den Effekt auf die Reduzierung von sommerlicher Hitze zu messen. Die Messungen können mittels mobiler Messeinrichtungen während ausgewählter Hitzeperioden oder langfristig mittels stationärer Messungen durchgeführt werden. Um einen Vergleich vorher/nachher zu ermöglichen, sind solche Messungen schon im Vorfeld, vor Umsetzung von Klimaanpassungsmaßnahmen zu veranlassen.