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Bochum
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Anfrage Grabdenkmal mit Anlage.pdf
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Erstellt
24.12.14, 20:11
Aktualisiert
27.01.18, 11:36
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Fraktion
im Rat der Stadt Bochum
Frau Oberbürgermeisterin
Dr. Ottilie Scholz
21. März 2014
Anfrage zur Sitzung des
Ausschusses für Kultur und Sport am 21. März 2014
hier: Erhaltung einer Grabplatte von besonderer künstlerischer Bedeutung (Hauptfriedhof am Freigrafendamm, Feld 0016, Grabstätte 0012)
Ergänzend zu den in der 25. Sitzung des Ausschusses für Kultur und Sport am
7.2.2014 unter TOP 6.1. und 6.2. gestellten Fragen bitten die Unterzeichner, noch
folgenden, die Erhaltenswürdigkeit der Grabplatte zusätzlich erhellenden Fragen
nachzugehen:
1. Sind der Verwaltung folgende Details über Dr. Agnes Lackmann bekannt, für deren Grab die zu prüfende Platte geschaffen wurde?
(a) Sie war als Städtische Obermedizinalrätin eine verdienstvolle Mitarbeiterin
der Stadt Bochum, die dennoch im Dritten Reich wegen ihrer exponiert katholischen Haltung und ihrer Distanz zum Nationalsozialismus berufliche Repressalien
zu erleiden hatte.
(b) Das Stadtarchiv hat sie in der vom LWL konzipierten Ausstellung „Wie wir
wurden, was wir nicht werden sollten. Frauen im Aufbruch zu Amt und Würden“,
die 2011 im Bochumer Zentrum für Stadtgeschichte gezeigt wurde, in Bildern und
erläuternden Texten als eine von drei herausragenden lokalen Beispielen für die
berufliche Emanzipation von Frauen dargestellt.
2. Ist der Verwaltung folgendes über Dr. Heinrich Schroeteler bekannt, den Künstler,
der den Entwurf der zu prüfenden Platte geschaffen hat?
(a) Schroeteler hat Aufträge für die Herstellung von Kunstwerken u.a. von der
Stadt Bochum (künstlerische Ausgestaltung von 2 Bahnhöfen der Stadtbahn), von
der Ruhr-Universität (Bronze-Büsten der Rektoren im Auditorium Maximum) sowie von öffentlichen Auftraggebern in Düsseldorf, Hagen, Siegen und anderen
Städten der Bundesrepublik erhalten. Für zahlreiche Kirchengemeinden beider
Konfessionen hat er Plastiken und sakrale Gegenstände geschaffen. Keiner von
diesen und vielen weiteren namhaften Auftraggebern hatte offenbar Zweifel in
Schroetelers künstlerischer Kompetenz und persönlicher Integrität.
Geschäftsstelle: Rathaus / BVZ – Zimmer 2098 – 44777 Bochum - Telefon: 0234/ 910-2077 –
Fax: 0234/ 910-2079 – Mail: cdu@bochum.de – www.cdu-bochum.de
(b) Schroeteler wurde in einer der o.a. Vorlagen eine nationalsozialistische Gesinnung nachgesagt, mit Behauptungen begründet, die nicht schlüssig, weit hergeholt, manchmal auch frei erfunden sind. Wir geben hiermit eine Richtigstellung
zu Protokoll und bitten, dies bei der Beurteilung der Biografie des Künstlers, sofern diese überhaupt für die Bewertung der von ihm geschaffenen Kunst von Belang ist, einzubeziehen.
Clemens Kreuzer
Sachkundiger Einwohner
Anlage:
Der „Demagoge“ – eine Richtigstellung
Geschäftsstelle: Rathaus / BVZ – Zimmer 2098 – 44777 Bochum - Telefon: 0234/ 910-2077 –
Fax: 0234/ 910-2079 – Mail: cdu@bochum.de – www.cdu-bochum.de
1
Der „Demagoge“ – Eine Richtigstellung
Auseinandersetzung mit den im Ausschuss für Kultur und Sport am 7.2.2014 von
Herrn Dr. Hans Hanke vorgetragenen bzw. in einem Memorandum zu Protokoll gegebenen Behauptungen über den angeblichen Nationalsozialismus des im Januar
2000 verstorbenen Bochumer Künstlers Dr. Heinrich Schroeteler. 1 Die nachfolgende
Analyse und Richtigstellung folgt dem Textverlauf des Memorandums im Abschnitt
„Demagoge“; die kommentierten Textpassagen werden jeweils in kursiv zitiert.
1. Gemäß Überschrift soll der Abschnitt zeigen, dass Heinrich Schroeteler (im weiteren Text „HS“ genannt) ein „Demagoge“ war. Laut Brockhaus ist dies ein „Volksverführer“ oder „Volksaufwiegler“, Demagogie die „Aufwiegelung und Verhetzung
einer Volksmasse zur Durchsetzung politischer Ziele durch skrupellos angewandte
öffentliche Rede“ 2. Schon in der vorgelegten Fassung gibt das Memorandum eine
in dieser Weise überzogene Charakterisierung nicht her, unter Berücksichtigung
der folgenden Analyse-Ergebnisse ist sie völlig absurd.
2. Die Behauptung, HS sei „von zweifelhaften Verehrern der Deutschen Wehrmacht
und des Zweiten Weltkrieges besonders beachtet“ worden, „unter ihnen auch
zahlreiche Neonazis“, wird nicht belegt. Falls die im späteren Text angeführten
Bezieher von Autogrammfotos oder signierten Bildern gemeint sind: sie sind unbekannt und lassen sich deshalb nicht pauschal als „zweifelhafte Verehrer“ der
Wehrmacht und „Neonazis“ charakterisieren. Und wenn solche darunter waren:
niemand ist davor gefeit, von Personen „besonders beachtet“ zu werden, auf deren
Beachtung er keinen Wert legt.
3. Eine solche Wertschätzung wird HS dann mit der Bemerkung unterstellt, sie sei
ihm „nicht unrecht“ gewesen. Auch dafür werden weder Belege, noch Zeugen genannt. Der Verfasser des Memorandums kann dies auch nicht aus eigener Kenntnis behaupten, denn er hat HS, wie er einräumt, „persönlich nicht gekannt“ 3.
4. Die Aussage, HS sei an der RUB als „strammer Nazi“ bekannt gewesen, ist aus
den angegebenen Quellen nicht nachvollziehbar. Von den beiden dort benannten
RUB-Professoren ist Prof. Joachim Petsch 2008 verstorben und hat Prof. Dieter
Scheler dem Unterzeichner auf Anfrage erklärt, er habe HS während dessen Promotionszeit an der RUB gut gekannt, aber nie etwas von einer nationalsozialistischen Einstellung bemerkt. Ein Kommilitone von HS, Dr. Enno Neumann, später
wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bochumer Stadtarchivs, äußerte sich gleichlautend. Prof. Bernard Andreae, an dessen Institut HS jahrelang arbeitete, teilte mit,
dass er vor dessen Einstellung auch gründlich geprüft hat, ob er es „eventuell mit
einem verkappten Nazi zu tun hatte“. Er könne auch „aus vielen Gesprächen versichern“, dass HS und seine Frau „keinerlei nazistische Gesinnung hatten“ und HS
an der Universität „nie wegen ‚Nazitum‘ aufgefallen ist oder angegriffen wurde“.4
Der Dortmunder Galerist Derrick Meßling, in den 80er Jahren Student an der
RUB und Teilnehmer der Kurse von HS, gibt an, dass dieser zwar seine militäri1
Sitzungsniederschrift, TOP 6.2.
Brockhaus-Enzyklopädie, Bd 5, S. 229
3
Schreiben Dr.Hanke an Frau Schroeteler v. 1.9.2000
4
Schreiben Prof. Andreae v. 16.2.2014 an die Stadt Bochum, Kopie an den Unterzeichner
2
2
sche Vergangenheit nicht verheimlicht, aber nie nationalsozialistische Positionen
vertreten habe.
Tatsächlich erfreute sich HS hoher Wertschätzung der Universitätsleitung über
seinen Tod hinaus: 1981 wurde er in Anerkennung seiner Rekonstruktionen antiker Plastiken mit der Universitätsmedaille der RUB ausgezeichnet. 1988 erteilte
ihm das Rektorat mit Zustimmung des Wissenschaftsministeriums NRW aus Anlass des 25jährigen Uni-Jubiläums den Auftrag, jene Bronzebüsten ihrer Rektoren
zu schaffen, die bis heute im Rund des Foyers des Auditoriums Maximum stehen.
2001 nahm der Rektor der Uni in einem Festakt eine von HS geschaffene Büste
des Bochumer Dichterarztes C.A.Kortum entgegen, gestiftet von der Deutschen
Bank und einem amerikanischen Finanzunternehmen und bestimmt für das Musische Zentrum der Universität. Dies alles hätte sicher nicht stattgefunden, wenn
HS an der RUB als „strammer Nazi bekannt“ gewesen wäre.
5. Dass HS als solcher auch „an seinem Wohnort“ bekannt gewesen sei, wird in dem
Memorandum gleichfalls unbelegt behauptet. Dagegen erklärt z.B. Hans Reckinger, früher Fahrsteiger auf Lothringen und mit HS gut bekannt, seit dieser sein
Atelier dort eröffnete, dass er nie auch nur den Anschein rechtsextremer Gesinnung bei dem Künstler festgestellt und zu dessen Lebzeiten auch nie von Dritter
Seite entsprechende Verdächtigungen gehört hätte. Heinrich Mikus, viele Jahre
Vorsitzender der CDU des Ortsverbands Gerthe und des Stadtbezirks Nord, teilte
mit: „Während der langjährigen Mitgliedschaft in unserer Partei hat er sich nie in
Gesprächen und Diskussionen in rechtsextremer Weise geäußert. In seinem Atelier haben wir wiederholt unsere traditionellen Neujahrsempfänge veranstaltet, an
denen jeweils an die 120 Vereinsvorsitzende, Geschäftsleute und andere namhafte
Mitbürger aus Gerthe ungeachtet ihrer Parteizugehörigkeit teilnahmen: nie hat
einer von ihnen den Künstler in dieser Hinsicht verdächtigt.“
Zu den Autoren einer von der Kolpingsfamilie Gerthe und der Evangelischen Kirchengemeinde Gerthe zur Vollendung des 80. Lebensjahres von HS herausgegebenen Gratulationsschrift gehörten neben dem evangelischen und dem katholischen Pfarrer der örtlichen Kirchengemeinden, Johannes Romann und Hans-Joachim Wiethoff, auch die Gründer und Leiter des Kulturrats e.V., Ilse und Gerd Kivelitz, denen stets äußerste Sensibilität gegenüber rechtsradikalen und neonazistischen Tendenzen eigen war. Sie haben sich noch im Sommer 2000 an Bemühungen beteiligt, das Schroeteler-Atelier nach dem Tode des Künstlers zu erhalten
und sich erst aus diesem Projekt zurückgezogen, nachdem ihnen der Verfasser des
Memorandums die in diesem publizierten Angaben und Meinungen nahebrachte.
Die jeder Rechtslastigkeit unverdächtige Bezirksvertreterin Gerda von der Linde
von den Grünen hat noch 2007 in einem Leserbrief danach gefragt, was der Anlass gewesen sei, „nach dem Tod von Dr. Schroeteler mit übler Nachrede zu beginnen“. 5
6. HS habe „Kameradschaftstreffen mit deutschen und englischen U-Bootfahrern in
seinem Atelier veranstaltet, bei denen regelmäßig die Reichskriegsflagge gehisst
wurde“, wird behauptet. Dass die Flagge bei diesen Jahrestreffen mit ehemaligen
Marine-Kameraden und anderen Gästen „regelmäßig gehisst“ wurde, bestreitet
5
WAZ v. 30.10.2007
3
Karin Kuhl, die dort mit organisatorischen Aufgaben betraut war 6, ganz entschieden. Tatsächlich habe einer der Gäste die Flagge zu einem der Treffen mitgebracht
und aufgehängt. Das bestätigt auch die schon oben zitierte Gerda von der Linde in
ihrem Leserbrief: „Die Reichskriegsflagge gehörte nicht Herrn Schroeteler, sondern einem Gast.“ Der hat sie nicht wieder mitgenommen, weil es sich nicht um
ein Original handelte, sondern um eine billige Nachbildung, wie sie in sog. History-Shops angeboten wird. Frau Kuhl fand sie nach dem Tode von Frau Sch., als sie
den Nachlass des Ehepaars ordnete, darin vor. Sie besitzt sie noch und der Unterzeichner hat sie fotografieren können.
Dabei zeigte sich, dass es sich gar nicht - wie der Leser aus dem Kontext schließen
muss - um die Reichskriegsflagge aus dem Dritten Reich mit dem dominierenden
Hakenkreuz handelte, sondern um eine kaiserzeitliche Flagge mit dem „Reichsadler“ als Hauptsymbol. Gerd Kivelitz vom Kulturrat Gerthe hat schon vor Jahren
bestätigt, dass er eine „Marine-Flagge aus dem 1. Weltkrieg“ gesehen habe. 7
Das Flaggenereignis eignet sich also nicht dazu, HS des Nazismus zu verdächtigen.
7. Die Behauptung, HS habe „neonazistische Ansichten in einiger Hinsicht gestützt“,
wird nicht mit konkreten Beispielen belegt. Stattdessen folgen Zitate seiner Witwe, die eine entsprechende Motivation ihres Mannes belegen sollen: Dieser habe
„den Verdiensten der Wehrmacht um das Vaterland gerecht werden“ und „die
Ehre der deutschen Wehrmacht im Ausland wiederherstellen“ wollen. Selbst
wenn die zum Zeitpunkt dieser Aussagen 84jährige exakt so formuliert und mit
dieser Wortwahl die Position ihres Mannes zutreffend wiedergegeben hätte: Aus
den Zitaten ergäbe sich die (subjektiv verständliche) Absicht des ehemaligen Marine-Offiziers, die in den 90er Jahren laut gewordenen Kritik an der Wehrmacht
abzuwehren, doch öffentlich vorgetragen hat er dergleichen nie. Dass Auffassungen, die gar nicht in den öffentlichen Diskurs eingebracht wurden, „neonazistische
Ansichten ... gestützt“ hätten, ist aber eine fragwürdige Logik.
8. Zu den „berühmten und berüchtigten Auftritten Schroetelers“ habe die Beerdigung des Admirals Dönitz gehört, bei der HS „in Uniform mit Ritterkreuz“ einer
der sechs Sargträger gewesen sei. Die polemische Wortwahl und der Verzicht auf
die Benennung weiterer Beispiele für die im Plural behaupteten „berüchtigten“
Auftritte lassen bereits eine sachlich-kritische Befassung mit dem Vorgang vermissen, doch ein wesentliches Detail erweist sich als platte Erfindung: dass die
Sargträger und damit auch HS in Wehrmachtsuniform aufgetreten wären. Fotos
der Beerdigung zeigen die Sargträger in ziviler, dunkler Bekleidung, Schroeteler
konkret in einem dunklen Mantel. 8 Wohl trugen sie das Ritterkreuz, aus dem das
frühere Hakenkreuz entfernt worden war. 9
Bei der Bewertung der Teilnahme des HS muss berücksichtigt werden, dass dieser
mit dem Admiral und dessen Familie persönlich bekannt war. Er hat 1944 zeitweilig in seinem Stab gearbeitet und nach dem Krieg im Auftrage der Familie ein
6
Karin Kuhl war mit Frau Sch., deren Nachfolge sie als Sekretärin an der Katholisch-Theologischen Fakultät der
RUB antrat, bis zu deren Lebensende eng befreundet.
7
WAZ v. 22.9.2007
8
Der Spiegel vom 12.1.1981
9
DIE ZEIT vom 9.1.1981
4
Grabdenkmal für die gefallenen Dönitz-Söhne geschaffen. HS hat gegenüber Prof.
Dr. Andreae geäußert, er habe sich „beim Begräbnis von Dönitz die Worte Cheilons von Sparta gesagt: ‚de mortuis nihil nise bene‘, was so viel heißt wie, dass
man mit Toten nie anders als in fairer, guter Weise umgehen dürfe.“ 10 Unter den
vorstehenden Gesichtspunkten sollte Schroetelers Teilnahme tolerierbar sein.
9. Dass seine Teilnahme an der Beerdigung „wesentlich“ dazu beitrug, „die Grabstätte als zentralen Ort des Nationalsozialismus zu markieren und attraktiv für jegliches rechtsradikales Gedankengut zu machen“, ist mehr Polemik als Logik.
Wenn die Grabstätte von Neonazis aufgesucht wurde oder wird, geschah und geschieht dies ungeachtet der damaligen Teilnahme des HS an der Beerdigung.
10. HS hat auf Wunsch signierte Autogrammkarten hergegeben, doch dass „tausende
Militärbegeisterte aus aller Welt“ sie erhielten, erweist sich schon aus praktischen
und kostenmäßigen Gründen als extreme Übertreibung. Im Internet gibt es derzeit ein halbes Dutzend Anbieter eines Schroeteler-Fotos. Wenn die unwahrscheinliche Mengenangabe tatsächlich von der verstorbenen Witwe stammt 11, resultiert sie aus der von mehreren nahen Bekannten, u.a. von Karin Kuhl, geschilderten Neigung, in allem, was das Ansehen des von ihr als Helden und als Künstler „vergötterten“ Ehemannes betraf, deutlich zu übertreiben.
Dass HS auf Wunsch Fotos von sich signiert hat, lässt allenfalls auf eine gewisse
Eitelkeit schließen, die sich der U-Boot-Kommandant mit Ritterkreuz als „Mann
der Zeitgeschichte“ erlaubte, auf mehr jedoch nicht.
11. Wie schon bei der Mär von den Uniformträgern der Dönitz-Beerdigung dürfte es
sich auch bei der ähnlichen Behauptung um ein Phantasieprodukt handeln, dass
sich HS „immer mal wieder im Kunsthistorischen Institut der Ruhr-Universität
in voller NS-Uniform mitsamt seinem NS-Ritterkreuz fotografieren ließ, um die
Aufnahmen für Autogrammkarten zu nutzen.“ Für diese Information kommen
aus dem Quellennachweis wiederum nur die Professoren Dr. Joachim Petsch und
Dr. Dieter Scheler infrage. Wie bereits festgestellt, ist Petsch bereits 2008 verstorben. Prof. Dr. Scheler hat dem Unterzeichner erklärt, HS als Person nie in einer
Uniform erlebt zu haben. Wohl habe er mal im Foto–Atelier des Kunsthistorischen Instituts einige „Stöße von Foto-Abzügen“ liegen sehen, die ihn in Uniform
zeigten. Dabei handelte es sich offenkundig um dort angefertigte Reproduktionen
einer alten Aufnahme, denn dass HS seine Marine-Uniform auch über seine 3jährige Kriegsgefangenschaft und den Totalverlust seiner Wohnung im Bombenkrieg
in das RUB-Atelier gerettet habe, ist eine absurde Mutmaßung. Im Internet zeigen
die Fotos einen ca. 30jährigen Offizier und werden sie bei korrekten Anbietern als
„nachkriegssignierte Reproduktion“ bezeichnet.
12. Dass bis heute „kriegsverherrlichende Drucke im Handel“ sind, „die Schroeteler
gemeinsam mit einigen oder allen überlebenden Ritterkreuzträgern handsigniert
hat“, ist insoweit zutreffend, als ein halbes ‚Dutzend Militaria-Händler Poster anbietet, die Abbildungen von Kriegsschiffen in Kombination mit Signaturen promi10
Schreiben Prof. Andreae vom 16.2.2014 an die Stadt Bochum, Kopie an den Unterzeichner
Der Verfasser des Memorandums sagte dem Unterzeichner auf Rückfrage, er habe sich in dem im Sommer
2001 mit Frau Schroeteler geführten Gespräch stichwortartige Notizen gemacht, aus denen die Zitate des Memorandums stammen.
11
5
nenter Seeoffiziere enthalten, darunter teilweise auch von HS. Bei den von ihm
signierten Postern handelt es sich um Drucke von Gemälden, die der englische
Maler Robert Taylor in den 70er Jahren gemalt hat und aufgetauchte U-Boote
darstellen, jedoch keine Kampf- oder Schlachtenszenen. Wenn diese Bilder
„kriegsverherrlichend“ sein sollen, dann gilt das für jede Darstellung oder Abbildung von Kriegsschiffen, Flugzeugen, Panzern und dergl.
Dass HS diese Poster gleich „stapelweise signiert“ habe, soll wiederum seine Witwe gesagt haben und ist nach denselben Kriterien zu bewerten wie die oben behandelten „tausende“ Autogrammwünsche „aus aller Welt“.
Aus dem Unterzeichner vorliegenden Briefkopien ergibt sich, dass - vermittelt
vom U-Boot-Archiv Cuxhaven - zweimal (1995 sowie 1999) amerikanische bzw.
englische Verleger an HS mit der Bitte herangetreten sind, Drucke zu signieren.
Das ihm dafür gezahlte Honorar hat er, wie sich aus den Briefen ergibt, dem vorgenannten U-Boot-Archiv aus den Signaturen von 1995 voll, aus denen von 1999
zur Hälfte zur Verfügung gestellt.
In den Augen von Militaria-Sammlern erhalten die Abbildungen durch OriginalSignaturen von prominenten Weltkriegsoffizieren einen quasi-authentischen Charakter als Erinnerungsstücke. Man mag solches Sammeln und dessen Unterstützung durch die Bereitstellung von Signaturen für bedenklich oder fragwürdig halten, doch dass es ein Indiz für neonazistische Positionen und Aktivitäten ist, dürften sich die meisten Sammler zu Recht verbitten.
13. Dementsprechend ist auch die Behauptung, dass die von HS gelieferten Unterschriften „den Boden für abscheuliche Aktivitäten bereitet haben, die heute von
Neonazis betrieben werden“, eine der ebenso zahlreichen wie maßlosen Übertreibungen des Memorandums.
In dieselbe Kategorie gehört auch die Behauptung, dass HS „mit Bildern und mit
Unterschriften an Fans die deutsche Wehrmacht weltweit rehabilitieren wollte“.
Da werden die Möglichkeiten, die er hatte, doch wohl erheblich überschätzt.
14. Die Behauptung, HS habe „nach 1948 aus seinen Kriegserlebnissen nicht zu friedlicheren Absichten gefunden“, steht schon im eklatanten Gegensatz zu Angaben
im biografischen Teil desselben Memorandums: Dort wird zutreffend ausgeführt,
dass HS nach der Kriegsgefangenschaft die sicheren Lebensbedingungen, die ihm
eine Teilnahme am Aufbau der Bundesmarine gebracht hätte, aus zwei Gründen
ausgeschlagen hat: weil er eine wissenschaftliche und künstlerische Laufbahn anstrebte und weil er nach seinen Kriegserlebnissen mit dem Soldatenberuf nichts
mehr zu tun haben wollte. Augenfälliger konnte er seine Hinwendung zu friedlichen Zukunftsabsichten kaum demonstrieren.
Zusammenfassung:
Wenn man die in dem Memorandum formulierten Polemiken und (teilweise im
Wortsinne maß-losen) Übertreibungen auf ihre belegbare Substanz und ihren Wahrheitsgehalt reduziert, bleibt nichts, was die Feststellung rechtfertigt, HS sei bis ins
hohe Alter ein Nazi gewesen. Keine einzige der entsprechenden Behauptungen hält
einer seriösen, faktenorientierten Überprüfung stand.
6
Das gilt auch für diejenigen Aktivitäten, die auf seine Soldatenzeit Bezug nehmen:
Kameradschaftsabende, die Teilnahme an der Dönitz-Beerdigung, Autogramme und
Poster-Signaturen. Sie lassen erkennen, dass er sich nicht aus allen militärischen
Traditionen gelöst hat, die seine frühen Lebensjahrzehnte prägten, doch Belege für
eine nationalsozialistische Haltung sind sie nicht.
Gesichtspunkte, die gegen jede „braune“ Färbung sprechen, werden in dem Memorandum verschwiegen: z.B., dass HS zur Zeit des Dritten Reiches weder der NSDAP,
noch einer anderen Nazi-Organisation angehört hat, dass er nach dem Ende des Dritten Reiches nie Mitglied einer rechtsextremen Organisation, aber von 1972 bis zu seinem Tode im Jahre 2000 in einer demokratischen Partei war, der CDU. Dass praktiziertes Christentum und klassische Antike Grundlagen seiner persönlichen Lebenshaltung wie seines künstlerischen Schaffens war, hat Prof. Dr. Klaus Hackenberg,
ehemaliger Chefarzt und langjähriger Vorsitzender des um den künstlerischen Nachlass des HS bemühten Schroeteler-Kreises e.V., schon 2007 anlässlich einer umfassenden Ausstellung von Werken des Künstlers in der Gerther Christuskirche publiziert. 12 Ähnlich äußerte sich noch jüngst Prof. Dr. Bernard Andreae. 13
Es lassen sich bei Bedarf über die bisher zitierten Schroeteler-Bekannten hinaus weitere hoch angesehene Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, der Wissenschaft
und des gesellschaftlichen Umfelds des Künstlers benennen, die ihn über Jahre hinweg gut kannten und bestätigen können, dass sie nie den geringsten Anlass zu dem
Verdacht hatten, er vertrete nationalsozialistische Positionen.
Dass HS „ein überzeugter Nationalsozialist“, gar ein „Agitator des Nationalsozialismus“ oder ein „Demagoge“ gewesen sei, wie in der eingangs zitierten Sitzung vorgetragen bzw. zu Protokoll gegeben wurde, sind schlimme Diffamierungen. Die falschen, fragwürdigen oder haltlosen Versuche des Memorandums, sie zu begründen,
tragen im Abschnitt „Demagoge“ selbst demagogische Züge, gilt doch nach dem
Brockhaus als Demagogie „skrupellos angewandte öffentliche Rede, u.a. durch Appelle an Emotionen und Vorurteile, durch Lügen oder unbewiesene Behauptungen.“ 14
Der Versuch, über eine die Persönlichkeit des Künstlers entstellende Charakterisierung sein Werk zu disqualifizieren 15, ist auch kulturpolitisch unerträglich und bedurfte auch aus diesem Grund der Richtigstellung.
Bochum, 10. März 2014
Clemens Kreuzer
12
WAZ v. 26.9.2007
Schreiben vom 16.2.2014 an die Stadt Bochum, Kopie an den Unterzeichner
14
Brockhaus-Enzyklopädie, Bd. 5, S. 229
15
Gegen die Erhaltung des Kunstwerks wurden keinerlei ästhetische oder stilkritische Argumente angeführt,
sondern ausschließlich der angebliche Nationalsozialismus des Künstlers.
13