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Kommune
Bochum
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Mitteilung der Verwaltung.pdf
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26.12.14, 13:58
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28.01.18, 07:52
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Stadt Bochum
Mitteilung der Verwaltung
- Seite 1 -
Stadtamt
TOP/akt. Beratung
67 2 (3480)
Vorlage Nr. 20101443
Sicht- und Eingangsvermerk der Schriftführung
öffentlich/nichtöffentlich
nichtöffentlich gemäß
öffentlich
Bezug (Beschluss, Anfrage Niederschrift Nr. ... vom ... )
Vorlagen Nrn. 20100587 und 20101014
Bezeichnung der Vorlage
Baumfällarbeiten auf dem Grundstück Spelbergs Feld 19
Beratungsfolge
Bezirksvertretung Bochum-Wattenscheid
Sitzungstermin
akt.
Beratung
06.07.2010
Anlagen
Wortlaut
1.)
Wer hat den Baum begutachtet?
Mit Datum vom 16.02.2010 wurde ein Antrag auf Fällgenehmigung von der Haus Vogelsang
GmbH im Auftrage der Deutschen Annington für eine Blutbuche am Spelbergs Feld 19
gestellt.
Als Grund für die Fällung wurden folgende Schadensbeschreibungen genannt:
-Totholz
-Druckzwiesel
-Stockfäule
-Pilzbefall Riesenporling
Der zertifizierte Baumkontrolleur der Firma Haus Vogelsang GmbH kam zu dem Schluss,
dass zur Abwehr von Personen- bzw. Sachschäden eine Fällung erforderlich ist.
Der Baumfällantrag und die darin gemachten Angaben wurden in geübter Praxis von einem
für Baumkontrollen qualifizierten städtischen Mitarbeiter überprüft.
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Vorlage Nr. 20101443
2)
Erläuterung des festgestellten Befalls unter Berücksichtigung der
Schadwirkung und Beurteilung des Riesenporlingsbefalls nach Reinartz und
Schlag
Bei einer ersten visuellen Sichtkontrolle des Baumes am 04.03.2010, welcher auf ca. 60-80
Jahre geschätzt wird, wurde ein Befall des Baumes mit dem Riesenporling im
Stammfußbereich festgestellt. Bei dem besagten Baum waren noch abgestorbene
Pilzfruchtkörper an den Wurzelanläufen vorhanden.
Der Riesenporling gehört zu den 11 gefährlichsten Pilz-Gattungen / -arten an Stadtbäumen,
die Baumkontrolleure mit Sorge betrachten. Das Auftreten des Riesenporlings ist stets ein
Zeichen für zerstörte Wurzeln. Pilzfruchtkörper als erstes und wesentliches Schadsymptom
treten erst nach vielen Jahren auf, wenn die Holzzersetzung bereits weiter fortgeschritten ist.
In der Regel werden zunächst die tieferen Wurzeln befallen. Von dort dringt der Pilz in weiter
oben liegende Wurzeln sowie in den Wurzelstock und den Stammfußbereich vor, wo er eine
Weißfäule verursacht. Wachsen die Pilzfruchtkörper zudem am Stamm durch die intakt
erscheinende Borke hindurch, muss von einer umfangreichen Fäule ausgegangen werden.
Durch den Riesenporling wird die Bruch- und Standsicherheit immer wieder beeinträchtigt.
Diese Einschätzung wird in der einschlägigen Fachliteratur von Fachleuten
und
Sachverständigen vertreten. Allerdings wurde in jüngeren Untersuchungen festgestellt, dass
die Bruchsicherheit oft nicht in dem befürchteten Ausmaß eingeschränkt wird. Laut einem
Aufsatz der Fachzeitschrift Stadt und Grün aus dem Jahr 2000 waren rund 87 % der
gemessenen Rotbuchen standsicher. D. h. die Ausprägung des Riesenporlingbefalls bei
Buche kann sehr unterschiedlich sein. Die Bandbreite reicht vom Umstürzen des Baumes im
grünen Zustand bis Absterben des Baumes bei noch ausreichender Verkehrssicherheit.
Entscheiden für die visuelle Beurteilung des Gefährdungspotentials ist nach herrschender
Meinung die Wuchsform
und die darüber hinaus noch zu beobachtenden
Schadenssymptome.
Bei einem zweiten Ortstermin nach dem Austrieb wurde eine sehr lichte Krone festgestellt.
Dies ist auf den Abbau der Versorgungswurzeln zurückzuführen. Witterungs- oder
Standortbedingungen können für diese schüttere Krone nicht verantwortlich sein, da die
Buche in unmittelbarer Nachbarschaft voll belaubt ist. Diese großen Lücken im Blattwerk des
Baumes deuten auf ein fortgeschrittenes Stadium der Schädigung hin (vgl. Reinart &
Schlag) Immer wieder ist zu beobachten, dass nach dem allmählichen Auslichten der Krone
an verschiedenen Stellen Spitzendürre bzw. Totholzbildung im Feinastbereich einsetzt. Bei
derart deutlichen Kronenreaktionen ist die Lebenserwartung der befallenen Bäume
erfahrungsgemäß nur noch gering.
Buchen mit kräftigen Wurzelanläufen, die regelrechte Wurzelplatten bildeten, waren auch
bei weit fortgeschrittenem Befall stets standsicher. Ein deutlich verbreiteter Stammfuß und
Adventivwurzeln konnte bei dem begutachteten Baum jedoch nicht festgestellt werden.
Da der Baum nur bedingt mit einer Stammfußverbreiterung reagiert hat, ist davon
auszugehen, dass die Standsicherheit hier beeinträchtigt ist. Nach Rücksprache mit dem
Baumsachverständigen Herrn Reinartz ist die Stammfußausbildung bezüglich der visuellen
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Beurteilung des Gefährdungspotentials ausgesprochen grenzwertig und ein Versagen des
Baumes nicht auszuschließen. So besteht nach Auffassung des Sachverständigen die
Notwendigkeit eine Stand- und Bruchsicherheitsmessung in Form einer Zugprobe
durchzuführen.
Die in der Anfrage vermittelte Hoffnung, der Baum habe durch die Neubildung von
Adventivwurzeln die Einschränkung der Wasser- und Nährstoffversorgung möglicherweise
ausgeglichen und damit gleichzeitig die Standsicherheit gefestigt, kann folglich nicht
bestätigt werden.
3)
Wie hoch wäre der Aufwand für die Erhaltung und über welchen Zeitraum
könnte der Baum erhalten bleiben?
Aufgrund des vorgefundenen Befundes und Auswertung von Fachliteratur und Internet
kommt das Umwelt- und Grünflächenamt zu der abschließenden Beurteilung, dass in
diesem Fall eine Genehmigung gemäß § 6.1 d und c Baumschutzsatzung zu erteilen ist.
Da der Baum so deutliche Schad- und Krankheitssymptome aufweist, ist er nicht dauerhaft
zu erhalten. Weitere erfolgversprechende kurative Maßnahmen sind nicht bekannt.
Eine Überprüfung der Standsicherheit durch Zugprobe würde mit Kosten von rd. 1.000 EUR
verbunden sein. Diese Prüfung ist in regelmäßigen Abständen zu wiederholen.
Die Stadt ist gem. Satzung zum Schutz des Baumbestandes und der Rechtssprechung nicht
ermächtigt, dem Eigentümer diesen Aufwand aufzuerlegen.
In vorliegenden Fall besteht nach § 6 (1) c der Baumschutzsatzung viel mehr ein Anspruch
auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung.
Nach dieser Vorschrift ist eine Ausnahme von den Verboten des § 4 der Satzung zu
genehmigen, wenn von dem geschützten Baum Gefahren ausgehen und die Gefahren nicht
auf andere Weise mit zumutbarem Aufwand beseitigt werden können.
Unter Gefahr ist nach allgemeiner Auffassung eine Sachlage zu verstehen, die in
absehbarer Zeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden an geschützten
Rechtsgütern, d. h. sowohl Sachgüter wie auch Leib oder Leben von Personen führt. So
stellt das OVG Münster in einem Urteil vom 08-10-1993 klar:
„Eine Gefahr setzt voraus, dass der Eintritt eines Schadens mit hinreichender
Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Dabei sind an die “hinreichende” Wahrscheinlichkeit des
Schadenseintritts … jedoch nur geringe Anforderungen zu stellen. Auch reicht es für den
Antragsteller aus, wenn er zur Begründung seines Begehrens einen Sachverhalt darlegt, der
nach den Regeln des Anscheinsbeweises (vgl. hierzu BVerwG, NJW 1982, 1893) den
Schadenseintritt wahrscheinlich erscheinen lässt. Es reicht mithin aus, wenn der
Antragsteller einen Tatbestand darlegt, der nach allgemeiner Lebenserfahrung auf den
künftigen Eintritt eines Schadens hinweist.
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Weitergehende Anforderungen an den „Nachweis“ einer Gefahr sind nicht geboten, weil sie
die betroffenen Eigentümer in unzumutbarer Weise belasten und dazu führen würden, dass
die Regelungen der Baumschutzsatzung keinen gerechten Ausgleich zwischen den
öffentlichen und privaten Belangen mehr gewährleisteten.“
Zur Erläuterung führt das Urteil hinsichtlich der Belastung des Baumeigentümers aus:
„Würde dem betreffenden Baumeigentümer auferlegt, den exakten, jeden Zweifel
ausschließenden Nachweis einer solchen Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts zu
führen, um die Genehmigung zum Fällen oder zur sonstigen Behandlung des Baumes zu
erhalten, würde das zu einer unvertretbaren, von ihm auch unter dem Aspekt der
Sozialbindung seines Eigentums nicht mehr hinnehmbaren Belastung führen. Zum einen
würde er mit einem unvertretbaren Risiko belastet, wenn er einen möglicherweise
gefährlichen Baum nicht bereits beseitigen oder jedenfalls behandeln lassen könnte, sobald
äußere Anzeichen auf eine mögliche Gefahrenlage hinweisen. Zum anderen wären bei
einem über den Anschein hinausgehenden Wahrscheinlichkeitsnachweis in aller Regel
Untersuchungen des Baumes durchzuführen, die erheblich kostenträchtig sind und damit
den Eigentümer des Baumes über die gewöhnlichen Erhaltungs- und Pflegekosten des
Baumes hinaus zusätzlich finanziell belasten.“
Auch das OVG Saarlouis bestätigt in seinem Urteil vom 29.9.1998 diese Rechtsauffassung:
„Für die Annahme einer von dem Baum ausgehenden Gefahr reicht es aus, dass ein
Sachverhalt aufgezeigt oder festgestellt wird, der nach allgemeiner Lebenserfahrung auf den
künftigen Eintritt eines Schadens hinweist.“
4)
Wer wäre für die Kosten der Erhaltung zuständig?
Dem Umwelt- und Grünflächenamt obliegt bei der Bearbeitung eines vorliegenden
Fällantrages die sach- und fachgerechte Prüfung der Antragsbegründung sowie die
Begutachtung des Baumes. Neben der Dokumentation mit aussagekräftigen Fotos gehört
auch die Beschreibung vorgefundener Erkrankungen und festgestellter Schadbilder dazu.
Bescheidet die Behörde einen Fällantrag negativ, geht die Verkehrssicherungspflicht für den
betroffenen Baum nicht auf die Behörde über. Der Eigentümer muss den Baum weiter
pflegen, kontrollieren und den zumutbaren Aufwand erbringen. Für den erhöhten
Untersuchungsaufwand (ca. 1500.-€), der der Erhaltung eines kranken Baumes dient, muss
jedoch die Stadt aufkommen. Zudem haftet die Behörde für die Folgen eines eventuell
eintretenden Baumversagens von dem Zeitpunkt an, der für die Fällung notwendig und
begründet war, wenn die Verletzung der Amtspflicht nach § 839 BGB und Art. 34 GG
nachweisbar ist (vgl. AFZ 8/2010, S.18).
Bei Sachschäden wird der Geschädigte im Zivilprozess Schadensersatzansprüche geltend
machen. Im zivilrechtlichen Verfahren haftet die Behörde gegenüber dem Geschädigten, der
Mitarbeiter kann wegen (grober) Fahrlässigkeit regresspflichtig gemacht werden.
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Vorlage Nr. 20101443
Kommt es beispielsweise zu Personenschäden, so handelt es sich zudem um einen
strafrechtlichen Tatbestand. Strafrechtlich muss sich der für die Verweigerung der
Fällgenehmigung zuständige, Behördenbedienstete verantworten (vgl. Ass. Jur. Helge
Breloer; Sept. 2004), sofern er nicht zu dem zur Schädigung führenden Verhalten
ausdrücklich angewiesen wurde.
Im vorliegenden Fall der geschädigten Buche muss die Verwaltung deshalb in eigener
Zuständigkeit und ggf. ohne Zustimmung der politischen Gremien gem. Baumschutzsatzung
die Fällgenehmigung aussprechen. Der Rat kann jedoch von seinem Rückholrecht
Gebrauch machen und der Verwaltung die Verantwortlichkeit entziehen.
5)
Fazit
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass vor dem Hintergrund der fachlichen
Begutachtung in Verbindung mit der oben dargelegten haftungsrechtlichen
Verantwortlichkeit der Behörde und des Mitarbeiters, die positive Bescheidung der Fällung
durch die Verwaltung dringend geboten ist.
Es wird teilweise empfohlen, im Anschluss an die Fällung die Stubben und Starkwurzeln zu
entfernen, da der Riesenporling mit Hilfe von dickwandigen Chlamydosporen im zersetzten
Holz überdauern kann. Die Gefahr für die im Umkreis von ca. 18-26 m stehenden Bäume (3
Kastanien, 1 Buche und 1 Esche) kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, da die Sporen
sich unabhängig davon auch in der Luft befinden können.
Die Befürchtung, der Eigentümer der Wohnanlage schaffe sich mit der Fällung ein Baufeld
für eine städtebauliche Nachverdichtung, trifft nicht zu. In Gesprächen mit der Verwaltung
hat der Eigentümer die Bereitschaft ausgesprochen, eine freiwillige Ersatzpflanzung zu
leisten, da ihm der grüne Charakter und die damit einhergehende Wohnqualität wichtig sind.
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