Daten
Kommune
Bochum
Dateiname
Mitteilung der Verwaltung.pdf
Größe
18 kB
Erstellt
26.12.14, 14:34
Aktualisiert
28.01.18, 08:15
Stichworte
Inhalt der Datei
Stadt Bochum
Mitteilung der Verwaltung
- Seite 1 -
Stadtamt
TOP/akt. Beratung
67 30 10 He
(1105)
Vorlage Nr. 20102401
Sicht- und Eingangsvermerk der Schriftführung
öffentlich/nichtöffentlich
nichtöffentlich gemäß
öffentlich
Bezug (Beschluss, Anfrage Niederschrift Nr. ... vom ... )
Bezeichnung der Vorlage
Gefährdungsabschätzung ehem. Chemische Betriebe Lothringen
Beratungsfolge
Bezirksvertretung Bochum-Nord
Ausschuss für Umwelt, Ordnung, Sicherheit und Verkehr
Sitzungstermin
akt.
Beratung
01.12.2010
02.12.2010
Anlagen
Lageplan Chemische Betriebe Lothringen
Wortlaut
Einleitung
Der Altstandort der ehemaligen Chemischen Betriebe Lothringen befindet sich im Nordosten
von Bochum Gerthe im Bereich der Diesel- und Daimlerstraße. Der Betrieb fand im Zeitraum
von 1906 bis 1950 statt. Unter anderem wurde eine Ammoniakdestillation betrieben und
Rohstoffe für die Kriegsindustrie produziert (Herstellung von Salpetersäure aus Ammoniak
über katalytische Oxidation). Außerdem gehörten zum Standort eine Dachpappenfabrik,
mehrere Gasometer und Gasbehälter, eine Teerkokerei, eine Gasreinigung, eine
Imprägnieranlage, mehrere Verdampfungs- und Neutralisierungsanlagen sowie
Lagerflächen für umweltgefährdende Stoffe (z.B. cyanidhaltige Materialien). Ein großes
Gleisanlagensystem eines ehem. Verschiebebahnhofes durchschnitt das Gelände der
ehem. Chemischen Betriebe Lothringen. Im Rahmen von Einzeluntersuchungen zu
Bauvorhaben und der Umfelduntersuchungen wurden erhebliche Kontaminationen der
Umweltmedien Boden und Grundwasser ermittelt, so dass von der Bezirksregierung
Arnsberg finanzielle Fördermittel für die Durchführung der Gefährdungsabschätzung Aehem.
Chemische Betriebe Lothringen@ zur Verfügung gestellt wurden.
Die Untersuchungsergebnisse werden wie folgt dargestellt.
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Vorlage Nr. 20102401
Feldarbeiten
Die Gefährdungsabschätzung wurde in zwei Untersuchungsschritten durchgeführt. Es
handelt sich hierbei um die Gefährdungsabschätzung vom 07.04.2010 und die ergänzende
Grundwasseruntersuchung zur Gefährdungsabschätzung vom 06.09.2010. Hierfür wurden
30 Rammkernsondierungen abgeteuft sowie 10 Bodenluftmessstellen eingerichtet und die
entsprechenden Umweltmedien beprobt. Außerdem wurden die nicht versiegelten
Freiflächen nach der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) beprobt
und hinsichtlich des Wirkungspfades Boden/Mensch bei gewerblicher Nutzung analysiert.
Weiterhin sind acht neue Grundwassermessstellen abgeteuft worden. Die Proben aus den
Rammkernsondierungen, den Bodenluftpegeln, den neuen sowie den vorhandenen
Grundwassermessstellen wurden im Labor chemisch untersucht.
Ergebnisse Boden und Bodenluft
Die Hauptbelastungsschwerpunkte mit polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffen
(PAK nach EPA) im Boden liegen hauptsächlich nördlich der Daimlerstraße. Südlich der
Daimler- und westlich der Dieselstraße befinden sich Belastungsschwerpunkte mit Monoaromaten (BTEX), leichtflüchtigen halogenierten Kohlenwasserstoffen (LHKW) und Mineralölkohlenwasserstoffen im Untergrund. Die Untersuchungen der nicht versiegelten
Freiflächen nach BBodSchV ergaben allerdings keine Prüfwertüberschreitungen, sodass
hierzu kein weiterer Handlungsbedarf besteht. Lediglich bei Eingriffen in den Untergrund, bei
z.B. Bauvorhaben, werden entsprechende Untersuchungen und fachgutachterliche
Überwachungen erforderlich.
Vor dem Hintergrund der gewerblichen Nutzung ergibt sich aus den Bodenluftmessungen
ebenfalls kein Handlungsbedarf.
Ergebnisse Grundwasser
Anhand der vorhandenen Unterlagen und der neu errichteten Grundwassermessstellen lässt
sich im Untersuchungsgebiet der folgende Schichtenaufbau rekonstruieren (Sortierung von
jung nach alt):
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(anthropogene Anschüttungen)
rezente Talanschwemmungen
jüngere Talfüllungen
ältere Talfüllungen
Lößlehm
Geschiebelehm
Castroper Höhenschotter
verwitterter Kreidemergel.
In diese Schichtenfolge hat sich der Gerther Mühlenbach eingeschnitten. Der natürlich entstandene Taleinschnitt wurde durch die Talfüllungen z.T. wieder verfüllt. Die hydraulische
Trennung der Grundwasserstockwerke im Kreidemergel und im Castroper Höhenschotter
wurde durch diesen natürlichen Vorgang zumindest zum Teil zerstört. Außerdem führten die
umfangreichen baulichen Tätigkeiten während der industriellen Nutzung, z.B. die Anlage der
Klärbecken im Bereich des Gerther Mühlenbaches, zu einer Zerstörung der natürlichen
Schichtenfolge. Sämtliche Untersuchungsergebnisse zeigen, dass das Grundwasser in
Richtung auf den Gerther Mühlenbach fließt. Spätestens hier ist auch die hydraulische Trennung zwischen den beiden Grundwasserstockwerken nicht mehr vorhanden.
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Das Grundwasser ist flächendeckend mit Cyaniden belastetet. Die höchsten Belastungen
mit mono- und polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffen wurden im Bereich des
westlichen Wendehammers an der Daimlerstraße ermittelt. Das Grundwasser im Bereich
der Talaue des Gerther Mühlenbaches ist ebenfalls deutlich mit diesen Schadstoffen verunreinigt. Aufgrund von organoleptischen Auffälligkeiten, die analytisch mit dem Standarduntersuchungsprogramm nicht bestätigt werden konnten, wurden zusätzlich die sogenannten
NSO-Heterozyklen (N=Stickstoff, S=Sauerstoff, O=Sauerstoff) untersucht. Die Analyseergebnisse zeigen eine Kontamination im Grundwasser mit NSO-Heterozyklen. Diese Schadstoffgruppe macht ca. 40 % der wasserlöslichen Teerölfraktion aus. Sie sind, im Gegensatz
zu den PAK, gut wasserlöslich. Außerdem ist die Ökotoxizität nachgewiesen. Im Rahmen
der Nachuntersuchung wurden die Gehalte bestätigt. Außerdem zeigte sich, dass auch das
Grundwasser im Abstrom im Bereich der Talaue mit NSO-Heterozyklen belastet ist.
Der Belastungsschwerpunkt mit Amino-/Nitroaromaten (sprengstofftypischen Verbindungen)
befindet sich südlich der Daimler- und westlich der Dieselstraße. Die Schadstoffe teilen sich
sehr deutlich dem Abstrom mit. Die Messstellen in der Talaue des Gerther Mühlenbaches
zeigen eine deutliche Belastung des Grundwassers an.
Weitere Vorgehensweise
Vor dem Hintergrund der starken und komplexen Verunreinigung des Grundwassers existieren Wissenslücken hinsichtlich eines möglichen südöstlichen Abstroms mit kontaminiertem
Grundwasser in Richtung auf den Bövinghauser Bach. Außerdem ist nicht geklärt, ob kontaminierte Grundwässer in den Gerther Mühlenbach übergehen oder ob eine komplette Unterströmung des Bachbettes stattfindet. Hierfür müssten weitere Grundwassermessstellen
abgeteuft und chemische Untersuchungen durchgeführt werden. Diese ergänzenden Untersuchungen wurden bereits mit der Bezirksregierung Arnsberg abgesprochen, damit festgestellt werden kann ob eine finanzielle Förderung außerhalb der Dringlichkeitsliste möglich ist.
Für den geplanten Umbau des Gerther Mühlenbaches durch das Tiefbauamt sind zusätzliche Untersuchungen in Hinblick auf eine Prognose der zukünftigen Schadstoffentwicklung
im Bachwasser erforderlich.