Daten
Kommune
Köln
Dateiname
Anlage 3_FFH-Verträglichkeitsgutachten Worringer Bruch.pdf
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795 kB
Erstellt
31.12.14, 06:50
Aktualisiert
02.02.18, 18:04
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HOCHWASSERSCHUTZ KÖLN
PLANFESTSTELLUNGSABSCHNITT 10
RETENTIONSRAUM KÖLN-WORRINGEN
(ENDSTUFE)
Entwurfs- und Genehmigungsplanung
ANLAGE 7.1
FFH-Verträglichkeitsstudie für das
Natura 2000-Gebiet DE 4907-301 Worringer Bruch
Vorabzug
(Planungsstand 18.06.2010)
August 2010
Gi/MM/MSt/2004 166 21
-I-
Inhaltsverzeichnis
FFH-Verträglichkeitsstudie für das Gebiet DE 4907-301
1
2
3
4
Seite
Einleitung und rechtliche Grundlagen
1
1.1
Einleitung
1
1.2
Rechtliche Grundlagen
2
Beschreibung des Vorhabens (Planungsstand: 18.06.2010)
3
2.1
Baubeschreibung
3
2.2
Betrieb
5
2.3
Datengrundlagen
5
2.4
Abgrenzung des Untersuchungsgebietes
6
Beschreibung des Natura 2000-Gebietes „Worringer Bruch“
7
3.1
Historische Entwicklung
7
3.2
Heutige Vegetation
8
3.2
3.3
Lebensraumtypen des Anhangs I FFH-RL
3.2.1 Natürliche eutrophe Seen und Altarme (LRT 3150)
3.2.2 Stieleichen-Hainbuchenwald (LRT 9160)
3.2.3 Erlen-Eschen- und Weichholz-Auenwälder (*91E0, prioritärer LRT)
3.2.4 Hartholz-Auenwälder (LRT 91F0)
Pflanzenarten nach Anhang II der FFH-Richtlinie
10
11
12
13
14
15
3.4
Tierarten nach Anhang II der FFH-Richtlinie
15
3.5
Im Standarddatenbogen (SDB) aufgeführte Vogelarten
3.5.1 Wespenbussard
3.5.2 Rohrweihe
3.5.3 Pirol
3.5.4 Nachtigall
17
17
18
19
19
Auswirkungen des Vorhabens auf Lebensräume und Arten
20
4.1
Wirkfaktoren und Wirkprozesse
20
4.2
Maßnahmen zur Schadensbegrenzung (Vermeidungs- und
Verminderungsmaßnahmen)
21
4.3
4.4
Beurteilung der vorhabensbedingten Beeinträchtigungen unter
Berücksichtigung der schadensbegrenzenden Maßnahmen
4.3.1 Lebensraumtypen des Anhang I FFH-RL
4.3.2 Beeinträchtigung von Tierarten gem. Anhang II FFH-RL
4.3.3 Beeinträchtigungen von Vogelarten nach Anhang I VSchRL
Andere zusammenwirkende Pläne und Projekte (Erfassung von
Summationswirkungen)
4.4.1 Erdgastransportleitung Sayda – Werne – Eynatten
4.4.2 Verlängerung der Industriestraße Fühlingen
4.4.3 Ausbau Blumenbergsweg (L 43)
23
23
26
30
33
33
33
34
- - - II - - -
4.5
5
4.4.5 Radweg zwischen Roggendorf/Thenhoven und Rheinhauptdeich
4.4.6 Summationswirkungen
Zusammenfassende Auswirkungsprognose
4.5.1 Bau- und anlagebedingte Auswirkungen
4.5.2 Betriebsbedingte Auswirkungen
34
35
35
35
35
Ausnahme- bzw. Abweichungsprüfung
38
5.1
Begründung
38
5.4
Darlegung der zwingenden Gründe des überwiegenden öffentlichen
Interesses
38
5.5
5.6
Geprüfte Alternativen am Standort Köln-Worringen
5.5.1 Ergebnis der Vorstudie des Landes Nordrhein-Westfalen
5.5.2 Ergebnis der Gesamt-Umweltverträglichkeitsstudie
'Hochwasserschutz Köln'
5.5.3 Ergebnis der Voruntersuchungen Kleiner Retentionsraum
Worringen
5.5.4 Ergebnis der Variantenuntersuchungen im Bereich
Brombeergasse
Geplante Kompensationsmaßnahmen (kohärenzsichernde Maßnahmen)
5.7
Antrag auf Zulassung im Rahmen einer Abweichungsprüfung
40
41
44
44
45
47
50
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1
Lebensraumtypen (LRT) des Anhangs I FFH-Richtlinie
10
Tabelle 2
Flächenanteile der LRT an der Gesamtfläche des FFHGebietes
11
Tabelle 3
Tierarten nach Anhang II FFH-RL
15
Tabelle 4
Für das Gebiet relevante Vogelarten
17
Tabelle 5
Zeigerwerte der Baumarten der LRT nach Ellenberg
24
Tabelle 6
Variantenvergleich Brombeergasse
(lose beigefügt)
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1
Pegeldaten Rhein und Grundwasserstand Worringer Bruch
2001-2009
9
Abbildung 2
Geplanter Verlauf der Erdgastransportleitung SWE
33
Abbildung 3
Knotenpunkt B 9 / L 43 und Industriestraße Fühlingen
34
Abbildung 4:
Großer Retentionsraum, überflutete Fläche
41
Abbildung 5:
Kleiner Retentionsraum, überflutete Fläche
42
Abbildung 6
Anlage von Tümpeln, Grünland und Gehölzgruppen
47
Abbildung 7
Gewässerbettverlegung und -aufweitung Pletschbach-Süd
48
Abbildung 8
Renaturierung und Aufweitung Pletschbachbett-Nord
49
- - - III - - -
Lose beigefügte Pläne
Anlage 7.3 Bestand und Konflikte (vorläufige Darstellung)
Anlage 7.4 Bestand und Maßnahmen (vorläufige Darstellung)
Anlage 7.5 Worringer Bruch, max. Einstauhöhe (Schnitt)
Maßstab
1 : 5.000
1 : 5.000
1 : 1.000
- - - IV - - -
Verwendete Unterlagen/Quellen
[1]
Bezzel, Einhard:
Vögel , BLV Handbuch 3. überarbeitete Auflage (Sonderausgabe BLV - München)
2007
[2]
Bundesamt für Naturschutz
Das europäische Schutzgebietssystem NATURA 2000. BfN-Handbuch zur Umsetzung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und der Vogelschutz-Richtlinie. Schriftenreihe Landschaftspflege und Naturschutz, Heft 53, Bonn – Bad Godesberg –
1998
[3]
Bundesamt für Naturschutz
Ermittlung von erheblichen Beeinträchtigungen im Rahmen der FFHVerträglichkeitsuntersuchung. Endbericht (FuE-Vorhaben im Rahmen des Umweltforschungsplanes des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Bearbeiter: Planungsgruppe Ökologie + Umwelt GmbH/Arbeitsgruppe für
Tierökologie und Planung - J. Trautner/Prof. Dr. Giselher Kaule/Rechtsanwalt Dr. jur.
Erich Gassner
2004
[4]
Bundesamt für Naturschutz
Fachinformationssystem und Fachkonventionen zur Bestimmung der Erheblichkeit im
Rahmen der FFH-VP. Endbericht zum Teil Fachkonventionen. FuE-Vorhaben im
Rahmen des Umweltforschungsplanes des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Bearbeiter: ARGE accuraplan/Arbeitsgruppe für Tierökologie und Planung
2007
[5]
Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (Abteilung Straßenbau)
MAmS - Merkblatt zum Amphibienschutz an Straßen März 2010
[6]
Bundesnaturschutzgesetz (Gesetz zur Neuregelung des Rechts des Naturschutzes
und der Landschaftspflege - BNatSchG) vom 29.07.2009, in Kraft getreten am
1. März 2010
[7]
Bundesanstalt für Gewässerkunde / Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Leitfaden zur FFH-Verträglichkeitsprüfung an Bundeswasserstraßen
April 2008
[8]
Bundesverwaltungsgericht
(BVerwGE 130, 299): Urteil vom 12.03.2008 zur A 44 Hessisch Lichtenau
[9]
Bundesverwaltungsgericht
(BVerwGE 9 A 20.05): Urteil vom 17. Januar 2007 zur Westumfahrung Halle.
---V---
[10]
Bundesverwaltungsgericht
BVerwGE 9A 28.05: Urteil vom 21.06.2006, ("Wachtelkönig-Entscheidung") Ortsumgehung Stralsund.
[11]
Ellenberg, Heinz
Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen in ökologischer, dynamischer und historischer Sicht, 5. stark veränderte und verbesserte Auflage, Stuttgart
1996
[12]
Ellenberg, Heinz
Zeigerwerte von Pflanzen in Mitteleuropa, herausgegeben vom Lehrstuhl für Geobotanik der Universität Göttingen, Volume 181992
[13]
Europäischer Gerichtshof (EuGH)
Urteil der 2. Kammer vom 10.06.2006 in der Rechtssache C-98/03 - "Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Richtlinie 92/43/EWG - Erhaltung der natürlichen Lebensräume (...) - Artenschutz".
[14]
Europäische Union
a) Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 (FFH-Richtlinie) zur Erhaltung
der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (Abl. L 206
vom 22.07.1992, zuletzt geändert im September 2003
b) NATURA 2000 – Gebietsmanagement (2000)
c) Die Vorgaben des Artikels 6 der Habitat-Richtlinie 92/43/EWG (2000)
d) Auslegungsleitfaden z. Artikel 6 Absatz 4 der Habitat-Richtlinie 92/43/EWG (2007)
Herausgegeben vom Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften
[15]
Europäische Union
Richtlinie des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (79/409/EWG) (Abl. L 103 vom 25.04.1979), zuletzt geändert am 01.05.2004.
[16]
Forstamt Bergisch Gladbach Königsforst
Sofortmaßnahmenkonzept für das Natura 2000-Gebiet DE-4907-301 „Worringer
Bruch“
2009
[17]
Froelich & Sporbeck
Leitfaden zur Durchführung von FFH-Verträglichkeitsuntersuchungen in NordrheinWestfalen. Bochum
2002
[18]
Gellermann, M.
Natura 2000. Europäisches Habitatschutzrecht und seine Durchführung in der Bundesrepublik Deutschland. Berlin, Wien
1998
- - - VI - - -
[19]
Kemper, Achim: Informationen über Vogelbeobachtungen im Worringer Bruch und im
Rheinvorland zwischen 1989 und 2009. Übermittelt per Email im September 2009
[20]
Kleinschmidt, Ch.
Zur Hochwassertoleranz einzelner Biotope am Beispiel der „Rastatter Rheinaue“.
Diplomarbeit, Johannes-Gutenberg-Universität Mainz (unveröffentlicht)
1996
[21]
Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen
FFH-Gebietsmeldung Worringer Bruch - Natura 2000-Datenbogen, aktuelle Lebensraumkartierung und Erhaltungsziele, Fortschreibung 02/2010
download: www.naturschutz-fachinformationssysteme-nrw.de,
Juli 2010
[22]
Landesbetrieb Straßen und Verkehr Koblenz
Funktionskontrolle der optimierten Amphibienleiteinrichtung an der L 254 am Waldsee im Kreis Neuwied; erstellt durch GfL Planungs- und Ingenieurgesellschaft GmbH
2006
[23]
Laufer, H., Klemens, Sowig, P.
Die Amphibien und Reptilien Baden-Württembergs
2007
[24]
Landschaftsgesetz Nordrhein-Westfalen
Gesetz zur Sicherung des Naturhaushalts und zur Entwicklung der Landschaft
In der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Juli 2000, GV. NRW. S. 568, zuletzt
geändert am 16. März 2010
[25]
Laufer, H., Klemens, Sodwig, P
Die Amphibien und Reptilien Baden-Württembergs
2007
[26]
Meyer, W. & W. Schumacher
Pflege- und Entwicklungskonzeption für das NSG Worringer Bruch in Köln-Worringen
1987
[27]
Ministerium für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft NRW
Vorstudie Rückhalteraum Köln-Worringen (Planungsgemeinschaft Fischer/ViebahnSell/RWTH Aachen). Düsseldorf
1997
[28]
Ministerium für Umwelt, Natur und Verbraucherschutz NRW
Verwaltungsvorschrift zur Anwendung der nationalen Vorschriften zur Umsetzung der
Richtlinie 92/43/EWG (FFH-RL) und 2009/147/EG (Vogelschutz-RL) zum Habitatschutz (VV-Habitatschutz)
vom 13.04.2010
- - - VII - - -
[29]
Ministerium für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg
Auswirkungen der Ökologischen Flutungen der Polder Altenheim. Materialien zum Integrierten Rheinprogramm. Band 9. Lahr
1999
[30]
Ortmann, D..
Beurteilung der Auswirkungen einer Flutung auf die Kammmolchpopulation im FFHGebiet DE 4907-301 „Worringer Bruch“ (unveröff.)
11/2008
[31]
Öznur, Ö.
Untersuchungen zur Populationsökologie und genetischen Variabilität des Kammmolches Triturus cristatus (LAURENTI 1768) im Naturschutzgebiet Worringer Bruch
bei Köln. Diplomarbeit, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn (unveröff.)
2002
[32]
Stadt Köln
Landschaftsplan der Stadt Köln
Stand 2009
[33]
Stadt Köln
FFH-Verträglichkeitsprüfung zu den Bebauungsplan-Verfahren Krebelspfad in KölnWorringen und Kreuzfeld in Köln-Blumenberg.
Vorabzug
2002
[34]
Stadtentwässerungsbetriebe Köln, AöR
Hochwasserschutzkonzept Köln, Planfeststellungsabschnitt 10, Retentionsraum
Köln-Worringen. Faunistisches Gutachten,
Erstellt von: Björnsen Beratende Ingenieure, Köln
2/2004, aktualisiert (nur Amphibien) 2008 (unveröffentlicht)
[35]
Schaffrath, J.
Auswirkungen des extremen Sommerhochwassers des Jahres 1997 auf die Gehölzvegetation in der Oderaue bei Frankfurt (O.). In: Naturschutz und Landschaftspflege
in Brandenburg 9 (1)
2004
[36]
Steckbriefe planungsrelevante Arten in NRW (LANUV)
download: www.naturschutz-fachinformationssystemenrw.de/artenschutz/de/arten/gruppe - Juli 2010
[37]
Steckbrief zum Wespenbussard des Naturhistorischen Museums Wien
download: http://born2bwild.nhm-wien.ac.at/BORN_wespenbussard.html - Juli 2010
Stadtentwässerungsbetriebe Köln, AöR
Hochwasserschutz Köln, Planfeststellungsabschnitt 10
- Vorabzug Retentionsraum Köln-Worringen/Endstufe
Anlage 7.1 - FFH-Verträglichkeitsstudie für das Natura 2000-Gebiet DE 4907-301 Worringer Bruch
1
Einleitung und rechtliche Grundlagen
1.1
Einleitung
1
Zur Verbesserung des Hochwasserschutzes am Niederrhein bis in die Niederlande und zur
Abminderung der Wellenscheitel bei extremen Hochwasserabflüssen im Rhein strebt das
Land Nordrhein-Westfalen an mehreren Standorten die Wiedergewinnung ehemaliger Überflutungsräume durch die Rückverlegung von Deichen und den Anschluss der Auen an die
Hochwasserführung des Rheins sowie durch den Bau gesteuerter Polder an.
Im linksrheinischen Kölner Norden ist einer dieser Standorte auf einer Fläche von ca. 672 ha
zwischen Worringen, Roggendorf/Thenhoven, Fühlingen und Langel ausgewiesen. Bei einem
maximalen Füllstand von NN +43,0 m, der einem Rheinhochwasser von 11,90 m Kölner Pegel
mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit von einmal in ca. 200 Jahren bei Worringen entspricht,
beträgt das Rückhaltevolumen auf dieser Fläche ca. 29,5 Mio. m³.
Der geplante Retentionsraum schließt das FFH-Gebiet DE-4907-301 „Worringer Bruch“ ein.
Außerhalb des Retentionsraumes grenzt am Rheinufer im Abschnitt des Naturschutzgebietes
N 4 das FFH-Gebiet DE 4405-301 „Rhein-Fischschutzzonen zwischen Emmerich und Bad
Honnef“ an.
Jedes Fachplanungsvorhaben, das in Eigentum oder andere rechtlich geschützte Belange
eingreifen kann, bedarf einer entsprechenden Planrechtfertigung. Diese kann für das Vorhaben der Schaffung eines Retentionsraums im Worringer Bruch aus einer Verbesserung des
Hochwasserschutzes und damit aus Gründen der Wahrung von Leben und Gesundheit der
Menschen abgeleitet werden. Dabei sind die Szenarien darzustellen, die mit derartigen Hochwasserereignissen verbunden sind und welche Gefahren und Risiken sich in diesem extremen
Hochwasserfall für Leib und Leben der Menschen ergeben. Zudem geht es auch um den
Schutz von Sachgütern wie etwa von Bausubstanz in Bereichen von Wohn- und Gewerbegebieten. Diese bei extremen Hochwasserereignissen gefährdeten Belange sind vom Grundsatz
her geeignet, die Nutzung des Worringer Bruchs als Retentionsraum bei Extremhochwasserereignissen zu rechtfertigen. An diese rechtliche Grundvoraussetzung des wasserrechtlichen
Fachplanungsvorhabens schließt sich die Prüfung an, ob dem Vorhaben zwingende Versagungsgründe entgegenstehen. Diese könnten sich aus dem europäischen Gebiets- oder auch
Artenschutz ergeben.
Da erhebliche Auswirkungen auf die Erhaltungsziele der FFH-Gebiete nicht mit hinreichender
Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden können, wurde von der Bezirksregierung Köln in
der Niederschrift zum Scopingtermin vom 18.01.2007 festgelegt, dass eine FFHVerträglichkeitsuntersuchung für diese beiden zum europäischen Netz „Natura 2000“ gehörenden Gebiete durchzuführen ist.
Björnsen Beratende Ingenieure Köln GmbH
Stadtentwässerungsbetriebe Köln, AöR
Hochwasserschutz Köln, Planfeststellungsabschnitt 10
- Vorabzug Retentionsraum Köln-Worringen/Endstufe
Anlage 7.1 - FFH-Verträglichkeitsstudie für das Natura 2000-Gebiet DE 4907-301 Worringer Bruch
2
Die Untersuchungen sind auf Basis des technischen Planungsstandes vom 18.06.2010
durchgeführt worden. Die Ergebnisse werden hiermit als vorgezogene Auswirkungsprognose
in den Anlagen 7.1 (Worringer Bruch) und 7.2 (Rhein-Fischschutzzonen)vorgelegt.
Die Unterlagen werden nach Abschluss der technischen Planung aktualisiert und zusammen
mit den weiteren zur Planfeststellung eingereichten Unterlagen der Behörde die fachlichen
Grundlagen für die Prüfung des Vorhabens liefern.
1.2
Rechtliche Grundlagen
Im Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) 2010 sind die Vorgaben der FFH-Richtlinie (Richtlinie 92/43/EWG) in § 34 in nationales Recht umgesetzt. Ziel der Richtlinie bzw. des § 34
BNatSchG ist es, einen günstigen Erhaltungszustand der natürlichen Lebensräume und der
wildlebenden Tier- und Pflanzenarten zu bewahren oder wiederherzustellen. Die allgemeinen
Verschlechterungs- und Störungsverbote des Art. 6 Abs. 2 FFH-RL sind auf das konkrete
Vorhaben und die durch die Umsetzung zu erwartenden oder nicht mit hinreichender Sicherheit auszuschließenden Auswirkungen anzuwenden. Es sind sowohl die voraussichtlichen
bauzeitlichen als auch die dauerhaften und die betriebsbedingten Wirkungen auf Lebensräume und Arten zu untersuchen und im Hinblick auf ihre Verträglichkeit mit den für die Natura
2000-Gebiete festgelegten Erhaltungszielen zu bewerten.
Durch die Meldung des FFH-Gebietes „Worringer Bruch“ ist für Vorhaben mit möglichen Einwirkungen auf dieses Gebiet eine Verträglichkeitsprüfung erforderlich. Dabei ist zu prüfen, ob
das Vorhaben gemessen an den Erhaltungszielen das Gebiet als Ganzes oder wesentliche
Teile des Gebietes erheblich beeinträchtigt (zu den Maßstäben BVerwGE 128, 1 – Westumfahrung Halle; BVerwGE 130, 299 – Hessisch Lichtenau II; Stüer, DVBl 2009,1; ders., DVBl
2009, Heft 18; ders., DVBl 2010, Heft 3; ders., DVBl 2010. Heft 4). Bei Unverträglichkeit mit
den Erhaltungszielen ist das Vorhaben grundsätzlich unzulässig. Es kann dann in einer Abweichungsprüfung zugelassen werden, wenn es durch zwingende Gründe des überwiegenden
öffentlichen Interesses gerechtfertigt ist. Dabei sind die naturschutzrechtlichen Integritätsinteressen den Vorhabeninteressen in einer konkreten Abwägung gegenüberzustellen. Werden
prioritäre Arten oder Lebensräume in Mitleidenschaft gezogen, muss eine Stellungnahme der
Kommission eingeholt werden, bevor andere als Gründe des Gebietsschutzes selbst, der Gesundheit des Menschen oder der öffentlichen Sicherheit zur Rechtfertigung des Vorhabens
eingeführt werden können. Darüber hinaus dürfen zumutbare Alternativen nicht vorhanden
sein. Auch sind die erforderlichen Kohärenzmaßnahmen zu ergreifen, mit denen das Netz
Natura 2000 gesichert werden kann.
Das Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen
(MUNLV)
hat
am
13.04.2010
in
einer
Verwaltungsvorschrift
(VV-
Habitatschutz) zur Anwendung der nationalen Vorschriften zur Umsetzung der Flora-Fauna-
Björnsen Beratende Ingenieure Köln GmbH
Stadtentwässerungsbetriebe Köln, AöR
Hochwasserschutz Köln, Planfeststellungsabschnitt 10
- Vorabzug Retentionsraum Köln-Worringen/Endstufe
Anlage 7.1 - FFH-Verträglichkeitsstudie für das Natura 2000-Gebiet DE 4907-301 Worringer Bruch
3
Habitat-Richtlinie 92/43/EWG (FFH-RL) und der Vogelschutz-Richtlinie 2009/147/EG (V-RL)
die Grundzüge für FFH-Verträglichkeitsprüfungen und deren Implementierung in vorhandene
Planungs- und Genehmigungsverfahren vorgegeben [28].
Die hier vorgelegte Verträglichkeitsstudie orientiert sich an der VV-Habitatschutz sowie an den
geforderten Prüfschritten nach § 34 BNatSchG (2010) und Artikel 6 Abs. 3 FFH-Richtlinie.
Besonderes Augenmerk ist dabei auf die Frage der möglichen erheblichen Beeinträchtigung
des prioritären LRT *91E0 zu legen. Denn sollte das Vorhaben diesen LRT in Mitleidenschaft
ziehen, könnten im Rahmen der Abweichungsprüfung ohne eine vorherige Beteiligung der
EU-Kommission nur Gründe der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit oder
der Schutz des Gebietes selbst als zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses angeführt werden. Andere Rechtfertigungsgründe etwa wirtschaftlicher Art können erst
nach Beteiligung der Kommission ins Feld geführt werden. Eine solche Beteiligung ist bereits
erforderlich, wenn prioritäre Arten oder Lebensraumtypen in Mitleidenschaft gezogen werden.
Hierbei ist einerseits die unmittelbare Inanspruchnahme einer LRT-Fläche zu beurteilen, die
hier allerdings durch eine optimierte Anlagen- und Bauausführung vermieden werden kann. Es
sind aber auch mittelbare Inanspruchnahmen eines LRT, wie sie sich im Falle der betriebsbedingten Überstauung ergeben, zu betrachten.
2
2.1
Beschreibung des Vorhabens (Planungsstand 18.06.2010)
Baubeschreibung
Der Retentionsraum Worringen soll zwischen den Ortslagen Worringen im Norden, Roggendorf/Thenhoven im Westen sowie Fühlingen und Langel im Süden eingerichtet werden. Die
Abgrenzung des Retentionsraums gegenüber Wohn- und Industrieflächen erfolgt im Norden
bei Worringen und im Süden entlang der L 43 (Hitdorfer Fährweg, Blumenbergsweg) mit einem Deich, teilweise mit eingestellter Spundwand. Im Westen und im Südwesten wird der
Abschluss nach Roggendorf/Thenhoven und Blumenberg weitgehend durch das ausreichend
hohe, natürliche Gelände gebildet. Nur an der Bahnunterführung (Walter-Dodde-Weg) in Roggendorf/Thenhoven und am südlichen Pletschbachzufluss in das Bruchgelände sind Hochwasserschutzwände aus Stahlbeton, die in den Untergrund einbinden, zum Schutz der Ortslagen notwendig. Der Pletschbachzufluss in den Bruch südlich Roggendorf/Thenhoven wird mit
einem absperrbaren Durchlassbauwerk versehen und das Höhenniveau der Bruchstraße (L
43) angehoben. Die den Polderraum durchquerende Bundesstraße 9 wird mittels Rampen
über den kreuzenden Deich geführt.
Aufgrund der erforderlichen großen Bauhöhe führt ein konventioneller Dreizonendeich zu einem hohen Flächenbedarf. Daher ist in dem ökologisch sensibelsten Bereich am nördlichen
Björnsen Beratende Ingenieure Köln GmbH
Stadtentwässerungsbetriebe Köln, AöR
Hochwasserschutz Köln, Planfeststellungsabschnitt 10
- Vorabzug Retentionsraum Köln-Worringen/Endstufe
Anlage 7.1 - FFH-Verträglichkeitsstudie für das Natura 2000-Gebiet DE 4907-301 Worringer Bruch
4
Rand des FFH-Gebietes eine andere Lösungen zur Begrenzung des Stauraums gewählt worden: Über dem vorhandenen Abwassersammler in der Brombeergasse wird ein Fangedamm
errichtet, der beidseitig von Spundwänden begrenzt ist. Die derzeit vorhandene Wegeführung
bleibt erhalten, der Weg wird nach Fertigstellung des Bauwerks über die Krone des Fangedamms verlaufen. Der querende Erdweg wird über den Fangedamm geführt.
Insgesamt besitzen die Hochwasserschutzbauwerke eine Länge von ca. 5,7 km und erreichen
eine Höhe von bis zu 6,50 m über Geländeoberkante. Die Dreizonendeiche erhalten einen
Freibord nach Vorgabe der DIN 19712 von ca. 1,0 m, die bei Überströmung nicht erosionsgefährdeten Mauern und Sonderkonstruktionen einen Freibord von 0,20 m. Die Deiche werden
mit einer wasserseitigen Dichtung, einem Stützkörper und einer landseitigen, als Filter ausgebildeten Berme ausgestattet. Die Deichkrone wird geschottert, auf dem Deichverteidigungsweg wird ein Radweg geführt (vgl. Kap. 4.4.5).
Der nur zeitweise wasserführende Pletschbach wird im Fall der Flutung des Retentionsraumes
am Zu- und Ablauf mit je einem Hochwasserdoppelschieber verschlossen.
Die berechnete Wirksamkeit des Retentionsraums wird nur bei einer wellenangepassten, mit
der Hochwasserprognose korrespondierenden Polderflutung erreicht. Hierzu wird ein etwa
30 m langer Abschnitt des bestehenden Rheinhauptdeichs so umgebaut, dass eine gezielte
stufenweise Sprengung eine Bresche von 25 m Länge erzeugt, die an beiden Seiten durch
Betonwiderlager und Spundwände begrenzt ist, um so eine fortschreitende Erosion des
Rheinhauptdeiches zu verhindern. Es können bis zu 330 m³/s in den Retentionsraum einfließen. Polderseits wird das Gelände im Bereich der vorgesehenen Bresche mit Wasserbausteinen vor Erosion geschützt.
Die Entleerung des Retentionsraumes erfolgt zunächst korrespondierend mit dem Rheinwasserstand (bis ca. 8,00 m KP) über die Bresche im Rheinhauptdeich. Die Restentleerung des
Retentionsraums erfolgt, den Fangedamm Brombeergasse mittels Düker querend, über das
natürliche Pletschbachgerinne und bis vor den Durchlass in der B 9. Partiell wird dafür das nur
temporär wasserführende Gerinne auf die erforderliche Ableitungskapazität von 2,0 m³/s verbreitert. In Abhängigkeit vom Rheinwasserstand (unterhalb ca. 4,50 m KP) kann das Wasser
im freien Gefälle den Durchlass unter der B9 durchfließen oder es wird mittels Pumpwerk (bei
Rheinwasserständen zwischen ca. 8,00 und 4,50 m KP) in den Rhein zurück gepumpt.
Die vorhandene Infrastruktur innerhalb des Retentionsraums bleibt überwiegend erhalten. Die
den Retentionsraum querende B 9 erhält im Norden bei Worringen und im Süden bei Fühlingen jeweils eine Überfahrt über den querenden Abschlussdeich, ebenso die alte Römerstraße
(K11) bei Langel. Im Umfeld der Bauwerke wird das landwirtschaftliche Wegenetz an die veränderten Verhältnisse örtlich angepasst.
Björnsen Beratende Ingenieure Köln GmbH
Stadtentwässerungsbetriebe Köln, AöR
Hochwasserschutz Köln, Planfeststellungsabschnitt 10
- Vorabzug Retentionsraum Köln-Worringen/Endstufe
Anlage 7.1 - FFH-Verträglichkeitsstudie für das Natura 2000-Gebiet DE 4907-301 Worringer Bruch
2.2
5
Betrieb
Die beabsichtigte Betriebsweise als Notfallpolder sieht eine Flutung ausschließlich bei
Hochwasserereignissen vor, die 11,90 m Kölner Pegel (KP) und somit den für den Planungsraum vorgesehenen Hochwasserschutz überschreiten. Sofern der Hochwasserscheitel im
Bereich zwischen 11,90 m KP und etwa 12,05 m KP eintritt, kann in den Planfeststellungsabschnitten, deren Schutzziel auf 11,90 m KP liegt, eine großflächige Überflutung der angrenzenden Bebauung durch die Flutung des Polders verhindert werden.
Bis zum Beginn einer Flutung ändern sich die Verhältnisse nach Einrichtung des Retentionsraums gegenüber dem derzeitigen Zustand nicht. Während des Flutungszeitraums kann die
unmittelbar angrenzende Bebauung möglicherweise durch erhöhte Grundwasserstände und
den Austritt von Qualmwasser betroffen sein. Alle weiteren betrieblichen Auswirkungen der
gesteuerten Flutung sind vergleichbar mit den Auswirkungen einer natürlichen Überschwemmung bei Überschreiten des Hochwasserschutzziels. Quantitativ ist die Betroffenheit wegen
der Eingrenzung der überfluteten Flächen durch die Schutzbauwerke aber wahrscheinlich weit
geringer; eine Überschwemmung bis nach Dormagen im Norden und bis zur A 1 im Süden in
einer Höhe von teilweise mehreren Metern wird durch das Bauwerk verhindert.
Die Entleerung des Retentionsraumes erfolgt zunächst über die Bresche im Deich mit fallendem Rheinwasserstand. Das verbleibende Restwasser aus dem tiefer liegenden Gelände
westlich der B 9 wird über den Düker im Fangedamm Brombeergasse und weiter über das
natürliche Pletschbachgerinne bis vor den Durchlass in der B 9 geführt. In Abhängigkeit vom
Rheinwasserstand kann das Wasser im freien Gefälle den Durchlass unter der B 9 durchfließen oder es wird über das dafür vorgesehene Pumpwerk in den Rhein zurück gepumpt (vgl.
Kap. 2.1).
2.3
Datengrundlagen
Die Erfassung der Auswirkungen, die das Projekt auf die Erhaltungsziele des Natura 2000Gebietes „Worringer Bruch“ voraussichtlich haben wird, beruht auf dem derzeitigen technischen Planungsstand (per 18.06.2010), der in den Kapiteln 2.1 und 2.2 kurz zusammengefasst ist.
Die Systematik der Untersuchung orientiert sich am aktuellen „Leitfaden zur FFHVerträglichkeitsprüfung an Bundeswasserstraßen“ [7]. Zur Ermittlung, ob die Erheblichkeitsschwelle hinsichtlich einzelner FFH-Lebensraumtypen (LRT) oder Arten im Hinblick auf eine
mögliche Beeinträchtigung der Erhaltungsziele überschritten werden könnte, wurden die
Fachkonventionen des Bundesamtes für Naturschutz [4] angewendet.
Als Datengrundlagen wurden herangezogen:
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•
6
der Standard-Datenbogen (SDB) und weitere Informationen, die das Landesamt für
Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (früher: Landesanstalt für Ökologie, Bodenordnung und Forsten NRW) [21] zur Verfügung gestellt hat,
•
das Sondermaßnahmenkonzept des Forstamtes Bergisch-Gladbach (SOMAKO) für
das Schutzgebiet [16], der einem Managementplan entspricht,
•
die Vorstudie Rückhalteraum Köln-Worringen des MURL (heute MUNLV) aus dem
Jahre 1997 [23],
•
die Diplomarbeit zur Kammmolchpopulation im Worringer Bruch von Öznur aus dem
Jahre 2002 [31],
•
das Gutachten von Ortmann zu den Auswirkungen einer Flutung auf die Kammmolchpopulation im FFH-Gebiet DE 4907-301 „Worringer Bruch“, 2008 [27],
•
das Faunistische Gutachten für die Artengruppen Kleinsäuger, Vögel, Amphibien Libellen und Laufkäfer (StEB/BCE 2003 [34]) mit Aktualisierung der Amphibienerfassung
2008,
•
die avifaunistischen Bestandsdaten der LÖBF (heute LANUV) aus der Grundlagenerhebung für das FFH-Gebiet DE 4907-301 aus dem Jahre 2003 [34],
•
Avifaunistische Beobachtungsdaten aus dem Worringer Bruch und dem Rheinvorland
zwischen Langel und Worringen im Zeitraum von 1996 bis 2009 [19].
2.4
Abgrenzung des Untersuchungsgebietes
Das Untersuchungsgebiet (UG) für die FFH-Verträglichkeitsuntersuchung umfasst die Natura
2000-Gebiete DE 4907-301 und DE 4405-301 und umgebende Flächen, die bei einem Einstau
betroffen sind und die von Auswirkungen der Deichbaumaßnahmen direkt oder indirekt betroffen sind oder sein könnten.
Die Abgrenzung des UG ist den Anlagen 7.3 und 7.4 zu entnehmen. Die Festlegung der Untersuchungsgebietsgrenze und des Untersuchungsrahmens erfolgte während des Scopingtermins am 19.12.2006 und wurde in der Niederschrift der Bezirksregierung vom 24.01.2007
bestätigt.
Das Gebiet DE 4907-301 „Worringer Bruch“ ist als FFH-Gebiet nach Brüssel gemeldet. Die
Erhaltungsziele dieses Gebietes ergeben sich aus dem Standarddatenbogen und der erfolgten naturschutzrechtlichen Umsetzung in deutsches Naturschutzrecht. Grundsätzlich ist dabei
von der Gebietsabgrenzung auszugehen, wie sie in der Meldung des FFH-Gebietes an die
EU-Kommission niedergelegt ist. Korrekturen sind nur insoweit angebracht, wie die Meldung
fachlich nicht begründbar ist. Es wird daher die Gebietsabgrenzung zugrunde gelegt, wie sie
sich aus der Kommissionsliste ergibt.,
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3
7
Beschreibung des Natura 2000-Gebietes „Worringer Bruch“
3.1
Historische Entwicklung
Das FFH-Gebiet DE-4907-301 "Worringer Bruch" umschließt eine alte Rheinschlinge südlich
des Kölner Stadtteiles Worringen. Der Altarm befindet sich in einem Verlandungsprozess, weil
er nicht mehr durchströmt wird. Das Gebiet umfasst eine Wald- und Gewässerfläche von
164 ha und ist von landwirtschaftlich genutzten Flächen sowie den Ortschaften Worringen und
Roggendorf/Thenhoven umgeben.
Die Grenzen des FFH-Gebietes und der Lebensraumtypen (LRT) nach Anhang I FFHRichtlinie (FFH-RL) sind dem Bestand- und dem Maßnahmenplan (Anlagen 7.3 und 7.4) zu
entnehmen. Das Gebiet wurde von der Europäischen Kommission in die Liste der Gebiete von
gemeinschaftlicher Bedeutung für die atlantische Region aufgenommen.
Der südlich der Ortschaft Worringen liegende Rheinmäander entstand vor rund 5.000 Jahren
gegen Ende der Weichsel-Kaltzeit durch die Eintiefung des Rheins in die Jüngere Niederterrasse. Durch stetige Erosionsvorgänge erfolgte später ein Mäanderdurchbruch. Die ehemalige
Flussschleife war bereits in vorrömischer Zeit vom Hauptstrom durch stetige Auflandung entlang der Ufer vollständig abgetrennt, so dass die Flächen nur noch bei hohen Wasserständen
des Rheins überstaut wurden und zunehmend verlandeten. Belegt wird diese Situation durch
archäologische Fundstellen und die "Alte Römerstraße" (heute K 11), die zwischen den Ortschaften Langel im Süden und Worringen im Norden verläuft.
Der erste Deichbau erfolgte bereits 1541. Dieser Damm wurde jedoch bei sehr starkem
Hochwasser überströmt. Belegt ist dies z. B. für das Jahr 1784. Seit Erhöhung der Deiche im
19. Jahrhundert wurde der Bruchbogen jedoch nicht mehr überflutet. Eine alte Karte aus dem
Jahr 1759 stellt den Worringer Bruch als Sumpfland mit Wasserflächen und einzelnen randlich
platzierten Erlen und Weiden dar. Die Tranchot-Karte von 1807 zeigt noch ein sehr ähnliches
Bild.
Der Bruchbogen liegt bis zu fünf Meter tiefer als die umgebenden Flächen. Die tiefsten Bereiche befinden sich in der zentralen Senke mit NN +35,5 bis 36,5 m, in der sich bei entsprechend hohen Grundwasserständen - die zeitlich verzögert mit dem Rheinwasserstand korrespondieren -, offene Wasserflächen ausbilden. Im Südosten steigt das Gelände auf NN +37,0
bis 37,5 m an. Die Randbereiche befinden sich in einer Höhenlage bis ca. NN +39 m.
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8
Pflanzungen von Roterlen und vereinzelten Kanadischen Pappeln wurden um 1830 vorgenommen. Zwanzig Jahre später setzte man die Erlen auf den Stock und pflanzte Eschen an.
Als gegen Ende der 1880er Jahre das Gebiet unter hoch anstehendem Grundwasser litt, wurde der Hauptgraben zur Entwässerung angelegt. Röhricht nahm nach der weitgehenden Entwässerung weite Teile des Bruchs ein, der Erlenbestand ging zurück.
Erste größere Pappelanpflanzungen wurden 1923 im südöstlichen Teil vorgenommen, ab
1948 erfolgte ein systematischer Anbau von Reinbeständen aus Schwarzpappelhybriden auf
rund 75 ha Fläche.
Im 20. Jh. sind höhere Grundwasserstände im Bruch zwischen 1935 und 1939 dokumentiert,
wobei ein Höchststand mit Überflutung des Senfweges 1937 registriert wurde. Auch zwischen
1948 und 1958 bestanden größere offene Wasserflächen. Zwischen 1960 und 1980 gab es
wieder eine trockene Phase. Anfang der 1970er Jahre begann bei niedrigem Grundwasserstand ein Umbau der Pappelforste in artenreiche Bestände mit Baumarten der Hartholzaue.
Steigende Grundwasserstände führten jedoch Anfang der 1980er Jahre auf den tiefer gelegenen Flächen (<NN+36,5) zur Einstellung dieser Pflanzarbeiten. Nach den hohen Grundwasserständen 1987-88 folgte wieder eine Trockenphase bis Anfang der 1990er Jahre. Von 199294 stand der Grundwasserspiegel im Bruch etwa so hoch an wie später wieder zwischen
1998-2003 (zwischen NN+36 und NN+37 m).
Jeweils bei längerem Rückgang der Wasserflächen breiteten sich im Bereich der entstandenen sumpfigen Habitate große Röhrichtflächen aus.
1986 wurde das Gebiet unter Naturschutz gestellt. Der Landschaftsplan der Stadt Köln trat
1991 in Kraft und legte eine Einschränkung der Erholungsnutzung des Waldgebietes durch
Betretungsverbote fest.
3.2
Heutige Vegetation
Durch den zeitweise über Jahre anhaltend hohen Grundwasserstand ist die typische Bruchwaldbaumart Roterle (Schwarz-Erle) in den überstauten Teilen überwiegend abgestorben. Nur
in den Randbereichen sind noch Erlenrestbestände aus den forstlichen Anpflanzungen erhalten. Angepflanzte jüngere Hybridweiden sind nach Ansteigen des Grundwasserstandes ebenfalls abgestorben und umgestürzt. Über Stock- und Astausschlag regenerieren sich die Weiden jedoch wieder.
Der Anteil der Reinpappelbestände ist inzwischen auf weniger als 50 % der Waldfläche im
Bruch gesunken. Die angepflanzten Mischbestände aus Ulme, Eiche, Erle, Esche, Traubenkirsche weisen ein Alter von 10 bis rund 50 Jahren auf. Es ist lt. [16] vorgesehen, sie durch
forstliche Pflegemaßnahmen zu strukturreichen Beständen entsprechend der potenziellen
natürlichen Vegetation (Traubenkirschen-Eschenwald) zu entwickeln. Zum Teil wurden Pappeln als Schirmschicht erhalten und geringelt, um die Totholzbildung zu forcieren. Auf den
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9
tiefer als NN +36,5 m gelegenen Flächen im Kernbereich des Bruchs wird auf alle forstwirtschaftlichen Maßnahmen verzichtet. Am südlichen Bruchrand sind einzelne reinrassige
Schwarzpappeln vorhanden (Identifizierung durch die Forstgenbank der LÖBF/LANUV).
Nachzuchten werden vorgenommen, sie sollen für forstliche Pflanzungen im Bruch verwendet
werden [16].
Das seit 1998 bis auf Höhe des Senfweges (ca. NN +37 m) anstehende Grundwasser sank im
Sommer 2003 kontinuierlich. Südlich des Senfweges bleibt der hohe Grundwasserstand generell länger erhalten als nördlich desselben, da der Durchlass im Senfweg deutlich höher liegt
als der in der Brombeergasse, über den das Wasser in den Pletschbach abfließen kann. Die
Lage des gedükerten Rohrdurchlasses an der Brombeergasse lässt das zutage tretende
Grundwasser aus dem Bruchgelände nie vollständig abfließen. Ein absinkender Wasserspiegel entsteht ausschließlich durch Verdunstung und bei sehr niedrigem Grundwasserstand
durch Versickern im Untergrund. Am Ende des sehr heißen und trockenen Sommers 2003
waren z.B. die offenen Wasserflächen nahezu vollständig verschwunden. Ab dem Winter 2007
bildeten sich wieder größere Wasserflächen beidseits des Senfweges aus, der Wasserstand
erreichte jedoch bis dato nicht wieder die Höhe von NN+37 m.
Aus der Historie des Gebietes ist erkennbar, dass es sich bei allen Flächen unterhalb
NN+37 m um extrem dynamische Lebensräume handelt. Im Verlauf von Jahrhunderten, aber
auch von Jahrzehnten und sogar von wenigen Jahren wurde (Sumpf)Wald zu Wasserfläche,
dann entstanden aus offenen Schlammflächen ausgedehnten Röhrichte mit nachfolgend einwandernden Gehölzen. Die nachfolgende Grafik stellt die dem Rheinwasserstand verzögert
folgenden Grundwasserstände im letzten Jahrzehnt dar.
Wasserstand [m] ü. NN.
43
41
Rheinpegel Worringen
(km 708,3)
39
Grundwasserpegel
Worringer Bruch
37
35
Maximaler Wasserstand
im Retentionsfall
Jan. 09
Jul. 08
Jan. 08
Jul. 07
Jan. 07
Jul. 06
Jan. 06
Jul. 05
Jan. 05
Jul. 04
Jan. 04
Jul. 03
Jan. 03
Jul. 02
Jan. 02
Jul. 01
31
Jan. 01
33
Abbildung 1 Pegeldaten Rhein und Grundwasserstand Worringer Bruch 2001-2009
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3.2
10
Lebensraumtypen des Anhangs I FFH-RL
Die der EU gemeldete Gebietsgrenze sowie die dem Sondermaßnahmenkonzept des Forstamtes Bergisch-Gladbach (SoMaKo) [16] entnommenen Abgrenzungen der Lebensraumtypen
(LRT) sind in die Anlagen B 7.3 und B 7.4 übernommen worden. Die „maßgeblichen Bestandteile“ des Gebietes und die Schutzziele gem. LANUV [21] und Landschaftsplan Köln [32] sind
in Tabelle 1 zusammengestellt und im Folgenden beschrieben. Die Flächengrößen und prozentualen Anteile der LRT an der Gesamtgebietsfläche zeigt Tabelle 2 auf.
Tabelle 1
Lebensraumtypen (LRT) des Anhangs I FFH-Richtlinie
EU-Code
Bezeichnung gem.
Anh. I FFH-RL
Maßgebliche Bestandteile
3150
Natürliche eutrophe
Seen und Altarme
•
Eutrophes, flaches Stillgewässer mit stark veränderlichen Wasserständen im tiefsten Bereich des Bruchs
•
Einzelne Kleingewässer am Rand des Bruchs
•
Wasserpflanzenvegetation mit Lemna trisulca, Ceratophyllum demersum, Elodea canadensis, Utricularia
vulgaris, Hottonia palustris und Nymphoides peltata)
•
Bruthabitat für Zwergtaucher und Haubentaucher
•
Lebensraum für Amphibien und Libellen
•
Drei höher gelegene Waldbestände des Worringer
Bruchs mit Esche (Fraxinus excelsior) Stieleiche
(Quercus robur) und Bergahorn (Acer pseudoplatanus)
•
Artenreiche Strauchschicht mit Schwarzem Holunder
(Sambucus nigra), Traubenkirsche (Prunus padus),
Pfaffenhütchen (Euonymus europaeus) und Weißdorn (Crataegus spec.)
•
Krautschicht: Großes Hexenkraut (Circaea lutetiana),
Gundermann (Glechoma hederacea), Knoblauchsrauke (Alliaria petiolata), Wald-Engelwurz (Angelika
sylvestris) und Rote Johannisbeere (Ribes rubrum)
•
Erlenbruchwald, Erlen-Eschenwald und Weidenwald
mit Schwarzerle (Alnus glutinosa), Esche (Fraxinus
excelsior), Silberweide (Salix alba) und Bruchweide
(Salix fragilis) und weiteren Weidenarten
•
Typische Arten der Strauchschicht: Mandelweide
(Salix triandra), Schwarzer Holunder (Sambucus nigra), Traubenkirsche (Prunus padus), Hopfen (Humus
lupulus)
9160
*91E0
prioritärer
Lebensraumtyp
StieleichenHainbuchenwald
Erlen-Eschen- und
WeichholzAuenwälder
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noch
•
Typische Arten der Krautschicht: Wasserfenchel
(Oenanthe aquatica), Wasserkresse (Rorippa amphibia), Rohrglanzgras (Phalaris arundinacea) und Schilf
(Phragmites australis)
•
Charakteristischer faunistischer Artenbestand: Pirol,
Nachtigall, Kleinspecht, Grünspecht, Schwarzspecht,
Weidenmeise, viele totholzbewohnende Käferarten
•
Eschenwälder mit periodischer Überflutung durch
ansteigendes Grundwasser (Druckwasser) mit Esche
(Fraxinus excelsior) und Erle (Alnus glutinosa)
•
Strauchschicht: Hopfen (Humulus lupulus), Weißdorn
(Crataegus spec.), Traubenkirsche (Prunus padus).
•
Krautschicht: Gelbe Schwertlilie (Iris pseudacorus),
Flatter-Binse (Juncus effusus), Knoblauchsrauke (Alliaria petiolata), Hexenkraut (Circaea lutetiana), Winden-Knöterich (Fallopia convolvulus) und Kratz-Beere
(Rubus caesius).
*91E0
91F0
Hartholz-Auenwälder
Tabelle 2
Flächenanteile der LRT an der Gesamtfläche des FFH-Gebietes
Erhal-
EU-Code
tungs-
Größe
Lebensraumtyp
[ha]
zustand
Flächenanteil am
FFH-Gebiet [%]
3150
C
Natürliche eutrophe Seen und Altarme
38
23
9160
C
Stieleichen-Hainbuchenwald
13
8
prioritärer
Lebensraumtyp
C
Erlen-Eschen- und WeichholzAuenwälder
8
5
91F0
C
Hartholz-Auenwälder
25
15
nicht als LRT ausgewiesen
80
49
164
100
91E0*
übrige
Flächen
Gesamt
3.2.1
11
Natürliche eutrophe Seen und Altarme (LRT 3150)
An den tiefsten Stellen des Worringer Bruchs (unterhalb von ca. 36,5 m ü NN) befinden sich
flache, eutrophe Stillwasserlebensräume, die dem FFH-Lebensraumtyp 3150 (natürliche Seen
und Altarme) zugeordnet worden sind. Der Wasserstand ist abhängig von der Höhe des
Grundwasserstandes und dem Niederschlag, daher ändert sich die Ausdehnung der wasserbespannten Flächen periodisch mehr oder weniger stark.
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12
Die Stillwasserlebensräume zeichnen sich durch eine reichhaltige Wasserpflanzenvegetation
aus, mit freischwimmenden Arten der Wasserlinsendecken (Lemna minor, Lemna trisulca,
Ricciocarpus natans) sowie festwurzelnde Arten der Laichkrautgesellschaften (Ceratophhyllum demersum, Elodea canadensis). Floristische Besonderheiten stellen der Gemeine Wasserschlauch (Utricularia vulgaris), die Wasserfeder (Hottonia palustris) und die Seekanne
(Nymphoides peltata) dar. Die Seekanne wurde zuletzt 1986 nachgewiesen [26]. Die Wasserfeder erträgt kurzzeitig auch trockene Bedingungen und ist daher bis zu einem gewissen Grade an schwankende Wasserstände angepasst.
In Perioden mit niedrigen Grundwasserständen werden die trockenfallenden Schlammböden
mit schnellwüchsigen krautigen Arten der typischen Schlammboden-Vegetation besiedelt,
darunter Wasserkresse (Rorippa amphibia), Wasserfenchel (Oenanthe aquatica), GiftHahnenfuß (Ranunculus sceleratus), Dreiteiliger Zweizahn (Bidens tripartita), Quirl-Tännel
(Elatine alsinastrum) und Roter Wasser-Ehrenpreis (Veronica catenata) [26]. Relativ rasch
findet
auch
eine
Ausbreitung
der
Röhrichte
bei
weiter
andauernden
niedrigen
(Grund)wasserständen statt.
Die hydrologischen Schwankungen führen zu starken und zum Teil abrupten Vegetationsveränderungen. Daneben erfolgen auch jahreszeitliche Schwankungen der Wasserstände. Die
höchsten werden im Frühling (April-Mai) erreicht. Die niedrigsten Grundwasserstände stellen
sich meist im Herbst (Oktober-November) ein.
Aus faunistischer Sicht sind die Stillgewässer vor allem als Bruthabitat für Zwergtaucher und
Haubentaucher, als Laich-Habitat für Amphibien (u.a. Kammmolch) und als LibellenLebensräume von Bedeutung.
Schutzziele
Erhaltung und Entwicklung der naturnahen eutrophen Stillgewässer mit Arten der Charetea,
Lemnetea und Potamogetonetea und der typischen Fauna durch
-
Förderung der Entwicklung einer natürlichen Verlandungsreihe
-
Schaffung ausreichend großer Pufferzonen zur Vermeidung bzw. Minimierung von
Nährstoffeinträgen
-
Nutzungsverbot bzw. Beschränkung der (Freizeit-)Nutzung des Gewässers auf ein naturverträgliches Maß
-
Erhaltung bzw. Wiederherstellung des landschaftstypischen Gewässerchemismus und
Nährstoffhaushalts
3.2.2
Stieleichen-Hainbuchenwald (LRT 9160)
Im Worringer Bruch befinden sich drei voneinander getrennte Flächen, die dem FFHLebensraumtyp „Stieleichen-Hainbuchenwald“ zugeordnet worden sind [16]. Es handelt sich
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13
zum Teil um ehemalige Pappelforste, die sich in der Entwicklung zu naturnahen Waldbeständen befinden. Neben den Hybrid-Pappeln (Populus x canadensis) sind als Baumarten Stieleiche (Quercus robur), Esche (Fraxinus excelsior), Winter-Linde (Tilia cordata) und Berg-Ahorn
(Acer pseudoplatanus) vertreten. Die artenreiche Strauchschicht wird von Schwarzem Holunder (Sambucus nigra), Traubenkirsche (Prunus padus), Pfaffenhütchen (Euonymus europaeus) und Weißdorn (Crataegus spec.) gebildet. In der Krautschicht wachsen typische Arten
des Eichen-Hainbuchenwalds, wie Großes Hexenkraut (Circaea lutetiana), Gundermann (Glechoma hederacea), Knoblauchsrauke (Alliaria petiolata), Wald-Engelwurz (Angelika sylvestris)
und Rote Johannisbeere (Ribes rubrum).
Schutzziele
Erhaltung und Entwicklung naturnaher Stieleichen-Hainbuchenwälder mit ihrer typischen Fauna und Flora in ihren verschiedenen Entwicklungsstufen/Altersphasen und in ihrer standörtlichen typischen Variationsbreite, inklusive ihrer Vorwälder, Gebüsch- und Staudenfluren sowie
ihrer Waldränder durch
-
naturnahe Waldbewirtschaftung unter Ausrichtung auf die natürliche Waldgesellschaft
einschließlich ihrer Nebenbaumarten sowie auf alters- und strukturdiverse Bestände
und Förderung der Naturverjüngung aus Arten der natürlichen Waldgesellschaft
-
Erhaltung und Förderung eines dauerhaften und ausreichenden Anteils von Alt- und
Totholz, insbesondere von Großhöhlen- und Uraltbäumen
-
Vermehrung des Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwaldes durch den Umbau von mit
nicht bodenständigen Gehölzen bestandenen Flächen auf geeigneten Standorten
3.2.3
Erlen-Eschen- und Weichholz-Auenwälder (*91E0, prioritärer LRT)
Die feuchteren und zeitweise überstauten Bereiche des Worringer Bruchs weisen verschiedene Waldbestände mit Schwarzerle (Alnus glutinosa), Weidenarten (Salix alba, Salix fragilis,
Salix x rubens) und Hybridpappel (Populus x canadensis) auf. Es handelt sich dabei um Reste
eines Erlen-Bruchwalds, der durch forstliche Maßnahmen und Entwässerung stark verändert
wurde. Als FFH-Lebensraum sind vor allem die naturnahen Erlen-Bruchwald-Fragmente in
Übergang zum Weidenauenwald bedeutsam. Eingeschlossen in den LRT sind auch die naturnahen Bestände der feuchten Traubenkirschen-Erlen-Eschenwälder (Pruno-Fraxinetum), die
in etwas höheren Bereichen des Worringer Bruchs vorzufinden sind.
Die Strauchschicht ist teilweise sehr gut ausgeprägt, mit typischen Sträuchern nasser und
feuchter Standorte wie Mandelweide (Salix triandra), Schwarzer Holunder (Sambucus nigra)
und Traubenkirsche (Prunus padus). Die Krautschicht wird dominiert von typischen Pflanzenarten häufig überfluteter Standorte, wie Oenanthe aquatica (Wasserfenchel), Rorippa amphibia (Wasserkresse), Phalaris arundinacea (Rohr-Glanzgras) und Glyceria maxima (WasserSchwaden). Typische krautige Arten der Erlen-Bruchwälder fehlen weitgehend.
Die Bestände haben eine hohe Bedeutung für Vogelarten, die auf naturnahe Wälder feuchter
Standorte und alte, totholzreiche Bäume angewiesen sind, insbesondere Pirol, Nachtigall,
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Weidenmeise, Kleinspecht, Grünspecht und Schwarzspecht. Hervorzuheben ist außerdem die
hohe Artenzahl gefährdeter Käferarten. Nach Köhler (1988, zitiert in [27]) ist der Worringer
Bruch eine „Insel mit teilweiser reliktärer Totholzfauna“, mit zahlreichen Arten, die an alten,
brüchigen Bäumen (v. a. Silberweide, Salix alba) vorkommen.
Schutzziele
Erhaltung und Entwicklung der Erlen- und Eschenwälder und Weichholzauenwälder mit ihrer
typischen Fauna und Flora in ihren verschiedenen Entwicklungsstufen/Altersphasen und in
ihrer standörtlich typischen Variationsbreite, inklusive ihrer Vorwälder, -gebüsche, strukturreicher Waldränder (Nachtigall) und Staudenfluren auch auf Lichtungen (Wespenbussard) durch
-
naturnahe Waldbewirtschaftung unter Ausrichtung auf die natürliche Waldgesellschaft
einschließlich ihrer Nebenbaumarten sowie auf alters- und strukturdiverse Bestände
(auf Teilflächen dichtes Unterholz) und Förderung der Naturverjüngung aus Arten der
natürlichen Waldgesellschaft
-
Vermehrung der Erlen- und Eschenwälder und Weichholzauenwälder auf geeigneten
Standorten durch natürliche Sukzession (Weichholzauenwald) oder ggfs. Initialpflanzung von Gehölzen der natürlichen Waldgesellschaft (Erlen-Eschenwald)
-
Erhaltung und Förderung eines dauerhaften und ausreichenden Anteils von Alt- und
Totholz, insbesondere von Höhlen- und Uraltbäumen
-
Nutzungsaufgabe wegen der Seltenheit zumindest auf Teilflächen über die Naturwaldzelle hinaus
-
Erhaltung/bzw. Wiederherstellung der lebensraumtypischen Grundwasser - und/oder
Überflutungsverhältnisse
-
Schaffung ausreichend großer Pufferzonen zur Vermeidung bzw. Minimierung von
Nährstoffeinträgen
3.2.4
Hartholz-Auenwälder (LRT 91F0)
Bei dem als Hartholz-Auenwald eingestuften Teilflächen handelt es sich um Waldbestände mit
Erle (Alnus glutinosa) und Esche (Fraxinus excelsior) im südöstlichen Teil des Bruchs, die aus
Erlenbruchbeständen hervorgegangen sind und durch die hydrologischen Veränderungen nun
einen Auwald-Charakter aufweisen. Hervorgerufen wurden die Veränderungen durch die Anlage von Entwässerungsgräben und die erheblichen Grundwasserstandsschwankungen im
Gebiet.
Die Strauchschicht wird von Weißdorn (Crataegus spec.), Traubenkirsche (Prunus padus) und
Hopfen (Humulus lupulus) gebildet. Die Flächen zeichnen sich durch eine reichhaltige Krautschicht mit Gelber Schwertlilie (Iris pseudacorus), Flatter-Binse (Juncus effusus), Knoblauchsrauke (Alliaria petiolata), Hexenkraut (Circaea lutetiana), Winden-Knöterich (Fallopia convolvulus) und Kratz-Beere (Rubus caesius) aus. Die Vegetation ist entsprechend der vollständigen
Abkoppelung des Gebietes von Überflutungsereignissen nicht als typische Hartholzaue ausgeprägt.
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15
Schutzziele
Erhaltung und Entwicklung der Hartholz-Auenwälder mit ihrer typischen Fauna und Flora in
ihren verschiedenen Entwicklungsstufen/Altersphasen und in ihrer standörtlichen typischen
Variationsbreite, inklusive ihrer Vorwälder, Gebüsch- und Staudenfluren sowie Waldränder
durch
-
naturnahe Waldbewirtschaftung unter Ausrichtung auf die natürliche Waldgesellschaft
einschließlich ihrer Nebenbaumarten sowie auf alters- und strukturdiverse Bestände
und Förderung der Naturverjüngung aus Arten der natürlichen Waldgesellschaft
-
Vermehrung der Hartholz-Auenwälder auf geeigneten Standorten nach Möglichkeit
durch natürliche Sukzession oder Initialpflanzung von Gehölzen der natürlichen Waldgesellschaft
-
Erhaltung und Förderung eines dauerhaften und ausreichenden Anteils von Alt- und
Totholz, insbesondere von Höhlen- und Uraltbäumen
-
Nutzungsaufgabe zumindest auf Teilflächen und in Kernbereichen
-
Erhaltung/Entwicklung der lebensraumtypischen Grundwasser - und/oder Überflutungsverhältnisse
3.3
Pflanzenarten nach Anhang II der FFH-Richtlinie
Im Worringer Bruch sind gem. Standarddatenbogen (SDB) keine Vorkommen von Pflanzenarten nach Anhang II der FFH-Richtlinie bekannt.
3.4
Tierarten nach Anhang II der FFH-Richtlinie
Die einzige Tierart nach Anhang II (und IV) der FFH-Richtlinie im Worringer Bruch ist gem.
SDB [21] der Kammmolch.
Tabelle 3
Tierarten nach Anhang II FFH-RL
FFH-Art
Wissenschaftl. Name
Kammmolch
Triturus cristatus
Erhaltungszustand (NRW), atlant. Region
günstig (>1000 Vorkommen)
Für die Population des Kammmolches im Worringer Bruch wurde der Erhaltungszustand im
SDB aufgrund der Größe der Population zwar mit „A“, die Isolierung des Lebensraumes jedoch als nachteilig mit „C“ bewertet, so dass die Gebietsbeurteilung für den Kammmolch insgesamt nur bei „B“ liegt.
Der Kammmolch besiedelt alle Typen stehender Gewässer. Ideal sind fischfreie größere, mindestens 70 cm tiefe Wasserflächen mit reicher submerser Vegetation, lehmigen Untergrund
sowie wenig Faulschlamm und Flächen mit guter Besonnung. Gemieden werden hingegen
Fließgewässer und langsam fließende Entwässerungsgräben [23]. Die Wanderbereitschaft
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des Kammmolches ist gering. Die terrestrischen Sommerlebensräume (angrenzende strukturreiche Laubwälder) liegen meist in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Reproduktionsgewässern. Winterquartiere sind frostfreie, meist unterirdische Hohlräume wie Keller, Stollen, Steinhaufen, Wurzelhohlräume, Baumstubben. Die Art hat im Freiland eine Lebenserwartung von
bis zu 17 Jahren. In Gefangenschaft erreichten Tiere ein Höchstalter von 28 Jahren [23]. Das
ist für Amphibien eine relativ hohe Lebenserwartung.
Im Worringer Bruch sind in den Jahren 1993, 1995 und 1996 nur Einzeltiere (meist an Land)
aufgefunden worden [27]. In dieser Zeit waren die Grundwasserstände im Bruch extrem niedrig, d.h. das Angebot an Laichplätzen war gering. In Jahren mit hohen Grundwasserständen
im Bruch sind dagegen zahlreiche Tiere beobachtet worden.
Öznur untersuchte im Rahmen einer Diplomarbeit im Jahre 2001 [31] die Populationsökologie
des Kammmolchs im Worringer Bruch. Dabei wurden ca. 2000 Individuen gefangen und markiert. Die Fang-Wiederfang-Methode führte nur zu einer geringen Anzahl von wiedergefangenen Individuen. Die Schätzung aufgrund dieser Ergebnisse (ca. 40-50.000 Individuen) muss
daher als relativ unsicher eingestuft werden. Für das Jahr 2001 kann jedoch eine MindestPopulationsgröße von mehreren Tausend Individuen als gesichert gelten. Einzelne Trockenjahre können sich positiv auf den Bestand auswirken, da dann ein potenziell möglicher Fischbestand im Gewässer deutlich dezimiert wird und die Verluste durch Prädation gering sind. Als
optimale Häufigkeit der Austrocknung gilt einmal alle 10 Jahre (ODHAM ET. AL., zitiert in [31]).
Ergebnis der Amphibienkartierungen 2003 und 2008
Der Kammmolch wurde auch 2003 und 2008 fast flächendeckend in allen untersuchten Gewässern innerhalb des Bruchs festgestellt. Aufgrund dieser hohen Nachweisdichte muss weiterhin von einer bedeutenden Population ausgegangen werden. Der Landlebensraum der Population erstreckt sich vermutlich über das gesamte Schutzgebiet und nördlich auch darüber
hinaus (Geschützter Landschaftsbestandteil). Der Bestand ist als größte Population zumindest
für den Kölner Raum, wahrscheinlich aber weit darüber hinaus eingestuft worden (LANUV,
ULB Köln, Amphibienexperten).
Schutzziele [21]
Erhalt einer (kopfstarken) Kammmolch-Population durch Schutz der aquatischen und terrestrischen Lebensräume durch
-
Schutz der Laichgewässer in ihrem jetzigen Zustand (kein Fischbesatz)
-
Erhalt und ggf. Extensivierung der umgebenden Acker- oder Grünlandflächen als
Sommerlebensraum für die Population
-
Erhalt der angrenzenden Waldflächen als Winterquartier für die Population
-
Vermeidung von Strukturveränderungen
-
Erhalt und Entwicklung von Wanderstrukturen wie Waldsäume und andere bandförmige Biotoptypen (Raine, Gräben, Hecken) als Verbindungselemente zu vorhandenen
Gewässerkomplexen (überwiegend außerhalb des FFH-Gebietes)
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Der Worringer Bruch hat für den Kammmolch eine überragende Bedeutung für das gesamte
Niederrhein-Gebiet. Zur Sicherung der Kammmolch-Population sind daher die Laichgewässer
(einschließlich der periodisch wasserführenden Gräben und Tümpel) und die angrenzenden
Landlebensräume unbedingt zu erhalten. Der natürliche Wechsel von Jahren mit hohen
Grundwasserständen und Jahren mit tiefen Grundwasserständen trägt langfristig zur Stabilisierung der Populationsgröße bei.
3.5
Im Standarddatenbogen (SDB) aufgeführte Vogelarten
Der SDB nennt vier Vogelarten für den Worringer Bruch. Alle Arten sind Zugvögel und werden
mit Angaben zu den Arten [36] in der folgenden Tabelle 4 aufgeführt:
Tabelle 4
Für das Gebiet relevante Vogelarten
Wissenschaftlicher ErhaltungsName
zustand *
U
Wespenbussard Pernis
Art
Circus
VS-RL 79/409/EWG
Anhang I
U
UÈ
Brutvogel
VS-RL 79/409/EWG
Art.4 Abs.2
G
Brutvogel
VS-RL 79/409/EWG
Art.4 Abs.2
aeruginosus
Pirol
Oriolus
oriolus
Nachtigall
Luscinia megyrhynchos
Schutzstatus
starker
Brutverdacht, auch
Nahrungsgast
als Brutvogel
zuletzt 1995
bestätigt, als
Nahrungsgast
1996
apivorus
Rohrweihe
Status im
Gebiet
VS-RL 79/409/EWG
Anhang I
* Erhaltungszustand gem. Broschüre des MUNLV NRW „Geschützte Arten in Nordrhein-Westfalen. Vorkommen, Erhaltungszustand, Gefährdungen, Maßnahmen“ (12/2007):
Legende zum Erhaltungszustand: U = ungünstig, U È = ungünstig / sich verschlechternd, G = günstig
3.5.1
Wespenbussard
Der Wespenbussard lebt in reich strukturierten Landschaften mit alten Laubholzwäldern, die
sich mit Lichtungen, Wiesen und Feldern abwechseln. Seinen Horst baut er auf hohen Bäumen an Waldrändern und in Feldgehölzen oder Auwäldern in einer Höhe von 15-20 m. Die
Nahrungssuche nach Insekten (Wespen-, Hummellarven und –puppen) findet über offenem
Land aber auch im Wald auf Lichtungen usw. statt. Einen großen Teil seiner Nahrung besteht
aus bodenbewohnenden Wirbellosen, die er zu Fuß am Boden jagt. In Zeiten von Insektenmangel ernährt er sich alternativ auch von Fröschen und Reptilien. Seine Reviergröße richtet
sich sehr stark nach dem Nahrungsangebot und kann zwischen 300 und 1500 ha betragen
[37]. Als Zugvogel verbringt er den Winter in Afrika. Wichtig sind für ihn ungestörte Brutmög-
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lichkeiten [1]. Der Gesamtbestand ist in den letzten Jahrzehnten rückläufig und wird auf unter
350 Brutpaare in NRW geschätzt (2000-2006). Regionaler Verbreitungsschwerpunkt liegt in
den Parklandschaften des Münsterlandes [36].
Schutzziele [21]
Die Schutzziele entsprechen denjenigen für Erlen-Eschenwälder und Weichholzauwälder an
Fließgewässern, die gleichzeitig für Wespenbussard, Nachtigall und Pirol gelten.
Der Wespenbussard wurde im Zeitraum 1996 bis 2001 als Nahrungsgast im Worringer Bruch
kartiert, in 2002 / 2003 bestand Brutverdacht, ein Horst konnte jedoch nicht sicher nachgewiesen werden [34]. Auch für den nachfolgenden Zeitraum 2004-2009 wurde das Vorkommen
des Wespenbussards im Bruch regelmäßig registriert, ohne dass ein Horst lokalisiert werden
konnte [19].
3.5.2
Rohrweihe
Die Rohrweihe gehört nach SDB zu den Brutvögeln des Worringer Bruchs. Darüber hinaus
liegen keine Hinweise auf aktuelle Sichtungen vor, die letzten Nachweise stammen aus den
Jahren 1995 als Brutvogel und 1996 als Nahrungsgast [19].
Die Rohrweihe lebt in Seenlandschaften und Flussauen mit Verlandungszonen, sie benötigt
großflächige Schilfröhrichte als Brut- und Jagdhabitate. Im norddeutschen Tiefland ist die Art
häufiger als im Süden. Das Nest wird im hohen Schilf über dem Wasser oder zwischen
Sumpfpflanzen am Boden angelegt, ganz selten auch auf Wiesen mit extensiver Nutzung oder
in schmalen Schilfstreifen an Gräben. Unterschiedliche Quellen belegen, dass sowohl Mehrfachnutzung des ca. 80 cm breiten Horstes wie auch jährlicher Neubau vorkommt. Die Familie
verbleibt auch nach dem Flüggewerden der Nestlinge im Brutgebiet.
Gejagt werden kleinere Säugetiere und Vögel, Reptilien, kleinere Fische, Amphibien, ebenso
Eier und Jungvögel aus Nestern [1].
Die Rohrweihe ist ein Langstreckenzieher und kommt Anfang März aus Afrika zurück und belegt ihr Revier. Bei milder Witterung beginnt ab Anfang April die Brut. Im September beginnt
der Zug nach Afrika. Rohrweihen sind territoriale Raubvögel, die Reviergrößen von mind.
800 ha (bei sehr günstigen Bedingungen) bis zu 1.000 ha beanspruchen. Als Balzplätze fungieren schon Röhrichtbestände ab 300 m² [1].
Der Gesamtbestand der Art liegt in NRW bei 110-120 Brutpaaren (2002-2006) mit Verbreitungsschwerpunkten in der Hellwegbörde, Lippeaue sowie im Münsterland [36].
Schutzziele [21]
-
Schutz der ausgedehnten Primärröhrichte in dem Altarm des Rheins durch:
-
Entwicklung und Revitalisierung von Röhrichten
-
Stabilisierung des Wasserhaushaltes, Wiederherstellung der Überflutungsdynamik
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-
Reduzierung des Stickstoff- und Pestizideintrages in das Gewässer
-
Lenkung der Freizeitnutzung
3.5.3
19
Pirol
Der Pirol ist ein typischer Bewohner der Auwälder der Niederungen. Nicht selten brütet er
auch in Pappelforsten und anderen Laubwäldern auf feuchten Standorten. Die Art brütet nur
einmal zwischen Mai und Juni, bevorzugt in Astgabeln hoher Bäume in bis zu 20 m Höhe. Als
Zugvogel tritt er nur im Sommer in Erscheinung. Als Nahrung jagt er vor allem Insekten, im
Sommer nimmt er auch Früchte auf. Ein Brutrevier ist zwischen 7 und 50 ha groß. Der Bestand, in NRW nur im Tiefland vorkommend, ist vor allem durch hohe Verluste auf dem Zug
und im Winterquartier stark rückläufig und wird im Zeitraum 2000-2006 in NRW auf unter
1.000 Brutpaare geschätzt [36].
Schutzziele [21]
Die Schutzziele entsprechen denjenigen für Erlen-Eschenwälder und Weichholzauenwälder
an Fließgewässern, die auch für Wespenbussard, Nachtigall und Pirol als typische Brutvögel
aufgestellt wurden.
Der Pirol ist im Zeitraum 1996-2009 als regelmäßiger Brutvogel im Worringer Bruch registriert
worden, 2003 wurden ca. 5 Brutreviere nachgewiesen.[19]. Mehrere Brutpaare wurden auch
im Rheinvorland (NSG „Rheinaue Worringen-Langel“) sowie ein Brutpaar im NSG „Ziegelei“
gezählt.
3.5.4
Nachtigall
Die Nachtigall lebt in Laub- und Mischwäldern mit dichtem Unterholz sowie in verwilderten
Gärten und Parks. Wichtig sind ausreichend große Gebüschgruppen zum Nisten und zum
Verstecken für die Jungen. Die Spitzen der Sträucher nutzen die Männchen als Singwarte. In
sehr dichten Wäldern fehlt die Art. Ideal ist ein Strauchanteil von 40-45% im Revier. Das Nest
wird am Boden oder wenig darüber in dichtem Buschwerk versteckt [1]. Für die Nahrungssuche benötigt die Art Flächen mit fehlender oder sehr schütterer, krautiger Vegetation. Die Vögel verbringen daher bei der Nahrungssuche die meiste Zeit auf Bodenflächen unter Sträuchern. Die Art ist ein Langstreckenzieher, mit einer Brut zwischen April und Juni. Die Brutreviergröße liegt zwischen 0,2 und 2 ha.
In Nordrhein-Westfalen ist die Nachtigall im gesamten Tiefland sowie in den Randbereichen
der Mittelgebirge noch weit verbreitet, fehlt jedoch in den höheren Mittelgebirgslagen. Die Bestände sind seit einigen Jahrzehnten großräumig rückläufig, wofür vor allem Lebensraumveränderungen sowie Verluste auf dem Zug und in den Winterquartieren verantwortlich sind. Der
Gesamtbestand wird in NRW auf etwa 11.000 Brutpaare geschätzt ([36]).
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20
Schutzziele [21]
Die Schutzziele entsprechen denjenigen für Erlen-Eschenwälder und Weichholzauenwälder
an Fließgewässern, die auch Wespenbussard, Nachtigall und Pirol als typische Brutvögel einbeziehen.
Im Worringer Bruch wurden 2003 bei der systematischen Brutvogelkartierung mindestens 3
Brutpaare nachgewiesen [34]. In den 1990er Jahren wurden dagegen mehr als 15 Brutpaare
vermutet [19], der Bestand hat demnach deutlich abgenommen. Die Nachtigall kommt aber
weiterhin als regelmäßiger Brutvogel im Randbereich des Bruchs vor.
4
Auswirkungen des Vorhabens auf Lebensräume und Arten
Als Wirkfaktoren und -prozesse zu definieren sind sowohl die eindeutig erkennbaren als auch
potentiell mögliche bzw. nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auszuschließende Faktoren und Prozesse, die mit dem Vorhaben verbunden sind.
4.1
Wirkfaktoren und Wirkprozesse
Baubedingte Auswirkungen
•
Lärm und Immissionen während des Baus der Hochwasserschutzanlagen am nördlichen
Rand des FFH-Gebietes (Brombeergasse)
•
Lärm und Immissionen während des Baus von Schutzbauwerken am westlichen Rand des
FFH-Gebietes (Mauer/Spundwand im Ortsbereich Roggendorf/Thenhoven, Absperreinrichtung am Pletschbachzulauf in den Bruch im Bereich der Straßenquerung)
•
kleinflächige Beanspruchung des FFH-Gebietes durch Betreten, ggfs. auch Befahren im
Randbereich der Schutzbauwerke
•
Gefährdung von Individuen des Kammmolches bei Räumung des Baufeldes
•
Zerschneidung der (Kammmolch-)Habitate innerhalb und außerhalb des FFH-Gebietes
•
Flächeninanspruchnahme von Habitaten des Kammmolchs außerhalb des FFH-Gebietes
Anlagenbedingte Auswirkungen
•
geringer randlicher Flächenverlust des FFH-Gebietes durch Schutzbauwerke (Fangedamm mit Querungshilfen für Tiere), HW-Schutzwand Roggendorf/Thenhoven)
•
kein direkter und dauerhafter Flächenverluste von Lebensraumtypen nach Anh. I FFH-RL
•
dauerhafter Flächenverlust von angrenzenden Habitaten des Kammmolches außerhalb
des FFH-Gebietes (im Geschützten Landschaftsbestandteil)
•
Zerschneidung funktional zusammenhängender Biotopkomplexe innerhalb- und außerhalb
der FFH-Gebietes (Minderung durch Herstellung von Amphibien- / Kleintierdurchlässen im
Bereich der Brombeergasse) und durch Querungshilfen für größere Säugetiere
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21
Betriebsbedingte Auswirkungen
•
Im Betriebsfall wird das FFH-Gebiet vollständig überstaut. In der Folge werden nicht fluchtfähige Tiere, zu deren Schutz das Schutzgebiet ausgewiesen worden ist (Kammmolch, im
Frühjahr/Sommer Nester der bodenbrütenden Rohrweihe und der gebüschbrütenden
Nachtigall) geschädigt. Es kann nach Ablauf des Wassers zu mehr oder weniger starken
Veränderungen innerhalb der Lebensraumtypen nach Anh. I durch Absterben von Sträuchern, Bäumen und der Bodenvegetation, Änderung der Standortbedingungen durch Eintrag von Nährstoffen und Feinsedimenten sowie zum Verbleib von eingeschwemmten Fischen aus dem Rhein kommen, die als Prädatoren die Populationen vieler Wasserlebewesen beeinflussen können.
•
Die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten eines Betriebsfalls liegt statistisch betrachtet bei
weniger als einmal in etwa 200 Jahren, d.h. die Flutung erfolgt nur bei einem Hochwasser
>11,90 m KP. Die maximale Einstauhöhe liegt bei NN+43 m. Die maximale Überstauhöhe
im Bruchbogen beträgt demnach bis zu 7 m, wenn vom derzeitigen mittleren
(Grund)wasserstand im Bruch von NN+36 m ausgegangen wird. Beginnt der Wasserstand
im Polder nach einem Einstau wieder zu fallen und erreicht einen Pegelstand von
NN+39 m, wird der Absperrschieber im Fangedamm geöffnet, der Abfluss des Wassers
erfolgt über den Düker und das Pletschbachbett bis zum Durchlass an der B 9. Das
Pumpwerk Pletschbach wird in Betrieb genommen und so lange betrieben, bis der Wasserstand auf <NN +38 m gefallen ist (= Wasserstand, der nicht mehr zur Überstauung von
Flächen außerhalb des Bruchbogens führt). Es wird von einer Pumpdauer von ca. 15 Tagen ausgegangen. Der Einstau kann demnach unter ungünstigen Umständen mehrere
Wochen betragen. Eine genaue Dauer kann nicht vorausgesagt werden, da diese vom
Rheinwasserstand bzw. dem Verlauf der Hochwasserwelle abhängt.
4.2
Maßnahmen zur Schadensbegrenzung (Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen)
Die Berücksichtigung von Maßnahmen zur Schadensbegrenzung (Maßnahmen, die auf eine
Minimierung oder Aufhebung der negativen Auswirkungen eines Projektes abzielen) kann
dazu führen, dass die Auswirkungen auf ein betroffenes Gebiet nicht (mehr) als Beeinträchtigungen bzw. erhebliche Beeinträchtigungen festgestellt werden müssen (vgl. [14]).
Maßnahmen in der Planungsphase:
Nach Ermittlung der Betroffenheit des FFH-Gebietes im Rahmen der Vorplanung wurden folgende Anpassungen zur Vermeidung und Verminderung des Eingriffs vorgenommen:
•
Optimierung der Bauwerkstrasse und Bauwerksgestaltung, so dass ein Flächenverlust von Lebensraumtypen nach Anhang I FFH-RL nunmehr vollständig vermieden werden
kann.
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•
22
Herstellung von Durchlässen im Fangedamm und von Querungshilfen
Zur Verminderung der Auswirkungen, die eine vollständige Trennung der TeilLebensräume nördlich und südlich der Brombeergasse mit sich bringen würde, ist die Herstellung von mehreren Amphibien- und Kleintierdurchlässen sowie von Querungshilfen
(Rampen) für größere Tiere vorgesehen.
Der Verinselung der (kleinen) Teilpopulation des Kammmolches nördlich des geplanten
Fangedamms (Brombeergasse) und der damit verbundenen Gefahr für die dauerhafte
Trennung der Teilpopulation wird wirkungsvoll begegnet.
Es wird zudem eine Wiederbesiedelung über die Amphibiendurchlässe aus dem Bereich
nördlich des Fangedamms ermöglicht, weil dieser Bereich bei Einsatz des Polders nicht
mit überstaut wird.
Geplante Maßnahmen vor und während der Bauphase
•
Baumaßnahmen im Nahbereich von Wald- und Gebüschflächen werden so weit wie möglich auf Zeiträume außerhalb der Brutzeiten begrenzt
•
Zum Schutz von Höhlenbrütern (Vögeln und Fledermäusen) erfolgt eine Kontrolle aller
älteren Bäume vor ihrer Rodung; rechtzeitig vor der Rodung werden Nisthilfen aufgehängt
•
Das Betreten oder Befahren des Schutzgebietes durch Bauarbeiter und Baufahrzeuge
wird durch geeignete Maßnahmen und Kontrollen unterbunden
•
Das Baufeld wird mit einem Amphibienzaun abgesperrt
•
Bäume in der Nähe des Baufeldes erhalten Stamm- und Wurzelschutz
•
Frühzeitige Entwicklung von Kammmolch-Lebensräumen (E 1)
Bei Flutung des Polders sind alle Flächen innerhalb des FFH-Gebietes, die zum Lebensraum des Kammmolches gerechnet werden, mehrere Meter hoch über einen längeren
Zeitraum überstaut. Zur Verminderung dieser potenziell erheblichen Beeinträchtigung ist
vorgesehen, eine 3,8 ha große Ackerfläche, die sich außerhalb von negativen Projektwirkungen befindet und direkt an den Worringer Bruch angrenzt, so zu gestalten und zu entwickeln, dass sie als Habitat zur Fortpflanzung sowie als Sommer- und Winterquartier für
diese Art sowie weitere im Gebiet vorkommende Amphibien geeignet ist (vgl. Beschreibung in Kap. 5.6).
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23
4.3
Beurteilung der vorhabensbedingten Beeinträchtigungen unter Berücksichtigung der schadensbegrenzenden Maßnahmen
4.3.1
Lebensraumtypen des Anhang I FFH-RL
Im Folgenden werden die nicht vermeidbaren Auswirkungen gem. der Fachkonventionsvorschläge des Bundesamtes für Naturschutz [4] abgeprüft:
Baubedingte Beeinträchtigungen
Durch Optimierung der Trasse und Optimierung der Abläufe während der Herstellung des
Fangedammes und der HW-Schutzmauer im Bereich der Bahnunterführung sowie Verlegung
aller bauzeitlich beanspruchten Flächen auf Bereiche außerhalb von definierten Lebensraumtypen erfolgt keine baubedingte bzw. bauzeitliche Beanspruchung von LRT nach Anh. I FFHRL.
Anlagebedingte Beeinträchtigungen
Es erfolgt kein direkter und dauerhafter Entzug (Überbauung / baubedingte Schädigung) von
Flächen des FFH-Gebietes, die als Lebensraumtypen (LRT) definiert sind.
Betriebsbedingte Beeinträchtigungen
Die im Gebiet vorkommenden LRT werden bei Flutung des Polders statisch betrachtet einmal
in etwa 200 Jahren temporär in ihrer gesamten Ausdehnung überstaut. Es handelt sich um
keinen direkten und dauerhaften Flächenentzug, erhebliche Auswirkungen auf die Erhaltungsziele der Lebensraumtypen und Arten des Gebietes sind jedoch im Betriebsfall nicht auszuschließen.
Die tiefliegendsten Bereiche sind im Betriebsfall am längsten von einem Einstau betroffen. In
diesen Bereichen befinden sich die Wasserflächen (LRT 3150) und angrenzend die Röhrichte,
auf den leicht höher gelegenen Flächen stocken die im SDB als Erlen-Eschen- und Weidenauenwälder (LRT *91E0) eingestuften Gehölzbestände. Durch die zeitweise hohen Grundwasserstände im Bruch in früheren Jahren sind Erlen und Eschen überwiegend abgestorben,
und Weiden(-gebüsche) haben sich ausgebreitet.
Ellenberg [11] hat den Baumarten Zeigerwerte zugeordnet, die Hinweise auf ihre Toleranz
gegenüber einem Einstauereignis geben können:
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Tabelle 5
24
Zeigerwerte der Baumarten der LRT nach Ellenberg
Baumart
Vorkommen in
(LRT)
Feuchte-
Erläuterung Feuchtezahl
Zahl *
(nach [12] )
Erle
Alnus glutinosa
*91E0,
91F0, 9160
9
Nässezeiger, Schwergewicht
auf oft durchnässten luftarmen
Böden, Überschwemmungszeiger
Esche
Fraxinus exelsior
*91E0,
91F0, 9160
X
indifferente Ansprüche an die
Bodenfeuchte
Silberweide
Bruchweide
Salix alba
Salix fragilis
*91E0
8
zw. 7 Feuchtezeiger u. 9 Nässezeiger stehend, Überschwemmungszeiger
Traubenkirsche
Prunus padus
*91E0,
91F0, 9160
8
zw. 7 Feuchtezeiger u. 9 Nässezeiger stehend
Eiche
Quercus robur
91F0, 9160
X
Indifferente Ansprüche an die
Bodenfeuchte
HybridPappeln
Populus x canadensis
*91E0,
9160
k.A.
Berg-Ahorn
Acer pseudoplatanus
*9160
6
Erläuterung:
Neophyt, daher keine Angaben
Frische- bis Nässezeiger
* Feuchtezahl (F) von 1-12: Starktrockenheitszeiger (1) bis Unterwasserpflanze(12)
X = indifferentes Verhalten der Art
Grundsätzlich muss berücksichtigt werden, dass die Baumarten der Aue im ökologischen Optimum schon hohe Feuchtewerte aufweisen. Betrachtet man jedoch das physiologischen Optimum, so haben die Arten teilweise eine noch größere Standort-Amplitude bezüglich der
Feuchtebedingungen und daraus resultierend auch eine hohe Toleranz gegenüber extremen
Ereignissen wie einem längeren Einstau, wie sie der natürlichen Auedynamik entsprechen.
Die größte Toleranz gegenüber einer Überflutung (mit fließendem Wasser) weisen Weiden
(und Pappeln) auf, sie können u. U. wochen- und monatelang untergetaucht überleben [29].
Nach [11] sind „alle Pflanzen und Pflanzengesellschaften, die in der Flußaue leben, stark
wechselnden und teilweise völlig unberechenbaren Bedingungen ausgeliefert. Die meisten
von ihnen sind fähig, eine zeitweilige Überflutung ohne Dauerschaden zu überstehen oder
sich nach einer solchen rasch zu regenerieren (…). Gerade den Pflanzen der Flußaue können
Trockenperioden unter Umständen mehr schaden als die „normalen“ Überschwemmungen“.
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25
Da es sich bei den betroffenen Lebensraumtypen *91E0, 91F0 und 9160 im Worringer Bruch
nicht um natürlicherweise vom Rhein frei überflutete Bereiche handelt, kann ein Einstau kurzfristig betrachtet zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Lebensraumtypen bzw. Baumarten
führen.
Weil jedoch mit einem solchen Ereignis nur extrem selten ( >HQ 200) zu rechnen ist, kann
a)
aufgrund des äußerst langen Wiederkehrintervalls und
b)
der im Verhältnis dazu relativ kurzen Regenerationsspanne der betroffenen Vegetationseinheiten
nach menschlichem Ermessen die Auswirkung einer Überflutung im Istzustand von den Auswirkungen im Betriebsfall nicht in hinreichendem Maße differenziert werden. In beiden Fällen
handelt es sich um die Folgen einer Naturkatastrophe, die nicht irreversibel sind, weil sich
ähnliche Bestände im Zeitablauf wieder entwickeln können. Betriebsbedingte erhebliche Auswirkungen auf die LRT können demnach zwar nicht ausgeschlossen werden, sie sind jedoch
vor diesem Hintergrund zu bewerten.
Bei der Prüfung der Beeinträchtigungen, die mit der Überflutung des Gebietes zusammenhängen, sind die Auswirkungen des Vorhabens der Sachlage gegenüberzustellen, die sich ohne
das Vorhaben ergibt. Durchgeführte Deichertüchtigungen sind dabei grundsätzlich als eigenständiges Projekt zu werten und mit den Auswirkungen einzustellen, die es nach seiner
Durchführung hat.
Im Betriebsfall wird das gesamte FFH-Gebiet vollständig eingestaut. Die maximale Einstauhöhe beträgt 43 m NN. Die maximale Höhe des Wasserspiegels im Worringer Bruch lag in den
letzten 10 Jahren bei 37 mNN. Die LRT 3150 und 91E0* werden 6,5 - 8 m hoch, die LRT 91F0
und 9160 bis zu 5 m hoch eingestaut. Da der Retentionsraum ausschließlich als Notfallpolder
geplant ist, der nur bei einem extremen Hochwasser (>200 jährl. Ereignis) zum Einsatz
kommt, wird das FFH-Gebiet - ebenso wie alle übrigen Flächen und Nutzungen innerhalb des
Polders - nur im Falle einer durch andere Maßnahmen nicht abwendbaren Naturkatastrophe
betroffen sein.
Es kann allerdings nicht ausgeschlossen werden, dass es durch das betriebsbedingte Überfluten zu unverträglichen Auswirkungen auf den LRT *91E0 kommt. Auch für die nicht prioritären
LRT 9160 und 91F0 können im ungünstigsten Fall (worst-case) erhebliche Beeinträchtigungen
nicht ausgeschlossen werden. Für den Lebensraumtyp 3150 ist mit einer Beeinträchtigung der
sub- und emersen Vegetation sowie einer Veränderung der Wasserqualität/Wasserchemie zu
rechnen.
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4.3.2
26
Beeinträchtigung von Tierarten gem. Anhang II FFH-RL
Der Fangedamm wird im Bereich eines großflächigen Kammmolch-Habitates (Jahreslebensraum) gebaut. Der Lebensraum der Population erstreckt sich wahrscheinlich über die gesamte
Fläche des FFH-Gebietes. Bei einer Begehung im Frühjahr 2010 wurde von einem örtlichen
Amphibienexperten auch ohne Sichtnachweis von Individuen die Fläche jenseits des zukünftigen Fangedamms, also außerhalb des FFH-Gebietes (Geschützter Landschaftsbestandteil),
als potenzieller Lebensraum des Kammmolchs eingeordnet. Bei hohen Grundwasserständen
entstehen auch nördlich des Fangedamms temporär wassergefüllte Tümpel, die als Laichgewässer dienen könnten. Der Grundwasseranstieg wird durch den Fangedamm nicht verhindert, weil trotz der Spundwände weiterhin ein Grundwasseraustausch stattfinden wird.
Generell kann es sich bei dieser Fläche nur um einen kleinen Teillebensraum handeln. Die
dort befindlichen Individuen sind jedoch als Lokalpopulation anzusprechen, auch wenn es sich
um eine kleinere Anzahl von Tieren handelt.
Die Betroffenheit der nach Anhang II geschützten Tierart Kammmolch wird unter Bezugnahme auf die innerhalb und außerhalb des FFH-Gebietes vorhandenen Habitate wie folgt eingeschätzt:
Baubedingte Beeinträchtigungen
Habitate des Kammmolches sind bauzeitlich außerhalb des Schutzgebietes durch den Baustreifen nördlich des Fangedammes von bis zu 8,00 m Breite betroffen. Dieser Baustreifen ist
erforderlich, um Material und Maschinen/Geräte während der Herstellung des Fangedammes
anzuliefern. Vorhandene Wege innerhalb des FFH-Gebietes werden nicht als Zufahrten o.ä.
benutzt. Das Baugerät, das die Spundwände in den Boden einbringt, bewegt sich auf der
Trasse des Fangedammes. Baugeräte werden ggfs. mittels Kran vom Baustreifen aus in den
Baubereich gehoben. Das Material für die Anrampung in der Nähe des Dükers (Pletschbachquerung) sowie derjenigen am Erdweg (beide als Querungshilfen für größere Säugetiere) wird
weitestgehend vom Fangedamm aus angeschüttet und verdichtet. Dieses Vorgehen minimiert
den bauzeitlichen Eingriff stark. Nach Abschluss der Bauarbeiten wird der Baustreifen rekultiviert und steht dann wieder als Kammmolch-Habitat zur Verfügung.
Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein Verlust von Individuen bei der Baufeldräumung eintritt. Die Tiere überwintern meist in morschen Baumstämmen, Nagerbauten, Teichdämmen, Erdhöhlen, Kellern und Steinhaufen [23] in den an die Laichgewässer angrenzenden
Wäldern, meistens im Abstand bis zu 100 m; es sind jedoch auch Entfernungen bis zu 250 m
üblich. Kammmolche gehören zu den weniger wanderungsfreudigen Amphibienarten. Da es
sehr schwer ist, überwinternde Tiere zu finden, ist ein gezieltes Aufsammeln nicht erfolgversprechend. Stattdessen soll die Wanderung der Tiere in das Baufeld durch rechtzeitiges Aufstellen eines Amphibienzaunes (im August) so weit wie möglich verhindert werden (vgl. Verminderungsmaßnahmen, Kap. 4.2). Innerhalb des Baufeldes müssen die Tiere in eingegrabenen Eimern gesammelt und jenseits des Bauzaunes wieder ausgesetzt werden. Während
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der Wanderungsphase der Kammmolche muss eine tägliche Kontrolle der Eimer gewährleistet
werden. Der Zaun bleibt bis zum Ende der Bautätigkeit bestehen.
Anlagenbedingte Auswirkungen
•
Zerschneidung des Lebensraumes (Trennwirkung zum nördlich an das FFH-Gebiet angrenzenden Geschützten Landschaftsbestandteil), die jedoch durch die Herstellung von
Amphibientunneln (und Querungshilfen für größere Tiere) gemindert wird.
•
Inanspruchnahme von Kammmolch-Lebensraum außerhalb des FFH-Gebietes durch den
Fangedamm.
Der Fangedamm führt zur Zerschneidungen der Lebensräume. Potenzielle Wanderungen und
damit ein Genaustausch zwischen den Habitaten innerhalb und außerhalb des Schutzgebietes
werden unterbunden.
⇒ Beeinträchtigung des Schutzziels: Erhalt und Entwicklung von Wanderstrukturen
wie Waldsäume und andere bandförmige Biotoptypen (Raine, Gräben, Hecken) als
Verbindungselemente zu vorhandenen Gewässerkomplexen (überwiegend außerhalb
des FFH-Gebietes)
Verluste in normalerweise ungenutzten, aber zu durchwandernden Flächen zwischen Teilhabitaten sind für die Arten in der Regel nicht direkt relevant, in den meisten Fällen aber mit weiteren Wirkfaktoren bezüglich Barriereeffekten und Mortalität verbunden, die eigenständig zu
bewerten sind [4]). Eine Erhöhung der Mortalität ist durch den Fangedamm ist jedoch nicht
gegeben.
Die Trennwirkung durch den Damm wird grundsätzlich als erhebliche Beeinträchtigung des
Austauschs zwischen zwei Populationen eingestuft. Daher sind Maßnahmen zur Minimierung
der Trennwirkung erarbeitet worden:
Maßnahme zur Schadensbegrenzung (siehe auch Kap. 4.2)
Es werden mehrere (2-4 Stück) Amphibiendurchlässe hergestellt, die die Trennwirkung zum
Geschützten Landschaftsbestandteil verringern sollen. Die genaue Lage der Amphibientunnel
wird vor Ort mit Experten festgelegt. Derzeit ist diese (potenzielle) Wanderroute deutlich vorbelastet, weil die Kanaltrasse erhöht im Gelände liegt sowie relativ häufig von Spaziergängern
benutzt wird.
Aus verschiedenen Effizienzkontrollen [22] geht hervor, dass Molche (Straßen-)Tunnel nicht
so häufig passieren wie z. B. Erdkröten. Sie stellen höhere Ansprüche an das Sohlsubstrat
(möglichst Laub-Erdsohle) und benötigen eine deutlich V-förmige Hinleitung zum Tunneleingang. Laut durchgeführter Funktionskontrollen im Auftrag des Landesbetrieb Straßen und
Verkehr Rheinland-Pfalz [22] passieren ca. 17% der Tiere einen Tunnel und die restlichen
83% versuchen erfolglos, die Leitblenden, die zum Schutz der Tiere vor dem Straßenverkehr
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aufgestellt werden, zu überklettern und/oder kehren um. Neuen Erkenntnissen nach werden
rechteckige Durchlässe von Kammmolchen besser angenommen als Röhrenförmige.
Um die Durchwanderungsrate zu erhöhen, kommen im Fangedamm sehr breite Durchlässe
(2 m x 1 m) zum Einsatz. Die Breite von 2 m liegt deutlich über den im MAmS [5] empfohlenen
Mindestabmessungen von 1 m x 0,75 m für rechteckige Durchlässe (bis 20 m Durchlasslänge). Die großzügig gewählte Breite soll die Durchwanderungsquote von 17% erhöhen. Zusätzlich soll die Sohle so ausgeführt werden, dass auch kleinere Äste, Laub und Erde auf der Sohle des Durchlasses eingebracht werden, um eine bessere Annahme durch die Kammmolche
zu fördern. Die Schieberaussparung am Tunneleingang wird mit einer für Amphibien geeigneten Abdeckung versehen, um sie für die Tiere passierbar zu machen. Bei Einsatz des Retentionsraumes werden die Abdeckungen vor Betätigung der Schieber entfernt und nach Ablauf
des Wassers wieder aufgelegt.
Es wird nicht davon ausgegangen, dass die Tunnel die Trennwirkung des Fangedammes vollständig kompensieren. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass Amphibienleiteinrichtungen nur zu
einer Minderung der Zerschneidung von Wanderkorridoren führen können. Es werden auch im
optimalen Fall immer Tiere durch Rückwanderung nach Ankunft an der Leiteinrichtung bzw.
durch ein erhöhtes Prädationsrisiko für die Reproduktion verloren gehen.
Die Auswirkungen des Fangedamms außerhalb des Schutzgebietes führen zur Beeinträchtigung des Schutzziels Erhalt (…) von Wanderstrukturen (…) zu vorhandenen Gewässerkomplexen (die ganz überwiegend innerhalb des FFH-Gebietes liegen). Eine Minimierung des
Trenneffekts findet jedoch durch die Tunnel statt, da mit einer Durchwanderungsrate von über
17% gerechnet wird. Die verbleibende Beeinträchtigung wird als nicht erheblich eingeschätzt.
Betriebsbedingte Auswirkungen
Die innerhalb des FFH-Gebietes vorkommenden Kammmolchhabitate werden bei Flutung des
Polders temporär (bis zu mehreren Wochen) in ihrer gesamten Ausdehnung überstaut mit
folgenden potenziellen Auswirkungen:
-
Verdriftung von Amphibienlaich, Amphibienlarven und adulter Tiere
Veränderung der Biozönose (Eintrag von Fischarten aus dem Rhein), dadurch Erhöhung des Prädationsdrucks für Amphibien und Wasserinsekten (z.B. Libellen als Nahrung für den Kammmolch)
-
Beeinträchtigung amphibischer Vegetationsbestände (z.B. Hottonia palustris, Oenanthe aquatica und Glyceria maxima), die zur Befestigung des Laichs dienen.
Bei den Auswirkungen auf den Kammmolch durch den Einstau sind folgende jahreszeitlich
unterschiedliche Stressfaktoren zu berücksichtigen [30]:
Bei einer Überflutungshöhe von mehreren Metern während der Laichperiode (Februar-Juli)
könnten sich die im Flachwasser abgelegten Eier nicht entwickeln, zudem ist mit einem Ver-
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driften eines erheblichen Teiles der Adulten zu rechnen. Ein Reproduktionsausfall während
einer kompletten Laichperiode und eine zusätzliche erhöhte Sterblichkeitsrate der erwachsenen Tiere würden eine erhebliche Beeinträchtigung darstellen, d.h. den Erhaltungszustand der
Population verschlechtern.
Zudem würden der Zustand sowohl des Landlebensraums als auch der sub- und emersen
Vegetation der Gewässer möglicherweise über einige Jahre verschlechtert, so dass die Beeinträchtigung nachwirken würde.
Bei einer Überflutung nach der Laichperiode, zwischen Juni/Juli und Oktober würden die Tiere
im Landlebensraum betroffen sein. Die möglichen Folgen sind hier schwierig vorherzusagen.
Da die Kammmolche zu dieser Zeit des Jahres in Bezug auf Körperbau und Atmung an den
terrestrischen Lebensraum angepasst sind, könnte eine Überflutung den Verlust von Teilen
der Populationen zur Folge haben.
Eine Überflutung des Gebietes während der Phase der Winterstarre (ca. November bis Anfang Februar) hätte vermutlich ebenfalls letale Auswirkungen auf einen großen Teil der Population. Ein geringer Anteil der Population in Winterstarre überwintert im Wasser (überwiegend
Männchen laut [23], während der Großteil der Tiere im angrenzenden Waldboden überwintert.
Es ist davon auszugehen, dass ein Teil dieser an Land überwinternden Tiere einen Einstau
nicht überlebt. Zwar wurde ein solcher Fall bisher noch nicht untersucht, aber es ist für diesen
Fall von einer erheblichen Beeinträchtigung auszugehen. Dabei ist die Höhe der Überstauung
wahrscheinlich nicht relevant.
Die größte Gefahr für die Kammmolchpopulation könnten gem. [30] jedoch carnivore Fischarten darstellen, wenn sie aus dem Rhein in den Lebensraum des Kammmolches eingeschwemmt würden.
⇒
Beeinträchtigung des Schutzziels : Schutz der Laichgewässer im jetzigen Zustand
(kein Fischbesatz)
Schon das Auftreten einer Fischart wie des Flussbarsches, der in fast allen Fließ- und auch
Stillgewässern überlebensfähig ist, kann eine Kammmolchpopulation von mehreren tausend
Individuen innerhalb von nur zwei Jahren an den Rand des Aussterbens bringen. Erst nach
einem Austrocknen der Laichgewässer im Bruch wäre in einem solchen Fall ein Anwachsen
der Kammmolchbestände wieder möglich.
Erhebliche Beeinträchtigungen der Kammmolchpopulation und eines Kammmolch-Schutzziels
sind im Betriebsfall demnach nicht auszuschließen.
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Ermittlungen zur Erheblichkeit nach [4] innerhalb des FFH-Gebiets
A) Qualitativ-funktionale Besonderheiten
Ein Flächenverlust von essenziellen bzw. obligaten Bestandteilen des Gesamtlebensraumes
der Kammmolchpopulation findet innerhalb des FFH-Gebietes nicht statt.
B) Orientierungswert quantitativ-absoluter Flächenverlust
Das Vorhaben führt zu keinem Flächenverlust von terrestrischen oder aquatischen Habitaten.
C) Orientierungswert quantitativ-relativer Flächenverlust
Der quantitativ-relative Orientierungswert beträgt 16.400 m² (1 % von 164 ha Gesamtfläche
des Worringer Bruchs). Ein Verlust tritt jedoch nicht ein.
D) Kumulation „Flächenentzug durch andere Pläne / Projekte“
Andere Projekte mit flächenentziehenden Auswirkungen auf die Kammmolchhabitate sind
nicht bekannt (vgl. Kap. 4.4).
E) Kumulation mit „anderen Wirkfaktoren“
Weitere Projektwirkungen mit anderen Wirkfaktoren: Überstauung, als betriebsbedingte Auswirkung (s. o.)
Die Erheblichkeit eines betriebsbedingten Einstaus soll vor allem durch die Maßnahme E 1
(Anlage von Tümpeln) vermindert werden. Ein Erlöschen der Population durch eine Flutung
des Retentionsraumes kann, nachdem eine Besiedelung der neu angelegten Laichgewässer
und der umliegenden Grünland- und Gehölzflächen stattgefunden hat, mit hinreichender
Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Juvenile und adulte Tiere aus diesen außerhalb
des Retentionsraumes gelegenen Tümpeln sowie aus dem nicht überfluteten Geschützten
Landschaftsbestandteil nördlich der Brombeergasse können das Worringer Bruch wieder neu
besiedeln.
4.3.3
Beeinträchtigungen von Vogelarten nach Anhang I VSchRL
Für die gebietsrelevanten Vogelarten Rohrweihe, Wespenbussard, Pirol und Nachtigall sind
folgende Auswirkungen ermittelt worden:
Baubedingte Auswirkungen
•
Lärm und Unruhe während der Bauzeit der Hochwasserschutzanlage am nördlichen Rand
des FFH-Gebietes (Brombeergasse)
•
Lärm und Unruhe während der Bauzeit von Schutzbauwerken am westlichen Rand des
FFH-Gebietes (Mauer/Spundwand im Ortsbereich Roggendorf/Thenhoven, Absperreinrichtung am Pletschbachzulauf in den Bruch im Bereich der Straßenquerung L 43)
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•
kleinflächige Beanspruchung des FFH-Gebietes im Randbereich der Schutzbauwerke
•
Evtl. Verlust von Brutbäumen im Baufeld
31
Störungen durch baubedingte Unruhe und Lärm können sich vom Baufeld bis etwas 300 m
Entfernung ergeben. Die stärkste und zeitlich längste Intensität bauzeitlicher Auswirkungen ist
im Bereich des Fangedamms zu erwarten. Der Einbau der Spundwände durch Rammen führt
zu erheblichem Lärm, während Einrütteln nur zu sehr geringer Geräuschbelästigung führt.
Aufgrund der Empfindlichkeit des angrenzenden Schutzgebietes ist vorgesehen, die Spundwände einzurütteln. Jedoch können auch die übrigen Baumaßnahmen im Nahbereich von
Wald- und Gebüschflächen während der Brutzeiten zu erheblichen Störungen und damit ggfs.
zum Verlust einer Brut führen.
Die möglichen Auswirkungen werden im Folgenden nach Vogelart getrennt betrachtet.
Der Wespenbussard ist in den letzten Jahren mit Brutverdacht im südöstlichen Bereiche des
FFH-Gebietes gesichtet worden. Diese abgelegenen Bereiche sind deutlich über 300 m von
den geplanten Baumaßnahmen entfernt. Es wird von keiner direkten Störung des Neststandortes ausgegangen. Da sich das Nahrungshabitat über einen sehr viel größeren Bereich (bis
zu 1500 ha) erstreckt als das UG, ist auch die Nahrungssuche während der Bauausführung
nicht maßgeblich eingeschränkt, da weiterhin sehr große Flächen im Umfeld zur Verfügung
stehen.
Die Rohrweihe ist als Brutvogel schon seit Jahren nicht mehr gesichtet worden. Da sich die
Habitate innerhalb des Bruchs eher ungünstig für die Rohrweihe entwickelt haben wird auch
nicht von einer kurzfristigen Neubesiedelung ausgegangen. Als Nahrungshabitate stehen die
umliegenden Flächen auch während der Bauausführung zur Verfügung und werden aufgrund
der Größe des Jagdrevieres (bis zu 1500 ha) ebenfalls als nicht gefährdet angesehen. Auch
hier wird nicht von einer maßgeblichen Gefährdung durch die baubedingten Auswirkungen
ausgegangen.
Brutreviere des Pirols sind über das gesamte Waldgebiet des Bruchs verteilt. Störungen
durch Baumaßnahmen sind deshalb möglich. Ein potenziell betroffenes Brutpaar könnte jedoch entweder innerhalb des FFH-Gebietes oder in den Bereich des NSG Ziegelei oder ins
Rheinvorland ausweichen, so dass von erheblichen Auswirkungen auf die Art nicht ausgegangen wird.
Die Nachtigall-Brutreviere befanden sich während der Kartierung 2003 weit außerhalb des
Baufeldes am Waldrand des südöstlichen Bruchbogens. Für Gebüsch- und Bodenbrüter sind
diese Bereiche besser geeignet, weil Störungen durch z.B. Spaziergänger mit Hunden hier
kaum zu erwarten sind. Baubedingter Lärm würde keine Auswirkungen auf den Bruterfolg der
Nachtigall haben.
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Anlagenbedingte Auswirkungen
Die einzige Inanspruchnahme von Bäumen und Sträuchern bzw. potenziellen Habitaten findet
im Bereich des Fangedammes und am westlichen Bruchrand entlang der Bruchstraße (Gebietsgrenze) statt. Der Verlust ist im Verhältnis zur Gesamtfläche des Gebietes äußerst gering
und wird keine Auswirkungen auf die Populationen der für das Gebiet maßgeblichen Vogelarten haben. Es befinden sich innerhalb des ausgedehnten Waldgebietes ausreichend Nistmöglichkeiten für Wespenbussard, Pirol und die Nachtigall, ggfs. auch für die Rohrweihe nach
Entwicklung von größeren Röhrichtflächen.
Betriebsbedingte Auswirkungen
Die Hochwassergefahr und damit auch der Eintritt eines Betriebsfalls ist am größten in der
Zeit von Anfang November bis Mitte April. Eine Flutung des Polders hat in diesem Zeitraum,
der fast vollständig außerhalb der Brutzeiten liegt, keinerlei Auswirkungen auf die relevanten
Vogelarten, die sich dann sämtlich ihren Winterquartieren aufhalten.
Artspezifisch unterschiedliche Auswirkungen können jedoch Flutungen in den Sommermonaten haben. Die Nester des Wespenbussards in einer Höhe von ca. 20 m oder des Pirols, der
auch im oberen Bereich von hohen Bäumen nistet, sind nicht betroffen, während die Nachtigall als bodennaher Brutvogel die Brut verlieren würde. Ein Verlust von Eiern oder Jungvögeln
z. B. durch Nesträuber ist für Kleinvogelarten allerdings eine natürliche Gefahr, die meist
durch Nachbruten ausgeglichen wird. Für den Wespenbussard würde durch Einstau des Gebietes das Nahrungsangebot im nahen Umfeld ausfallen, das Brutpaar müsste weiter entfernte Gebiete aufsuchen. Da der Wespenbussard sehr große Reviere befliegt, also seine Nahrung auch weit über das eingestaute Gebiet hinaus erlangt, wird mit einem Ausfall der Jahresbrut nicht zu rechnen sein.
Der Bruterfolg der Rohrweihe als Schilfbrüter wäre bei einer Flutung des Polders während der
Sommermonate bedroht. Eine Nachbrut würde nicht erfolgen bzw. wahrscheinlich nicht erfolgreich sein, weil die Jungvögel eine verhältnismäßig lange Zeit für ihre Entwicklung benötigen.
Der Ausfall einer (potenziellen) Brut der Rohrweihe wie auch der Nachtigall im Rahmen eines
so seltenen Ereignisses wie einem zweihundertjährlichen Hochwasser wird nach menschlichem Ermessen für die Populationen insgesamt nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen führen.
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4.4 Andere zusammenwirkende Pläne und Projekte (Erfassung von Summationswirkungen)
4.4.1
Erdgastransportleitung Sayda – Werne – Eynatten
Das Unternehmen RWE Transportnetz Gas GmbH (Dortmund) plant eine neue Trasse für
eine Erdgastransportleitung. Die Planung tangiert den Retentionsraum Köln-Worringen. Die
genaue Lage der Trasse ist noch nicht festgelegt. Die vorläufige Trassenführung zeigt die
folgende Abbildung 9.
Abbildung 2 Geplanter Verlauf der Erdgastransportleitung SWE
4.4.2
Verlängerung der Industriestraße Fühlingen
Die Stadt Köln plant derzeit die Verlängerung der Industriestraße in Köln-Fühlingen, die nach
der Fertigstellung auch als Ortsumgehungsstraße für den Stadtteil Fühlingen genutzt werden
soll. Die verlängerte Industriestraße schließt dann von Süden kommend zwischen den Stadtteilen Langel und Fühlingen an den Mennweg an. Der Mennweg wird bis zum Anschluss an
die Bundesstraße B 9 ausgebaut. Dort soll der derzeitige Knotenpunkt in einen Kreisverkehr
umgebaut werden.
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Abbildung 3 Knotenpunkt B 9 / L 43 und Industriestraße Fühlingen
4.4.3
Ausbau Blumenbergsweg (L 43)
Der Landesbetrieb Straßen.NRW beabsichtigt den Blumenbergsweg (L 43) zwischen den
Ortsteilen Fühlingen (Anschluss an Bundesstraße B 9) und Thenhoven in einigen Jahren auszubauen. Zusätzlich soll der Blumenbergsweg dann in Richtung Westen bis zur Anschlussstelle Köln-Worringen der Bundesautobahn (BAB) A 57 verlängert werden. Diese Maßnahme wird
als Erweiterung der Ortsumgehungsstraße/Industriestraße Fühlingen gesehen. Später soll in
erster Linie der Schwerlastverkehr von und zum Industriegebiet Fühlingen einen direkten Anschluss an die BAB A 57 erhalten. Verkehrstechnisch werden die Stadtteile Worringen, Fühlingen, Blumenberg, Roggendorf/Thenhoven damit erheblich entlastet.
4.4.5
Radweg zwischen Roggendorf/Thenhoven und Rheinhauptdeich
Das Amt für Straßen und Verkehrstechnik der Stadt Köln plant den in Höhe Roggendorf/Thenhoven endenden Radweg neben der L 43 als Lückenschluss auf rd. 5 km Länge bis
zum Anschluss an den Rheinradweg zu verlängern, der auf dem Rheinhauptdeich verläuft.
Entlang des Hochwasserschutzbauwerkes ist vorgesehen, den insgesamt rd. 2,85 km langen
Deichverteidigungsweg als Radweg zu nutzen. In den Teilabschnitten zwischen den Deichen
soll ein insgesamt rd. 2,15 km langer neuer Radweg parallel zur L 43 bis zum Anschluss an
den Radweg in Roggendorf/Thenhoven angelegt werden.
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4.4.6
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Summationswirkungen
Die Projekte bzw. die damit verbundenen Baumaßnahmen wirken sich nicht direkt (d.h. nicht
durch Flächenentzug) auf das FFH-Gebiet aus. Indirekte Beeinträchtigungen sind bauzeitlich
im Bereich der südlichen Gebietsgrenze durch Immissionen wie Lärm und Luftverschmutzung
möglich.
Dauerhaft ist mit einer höheren Verkehrsbelastung nach Ausbau der L 43 / Blumenbergsweg
zu rechnen. Betriebsbedingte Auswirkungen auf die Schutzziele des FFH-Gebietes lassen
sich ohne nähere Kenntnis der Vorhaben bzw. der künftigen Verkehrsbelastung der Straße
nicht ableiten. Von der verlegten Erdgasleitung gehen keine betriebsbedingten Auswirkungen
aus.
4.5
Zusammenfassende Auswirkungsprognose
4.5.1
Bau- und anlagebedingte Auswirkungen
Durch Optimierung der Planung, insbesondere im Bereich des FFH-Gebietes, lassen sich
bau- und anlagebedingte Flächeninanspruchnahmen von Lebensraumtypen vermeiden. Das
FFH-Gebiet selbst wird kleinflächig in den Randbereichen an der Brombeergasse und durch
die HW-Schutzmauer Roggendorf/Thenhoven in Anspruch genommen.
4.5.2
Betriebsbedingte Auswirkungen
Die Auswirkungen, die ein Einstau des gesamten FFH-Gebietes potenziell haben kann, sind
als „erheblich“ zu bewerten. Betroffen sind alle Lebensraumtypen nach Anh. I, auch der prioritäre LRT *91E0, die Population des Kammmolchs und bei Eintritt eines Betriebsfalls in den
Monaten April bis Juli die nach Anh. I Vogelschutzrichtlinie geschützten und für den Worringer
Bruch maßgeblichen (bodenbrütenden) Vogelarten Rohrweihe und Nachtigall.
Die Nullvariante (=Status quo) ist Vergleichsgrundlage gegenüber der Retentionsraumplanung
im Hinblick auf eine mögliche Beeinträchtigung des FFH-Gebietes bzw. seiner Schutz- und
Erhaltungsziele.
Im Deichhinterland tritt im Status quo bei anhaltend hohem Wasserstand des Rheins Qualmwasser im Bereich der tiefliegenden Flächen auf. Der Grundwasserstand im Bruch/FFHGebiet steigt aufgrund des langen Fließweges erst mit größerer zeitlicher Verzögerung an und
sinkt auch nach Rückgang eines Hochwassers über einen langen Zeitraum nicht wieder ab.
Bei sehr hohem Grundwasserstand im Bruch (> NN+37 m) ist der Senfweg, der das NSG
durchquert, überflutet.
Ab einem Rheinwasserstand >11,90 m KP ist von einem Überströmen des Rheinhauptdeiches
auszugehen. Das unkontrolliert einströmende Rheinwasser verteilt sich flächig im Hinterland,
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wobei zunächst die tieferen Geländemulden gefüllt werden, soweit sie nicht durch das ansteigende Grundwasser bereits wasserbespannt sind. Nicht nur die Einzelanwesen innerhalb der
landwirtschaftlichen Flächen und die Wälder im Bruch werden überflutet, sondern auch der
größte Teil der Ortsbebauung von Fühlingen, Langel, Worringen sowie die nördlich angrenzenden Industrieanlagen bis Dormagen werden überschwemmt. Die B9 ist nicht mehr befahrbar. Die Bewohner werden im Rahmen der Planung für Großschadensereignisse rechtzeitig
gewarnt bzw. evakuiert. Das einströmende Rheinwasser wird wahrscheinlich größere Mengen
an Schwebstoffen mitführen. Für Menschen können lebensgefährliche Situationen eintreten.
Sachgüter als auch Lebensräume von Tieren und Pflanzen können erheblichen Schaden
nehmen.
Da nicht nur im Bereich des PFA 10, sondern auch in anderen Stadtbereichen die Hochwasserschutzbauwerke überströmt werden, verteilt sich entsprechend dem Geländerelief das
Wasser aus den südlicher gelegenen Bereichen in Richtung Norden. Damit steigt die Überflutungshöhe in der Bebauung von Worringen, aber auch die Einstauhöhe im Bereich des FFHGebietes. Die eintretenden Überstauungshöhen lassen sich allerdings nicht abschätzen bzw.
beziffern, da sie vom Verlauf der Hochwasserwelle abhängig sind.
Bis zum Flutungsbeginn des Notfallpolders ist die Situation (z. B. für den Grundwasseranstieg) identisch mit der Situation der Nullvariante. Im Deichhinterland kann auch nach dem
Bau des Polders bei hohem Wasserstand des Rheins Qualmwasser im Bereich der tiefliegenden Flächen auftreten. Der Grundwasserstand im Bruch/FFH-Gebiet steigt wie bisher mit größerer zeitlicher Verzögerung gegenüber den Rheinhochwässern an und sinkt nach Rückgang
des Hochwassers wieder ab, d.h. die Grundwasserstände auch im Worringer Bruch ändern
sich durch die Errichtung des Polders nicht. Ebenso entsteht keine Veränderung der Fließrichtung des Grundwassers durch die Schutzbauwerke bzw. die in den Untergrund einbindenden
Spundwände.
Bei Eintritt des Betriebsfalls, d. h. bei einem prognostizierten Rheinwasserstand >11,90 m KP
wird die Hochwasserspitze durch kontrollierte, stufenweise Sprengung einer definierten Öffnung im Rheinhauptdeich gekappt. Die Energie des einströmenden Wassers wird im Tosbecken und der Beruhigungsstrecke umgewandelt, so dass es sich ohne Erosionsvorgänge flächig im Hinterland verteilt. Zunächst werden die Flächen bis zur B9 und dann die tieferen Geländemulden wie der Bruchbogen gefüllt, soweit sie nicht durch das ansteigende Grundwasser
bereits wasserbespannt sind. Von dem steigenden Wasserstand aufgrund der Flutung betroffen sind außer den landwirtschaftliche Flächen und den Wäldern im Bruch einige Einzelanwesen. Die B9 ist nicht mehr befahrbar. Die Bewohner werden entsprechend den Vorgaben des
Betriebsplanes rechtzeitig gewarnt. Die Ortschaften Worringen, Fühlingen und Langel sind bei
Kappung der Hochwasserspitze durch Absinken des Rheinwasserstandes zunächst geschützt. Sollte der Rhein nach der Vollfüllung des Retentionsraumes weiter ansteigen, ist
durch die Flutung des Notfallpolders zumindest ein Zeitgewinn von 30 h und mehr (abhängig
vom Verlauf der Hochwasserwelle) zur Evakuierung der Bevölkerung zu verzeichnen.
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Die Einstauwahrscheinlichkeit infolge des Betriebs des Notfallpolders liegt im statistischen
Mittel bei seltener als einmal in 200 Jahren. Bei Hochwasserereignissen mit noch geringerer
Eintrittswahrscheinlichkeit werden Wasserstände erreicht, die zu einem Überströmen der vorhandenen Hochwasserschutzanlagen und damit ebenfalls zu einem vollständigen Einstau des
Worringer Bruchs führen werden. Bei den vorgenannten Ereignissen handelt es sich um extrem seltene, als Naturkatastrophe einzustufende Hochwässer, die in ihren Auswirkungen
nahezu gleichzusetzen sind.
Aufgrund des extrem langen Wiederkehrintervalls beider Ereignisse sowie der dem gegenüber
verhältnismäßig kurzen Regenerationsspanne der Habitate und Populationen können aus
dieser Sicht nach menschlichem Ermessen die Auswirkungen beider Ereignisse nicht sinnvoll
differenziert werden. Daher lassen sich auch die zum Teil als erheblich prognostizierten Beeinträchtigungen von Schutzzielen, die für das FFH-Gebiet „Worringer Bruch“ festgelegt worden sind, wie die Folge einer Naturkatastrophe einstufen.
Zur Absicherung des Vorhabens wird die Vorhabenträgerin jedoch im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens einen Antrag auf Ausnahme- bzw. Abweichungsprüfung stellen.
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5
Ausnahme- bzw. Abweichungsprüfung
5.1
Begründung
38
Die Untersuchungsergebnisse zeigen auf, dass nicht mit hinreichender Sicherheit auszuschließen ist, dass Erhaltungsziele, die für das FFH-Gebiet „Worringer Bruch“ festgelegt worden sind, durch das Hochwasserschutzprojekt beeinträchtigt werden.
Nach Artikel 6 Abs. 3 der Habitat-Richtlinie 92/43/EWG dürfen Projekte oder Pläne, die zu
erheblichen Beeinträchtigungen eines Gebietes von gemeinschaftlicher Bedeutung in seinen
für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen führen oder führen können, nicht zugelassen werden. Nach Abs. 4 sowie § 34 Abs. 3-5 BNatSchG kommt eine abweichende Zulassung
im Rahmen einer FFH-Ausnahmeprüfung unter der Voraussetzung in Betracht,
-
dass das Projekt aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses notwendig ist und die konkret betroffenen Natura 2000-Belange nachweislich
überwiegt,
-
zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind und
-
die in funktionaler, zeitlicher und räumlicher Hinsicht fachlich erforderlichen Maßnahmen zur Sicherung des Zusammenhangs des Natura 2000-Netzes qualitativ und
quantitativ in hinreichender Form vorgesehen sind bzw. umgesetzt wurden.
Ist ein Gebiet mit prioritären Lebensraumtypen oder Arten betroffen, so können als überwiegend öffentliche Interessen nur solche im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen
und der öffentlichen Sicherheit geltend gemacht werden (Artikel 6 Absatz 4 der HabitatRichtlinie 92/93/EWG). Werden prioritäre Arten oder Lebensraumtypen in Mitleidenschaft gezogen, können andere Gründe einschließlich wirtschaftlicher oder sozialer Gründe erst nach
einer Beteiligung der EU-Kommission herangezogen werden.
5.4 Darlegung der zwingenden Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses
Der Polder ist Bestandteil des Hochwasserschutzkonzepts der Stadt Köln, einem gleichgerichteten Konzept des Landes und über die Internationale Kommission zum Schutz des Rheins
(IKSR) Bestandteil auch eines internationalen Konzepts. Ziel dieses Konzept ist es, dem
Rhein Retentionsräume zurückzugeben und hierdurch den Hochwasserschutz für alle Rheinanlieger zu verbessern. Durch die größeren Retentionsräume wird ein Beitrag dazu geleistet,
dass der Wasserspiegel des Rheins im Hochwasserscheitel abgesenkt werden kann. Diese
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39
Maßnahmen sind umso wirksamer, je mehr solcher Retentionsräume geschaffen werden.
Flächen, die aufgrund ihrer Lage und Beschaffenheit für derartige Retentionsaufgaben geeignet sind, müssen daher vom Grundsatz her für diesen Zweck zur Verfügung stehen, wenn
dies nicht an anderen überwiegenden Gründen scheitert.
Dies gilt in besonderem Maße für den Worringer Bruch, der mit einem Rückhaltevolumen von
29,5 Mio. m³ auf einer Fläche von rd. 670 ha wegen seiner Größe einen wichtigen Beitrag in
diesem Schutzkonzept leistet.
Das Vorhaben ist auch ein wichtiger Bestandteil im Hochwasserschutzkonzept der Stadt Köln,
das in verschiedenen Abschnitten verwirklicht wird. Die rechtlichen Grundlagen werden in 18
Planfeststellungsabschnitten gelegt. Auf der Grundlage entsprechender Untersuchungen hat
der Rat der Stadt Köln den Planungsauftrag für die Realisierung des Retentionsraums Worringer Bruch erteilt. Auf die Zusammenhänge des Eingebundenseins der einzelnen Schutzmaßnahmen in ein Gesamtkonzept der Stadt Köln hat auch der Rechtsprechung verwiesen (VG
Köln B. v. 6.7.2005 – 14 L 417/06 -; OVG Münster, B. v. 17.1.2006 – 20 B 1252/05 – PFA 12).
In der konkreten Betrachtung dient das Vorhaben dem Schutz von Gesundheit und Leben
einer Bevölkerung in einer Größenordnung von bis zu 70.000 Einwohnern (linksrheinisch) und
75.000 Einwohnern rechtsrheinisch bereits nur auf dem Stadtgebiet von Köln. Zudem kann
das Risiko von Schäden an Sachgütern in dreistelliger Millionenhöhe gemindert werden.
Die vorgenannten Gründe sind so gewichtig, dass sie einen Eingriff in die dargestellten Habitatbelange rechtfertigen. Eine Flutung des Polders soll frühestens bei einem vorhandenen
Wasserstand von > 11,70 m KP erfolgen, sofern Scheitelwasserstände > 11,90 m KP erwar-
tet werden. In diesem Fall werden zugleich die Bemessungswasserstände für die PFA 10, 11,
8 und 9, die bei 11,90 m KP liegen, überschritten, sodass die Hochwasserschutzeinrichtungen
bei dieser Betrachtung überströmt werden. Dies gilt für den Polderbereich ebenso wie für weite Teile linksrheinisch ab der Bastei bis zur Stadtgrenze Dormagen sowie rechtsrheinisch ab
der Rodenkirchener Brücke bis zur Stadtgrenze Leverkusen. Dasselbe gilt auch für die Ortslage Worringen (PFA 11). Die Polderflutung würde dann den Wasserspiegel im Rhein absenken
und zugleich die Zeitspanne für Evakuierungsmaßnahmen vergrößern. Welche Entlastungswirkungen dann im Einzelnen eintreten, würde von dem Verlauf der Hochwasserwelle (Naturkatastrophe) abhängen.
Ist das Hochwasserereignis mit deutlich über 11,90 m liegenden Wasserständen verbunden,
würde die Flutung des Polders Worringer Bruch nur einen Zustand bewirken, der zeitlich später auch durch das steigende Hochwasser eintreten würde. Der Vorteil der Polderflutung länge
in diesem Fall in der Nutzung des Retentionsraums und in der dadurch bewirkten Wasseraufnahme sowie in dem zeitlichen Vorteil, der sich mit der Flutung einschließlich der besseren
Evakuierungsmöglichkeiten verbindet. Die genaue Justierung der Flutungsmaßnahme muss
durch die Festlegung entsprechender Randbedingungen noch fachtechnisch ermittelt werden.
Nach Maßgabe dieser technischen Vorgaben ist die Flutung des Polders sinnvoll, um einen
zusätzlichen Retentionsraum zu schaffen und für die Reaktion auf die sich anbahnende Naturkatastrophe einen zeitlich größeren Vorlauf zu gewinnen.
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Da die Notfallflutung dem Schutz von Leib und Leben der Menschen sowie durch den Sachgüterschutz der öffentlichen Sicherheit dient, ist eine vorherige Beteiligung der EU-Kommission
nicht erforderlich. Dabei gehören auch der Schutz erheblicher Sachgüter zu den Gründen der
öffentlichen Sicherheit, die einen Eingriff auch in prioritäre FFH-Arten oder Lebensraumtypen
ohne Kommissionsbeteiligung rechtfertigen. Die Eingriffe in die dargestellten weiteren FFHBelange neben den Gründen einer Wahrung von Leib und Leben und der öffentlichen Sicherheit zugleich auch aus anderen wirtschaftlichen Gründen gerechtfertigt werden.
Die anlagen- und baubedingten Beeinträchtigungen von Naturschutzbelangen sind vergleichsweise übersichtlich. Kommt es zu einer Notfallflutung, sind hierdurch bei den FFHBelangen durchaus größere Schäden nicht auszuschließen. Diese müssen aber zum Schutz
von Leib und Leben der Bevölkerung und zur Wahrung erheblicher Sachgüter in Kauf genommen werden. Da es um seltene Ereignisse eines 200-jährigen Hochwassers geht, ist der
häufigere Eintritt solcher Geschehensabläufe äußerst unwahrscheinlich. Zudem verfügt die
Natur bei einer Betrachtung über längere Zeiträume über genügend Regenerationsmöglichkeiten, die eingetretenen Schäden vor dem Hintergrund einer längeren Zeitperspektive wieder
vollständig auszugleichen.
5.5 Geprüfte Alternativen am Standort Köln-Worringen
Die grundlegende Suche nach potentiellen Rückhaltefläche entlang des Rhein erfolgte durch
die IKSR (Internationale Kommission zum Schutz des Rheins) im Zusammenhang mit der
Aufstellung der Aktionspläne, in denen international gefordert wird, dass dem Rhein künftig
mehr Fläche zur Ausbreitung gegeben werden muss. Darauf basierend wurde 1996 in NRW
das „Programm zum nachhaltigen Hochwasserschutz verkündet“. Wesentliches Element hierbei stellen ungesteuerte und gesteuerte Hochwasserrückhalteräume dar. Der Retentionsraum
Worringen wird hier ebenso wie bei den Untersuchungen der IKSR als Standort benannt.
Der inzwischen betriebsbereite Retentionsraum Lülsdorf / Langel (PFA 12) konnte aufgrund
des Wasserwerks Zündorf nicht größer angelegt werden. Die Ausweitung des Retentionsraumes bis an die Grenze der Wasserschutzzone II des Wasserwerkes Zündorf hätte zu Problemen bei der Trinkwasserversorgung der gesamten rechtsrheinischen Stadtteile führen können.
Im Zuge der Grundlagenermittlung für das konkrete Projekt PFA 10 wurde der Standortvorschlag auf dem Gebiet der Stadt Köln erneut überprüft. Alternativstandorte für einen gleichwertigen Retentionsraum bestehen auf dem Gebiet der Stadt Köln nicht. Außerhalb der Stadtgrenzen hat die Vorhabenträgerin keine Planungshoheiten oder –aufträge.
Am Standort Worringen wurden verschiedene Alternativen untersucht, die nachfolgend einschließlich der Prüfergebnisse kurz beschrieben werden.
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5.5.1
41
Ergebnis der Vorstudie des Landes Nordrhein-Westfalen
In einer umfangreichen Vorstudie wurde 1997 [23] überprüft, unter welchen Randbedingungen
ein Retentionsraum im Bereich Worringen eingerichtet werden kann. Ausgangsbasis der Vorstudie war, dass die gesteuerte Flutung spätestens bei einem Wasserstand von 10,70 m KP
eingeleitet werden sollte.
Im Ökologischen Fachbeitrag (Teil D der Studie) sind zwei Rückverlegungs- und zwei Flutungsvarianten betrachtet und in ihren Auswirkungen auf Natur und Landschaft, Boden und
Grundwasser beschrieben und untersucht worden:
Die folgenden Abbildungen sind der Vorstudie des MURL (heute MUNLV) (1997) entnommen
Abbildung 4: Großer Retentionsraum, überflutete Fläche
Varianten 1 und 3 (großer Retentionsraum bis Hochufer)
Variante 1 (V1): freie Flutung der Altaue bis zum natürlichen Hochufer im Westen
Varianten 3 (V3): gesteuerte Flutung der Altaue bis zum natürlichen Geländeanstieg im Westen
Die Varianten 1 und 3 zeigen eine mögliche Trassierung der Deiche zum Schutz der Ortslagen im Norden und Süden auf.
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42
Abbildung 5: Kleiner Retentionsraum, überflutete Fläche
Varianten 2 und 4 (kleiner Retentionsraum bis zur B 9)
Variante 2 (V2): freie Flutung mit Deichrückverlegung bis zur B 9
Variante 4 (V4): gesteuerte Flutung mit Deichrückverlegung bis zur B 9.
Die Varianten 2 und 4 beinhalten eine Trassenführung entlang der B 9 mit kurzen Querdeichen im Norden und Süden.
Die Untersuchung der Varianten mit freier Flutung (V1 und V2) geht von einen Abtrag oder
Teil-Abtrag des Rheinhauptdeiches aus. Die untersuchten Varianten mit gesteuerter Flutung
(V3 und V4) gehen von einem Steuerungsbauwerk im Rheinhauptdeich aus.
Ergebnis der Variantenuntersuchung
Als Ergebnis der Vorstudie wurde 1997 Variante 2 mit freier Flutung bis zur B 9 empfohlen.
Maßgebend war die Feststellung, dass ein Schadstoffeintrag in die Trinkwasserbrunnen bei
Verwirklichung des großen Retentionsraumes nicht auszuschließen war.
Im Hinblick auf die Erfüllung der wasserwirtschaftlichen und ökologischen Planungsziele wurde Variante 1 (großer Retentionsraum mit freier Flutung bis zum Hochufer) als günstigster
Kompromiss aus technischem Aufwand und aktiviertem Rückhaltevermögen dargestellt. Zu
erwartende „erhebliche Konflikte mit den Interessen der Landwirtschaft und der Trinkwasserversorgung“ wurden dabei „nicht verkannt“.
Ökologische Vorflutung des Worringer Bruchs
Als bestmögliche Maßnahme zur Verminderung von erheblichen Beeinträchtigungen der Lebensräume und Arten im FFH-Gebiet durch Überstauung wurde in der Vorstudie (1997) eine
mit dem Rheinwasserstand korrespondierende ökologische Flutung gesehen. Diese müsse
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43
mindestens NN+38,5 m erreichen, um wirksam zu sein. Der Vorschlag beruhte seinerzeit auf
der Überlegung, dass der Retentionsraum etwa alle 50 Jahre geflutet werden würde.
Mehrere Möglichkeiten einer ökologischen Vorflutung wurden untersucht mit folgendem Ergebnis:
a)
Flutung rückstauend über den Pletschbach
In der Vorstudie wurde angenommen, dass Wasser aus dem Rhein über das Pletschbachgerinne rückstauend in den Bruch geleitet werden könne. Der Pletschbachdurchlass
muss jedoch bereits bei einem Rheinwasserstand von 4,50 m KP geschlossen werden,
um Überflutungen des Hinterlandes auszuschließen. Vorgeschlagen wurde, den Schieber
erst bei 6,0 m KP zu schließen. Damit wäre allerdings ohne technische Schutzmaßnahmen (Hochwasserschutzanlagen entlang des Pletschbachs) die anliegende Bebauung gefährdet. Allerdings wäre auch mit diesen Maßnahmen die erforderliche Flutungshöhe im
FFH-Gebiet von NN+38,5 m nicht zu erreichen.
b)
Technische Lösung durch Wasserzuführung über eine Rohrleitung
Es könnte Rheinwasser auf dem kürzesten Weg zwischen Rhein und Bruch zugeführt
werden. Hierfür wäre ein zusätzliches Bauwerk durch den Rheinhauptdeich zu führen und
der Höhenunterschied mittels Pumpen zu überbrücken.
c)
Herstellung eines offenen, naturnah gestalteten Gerinnes zwischen Hochwasserschutzdeich und dem FFH-Gebiet
Weil die Geländehöhe im Deichvorland und im Polder am Ein-/ Auslassbauwerk fast
NN+39 m beträgt, ist auch bei offener Wasserführung eine (tiefer liegende) Rohrleitung
zum Rhein erforderlich. Die wasserseitigen Baumaßnahmen könnten zu einer Beeinträchtigung des FFH-Gebietes DE 4405-301 (Rhein-Fischschutzzonen) führen. Weiterer Nachteil des offenen Gerinnes ist der Flächenverbrauch. Bedingt durch die großen Höhenunterschiede im Gelände würden tiefe Gräben erforderlich sein – nur über flach geneigte Böschungen könnte dann eine naturnahe Gestaltung erreicht werden. Der Anteil landwirtschaftlicher Nutzfläche, die verloren gehen würde, wäre sehr hoch. Aus naturschutzfachlicher Sicht wäre die Möglichkeit gegeben, eine Biotopbrücke über die landwirtschaftlich
genutzten Flächen zum Rheinvorland herzustellen. Die stark befahrene Bundesstraße
würde sich allerdings negativ für bodengebundene Lebewesen auswirken. Eine gefahrlose
Querung der Straße wäre nur für Kleintiere über einen Durchlass herstellbar.
Sofern eine ökologische Flutung im freien Gefälle realisiert werden könnte, würde eine erhebliche Gefährdung für die Kammmolchpopulation im Bruch entstehen, weil Prädatoren (Fische)
aus dem Rhein in die Laichgewässer gelangen und die Population stark dezimieren könnten.
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5.5.2
44
Ergebnis der Gesamt-Umweltverträglichkeitsstudie 'Hochwasserschutz Köln'
Die „Gesamt-Umweltverträglichkeitsstudie (G-UVS) Hochwasserschutz der Stadt Köln“ hat im
Jahre 2000 die beiden folgenden Varianten beschrieben und bewertet:
1)
'große Lösung' mit freier Flutung über Öffnungen im Altdeich
2)
'kleine Lösung' mit Flutung über feste Schwelle im Altdeich bei 10,70 m KP.
Eine 'ökologische Flutung' des Worringer Bruchs zur Vorbereitung der hochwertigen Lebensräume auf eine Vollflutung wurde unter den oben beschriebenen Voraussetzungen, die für die
Variantenbetrachtung gewählt wurden, ebenfalls für notwendig erachtet.
Nicht weiter betrachtet wurden die Varianten "gesteuerte Flutung des großen Retentionsraumes" und "freie Flutung des kleinen Retentionsraumes“.
Unter „Abwägung aller Umweltbelange untereinander“ kommt die Gesamt-UVS zu dem Ergebnis, dass die Variante ‚kleine Lösung mit ökologischer Flutung des Worringer Bruches’ zu
bevorzugen sei. Begründet wird die Bewertung u. a. mit den erheblichen Problemen, die bei
Verwirklichung der großen Lösung für die Grundwassersituation in der Ortslage Worringen
entstehen würden. Des weiteren sei aufgrund der Höhenlagen im Retentionsraum nur von
einem geringen Gewinn an ökologisch als Aue zu entwickelnder Fläche auszugehen, während
die kleine Lösung mit ökologischer Flutung des Bruchs einen hohen Gewinn für die Ökologie
des Bruches erbringe.
5.5.3
Ergebnis der Voruntersuchungen Kleiner Retentionsraum Worringen
In einem Scopingtermin sind am 20.11.2002 der Untersuchungsrahmen für die UVS und für
die FFH-Verträglichkeitsuntersuchung der seinerzeit vom Rat der Stadt Köln beschlossenen
1. Ausbaustufe = kleiner Retentionsraum festgelegt worden. Auf dieser Grundlage wurden
gegenübergestellt:
1)
die Nullvariante (‚Status quo’),
2)
Trassenvarianten des kleinen Retentionsraumes mit unterschiedlichem Abstand zur
B 9 und der Erdgasleitung, verschiedenen Querungen der Leitung, verschiedenen
Bauweisen.
Flutungsszenarien für den kleinen Retentionsraum:
a)
gesteuerte Flutung ab 10,70 m KP,
b)
freie Flutung bei Öffnung/Abtrag des derzeitigen Rheinhauptdeiches bis auf Geländeniveau (d. h. ab NN+38,80 m),
c)
Flutung über feste Schwelle ab 10,70 m KP (= NN+41,70 m)
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45
Zusätzlich wurde die Auswirkung von „ökologischen“ Flutungen untersucht und bewertet, und
zwar als vorgezogene Auswirkungsprognose für die zweite Stufe des Retentionsraumes. Die
Prognose war zu beziehen auf das in der Vorstudie gewählte Flutungsszenarium für die gesteuerte Flutung, bei dem das FFH-Gebiet ab 10,0 m KP (NN+41 m) eingestaut werden würde. Einstauereignisse würden demnach etwa alle 20 Jahre auftreten.
-
„ökologische“ Flutung des Worringer Bruchs zur Aufwertung des FFH-Gebietes und
zur Vorbereitung von Vegetation und Fauna auf spätere Retentionsflutungen,
-
„ökologische“ Flutung der tiefliegenden Flächen im Retentionsraum der 1. Ausbaustufe, d. h. außerhalb des FFH-Gebietes (Flächen werden aktuell als Acker genutzt und
müssten erst mit Auwaldgehölzen bepflanzt werden).
Ergebnis
Aufgrund der Entfernung der Baustelle und der Trassenführung des Deiches von der Schutzgebietsgrenze wären bau- und anlagebedingte Wirkungen auf die Erhaltungsziele des FFHGebietes beim kleinen Retentionsraumes nicht zu erwarten Ein möglicher Grundwasseranstieg bei Flutungsereignissen wäre für das FFH-Gebiet eher positiv.
Eine Restwasserentleerung aus den landwirtschaftlichen Flächen in den Bruch und weiter
über den Pletschbach würde zu hohen Beeinträchtigungen von Vegetation und Fauna führen
und hätte daher zu unterbleiben.
Bewertung einer „ökologischen Flutung“ des Worringer Bruchs
Eine „ökologische Flutung“ gem. Vorstudie bzw. Gesamt-UVS HWS Köln erscheint unter Berücksichtigung der Schutzziele für den Kammmolch [30] nicht zielführend bzw. kontraproduktiv, insbesondere im Hinblick auf die Konzeption des Polders, die sich seit Erstellung der Vorstudie und der Gesamt-UVS HWS Köln hinsichtlich der Häufigkeit eines Betriebsfalles stark
geändert hat. Die Erhaltung der Kammmolch-Population könnte bei einer Besiedelung der
Bruchgewässer mit Rheinfischen stark gefährdet werden. Zudem ist eine Erhaltung der derzeitigen Wasserstandsdynamik von besonderer Bedeutung, da ein Teil der im Bereich des Altarms vorkommenden Fauna und Vegetation auf diese besondere Dynamik ihres Lebensraumes angewiesen ist.
5.5.4
Ergebnis der Variantenuntersuchungen im Bereich Brombeergasse
Im Bereich der Brombeergasse grenzt der geplante Notfallpolder an einen sensiblen siedlungsnahen Raum und einen naturschutzfachlich sehr hochwertigen Bereich (FFHGebiet/Naturschutzgebiet und LB). Aus naturschutzfachlicher Sicht spielen die Aspekte Artenschutz und der FFH-Verträglichkeit die ausschlaggebende Rolle:
•
der Eingriff in den prioritären Lebensraumtyp 91E0* muss möglichst gering bleiben
•
das Bauwerk muss - ohne Beeinträchtigung seiner Funktion im Betriebsfall - die Erreichbarkeit eines Rückzugs- und Wiederbesiedlungsraumes für Tiere gewährleisten
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46
Es wurden neun Varianten für das Schutzbauwerk entlang der Brombeergasse im Hinblick auf
ihre Umweltauswirkungen und auf das FFH-Gebiet untersucht:
Variante 1a: Fangedamm aufgesetzt (mit Kronenweg), Baustrasse landseits
Variante 1b: Fangedamm aufgesetzt (mit Kronenweg), partiell angeschüttet (land- und wasserseits) und mit Amphibiendurchlässen, Baustraße landseits
Variante 2:
Fangedamm vorgesetzt (mit Unterhaltungsweg), Baustraße wasserseits (wg.
zusätzlicher Auflast auf dem vorhandenen Kanal)
Variante 3:
Umschütteter Fangedamm (Kronenweg)
Variante 4:
Umschüttete Spundwand (Unterhaltungsweg landseitig)
Variante 5:
Betonwand, Unterhaltungsweg landseits
Variante 6:
Deich (bis zu 48 m breit), Unterhaltungsweg landseits
Auswirkungen einer großen Rückverlegung nördlich Brombeergasse:
Variante 7:
Ausführung als Erddeich
Variante 8:
Ausführung als umschüttete Spundwand
Auswirkungen einer kleinen Rückverlegung nördlich Brombeergasse
Variante 9:
Kleine Rückverlegung nördlich Brombeergasse
Ergebnis
Aus naturschutzfachlicher Sicht lassen sich zunächst die Varianten ausschließen, die als vollständige Barriere wirken und/oder in den LRT 91E0* eingreifen (Varianten 1a, 2, 3, 4, 5 und
6). Aus Gründen des Bodenschutzes und/oder Verlust von landschaftsbildprägender Vegetation wurden Varianten mit hoher Flächenbeanspruchung ausgeschlossen (7, 8,). Variante 9
wurde ausgeschlossen, weil im Betriebsfall auch der Kammmolch-Lebensraum außerhalb des
FFH-Gebietes (Geschützter Landschaftsbestandteil) eingestaut würde.
Unter Berücksichtigung von Restriktionen und im Hinblick auf die FFH-Erheblichkeit und den
Artenschutz wurde die technische Vorzugsvariante, allerdings nur mit Querungshilfen und
Kleintierdurchlässen (Variante 1b), auch aus naturschutzfachlicher und FFH-Sicht als die verträglichste Bauweise eingestuft und dementsprechend weitergeplant .
Die Ergebnisse sind der beigefügten Tabelle 6 zu entnehmen.
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5.6 Geplante Kompensationsmaßnahmen (kohärenzsichernde Maßnahmen)
Die verbleibenden Unsicherheiten im Hinblick auf die betriebsbedingten Projektwirkungen auf
Lebensräume und Arten werden durch Maßnahmen zur Schadensbegrenzung (vgl. Kapitel
5.2) und die folgenden Maßnahmen zur Sicherung der Kohärenz des Netzes Natura 2000
kompensiert. Alle Maßnahmen werden im Landschaftspflegerischen Begleitplan, der nach
Fertigstellung der technischen Planung bzw. parallel dazu erstellt wird, detailliert beschrieben
und zur Planfeststellung eingereicht.
Maßnahme E 1
Als Verminderungs- und köhärenzsichernde Maßnahme im Falle einer erheblichen Beeinträchtigung der Population des Kammmolches durch Einsatz des Notfallpolders ist vorgesehen, eine 3,8 ha große Ackerfläche, die sich außerhalb von negativen Projektwirkungen befindet und direkt an den Worringer Bruch angrenzt, so zu gestalten und zu entwickeln, dass sie
als Habitat zur Fortpflanzung sowie als Sommer- und Winterquartier für diese Art sowie weitere im Gebiet vorkommende Amphibien geeignet ist.
Abbildung 6 Anlage von Tümpeln, Grünland und Gehölzgruppen
Das Umfeld der Tümpel wird zu extensiv genutztem Grünland entwickelt und mit einzelnen
Bäumen, Strauchgruppen und Heckenstrukturen bepflanzt; mehrere Steinhaufen und Totholzstapel werden angelegt.
Da sich die Fläche im Eigentum der Stadt Köln befindet, soll die Maßnahme vorlaufend oder
zumindest parallel zum Bau des Polders umgesetzt werden, so dass eine Besiedelung durch
die Zielarten bereits bei Fertigstellung des Polders möglich ist bzw. erfolgt sein kann.
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Maßnahme E 2
Pletschbachdurchlass Süd: Entwicklung von temporären Feuchtbereichen
Der Pletschbachdurchlass Süd muss umgebaut und der Bach oberhalb des Durchlasses verlegt werden. Durch die Verlegung ergibt sich die Möglichkeit, das Baufeld (derzeit überwiegend Acker) nach Fertigstellung der Bachverlegung und des Durchlasses so umzugestalten,
dass temporäre Feuchtbereiche sich durch Aufweitung des Gewässerbettes entwickeln können, die auch als Habitat für den Kammmolch geeignet sind. In der näheren Umgebung des
Baches werden Grünland und Gehölzbestände entwickelt.
Abbildung 7 Gewässerbettverlegung und -aufweitung Pletschbach-Süd
Die Entfernung der Maßnahmen E 1 und E 2 zu den (derzeit) nächsten Wasserflächen liegt
bei ca. 250 m, die Erlen-Eschenwälder beginnen nach 200 m. Die Distanzen liegen somit innerhalb der üblichen Wanderradien.
Maßnahme E 3
Renaturierung des Pletschbachbettes-Nord
Im Zuge der Herstellung des Fangedammes werden außerhalb des FFH-Gebietes die nördlich
an das Bauwerk angrenzenden (Kammmolch-)Lebensräume in Anspruch genommen, die denen innerhalb des FFH-Gebietes teilweise ähnlich sind.
Nach Abschluss der Baumaßnahmen werden die Flächen und das Bachbett des Pletschbaches ab dem neuen Durchlass renaturiert, das Bachbett wird aufgeweitet. Es entstehen dort
bei hohen Grundwasserständen wieder potenzielle Laichhabitate. Soweit die Bebauung im
unteren Pletschbachbereich es zulässt, werden die Ufer- und/oder Sohlbefestigungen (ab
Mitte des Sportplatzes derzeit als V-Profil gestaltet) entnommen und naturnah modelliert.
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49
Beidseits des Bachbettes werden – so weit wie möglich – angrenzende Flächen aus der Nutzung genommen und bepflanzt oder der Sukzession überlassen.
Diese Maßnahme dient auch der Herstellung eines Biotopverbundes zwischen den Bruchflächen und dem Rheinvorland.
Abbildung 8 Renaturierung und Aufweitung Pletschbachbett-Nord
Von den Amphibientümpeln (Maßnahme E 1) und den nach Abschluss der Baumaßnahmen
renaturierten Flächen am Pletschbach Süd (E 2) und Nord (E 3) ausgehend werden sich nach
einem Poldereinsatz die nach dem Einstau möglicherweise erheblich geschädigten Populationen der Amphibien im Bruch regenerieren können. Die Neubesiedlung eines Gewässers erfolgt dadurch, dass ein relativ großer Anteil subadulter Kammmolche in neue Gewässer einwandert, z. T. sind es bis zu 20 % der gesamten wandernden Population [23].
Art und Umfang aller im Rahmen des Vorhabens notwendigen naturschutzrechtlichen Kompensationsmaßnahmen werden aus der Eingriffserfassung und -bewertung abgeleitet, die im
Landschaftspflegerischen Begleitplan erfolgt. Zu kompensieren sind Eingriffe in Gehölzbestände, in Grünland und Ackerflächen sowie in den Boden und das Landschaftsbild.
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Die erforderlichen Maßnahmen werden parallel zum Fortschritt der technischen Planung in
Abstimmung mit den Naturschutzbehörden entwickelt und im LBP (Anlage 8.1) festgelegt.
5.7
Antrag auf Zulassung im Rahmen einer Abweichungsprüfung
Da für die geplanten Maßnahmen zum Hochwasserschutz zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses geltend gemacht werden, die auch die Gesundheit von Menschen und die öffentliche Sicherheit einschließen und auch keine Alternativlösungen vorliegen, das Projektziel anderweitig zu erreichen, wird eine abweichende Zulassung im Rahmen
einer Ausnahmeprüfung nach Artikel 6 Abs. 4 der Habitat-Richtlinie 92/43/EWG und § 34
Abs. 3-5 BNatSchG beantragt.
Sachbearbeiter:
Köln, im August 2010
Dipl.-Ing. agr. K. Giesler
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Dipl.-Biol. M. Müller-Ahrens
Dipl.-Umweltwiss. M. Stengert
Dipl.-Ing. (FH) N. Wernerus
Dipl.-Ing. U. Krath
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