Daten
Kommune
Berlin Tempelhof-Schöneberg
Dateiname
Drucksache.pdf
Größe
89 kB
Erstellt
10.10.15, 04:23
Aktualisiert
27.01.18, 12:23
Stichworte
Inhalt der Datei
Drucksachen
der Bezirksverordnetenversammlung
Tempelhof-Schöneberg von Berlin
XIX. Wahlperiode
Ursprung: Antrag, Bezirksverordnete DIE LINKE
Beratungsfolge:
Gremium
Datum
20.11.2013 Bezirksverordnetenversammlung
Tempelhof-Schöneberg
von
11.02.2014 Bezirksamt
19.02.2014 Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin
Mitteilung zur Kenntnisnahme
Drucks. Nr:
Berlin
0880/XIX
Bezirksamt
Auf Handlungsoptionen des Bezirks bei überhöhten Mieten hinweisen
Die BVV fasste auf ihrer Sitzung am 20.11.2013 folgenden Beschluss:
Die Bezirksverordnetenversammlung ersucht das Bezirksamt zu prüfen, ob auf der
Homepage der Bezirksseite darauf hingewiesen werden kann, dass Mietpreisüberhöhungen
über 20% des ortsüblichen Mietspiegels, eine Ordnungswidrigkeit nach §5
Wirtschaftsstrafgesetz darstellen.
Für die betroffenen Mieterinnen und Mieter sollen außerdem bezirkliche
Beratungsmöglichkeiten aufgelistet werden, bei denen sie Unterstützung erhalten können.
Das Bezirksamt teilt hierzu mit der Bitte um Kenntnisnahme mit:
Es ist natürlich möglich, auf der Homepage des Bezirksamtes auf die Möglichkeit einer
Ordnungswidrigkeit nach § 5 WiStrG hinzuweisen. Allerdings müsste dann auch in etwas
ausführlicherer Form auf die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Ordnungswidrigkeit
hingewiesen werden, um zu vermeiden, dass überhöhte Erwartungen bei den Bürgerinnen
und Bürgern entstehen.
Eine Ordnungswidrigkeit nach § 5 WiStrG liegt nur dann vor, wenn die folgenden
gesetzlichen Tatbestandsmerkmale erfüllt sind:
1. Die im Mietvertrag vereinbarte Miete muss mindestens 20% über der ortsüblichen
Vergleichsmiete liegen.
2. Es muss ein geringes Angebot an vergleichbaren Wohnungen vorliegen.
3. Der Vermieter muss dieses geringe Angebot ausgenutzt haben, um eine überhöhte
Miete zu verlangen.
4. Schließlich muss der Vermieter schuldhaft gehandelt haben.
In der Praxis bedeutet dies für die behördliche Prüfung (nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs):
Abstimmungsergebnis:
Kenntnis genommen:
überwiesen:
Zu 1.
Die Feststellung der überhöhten Miete ist im Regelfall unproblematisch, da hierfür der
Berliner Mietspiegel als „qualifizierter Mietspiegel“ nach § -558d BGB herangezogen werden
kann. Sofern der Mietspiegel zu einer Wohnung keine Angaben enthält muss die im
Einzelfall übliche Miete unter Einholung eines Sachverständigengutachtens aus einer
repräsentativen Anzahl vergleichbarer Einzelobjekte festgestellt werden
Zu 2.
Die Feststellung eines geringen Angebots an vergleichbaren Wohnungen gestaltet sich
deutlich schwieriger. Eine Mangellage muss zwar nicht bestehen, denn es genügt, dass der
Wohnungsmarkt unausgeglichen ist. Das ist der Fall, wenn das örtliche Angebot an
vergleichbaren Mieträumen spürbar geringer ist als die Nachfrage, wobei auf das gesamte
Gebiet der Gemeinde und nicht nur auf den Stadtteil, in dem sich die Wohnung befindet,
abzustellen ist. Das Merkmal des "geringen Angebots" ist deshalb nicht erfüllt, wenn der
Wohnungsmarkt für vergleichbare Wohnungen nur in dem betreffenden Stadtteil
angespannt, im übrigen Stadtgebiet aber entspannt ist.
Zu 3.
Nach Ansicht des BGH ist das Tatbestandsmerkmal des „Ausnutzens“ nur gegeben, wenn
der Vermieter erkennt oder in Kauf nimmt, dass der Mieter sich in einer Zwangslage befindet,
weil er aus nachvollziehbaren gewichtigen Gründen nicht auf eine preiswertere Wohnung
ausweichen kann. Hierbei muss zwischen der Mangellage und dem Ausnutzen ein
Kausalzusammenhang bestehen. Es kommt also darauf an, ob der konkrete Mieter im
Einzelfall besondere Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche gehabt hat. Der Mieter muss
dabei im Einzelnen darlegen, welche Bemühungen er bei der Suche nach einer
angemessenen Wohnung unternommen hat und weshalb diese Suche erfolglos geblieben
ist. Dies sei (lt. BGH) notwendig, weil auf Seiten des Mieters viele denkbare Motivlagen zum
Vertragsabschluss geführt haben können.
Wer die geforderte Miete ohne Weiteres oder aus besonderen persönlichen Gründen zu
zahlen bereit ist, wer also eine objektiv bestehende Ausweichmöglichkeit nicht wahrnimmt,
wird nicht "ausgenutzt". Als Ausweichmöglichkeit wird hierbei auf das gesamte Stadtgebiet
abgestellt.
Zu 4.
Die Ordnungswidrigkeit des § 5 WiStG kann vorsätzlich oder leichtfertig begangen werden.
Der Täter handelt vorsätzlich, wenn er bei der Forderung oder Entgegennahme des
unangemessen hohen Entgelts die Umstände kennt, denen das geringe Angebot
vergleichbarer Wohnungen zu entnehmen ist, und wenn er weiß, dass das Entgelt nicht
unwesentlich höher als das ortsübliche und nur im Hinblick auf das geringe Angebot zu
erzielen ist.
Leichtfertig handelt jemand, der sich nicht über die Angemessenheit des Mietzinses durch
Erkundigungen informiert. Er muss sich nicht nur bei einer kompetenten Stelle über die
örtliche Vergleichsmiete, sondern auch über die Marktlage vergewissern.
Es
muss
daher
leider
festgestellt
werden,
dass
die
Erfüllung
der
Tatbestandsvoraussetzungen des § 5 WiStrG in nur sehr wenigen Fällen gerichtsfest
nachgewiesen werden können. Es ist daher sehr schwierig, eine Ordnungswidrigkeit nach §
5 WiStrG wirksam zu verfolgen.
Demnach könnte ein besonderer Hinweis auf der Homepage des Bezirkes die Bürgerinnen
und Bürger insofern irre führen, als das von offizieller Seite ein möglicher Erfolg im
Ordnungswidrigkeitenverfahren suggeriert wird.
Berlin, den 11.02.2014
Frau Schöttler, Angelika
Bezirksamt
Herr Schworck, Oliver
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