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GRÜNE Anlage zum Antrag Bürgerhaushalt.pdf

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Daten

Kommune
Berlin Tempelhof-Schöneberg
Dateiname
GRÜNE Anlage zum Antrag Bürgerhaushalt.pdf
Größe
53 kB
Erstellt
16.10.15, 17:18
Aktualisiert
27.01.18, 12:18

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Inhalt der Datei

Bürgerhaushalte in den Berliner Bezirken Im Bezirk Lichtenberg wurde 2005 der erste Berliner Bürgerhaushalt durchgeführt und gilt seitdem deutschlandweit als Leuchtturmprojekt. Es folgten weitere Bezirke wie Marzahn-Hellersdorf oder auch Friedrichshain-Kreuzberg und Charlottenburg-Wilmersdorf, in denen Bürgerhaushalte begonnen und aus verschiedenen Gründen wieder eingestellt wurden. Nach den Wahlen zu den Berliner Bezirksverordnetenversammlungen im September 2011 wurde gleich in mehreren Zählgemeinschaftsvereinbarungen erklärt, einen Bürgerhaushalt zu installieren. In FriedrichshainKreuzberg tagt zurzeit eine Arbeitsgruppe unter Mitwirkung von interessierten Bürgerinnen und Bürgern, um das Verfahren besser auszugestalten und den Bürgerhaushalt neu aufzulegen. Auch Mehr Demokratie ist in dieser Arbeitsgruppe vertreten. Und auch in Charlottenburg-Wilmersdorf, Tempelhof-Schöneberg und Marzahn-Hellersdorf wird über die Neuauflage beziehungsweise Einführung eines Bürgerhaushalts diskutiert. Mit dem Bürgerhaushalt erhalten die Einwohnerinnen und Einwohner die Möglichkeit, aktiv mit Vorschlägen und Ideen an der Gestaltung des Haushalts ihrer Kommune mitzuwirken. Der Grundgedanke dabei ist folgender: Wenn die Bürgerinnen und Bürger in die Lage versetzt werden, mitzubestimmen, wie die öffentlichen Gelder verwendet werden, verringert dies die Kluft zwischen Politik, Verwaltung und Bürgerschaft. Das Wissen der Bürgerinnen und Bürger bei der Haushaltsplanung ist sehr nützlich, da die Menschen aus der alltäglichen Erfahrung heraus die Probleme vor Ort kennen. Sie wissen, welche Dinge verbessert oder anders gelöst werden können. Darüber hinaus führt der Bürgerhaushalt zu mehr Transparenz bei der Haushaltsaufstellung. Den Einwohnerinnen und Einwohnern werden dadurch sowohl die Ausgaben als auch die Einnahmen eines Bezirks verdeutlicht. Durch die Mitsprache kann somit auch Akzeptanz für schwierige Entscheidungen erzeugt werden. Kosten 50.000 € pro Jahr sollten ausreichen, um in einer Kommune mit mehr als 250.000 Einwohnerinnen und Einwohnern einen gut funktionierenden Bürgerhaushalt durchzuführen. In Lichtenberg wurden bis 2009 jährlich etwa 70.000 € ausgegeben. Die größten Kosten verursachten dabei das Internet (25.000 €) und das Porto für die Haushaltebefragung (30.000 €). In 2010 wurde die Haushaltebefragung auf E-Mail umgestellt, so dass für diesen Kostenpunkt nur noch 7.000 € anfielen. An dieser Stelle muss gesagt werden, dass Lichtenberg ein breites Spektrum von Maßnahmen durchführt. Die Kosten ließen sich durch weniger Maßnahmen, die in Lichtenberg allerdings zu der guten Beteiligung geführt haben, noch reduzieren. Außerdem sei erwähnt, dass Lichtenberg vor allem in der Anfangsphase auf Fördergelder zurückgreifen konnte. Auf das Wie kommt es an Wie bei allen Beteiligungsverfahren kommt es beim Bürgerhaushalt auf die Ausgestaltung des Verfahrens an. Dabei tauchen viele Fragen auf: • Welcher Teil des Haushalts steht überhaupt zur Debatte? • Wie wird der Bürgerhaushalt bekannt gemacht? • Welche Informationen stehen den Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung? • Wie können die Vorschläge und Präferenzen eingereicht werden? • Wie ist für ausreichend Kommunikation zwischen den Akteuren gesorgt? • Wie ist der Bürgerhaushalt in die Haushaltsaufstellung eingebunden? • Wie ist gewährleistet, dass der Prozess evaluiert und weiterentwickelt wird? Kriterien für einen guten Bürgerhaushalt Im Folgenden finden sich Kriterien, an denen sich ein Bürgerhaushalt orientieren sollte. Die Verweise auf den Bürgerhaushalt in Lichtenberg sind als Vorschläge zu verstehen, die dazu beitragen, dass ein Bürgerhaushalt gut funktionieren kann. 1. Der Bezirkshaushalt wird für die Einwohnerinnen und Einwohner verständlich aufbereitet. Das gilt für die Einnahmen- und für die Ausgabenseite. Die Einbindung der Bürgerinnen und Bürger in die Haushaltsaufstellung setzt voraus, dass sie den Haushalt verstehen. Ihnen sollten die Einnahmen und Ausgaben in den einzelnen Bereichen in groben Zügen verdeutlicht werden. Vorbildlich ist hier das Projekt www.offenerhaushalt.de. Hier wird der Bundeshaushalt in einer Baumstruktur dargestellt. Dadurch wird das Verhältnis von Einzelposten zum Budget einzelner Ressorts und zum Gesamthaushalt verdeutlicht. 2. Der Bürgerhaushalt soll in den regulären Haushaltsprozess fest eingebunden sein. Eine Beschränkung auf regionale Budgets für die einzelnen Ortsteile (z.B. Kiezfonds) reicht nicht aus. Es sollten Vorschläge zum gesamten Haushalt eingereicht werden können, die dann in den regulären Prozess der Haushaltsaufstellung einfließen. Nur so findet eine bezirksweite Diskussion zwischen den Bürgerinnen und Bürgern statt. Ihnen werden somit die Möglichkeiten und auch die Grenzen des Bezirkshaushalts bewusst gemacht. Da die Umsetzung von angenommenen Vorschlägen mitunter mehrere Jahre dauern kann, hat man in Lichtenberg ergänzend Kiezfonds in einer Gesamthöhe von 65.000 € eingerichtet. Jeder Stadtteil hat so 5.000 € für kostengünstige und leicht umzusetzende Vorschläge zur Verfügung. Über die Vergabe entscheidet eine Bürgerjury. Auch in Friedrichshain-Kreuzberg wird dieses Mischmodell zurzeit diskutiert. Der Bürgerhaushalt sollte folgendermaßen in den Haushaltsprozess eingebunden sein: Die Vorschlags- und Bewertungsphase endet spätestens zum geplanten Zeitpunkt des Eckwertebeschlusses des Bezirksamtes. Die Vorschläge mit der besten Bewertung fließen in den weiteren Aufstellungsprozess ein. Darauf folgend prüft das Bezirksamt die Vorschläge ernsthaft und wohlwollend auf ihre Umsetzbarkeit und lässt sie so in den Aufstellungsprozess einfließen. Schnellstmöglich nach Beschluss des Haushalts durch den Bezirk legen Bezirksverordnetenversammlung und Bezirksamt transparent und umfassend Rechenschaft über ihre Entscheidung zu den einzelnen Vorschlägen ab. 3. Der Bürgerhaushalt soll alle steuerbaren Leistungen des Bezirks zum Thema haben. Ein großer Teil der Ausgaben im Bezirk ist rechtlich gebunden. So entfielen in Lichtenberg 2010 nur 38 Mio. € (von insgesamt 640 Mio. €) auf steuerbare Leistungen. Diese sind theoretisch frei verfügbar, was aber nicht bedeutet, dass dieser Betrag für die Vorschläge der Bürgerinnen und Bürger reserviert ist. Die Bezirksverordnetenversammlung entscheidet letztlich darüber, welche Vorschläge in welchem Umfang im Haushalt Berücksichtigung finden. 4. Der Bürgerhaushalt ist ein institutionalisiertes Verfahren und sollte jährlich stattfinden. In allen Kommunen mit erfolgreich laufendem Bürgerhaushalt findet dieser im jährlichen Turnus statt. Gerade durch die turnusmäßige Wiederholung entsteht eine gewisse Verlässlichkeit für die Bürgerinnen und Bürger. Die Einbindung der Einwohner in die Kommunalpolitik wird zur Selbstverständlichkeit. Versuche, den Bürgerhaushalt in mehrjährigem Abstand durchzuführen, sind hingegen mehrfach gescheitert (bspw. in Bergheim und Hamburg). Obwohl die Zuweisung der Mittel durch das Abgeordnetenhaus im Rahmen eines Doppelhaushalts erfolgt, wird in Lichtenberg im zweiten Haushaltsjahr eine Anpassung vorgenommen, so dass die Vorschläge der Bürgerinnen und Bürger auch dort einfließen können. 5. Zur Gewährleistung eines transparenten, bürgernahen und praktikablen Verfahrens soll eine mit Vertretern der Zivilgesellschaft, Politik und Verwaltung besetzte Arbeitsgruppe gebildet werden, die den gesamten Prozess ehrenamtlich begleitet und berät. Vor allem in der Anfangsphase aber auch zu einem späteren Zeitpunkt besteht erfahrungsgemäß viel Anpassungsbedarf, damit sich der Bürgerhaushalt beispielsweise besser in das Verwaltungshandeln einfügt oder die Beteiligung seitens der Bürgerschaft erhöht wird. Das Verfahren sollte während des laufenden Prozesses und nach Abschluss von Politik, Verwaltung sowie Bürgerinnen und Bürgern gemeinsam diskutiert und Verbesserungen auf den Weg gebracht werden. So wurden in Lichtenberg verschiedene Maßnahmen erst nach und nach eingeführt. Um beispielsweise die Beteiligung zu steigern, hat man sich für einen Votierungstag entschieden, an dem die Verwaltung auf öffentliche Plätze, in Einkaufszentren etc. geht, um die Bürgerinnen und Bürger vor Ort abstimmen zu lassen. Der Bürgerhaushalt von Porto Alegre Das im Süd-Osten Brasiliens gelegene Porto Alegre (1,4 Millionen EW) gilt als Mutter der Beteiligungs- bzw. Bürgerhaushalte. Korruption und Misswirtschaft führten Ende der 1980er Jahre dazu, dass so gut wie kein Geld für Investitionen mehr vorhanden war. Als Reaktion darauf wurde 1989 neben der Erneuerung und Umstrukturierung der Verwaltung vor allem eine basisdemokratische Neuorganisation von Entscheidungsprozessen vorgenommen. Der Bürgerhaushalt war Teil dieser Maßnahmen. Mittlerweile werden in allen 17 Stadtteilen Bürgerversammlungen durchgeführt, in denen relevante Themen diskutiert und per Abstimmung Prioritäten festgelegt werden. Durch die Versammlungen gewählte Delegierte sind für die Ausarbeitung der Vorschläge zu den einzelnen Themen zuständig. Zudem gibt es einen Rat für den Bürgerhaushalt, welcher die Prioritäten der Stadtteile nach den zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln einteilt und dafür zu sorgen hat, dass diese Prioritäten in den Haushalt aufgenommen werden. So wird die Verwaltung bei der Planung unterstützt als auch bei der Umsetzung kontrolliert, da der Rat ein Mitspracherecht bei der Vergabe öffentlicher Güter besitzt. Aufgrund des enormen Erfolgs des Bürgerhaushalts (Rückgang der Korruption und der Sterblichkeit, Verbesserung der öffentlichen Dienste und der Versorgung) wurde dieser 1999 auch im Bundesstaat Rio Grande do Sul (10 Millionen EW) eingeführt. 6. Der Bürgerhaushalt soll eine öffentliche Diskussion und Gewichtung aller Ideen beinhalten. Entscheidend beim Bürgerhaushalt ist, dass nicht nur die Verwaltung eine Rückmeldung der Bürgerinnen und Bürger über ihre Prioritäten erhält. Es sollen vor allem auch die Bürgerinnen und Bürgern miteinander ins Gespräch kommen. Nur so lernen sie das Für und Wider der einzelnen Vorschläge kennen und haben die Möglichkeiten, andere von ihren Ideen zu überzeugen. Die Diskussion wird auf verschiedenen Ebenen – online und offline – ermöglicht. 7. Der Bürgerhaushalt soll durch die Nutzung von verschiedenen und niedrigschwelligen Beteiligungsmöglichkeiten möglichst vielen Menschen eine Teilnahme ermöglichen. Wichtig ist, dass alle Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit bekommen, sich in das Verfahren einzubringen. Darüber hinaus ist eine möglichst hohe Beteiligung wünschenswert. Um diese zu erreichen, sollten mehrere Kanäle angeboten werden, um die Bürgerschaft zu erreichen und um ihnen eine Plattform zu geben, miteinander ins Gespräch zu kommen. In Lichtenberg wurden verschiedene Maßnahmen durchgeführt, um eine möglichst gute Beteiligung zu erreichen. Die Maßnahmen wurden nach und nach eingeführt, so dass die Beteiligung sich von Jahr zu Jahr erhöht hat. Beim Bürgerhaushalt 2011 haben rund 8.000 Bürgerinnen und Bürger abgestimmt. Die Bürgerinnen und Bürger konnten sich bisher sowohl auf Stadtteilkonferenzen einbringen als auch im Internet Vorschläge einreichen, diskutieren und darüber abstimmen. Zusätzlich erhielten 25.000 (10 %) nach dem Zufallsprinzip ausgewählte Haushalte per Post die Möglichkeit, teilzunehmen. Es konnten jederzeit Vorschläge per E-Mail, Post oder persönlich auf dem Bürgeramt eingereicht werden. Und darüber hinaus hat die Verwaltung, wie oben bereits erwähnt, einen Votierungstag durchgeführt. Es gibt darüber hinaus eine Vielzahl von Einrichtungen wie Stadtteilzentren und Quartiersmanagement, die zur Bekanntmachung des Bürgerhaushalts in ihren Stadtteilen beitragen können. 8. Der Bezirk soll Rechenschaft darüber ablegen, wie mit den Vorschlägen umgegangen wurde. Für die Bereitschaft, an folgenden Bürgerhaushalten teilzunehmen, braucht es ein transparentes Verfahren vor allem im Hinblick auf die Umsetzung der Vorschläge. Nicht die Bürgerinnen und Bürger sondern die Bezirksverordnetenversammlung entscheidet darüber, welche von den Bürgerinnen und Bürgern priorisierten Vorschläge in den Haushaltsplan aufgenommen bzw. nicht aufgenommen werden. Am Ende des Verfahrens sollte die Bezirksvertretung Stellung dazu nehmen, warum die Vorschläge umgesetzt bzw. nicht umgesetzt werden. Dies kann über Veranstaltungen in den Stadtteilen oder schriftlich auf der Internetseite erfolgen. Es ist zu empfehlen, die konkrete Umsetzung ebenfalls sichtbar zu machen, um die Identifizierung mit dem Bürgerhaushalt auf allen Seiten zu fördern. In einigen Städten wurden beispielsweise Plaketten an Parkbänke angebracht, wenn sie als Ergebnis eines Bürgerhaushalts aufgestellt wurden. Mehr Demokratie e.V. Greifswalder Str. 4 10405 Berlin Tel.: 030 - 42082370 Fax.: 030 – 42082380 berlin@mehr-demokratie.de http://bb.mehr-demokratie.de http://www.mehr-demokratie.de