Daten
Kommune
Bochum
Dateiname
Beschlussvorlage der Verwaltung.pdf
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248 kB
Erstellt
01.06.16, 00:00
Aktualisiert
30.01.18, 12:35
Stichworte
Inhalt der Datei
Beschlussvorlage der Verwaltung
Nr.: 20161136
Status: öffentlich
Datum: 18.05.2016
Verfasser/in: Gerhard Grobelny
Fachbereich: Ordnungsamt
Bezeichnung der Vorlage:
Bürgerantrag Katzenkastrations- und Kennzeichnungspflicht
Beschlussvorschriften:
§ 24 Gemeindeordnung
Beratungsfolge:
Gremien:
Sitzungstermin:
Zuständigkeit:
Ausschuss für Umwelt, Sicherheit und Ordnung
09.06.2016
Entscheidung
Beschlussvorschlag:
Die Stadt Bochum erlässt aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse keine Verordnung zum
Schutz freilebender Katzen.
Begründung:
Mit E-Mail vom10.12.2016 beantragt die “IG Pro Katzenschutzverordnung“ den Erlass einer
Katzenschutzverordnung mit Kastrations- und Kennzeichnungspflicht für Freigängerkatzen
zur Verhinderung der unkontrollierten Fortpflanzung von Hauskatzen. Die Antragstellerin
wünscht, dass die gemäß beigefügter Anlage aufgeführten ordnungsbehördlichen
Regelungen in die Verordnung aufgenommen werden.
Dieser Antrag ist ein Bürgerantrag im Sinne des § 24 Gemeindeordnung.
Mit der Regelung des § 13 b Tierschutzgesetz wurden die Landesregierungen ermächtigt,
durch Rechtsverordnung den unkontrollierten Auslauf fortpflanzungsfähiger Katzen zu
beschränken oder zu verbieten, soweit dies zur Verhütung erheblicher Schmerzen, Leiden
oder Schäden bei den im betroffenen Gebiet lebenden Katzen erforderlich ist. Diese
Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen zum Schutz freilebender Katzen gemäß
§ 13 b des Tierschutzgesetzes ist mit § 5 der Zuständigkeitsverordnung Tierschutz NRW auf
die Kreisordnungsbehörden übertragen worden.
Vor dem Erlass einer solchen Rechtsverordnung ist aufgrund der bunderechtlichen
Vorgaben das Vorliegen für die Ausweisung eines Schutzgebietes festzustellen. Die
Feststellungen können nach Maßgabe der folgenden Hinweise getroffen werden:
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1. Festzustellen ist, dass eine hohe Zahl an freilebenden Katzen in dem auszuweisenden
Gebiet vorhanden ist.
2. Sind an den Tieren dieser Population erhebliche Schmerzen, Leiden und Schäden
festzustellen?
3. Sind die festgestellten Schmerzen, Leiden oder Schäden auf die ebenfalls hohe
Population zurückzuführen?
4. Inwieweit können durch eine Verminderung der Anzahl dieser Katzen deren Schmerzen,
Leiden und Schäden verringert werden und reichen andere Maßnahmen, insbesondere
solche mit unmittelbarem Bezug auf die freilebenden Katzen, nicht aus?
5. Sofern eine Katzenschutzverordnung auf der Grundlage des § 13 b Tierschutzgesetz
eingeführt werden soll, hat das zuständige Organ hierüber Beschluss zu fassen.
Zunächst wurde die Antragstellerin (Sitz der Interessengemeinschaft befindet sich nicht in
NRW) gebeten, den Antrag zu konkretisieren und insbesondere Angaben hinsichtlich
Population, auszuweisender Schutzgebiete zu machen sowie weitere Erkenntnisse
mitzuteilen. Die Antragstellerin ging jedoch in ihrem Antwortschreiben in keiner Weise auf die
erbetenen Angaben ein.
Infolge dessen wurden zur Prüfung der Voraussetzungen zum Erlass einer
Katzenschutzverordnung der Tierschutzverein Bochum und Umgebung e. V. sowie weitere
Tierschutzvereine im Rahmen einer Gesprächsrunde gebeten, belegbare Zahlen zu
Kastrationen verwilderter Katzen für den Zeitraum der letzten fünf Jahre sowie Zahlen zu
Populationsdichte für bestimmte Gebiete innerhalb des Stadtgebietes Bochum anzureichen.
Ferner sollte erklärt werden, welche Erkenntnisse über Leiden und Schäden, die auf eine zu
hohe Populationsdichte nicht kastrierter Katzen zurückzuführen sind, vorliegen und welche
Leiden bzw. Krankheiten bei den Tieren abweichend vom Normalzustand in diesem
Zusammenhang festgestellt wurden.
Die Auswertung der angereichten Unterlagen der Tierschutzvereine für den Zeitraum 2011
bis 2015 ergibt folgendes Gesamtbild:
1. Die Zahl der Kastrationen ist im o. g. Zeitraum kontinuierlich zurückgegangen. Insgesamt
ist ein Rückgang von rund 50% zu verzeichnen.
2. Auch die Zahl kranker Tiere ist in den letzten fünf Jahren, ebenso wie die Zahl
euthanasierter Tiere, um 50% zurückgegangen.
3. Seriöse Angaben über Populationsdichte und Bestimmung einzelner Gebiete innerhalb
des Bochumer Stadtgebietes können von den Tierschutzvereinen nicht gemacht werden,
da sich aufgrund der versteckten Lebensweise der Katzen eine genaue Beobachtung der
Populationsdichte nicht darstellen lässt.
Ursächlich für den Rückgang der Kastrationen und der Behandlungen erkrankter Katzen
dürfte auch die engagierte und erfolgreiche Arbeit der Bochumer Tierschutzvereine sein.
Ein weiterer zu berücksichtigender Aspekt bei der Überlegung bzgl. des Erlasses einer
Katzenschutzverordnung ist die Tatsache, dass eine solche Verordnung unter einem
Vollzugsdefizit leiden würde. Die Verwaltung verfügt weder über das vorhandene Personal
noch über die erforderlichen finanziellen Mittel.
Bei Freigängerkatzen, hier handelt es sich um gehaltene Katzen, die unkontrolliert freien
Auslauf haben, wäre es die Aufgabe der Verwaltung, entsprechenden Hinweisen aus der
Bevölkerung nachzugehen und zu ermitteln, ob die Beschwerde über eine Freigängerkatze
auch den Tatsachen entspricht. Bei Beschwerden über Katzenhalter müsste zunächst von
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der Verwaltung ermittelt werden, ob die Vorwürfe zu Recht bestehen. In der Regel werden
solche Vorwürfe vehement bestritten. Dies bedeutet für die Verwaltung, dass sie in der
Pflicht gesetzt wird, den unkontrollierten Auslauf der Freigängerkatze nachzuweisen. Dies
gestaltet sich in der Praxis generell als äußerst schwierig und zeitaufwändig. Erst dann kann
der Katzenhalter zur Kastration seiner Katze per Ordnungsverfügung aufgefordert werden.
Freigängerkatzen, derer die Behörde innerhalb eines Schutzgebietes habhaft wird, kann zum
Zweck der Ermittlung in Obhut genommen werden. Eine Zuordnung bzw. Ermittlung des
Katzenhalters führt jedoch in der Mehrzahl der Fälle nicht zum Erfolg.
Bei freilebenden Katzen wäre es Aufgabe der Behörde, diese einzufangen, unfruchtbar
machen zu lassen und wieder an der aufgegriffenen Stelle auszusetzen. Damit eine
praktische Umsetzung überhaupt möglich wäre, müssten Lebendfallen beschafft und für
entsprechende Lagermöglichkeiten gesorgt werden.
Nachfolgende Arbeitsschritte kämen auf die Verwaltung zur Kastration freilebender Katzen
zu:
1. Aufstellen der Fallen
2. Kontrollen der Fallen (zweimal täglich am Morgen und am Abend)
3. Transport der gefangenen Katzen zum Tierarzt (Kastration, eventuell auch Behandlung
von verletzten Tieren und ggf. eine übergangsweise Unterbringung im Tierheim)
4. Kennzeichnung und Registrierung der Katzen
5. Transport der kastrierten Katzen zum Ort, an dem diese gefangen wurden, um sie dort
wieder auszusetzen
Grundsätzlich könnte mit dem Einfangen, Transportieren, Kastrieren etc. ein Dritter
beauftragt werden, was allerdings die Bereitstellung nicht unerheblicher finanzieller Mittel
bedeuten würde.
Zu den Kosten für Personal, Sachmittel und den Kosten für Kastrationen verweise ich auf die
Mitteilung der Verwaltung - Vorlage Nr. 20131403 -. Die Summen sind aufgrund der
allgemeinen Preis- und Gehaltsanhebungen leicht gestiegen, so dass bis zu ca. 70.000 €
jährlich fix zu veranschlagen sind. Hinzu kämen Kastrationskosten in Höhe von ca. 90.000 €
Fördermittel werden seit 2013 vom Land Nordrhein-Westfalen auch weiterhin sowohl für
2016 als auch für 2017 den Tierschutzvereinen zur Kastration von Katzen bei Vorliegen der
Voraussetzungen gewährt. Der jährliche Förderungsbetrag von 5000,- Euro pro
Tierschutzverein wurde in diesem Jahr sogar auf 10.000,- Euro angehoben. Die
Tierschutzvereine wurden in diesem Jahr nochmals auf die Fördermöglichkeiten
hingewiesen. Nach eigener Aussage erfüllt aber keiner der Bochumer Tierschutzvereine die
Voraussetzungen, die Zuwendungen erhalten zu können.
Herr Dr. Ingo Franke als Mitglied des Landschaftsbeirats weist in seiner Stellungnahme
daraufhin, dass freilaufende Katzen auch unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes
betrachtet werden sollen. Freilaufende Katzen würden laut amerikanischer, australischer
und britischer Studien zu Folge zum Aussterben bestimmter Vogelarten beitragen. Singvögel
in heimischen Gärten, aber auch kleine Säuger, gehören zum Beuteschema von Katzen.
Bedingt durch den ausgeprägten Jagdtrieb käme es zu einer erheblichen Dezimierung des
Vogelbestandes. Deshalb sei es aus Sicht der Naturschützer notwendig, eine Kastrations-,
Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht zu fordern.
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Zusammenfassend ist Folgendes festzustellen:
1. Die Populationsdichte, bezogen auf bestimmte Bezirke innerhalb des Stadtgebietes, lässt
sich nicht feststellen. Demzufolge kann auch keine Ausweisung bestimmter
Schutzgebiete erfolgen. Insofern müsste sich eine Katzenschutzverordnung auf das
gesamte Stadtgebiet beziehen.
2. Die Zahlen kastrierter, kranker und euthanasierter Tiere sind rückläufig und haben sich in
den letzten fünf Jahren um rund 50% verringert.
3. Eine Katzenschutzverordnung würde an einem Vollzugsdefizit leiden, da die Verwaltung
weder über die personellen Ressourcen, über die finanziellen Mittel, die Sachmittel noch
über Kenntnisse in der Handhabung von Lebendfallen verfügt.
4. Die praktische Umsetzung und der damit für die Verwaltung verbundene Aufwand auf der
Basis einer Katzenschutzverordnung steht in keinem Verhältnis zum beabsichtigten
Erfolg, da sich die Zahl wildlebender und sogenannter Freigängerkatzen nur
unwesentlich verringern und dem eigentlichen Problem nicht abhelfen würde.
5. Verwilderte, freilebende Katzen würden selbst nach einer Kastrierung wieder in der Natur
ausgesetzt, so das kein Schutz für die Vogelwelt verwirklicht wird.
Die Verwaltung vertritt die Auffassung, dass eine Katzenschutzverordnung kein probates
Mittel darstellt, einen nennenswerten Effekt hinsichtlich des Schutzes freilebender Katzen zu
erzielen, da sich die Gesamtzahl nicht kastrierter Freigängerkatzen als auch freilebender
Katzen nur um einen minimalen Prozentsatz zurückführen ließe. Der sich durch solch eine
Verordnung ergebende umfangreiche Überwachungs- und Vollzugsaufwand ist völlig
illusorisch und geht an den tatsächlich hier zur Verfügung stehenden finanziellen und
personellen Kapazitäten deutlich vorbei, so dass lediglich ein Tätigwerden in einzelnen
Beschwerdefällen erfolgen könnte.
Aufgrund der hier insgesamt vorliegenden Erkenntnisse wird aus Sicht der Verwaltung kein
Bedarf für den Erlass einer Verordnung zum Schutz freilebender Katzen gesehen.
Finanzielle Auswirkungen:
Mittelbedarf für die Durchführung der Maßnahmen:
Jährliche Folgelasten (gemäß beiliegender Berechnung):
Anlagen:
Bürgerantrag Katzenkastrations- und Kennzeichnungspflicht
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