Daten
Kommune
Kreuzau
Größe
85 kB
Datum
06.12.2016
Erstellt
14.11.16, 18:15
Aktualisiert
14.11.16, 18:15
Stichworte
Inhalt der Datei
Gemeinde Kreuzau
Finanzen - Herr Stirnberg
BE: Herr Schmühl/Herr Stirnberg
Kreuzau, 10.11.2016
Vorlagen-Nr.: 98/2016
- öffentlicher Teil Sitzungsvorlage
für den
Haupt- und Finanzausschuss
Rat
22.11.2016
06.12.2016
Optionserklärung gem. § 27 Abs.22 Umsatzsteuergesetz
I. Sach- und Rechtslage:
Im September des Vorjahrs hat der Bundestag mit dem „Steueränderungsgesetz 2015“ eine
grundlegende Neuregelung für die Umsatzbesteuerung aller juristischen Personen des
öffentlichen Rechtes (jPdöR) verabschiedet. Er ist damit der Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofes gefolgt und hat die deutsche Rechtslage den Europäischen
Mehrwertsteuersystemrichtlinien (MwStSystRL) angeglichen. Die Neuregelung ist am 1.1.2016 in
Kraft getreten.
Die mit dem Steueränderungsgesetz 2015 umgesetzte Novellierung der Umsatzbesteuerung führt
in Verbindung mit der Einführung des § 2b Umsatzsteuergesetz –UstG- „Juristische Personen des
öffentlichen Rechts“ (jPöR), zu einem Paradigmenwechsel bei der Umsatzbesteuerung der
öffentlichen Hand.
Im Wesentlichen beinhaltet die gesetzliche Neuregelung die Entkopplung der umsatzsteuerlichen
Unternehmereigenschaft der öffentlichen Hand von dem Vorliegen eines körperschaftsteuerlichen
Betriebes gewerblicher Art. In Folge dessen sind wirtschaftliche Betätigungen von juristischen
Personen des öffentlichen Rechts nunmehr körperschaftsteuerlich und umsatzsteuerlich getrennt
zu betrachten und zu würdigen.
Unternehmer gem. § 2 Abs. 1 UstG ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig
und nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen ausübt. Nach derzeit geltendem Recht sind jPöR
gem. § 2 Abs. 3 Satz 1 UstG ausschließlich im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (BgA) i. S
d. § 1 Abs. 1 Nr. 6 und § 4 KStG sowie ihrer land- und forstwirtschaftlichen Betriebe
unternehmerisch tätig.
Durch diese Bindung an den körperschaftsteuerlichen Begriff des Betriebes gewerblicher Art
unterliegt insbesondere die vermögensverwaltende Tätigkeit der öffentlichen Hand, die nach
Körperschaftsteuerrecht grundsätzlich keinen Betrieb gewerblicher Art darstellt, nicht der
Umsatzbesteuerung.
Nach § 2b UstG werden jPöR nur noch dann nichtunternehmerisch tätig, wenn sie in Ausübung
öffentlicher Gewalt (hoheitlich) handeln und eine Behandlung als Nichtunternehmer nicht zu
größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde. Wann eine größere Wettbewerbsverzerrung u.
a. nicht anzunehmen ist, wird in den Absätzen 2 und 3 des § 2b UstG ausgeführt (z. B. geringfügige Tätigkeiten und bestimmte Kooperationsleistungen).
Beistandsleistungen unterlagen bisher weder der Körperschaftssteuer noch der Umsatzsteuer.
Leistungen und damit insbesondere die Zusammenarbeit zwischen juristischen Personen des
öffentlichen Rechts sind nunmehr dann umsatzsteuerbar, wenn ihnen eine privatrechtliche
Vereinbarung zugrunde liegt. Basieren die Tätigkeiten auf einer öffentlich-rechtlichen Grundlage,
sind sie von der Besteuerung ausgenommen, es sei denn, die jPöR tritt mit privaten Unternehmen
in einen nicht unbeachtlichen Wettbewerb.
Bezüglich der Gesetzeslage ist festzustellen, dass der bisherige § 2 Abs. 3 UstG formal schon
zum Ende 2015 gestrichen worden ist; gleichwohl ist er „in der am 31.12.2015 geltenden Fassung“
gem. § 27 Abs. 22 Satz 1 UstG auf Umsätze, die nach dem 31.12.2015 und vor dem 01.01.2017
ausgeführt werden, weiterhin anzuwenden.
§ 2b UstG in der am 01.01.2016 geltenden Fassung ist nach § 27 Abs. 22 Satz 2 UstG auf solche
Umsätze anzuwenden, die nach dem 31.12.2016 ausgeführt werden.
Ab dem 01.01.2017 entfällt somit i. d. R. die nach dem bisherigen Wortlaut entscheidende
Anknüpfung des Umsatzsteuerrechts an den ertragsteuerlichen Begriff des Betriebes gewerblicher
Art.
Weil der Gesetzgeber selbst erkannt hat, dass ein lediglich einjähriger Übergangszeitraum
angesichts des erheblichen Umbruchs in der Besteuerungssystematik zu kurz bemessen sein
dürfte, gibt § 27 Abs. 22 Satz 3 ff. UstG der jPöR einmalig die Möglichkeit, dem Finanzamt
gegenüber zu erklären, dass sie § 2 Abs. 3 UstG “in der am 31.12.2015 geltenden Fassung“ für
Leistungen die nach dem 31.12.2016 und vor dem 01.01.2021 erbracht werden, weiter anwendet.
Diese Erklärung ist grundsätzlich bei dem nach § 21 AO örtlich zuständigen Finanzamt von dem
gesetzlichen Vertreter oder einem Bevollmächtigten für sämtliche von der jPöR ausgeübten
Tätigkeiten einheitlich bis spätestens zum 31.12.2016 abzugeben. Gemäß § 27 Abs. 22 UStG
muss sich die jPöR nicht für die Fortgeltung der alten Rechtslage über den gesamten
Übergangszeitraum bis Anfang 2021 hinweg entscheiden. Sie kann die Optionserklärung mit
Wirkung vom Beginn des auf die Abgabe folgenden Kalenderjahres und dies auch rückwirkend
widerrufen. Nach erfolgtem Widerruf ist eine Rückkehr in das alte Recht nicht mehr möglich.
Diese Gesetzesänderung ist von erheblicher Bedeutung, enthält Chancen und Risiken und stellt
eine besondere Herausforderung für die öffentliche Hand dar. Sie erfordert eine umfangreiche
Prüfung und gesamtheitliche Betrachtung vielzähliger Verwaltungsbereiche bezüglich der
organisatorischen Gestaltung bestehender und zukünftiger öffentlicher Aufgaben und
wirtschaftlicher Betätigungen unter Berücksichtigung steuerlicher Gesichtspunkte. Mit der
Beteiligung von Wirtschaftsprüfern und Finanzbehörden sind die Verwaltungsbereiche einem
umfänglichen Überprüfungsprozess zu unterziehen. Diese Überprüfung kann sinnvollerweise aber
erst angegangen werden, wenn die Ausgestaltung der gesetzlichen Neuregelung durch einen
Anwendungserlass des Bundesfinanzministeriums erfolgt ist. Ein Entwurf dieses Erlasses liegt
derzeit den zuständigen Gremien zur Stellungnahme vor. Nach Einschätzung mehrerer
Wirtschaftsprüfungsbüros hat der Entwurf die Unklarheiten überwiegend nicht beseitigt. Das
Institut der Wirtschaftsprüfer bereitet eine umfangreiche Stellungnahme vor, in der auf den nach
wie vor bestehenden Regelungsbedarf hingewiesen werden soll.
Verwaltungsseitig wird empfohlen, im Wege der Optionserklärung den derzeitigen Status quo der
alten Rechtslage zu sichern und nach erfolgter Überprüfung der Verwaltungsbereiche zu
gegebener Zeit über die weitere Vorgehensweise (einen evtl. Widerruf der Optionserklärung) zu
entscheiden.
II. Haushaltsmäßige Auswirkungen:
Derzeit nicht absehbar.
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III. Beschlussvorschlag:
Der Rat ermächtigt den Bürgermeister, von der Übergangsregelung des § 27 Abs. 22
Umsatzsteuergesetz –UStG- Gebrauch zu machen und beauftragt den Bürgermeister, gegenüber
dem Finanzamt Düren zu erklären, dass die Gemeinde Kreuzau von der Möglichkeit Gebrauch
macht, die bis zum 31.12.2015 geltenden Regelungen bis zum 31.12.2020 anzuwenden.
Der Bürgermeister
- Ingo Eßer -
IV. Beratungsergebnis:
Einstimmig:
Ja:
Nein:
Enthaltungen:
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