Daten
Kommune
Jülich
Größe
41 kB
Datum
11.11.2015
Erstellt
30.10.15, 12:09
Aktualisiert
30.10.15, 12:09
Stichworte
Inhalt der Datei
Elektronische Gesundheitskarte (eGK) für Flüchtlinge in NRW
Fragen und Antworten
1) Warum wird die eGK für Flüchtlinge eingeführt?
Die Kommunen stoßen angesichts steigender Flüchtlingszahlen an ihre Grenzen – auch bei der medizinischen Versorgung. Für Flüchtlinge ist der Weg zur
medizinischen Versorgung bürokratisch und schwierig, worunter oft die Versorgung leidet. Denn bisher
•
müssen sich die Flüchtlinge in der ersten Monaten ihres Aufenthaltes
(in der Regel bis 15 Monate) erst einen Behandlungsschein bei der Kommune holen, wenn sie krank sind und zum Arzt / zur Ärztin müssen.
Dadurch geht Zeit verloren. Mit der eGK können Flüchtlinge wie alle anderen Menschen auch, direkt zum Arzt / zur Ärztin gehen, wenn sie akut
erkrankt sind.
•
müssen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kommune – in der Regel
ohne medizinische Ausbildung – entscheiden, ob eine akute Erkrankung
vorliegt und ein Arztbesuch erforderlich ist und später dann die einzelnen
Arztrechnungen prüfen. Auch über die Notwendigkeit und Unaufschiebbarkeit weiterer Maßnahmen im Rahmen der Behandlung muss oft die
Kommune entscheiden. Mit der eGK entfällt – bis auf sehr wenige Ausnahmen – dieser Entscheidungs- und Prüfaufwand.
2) Welche Flüchtlinge sollen eine eGK bekommen?
Die Vereinbarung erfasst nur Flüchtlinge, die die Erstaufnahmeeinrichtungen und
zentralen Unterbringungseinrichtungen des Landes verlassen haben und den
Gemeinden zugewiesen wurden. Jeder Flüchtling erhält eine eigene eGK; insoweit gelten die gleichen Regelungen wie für gesetzlich Versicherte.
3) Warum können Flüchtlinge die Gesundheitskarte nicht schon in den Erstaufnahme- und zentralen Unterbringungseinrichtungen bekommen?
In den Landeseinrichtungen bleiben die Flüchtlinge in der Regel nur kurze Zeit,
so dass die Beantragung und Aushändigung der eGK schon organisatorisch
kaum umsetzbar wäre. Auch ist zunächst offen, welchen Gemeinden die Flüchtlinge nach der Betreuung in den Landeseinrichtungen zugewiesen werden; dies
können auch Kommunen sein, die der Rahmenvereinbarung nicht beigetreten
sind. Außerdem kommt es regelmäßig vor, dass Flüchtlinge nach der Erstaufnahme NRW wieder verlassen und in anderen Bundesländern betreut werden.
Insgesamt wäre der administrative und finanzielle Aufwand für alle Beteiligten
(Land, Kommune, Krankenkassen) unvertretbar.
4) Unterscheidet die Vereinbarung zwischen Flüchtlingen mit guter und
schlechter Bleibeperspektive?
Nein. Die Rahmenvereinbarung unterscheidet nicht zwischen den Flüchtlingen
mit guter oder schlechter Bleibeperspektive. Generell sollen alle Flüchtlinge von
der eGK profitieren. Der Gemeinde steht es jedoch frei, in begründeten Einzelfällen Flüchtlinge nicht bei der betreffenden Krankenkasse anzumelden.
5) Wie erhalten die Flüchtlinge die eGK?
Zunächst muss die Gemeinde den Beitritt zur Rahmenvereinbarung erklären
(siehe Fragen 6 und 7). Dann meldet sie die ihr zugewiesenen Flüchtlinge bei der
für sie zuständigen Krankenkasse (siehe Frage 14) an. Die Krankenkasse schickt
die eGK später direkt an die Flüchtlinge. Da das ein wenig Zeit beansprucht,
stellt die Krankenkasse einen vorläufigen Abrechnungsschein für die ärztliche
und zahnärztliche Versorgung aus. Dieser wird den Flüchtlingen über die Gemeinde ausgehändigt, die die Flüchtlinge bei dieser Gelegenheit über die Nutzung und Anwendung der eGK informiert.
6) Ist die Teilnahme der Gemeinden an der Rahmenvereinbarung für diese
verpflichtend?
Nein. Jede einzelne Gemeinde entscheidet selbst, ob sie teilnehmen will. Sie
wird dabei sicher prüfen, ob es sich wirtschaftlich für sie rechnet, an der Vereinbarung teilzunehmen. Die Rahmenvereinbarung eröffnet ein Angebot an die
Gemeinden. Die Vereinbarung ist mit den kommunalen Spitzenverbänden allerdings im Detail abgestimmt.
7) Wie erfolgt der Beitritt einer Gemeinde und wann wird die Vereinbarung
tatsächlich umgesetzt?
Sobald ein positiver Ratsbeschluss vorliegt, zeigt die betreffende Gemeinde ihren
Beitritt gegenüber dem MGEPA an. Gemäß § 3 der Vereinbarung ist der Beitritt
einer Gemeinde mit einer Frist von zwei Monaten zum nächsten Quartalsbeginn
zu erklären. Dies bedeutet, dass eine Gemeinde, die ihren Beitritt bis Ende Oktober erklärt, bereits mit dem 1.1.2016 die Gesundheitskarte einführen kann. Erfolgt die Beitrittserklärung erst im November 2015, kann sie die Gesundheitskarte
zum Beginn des 2. Quartals 2016 einführen. Diese relativ lange Vorlaufzeit haben die Kommunen und Krankenkassen gemeinsam angeregt, weil beide eine
gewisse Vorlaufzeit zur Umsetzung benötigen.
8) Welche finanziellen Folgen für die Gemeinden sind zu erwarten?
Die Erfahrungen in Hamburg und Bremen haben gezeigt, dass es dort zu
Einsparungen in der jeweiligen Verwaltung gekommen ist. Die Gemeinden
profitieren außerdem von Rabattvereinbarungen und anderen Instrumenten der
gesetzlichen Krankenversicherung. Überdies eröffnet die Rahmenvereinbarung
die Evaluation der Ausgabenentwicklung und der an die Kassen zu zahlenden
Verwaltungskosten nach einer gewissen Vertragslaufzeit.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass nach einer Studie der Unis Heidelberg
und Bielefeld vieles dafür spricht, dass es kostengünstiger ist, den regelhaften
Zugang zu den Sozialleistungen von Anbeginn an zu gewähren. Mit zwei Ausnahmen waren die Kosten im Rahmen der eingeschränkten Versorgung zwei
Jahrzehnte lang höher, als die Kosten für den regelhaften Zugang zum Gesundheitsversorgungssystem.
9) Warum wurde eine andere Regelung zur Erstattung der Verwaltungskosten
vereinbart als in Bremen und Hamburg
Die Situation in den Stadtstaaten ist nicht mit der in einem Flächenland wie NRW
vergleichbar. Außerdem wird der Verwaltungsaufwand von den Krankenkassen
deutlich höher eingeschätzt als bei dem zu betreuenden Personenkreis nach
§ 264 Abs. 2 SGB V (u.a. Sozialhilfeempfänger), für den ein Verwaltungskostensatz von 5 % gesetzlich festgeschrieben ist. Diese Mehrbelastungen resultieren
u.a. aus den hohen Anlaufkosten, der hohen Fluktuation, einer sehr komplexen
Versorgungssituation und dem höheren Beratungs- und Informationsbedarf z.B.
wegen Sprachbarrieren und fehlender Kenntnisse des deutschen Gesundheitssystems. Bei der Festlegung des Verwaltungskostensatzes wurde auch auf eine
Regelung im Bundesvertriebenengesetz abgestellt, nach der der GKV vom Bund
ein gleichhoher Satz erstattet wird (§ 11 Abs. 6 BVFG). Wegen der bestehenden
Unsicherheiten für beide Seiten wurde eine zeitnahe Evaluation der Verwaltungskosten ausdrücklich vereinbart.
10) Wie erfolgt die Abrechnung der Leistungsausgaben?
Die Krankenkassen rechnen die ihr entstandenen Ausgaben kalendervierteljährlich mit der jeweils zuständigen Gemeinde ab (Spitzabrechnung). Die zuständige
Gemeinde leistet als Vorauszahlung monatliche Abschlagszahlungen je Leistungsberechtigtem, die sich an den durchschnittlichen Leistungsausgaben für
den Personenkreis orientieren und regelmäßig den tatsächlichen Leistungsausgaben angepasst werden. Es erfolgt in jedem Fall später eine Spitzabrechnung
auf der Grundlage der tatsächlich entstandenen Leistungsausgaben. Entstandene Überzahlungen werden zurückgezahlt.
11) Können auch Kommunen in der Haushaltssicherung der Vereinbarung beitreten?
Das Innenministerium hat schriftlich bestätigt, dass auch Gemeinden, die sich in
der Haushaltssicherung oder vorläufigen Haushaltsführung befinden, der geplanten Rahmenvereinbarung beitreten können. Kommunalaufsichtliche Belange
würden dem nicht entgegenstehen.
12) Wird der Leistungsumfang durch die eGK ausgeweitet?
Der Leistungsumfang orientiert sich an den Vorgaben der §§ 4 und 6 AsylbLG.
Daher wird es auch weiterhin Einschränkungen gegenüber den Leistungen für
gesetzlich Krankenversicherte geben. Bei anderen Leistungen, die in der Regel
direkt über die eGK abgerechnet werden, sind Asylbewerberinnen und -bewerber
anderen Versicherten jedoch grundsätzlich gleichgestellt. Die kommunalen
Spitzenverbände und die Krankenkassen haben vor diesem Hintergrund einen
Leistungsumfang gemeinsam definiert, der die Bedürfnisse der Flüchtlinge und
die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben berücksichtigt und zugleich ein möglichst unbürokratisches Verfahren der Leistungsgewährung festlegt.
13) Ist für die Leistungserbringer (Ärztinnen und Ärzte, Krankenhäuser) auf der
eGK erkennbar, ob es sich um Asylbewerberinnen und -bewerber handelt?
Nein. Von außen erfolgt keinerlei Kennzeichnung auf der eGK, intern ist lediglich
erkennbar, dass es sich um eine besondere Personengruppe handelt, d.h. nicht
um GKV-Versicherte.
14) Wie werden die Flüchtlinge auf die teilnehmenden Krankenkassen verteilt?
Ziel ist eine gleichgewichtige Verteilung auf die teilnehmenden Krankenkassen.
Um die Umsetzung zu erleichtern, ist ausdrücklich vorgesehen, dass jede
Gemeinde nur von einer Krankenkasse betreut wird und damit nur einen Ansprechpartner erhält. Dies reduziert den Aufwand insbesondere für die Gemeinden.
15) Warum machen nicht alle Krankenkassen mit?
Die Krankenkassen beteiligen sich an der Rahmenvereinbarung auf freiwilliger
Basis. Es besteht derzeit noch keine bundesgesetzliche Pflicht für die gesetzlichen Krankenkassen zur Betreuung der Asylbewerberinnen und -bewerber in
den ersten 15 Monaten ihres Aufenthalts. Der Bund hat Regelungen zur Verpflichtung der Krankenkassen angekündigt, diese stehen aber noch aus. Wann
der Bund seine Zusage umsetzt, ist derzeit nicht absehbar. Da das MGEPA nicht
warten wollte, hat es mit den Krankenkassen die Rahmenvereinbarung ausgehandelt und mit den kommunalen Spitzenverbänden abgestimmt. Sollte es noch
Vorgaben des Bundes dazu geben, kann die Rahmenvereinbarung angepasst
werden.
16) Wird die Solidargemeinschaft der gesetzlichen Krankenversicherung mit
Kosten belastet?
Nein. Wie in § 264 SGB V ausdrücklich vorgeschrieben, werden den betreuenden Krankenkassen die entstandenen Leistungsausgaben sowie deren Verwaltungskosten erstattet.
17) Warum wurde die eGK in NRW nicht eher umgesetzt?
NRW ist das erste Flächenland, das eine solche Rahmenvereinbarung abschließt. Für die Stadtstaaten Hamburg und Bremen war die Umsetzung viel
einfacher. Das MGEPA hat nach dem Ausbleiben einer bundeseinheitlichen
Regelung zeitnah die Verhandlungen mit den Krankenkassen aufgenommen.
Nach konstruktiver Zusammenarbeit der teilnehmenden Krankenkassen und der
kommunalen Spitzenverbände konnte die Rahmenvereinbarung geschlossen
werden.
18) Gibt es für sog. Hochkostenfälle eine andere Verfahrensweise als für
andere Krankheitskosten?
Nein. Die Regelung im Flüchtlingsaufnahmegesetz zur Unterstützung der Gemeinden bei außergewöhnlich hohen Krankheitskosten (derzeit mehr als
70.000 € je Flüchtling im Kalenderjahr) im Einzelfall bleibt davon unberührt. Das
kann auch nicht Gegenstand der Rahmenvereinbarung sein.