Daten
Kommune
Bochum
Dateiname
Mitteilung der Verwaltung.pdf
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103 kB
Erstellt
24.12.14, 20:01
Aktualisiert
27.01.18, 11:12
Stichworte
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Stadt Bochum
Mitteilung der Verwaltung
- Seite 1 -
Stadtamt
TOP/akt. Beratung
53 0 (3200/01)
Vorlage Nr. 20140108
Sicht- und Eingangsvermerk der Schriftführung
öffentlich/nichtöffentlich
nichtöffentlich gemäß
öffentlich
Bezug (Beschluss, Anfrage Niederschrift Nr. ... vom ... )
Bezeichnung der Vorlage
Projekt des Gesundheitsamtes: Impfungen und Tuberkulosetests bei Kindern ohne
Krankenversicherung
Beratungsfolge
Ausschuss für Migration und Integration
Sitzungstermin
akt.
Beratung
05.02.2014
Anlagen
Wortlaut
Bei den Zuwanderern aus Südosteuropa nach Bochum sind konkrete Erkenntnisse über das
Bestehen einer Krankenversicherung in der Regel nicht zu gewinnen. Es ist davon
auszugehen, dass eine Krankenversicherung im Heimatland überwiegend nicht vorhanden
ist. Daher steht das Kassenarztsystem zur gesundheitlichen Versorgung in Deutschland nur
für Notfälle zur Verfügung.
Das Gesundheitsamt hat nach dem Infektionsschutzgesetz sowie nach dem Gesetz über
den Öffentlichen Gesundheitsdienst NRW die Aufgabe, übertragbare Erkrankungen zu
verhüten und zu bekämpfen. Dabei „wirkt die untere Gesundheitsbehörde auf die
Sicherstellung des notwendigen Impfangebotes hin“.
Bei materiell schlecht gestellten Zuwanderern ohne Krankenversicherung werden vielfach
die notwendigen Impfungen nicht von niedergelassenen Ärzten geleistet. Das
Gesundheitsamt verfügt nicht über die finanziellen und personellen Ressourcen, um dies zu
übernehmen.
Daher entsteht eine Versorgungslücke bei der epidemiologisch bedeutsamen Vorbeugung
gegen die Weiterverbreitung ansteckender Erkrankungen. Dieses Risiko ist in
Gemeinschaftseinrichtungen wie Schulen und Kindertagesstätten besonders groß.
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Vorlage Nr. 20140108
An dieser Stelle setzt ein Projekt des Gesundheitsamtes an. Der Beginn des mit einem Jahr
Laufzeit geplanten Projekts ist für Februar 2014 geplant. Die Kampagne hat subsidiären
Charakter und soll nur dann zum Tragen kommen, wenn kein Krankenversicherungsschutz
besteht. Um die Zielgruppe zu erreichen, ist eine Kooperation mit dem Kommunalen
Integrationszentrum Bochum vorgesehen.
Das Projekt wird an eine Routinetätigkeit des Gesundheitsamtes angehängt, nämlich an die
Einschulungsuntersuchung. Diese wird auch bei sogenannten Seiteneinsteigern
durchgeführt. Als solche werden schulpflichtige Kinder jeden Alters bezeichnet, die ihren
Wohnort neu nach Deutschland verlegten.
Die zugewanderten Familien benötigen zur Beantragung von Kindergeld für ihre
schulpflichtigen Kinder eine Bescheinigung der örtlichen Grund- oder weiterführenden
Schule über den Schulbesuch. Zwischen dem Gesundheitsamt, dem Schulverwaltungsamt
und den Bochumer Schulen wurde abgestimmt, dass keine Schulbescheinigungen ohne
eine vorherige Untersuchung durch das Gesundheitsamt ausgestellt werden. Die bei den
Schulen anfragenden Erziehungsberechtigten ohne Nachweis einer erfolgten
Seiteneinsteiger-Untersuchung werden zunächst an das Gesundheitsamt verwiesen. Auf
diese Weise ist gewährleistet, dass alle schulpflichtigen Kinder aus neu zugewanderten
Familien medizinisch begutachtet werden.
Bei Seiteneinsteigern können häufig keine Impfdokumente vorgelegt werden. Es ist davon
auszugehen, dass zumindest teilweise erhebliche Impflücken bestehen. Das
Gesundheitsamt will diesen Kontakt mit allen Seiteneinsteigern vor dem Schulbesuch
nutzen, um die Impfungen selbst durchzuführen. Ebenso wird nach nicht schulpflichtigen
Geschwistern gefragt, die in der Folge ebenfalls ins Impfprogramm aufgenommen werden.
Besonders wichtig ist der Schutz gegen Tuberkulose. Daher sind nach Prüfung der
Notwendigkeit auch Tuberkulosetests geplant. Das Angebot zur Durchführung von
Impfungen ist freiwillig.
Da gegen mehrere Krankheiten geimpft wird und es sich jeweils um zwei bis vier
Einzelimpfungen handelt, entsteht ein komplexes Geflecht an (Folge-)Terminen, die zu
organisieren sind. Es ist damit zu rechnen, dass bei einem Teil der Geimpften die
Grundimmunisierung nicht beendet werden kann, da diese sich nicht lange genug in
Bochum aufhalten. Die Eltern werden mündlich und schriftlich über die Notwendigkeit eines
Impfschutzes aufgeklärt. Damit soll auch erreicht werden, dass die Betroffenen sich am
Zielort
selbstständig
um
den
Abschluss
der
Impfungen
bemühen.
Die
Erziehungsberechtigten werden im Rahmen des Projektes auch über die Notwendigkeit
eines Krankenversicherungsschutzes aufgeklärt.
Informationsflyer zu diesem Thema in z.B. rumänischer oder bulgarischer Sprache liegen
leider nicht vor. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung plant solche Flyer im
Herbst 2014 zu veröffentlichen. Das Gesundheitsamt hat daher in Eigeninitiative einen
Informationsflyer erstellt. Dieser wird zunächst in Deutsch, rumänisch und bulgarisch
angeboten. Ferner stehen Einladungsschreiben, Informationsblätter zur Masern-MumpsRöteln-Impfung, Aufklärung und Einverständniserklärung zur Impfung in diesen Sprachen
zur Verfügung. Je nach Akzeptanz und Nachfrage können ggf. andere Sprachen folgen. Mit
Bescheid der Bezirksregierung vom 14.11.2013 wurde die Projektförderung bewilligt. Das
Landesministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter (MGEPA) wird einen Teil
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des Projektes fördern, die Bezirksregierung Arnsberg einen anderen Teil. Die Fördersumme
liegt insgesamt bei ca. 65.000 EUR.
Während der Laufzeit des Projektes erfolgt eine laufende Dokumentation der durchgeführten
Tbc-Tests und Impfungen. Am Projektende wird eine Auswertung der gewonnenen Daten
vorgenommen. Die Evaluation soll klären, ob die beschriebene Versorgung der Kinder ohne
Krankenversicherung in dieser Form zielführend ist. Da dies auch für die Landesregierung
interessant ist, hat sie sich ausnahmsweise auch zur Förderung der Personalkosten bereit
erklärt.
Das Besondere an diesem Projekt ist, dass es sich an Routine-Tätigkeiten des Amtes
angliedert und einen hohen Effekt mit im Vergleich noch moderatem Aufwand verspricht. Für
die Gesundheitsverwaltung wird sich nach Projektende die Frage der weiteren
Kostenübernahme für diese Leistungen stellen, wenn der Zuzug von EU-Bürgern ohne
Krankenversicherung anhält und die Aufnahme dieser Personen in das deutsche
Krankenversicherungssystem problematisch bleibt.