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Anlage 1: Strategiepapier Mobilität Entwurf.pdf

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Daten

Kommune
Bochum
Dateiname
Anlage 1: Strategiepapier Mobilität Entwurf.pdf
Größe
349 kB
Erstellt
24.12.14, 20:10
Aktualisiert
27.01.18, 11:41

Inhalt der Datei

Anlage 1 zur Vorlage Nr. 20140517 Seite 1 von 8 18.02.2014 61 30 (2554) Strategiepapier Mobilität -ENTWURFDas Strategiepapier Mobilität formuliert die wesentlichen Ziele für die verkehrsplanerische Entwicklung der Stadt Bochum und enthält Handlungsleitlinien für die Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure. Darüber hinaus wird es grundlegender Bestandteil des Mobilitätskonzeptes sein. Das Mobilitätskonzept wird die für viele Teilbereiche bereits vorliegenden Pläne und Konzepte (wie z.B. Klimaschutzkonzept, Strategischer Lärmaktionsplan, Luftreinhalteplan Ruhrgebiet/Teilplan Ost, Vorbehaltsstraßennetz und Tempo 30-Zonen, Nahverkehrsplan und Radverkehrskonzept) bündeln und systematisch darstellen. Dabei wird auch deutlich werden, welche Themen gänzlich neu zu bearbeiten sind oder an welcher Stelle der größte Fortschreibungsbedarf besteht. Das Mobilitätskonzept wird so angelegt, dass es durch eine Priorisierung sowie in Abhängigkeit von den personellen und finanziellen Ressourcen kontinuierlich ergänzt und aktualisiert werden kann. Präambel Mobilität beschreibt das Bedürfnis und die Möglichkeit von Menschen und Gütern, sich räumlich zu bewegen. Verkehr entsteht durch die realisierte Mobilität. Die Mobilität ist Kernelement aller wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Aktivitäten. Verkehr bedeutet deshalb immer auch, dass Menschen Umgang miteinander haben. Die Technik, die zum Einsatz kommt, hat eine dienende Rolle. Mobilitätsplanung erfordert mehr ganzheitliches Denken und das gemeinschaftliche Erarbeiten von Kompromissen. Eine Kultur des respektvollen Miteinanders, die Minderung von Gefahren, der Schutz der Schwachen, die Barrierefreiheit der mobilitätseingeschränkten Personen müssen dabei stärkeres Gewicht haben als bislang. Mobilität muss umwelt- und klimafreundlicher werden und dabei nach wie vor alle wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Aktivitäten ermöglichen. Hierzu müssen die umweltfreundlichen Verkehrsmittel gestärkt und mehr miteinander vernetzt werden. A. Bochum steht nicht alleine da: Die gesamtgesellschaftlichen Trends müssen berücksichtigt werden. Die Bedeutung der regionalen Zusammenhänge hat in den letzten Jahren zugenommen. Dies spiegelt sich auch im Mobilitätsalltag der Menschen im Ruhrgebiet wider. Ein prägendes Kennzeichen der Metropole Ruhr ist die polyzentrische Struktur. Sie stellt besondere Ansprüche an das Verkehrssystem, da die Anbindung an das jeweilige Zentrum, die Verbindung der Zentren untereinander sowie der unmittelbar stadtgrenzenübergreifende Verkehr zwischen benachbarten Stadtteilen sichergestellt werden müssen. Der demographische Wandel, zusammengefasst unter dem Slogan „Wir werden weniger, älter und bunter“, betrifft das gesamte Ruhrgebiet. So wird für Bochum mit einer Bevölkerungsabnahme von 10 % zwischen 2010 und 2030 gerechnet. Dadurch wird die Verkehrsnachfrage im Personenverkehr tendenziell sinken, so dass neue Infrastruktur in geringerem Maße als in der Vergangenheit erforderlich ist. Unter dem Blickwinkel 1/8 Anlage 1 zur Vorlage Nr. 20140517 Seite 2 von 8 18.02.2014 61 30 (2554) Mobilität bedeutet das aber auch: Es nehmen mehr ältere Menschen am Straßenverkehr teil, die Themen Barrierefreiheit und Sicherheit werden noch wichtiger als heute. Dies spiegelt sich auch in dem Anfang 2013 in Kraft getretenen neuen Personenbeförderungsgesetz wider, das eine vollständige Barrierefreiheit im ÖPNV bis 2022 vorgibt. Schwer wiegen, auch im Hinblick auf die demographische Entwicklung, die massiven wirtschaftlichen Probleme der Stadt Bochum. Der Strukturwandel der Region ist in eine weitere Etappe getreten. Wurden die Montanindustrien von Fertigungswerken wie Nokia und Opel in Bochum teilweise ersetzt, sind diese heute bereits Geschichte bzw. werden die Stadt in Kürze verlassen. Auf der Suche nach neuen Quellen und Fördertürmen für eine anhaltende positive Entwicklung wird bereits seit geraumer Zeit auf einen besonders wertstabilen Rohstoff gesetzt: Das Wissen. Angesichts der großen Konkurrenz steht zwar noch nicht fest, ob es gelingt, diesen Trend zur Entwicklung einer Wissensgesellschaft für die Stadt Bochum und die Ruhrregion in der erhofften Weise zu nutzen. Aufgrund der weiter steigenden Spezialisierung im Rahmen der Tertiärisierung und der vierten industriellen Revolution (Stichworte: Industrie 4.0, intelligente Fabrik) werden dabei hohe Ansprüche an die Pendlermobilität gestellt. Aus diesen (und weiteren) Gründen wird sich die finanzielle Situation der Stadt Bochum und insgesamt der öffentlichen Hand voraussichtlich eher verschärfen als entspannen. Eine Herausforderung der nächsten Jahre und Jahrzehnte wird es somit sein, die technische und soziale städtische Infrastruktur bei knappen öffentlichen Kassen und vor einer derzeit ungewissen Förderkulisse instand zu halten. Aber auch die finanzielle Situation vieler privater Haushalte wird sich verschlechtern. Die Verknappung fossiler Brennstoffe und eine weltweit höhere Nachfrage führen zu deutlichen Preisanstiegen. Insbesondere für Haushalte mit niedrigem Einkommen können die steigenden Energiepreise und somit höheren Mobilitätskosten zu einem Problem werden, das autounabhängige Alternativen erfordert. Diese Alternativen werden noch aus einem zweiten Grund benötigt: Der Klimawandel hat uns alle erreicht. Aus hundertjährigen Wetterereignissen sind fast schon alljährliche Katastrophen mit erheblichen Sachschäden geworden. Mit diesen Ereignissen fertig zu werden und zugleich den Trend zu einer Verschärfung der Klimaentwicklung aufzuhalten, verlangt zum einen Anpassungen bei der verkehrlichen Infrastruktur, aber auch ein Umdenken hinsichtlich unseres Mobilitätsverhaltens. Positiv unterstützt wird dieses durch ein wachsendes Bewusstsein für die Lärm- und Luftbelastung unmittelbar vor Ort. In diesem Zusammenhang müssen außerdem die entsprechenden Vorgaben auf europäischer Ebene und ihre Umsetzung in deutsches Recht Beachtung finden. Die Elektromobilität spielt bereits heute im öffentlichen Verkehr eine wichtige Rolle und stellt einen zentralen Baustein des postfossilen Verkehrs dar. Während sich jedoch Elektroautos sowohl in ihrer ökologischen als auch ökonomischen Gesamtbilanz bisher nur in gewissen Anwendungen (z.B. Citylogistik, kommunale Dienste, Pflegedienste) rechnen, tragen Pedelecs zum Aufschwung des Radverkehrs bei. Zu beachten ist, dass für den verstärkten Einsatz der Elektromobilität zusätzliche regenerative Energiequellen erforderlich sind. Auf der Straße zeichnet sich dabei ein Generationswechsel bereits ab: Das Auto verliert bei den jüngeren Generationen zunehmend die Rolle als Statussymbol. Smartphones ermöglichen eine optimale Informationsbeschaffung, so dass „Nutzen statt Besitzen“ (Fahrradleihsysteme und Carsharing in Kombination mit dem ÖPNV) insbesondere in den 2/8 Anlage 1 zur Vorlage Nr. 20140517 Seite 3 von 8 18.02.2014 61 30 (2554) Großstädten eine immer größere Verbreitung findet. Auch das Taxi kann dabei eine wichtige Rolle spielen. Im Unterschied zum Personenverkehr gehen die Trendprognosen davon aus, dass die Güterverkehrsleistung, insbesondere des Straßengüterverkehrs, zukünftig weiter wachsen wird. Während auf der einen Seite die relative Bedeutung des Transports von Massengütern abnimmt, erzeugt die weltweite Arbeitsteilung bei tendenziell höherwertigen Produkten und die Zusammenarbeit in globalen Netzwerken mehr Verkehr. Darüber hinaus werden die geforderten Zeitfenster für die Be- und Entladung immer kürzer, es müssen bei konstanter Gütermenge längere Entfernungen zurück gelegt werden und die zunehmende Zahl der Online-Käufe erfordert eine dezentrale Belieferung der Endkunden anstatt gebündelter Warenlieferungen an den Handel. Lastenfahrräder mit elektrischer Unterstützung können eine gute Alternative für städtische Kurzstreckenfahrten sein. B. Die aktuelle Mobilitätssituation in Bochum ist für den motorisierten Verkehr gut, sollte aber insbesondere für den Rad- und Fußverkehr noch deutlich besser werden. Bochum verfügt über ein leistungsfähiges Hauptverkehrsstraßennetz, das jedoch überwiegend auf die Bedürfnisse des motorisierten Individualverkehrs zugeschnitten ist. Aufgrund der hohen Verkehrsbelastung kommt es zeitlich und räumlich zu heute grundsätzlich unvermeidbaren punktuellen Engpässen. Eine leichte Orientierung ist mit der historischen Führung der Cityradialen gegeben. Im Güterverkehr machen sich hinsichtlich der Erreichbarkeit der Innenstadt insbesondere temporäre Beschränkungen der Anlieferung und Kapazitätseinschränkungen der Cityradialen, z.B. durch Baumaßnahmen, bemerkbar. Der ÖPNV bildet ein starkes Rückgrat der umweltfreundlichen Verkehrsmittel, es besteht jedoch noch Optimierungsbedarf. Nicht immer und überall ist das bestehende Angebot geeignet, um das vorhandene Potential auszuschöpfen. Einige Linien zeigen dagegen tagesabhängige Überlastungserscheinungen in der Morgenspitze. Die Campuslinie U 35 spielt dabei eine besondere Rolle. Ein großes Potenzial besteht beim Radverkehr: In den letzten Jahren wurde zwar sowohl von Seiten der Verwaltung als auch durch die vermehrt fahrradfahrende Bevölkerung begonnen, den Nachholbedarf in den Bereichen Infrastruktur und Image aufzuarbeiten. Bochum befindet sich aber noch am Anfang des Weges, das Fahrrad als selbstverständliches und gleichwertiges Verkehrsmittel anzusehen. Elektrofahrräder können dabei eine Schlüsselrolle spielen, da sich die Nutzung auf körperlich weniger fitte Personen, topographisch stärker bewegte Gebiete, z.B. im Bochumer Süden, und Wegezwecke, bei denen man nicht verschwitzt ankommen möchte, ausweitet. Der Fußgängerverkehr wurde und wird in Bochum zwar immer mitberücksichtigt, aber nicht als eigenständiges System behandelt. Bei allen Neuplanungen werden die Belange des Fußverkehrs soweit wie möglich beachtet. Eine flächendeckende Verbesserung des Bestandes - auch im Hinblick auf die Barrierefreiheit - ist aufgrund der stark eingeschränkten finanziellen Mittel in absehbarer Zeit nur sehr langsam möglich. Generell stellt eine neue Verteilung des i.d.R. durch Gebäude bzw. die bisherige Aufteilung der Fahr- und Gehwegbereiche begrenzten Straßenraums auf die verschiedenen Verkehrsträger und weitere Nutzungen, wie z.B. Bäume, ein häufig und 3/8 Anlage 1 zur Vorlage Nr. 20140517 Seite 4 von 8 18.02.2014 61 30 (2554) stark kontrovers diskutiertes Konfliktfeld bei der Planung und Umsetzung von Maßnahmen dar. Um das bisherige Handeln überprüfen und neue Strategien für die Zukunft entwickeln zu können, ist eine gesicherte Datenbasis, u.a. der sogenannte „Modal Split“ (Verkehrsmittelwahlverhalten), unabdingbare Voraussetzung. Die letzte belastungsfähige Mobilitätserhebung auf der Basis einer Haushaltsbefragung fand in Bochum Anfang der 1990er Jahre statt. Zur Aktualisierung dieser Daten nimmt die Stadt Bochum am Forschungsprojekt der TU Dresden „Mobilität in Städten – SrV“, Erhebungsdurchgang 2013 teil. C. Die bedarfsgerechte Mobilität der Bochumer Bevölkerung und der Wirtschaftsunternehmen ist sicherzustellen und gleichzeitig sollen die Verkehrsbelastungen deutlich verringert werden. Langjährige Zeitreihen zeigen, dass die Menschen im Durchschnitt 3 bis 4 Wege pro Tag zurücklegen und dafür etwa 70 bis 80 min. aufwenden, nicht nur in Deutschland. Deutlich erhöht haben sich allerdings die zurückgelegten Entfernungen: Heute sind das in Deutschland pro Tag ca. 40 km. Die Mobilität ist demnach gleich geblieben, der Verkehr hat jedoch zugenommen. Von besonderer Bedeutung ist dabei, dass rund 60 % der Wege kürzer als 5 km sind und sich somit besonders gut zum Zu-Fuß-gehen oder Radfahren eignen, tatsächlich aber sehr häufig das Auto benutzt wird. Bezogen auf den Güterverkehr wird in Deutschland heute über 70 % der Verkehrsleistung über die Straße abgewickelt. Im Zeitvergleich zeigt sich eine kontinuierliche Steigerung dieses Anteils von 20 % im Jahr 1950 mit der Überschreitung der 50 %-Marke im Jahr 1982 bis heute. Im Vergleich zum Personenverkehr wuchs die Güterverkehrsleistung insgesamt überproportional. Eine Sättigung dieses Trends ist derzeit nicht absehbar und den Kommunen stehen kaum Einflussmöglichkeiten zur Verfügung. Mobilität und Verkehr sind eine Medaille mit zwei Seiten: Mobilität und Verkehr ermöglichen… die Teilnahme am sozialen Leben die Wahrnehmung von vielfältigen Aktivitäten einer Erwerbstätigkeit nachzugehen Gesundheitsprävention die Versorgung der Bevölkerung mit Gütern den Austausch von Gütern zwischen Unternehmen Wirtschaftswachstum Mobilität und Verkehr… machen Lärm erzeugen CO2 und Feinstaub kosten Zeit sind gefährlich beanspruchen Fläche verursachen Kosten beim Einzelnen und der Gesellschaft Es kann also weder unser Ziel sein, immer mobiler zu werden noch annähernd komplett auf Mobilität zu verzichten. Es sollen dagegen Lösungen gefunden werden, die gleiche Mobilität mit weniger Verkehr und gesamtwirtschaftlich geringeren Kosten abzuwickeln. Dies gilt sowohl für den Personen- als auch für den Güterverkehr. Bedarfsgerechte Mobilität bedeutet, dass die Bochumer Bevölkerung und die Wirtschaftsunternehmen - auch unter den sich ändernden Rahmenbedingungen - die Möglichkeit haben sollen, mobil zu sein, dabei Ziele und Verkehrsmittel aber frei wählen können. 4/8 Anlage 1 zur Vorlage Nr. 20140517 Seite 5 von 8 18.02.2014 61 30 (2554) Der bei der Realisierung der Mobilität notwendigerweise entstehende motorisierte Verkehr soll stadtverträglich abgewickelt werden, indem die Flächeninanspruchnahme sowie die Lärm- und Luftbelastungen deutlich reduziert werden. Der Verkehr soll möglichst leise, sauber, sicher, sozialverträglich sowie energie- und flächensparend sein. Auch wenn das Bochumer Stadtgebiet im Fokus der Betrachtung liegt, ist der regionale Bezug sowohl hinsichtlich der Verkehrsnachfrage als auch der -belastungen nicht zu vernachlässigen. Wichtige Projekte in diesem Zusammenhang sind der Rhein-RuhrExpress (RRX) und der Radschnellweg Ruhr. C. 1) Auf der Ebene der Stadtentwicklung sind die entscheidenden Voraussetzungen für eine Stadt der kurzen Wege zu schaffen und die Erreichbarkeit von Wirtschaftsstandorten zu sichern. Man könnte meinen, das seit den 1980er Jahren existierende Leitbild „Stadt der kurzen Wege“ sei mittlerweile ein alter Hut geworden, doch angesichts der gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen ist es aktueller denn je und soll die Stadt Bochum zukünftig verstärkt begleiten. Der Schwerpunkt wird, gerade vor dem Hintergrund des demographischen Wandels, auf der räumlichen Nähe von Wohnen mit Versorgung, sozialer Infrastruktur und Freizeitangeboten liegen. Darüber hinaus ist auch die Verknüpfung von Arbeitsplätzen mit den übrigen Nutzungen zu fördern. Es zeichnet sich jedoch ab, dass die ehemals klassische Vorstellung von „Wohnen & Arbeiten“ aufgrund der fortschreitenden Spezialisierung und der veränderten Lebensstile nur für verhältnismäßig wenige Menschen umsetzbar ist. Ziel der Stadt der kurzen Wege ist es, die Nahmobilität, d.h. die nicht motorisierte Mobilität im räumlichen Nahbereich, also im Wesentlichen den Rad- und Fußverkehr, gegenüber dem Auto konkurrenzfähig zu machen. Im Idealfall werden nicht nur die Wegelängen, sondern auch die Wegezeiten verkürzt. Von einer solchen Siedlungsstruktur profitieren insbesondere Menschen, die viele Wege und/oder häufig Wegeketten zurücklegen, weil sie z.B. Familienarbeit leisten. Zur Erreichung dieses Ziels ist es notwendig,  Standortentscheidungen vor dem Hintergrund der verkehrlichen Auswirkungen zu treffen,  Innenentwicklung vor Außenentwicklung zu präferieren,  die bauliche Dichte sowie die Nutzungsdichte zu erhöhen,  Brachflächen zu revitalisieren und  die Innenstadt und die Stadtteilzentren zu stärken. Insbesondere für die Innenstadt ist eine gute innere Erreichbarkeit (Wege innerhalb der Innenstadt) und äußere Erreichbarkeit (Wege in die Innenstadt) wichtig. Darüber hinaus ist die leistungsfähige Anbindung der Gewerbegebiete eine grundlegende Voraussetzung für eine funktionierende Wirtschaft (Handel, Gewerbe und Industrie). Die Stadt der kurzen Wege geht Hand in Hand mit dem Erhalt bzw. der Wiederherstellung städtischer Lebensqualität. Zum Schutz der Wohnbevölkerung ist es unabdingbar, die Emissionen und die Flächeninanspruchnahme durch den motorisierten Individualverkehr zu reduzieren. Darüber hinaus ist der Straßenraum ein Ort der Begegnung und soll über eine hohe Aufenthaltsqualität verfügen. Attraktive Nutzungen im Erdgeschoss und die Gestaltung der Straße, vor allem mit Bäumen, stellen zwei wichtige Merkmale dar. 5/8 Anlage 1 zur Vorlage Nr. 20140517 Seite 6 von 8 18.02.2014 61 30 (2554) Ein so begonnener Prozess wird sich wechselseitig verstärken: Je höher die Lebensqualität ist, desto mehr Menschen entscheiden sich für einen Wohnstandort in der Stadt und können „Nahmobilität leben“. Je mehr Menschen zu Fuß und mit dem Fahrrad unterwegs sind, umso stärker werden Dienstleistungen und Einzelhandel vor Ort nachgefragt und die Attraktivität gesteigert. Außerhalb der Zentren sollen vorrangig gut mit dem Umweltverbund erschlossene Flächen, auch unter Berücksichtigung von stark gerichteten Nachfrageströmen (U 35), entwickelt und Freiräume bewusst von motorisiertem Verkehr freigehalten werden. C. 2) Die Verkehrsinfrastruktur soll allen Verkehrsträgern Raum geben und ihr Einfluss genutzt werden, um die Stadt zu gestalten. Die ausgewogene Berücksichtigung aller Nutzungsansprüche an den Straßenraum ist eine essentielle Voraussetzung, um die belebende Wirkung auf die Stadt nutzen zu können. Bereits heute werden hohe Ansprüche an die Funktionalität des begrenzten öffentlichen Raums „Straße“ gestellt, die zukünftig eher noch steigen werden. Das in der Vergangenheit praktizierte Vorgehen, den Straßenquerschnitt primär an den Anforderungen des motorisierten Verkehrs auszurichten, soll durch einen Planungsansatz „von außen nach innen“ ersetzt werden: Die Aufteilung des Straßenraums erfolgt vom Straßenrand ausgehend, um die Bedeutung der Seitenräume sowie des Fuß- und Radverkehrs stärker zu berücksichtigen. Aber auch unter dieser Prämisse wird es aufgrund der häufig engen Flächen notwendig sein, Kompromisse einzugehen. In vielen Fällen sind die Gebäude, Grundstücksgrenzen oder Straßenquerschnitte unveränderbar. Dann müssen die Spielräume der Richtlinien 1, Empfehlungen 2 und Hinweise 3 genutzt werden, um zwischen den unterschiedlichen städtebaulichen, verkehrlichen, sozialen, ökonomischen und ökologischen Belangen abzuwägen. Aufgabe der Verwaltung ist es, sich an diesen Prinzipien zu orientieren und die Vor- und Nachteile verschiedener Varianten transparent zu machen. Um im Straßenraum Platz zu schaffen, sollten auch neue Wege beschritten werden mit Hilfe der Fragestellungen:  Muss alles überall möglich sein?  Können Prioritäten gesetzt werden?  Können Bestandsituationen auch grundlegend verändert werden?  Sind temporäre Lösungen denkbar? Ein weiterer Schlüsselfaktor bei der Verteilung des begrenzten Raums ist der Umgang mit dem ruhenden Verkehr. Neben dem linearen Element „Straße“ wird es zukünftig außerdem wichtiger, die Infrastruktur zum Wechseln zwischen den Verkehrsträgern an intermodalen Verknüpfungspunkten bereitzuhalten. Hier sind insbesondere folgende Veröffentlichung der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) zu nennen: 1 Richtlinie für die Anlage von Stadtstraßen (RASt 2006) 2 Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA 2010), Empfehlungen für Fußgängerverkehrsanlagen (EFA 2002), Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs (EAR 2005) 3 Hinweise für barrierefreie Verkehrsanlagen (H BVA 2011) 6/8 Anlage 1 zur Vorlage Nr. 20140517 Seite 7 von 8 18.02.2014 61 30 (2554) Grundlegendes Ziel bei allen infrastrukturellen Maßnahmen ist es, die Verkehrssicherheit zu gewährleisten. Das hohe Bochumer Niveau, also die niedrigen Unfallzahlen, soll gehalten bzw. im Sinne der „Vision Zero“ weiter gesteigert werden. Als positiver Begleiteffekt ergibt sich auch hier durch den Schutz der schwächeren Verkehrsteilnehmer eine Förderung der nicht motorisierten Mobilität. Darüber hinaus unterstützt die sichere Gestaltung des Verkehrsraums eine frühe selbständige Mobilität von Kindern, entlastet dadurch die Eltern und prägt das Mobilitätsverhalten der heranwachsenden Generation. Aufgrund der eingeschränkten finanziellen Mittel wird der Fokus zukünftig auf der Instandhaltung der vorhandenen Infrastrukturnetze liegen. Die Folgekosten sollen als wichtige Eingangsgröße im Planungsprozess noch stärkere Berücksichtigung finden. C. 3) Mit Hilfe des Mobilitätsmanagements soll ein multimodales Verkehrsverhalten gefördert werden. Mobilitätsmanagement zielt auf die Veränderung von Einstellungen und Verhaltensweisen der Verkehrsteilnehmer durch „weiche“ Maßnahmen wie Information, Kommunikation und Marketing ab. Dazu muss ein Bewusstsein für das eigene Mobilitätsverhalten geschaffen werden, nur so können lange eingeübte Routinen verändert werden. Multimodal bedeutet, dass die Bochumer Bevölkerung und die Wirtschaftsunternehmen in die Lage versetzt werden sollen, für jeden Weg das individuell beste, intelligenteste, effektivste Verkehrsmittel zu wählen. Voraussetzung dafür ist, dass zum einen die entsprechenden Mobilitätsoptionen zur Verfügung stehen und darüber hinaus die Bereitschaft besteht, jeweils eine situationsspezifische Verkehrsmittelwahl zu treffen. Ziel ist es, diese Entscheidung über gute Argumente und Anreize zugunsten der Nahmobilität und des ÖPNV zu beeinflussen. Dies kann z.B. dadurch geschehen, dass die Vorteile der Intermodalität (d.h. ein Weg wird durch den Umstieg zwischen zwei oder mehr Verkehrsmitteln optimiert) publik gemacht werden. Auch hiermit sollen die Ressourcen, Mensch und Umwelt, geschont und die Mobilitätskosten gesenkt werden. Über die Darstellung der reinen Fakten hinaus ist eine gute Öffentlichkeitsarbeit mit Vorbildern und Fürsprechern für den Erfolg des Mobilitätsmanagements entscheidend. Einen besonderen Stellenwert nimmt das betriebliche Mobilitätsmanagement ein, da der tägliche Weg zur Arbeit selten neu überdacht wird und die Zielgruppe der Arbeitnehmer über die Unternehmen ansprechbar ist. Betriebliches Mobilitätsmanagement bietet die Chance, dass  die Mitarbeiter gesünder sind und weniger Krankheitstage anfallen,  Stellplatzkosten eingespart werden oder  der Fuhrpark effizienter werden kann. Die Stadtverwaltung sammelt im betrieblichen Mobilitätsmanagement eigene Erfahrungen, um mit gutem Beispiel vorangehen zu können. Einzelne Bochumer Unternehmen sind bereits ebenfalls aktiv, es besteht aber ein großes Potenzial, das es auszuschöpfen gilt. Eine infrastrukturelle Basis muss vorhanden sein, um Maßnahmen des Mobilitätsmanagements glaubwürdig und wirkungsvoll umsetzen zu können. Für den Wirtschaftsverkehr gilt es, die Erreichbarkeit zentraler Bereiche u.a. mit Hilfe von verkehrssteuernden Maßnahmen zu verbessern. 7/8 Anlage 1 zur Vorlage Nr. 20140517 Seite 8 von 8 18.02.2014 61 30 (2554) D. Handlungsrahmen oder: Wie gehen wir jetzt mit diesen Zielen um? Die formulierten Ziele setzen hohe Maßstäbe und es muss, um realistisch zu bleiben, auch direkt klargestellt werden, dass ihre Umsetzung nicht von heute auf morgen zu schaffen ist. Zum einen ist die heutige Bestandssituation zu berücksichtigen, darüber hinaus sind die limitierenden Faktoren Zeit und Geld. Beides ist, jeweils in unterschiedlichen Ausprägungen, erforderlich, um Nutzungsentscheidungen auf Ebene der Stadtentwicklung zu treffen (C.1), infrastrukturelle Umbaumaßnahmen zu tätigen (C.2) oder menschliches Verhalten zu ändern (C.3). Mit dem Strategiepapier Mobilität werden Leitlinien und Hinweise definiert. Die Umsetzungen in konkrete Maßnahmen werden immer im Einzelfall zu prüfen und auf ihre Auswirkungen hin zu bewerten sein. Die Gründung des Beirats Mobilität ist ein erster wichtiger Schritt auf diesem Weg. Hier gilt es, die verschiedenen Akteure, die die Mobilität in der Stadt Bochum prägen, an einen Tisch zu bringen. Es geht um einen gemeinsamen Arbeitsprozess, der durch die vorhandene Rollenteilung bereichert wird. Ziel ist es, bereits zu Beginn von Planungsprozessen die betroffenen externen Akteure in die grundsätzlichen Überlegungen einzubeziehen und nach Möglichkeit einen breiten Konsens zu erreichen. Der Beirat hat eine beratende Funktion und gibt Empfehlungen an die Verwaltung sowie an die politischen Gremien. Die nächste Aufgabe ist die Bewerbung der Stadt Bochum um die Aufnahme in die Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte, Gemeinden und Kreise in Nordrhein-Westfalen e.V. (AGFS). Für eine erfolgreiche Bewerbung sind verbindliche Modal-Split-Zielwerte mindestens für den Fuß- und Radverkehr politisch zu beschließen. Eine weitere Aufgabe besteht in der Dokumentation des Mobilitätskonzeptes, das der Verkehrsplanung in der Vergangenheit zwar bereits zugrunde lag, aber nur in sektoralen Konzepten und Plänen festgehalten wurde. Im Rahmen dieser Bestandsanalyse wird deutlich, welche Bausteine gänzlich neu zu bearbeiten sind oder an welcher Stelle der größte Fortschreibungsbedarf besteht. Auch hier ist es aus Kapazitätsgründen nicht möglich, alle „Baustellen“ sofort abzuarbeiten. Daher und vor dem Hintergrund der dynamischen Entwicklungen im Bereich Verkehr wird das Mobilitätskonzept nicht als fertiges Endprodukt vorgelegt, sondern in Form einer „Loseblattsammlung“ kontinuierlich fortgeschrieben. Das Prinzip eines Optimierungs-Zirkels, in dem die vier Schritte Bestandsaufnahme, Zielsetzung, Bewertung, Maßnahmen immer wieder zu durchlaufen sind, stellt dabei die grundlegende Vorgehensweise des Arbeitsprozesses dar. Dies gilt auch für das Strategiepapier Mobilität selbst: Aufbauend auf der AGFSBewerbung und den Ergebnissen der Haushaltsbefragung (voraussichtlich Herbst 2014) soll die qualitative Zieldiskussion überprüft und um quantifizierbare Zielvorgaben ergänzt werden. In diesem Zusammenhang soll auch das Bochumer Indikatoren-Set 4 für den Bereich Verkehr und Mobilität konkretisiert und in das Strategiepapier eingearbeitet werden. 4 Das Indikatoren-Set wurde im Rahmen des Prozesses „Bochum-Agenda 21“ entwickelt und am 31.08.2006 vom Rat der Stadt beschlossen. 8/8