Daten
Kommune
Bochum
Dateiname
Prüfbericht KdU - Rödl & Partner.pdf
Größe
756 kB
Erstellt
24.12.14, 20:41
Aktualisiert
27.01.18, 21:28
Stichworte
Inhalt der Datei
Prüfung der Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II und § 35 SGB XII
Bericht über die Ergebnisse der Prüfung
August 2014
vorgelegt von
Christian Griesbach
Rödl & Partner GbR
Wirtschaftsprüfer
Steuerberater
Rechtsanwälte
Äußere Sulzbacher Straße 100
D-90491 Nürnberg
Telefon +49 (911) 91 93-3605
Telefax +49 (911) 91 93-3549
christian.griesbach@roedl.de
Internet www.roedl.de
Die für die Produktion dieser Mappe verwendeten Materialien inklusive Deckfolie mit den Bestandteilen PET
(Polyethylentherephthalat) und PP (Polypropylen) sind biologisch abbaubar und recyclingfähig.
Inhaltsverzeichnis
INHALTSVERZEICHNIS ................................................................................................................... I
ABBILDUNGSVERZEICHNIS .......................................................................................................... II
1
AUSGANGSSITUATION, AUFTRAG, ZIELSETZUNG UND VORGEHENSWEISE ............. 3
2
FESTSTELLUNGEN ZUM VERFAHREN DER ERMITTLUNG DER NETTOKALTMIETE ..... 5
2.1
2.2
2.3
3
PRÜFUNGSGRUNDLAGE ......................................................................................................... 5
FESTSTELLUNGEN.................................................................................................................. 5
EMPFEHLUNGEN................................................................................................................... 6
FESTSTELLUNGEN ZUM VERFAHREN DER ERMITTLUNG DER KALTEN NEBEN- UND
BETRIEBSKOSTEN ........................................................................................................... 8
3.1
3.2
3.3
4
PRÜFUNGSGRUNDLAGE ......................................................................................................... 8
FESTSTELLUNGEN.................................................................................................................. 8
EMPFEHLUNGEN................................................................................................................... 9
FESTSTELLUNGEN ZUR ÜBERPRÜFUNG DER KALTEN BETRIEBSKOSTEN IM RAHMEN
DER JÄHRLICHEN BETRIEBS- UND HEIZKOSTENABRECHNUNG ................................ 10
4.1
4.2
4.3
5
PRÜFUNGSGRUNDLAGE ....................................................................................................... 10
FESTSTELLUNGEN................................................................................................................ 11
EMPFEHLUNGEN................................................................................................................. 13
FESTSTELLUNGEN IM VERFAHREN DER ERMITTLUNG DER HEIZKOSTEN ................ 15
5.1
5.2
5.3
6
PRÜFUNGSGRUNDLAGE ....................................................................................................... 15
FESTSTELLUNGEN................................................................................................................ 15
EMPFEHLUNG .................................................................................................................... 16
FESTSTELLUNGEN ZUR STEUERUNG DER KOMMUNALEN LEISTUNGEN SGB II UND
XII .................................................................................................................................. 17
6.1
6.2
6.3
PRÜFUNGSGRUNDLAGE ....................................................................................................... 17
FESTSTELLUNGEN................................................................................................................ 17
EMPFEHLUNG .................................................................................................................... 19
-I-
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abbildung 1: Mehraufwendungen durch Anwendung des qualifizierten Mietspiegels und
des Betriebskostenspiegels NRW 2013/14
7
Abbildung 2: Betriebskostenspiegel NRW 2013/14
8
Abbildung 3: Plausibilisierung der auffälligen Datensätze im Bereich BK
11
Abbildung 4: Stichprobenartige Prüfung von Betriebskostenabrechnungen
12
Abbildung 5: Hochrechnung der Prüfungsergebnisse
13
Abbildung 6: Plausibilisierung der auffälligen Datensätze im Bereich Heizkosten
16
Abbildung 7: Entwicklung der Transferaufwendungen im Bereich Aufgaben nach dem
SGB II (PG 31 02 - Konto 533301)
17
Abbildung 8: Mindeststandards für die Steuerung der kommunalen Leistungen
SGB II und XII
18
Abbildung 9: Entwurf für ein Berichtsset zu den Kosten der Unterkunft
19
- II -
1
AUSGANGSSITUATION, AUFTRAG, ZIELSETZUNG UND VORGEHENSWEISE
Die Stadt Bochum ist gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II als kommunaler Träger der
Grundsicherung für Arbeitsuchende und gemäß § 3 Abs. 2 SGB XII als örtlicher Träger der
Sozialhilfe zuständig für die Gewährung der Leistungen für Kosten der Unterkunft. Nach
§§ 22 SGB II, 35 SGB XII werden Leistungen für die Unterkunft in Höhe der tatsächlichen
Aufwendungen erbracht, soweit sie angemessen sind.
Im Rahmen der gesetzlichen Regelungen muss die Verwaltung der Stadt Bochum selbstständig Festlegungen treffen (z.B. zur örtlichen Ermittlung der Kaltmieten, Neben- und
Betriebskosten oder zur Anwendung des Betriebskostenspiegels West). Dies kann, wie
unsere Prüfung im Rahmen der internen Revision gezeigt hat, durchaus Optimierungsansätze und Einsparbeträge für den Haushalt beinhalten.
Aufgrund der finanziellen Tragweite der Leistungen für die Kosten der Unterkunft (KdU)
im städtischen Ergebnishaushalt, sollen im Rahmen der internen Revision durch das Rechnungsprüfungsamt Steuerungspotenziale aufgedeckt werden. Zur Unterstützung des städtischen Rechnungsprüfungsamts bei der Prüfung im Bereich der Leistungen für die KdU
beauftragte die Stadt Bochum Rödl & Partner.
Die Prüfung unterteilt sich in drei Phasen:
(1) Verfahren zur Ermittlung der Angemessenheitsgrenzen: Die Stadt Bochum muss
selbstständig festlegen, welche Unterkunftskosten in ihrem Gebiet als angemessen anzusehen sind. Die Festlegung der Angemessenheitsgrenzen muss gemäß Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auf einem schlüssigen Konzept beruhen, das eine
hinreichende Gewähr dafür bietet, dass es die aktuellen Verhältnisse des örtlichen
Wohnungsmarktes wiedergibt.
(2) Anwendung der Angemessenheitsgrenzen in der Sachbearbeitung: Die ermittelten
Angemessenheitsgrenzen werden in einem weiteren Schritt durch die Sachbearbeitung im SGB II und XII angewendet. Hierfür hat die Stadt Bochum entsprechende
Richtlinien und Dienstanweisungen zu erstellen.
(3) Nachhaltigkeit: Der Kostenträger hat für den wirtschaftlichen Umgang mit den Haushaltsmitteln Sorge zu tragen. Dies umfasst die laufende Überprüfung der ermittelten
Angemessenheitsgrenzen, die Einhaltung der Richtlinien und Dienstanweisungen
(Punkt 2) sowie das laufende (Finanz-) Controlling der eingesetzten Mittel.
Die Prüfung soll Aufschluss darüber geben, welche Auswirkungen das Handeln und die
getroffenen Entscheidungen auf die finanzielle Situation der Stadt Bochum haben. Dabei
wurde insbesondere geprüft,
die Ermittlung der Nettokaltmiete je m² sowie der Neben- und Betriebskosten,
die Datenqualität in den eingesetzten Fachanwendungen und die Falsifizierung und
Verifizierung von unplausiblen Werten,
die Ermittlung und Durchsetzung von Kostensenkungen bei den Heizkosten,
die Leistungsgewährung, insbesondere die Überprüfung der Betriebskosten- und Heizkostenabrechnungen,
sowie der Aufbau des Controllings für die Kosten der Unterkunft.
Die Vorgehensweise erfolgte dabei in einem abgestuften Prüfverfahren (Auffälligkeiten
wurden diskutiert und ggf. weiter vertieft) und orientierte sich an dem Vorgehen eines
-3-
risikoorientierten Prüfansatzes aus der Wirtschaftsprüfung (Prüfung muss Aussagen über
das Prüfergebnis mit hinreichender Sicherheit treffen können und dabei selbst zweckmäßig und wirtschaftlich durchgeführt werden).
Die Prüfung begann am 05.02.2014 mit einer Auftaktveranstaltung und endete mit der
Vorlage des Berichts zum 20.08.2014.
-4-
2
2.1
FESTSTELLUNGEN ZUM VERFAHREN DER ERMITTLUNG DER NETTOKALTMIETE
Prüfungsgrundlage
Die Stadt Bochum erstellt seit dem Jahr 2009 einen sogenannten qualifizierten Mietspiegel. Dieser dient, wie es auch die Sozialrechtsprechung und die einschlägige Kommentierung1 vorsieht, als Basis für die Ermittlung der Angemessenheitsgrenzen, wenn dieser in
seiner Methodik (Aufbau und Dokumentation) den von der Rechtsprechung geforderten
Kriterien entspricht.
Um das Prädikat „qualifiziert“ zu erhalten, muss der Mietspiegel nach 2 Jahren fortgeschrieben werden sowie nach spätestens vier Jahren neu erstellt und erneut mit den Interessensgruppen abgestimmt werden.
Der Erarbeitungsprozess für den qualifizierten Mietspiegel für nicht preisgebundenen
Wohnraum im Gebiet der Stadt Bochum mit der Gültigkeit vom 01.06.2014 bis
31.05.2016 war während der Prüfung noch in Bearbeitung und konnte damit nur eingeschränkt berücksichtigt werden. Insbesondere die Gültigkeit der getroffenen Feststellungen wurde abgeglichen.
Dieser Mietspiegel basiert auf Daten einer repräsentativen Erhebung bei Bochumer Vermietern. 2 Die Ermittlung erfolgt nach dem Regressionsmodell. Aus Datenschutzgründen
standen die Rohdaten für die Ermittlung des qualifizierten Mietspiegels der Prüfung nicht
zur Verfügung.3
Die Angemessenheitsgrenzen für die Nettokaltmiete werden dem qualifizierten Mietspiegel in der aktuell gültigen Fassung entnommen. Die Vorgehensweise ist im Handbuch
„Das Buch Unterkunft SGB XII“ in der Anlage 1 „Stadt Bochum: Schlüssiges Konzept zur
Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft (KdU) nach den Bestimmungen des
SGB II und SGB XII“ und in Anlage 2 „T 35 / T 42: Auswirkungen des neuen Mietspiegels
Bochum ab dem 01.06.2014 auf die Angemessenheitsprüfung von Wohnraum“ beschrieben.4
Eine Überprüfung der allgemeinen Verfügbarkeit fand zum Zeitpunkt der Prüfung nicht
statt. Für die Einzelfallprüfung wurde zweimal wöchentlich eine Auswertung von Angebotsmieten aus den Angaben der WAZ und des Stadtspiegels durchgeführt. Diese wurden
händisch in eine Excel-Liste übertragen.
2.2
Feststellungen
Hinsichtlich des Verfahrens der Ableitung der Angemessenheitsgrenzen aus dem qualifizierten Mietspiegel lässt sich folgendes feststellen:
Das Verfahren muss nachvollziehbar und transparent sein: Hier weist die aktuelle Darstellung Verbesserungsmöglichkeiten auf. Die Sozialgerichtsbarkeit orientiert sich bei
der Überprüfung der Schlüssigkeit an den Vorgaben des Bundessozialgerichts vom
1
BSG, Urteil vom 20.12.2011, Az. B 4 AS 19/11 R (Rdnr. 24).
Stadt Bochum: „Mietspiegel für nicht preisgebundenen Wohnraum der Stadt Bochum gültig vom
01.06.2014 bis 31.05.2016“,2014, Seite 2.
3 Vgl.: Rechnungsprüfungsamt: Besprechungsprotokoll „Wirkungsorientierte Steuerung / Prüfungsfelder im Bereich der Kosten der Unterkunft“, 12.03.2014.
4 Vgl. Stadt Bochum: Das Buch der Unterkunft; T 35 / T 42: Auswirkungen des neuen Mietspiegels
Bochum ab dem 01.06.2014 auf die Angemessenheitsprüfung von Wohnraum Stand:
22.07.2014.
2
-5-
22.09.20095. Zu den hier aufgeführten Kriterien (z.B. Repräsentativität und Validität
der Datenerhebung) sind in der Anlage 1 „Stadt Bochum: Schlüssiges Konzept zur Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft (KdU) nach den Bestimmungen des
SGB II und SGB XII“ des „Buch der Unterkunft SGB XII“ keine Ausführungen enthalten.
Die Auswahl der Baualtersklasse muss zumindest begründet werden. Grundsätzlich
wird darauf hingewiesen, dass das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 19. Oktober 2010 festgelegt hat, dass eine Beschränkung auf Wohnungen bestimmter Baualtersklassen nicht zulässig ist.6
Die Anlage 1 „Stadt Bochum: Schlüssiges Konzept zur Ermittlung der angemessenen
Kosten der Unterkunft (KdU) nach den Bestimmungen des SGB II und SGB XII“ des
„Buch der Unterkunft SGB XII“ enthält keine Rechtsverweise, welche die gewählte
Vorgehensweise argumentativ unterstützen.
Der qualifizierte Mietspiegel entbindet das Amt für Soziales und Wohnen (Amt 50)
nach Meinung von Rödl & Partner nicht von einer Überprüfung der allgemeinen Verfügbarkeit.
Das Stadtplanungs- und Bauordnungsamt – Wohnbaulandmanagement u. Wohnungsmarktbeobachtung - erwirbt von der Firma empirica Informationen zu den
Wohnungsangeboten für den Wohnungsmarktbericht. Die Abfrage umfasst Daten der
großen Internetportale wie zum Beispiel immowelt.de, immoscout.de und
immonet.de. Diese Anbieter treten auch als Dienstleister für den Anzeigenmarkt verschiedener Verlage auf, und sind somit auch in unterschiedlichen Printmedien vertreten. Die Auswertung kann auf die Anforderungen des Amtes 50 erweitert werden. Die
Daten sind damit auch für die allgemeine Verfügbarkeitsprüfung und die Einzelfallprüfung verwendbar.
Hinsichtlich der Eignung des qualifizierten Mietspiegels der Stadt Bochum zur Ableitung
der Angemessenheitsgrenzen ist folgendes festzustellen:
Die Größentabellen des qualifizierten Mietspiegels (Unterteilung in unter 40 m2, über
40 und bis 60 m2 sowie über 60 m2)7 sind nicht identisch mit den abstrakten Wohnungsgrößen aus den Wohnraumnutzungsbestimmungen (Unterteilung in bis 50 m2,
zwischen 51 und 65 m2, zwischen 66 und 80 m2, zwischen 81 und 95 m2, zwischen
96 und 110 m² und über 110 m²)8. Hier mussten durch das Sozialamt Annahmen getroffen werden, welche die Angemessenheitsgrenzen, zum Nachteil der Stadt Bochum, verzerren können.
Die ermittelten Werte bilden den normalen Ausstattungsstandard am Bochumer Wohnungsmarkt ab. Zudem wurde ein Mittelwert über alle Ausstattungsstandards gebildet. Nach der Rechtsprechung ist allerdings nur der Wohnraum relevant, der einfachen
und grundlegenden Bedürfnissen genügt, aber nicht den gehobenen Ausstattungsstandard wiederspiegelt.
2.3
Empfehlungen
Die Anwendung des neuen qualifizierten Mietspiegels 2014 und des Betriebskostenspiegels NRW 2013/14 führt nach ersten Berechnungen zu Mehrkosten im SGB II in Höhe von
682 TEUR pro Jahr sowie 108 TEUR pro Jahr im SGB XII. Insbesondere in Verbindung mit
den Feststellungen zu den kalten Neben- und Betriebskosten (vgl. Abschnitt 3.2) ist die
5
BSG, Urteil vom 22.09.2009, Az. B 4 AS 18/09 R.
Vgl. BSG, Urteil vom 19.10.2010, B 14 AS 50/10 R (Rdnr. 28).
7 Vgl. Stadt Bochum: „Mietspiegel für nicht preisgebundenen Wohnraum der Stadt Bochum gültig
vom 01.06.2014 bis 31.05.2016“,2014, Seite 8.
8 Vgl. Stadt Bochum: Das Buch der Unterkunft; T 35.3 "Angemessenheit laufender Kosten und
Verteilung", Seite 2.
6
-6-
Erstellung eines eigenen sogenannten grundsicherungsrelevanten Mietspiegels für die
Stadt Bochum zu empfehlen. Dies kann entweder durch eine kombinierte Datenerhebung
mit dem qualifizierten Mietspiegel erfolgen oder im Rahmen eines „grundsicherungsrelevanten Mietspiegels“ durch eine eigene gesonderte Datenerhebung. Die Kosten für eine
derartige Erhebung belaufen sich auf bis zu 50 TEUR.
BGs mit Überschreitung im Ist
in EUR
Steigerungen durch
Anwendung des neuen Mietspiegels in
EUR
Gesamt in EUR
237.412
444.413
681.825
SGB XII
41.034
67.188
108.222
Gesamt
278.446
511.601
790.047
SGB II
Abbildung 1: Mehraufwendungen durch Anwendung des qualifizierten Mietspiegels und des Betriebskostenspiegels NRW 2013/14
Rödl & Partner empfiehlt der Stadt Bochum die Erstellung eines „grundsicherungsrelevanten Mietspiegels“ durch eine eigene gesonderte Datenerhebung. Folgende Gründe sprechen für die Erstellung eines „grundsicherungsrelevanten Mietspiegels“:
Die finanzielle Bedeutung (Mehraufwendungen siehe Abbildung 1).
Die Möglichkeit der kombinierten Datenerhebung mit dem qualifizierten Mietspiegel
besteht erst wieder zum Jahr 2017/18.
In diesem Zusammenhang kann auch eine Ermittlung von örtlichen Richtwerten für die
Betriebskosten durchgeführt werden.
Für eine derartige Datenerhebung ist mit einem Projektzeitraum von 6 Monaten zu rechnen. Die Ergebnisse sollten bis Mitte 2015 vorliegen und nach der Umstellung auf das
neue Fachverfahren ALLEGRO im Jobcenter angewendet werden. Wie in anderen Kommunen praktiziert, empfiehlt sich die Anwendung der neuen Angemessenheitsgrenzen auf
die Neufälle im Bereich SGB II und XII (Bestandsschutz für laufende Fälle).
Die Darstellung des schlüssigen Konzepts als Anlage zum Handbuch „Das Buch Unterkunft SGB XII“ sollte überarbeitet und die Vorgehensweise detailliert und nachvollziehbar
beschrieben werden. Insbesondere sollte auch auf die Vorgaben des Bundessozialgerichts
und die Auswahl der Baualtersklassen eingegangen werden.9 Hierzu hat das Amt 50 bereits einen überarbeiteten Vorschlag vorgelegt, der die einzelnen Empfehlungen berücksichtigt und umsetzt.
Zudem sollte nach Ansicht von Rödl & Partner die Prüfung der allgemeinen Verfügbarkeit
in das Konzept integriert werden. Hier ist zu empfehlen, die Angebotsdatenabfrage des
Stadtplanungs- und Bauordnungsamtes für das Amt 50 zu nutzen (Nutzung dieser Daten
sowie Ergänzung dieser Daten um weitere Parameter). Auf diese Weise können Parallelprozesse vermieden und die Datengrundlage für die allgemeine Verfügbarkeitsprüfung
und die Einzelfallprüfung verbreitert werden.
9
Vgl. BSG, Urteil vom 22.09.2009, Az. B 4 AS 18/09 R.
-7-
FESTSTELLUNGEN ZUM VERFAHREN DER ERMITTLUNG DER KALTEN
NEBEN- UND BETRIEBSKOSTEN
3
3.1
Prüfungsgrundlage
Unter kalten Neben- und Betriebskosten versteht man „Kosten, die dem Eigentümer oder
Erbbauberechtigten durch das Eigentum oder Erbbaurecht am Grundstück oder durch den
bestimmungsmäßigen Gebrauch des Gebäudes, der Nebengebäude, Anlagen, Einrichtungen und des Grundstücks laufend entstehen.“10 Dies sind insbesondere Kosten für Wasser
und Abwasser, Müllbeseitigung und Gebäudereinigung.
Der qualifizierte Mietspiegel der Stadt Bochum schließt, wie jeder qualifizierte Mietspiegel,
kalte Neben- und Betriebskosten (NBK) von seiner Betrachtung aus. In Ermangelung eines
örtlichen Wertes greift das Amt 50 auf den Betriebskostenspiegel NRW in der aktuell gültigen Fassung zurück. Hierbei handelt es sich um eine Erhebung des Deutschen Mieterbund e.V. in Kooperation mit der mindUp GmbH für das Bundesland NordrheinWestfalen. Der Betriebskostenspiegel NRW zeigt folgendes Bild:
Abbildung 2: Betriebskostenspiegel NRW 2013/14
Die Anlage 2 „Ausführungen des Bochumer Mietspiegels“11 weist einen Richtwert für die
NBK von 2,00 EUR/m² aus. Dieser Wert ergibt sich nach Abzug von nicht zu berücksichtigenden Kostenpositionen wie z.B. den Kosten für Heizung.
3.2
Feststellungen
Für die Überprüfung des Verfahrens zur Ermittlung der kalten Neben- und Betriebskosten
wurden 20.519 Datensätze zu den Kosten der Unterkunft aus den Fachanwendungen
A2LL (SGB II) und AKDN sozial (SGB XII) ausgewertet. Hierbei wurden die Kategorien
Wohnungsgröße, Art der Unterkunft, tatsächliche Grundmiete, anerkannte Grundmiete,
tatsächliche Betriebskosten sowie anerkannte Betriebskosten analysiert.
10
11
§1 Satz 1, Betriebskostenverordnung.
Vgl. Stadt Bochum: Das Buch der Unterkunft; Anlage 2 “Ausführungen des Bochumer Mietspiegels” S. 2. Stand: 03/2014.
-8-
Hinsichtlich des Verfahrens zur Ermittlung der kalten Neben- und Betriebskosten lässt sich
folgendes feststellen:
Die Betriebskostenspiegel NRW 2013 liefert für die Stadt Bochum zu hohe Werte.
Auswertungen aus den zur Verfügung gestellten Daten SGB II (A2LL) und XII (AKDN
sozial) weisen nach Bereinigung um Extremwerte einen Durchschnittswert von 1,64
EUR/m² für die Stadt Bochum auf. Dieser Wert erscheint aus Erfahrungen von Rödl &
Partner sowie der Städte Duisburg und Krefeld realistisch.
Bei der Anwendung des Betriebskostenspiegels NRW ist nicht auszuschließen, dass
hierbei Kostenpositionen einfließen, die in Bochum gar nicht oder in anderer Höhe bestehen.
Die Betriebskosten je m2 weisen in der Regel bei größeren Wohnungen eher ein Kostengefälle auf. Dies ist beim Betriebskostenspiegel NRW nicht berücksichtigt.
Die Anwendung des Betriebskostenspiegels NRW 2013 führt dazu, dass zu hohe NBKs
mit einer höheren Nettokaltmiete substituiert werden.
3.3
Empfehlungen
Der Betriebskostenspiegel NRW liefert für die Stadt Bochum zu hohe Werte. Die Anwendung des Betriebskostenspiegels führt dazu, dass zu hohe Betriebskosten mit einer höheren Nettokaltmiete substituiert werden. Aus diesem Grund empfiehlt Rödl & Partner, die
Werte für die Betriebskosten nach örtlichen Gesichtspunkten zu ermitteln und nicht die
Werte des Betriebskostenspiegels NRW zu verwenden.
Eine Hochrechnung auf den Bestand der Fälle, die insgesamt als „auffällig“ identifiziert
worden sind, weist unter Anwendung des Vorsichtsprinzip (Realisierungsabschläge von 26
%) ein rechnerisches Potenzial von 590 TEUR pro Jahr auf. Dieses Potenzial wurde unter
Berücksichtigung des m²-Wertes von 1,94 EUR gemäß dem Betriebskostenspiegel NRW
aus dem Jahr 2012 berechnet. Der aktuelle Betriebskostenspiegel weist an dieser Stelle
einen Wert von 2,00 EUR / m² aus. 12 Bei Einbeziehung dieses Wertes würde sich, unter
der Annahme allgemeiner Betriebskostensteigerungen das Potenzial nochmals erhöhen.Rödl & Partner empfiehlt der Stadt Bochum die Ermittlung von örtlichen Betriebskostenrichtwerten in Verbindung mit der Erstellung eines „grundsicherungsrelevanten Mietspiegels“ durch eine eigene gesonderte Datenerhebung. Die Ergebnisse sollten bis Mitte
2015 vorliegen und nach der Umstellung auf das neue Fachverfahren ALLEGRO im Jobcenter angewendet werden. Auf Grund der Produkttheorie, empfiehlt sich die Anwendung der neuen Betriebskostenrichtwerte auf die Neufälle im Bereich SGB II und XII (Bestandsschutz für laufende Fälle).
12
Vgl.: Deutscher Mieterbund: Betriebskostenspiegel NRW 2013
-9-
FESTSTELLUNGEN ZUR ÜBERPRÜFUNG DER KALTEN BETRIEBSKOSTEN
IM RAHMEN DER JÄHRLICHEN BETRIEBS- UND HEIZKOSTENABRECHNUNG
4
4.1
Prüfungsgrundlage
Unter kalten Betriebskosten versteht man den Teil der „Kosten, die dem Eigentümer oder
Erbbauberechtigten durch das Eigentum oder Erbbaurecht am Grundstück oder durch den
bestimmungsmäßigen Gebrauch des Gebäudes, der Nebengebäude, Anlagen, Einrichtungen und des Grundstücks laufend entstehen und nicht Kosten der Heizung- und Warmwasserbereitung sind.“13 Letztere bezeichnet man auch als „warme Betriebskosten“. Kalte
Betriebskosten sind insbesondere Kosten für Wasser und Abwasser, Müllbeseitigung, Versicherungen, öffentliche Gebühren und Gebäudereinigung. Eine Aufstellung dieser Kosten
findet sich in § 2 Betriebskostenverordnung.
Im „Buch der Unterkunft SGB XII“ sind in der Verfügung T 35.4 “Betriebskosten und
Breitbandkabelanschluss”14 folgende Regelungen für die Sachbearbeitung der Sozialverwaltung vorgegeben:
Zulässigkeit des Verweises im Mietvertrag auf den gesetzlich festgelegten Katalog der
Betriebskosten (z. B. “Neben der Miete sind Betriebskosten nach § 2 Betriebskostenverordnung zu zahlen.“),
Unzulässigkeit der Zahlung von nicht im Mietvertrag bezeichnete Betriebskosten,
Umlagemaßstab kann vertraglich frei vereinbart werden, sofern nichts vereinbart wurde, sind die Betriebskosten nach dem Anteil der Wohnfläche umzulegen,
Jährliche Abrechnung bis spätestens zum Ablauf des 12. Monats nach Ende des Abrechnungszeitraumes.
Für die Überprüfung des Verfahrens zur Ermittlung der kalten Betriebskosten wurden Datensätze zu den Kosten der Unterkunft aus den Fachanwendungen A2LL (SGB II) und
AKDN sozial (SGB XII) ausgewertet. Die Auswertung umfasste 20.519 Datensätze im SGB
II und 5.105 Datensätze im SGB XII.
Die Auswertung der Datensätze zeigt eine hohe Schwankungsbreite der Werte im Bereich
der Betriebskosten (warm und kalt) pro m2 auf. Hier waren Werte bis zu 12 EUR/m² zu
verzeichnen.
Auf Grundlage der ersten Auswertung wurden insgesamt 117 Datensätze in einer Einzelprüfung durch die Mitarbeiter des Amtes 50 auf Plausibilität der Angaben in den Fachanwendungen geprüft (Prüfschritt 1). Der Fokus lag dabei auf der Übereinstimmung der aus
der Akte ersichtlichen Angaben mit den Angaben in der jeweiligen Fachanwendung A2LL
und AKDN sozial. Die Prüfung ergab folgendes Ergebnis:
13
14
§1 Satz 1 Betriebskostenverordnung.
Vgl. Stadt Bochum: Das Buch der Unterkunft; T 35.4 “Betriebskosten und Breitbandkabelanschluss” S. 1. Stand: 03/2014.
- 10 -
Angaben
bestätigt
Datenqualität der Werte
Prüfung
nicht
möglich
falsch bzw.
alt
zusammengefasst
Gesamt
SGB II
22
10
39
7
78
SGB XII
18
1
17
3
39
Anteil in %
34
9
47
9
100
Gesamtzahl
40
11
55
11
117
Abbildung 3: Plausibilisierung der auffälligen Datensätze im Bereich BK
Insgesamt konnten für 40 Fälle die „unplausiblen“ Werte aus den Akten bestätigt werden.
Diese 40 Fälle wurden einer Einzelfallprüfung (Prüfschritt 2) unterzogen. Prüfungsgegenstand war hierbei eine Überprüfung der Einhaltung von formalen Kriterien sowie eine
Plausibilisierung der materiellen Kriterien für die eingereichten Betriebs- und Heizkostenabrechnungen.
Die Prüfung fand am 01.07. und 02.07.2014 im Jobcenter Bochum sowie im Amt 50
durch Rödl & Partner statt.
4.2
Feststellungen
Folgende Feststellungen konnten für den Prüfschritt 1 „Plausibilität der Angaben in den
Fachanwendungen“ getroffen werden (vgl. Abbildung 3):
In 9 % der Fälle (11 Fälle) war aus dem aktuellen Aktenband eine Überprüfung der
Angaben der Fachanwendung nicht möglich.
In 47 % der Fälle (55 Fälle) waren falsche oder alte Werte in der Fachanwendung hinterlegt. Diese falschen oder alten Werte konnten in 26 Fällen als Grund für die
„unplausiblen“ Werte angeführt werden und haben nach Bereinigung und Korrektur
zu „plausiblen“ Werten geführt.
In 9 % der Fälle (11 Fälle) waren mehrere Kostenpositionen (z.B. Ausweis der Heizkosten in der Spalte der NBK) zusammengefasst dargestellt und haben zu einer Verzerrung geführt. Diese Zusammenfassung von Kostenpositionen konnte in 4 Fällen als
Grund für die „unplausiblen“ Werte angeführt werden und hat nach Bereinigung und
Korrektur zu „plausiblen“ Werten geführt.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Datenqualität zur Wahrnehmung der
Steuerungs- und Kontrollmöglichkeiten verbessert werden sollte (falsche Angaben, Zusammenfassung von Kostenpositionen, etc.), um falsche Rückschlüsse zu vermeiden.
Prüfungsziel für den Prüfungsschritt 2 war eine Überprüfung der Einhaltung von formalen
Kriterien sowie eine Plausibilisierung anhand materieller Kriterien für die eingereichte Betriebs- und Heizkostenabrechnungen. Folgende Fragen wurden dabei geprüft:
Liegen die erforderlichen Grundlagen (Mietvertrag, Abrechnungen) in der Akte vor?
Ist die Umlage von Betriebskosten im Mietvertrag überhaupt vereinbart?
Werden nur zulässige Kostenpositionen verlangt?
Ist die Abrechnung nachvollziehbar und nachprüfbar?
Sind die richtigen Umlagemaßstäbe zutreffend angewendet?
- 11 -
Stimmen die Rechenschritte und das Abrechnungsergebnis?
Ist die Höhe der Kosten plausibel? (Wasserverbrauch, etc.)
Welcher wirtschaftliche Effekt entsteht?
Folgende Feststellungen konnten für den Prüfschritt 2 „Plausibilität der Angaben in den
Fachanwendungen“ getroffen werden:
Anteil der Fälle
Formelle Prüfung
Materielle Plausibilisierung
SGB II
SGB XII
Mietvertrag / Abrechnung liegt nicht
vor (Grundlage)
20 %
11 %
Keine Umlagevereinbarung Umlage
nach m2
30 %
-
Keine Erläuterung der Umlageschlüssel
35 %
6%
Abrechnung nicht verständlich bzw.
nachvollziehbar
35 %
22 %
Höhe der Kosten unplausibel
30 %
17 %
Anwendung der Umlageschlüssel inkorrekt
25 %
-
60 %
44 %
Fälle mit identifiziertem Einsparpotenzial
Abbildung 4: Stichprobenartige Prüfung von Betriebskostenabrechnungen
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass:
in 15 % der Fälle die Prüfungsgrundlagen (Mietvertrag oder Abrechnungen) im aktuellen Band der Akte nicht gegeben waren,
bei über 50% der Fälle ein Einsparpotenzial (fehlerhafter formeller und inhaltlicher
Betriebskostenabrechnungen) identifiziert werden konnte. Daraus ergibt sich ein
durchschnittliches Einsparpotenzial in Höhe von 362 EUR je Fall.
ein großer Teil der bemängelten Betriebskostenabrechnungen schon an den formellen
Kriterien (z. B. Vereinbarung Mietvertrag und Betriebskostenabrechnung, Korrekte
Anwendung der Umlageschlüssel etc.) scheitert,
nicht nur Potenziale ausgewiesen werden konnten in den Fällen, in denen eine Betriebskostennachzahlung geleistet wurde, sondern auch in Fällen, in denen eine Gutschrift (Rückzahlung der Vorauszahlungen) erfolgt ist. In diesen Fällen verbessert sich
nicht nur die Aufwandssituation für die Stadt Bochum sondern auch noch die Liquidität in den Folgejahren (auf Grund niedriger Vorauszahlungsbeträge im folgenden Abrechnungsjahr).
Eine Hochrechnung der Prüfungsergebnisse auf den gesamten Fallbestand ergibt ein rechnerisches Einsparpotenzial von ca. 890 TEUR. Dieses ermittelt sich wie folgt:
- 12 -
SGB II
Einsparpotenzial in der
Stichprobe:
Stichprobengröße
Stichprobe mit Potenzial
(> 100 EUR)
Mittelwert in der Stichprobe (Ausgabe in EUR)
Fälle gesamt
Stichprobenumfang
(Beginn)
Anteil an Grundgesamtheit (Pot. > 100 EUR)
Hochrechnung auf Gesamtbestand in TEUR
SGB XII
Gesamt
7.163 EUR
2.969 EUR
10.132 EUR
20
18
38
9
5
14
448 EUR
247 EUR
362 EUR
20.519
5.105
25.624
100
100
200
9,0%
5,0%
7,0%
826
63
890
Abbildung 5: Hochrechnung der Prüfungsergebnisse
Selbst unter Berücksichtigung von einem personellen Mehraufwand15 für die Prüfung der
Betriebs- und Heizkostenabrechnungen (z.B. durch die Schaffung einer zentral verorteten
und spezialisierten Sachbearbeitung) ergibt sich ein Einsparpotenzial.
4.3
Empfehlungen
Die Datenqualität zur Wahrnehmung der Steuerungs- und Kontrollmöglichkeiten muss
verbessert werden (falsche Angaben, Zusammenfassung von Kostenpositionen, etc.), um
falsche Rückschlüsse und dadurch falsche oder überhöhte Auszahlungen zu vermeiden.
Wir empfehlen der Stadt Bochum bei der Umstellung auf das Leistungsverfahren ALLEGRO
(ALG II -Leistungsverfahren Grundsicherung Online) im Jobcenter Bochum, die Sachbearbeitung insbesondere dafür zu sensibilisieren, dass die Dateneingaben zum einen korrekt
erfolgen und zum anderen in den dafür vorgesehenen Eingabefeldern erfolgen.
Bei einem überwiegenden Teil der vorgelegten Akten waren die für eine Überprüfung der
Betriebs- und Heizkostenabrechnung wenigstens erforderlichen Unterlagen nicht vorhanden bzw. nicht sofort auffindbar. Wir empfehlen der Stadt Bochum die Sachbearbeitung
dafür zu sensibilisieren, dass die aktuellen Aktenbände den aktuellen Mietvertrag und die
aktuelle Betriebs- und Heizkostenabrechnung beinhalten müssen. In einem geprüften Fall
waren diese Dokumente z.B. in einem eigenen Reiter an den Aktendeckel geheftet, was
insofern sinnvoll erscheint.
Auf Grund des ermittelten Einsparpotenzials empfehlen wir der Stadt Bochum sowohl im
Amt für Soziales und Wohnen als auch im Jobcenter ein Verfahren zur Prüfung der
15
Annahme von 5 Minuten pro Fall pro Jahr durch den Sachbearbeiter SGB II und XII (EG 9) zuzüglich einer zentralen und spezialisierten Stelle (EG 9) im Bereich des Jobcenters. Dies entspricht einem Personalvolumen von ca. 5,3 VZÄ bzw. ca. 300 TEUR.
- 13 -
Betriebs- und Heizkostenabrechnung zu installieren. Dieses Verfahren sollte mindestens die folgenden Eckpunkte beinhalten:
(1) Erarbeitung einer Prüfliste auf Grundlage der Prüfungsfeststellungen von Rödl & Partner
(2) Beschreibung des Prüfungsablaufs und Aufgabenabgrenzung (Prüfschritte dezentral
beim Sachbearbeiter, Prüfschritte bei einer zentral geschaffenen und spezialisierten
Sachbearbeitung, Einbindung von externen Akteuren (z.B. des Mieterschutzbundes
über ein Voucher-System)
(3) Schulung der Sachbearbeitung in Jobcenter und Amt für Soziales und Wohnen in der
Anwendung der Prüfliste und des Verfahrens durch auf Betriebskostenabrechnung
Spezialisierte
(4) Prüfung von Refinanzierungsmöglichkeiten (Kostenbeteiligung Bund)
Für die Begleitung der Stadt Bochum bei der Umsetzung stehen wir gerne jederzeit beratend zur Seite.
- 14 -
5
5.1
FESTSTELLUNGEN IM VERFAHREN DER ERMITTLUNG DER HEIZKOSTEN
Prüfungsgrundlage
Die leistungsrechtlichen Vorschriften des SGB II, SGB XII und des AsylbLG bestimmen, dass
Leistungen für Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht werden, soweit
diese angemessen sind.
In der Stadt Bochum hat der Haupt- und Finanzausschuss des Rates in seiner Sitzung vom
20.02.2008 gravierende Änderungen der bislang geltenden Richtlinien zur Ermittlung der
angemessenen Heizkosten (Anlage 5 zu T 29) beschlossen. Demnach sind die tatsächlich
von den Leistungsempfängern nach dem SGB II und SGB XII zu zahlenden Heizkosten zu
übernehmen, soweit keine Anhaltspunkte für ein unwirtschaftliches Heizverhalten der
Leistungsempfänger vorhanden sind. 16
In der Stadt Bochum werden mit der Anwendung des sogenannten „HeizkostenMoratoriums“ folglich alle vorgelegten Werte ohne Angemessenheitsprüfung übernommen. Nach Einschätzung der Fachverwaltung führt das Verfahren, z.B. auf Grund der Zeitersparnis in der Sachbearbeitung zu einem wirtschaftlichen Ergebnis für den städtischen
Haushalt.
Angemessenheitsgrenzen für die Unterkunftskosten und Nichtprüfungsgrenzen für die
Heizkosten müssen getrennt nach unterschiedlichen Verfahren festgelegt werden. Die
Nichtprüfungsgrenzen für Heizkosten können laut BSG-Urteil ohne eigene Datenerhebungen mithilfe der Werte des „Bundesweiten Heizspiegels“ der co2online gGmbH festgelegt
werden.17 Ein kommunaler Heizspiegel liegt in der Stadt Bochum nicht vor.
Ziel der Prüfung war es, die haushalterischen Folgen für den städtischen Haushalt durch
Anwendung des „Heizkosten-Moratoriums“ im Vergleich zu einer Anwendung des „Bundesweiten Heizspiegels“ darzustellen und zu bewerten.
Für die Überprüfung wurden Datensätze zu den Kosten der Unterkunft aus den Fachanwendungen A2LL (SGB II) und AKDN sozial (SGB XII) ausgewertet. Dies umfasste 20.519
Datensätze im SGB II und 5.105 Datensätze im SGB XII. In A2LL ist die Heizungsart als
Kriterium nicht hinterlegt. Hier wurde für die Potenzialermittlung auf den höchsten Wert
in der rechten Spalte des aktuellen bundesweiten Heizkostenspiegels zurückgegriffen.18
5.2
Feststellungen
Die Auswertung der Daten hat gezeigt, dass im SGB II circa 11 % und im SGB XII circa 25
% der gewährten Werte über den Werten der „rechten Spalte“ des bundesweiten Heizkostenspiegels liegen. Die ursprüngliche Vermutung des Sozialbereichs, dieser Wert läge
bei 1 %, wurde damit widerlegt.
Auf Grundlage der ersten Auswertung wurden, analog zu den kalten Neben- und Betriebskosten, insgesamt 200 Datensätze19 in einer Einzelprüfung durch die Mitarbeiter des
Amtes 50 auf Plausibilität der Angaben in den Fachanwendungen geprüft. Der Fokus lag
dabei auf der Übereinstimmung der aus der Akte ersichtlichen Angaben mit den Angaben
in der jeweiligen Fachanwendung A2LL und AKDN sozial. Die Prüfung ergab folgendes
Ergebnis:
16
Vgl. Beschlussvorlage vom 17.04.2008; Heizkostenmoratorium- Richtlinie zur Ermittlung „angemessener Heizkosten“ Anlage 5 zu T 29.
17 Vgl. BSG, Urteil vom 2.7.2009, B 14 AS 36/08 R, Rdnr. 21ff.
18 Aussage der Wissensdatenbank opDs vom 04.08.2014.
19 Hierbei handelt es sich um eine repräsentative Stichprobe aus den insgesamt ermittelten Fällen
(Anerkannte Heizkosten > rechte Spalte des bundesweiten Heizspiegels).
- 15 -
Angaben
bestätigt
Datenqualität der Werte
Prüfung
nicht
möglich
falsch bzw.
alt
zusammengefasst
Gesamt
SGB II
49
13
30
8
100
SGB XII
56
5
39
0
100
Anteil in %
53
9
35
4
100
Gesamtzahl
105
18
69
8
200
Abbildung 6: Plausibilisierung der auffälligen Datensätze im Bereich Heizkosten
Von den ursprünglich insgesamt 200 als auffällig identifizierten Datensätzen aus der
Stichprobe wiesen nach Plausibilisierung und Korrektur der Eingaben 26 angemessene
beziehungsweise plausible Werte auf.
Eine Hochrechnung auf den Bestand der Fälle, die insgesamt als „auffällig“ identifiziert
worden sind, weist unter Anwendung des Vorsichtsprinzip (pauschale Korrektur um den
Warmwasserzuschlag und Realisierungsabschläge von 33 bzw. 48 %) ein rechnerisches
Potenzial von 450.000 EUR pro Jahr auf.
5.3
Empfehlung
Die Anwendung des Heizkosten-Moratoriums führt in der Stadt Bochum zu anerkannten
Heizkosten, welche die rechte Spalte des bundesweiten Heizspiegels deutlich überschreiten.
Rödl & Partner empfiehlt deshalb die Anwendung des bundesweiten Heizkostenspiegels in
der Stadt Bochum. Dadurch ergibt sich neben der höheren Rechtssicherheit im Hinblick
auf das angewendete Verfahren auch ein positiver Effekt auf die Wirtschaftlichkeit.
- 16 -
6
6.1
FESTSTELLUNGEN ZUR STEUERUNG DER KOMMUNALEN LEISTUNGEN
SGB II UND XII
Prüfungsgrundlage
Die Kosten der Unterkunft (KdU) für Leistungsempfänger im Bereich Sozialgesetzbuch
(SGB) II und SGB XII stellen einen der wichtigsten Posten im Haushalt der Stadt Bochum
dar.
Haushaltsjahr
Planung
rd. Mio. EUR
Ergebnis
rd. Mio. EUR
2010
87,8
87,1
2011
92,6
88,9
2012
91,0
90,1
2013
93,7
96,2
2014
96,9
58,7 20
Abbildung 7: Entwicklung der Transferaufwendungen im Bereich Aufgaben nach
dem SGB II (PG 31 02 - Konto 533301)
Trotz hoher Transferaufwendungen nehmen viele Träger der KdU das Controlling jedoch
nicht als beeinflussbare Steuerungsaufgabe wahr. Zum Teil bestehen schon gar keine bzw.
stark aggregierte Informationen über die Kosten der Unterkunft.
In der Stadt Bochum existieren bereits heute eine ganze Reihe an Daten und Informationen. Hierzu zählen u.a.:
Bericht zur Zielerreichung 2014 des Jobcenters Bochum mit Angaben zu kumulierter
Summe der Leistungen für Unterkunft und Heizung und Entwicklung der Bedarfsgemeinschaften21
Internes Kontrollsystem (IKS) des Jobcenters mit Angaben zu Anzahl der Klageverfahren, Erfolgsquoten und Bearbeitungsdauern22
Produktplan der Stadt Bochum mit Angaben zu Wirkungskennzahlen, Leistungskennzahlen, Qualitätskennzahlen und Finanzkennzahlen23
6.2
Feststellungen
Hinsichtlich der Eignung der vorliegenden Informationen zur Steuerung der kommunalen
Leistungen SGB II und XII ist folgendes festzustellen:
20
Produktgruppe 31 02 - Aufgaben nach dem SGB II - Konto 533301 (KdU) im Januar bis Juli 2014.
Vgl. Jobcenter Bochum: „Zielerreichung 2014 Übersicht – Berichtsmonat: April 2014, Stand:
16.05.2014, Seite 2.
22 Jobcenter Bochum: „Zielerreichung 2014 Übersicht – Berichtsmonat: April 2014, Stand:
16.05.2014, Seite 9.
23 Vgl. Stadt Bochum: Haushaltsplan 2015 Produktgruppe: 1.31. Soziale Leistungen – 1.31.02.
Aufgaben nach dem SGB II.
21
- 17 -
Reine Darstellung von finanziellen Ergebnissen und Entwicklungen ohne hinreichende
Begründung, auf welche Einflussfaktoren diese zurückzuführen sind. Fehlende Erläuterung und Begründung von Auffälligkeiten und nicht geplanten Entwicklungen.
Die im Haushalt der Stadt Bochum genannten Wirkungskennzahlen zu Leistungen,
Qualität der Umsetzung und Sicherstellung der benötigten Hilfen im SGB II sowie die
Produktergebnisse reichen für ein amtsinternes Controlling der kommunalen Leistungen SGB II und XII nicht aus.
Auf Grund der im Rahmen dieser Prüfung getroffenen Feststellungen sollte auch in
den kommenden Haushaltsjahren eine laufende Überprüfung der Feststellungen etabliert werden, z.B. zur Kontrolle der Überprüfung der Betriebskostenabrechnungen.
Dies ist mit den vorliegenden Berichten nur sehr umständlich möglich.
Im Folgenden werden die Mindeststandards für ein erfolgreiches Controlling im Gebiet der
Kosten der Unterkunft und deren Themenbereiche dargestellt
Themenbereich:
Finanzen
Kennzahlen:
Bedarfsgemeinschaften
Verfügbarkeit von
Wohnraum
Gesamtaufwendungen für KdU unterteilt in
NKM, NBK, HK (Entwicklung über Zeitreihe)
Ø NKM / NBK / HK je Wohnung unterteilt nach
Wohnungsgrößenklassen
Anzahl der Bedarfsgemeinschaften (Entwicklung über Zeitreihe)
Anteil unangemessen wohnender BG (SGB II
und XII)
Anteil der ermittelten Angebotsmieten unterhalb der aktuell gültigen Angemessenheitsgrenzen
Leerstandsquote im Betrachtungsraums (Entwicklung über Zeitreihe
Kostensenkungsverfahren / Gerichtsverfahren
durchgeführte Kostensenkungsverfahren je
Monat / Jahr
Erfolgsquote Kostensenkungsverfahren
eingegangene Klagen je Monat / Jahr
Erfolgsquote Klageverfahren
Einzelfallprüfungen /
Stichprobenhafte
Prüfungen
Anzahl Einzelfallprüfungen
Anteil mit aufgedecktem Einsparpotenzial
Ø realisiertes Einsparpotenzial je Prüfung
Abbildung 8: Mindeststandards für die Steuerung der kommunalen Leistungen
SGB II und XII
Die Auswertbarkeit von relevanten Kennzahlen z.B. von Widersprüchen und Klagen beim
Jobcenter Bochum ist gegeben. Dies wurde im Rahmen der Prüfung mit dem Jobcenter
und dem Sozialamt diskutiert und geklärt.
- 18 -
6.3
Empfehlung
Die Sozialverwaltung hat auf Grundlage der oben beschriebenen Mindestanforderungen ein auf Excel basierendes Berichtsset erarbeitet. Das Berichtsset hat folgendes Aussehen:
Abbildung 9: Entwurf für ein Berichtsset zu den Kosten der Unterkunft
- 19 -
Das Berichtsset unterscheidet in Angaben zu den Finanzen, zu Fallentwicklungen, zur Angemessenheit der Kosten der Unterkunft bzw. zur Verfügbarkeit von angemessenem
Wohnraum sowie zu Widersprüchen und Klagen.
Aus Sicht von Rödl & Partner ist dieses Berichtsinstrument im Vergleich zum praktizierten
Status Quo eine deutliche Verbesserung und empfiehlt sich deshalb für eine Implementierung und Anwendung.
Wir möchten uns bei allen Prüfungsbeteiligten für die stets kooperative und konstruktive
Zusammenarbeit bedanken und wünschen viel Erfolg bei der Umsetzung der Prüfungsfeststellungen.
Köln, im August 2014
Christian Griesbach
Diplom-Volkswirt
Associate Partner
- 20 -