Daten
Kommune
Bochum
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Mitteilung der Verwaltung.pdf
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26.12.14, 13:23
Aktualisiert
28.01.18, 00:18
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Inhalt der Datei
Stadt Bochum
Mitteilung der Verwaltung
- Seite 1 -
Stadtamt
TOP/akt. Beratung
33 (2201)
Vorlage Nr. 20131675
Sicht- und Eingangsvermerk der Schriftführung
öffentlich/nichtöffentlich
nichtöffentlich gemäß
öffentlich
Bezug (Beschluss, Anfrage Niederschrift Nr. ... vom ... )
Anfrage 22. Sitzung des Ausschusses für Migration und Integration Niederschrift Nr.
20131484 vom 19.06.2013
Bezeichnung der Vorlage
Berufsausbildung für minderjährige Flüchtlinge
Beratungsfolge
Sitzungstermin
akt.
Beratung
Ausschuss für Migration und Integration
Anlagen
Wortlaut
6.1 Berufsausbildung für minderjährige Flüchtlinge
Herr Rainer Schug -SPD- und Herrn Mustafa Calikoglu -Die Grünen- stellen folgende
Anfrage:
Ausländischen Bürgern mit dem Aufenthaltsstatus einer Duldung kann unter bestimmten
Voraussetzungen (erlaubter oder geduldete Aufenthalt von mehr als einem Jahr) die
Ausübung einer Beschäftigung erlaubt werden.
Gemäß § 10 Abs. 2 Beschäftigungsverfahrensverordnung wird die Zustimmung zur
Aufnahme einer Berufsausbildung sogar ohne Prüfung der sog. Vorrangigkeit (§ 39 Abs. 2
Aufenthaltsgesetz) erteilt.
Ehrenamtliche Betreuer/innen von in Bochum lebenden minderjährigen Flüchtlingen haben
uns mitgeteilt, dass Jugendlichen von der Ausländerbehörde die Zustimmung zur Aufnahme
einer Berufsausbildung versagt worden sei bzw. die Versagung in Aussicht gestellt worden
sei.
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Vorlage Nr. 20131675
Wir möchten daher die Verwaltung fragen:
1) Welches Ermessen haben die Ausländerbehörde und die Bundesagentur für Arbeit
bei der Anwendung des §10 Beschäftigungsverfahrensverordnung?
2) Wie wird dieses Ermessen i. d. R. ausgeübt, insbesondere wenn es um die
Aufnahme einer Berufsausbildung geht?
3) Welche besonderen Gründe könnte es geben, wenn in Einzelfällen eine Zustimmung
verweigert wurde?
4) Teilt die Verwaltung unsere Auffassung, dass es grundsätzlich sinnvoll ist,
minderjährigen Flüchtlingen – auch wenn ihr Aufenthalt in Deutschland
möglicherweise nur auf eine bestimmte Zeit begrenzt sein sollte – eine gute
Berufsausbildung zukommen zu lassen?
Zum einen, weil sie mit einer solchen Berufsausbildung in ihrem Heimatland auf
bessere Arbeits- und Lebensbedingungen hoffen können.
Zum anderen, weil sie während der Zeit ihres Aufenthalts in Deutschland einer
sinnvollen Tätigkeit nachgehen können und sich damit auch ihre Integrationschancen
verbessern.
Antwort:
Vorbemerkung:
Die Anfrage ist aufgrund der Verwendung verschiedener Begrifflichkeiten interpretierbar
hinsichtlich des Personenkreises. Nachfolgende Ausführungen finden ausschließlich
Anwendung auf unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF).
zu 1 :
Welches Ermessen haben die Ausländerbehörde und die Bundesagentur für Arbeit bei der
Anwendung des §10 Beschäftigungsverfahrensverordnung?
Die Verordnung über das Verfahren und die Zulassung von im Inland lebenden Ausländern
zur Ausübung einer Beschäftigung (Beschäftigungsverfahrensverordnung - BeschVerfV) ist
zum 30.06.2013 außer Kraft getreten. Nachfolgend finden ab dem 01.07.2013 die
Regelungen der Verordnung zur Änderung des Ausländerbeschäftigungsrechts Verordnung über die Beschäftigung von Ausländerinnen und Ausländern vom 6. Juni 2013
(Beschäftigungsverordnung – BeschV) Anwendung. Nach § 32 BeschV kann
Ausländerinnen und Ausländern, die eine Duldung besitzen, eine Zustimmung zur Ausübung
einer Beschäftigung erteilt werden, wenn sie sich seit einem Jahr erlaubt, geduldet oder mit
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einer Aufenthaltsgestattung im Bundesgebiet aufhalten (Abs. 1). Keiner Zustimmung bedarf
u. a. die Erteilung einer Erlaubnis zur Ausübung einer Berufsausbildung in einem staatlich
anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf (Abs. 2). Die Erteilung einer
Erlaubnis zur Beschäftigung an Ausländerinnen und Ausländer, die eine Duldung besitzen,
bedarf keiner Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit, wenn sie sich seit vier Jahren
ununterbrochen erlaubt, geduldet oder mit einer Aufenthaltsgestattung im Bundesgebiet
aufhalten (Abs. 3).
Ausländerinnen und Ausländern, die eine Duldung besitzen, darf nach § 33 BeschV die
Ausübung einer Beschäftigung nicht erlaubt werden, wenn
sie sich in das Inland begeben haben, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen, oder
Aufenthalts beendende Maßnahmen bei ihnen aus Gründen, die sie selbst zu
vertreten haben, nicht vollzogen werden können (Abs. 1). Zu vertreten haben
Ausländerinnen oder Ausländer die Gründe nach Absatz 1 Nr. 2 insbesondere, wenn
sie das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über ihre Identität oder
Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführen (Abs. 2)
Sofern der Ausländerbehörde nach vorstehenden Ausführungen ein Ermessen zur
Entscheidung eröffnet ist, entscheidet sie unter Betrachtung und Berücksichtigung aller
Umstände des konkreten Einzelfalls und geltender aufenthaltsrechtlicher Vorschriften.
Hinsichtlich des der Bundesagentur für Arbeit zustehenden Ermessens kann von hier keine
Aussage getroffen werden.
Zu 2 und 3 :
Wie wird dieses Ermessen i. d. R. ausgeübt, insbesondere wenn es um die Aufnahme einer
Berufsausbildung geht?
Welche besonderen Gründe könnte es geben, wenn in Einzelfällen eine Zustimmung
verweigert wurde?
Grundsätzlich übt die Ausländerbehörde entsprechend einer internen Arbeitsanweisung
nach § 32 Abs. 2 BeschV ihr Ermessen bei der Entscheidung über die
Beschäftigungserlaubnis zum Zwecke der Berufsausbildung unter den nachfolgenden
Voraussetzungen zugunsten des UMF aus:
1.
Der minderjährige unbegleitete Flüchtling ist noch nicht unanfechtbar vollziehbar zur
Ausreise verpflichtet.
2.
Die Identität ist geklärt bzw. es bestehen keine ernsthaften Zweifel an der
behaupteten Identität (Mitwirkung bei der möglichen Identitätsklärung).
3.
Beschaffung eines Nationalpasses unter Beachtung der geltenden passrechtlichen
Vorschriften des Heimatlandes entsprechend der Verpflichtung nach § 4
Aufenthaltsgesetz, zumindest Nachweis zumutbarer Bemühungen wie z. B.
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Beantragung der Ausstellung eines Passes (ggf. über den Vormund) bei der
Auslandsvertretung seines Herkunftsstaates.
4.
Straffreier Aufenthalt im Bundesgebiet.
5.
Es liegen keine Versagungsgründe nach § 33 BeschV vor.
6.
Es handelt sich um eine Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder
vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf.
Unter Beachtung vorstehender Ausführungen soll unbegleiteten minderjährigen
Flüchtlingen, deren Aufenthaltsbeendigung konkret nicht absehbar ist, die Chance
eingeräumt werden, eine Berufsausbildung zu absolvieren. Nach erfolgreichem Abschluss
eröffnet sich möglicherweise eine Bleibeperspektive nach § 18a AufenthG. Nach dieser
Vorschrift kann einem geduldeten Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer
der beruflichen Qualifikation entsprechenden Beschäftigung u.a. dann erteilt werden, wenn
der Ausländer im Bundesgebiet eine qualifizierte Berufsausbildung in einem staatlich
anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf oder ein Hochschulstudium
abgeschlossen hat.
Entsprechende Anwendung finden vorstehende Ausführungen auf unbegleitete Flüchtlinge,
die zwischenzeitlich volljährig geworden sind und deren Aufenthalt aus von dem Ausländer
nicht zu vertretenden Gründen in absehbarer Zeit nicht beendet werden kann (z. B. es ist
generell keine Rückführung in den Herkunftsstaat möglich).
Ausgeschlossen von dieser begünstigenden Regelung sind unbegleitete minderjährige /
zwischenzeitlich volljährig gewordene Flüchtlinge, deren Asylverfahren nach § 30 Abs. 3
Nummer 1 bis 6 des Asylverfahrensgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt
wurde. Aus § 10 Abs. 3 S. 2 AufenthG und § 18a Abs. 3 AufenthG ergibt sich hier ein
Erteilungsverbot für eine Aufenthaltserlaubnis nach § 18a AufenthG.
Zu 4 :
Teilt die Verwaltung unsere Auffassung, dass es grundsätzlich sinnvoll ist, minderjährigen
Flüchtlingen – auch wenn ihr Aufenthalt in Deutschland möglicherweise nur auf eine
bestimmte Zeit begrenzt sein sollte – eine gute Berufsausbildung zukommen zu lassen?
Zum einen, weil sie mit einer solchen Berufsausbildung in ihrem Heimatland auf bessere
Arbeits- und Lebensbedingungen hoffen können.
Zum anderen, weil sie während der Zeit ihres Aufenthalts in Deutschland einer sinnvollen
Tätigkeit nachgehen können und sich damit auch ihre Integrationschancen verbessern.
Die Verwaltung sieht es grundsätzlich als sinnvoll an (siehe Antw. zu 2 u. 3), minderjährigen
Flüchtlingen im Rahmen der rechtlich zulässigen Möglichkeiten durch die Aufnahme einer
Berufsausbildung eine Zukunftsperspektive einzuräumen.