Daten
Kommune
Bochum
Dateiname
Mitteilung der Verwaltung.pdf
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80 kB
Erstellt
26.12.14, 13:23
Aktualisiert
28.01.18, 00:18
Stichworte
Inhalt der Datei
Stadt Bochum
Mitteilung der Verwaltung
- Seite 1 -
Stadtamt
TOP/akt. Beratung
53 0 (3200)
Vorlage Nr. 20131843
Sicht- und Eingangsvermerk der Schriftführung
öffentlich/nichtöffentlich
nichtöffentlich gemäß
öffentlich
Bezug (Beschluss, Anfrage Niederschrift Nr. ... vom ... )
Anfrage aus der 22. Sitzung des Ausschusses für Migration und Integration vom
19.06.21013;Vorlagennummer 20131486
Bezeichnung der Vorlage
Beschneidungen in Bochum
Beratungsfolge
Sitzungstermin
Ausschuss für Migration und Integration
akt.
Beratung
19.09.2013
Anlagen
Wortlaut
Es wird folgende Anfrage gestellt:
Das Thema Beschneidung wurde im letzten Jahr gesellschaftlich und politisch breit
diskutiert. Ende 2012 hat der Bundestag eine neue gesetzliche Regelung zu religiösen
Beschneidungen beschlossen. Die Beschneidungen von muslimischen und jüdischen
Jungen sind weiterhin grundsätzlich erlaubt – vorausgesetzt, dass sie „nach den Regeln der
ärztlichen Kunst“ durchgeführt werden. Bei dem Gesetz hat man sich auf eine Fassung
geeinigt, die sowohl Rücksicht auf die körperliche Unversehrtheit des Kindes, auf das Recht
und die Pflicht der Eltern auf und zur Erziehung der Kinder sowie die Glaubensfreiheit
nehmen soll.
Vor diesem Hintergrund wird angefragt:
-
Welche Erfahrungen gibt es in Bochum hinsichtlich der Beschneidungen bei
muslimischen und jüdischen Jungen? Gab es Hinweise auf Vorfälle, in denen das
Kindeswohl nicht ausreichend berücksichtigt wurde?
Wie wird in Bochum überprüft, dass sie Beschneidungen nach den Regeln der
ärztlichen Kunst durchgeführt werden.
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Vorlage Nr. 20131843
Seit Ende 2012 gilt bundesweit das Beschneidungsgesetz, das eine Beschneidung von
Jungen aus religiösen Gründen erlaubt. Nach dem Gesetz dürfen sowohl Ärzte als auch
religiöse Beschneider den Eingriff vornehmen. Ein religiöser Beschneider ist dazu allerdings
nur berechtigt, wenn er dazu speziell ausgebildet ist. Er darf außerdem nur Säuglinge
beschneiden, die nicht älter als sechs Monate sind.
Verfahren in Bochum bei muslimischen Jungen:
Nach den Rechtsschulen des Islam gilt die Beschneidung als Akt der Gottesverehrung. Es
gibt in Bochum wesentlich mehr Beschneidungen bei muslimischen als bei jüdischen
Jungen. Die Beschneidungen werden meist im vierten bis achten Lebensjahr durchgeführt.
Diese erfolgt von Ärzten.
Ein Bochumer Kinderchirurg führt bei ca. 100-150 muslimischen Jungen pro Jahr
Beschneidungen durch. Außerdem werden in der Abteilung für Kinderchirurgie des
Marienhospitals in Herne Zirkumzisionen (Beschneidungen) bei medizinischer Indikation
durchgeführt. Beschneidungen aus rein religiösen Gründen werden den Eltern in einer Höhe
von 317,73 € in Rechnung gestellt.
Angewandt wird aufgrund des Alters der Kinder die „Erwachsenen-Technik“, die in Narkose
erfolgt und die im Rahmen des Eingriffs auch eine Blutstillung erforderlich macht.
Verfahren in Bochum bei jüdischen Jungen:
Die Beschneidung von Jungen am achten Tag nach ihrer Geburt ist ein konstitutives
Element des Judentums, das im 1. Buch Moses als Zeichen für den Bund mit Gott
geschrieben steht.
Ein Bochumer Chirurg und Allgemeinmediziner führt bei ca. 15-20 Jungen pro Jahr diese
Beschneidungen durch. Sein Einzugsbereich geht von Hannover bis Luxemburg, von
Hamburg bis Frankfurt. Dieser Arzt mache ungefähr 2/3 aller im jüdischen Kulturkreis dieser
Region durchgeführten Beschneidungen. Der Chirurg teilte mit, dass viele Juden die
Beschneidung nicht mehr machen lassen, daher die recht geringe Zahl der Eingriffe. Diese
führe er nicht nur in der Praxis, sondern auch in der Wohnung der Familien bzw. in der
Synagoge durch. Es gebe im Ruhrgebiet außerdem Beschneidungen, die von Laien
(„Mohalim“ – Beschneider, Plural) durchgeführt werden.
Die Beschneidungstechnik unterscheidet sich grundlegend von der „Erwachsenen-Technik“:
ein geschlitztes Metallblatt wird über die Vorhaut gezogen. Blutstillung und Wundnaht sind
nicht erforderlich. Diese Technik ist weniger eingreifend als das bei älteren Kindern und
Erwachsenen angewandte Verfahren. Daher ist zu vertreten, dass auch Personen ohne
ärztliche Ausbildung diese Eingriffe durchführen. Diese Personen sind für die Durchführung
der Beschneidungen mit dieser Technik ausgebildet. Insoweit ist Gesetzeskonformität
gegeben.
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Vorlage Nr. 20131843
Komplikationen der Beschneidungen; Überprüfung der Einhaltung der „Regeln der Kunst“
Medizinische Einrichtungen sind verpflichtet, Komplikationen und Infektionen nach
durchgeführten Eingriffen aufzuzeichnen und zu bewerten. Diese werden von der
Einrichtung statistisch ausgewertet. Eine Grundlage ist das Bundesinfektionsschutzgesetz.
Das gilt nicht für von Laien durchgeführte Beschneidungen. Einen Anhalt über die Häufigkeit
von Komplikationen bei nicht-ärztlichen Beschneidungen können die Erkenntnisse der Ärzte
über dort vorgestellte Notfälle und Nebenwirkungen geben.
Ärzte aus Bochum und Umgebung – darunter fallen auch die niedergelassenen Kinderärzte
- sehen nur Einzelfälle mit Komplikationen, insbesondere nach Beschneidungen in der
Türkei. Das sind insbesondere Nachblutungen; denkbar sind auch Infektionen. Es handelt
sich um insgesamt wenige Fälle pro Jahr. Ernsthafte Komplikationen seien nicht aufgetreten.
Eine direkte medizinische Überprüfung der Laien, ob diese die Beschneidungen nach den
Regeln der ärztlichen Kunst durchführen, erfolgt nicht. Aufgrund der Aussagen der Ärzte
über den sehr geringen Umfang von Komplikationen ist diese auch nicht zwingend
erforderlich.