Daten
Kommune
Bochum
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Mitteilung der Verwaltung.pdf
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26.12.14, 14:17
Aktualisiert
28.01.18, 07:17
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Stadt Bochum
Mitteilung der Verwaltung
- Seite 1 -
Stadtamt
TOP/akt. Beratung
67 21 Ti (4153)
Vorlage Nr. 20100121
Sicht- und Eingangsvermerk der Schriftführung
öffentlich/nichtöffentlich
nichtöffentlich gemäß
öffentlich
Bezug (Beschluss, Anfrage Niederschrift Nr. ... vom ... )
Bezeichnung der Vorlage
Baumfällgenehmigungen im "Malerviertel"
Beratungsfolge
Ausschuss für Umwelt, Ordnung, Sicherheit und Verkehr
Sitzungstermin
akt. Beratung
10.02.2010
Anlagen
Wortlaut
Anlaß
Mit Schreiben vom 13.01.2008 beantragte die Firma Emkes im Auftrage der Eigentümerin,
Baugenossenschaft Bochum eG, für die Objekte "Hattinger Str. 299/301/305" und
"Schwindstr. 3/9 und 15" die Entfernung von insgesamt sieben Laubbäumen, die aufgrund
ihrer Art und ihrer Stammumfänge unter die Satzung zum Schutz des Baumbestandes in der
Stadt Bochum (BaSa) fallen.
Beantragte und genehmigte Baumfällungen
An der "Hattinger Str." wurde die Fällung von zwei Eichen und einem Amberbaum
beantragt und mit Genehmigung vom 25.01.08 zur Fällung freigegeben.
Begründet wurde der Antrag mit der Beschattung von Wohnräumen gemäß § 6 Absatz 1
Buchstabe f) der Bochumer Baumschutzsatzung. Ein Befreiungstatbestand liegt dann vor,
wenn die Bäume die Einwirkung von Licht und Sonne auf die Fenster unzumutbar
beinträchtigen. Eine unzumutbare Beeinträchtigung ist gegeben, wenn die Fenster so
beschattet werden, dass dahinter liegende Wohnräume während des Tages nur mit
künstlichem Licht benutzt werden können.
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Bei den zwei Eichen und dem Amberbaum handelt es sich um breitkronige Bäume mit einer
Höhe von ca. 12 m, welche in einem Abstand von 3 bis 5 m zu den Wohnhäusern stehen.
Auf Grund von Baumart und -größe sowie Standort ist der beurteilende
Außendienstmitarbeiter unabhängig von der Jahreszeit zu der fachlichen Einschätzung
gekommen, dass die Bäume aufgrund des zu geringen Abstandes zu den Wohnhäusern die
Fenster unzumutbar verschatten.
Diese Verschattung der Fenster wird sich im Laufe der Jahre durch das weitere Wachstum
der Bäume definitiv verstärken.
Durch die Entfernung lediglich einiger Äste im Kronenbereich der Bäume und das Einkürzen
weiterer Äste in Gebäudenähe, sprich das Auslichten der Baumkronen, würde für die
Schaffung zumutbarer Lichtverhältnisse in den Wohnungen nicht ausreichend sein.
Aufgrund dieser fachgerechten Beurteilung kann festgestellt werden, dass die Erteilung
einer Fällgenehmigung für die Bäume an der Hattinger Straße den rechtlichen Vorgaben der
Bochumer Baumschutzsatzung entspricht.
Auf den Grundstücken "Schwindstr." wurde die Fällung einer Eberesche, einer Kastanie
und zwei Zierkirschen aufgrund ihrer Krankheitsbilder und Schädigungen gemäß § 6 Absatz
1 Buchstabe d der Baumschutzsatzung beantragt.
Die Baumschutzsatzung sieht in diesem Fall eine Ausnahme vor, wenn ein geschützter
Baum krank ist und seine Erhaltung auch unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses
mit zumutbarem Aufwand nicht möglich ist. Damit wird deutlich, dass nicht jede
Baumerkrankung die Genehmigung zur Baumentfernung rechtfertigt.
Nur, wenn Erhaltungsmaßnahmen unverhältnismäßig sind, kann ein Anspruch auf
Ausnahmegenehmigung bestehen.
Die Bäume an der "Schwindstraße" weisen erhebliche Schäden auf:
Lückenhafte Kronen, Absterben ganzer Astbereiche, hoher Totholzanteil, Morschungen,
Faulstellen mit Wassertaschen, Pilzbefall, Druckzwiesel und Schiefwuchs.
Das Schadbild an den einzelnen Bäumen stellt sich wie folgt dar:
-
Die Eberesche hat bei Entfernung des Totholzanteils nur noch ein Kronenvolumen
von ca. 15 %. Dieses geringe Kronenvolumen hat zur Folge, dass die Wurzeln des
Baumes nicht mehr ausreichend mit Assimilaten versorgt werden und absterben. Die
Eberesche wird noch weniger Wasser und Nährstoffe aufnehmen können. Bei den
einzelnen Morschungsstellen dringen Feuchtigkeit und Pilze in das Kernholz ein und
zersetzen somit den gesamten Baum. Da die Zellulose zersetzt wird, aber nicht das
Lignin, verfärbt sich das Holz später braun. Es wird rissig und zerbricht würfelartig.
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Im Endstadium zerfällt es zu rötlich-braunen Staub. Eine Standfestigkeit ist nicht
mehr gegeben.
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Von der Rosskastanie gehen durch Zwieselwuchs mit Wassertasche, Pilzbefall und
Stammschaden Gefahren aus. Der Baum weist keine durchgehende Stammachse,
sondern nur noch Stämmlinge auf. Es handelt sich hierbei um eine Fehlentwicklung,
die im Jungalter durch entsprechenden Erziehungsschnitt noch korrigiert werden
kann. Zu einem späteren Zeitpunkt ist dies nicht mehr möglich. Zu spätes Entfernen
von einem Konkurrenzstämmling führt zu Schäden infolge von Wundfäule oder
Un-terversorgung des Wurzelsystems (siehe Ausführungen Eberesche).
Die vorhandene Wassertasche und der Stammschaden ermöglichen Pilzen den
Eintritt in das Kernholz. Ein von einem holzzerstörenden Pilz besiedelter Baum wird
im Laufe der Holzzersetzung zu einer Gefahr, da die Stand- und Bruchsicherheit
entsprechend abnimmt und stetig weiter reduziert wird. Beim Versagen der Standund Bruchsicherheit führt dies letztendlich zum Kippen oder Brechen des Baumes.
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Die zwei Zierkirschen weisen ebenfalls diese Krankheitsbilder auf.
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Von der zweiten Zierkirsche gehen, bedingt durch ihre seitliche Neigung, zu-dem
Gefahren für Personen und Sachen aus. Die Ursache hierfür ist eine beginnende
Anhebung des Wurzeltellers sowie das Lösen des Wurzelwerks durch einen bereits
entstandenen Pilzbefall.
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Der Baum steht in unmittelbarer Nähe zum Wohnhaus (ca. 3 m) und neigt sich in
Richtung der Straße (somit zum Licht).
Des Weiteren ist bei den vorliegenden Baumschäden die Standsicherheit gefährdet. Die
Bruchgefahr der Bäume konnte durch Inaugenscheinnahme an bestimmten
Schadsymptomen wie u. a. Pilzfruchtkörper, Totholz erkannt werden.
Eine grüne Baumkrone ist noch kein Garant für die Stand- und Bruchsicherheit eines
Baumes.
Eine Erhaltung dieser Bäume steht aufgrund der festgestellten Schäden und
Krankheitsbilder nicht im angemessenen Verhältnis zu den möglichen Kosten der
Erhaltungsmaßnahmen.
Maßnahmen, die eine Erhaltung eines Baumes sicherstellen, können Kronensicherung
durch Kronenrückschnitt und gegebenenfalls Kronenverankerung, Pflegemaßnahmen wie
regelmäßige Totholzentfernung und baumchirurgische Maßnahmen wie Wundversorgung
sein. Hierbei handelt es sich um Maßnahmen, die den Baum in seiner Vitalität,
Verkehrssicherheit und Entwicklung fördern.
Für den Erhalt der Bäume an der "Schwindstr." müssten z.B. die Faulstellen
baumchirurgisch fachgerecht behandelt werden. Hierbei ist der zumutbare Aufwand für
die-se Pflegemaßnahme unter Berücksichtigung des Baumalters, Standorts und Zustands
des Baumes in die Abwägung mit einzubeziehen.
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An dem Beispiel der vorgenannten Kastanie lässt sich die Verhältnismäßigkeit des
Baumwertes zum Aufwand für Pflegemaßnahmen darstellen. Nach der fachlich anerkannten
Gehölzwertermittlung - Methode Koch - liegt der Wert des Baumes bei ca. 1.440,00 Euro.
Die erforderlichen Pflegemaßnahmen würden den Wert mindestens um das Doppelte
übersteigen. Allein eine Kronensicherung durch das Einbringen von Seilgurten zur
Verhinderung des auseinander brechen der Krone würde einen Kostenaufwand von ca.
2.000,00 Euro betragen.
Diese baumchirurgische Maßnahme würde bei der festgestellten Schädigung der Bäume
mittelfristig (5 Jahre) eine Erhaltung nicht ermöglichen. Das Risiko, welches die Bäume
aufgrund ihres desolaten Zustandes darstellen, ist hinsichtlich einer möglichen nicht
abwägbaren Schädigung von Sachgütern und Menschenleben zu hoch.
Mit Schreiben vom 21.02.2008 sind die Bäume an der Schwindstraße zur Entfernung
genehmigt worden.
Aufgrund der festgestellten und oben dargelegten Ausführungen sind die erteilten
Genehmigungen für die "Hattinger Str." sowie "Schwindstr." gerechtfertigt und begründet.
Bei den vorgenannten Bäumen sieht die Baumschutzsatzung keine Ersatzpflanzung vor.
Allerdings beabsichtigt die Baugenossenschaft Bochum eG im Rahmen der Umgestaltung
des Wohnumfeldes auf freiwilliger Basis neue Laubbäume zu pflanzen.
Hierbei sieht das Konzept für die Neugestaltung des Wohnumfeldes "Malerviertel" (Stand:
16.12.2008) eine Neupflanzung von sieben Bäumen vor. Es handelt sich um eine
Gestaltungs- und Pflanzmaßnahme, die zur Verbesserung und Aufwertung der
Freiraum-ualität des "Malerviertels" beitragen wird.
Bürgeraktivitäten
Auf Grund des Zeitungsartikels in der WAZ vom 18.04.09 folgten mehrere Schreiben und
Anrufe von Anwohnern des "Malerviertels" mit der Aufforderung, den beabsichtigten
Baumentfernungen entgegen zu wirken. Bei einem nochmaligen Ortstermin durch
Mitarbeiter der Verwaltung wurde festgestellt, dass in zwei Birken, die nach der
Baumschutzsatzung nicht als schützenswerte Bäume gelten, Vogelnester vorhanden waren.
Die erteilten Fällgenehmigungen enthalten den Hinweis, Baumfällungen und
Kronenrückschnitte vorrangig in den Monaten Oktober bis Februar, außerhalb der Brutzeit
und der Vegetationsperiode durchzuführen.
Aus Gründen des Brutschutzes wurde die Baugenossenschaft Bochum eG mit Schreiben
vom 30.04.09 aufgefordert, die zur Fällung genehmigten Bäume sowie auch der nicht
geschützten Bäume, bis zum 1.10. 2009 auszusetzen.
Die geplanten Fällungen wurden daraufhin auf den Herbst 2009 verschoben.
Zwischenzeitlich wurde ein Antrag auf Fristverlängerung der Fällgenehmigungen gestellt
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und durch das Umwelt- und Grünflächenamt positiv beschieden. Demnach können die
Genehmigungen bis zum 25.01.2011 (Hattinger Str. 299/301/305 u. Schwindstr. 3/9) bzw.
21.02.2011 (Schwindstr. 15) umgesetzt werden.
Damit konnte der zeitliche Druck aus der Angelegenheit genommen und die Möglichkeit
sachlich und emotionsfrei Gespräche zwischen der Baugenossenschaft und den
Interessenvertretern der Mieter eröffnet werden. Das Umwelt- und Grünflächenamt hat
angeregt,zwischen den Anwohnern und der Baugenossenschaft ausgleichend zu vermitteln
und fachlich zu beraten, um eine für alle Beteiligten tragbare Lösung zu finden.