Daten
Kommune
Köln
Dateiname
Anlage.pdf
Größe
11 MB
Erstellt
31.12.14, 07:07
Aktualisiert
24.01.18, 04:01
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PROZESS RHEINCHARTA
Version 1.0
Stand: Dezember 2011
PROZESS RHEINCHARTA
Version 1.0
Stand: Dezember 2011
bgmr Landschaftsarchitekten im Auftrag des Arbeitskreises Rhein des Region Köln Bonn e.V.
4
Niederlande
Niederrhein
Neuss
Leverkusen
Köln
Bonn
Belgien
Mittelrhein
Luxemburg
Frankreich
Rheinkilometer: 640 – 760
120 Rheinkilometer
Oberrhein
Hochrhein
Schweiz
Liechtenstein Alpenrhein
Vorderrhein
Hinterrhein
Hinterrhein
Österreich
Nordrhein – Westfalen
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Seite 07 Einführung
Seite 09 Präambel
Seite 11 Zukunftsaufgaben
Seite 15 Die 7 Rheine – Interessenlagen am Rhein
Seite 31 Die Thesen der Rheincharta – Ein gemeinsame Handlungsperspektive am Rhein
Seite 45 Meilensteine
Seite 48 Akteure
Seite 50 Lernen von anderen
Seite 57 Impressum
Einführung
6
EnnepeRuhr-Kreis
Krefeld
Kreis Mettmann
Kreis Viersen
Meerbusch
Wuppertal
Düsseldorf
Neuss
MönchenGladbach
Solingen Remscheid
Wupper
Rhein-Kreis-Neuss
Dormagen
Kreis Heinsberg
Dhünn
Leverkusen
RheinischBergischer
Kreis
Rhein-Erft-Kreis
Köln
Oberbergischer-Kreis
Rhein-Sieg-Kreis
Kreis Düren
Wesseling
Niederkassel
Troisdorf
Sieg
Bornheim
Bonn
Königswinter
ft
Bad Honnef
Kreis Neuwied
Er
Kreis Euskirchen
Kreis
Ahrweiler
Gebietskörperschaften im Handlungsgebiet
Einführung
Was ist das Ziel der Rheincharta?
Die Charta ist eine freiwillige Selbstverpflichtung und
ein gemeinsamer Beitrag zur Qualitätssicherung der
Rheinanlieger in der Region Köln/Bonn zum Umgang mit
ihrem Flussabschnitt. Sie ist die inhaltliche Grundlage der
weiteren Zusammenarbeit.
Die Rheincharta bietet eine Orientierung, wie das „Aushängeschild“ der Region, der Rhein und die Raumentwicklung an seinen Ufern, qualitätsvoll und zukunftsorientiert
weiterentwickelt werden kann. Sie benennt vorhandene
Interessen und definiert relevante Zukunftsthemen und
-trends. In der Charta werden Thesen für den integrierten
Umgang mit dem gemeinsamen Fluss formuliert. So wird
eine breite und kontinuierliche Auseinandersetzung zur
Entwicklung des Rheins mit seinen Ufern angestoßen.
Wo gilt die Rheincharta?
Die Charta betrachtet den Rheinlauf in der Region Köln/
Bonn zwischen Bad Honnef im Süden und Meerbusch im
Norden. Der Fokus liegt auf dem Fluss mit seinen Ufern
und wird dort, wo wichtige Bezüge zum Hinterland bestehen, wie z.B. Hochwasserereignisse, Wegeverknüpfungen
oder Nutzungsverflechtungen, entsprechend erweitert.
Wer erarbeitet die Rheincharta und wer sind die
Adressaten?
Der Rheinchartaentwurf wurde in seiner ersten Fassung
von den Mitgliedern des Arbeitskreises Rhein des Region
Köln/Bonn e.V. erarbeitet. (s. a. Seite 48)
Der Chartaentwurf wurde im Herbst 2011 mit weiteren Akteursgruppen und Experten aus der Region in Workshops
diskutiert und weiterentwickelt. Auf der Rheinkonferenz
am 14.12.2011 in Wesseling wird der Chartaprozess von
den Arbeitskreismitgliedern ratifiziert.
7
Die weitere Umsetzung der Rheincharta soll gemeinsam
mit regionalen, aber auch überregionalen Akteuren ab
2012 erfolgen.
Wie werden die Ziele verfolgt und wie werden sie
realisiert?
Die Ratifizierung der Charta ist der Start zu einer gemeinsamen Haltung zum Rhein. Erste Ideen zur Umsetzung
und zur Konsolidierung beziehen sich z.B. auf eine Einflussnahme bei der Aufstellung regionaler Entwicklungskonzepte sowie auf Bewusstseinsbildung, Öffentlichkeitsarbeit und Kooperationen mit den Ober- und Unterliegern
am Rhein. Referenzprojekte mit Vorbildcharakter sollen
in der Folge entwickelt und mit den Akteuren am Rhein
umgesetzt werden.
Nach der Ratifizierung wird der Arbeitskreis Rhein
weitere Partner aus institutionellen, wissenschaftlichen,
wirtschaftlichen und bürgerschaftlichen Bereichen auf
regionaler und überregionaler Ebene einbinden, um der
Komplexität von Maßnahmen am Rhein zu entsprechen.
Wie verpflichtend ist die Rheincharta?
Die Rheincharta ist als Arbeitsgrundlage ein informelles
Instrument. Sie ist Orientierungsrahmen, Kriterium und
Wertmaßstab der regionalen Entwicklung.
Wirksam wird sie, indem ihre Ziele in konkreten Projekten angewandt und erfolgreich erprobt werden. Durch
Transparenz, Kommunikation, Fortschreibung und
Einbringung in laufende und kommende Planverfahren
erhält die Rheincharta ihre „freiwillige Verbindlichkeit“
und Legitimation.
Präambel
Die Region zwischen Bad Honnef und Meerbusch (120
Rheinkilometer) ist ein Wachstumsraum, der räumlich
und kulturell äußerst vielschichtig ist. Der Rhein stellt
das Rückgrat dieser Region dar. Begehrte Wasserlagen
für die Industrie- und Kreativwirtschaft, ein zunehmender
Schiffs- und Logistikverkehr und neue Wohnstandorte mit
Bezug zum Fluss dokumentieren diese Bedeutung.
Und: der Fluss mit seinen Natur- und Kulturlandschaften ist der Symbolträger und Identitätsraum für die
Rheinländer.
Am Rhein verdichten sich die unterschiedlichsten Interessen. Jeder, ob Bewohner, Autofahrer, Unternehmer,
Berufsschiffer, Tourist oder Naturschützer, schaut mit
dem spezifischen Blickwinkel seiner Profession auf die
begehrten Lagen am und auf dem Wasser. Anstelle der
sektoralen Aufteilung der knappen Lagen wird es im Sinne
einer gemeinsamen Strategie zukünftig darum gehen, sie
integriert und multicodiert zu entwickeln.
Diese Multicodierung und das Miteinander müssen in
Zukunft besser abgestimmt werden, um die jeweiligen
Ansprüche in ihren Wechselbeziehungen besser zu
koordinieren. Dabei müssen unter bestimmten Umständen
auch Grenzen diskutiert und verhandelt werden. Im Fokus
dieser regionalen Initiative steht dabei immer der Rhein
selbst und die Räume an seinen Ufern. Seine Flussdynamik, seine ökologischen Empfindlichkeiten und das
Miteinander der zahlreichen Ansprüche bestimmen das
Handeln und die Entwicklungsmöglichkeiten an seinen
Ufern.
1
9
Neben der Multicodierung wird eine weitere Herausforderung der Raumentwicklung am Rhein die Entkoppelungsstrategie sein. Bevölkerung, Stadt und Wirtschaft
sollen weiter wachsen, aber entkoppelt von negativen
Auswirkungen auf die Umwelt. Dieser strategische Ansatz
ist die Weiterentwicklung des Umweltschutzes aus den
70er Jahren zu Strategien der Ressourceneffizienz des 21.
Jahrhunderts.1
Bei den knappen Flächen am Rhein und den zahlreichen
Nutzungsansprüchen an diese Flächen werden Strategien
der Multicodierung und der Entkoppelung zu Zukunftsaufgaben in der Region werden.
Die Region Köln/Bonn hat, sich aufbauend auf ihrer Leitlinie „Zukunft gemeinsam gestalten“, im Arbeitskreis Rhein
entschieden, eine Rheincharta zu entwickeln – mit dem
Willen, gemeinsam den Blick in die Zukunft zu richten.
Die Rheincharta ist dabei nicht statisch, sondern ein
Instrument der Qualitätssicherung am Rhein, das fortlaufend mit allen Akteuren am Fluss, mit den Städten und
Kreisen so wie den übergeordneten Behörden fortgeschrieben und abgestimmt wird.
Als Grundlage des gemeinsamen Handelns werden lokale
und sektorale Interessen über einen regionalen Abstimmungs- und Verpflichtungsprozess in eine übergeordnete
und integrierte Gesamtstrategie eingebunden.
Mit dem Willen für das Ganze und der Mitwirkung des
Einzelnen wird eine gemeinsame Perspektive entwickelt,
die bewusst und maßgebend als Entscheidungshilfe in
aktuelle und zukünftige Planungen und Genehmigungsverfahren eingebracht wird.
Die Region hat bereits durch die Erstellung eines Masterplans :grün für sein Kulturlandschaftsnetzwerk eine
funktionierende Qualitätsvereinbarung zur Gestaltung
der Landschaft geschaffen, die trotz ihres informellen
Charakters eine wesentliche Entscheidungsgrundlage ist.
Der Masterplan nimmt den (stadt-)landschaftlichen Wert
des Rheins in den Blick. Er bezieht sich auf die gesamte
Kulturlandschaft in der Region Köln/Bonn und enthält
u.a. einen Fachbeitrag Rhein. Die Rheincharta setzt in
Anlehnung daran den Fokus auf den Rhein und seine Ufer,
vertieft und schafft wichtige Bezüge zum Hinterland. Sie
ergänzt und konkretisiert die Frage des qualitätsvollen
Umgangs mit dem Strom.
Die Rheincharta ist ebenso ein informelles Instrument,
das seine Verbindlichkeit im Laufe des Prozesses durch
die Einbindung aller Beteiligten, die Fortschreibung und
vor allem aus der konsequenten Anwendung in der Praxis
erhält.
Die Rheincharta der Region Köln/Bonn ist darüber hinaus
eine wesentliche Grundlage und Positionierung für den
2010 begonnenen konstruktiven Dialog mit den Regionen
am Rhein von der Quelle bis zur Mündung.
Anstelle des „Gürtel enger Schnallens“ des Club of Rome der 1970er Jahre oder des gerechten Ausgleichs von Ökologie, Ökonomie und Sozialem der Nachhaltigkeitsstrategie der 90er Jahre setzt
die Strategie der Ressourceneffizienz auf die Entkoppelung von Wachstum von negativen Wirkungen auf die Umwelt. Begriffe wie Zero Footprint, Bauen mit den Fluten, Nullenergiestandard,
Flächenkreislaufwirtschaft oder CO² neutrale Lebenszyklusketten prägen diese Debatte der Entkoppelung.
Zukunftsaufgaben
Die Rheincharta ist als ein langfristiges Instrument für
die Gestaltung der Zukunft der Rheinregion zu verstehen.
Acht Städte, drei Landkreise und sechs Institutionen
arbeiten gemeinsam daran, Zukunftsaufgaben zu identifizieren, Begabungen und Potenziale offenzulegen, Ziele
zu bestimmen und in gemeinsamen Handlungskonzepten
zusammenzuführen.
Welche Zukunftsaufgaben stellen sich für die Akteure
an den Ufern des Rheins im Spannungsfeld zwischen
Flussdynamik und Raumentwicklung?
Klimawandel in der Rheinregion
Die möglichen Folgen des Klimawandels sind in den
Grundzügen bekannt. In einer flussgeprägten, dicht
besiedelten Wachstumsregion sind Extremwetterlagen
mit einem deutlichen Mehr an Hitzetagen, Starkregenereignissen, Niedrigwasser im Sommer und Hochwasser im
Winter sehr ernstzunehmende Herausforderungen für die
Zukunft. Der Klimawandel führt zu einer Verschiebung des
Abflussverhaltens im Jahresgang. Zugleich wird der Rhein
immer mehr gebraucht, um den sommerlichen Wasserbedarf für die Trinkwassergewinnung, die Schifffahrt und
die Industrie zu gewährleisten, um bei Hitze Freizeit und
Entspannung am, auf und im Wasser zu ermöglichen und
um das Hochwasser ohne Schäden und Vernässung des
Hinterlandes zu bewältigen.
Die erforderlichen Maßnahmen für eine ausgeglichene
Rheindynamik müssen auf regionaler Ebene, aber
noch stärker in einer internationalen Kooperation der
Rheinanlieger, rechtzeitig vorbereitet, abgestimmt und
angeschoben werden. Damit trotz Klimawandel gesunde
Lebensbedingungen gesichert werden können, wird der
Rhein mit seiner Kaltluftdynamik zudem als Belüftungsschneise zunehmend an Bedeutung gewinnen.
11
Ressourceneffiziente Region
Die Ressourcen sind endlich. Wenn wir nicht verzichten
wollen, dann liegt die Zukunftsaufgabe in der Effizienzsteigerung im Umgang mit den knappen Ressourcen wie
Raum, Infrastruktur, Landschaft, Energie und Finanzen.
Entwicklung, Wachstum und Prosperität der Region sind
das gemeinsame Ziel, aber weitgehend entkoppelt von negativen Umweltauswirkungen. Strategien zur Minderung
des ökologischen Fußabdrucks, zur Entwicklung einer
Energie-Plus-Region sowie das Leben mit den Fluten
und der Dynamik des Rheins erhalten eine besondere
Bedeutung.
Gesundheit, Fitness, intakte Umwelt – Der Rhein als
Imageträger
Ein gesundheitsbewusster und aktiver Lebensstil ist ein
Zukunftstrend der modernen Gesellschaft. Gesundheit
und Wellness, sauberes Wasser, reine Luft – letztlich die
intakte Umwelt – gewinnen als weiche Standortfaktoren
im Ranking der Regionen immer mehr an Bedeutung. Der
Rhein steht für diese Qualitäten, wenn er sauber, ökologisch intakt und als natürlich angenommen wird.
Ländlich-urbane Lebensstilorientierung
Die Sehnsucht nach Land und Stadt haben gleichermaßen
Konjunktur. Ländliche Ruhe, gesunde Ernährung und
intakte Natur in einer engen Verflechtung mit der Stadt,
mit urbaner Atmosphäre, kreativer Kultur und vielfältigen Freizeitangeboten sind zwei Seiten einer Medaille.
Überlagern sich die beiden Seiten zeitlich und räumlich,
entsteht Spannung und eine besondere Attraktivität des
Raumes. Die Rheinregion hat mit der engen Verflechtung
ihrer Städte und Dörfer, Kultur- und Naturlandschaften die
besten Voraussetzungen, diese Pole zusammenzuführen
und Lebensqualitäten zu bieten.
Demografischer Wandel und diversifizierte Gesellschaft
Die Gesellschaft wird heterogener, älter und internationaler. Die Regionen machen sich fit für diesen Wandel.
Barrierefreiheit, altengerechte Wohnformen und familienfreundliche Stadtquartiere sind notwendige Angebote.
Dabei darf es aber nicht bleiben.
Die Regionen brauchen den Nachwuchs. Neue Perspektiven bauen auf Kultur, Kreativität, Wissen und Bildung.
Städte sind grün und urban zugleich. Freizeit und Arbeit
sind keine getrennten Welten, sondern bilden Orte mit
hoher Lebensqualität. Wasserlagen am Rhein sind die
angesagten und „hippen Orte“ der sich wandelnden
Gesellschaft. Strandbar und Kreativquartier, Wohnen und
Arbeiten am Wasser, urbane Freizeitorte am Fluss und
Wasser- und Naturlandschaften werden zum Symbol der
Neuorientierung einer diversifizierten, jungen Gesellschaft. Der Rhein könnte in der Konkurrenz der Städte
und Regionen hierbei eine Vorreiterrolle übernehmen und
zum Imageträger der Region werden.
Mobilität der Zukunft
Das Mobilitätsverhalten ändert sich. Der flexible, moderne Mensch setzt auf multimodale Verkehrssysteme.
Je nach Strecke, Bedarf, Wetter und Anspruch werden
Schiene, Straße oder Fluss, aber auch das Rad, E-Bike,
Stadtmietauto oder Wassertaxi genutzt. Mobilität dient
nicht nur zur Überwindung von Distanz, Mobilität wird
zur Lebensqualität. Verkehrsinfrastruktur wird zukünftig
mehrdimensionaler zu denken sein. Straßen sind nicht
nur Transportwege mit weiterhin wachsender Bedeutung,
sondern vor allem in den Städten und am Rhein mehrfach
nutzbare und urbane Stadträume einer umwelt- und
energiebewussten Stadtgesellschaft.
Zukunftsaufgaben
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Meerbusch
Neuss
Rhein-Kreis-Neuss
Dormagen
Leverkusen
Köln
Rhein-Erft-Kreis
Wesseling
Troisdorf
Niederkassel
Bornheim
Bonn
Königswinter
Rhein-Sieg-Kreis
Bad Honnef
Handlungsraum der Rheincharta
Zukunftsaufgaben
Die Schifffahrtsstraße Rhein mit ihren begleitenden und
querenden Verkehrsräumen ist zugleich ein bedeutender
Verkehrsraum und ein Kulturraum mit einer dynamischen
und erlebbaren Wasserlandschaft sowie naturnahen,
urbanen und geschichtlich geprägten Erlebnis- und
Entspannungsräumen.
Die ohnehin anstehenden Maßnahmen zur Sanierung und
zum Umbau der Infrastruktur bieten Chancen, gewissermaßen im Huckepack Verkehrstrassen als mehrfach
nutzbare urbane Räume zu qualifizieren.
Wirtschaftlicher Wandel
Die Sicherung und Entwicklung der Wirtschaftskraft wird
eine der zentralen Aufgaben bleiben. Die spezifischen
Potenziale, die der Fluss bietet, müssen dabei bewußt
als Alleinstellungsmerkmal genutzt werden. Neben der
„harten“ Infrastruktur wie Straße, Schiene, Flughafen und
der Wasserweg mit seinen Häfen spielen verstärkt auch
die weichen Standortfaktoren eine besondere Rolle. Die
Förderung von Bildung und Wissen, die Weiterentwicklung attraktiver Wohn- und Freizeitangebote sowie die
Stärkung der Kultur und des Tourismus sind die Basis für
eine integrierte Entwicklung der Rheinregion. Diese ist
nachhaltig, wenn sie gleichzeitig und gleichberechtigt den
Schutz und die Entwicklung von Umwelt und Landschaft
sowie die Gesundheit der Bewohner gewährleistet.
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Die 7 Rheine – Interessenlagen am Rhein
Der dynamische Rhein – Hochwasser, Niedrigwasser
Der entspannte Rhein – Naherholung, Tourismus, Umweltschutz
Der Forscher Rhein – Bildung
Der mobile Rhein – Mobilität
Der Arbeiter Rhein – Industrie, Gewerbe, Dienstleistungen
Der Ernährer Rhein – Produktion Landwirtschaft, Trinkwasser
Der häusliche Rhein – Wohnen am Rhein
15
Der dynamische Rhein – Hochwasser,Niedrigwasser
16
Rheindynamik
(Überschwemmungsgebiete HQ100,
HQ200, HQ500; Verteidigungslinie)
Rheindynamik
(Verteidigungslinie HQ100 (HQ 200)
und Niedrigwasser)
Niederschlagsdynamik
(Starkregenereignisse in Siedlungsgebieten;
Einleitstellen aus dem Mischwasserkanal)
Der dynamische Rhein – Hochwasser, Niedrigwasser
Der Rhein pendelt als dynamisches Flusssystem zwischen
Hoch- und Niedrigwasserereignissen. Je nach Zustand
verengen oder erweitern sich die Spielräume für die
Nutzung der Uferzonen. Die Dynamik schafft „Verhandlungsräume“ zwischen Stadt und Landschaft.
Der Rhein hat seine eigene Geschwindigkeit. Er gibt der
Region einen besonderen Rhythmus und ist Impulsgeber
für Projekte am Wasser. Verkehrs- und Informationssysteme, Hochwasserschutzanlagen und städtebauliche
Vorhaben werden im Bewusstsein möglicher Extremereignisse entwickelt.
Baulich-gestalterische Synergien entstehen immer dort,
wo sich die Projekte dem Fluss zuwenden und seine
Dynamik auch in ihrer Gestaltung nachvollziehen. Beispielhaft hierfür stehen die neuen Hochwasserpumpwerke
zwischen Worringen und Rodenkirchen, die nicht nur
technische Funktionsgebäude, sondern Ausdruck einer
wasserspezifischen Baukultur sind. Aber auch planerische
Konzepte, wie das im Zusammenhang mit dem Regionale
2010-Projekt „Wohnen am Strom“ entstandene „Handbuch
zu technischen und rechtlichen Rahmenbedingungen des
Bauens in hochwassergefährdeten Gebieten“, bieten Anregungen für einen innovativen Umgang mit der Dynamik
des Rheins.
Die Wasserlagen sind begehrt. Die Dynamik des Flusssystems wurde in der Vergangenheit jedoch immer dann
zum Problem, wenn sie nicht als Teil der funktionalen
Verflechtung mitgedacht wurde. Nicht hochwasserangepasste, an die Flusslage herangerückte Nutzungen reagieren in erster Linie gegenüber dem Fluss mit abschottenden Hochwasserdeichen, -wänden. Diese Strategie
nimmt dem Fluss Raum, was erhöhte Wasserstände und
Schadensrisiken in den flussabwärts liegenden Gebieten
zur Folge hat. Insofern ist nicht die Flussdynamik das Problem, sondern die bisher nicht offensiv entwickelte Praxis
in der Stadtentwicklung, sie ganz selbstverständlich
mitzudenken und mit ihr umzugehen. Die Schaffung von
Überschwemmungsbereichen flussaufwärts (z.B.: Polder
Langel-Lülsdorf) unterstützt den Ansatz, der Flussdynamik Raum zu geben.
Betrachtet man heute den HQ 100/200 als Hauptverteidigungslinie städtischer Infrastrukturen, so gibt die Projektion des HQ 500 einen Ausblick auf mögliche Extremereignisse der Zukunft und die Gefährdungspotenziale bei
versagenden Sicherungseinrichtungen. Die Botschaft ist:
Das Flusssystem ist dynamisch. Für nicht hochwasserangepasste Nutzungen besteht immer ein höheres Restrisiko, als für Nutzungen, die sich der Dynamik des Flusses
anpassen! Information und Aufklärung sind die ersten
Schritte für ein zukunftsfähiges Leben mit den Fluten.
Weitere werden folgen müssen.
Gefahren bestehen nicht nur bei Extremhochwasser,
sondern auch bei Extremniedrigwasser. Extremniedrigwasser bei gleichzeitiger Hitzebelastung führt zur
Beeinträchtigung der Wasserqualität und schränkt neben
den natürlichen Lebensräumen die Trinkwasserversorgung und die industrielle Nutzung von Rheinwasser ein.
Wird die Transportfunktion des Rheins eingeschränkt, hat
das tiefgreifende Auswirkungen auf die nachfolgenden
Logistikketten (Straße, Schiene).
Das Flusssystem wird in seiner Wasserdynamik auch
durch das Abflussverhalten der Siedlungsgebiete und
Infrastrukturen sowie durch die Emissionen aus Industrieund Gewerbearealen beeinflusst. Zunehmende Starkregenereignisse und andauernde Trockenperioden machen
17
Anpassungen der regionalen Siedlungswasserwirtschaft
notwendig.
Wassersensible Stadtentwicklung am Rhein bedeutet,
die Negativwirkungen auf den Fluss zu minimieren und
darüber hinaus innovative Impulse für das überregionale
Gewässerregime des Rheins zu geben. Konzepte für einen
zukunftsorientierten Umgang mit dem Fluss setzen auf
der lokalen Ebene an, stehen aber in Wechselbeziehung
mit und in Abhängigkeiten von einer überregionalen und
internationalen Systembetrachtung des Flusses.
Der vorbeugende Hochwasserschutz, die Umsetzung der
EU-Wasserrahmenrichtlinie, die Hochwasserrisikomanagementrichtlinie, der Schutz des Grundwassers und die
Implementierung eines integrativen Siedlungswassermanagements sind daher fester Bestandteil der erforderlichen wassersensiblen Weiterentwicklung der Städte und
Gemeinden am Rhein.
Unter HQ 200 (200-jährlicher Abfluss) versteht man die
Abflussmenge eines Gewässers, die im statistischen
Mittel einmal alle 200 Jahre erreicht wird. Die Schutzeinrichtungen (Verteidigungslinie) des Kölner Hochwasserschutzkonzeptes beziehen sich auf den Pegel 11,30m
KP (Kölner Pegel) für eine 100-jährliche und in Teilen auf
11,90m KP für eine 200-jährliche Hochwasserhäufigkeit.
Die Hochwasserschutzanlagen im Rhein-Kreis-Neuss
sind auf ein 300/350-jährliches Hochwasser ausgelegt.
Der entspannte Rhein – Naherholung, Tourismus, Umweltschutz
18
Radwegenetz
Rheinradweg
D-Netz Route
Erlebnisraum Römerstrasse:
Agrippastrasse/Via Belgica
Wanderrouten
empfohlene Skaterstre-
Freizeitmobilität
(Radwege; Themenrouten; empfohlene Skaterstrecken;
Wanderrouten; Rheinschifffahrt)
Genuss und Aktion
(Baden; Sport; Kinderaktionen; Golfplätze; Freizeithäfen; Reiten;
Ausflugsziele; Museen; Opern usw.)
Entschleunigung
(Natura 2000- und Vogelschutzgebiete; Naturschutzgebiete;
Waldgebiete; Naturräume am Rhein)
Der entspannte Rhein – Naherholung, Tourismus, Umweltschutz
Der Rhein schöpft seine Anziehungskraft in hohem
Maße aus seiner Größe und historisch überlieferten
Unbeherrschbarkeit. Die Stromlage schafft zugleich
beschauliche und „entspannte“ Grenzräume mit großer
Attraktivität für Naherholungssuchende und Touristen.
An der Schnittstelle von Mittel- und Niederrhein bieten die
Rheinufer mit ihren steilen Berghängen bei Bad Honnef
im Süden, über die verstädterte Kölner Bucht bis zu
den mehr landwirtschaftlich geprägten Niederungen im
Rhein-Kreis Neuss auf wenigen Kilometern ein besonderes und differenziertes Landschaftsbild.
Dieses Potenzial gilt es durch die Verbesserung der
Zugänglichkeit und Gestaltung der Ufer und Rheininseln in
einem verträglichen Maß zu aktivieren. Die Qualifizierung
der Erreichbarkeit und die Inszenierung ausgewählter
Orte sind Handlungsfelder, in denen die regionalen
Akteure bereits Entwicklungsprojekte in unterschiedlichen
Maßstäben realisiert haben. Touristische Angebote auf
dem Wasser wurden in Form stationärer Anleger oder
zusätzlichen Transportangeboten initiiert. Schwerpunktprojekte der Landschafts- und Stadtentwicklung, wie z.B.
der Neuland-Park Leverkusen, der Rheinauhafen oder
der Rheinboulevard in Köln, neue Marinas und Fahrgastschiffverbindungen sowie die steigende Belegung mit
Hotelschiffen, bezeugen die zunehmende Attraktivität der
Wasserlagen. Mit den Projekten des Masterplans :grün 3.0
werden weitere Impulse an den Mündungen der Nebenflüsse wie Wupper und Sieg gesetzt.
Auch die Halbinsel- und Insellagen im Rhein bergen
wertvolle Landschaftspotenziale (z.B.: Herseler Werth,
Zündorfer Groov, Rheinpark, Niehler Hafen/Am Mohlenkopf und Zonser Grind). Gerade hier ist die integrierte
19
Entwicklung von Naturschutz und Naherholung von großer
Bedeutung für die Verträglichkeit und Nachhaltigkeit.
Ein weiteres Potenzial besteht in der Anbindung der
Flusslagen an die bereits bestehenden Freizeitorte wie
Parkanlagen, Kiesseen, Sportarenen, Freizeitparks sowie
die Museen und kulturellen Spielstätten wie Bonner Oper,
Ernst-Moritz-Arndt-Haus, Kölner Philharmonie, RömischGermanisches Museum, Schokoladenmuseum, Deutsches
Sport- und Olympia Museum in Köln, Fischereimuseum
Troisdorf-Bergheim, Haus der Geschichte, Kunstmuseum,
Kunst- und Ausstellungshalle, Museum Alexander Koenig,
LVR-LandesMuseum Bonn, Sea Life Center und Siebengebirgsmuseum in Königswinter, Kreiskulturzentrum Zons,
Clemens-Sels-Museum Neuss u.a.
Zudem gewinnt die Frage, welche Möglichkeiten sich aus
der zunehmenden Flussdynamik ergeben, an Bedeutung.
Der zwischen den Niedrig- und Hochwasserereignissen
pendelnde Strom erzeugt neue, temporäre Erlebnisorte.
Sie könnten zu Impulsgebern für neuartige Projekte im
„Verhandlungsraum“ zwischen Stadt und Landschaft
werden.
Der Forscher Rhein – Bildung
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Volkshochschulen
Rheinkonferenzen
Biologische Stationen
HochwasserKompetenzCentrum
Erlebnispfade
Naturgut Ophoven
(Leverkusen)
FH Köln
Villa Öki (Köln)
Schulen / Kitas
Uni Köln
Hafenrundfahrten
Rheinlabor Uni Köln
Alanus Hochschule Bornheim
M
M
M
M
M
M
Wasserverbände
Naturerfahrungsräume
Forschungszentrum CEASAR
Uni Bonn
Regionale 2010
Naturparke
IUBH Bad Honnef-Bonn
.....
Wissen und Innovation
(Bildungseinrichtungen, Unis und Forschung)
M
M
M
M
M
M
M
M
M
Kulturhistorische Achse
(Museen, Denkmäler, bedeutsame Kulturlandschaftsbereiche)
Der Forscher Rhein – Bildung
Die Zukunft einer Region wird durch Bildung und Wissen
gestärkt und profiliert.
Das Wissen über die Rheindynamik und den Hochwasserschutz, über die Schifffahrt und die Logistik an einem
Fluss oder über Zusammenhänge von Wasserwirtschaft,
Ökologie und Siedlungsentwicklung sind Themen, die
einer Region ein Bildungsprofil geben. Das Flusssystem
Rhein ist dabei der gemeinsame Bezugsort. Das Wissenscluster, das hier entsteht, ist die Flussdynamik und die
Raumentwicklung.
Innovationen ergeben sich, wenn die sich überlagernden
Themen am Rhein zusammengedacht und in integrierte
Lösungen überführt werden. Kompetenzen bilden sich
über die Vernetzung des in der Region vorhandenen Wissens, über die praktische Anwendung und Bereitschaft zur
Weitergabe von Erfahrungen, wie es beispielsweise das
HKC-HochwasserKompetenzCentrum über die Grenzen
der Region hinaus bereits praktiziert.
Neue Partnerschaften, Akteursvernetzungen und der
Wille, das gemeinsame Wissen in konkreten Projekten
umzusetzen, sind Voraussetzungen für die Kompetenzbildung und die Profilierung der Region. So stellen die
Rheinkonferenzen eine Austauschform zwischen den
Fachdisziplinen dar und führen die Akteure aus den Städten und Gemeinden, der Wirtschaft und der Region mit der
Wissenschaft zusammen. Neues Wissen wird generiert
und neue Sichtweisen auf den Rhein werden ausgetauscht
und verhandelt. Durch konkrete Projekte am Fluss wird
das in der Fachöffentlichkeit Vorgedachte fassbar. Wissen,
Forschung und Kompetenzen am Rhein werden deutlich.
Das HochwasserKompetenzCentrum Köln agiert als Verein mit seinen Informationsangeboten zu Vorsorge- und
21
Anpassungsstrategien zum Hochwasserschutz in einem
Netzwerk zur Wissensgewinnung und Weiterbildung auch
für die Rheinanrainer. In Anbetracht der bereits eingetretenen Hochwasserschäden und noch bestehenden Risiken
ist dies von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung.
Die turnusmäßigen Hochwasserschutzübungen, wie sie
in Köln z.B. von den Stadtentwässerungsbetrieben Köln,
AöR durchgeführt werden, sind Teil einer langfristigen,
handlungsorientierten Qualifizierungsstrategie mit starker
Öffentlichkeitswirksamkeit.
Ebenso bietet das Wirtschaften am Rhein einen Ansatzpunkt für zahlreiche Bildungsangebote. Erst durch die
Kenntnis der wirtschaftlichen Zusammenhänge und
insbesondere die Standortcharakteristik öffnet sich das
Sichtfeld hin zu einer wirtschaftlichen Betrachtung.
Die Rheinlage bietet weiche Standortfaktoren und Profilierungschancen (z.B. Erholungs-, Kultur- und Freizeitangebot, Image des Standortes und der Region, Umweltqualitäten) die für die Ansiedlung von Wissenschaftsinstituten
und Bildungsstätten von Bedeutung sind.
Ein weiteres Handlungsfeld besteht in der umweltpädagogischen Profilierung der Flusslandschaft. Schon heute
nutzen Schulen und Kindertagesstätten die Rheinufer
als Ausflugsziel zur konkreten Umwelterfahrung. Durch
die Entwicklung von Naturerfahrungsräumen am Rhein
könnten neue Zielorte am Fluss entstehen.
Spezifische Bildungsangebote an bestimmten Orten
am und im Fluss zielen auf eine stärkere Annäherung
von Stromlage und rheinischer Bildungslandschaft. In
dieser Hinsicht ist auch die Einbeziehung der historisch
gewachsenen und gebauten Erlebnisorte, der Kultureinrichtungen und auch der Wirtschaftsunternehmen von
großer Bedeutung. Themenbindung, räumliche Nähe und
konkrete Berücksichtigung der Flusslage in die Standortprogrammatik kennzeichnen die „Fluss-Bildungsorte“ der
Zukunft.
Der mobile Rhein – Mobilität
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P+R
Logistiknetze
(Wasserstraße; Schiene; Autobahn;
Häfen; Flughafen; Industrie u. Gewerbe)
Freizeitmobilität
(Wasserstraße; Radwege; Fähren;
Fahrradstationen; Freizeithäfen)
Berufsverkehrsnetz
(Schiene; Autobahn und
Hauptstraßen; Fähren; Park&Ride)
Der mobile Rhein – Mobilität
23
274298
Köln
Nur wenige Fährverbindungen und Brückenbauwerke
ermöglichen die Querung des Rheins. An den Rampen und
Zufahrten der Rheinbrücken verdichten sich die Verkehrsströme und prägen nicht nur weit sichtbar den Flussraum
sondern auch die städtischen Räume.
Rhein-Erft-Kreis
121914
116827
39207
Leverkusen
112046
Bonn
Hotelschiffe erweitern temporär die städtische Infrastruktur auf dem Wasser. Ausflugsdampfer ermöglichen das
Erleben des Raumes aus der Perspektive des Flusses.
Die unterschiedlichen Verkehrsarten durchziehen die
Niederterrasse mit eigenen Netzen und Schnittstellen.
Sie sind Teil der Kultur- und Stadtlandschaft und wirken
vor allem hier in die Tiefe des Raumes. Zugleich sind sie
Wahrnehmungslinien, die in Abhängigkeit zur Einbindung
und Reisegeschwindigkeit die Vorstellung von Landschaft
wesentlich prägen.
45661
Rhein-Sieg-Kreis
208476
154403
31870
104209
125636
137766
Rhein-Kreis-Neuss
Der Rhein ist als Wasserstraße in einen Mobilitätsraum
eingebettet und Teil des europäischen Verkehrskorridors
Rotterdam-Genua.
Links- und rechtsrheinisch verläuft die übergeordnete
Verkehrsinfrastruktur entlang des Stroms. Rheinnahe Häfen, Gewerbe- und Industriegebiete werden durch Zubringer angebunden. Große Mengen des Güteraufkommens
aus den ZARA-Häfen (Zeebrügge, Antwerpen, Rotterdam,
Amsterdam) werden in der Region Köln/Bonn am Rhein
umgeschlagen und im Hinterland verteilt.
Berufspendler
Stand 2006 (Pendler/Tag)
Einpendler
Auspendler
Pendlerbeziehungen
(Berufseinpendler; Berufsauspendler )
Rheinpotenziale zu erschließen bedeutet, die unterschiedlichen Interessen der Verkehrsteilnehmer verträglich
zusammenzuführen. Der Berufsverkehr, ob auf der Straße
oder auf dem Fahrradweg, auf dem Wasser oder in der
Bahn erwartet Zügigkeit und Komfort. In der Freizeit
suchen die meisten die Entschleunigung und den Genuss.
Angenehme Begleiträume oder sportliche Aktivitäten
stehen dann im Vordergrund. Gerade an der begehrten
Rheinlage müssen diese unterschiedlichen Ansprüche
erkannt und die Mobiltätsräume mehrdimensionaler für
alle gestaltet werden.
Die Schaffung multimodaler Schnittstellen und strategischer Verbindungen zum Fluss, die Orientierung
der Freizeitmobilität auf die Stromlage und die Weiterqualifizierung von Logistikketten unter Nutzung der
Potenziale des Flusssystems sind Entwicklungsaufgaben
der Zukunft, die nur durch integrierte und abgestimmte
Konzepte umsetzbar sind.
2010 wurden in den 4 Häfen der Häfen und Güterverkehr
Köln AG ca. 12 Mio. t Güter, in den 3 Häfen der NeussDüsseldorfer Häfen GmbH & Co.KG ca. 8,3 Mio. t, davon
6,4 Mio. t am Standort Neuss, und im Hafen DormagenStürzelberg ca. 0,9 Mio. t Güter umgeschlagen.
6 Fahrradstationen an Bahnhöfen und 45 „Park&Ride“Plätze bieten im dargestellten Betrachtungsraum
bereits multimodale Schnittstellen.
Ca. 777.310 Berufstätige pendeln täglich innerhalb der
bzw. in die Verwaltungsbezirke Köln, Bonn, Leverkusen,
Rhein-Erft-Kreis und Rhein-Sieg-Kreis und Rhein-KreisNeuss.
2x täglich
Kaiserwerth
Produktion
(Industrie & Gewerbe; Abbau von Kies)
1 x täglich
Köln
1 x täglich
heinschiīfahrt: Köln-Düsseldorfer Rheinschiīfahrt, Bonner Personenschiīfahrt - Linienfahrten
Düsseldorf
Weisse FloƩe Düsseldorf - Linienfahrten
Der Arbeiter Rhein – Industrie, Gewerbe, Dienstleistungen
24
Bonn
Dienstleistungen
(Fähren; Hotels & Hotelschiffe; Rheinschifffahrt;
Konzernzentralen; Cafés & Restaurants; Ausflugsziele)
Der Arbeiter Rhein – Industrie, Gewerbe, Dienstleistungen
Das Arbeiten am und mit dem Rhein hat sich in den
vergangenen 100 Jahren grundlegend geändert. Die
ursprünglich landwirtschaftlich geprägte Kulturlandschaft
wurde in weiten Teilen in einen Wirtschaftsraum mit großflächigen gewerblichen und industriellen Produktionsräumen transformiert. Bürostandorte, Gewerbegebiete,
Dienstleistungszentren, Petrochemie, Automobilindustrie,
Transportnetze, Güterumschlag- und Kiesabbauflächen
prägen heute die Arbeits- und Alltagsräume am Rhein
nachhaltig.
Die Region ist ein Wachstumsraum. Die Bedeutung der
Häfen und der an sie gebundenen Logistikketten nehmen
eine Schlüsselrolle bei der zukünftigen Entwicklung ein.
Standortentscheidungen von Schlüsselindustrien und
Folgeinvestitionen werden wesentlich von der Nutzung des
Rheins als Wasserstraße bestimmt.
Hier liegen die größten Potenziale, um die prognostizierten
Güterverkehrszuwächse aufzunehmen. Hinzu kommt,
dass für den Binnenschifffahrtsverkehr im Vergleich
zu allen anderen Verkehrsträgern weitaus günstigere
Umweltbilanzen nachweisbar sind.
Kernaufgabe der zukünftigen Entwicklung ist, die „Ressource Rhein“ für ein zukunftsorientiertes wirtschaftliches
Wachstum zu nutzen. Die Förderung rheinaffiner Wirtschaftsbereiche steht hierbei im Vordergrund. Zielsetzung
muss es sein, wirtschaftliches Wachstum in ausgleichendem Einklang mit anderen Belangen zu befördern.
Dies erfordert integrierte und auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Konzepte.
In diesem Zusammenhang sind auch die derzeitigen
Kiesabbaugebiete in ein integriertes Konzept der zukünftigen Standortentwicklung von Wasserlagen einzubeziehen. Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit zeigen,
25
dass der „Arbeiter Rhein“ durchaus in der Lage ist, durch
neue Nutzungen und technische Innovationen „sauberer“
zu wirtschaften, ohne an Kraft zu verlieren. Konversionen
brachgefallener militärischer und industrieller Standorte
sowie Investitionen in die Sicherheit von industriellen
Anlagen in wassersensiblen Lagen sind als Aufgabenstellung bereits in der Region präsent.
Die Rheinlage ist auch stets ein weicher Standortfaktor
für die Ansiedlung von Unternehmen. Insbesondere der
Dienstleistungssektor (Büro- und sonstige Dienstleistungsnutzungen) setzt seit Ende der 1980er Jahre bei
der Entwicklung von Wasserfronten in allen europäischen
Großstädten große Potenziale frei.
Leverkusen
Rhein-Sieg-Kreis
Köln
Rhein-Kreis-Neuss
Rhein-Kreis-Neuss 23.710
Köln 72.370
U U
Bonn 23.020
Leverkusen 19.870
Rhein-Sieg-Kreis 512.630
Rhein-Erft-Kreis 374.790
Rhein-Erft-Kreis
Der Ernährer Rhein – Produktion Landwirtschaft, Trinkwasser
26
U
Direktvermarktung
Landwirtschaftlich genutzte Fläche
Stand 2010 in 1000m²
Landwirtschaft
(Anteile landwirtschaftlicher Flächen)
Wochenmärkte
Großmarkt
Absatz regionaler Produkte
(120 Direktvermarktung; 80 Wochenmärkte; 1 Großmarkt)
G
U
G G G G
Art und Anteil der
Trinkwassergewinnung
Wasserversorgung
(Trinkwasserschutzgebiete; Gewinnung aus
Grundwasser (G) u. Uferfiltrat (U))
Der Ernährer Rhein – Produktion, Landwirtschaft, Trinkwasser
Die Geschichte der Siedlungsgebiete am Rhein ist eng mit
der Nutzung der wirtschaftlichen Potenziale der Stromlandschaft verbunden. Neben der Bedeutung der Flusslage als Wasserstraße, der Ufer für den Güterumschlag und
ihrer Besetzung durch rheinaffine Industrien gehören die
fruchtbaren Rheinebenen zu den wichtigsten Grundlagen
der Rheinwirtschaft. Die niederrheinische Bucht zählt zu
den wärmsten Regionen Deutschlands. Vegetationsperioden von 230-250 Tagen, hohe Niederschläge und wertvolle
Lößböden begründen auch in aktuellen Klimaszenarien
die Einordnung als agrarwirtschaftlicher Gunstraum.
Der Rhein ist gleichzeitig ein wichtiger Ernährer der Region und des Weltmarktes. Mit dem Standort BornheimRoisdorf agiert eines der größten nationalen Vermarktungsunternehmen „Landgard“ in der Region und aus
der Region heraus. Durch die zunehmende Wertstellung
regionaler landwirtschaftlicher Produkte und die enge
Verflechtung von Produktionsräumen und Absatzmärkten
bestehen gute Voraussetzungen für die Profilierung
urban-ländlicher Versorgungsketten. Ein ökologisch
intakter Rhein, sauberes Wasser und gesunde Lebensmittel werden in ihren Abhängigkeiten zusammengedacht.
Eine steigende Zahl an Direktvermarktern, Bioläden und
Wochenmärkten, aber auch die veränderte Produktpalette
der Discounter bilden den Trend zu regionalen und gesunden Lebensmitteln bereits ab. Durchschnittlich werden
20 Prozent der in der Region erzeugten Sonderkulturprodukte in der „weiteren“ Region vermarktet. Damit werden
Transportstrecken verkürzt und durch die Energieeinsparung ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet.
Besondere Nischenproduktionen, wie der Weinbau in
Königswinter, geben den Teilräumen am Rhein eine
besondere Identität.
27
Neben dem Feldanbau gewinnt die quantitative und vor
allem qualitativ hochwertige Trinkwasserversorgung
der wachsenden städtischen Agglomerationen durch
Uferfiltrate, Grundwasser und Talsperren ebenfalls an
Bedeutung. Die Wasserversorgung der Anliegerkreise
erfolgt heute zu einem großen Teil über die lokalen
Uferfiltrate und Grundwasserentnahmen. Die Art der landwirtschaftlichen Nutzung und Wassergewinnung müssen
fein aufeinander abgestimmt und Schadstoffeinträge in
Grundwasser vermieden werden (z.B. freiwillige Wasserqualitätskontrollen von landwirtschaftlichen Betrieben zur
Hilfsstoffoptimierung, wie in Porz-Langel).
Genauso wie bei der Sicherung der Wasserqualität, erhöht
der regionale Absatz landwirtschaftlicher Produkte die
Sensibilität der wirtschaftlichen und politischen Akteure
für Qualitätssicherungsfragen. Herkunft und Produktqualität sind von zunehmender Bedeutung für das Ansehen,
das Selbstverständnis und die Marktfähigkeit der regionalen landwirtschaftlichen Produktion.
In den Verwaltungsbezirken Köln, Bonn, Leverkusen,
Rhein-Erft-Kreis, Rhein-Sieg-Kreis und Rhein-KreisNeuss produzieren insgesamt 2.813 landwirtschaftliche
Betriebe auf einer Fläche von ca. 120.249 ha. In diesen
Verwaltungsbezirken werden ca. 55% des Trinkwassers
aus dem Grundwasser und ca. 34% aus Uferfiltrat
gewonnen.
Der häusliche Rhein – Wohnen am Rhein
28
Neuss
Leverkusen
Köln
Wesseling
Troisdorf
NiederkasBornheim
Bonn
Königswinter
Wohnlagen an Promenaden
Wohnlagen am Rhein
Bad Honnef
Wohnlagen an Naturräumen
Wohnlagen an Infrastruktur
Siedlungsgebiete
(Siedlungen; Verteidigungslinie HQ 100(200))
Wohnlagen am Rhein
(Wohnlagen; „Wohnen am Strom“)
Der häusliche Rhein – Wohnen am Rhein
Der „häusliche Rhein“ wird durch das Wohnen am Fluss
bestimmt. Dabei prägen sich die Standorte in ganz unterschiedlichen Bezugnahmen und Nutzungszonierungen
aus. Wohnstandorte mit direktem Rheinbezug wechseln
mit Wohnlagen an Promenaden, Naturräumen oder
Infrastrukturen. Hochwassersicherungsanlagen bilden
sich durch vorgelagerte Schutzmauern, Deiche oder die
Inanspruchnahme topografischer Höhenlagen für die
bauliche Entwicklung ab.
Die Nähe zum Rhein und die Präsenz des „häuslichen
Rheins“ sind wichtiger Bestandteil der ideellen Orientierung und Heimatbindung am Rhein. Hier zeigt sich
die Gesellschaft nicht in Form öffentlicher Großprojekte,
sondern durch privates Bauen – mal hochwertig, mal
traditionell, mal exzentrisch, mal unambitioniert, mal
abweisend, mal einladend. Auch die von Vereinen und
Kleingartenanlagen besetzten Ufer sind Teil des Privaten
an der Schnittstelle zum öffentlichen Rheinufer.
Eine der wesentlichen Aufgaben besteht in der Qualifizierung dieser Schnittstellen, um das Bauen am Fluss mit
den Anforderungen der Flussdynamik, der öffentlichen
Zugänglichkeit und der „Baukultur am Wasser“ zukunftsweisend zu überlagern. Durchgängig öffentlich nutzbare
Ufer und der Abbau von Barrieren in der Annäherung aus
der Tiefe des Raums sind von großer Bedeutung für die
Erlebbarkeit des öffentlichen Raums am Wasser.
Ein wesentliches Ziel dieses Prozesses ist die Aktivierung
der privaten Bauträgerschaft für die Weiterentwicklung
der regionalen Baukultur, die sich als eine spezifische
„Baukultur am Wasser“ am Rhein profilieren soll. Beispielhaft hierfür steht der Projektwettbewerb „Wohnen
am Strom“ und dessen Bemühungen um den Ausgleich
29
öffentlicher und privater Interessen in der „ersten Reihe“
am Rhein.
Dynamik
Lebensgefühl
Vielfalt
Gemeinschaft
Die Thesen der Rheincharta
Ein gemeinsame Handlungsperspektive am Rhein
Die Charta versteht sich als ein Instrument für die Verständigung über
die Zukunft der Flusslandschaft in
der Region Köln/Bonn. Sie bewertet
keine Einzelprojekte oder Vorhaben
und trifft auch keine Abwägungen.
Mit den nachfolgenden Thesen stellt
sie jedoch Bewertungskriterien zur
Verfügung und bietet damit einen
qualifizierten Betrachtungsrahmen,
der hilft, Einzelprojekte und Vorhaben
inhaltlich einzuordnen, zu justieren
und zu rechtfertigen. Sie bietet die
Grundlage für die Prozessgestaltung
in der Vorbereitung neuer Projekte
und Vorhaben. Sie schafft eine Basis
für die gemeinsame Verständigung
der unterschiedlichen Akteure und
Betroffenen. Die Charta wird so zu
einem Instrument der Optimierung
von Prozessen und trägt zur Profilierung der regionalen Entwicklungen
am Rhein bei.
31
Die Thesen der Rheincharta
32
1. Rheinvielfalt
kultivieren!
2. Rheindynamiken
3. Mobilitätsnetze und
4. Mit dem Rhein
aktiv gestalten!
Verbindungen zum Rhein
aktivieren!
exzellent wirtschaften!
Die Thesen der Rheincharta
5. Rheinlandschaft
als produktiven Raum
vernetzen!
33
6. Rheinauen
wiederentdecken und
weiterentwickeln!
7. Der Rhein als Lebensgefühl
Kultur- und Identitätsraum
stärken!
8. Rheinufer als
Gemeinschaftsaufgabe
entwickeln!
Die Thesen der Rheincharta
34
1. Rheinvielfalt kultivieren
Vielfalt als Chance – Multicodierung!
Die gewachsene Vielfalt der Rheinregion ist ein Alleinstellungsmerkmal. Mehr Miteinander und weniger
Nebeneinander ist die Grundlage einer zukünftigen
ergebnisorientierten Zusammenarbeit. Daher schließen
sich die Akteure und Macher, die Nutzer und Genießer
der Rheinregion zusammen und vereinbaren eine
gemeinsame Zukunftsstrategie. Anstelle der sektoralen
Handlungen wird eine ressortübergreifende Kooperation
angestrebt, die zu einer integrierten Entwicklung und
Multicodierung der Räume am Rhein führt.
Die Begabungen und Eigenlogiken der Teilräume am
Rhein werden identifiziert, Konflikte werden offen ausgetragen und im Sinne eines regionalen Verständigungsprozesses gelöst.
In einem Raum mit knappen Flächen und Ressourcen
müssen Nutzungen optimiert, organisiert und mehrfach
überlagert werden. Negative Wirkungen auf benachbarte
Nutzungen müssen minimiert werden. Insgesamt sollen
Räume multicodierter werden und gleichzeitig mehrere
Funktionen aufnehmen. Die Multicodierung setzt einen
fortlaufenden Verständigungsprozess voraus, um sektorale Nutzungsansprüche in einem Raum zusammenzuführen, passgenau zu überlagern und mehrdimensional
auszugestalten. Freizeit und Wohnen, Geschichtlichkeit,
Wirtschaft und Baukultur, Logistik und das Rheinerleben
werden vermehrt verknüpft. Mit Strategien des Bauens mit
den Fluten, die dem Fluss Raum geben und gleichzeitig
urbane Nutzungen ermöglichen, können Ansätze für eine
solche Überlagerung in den begehrten Lagen gefördert
werden.
Besonders in den Wasserlagen mit begrenztem Flächenangebot sind neue Strategien des Miteinanders zu entwickeln. Das Zulassen sinnvoller Ergänzungen und zeitlich
versetzter Nutzungsüberlagerungen, die Mobilisierung
ungenutzter Potenziale und die Qualifizierung der Schnittstellen derzeit beziehungslos abgegrenzter Räume sind
wesentliche Zukunftsaufgaben in einer Region mit endlichen Ressourcen und wachsenden Flächenansprüchen.
Die Thesen der Rheincharta
35
2. Rheindynamiken aktiv gestalten
Qualitätsvolle Bau- und Beteiligungskultur am Rhein!
Der Rhein ist dynamisch. Hoch- und Niedrigwasser,
Klimawandel aber auch Wachstum, Transformation von
Wirtschaft und Logistik sowie neue Lebensstile erzeugen
Veränderungen und erfordern innovative Vorsorge- und
Anpassungsstrategien. Dabei müssen die Grenzen für
die Dynamik verhandelt werden. Innovatives Bauen am
Rhein heißt dann „Bauen mit dem Fluss“, nicht gegen
ihn.
Um mit den vielen Akteuren die Rheindynamik gemeinsam zu gestalten, wird eine qualitätsvolle Bau- und
Beteiligungskultur weiterentwickelt. Das Bauen am
Rhein ist ein Privileg.
Die „Bauwerke der Rheindynamik“ wie Hochwasserschutzeinrichtungen, Verkehrsanlagen, Brücken oder Häfen sind baukulturelle Gestaltungsaufgaben der Zukunft.
Ebenso müssen sich Wohngebäude, Büros, Gewerbebauten, Parkanlagen und naturnahe Erholungslandschaften durch eine qualitätsvolle Gestaltung mit
Bezug zur Wasserlage auszeichnen.
Die konkurrierenden Interessen in den begehrten Wasserlagen erfordern gleichzeitig auch eine differenzierte
Prozess- und Beteiligungskultur, da nur im Dialog der
unterschiedlichen Akteure die Vielfältigkeit der rheinbegleitenden Räume gemeinschaftlich qualifizierbar ist.
Die Rheindynamik zu gestalten, ist somit eine bau- und
beteiligungskulturelle Zukunftsaufgabe der Region. Wettbewerbe, Gutachterverfahren und der öffentliche Dialog
müssen selbstverständlicher Bestandteil zukünftiger
Projektentwicklungen sein.
Die Thesen der Rheincharta
36
3. Mobilitätsnetze und Verbindungen
zum Rhein aktivieren
Mobilität als Qualität!
Die Terrassenlandschaft des Rheins ist ein Mobilitätsraum. Der Fluss ist eine seiner wichtigsten Verkehrsadern, der mit den nachfolgenden Logistikketten
funktionieren muss. Leistungsfähige Verkehrssysteme
von negativen Wirkungen auf die Lebensqualität in der
Region zu entkoppeln, wird eine zentrale Zukunftsaufgabe sein. Die Verkehrssysteme müssen flexibler und
multimodaler werden, damit sie nicht monofunktionale
Barrieren bleiben, sondern zusammen mit den Freizeitwegen einen attraktiven Mobilitätsraum ergeben.
Eine zukunftsorientierte Mobilitätsstrategie ist multimodaler ausgerichtet und bezieht den Rhein verstärkt mit
ein. Ein leistungsfähiger Fluss mit Transportreserven ist
als Potenzial vorhanden. Vor allem die zunehmenden Güterströme im Transitraum der Region Köln/Bonn sollten
diese freie Ressource nutzen.
Auch der Personenverkehr auf dem Wasser soll gefördert
und attraktiver werden. Die Schnittstellen zwischen Land
und Wasser müssen insgesamt stärker aufeinander
bezogen und entwickelt werden.
Die Verkehrsräume mit ihren Infrastrukturen werden
multifunktionaler, urbaner und zukünftig zur Gestaltungsaufgabe im städtischen und landschaftlichen Raum am
Rhein.
Wegenetze im Hinterland werden ganz selbstverständlich
bis an den Fluss geführt. Möglichkeiten und Erfordernisse
von Rheinquerungen sind zu prüfen. Ausreichend breite
Fuß-, Rad- und Freizeitwege werden am Rhein und besonders im Bereich der Rheinbrücken qualifiziert und bieten
Platz zum Flanieren und für Sport und Freizeit. Notwendige Umwege werden qualitätsvoll gestaltet und Barrieren
abgebaut. Mobilität und Bewegung am und auf dem Rhein
werden als eine Form der Erlebnis- und Lebensqualität
verstanden. Dies bedarf einer prägnanten Gestaltung der
Mobilitätsräume.
Die Thesen der Rheincharta
37
4. Mit dem Rhein exzellent
wirtschaften
Wachstum mit Perspektive und
Augenmaß!
Die Wirtschaftskraft profitiert vom Rhein. Die Lagegunst
am Wasser und die Verkehrsinfrastrukturen am Wasser
fördern Standortpräferenzen rheinaffiner Industrien und
Gewerbe. Zugleich werden rheinnahe Standorte immer
bedeutender für die wachsende Kreativ- und wissensbasierte Wirtschaft, sowie für den Tourismus. Damit treten
eine Vielzahl unterschiedlicher Wirtschaftsunternehmen
in Konkurrenz um die begehrten, aber knappen Flächen
am Fluss.
Exzellent wirtschaften heißt, die wirtschaftlichen Belange, aber auch die Belange des Hochwasserschutzes,
der Erholung und der Kulturlandschaft mit Augenmaß
aufeinanderzubeziehen und abzustimmen.
Industrie und Logistik, die auf den ressourceneffizienten
Transportweg Fluss angewiesen sind, haben im Sinne
einer Klimaschutz- und Nachhaltigkeitsstrategie Priorität
am Rhein.
Gleichzeitig finden Transformationen statt, die klassische
Industrieproduktion wird mancherorts großräumig verlagert, Industrien umstrukturiert. Damit entstehen Chancen
für eine Neubestimmung und Multicodierung von Räumen.
Exzellent mit dem Rhein wirtschaften bedeutet, auf die
anstehenden Transformationsprozesse vorbereitet zu sein,
Anpassungsstrategien mit allen Beteiligten vorzudenken
und die Chancen zu ergreifen, um in den Umstrukturierungsräumen vielfältige neue und an die Dynamik des
Flusses angepasste Nutzungen zu entwickeln.
Entscheidungen zur Zukunft der Hafen- und Industriestandorte sind nicht allein aus der lokalen Betrachtung
möglich, sondern immer nur in ihrem regionalen Kontext
und in Bezug zur Arbeitsteilung in der Region. Damit sind
Projekte am Wasser keine Einzelentscheidungen, sie
werden vielmehr aus einer neuen Kultur der regionalen
Abstimmung entwickelt. Hierfür sind entsprechende
Verfahren und Standards zu entwickeln.
Für den Tourismus und die Freizeitwirtschaft ist der Rhein
ein wichtiger aber nicht alleiniger Standortfaktor. Intakte
Natur, schöne Landschaften, Kultur, Freizeitwege und
touristische Infrastrukturen gehören mit dazu.
Exzellent wirtschaften heißt, viele Belange zusammenzuführen.
Die Thesen der Rheincharta
38
5. Rheinlandschaft als produktiven
Raum vernetzen
Eine Allianz von Landwirtschaft,
Stadt und Wasserwirtschaft!
Landwirtschaft gestaltet produktive Landschaften und
urbane Räume.
Die Landwirtschaft am Rhein baut vermehrt auf Allianzen mit der Stadt. Zugleich sind zukünftig Synergien
mit der Wasserwirtschaft zu fördern.
Die Landwirtschaft bietet Angebote für die Erholung in
einem städtisch geprägten Raum, entwickelt die Eigenart der flussgeprägten Kulturlandschaft weiter, sichert
die lokale Ernährung und stärkt die Region energetisch.
So wird sie vielfältiger, vernetzt sich und wird zu einem
unverzichtbaren Partner in der Raumentwicklung am
Rhein.
Die Landwirtschaft nutzt die guten Böden der Flussaue,
wirtschaftet bis an den Fluss (Uferrandstreifen) und
pflegt die weiten, Rhein begleitenden Landschaftsräume.
Auf den landwirtschaftlichen Flächen werden insbesondere Nahrungsmittel produziert. Darunter wird das
Trinkwasser für die regionale Versorgung gewonnen. Als
Retentionsräume für den Hochwasserschutz sind diese
Flächen unverzichtbar. Wie landwirtschaftliche Produktion, Trinkwassergewinnung, und Hochwasserschutz am
Rhein stärker verknüpft und überlagert werden können,
wird eine Herausforderung der Zukunft sein. Regionale
Produktion, produktive Erholungslandschaft und urbane
Landwirtschaft verkürzen nicht nur die Wege und machen
die Region energetisch fit, sondern stärken auch ihre
Identität. Innovative Projekte mit Vorbildcharakter sollen
daher initiiert werden.
Die stärkere Bezugnahme urbaner Lebensstile auf die
ländlichen Räume ist ein neuerer Trend, der dazu führt,
dass die Landwirtschaft zu einem unverzichtbaren Partner
in der klimaangepassten und nachhaltigen Entwicklung
der Region wird.
Eine auf urbanen Allianzen basierende Landwirtschaft
vernetzt sich mit der Stadtgesellschaft und gewinnt auch
als Erholungs- und Freizeitraum an Bedeutung. Wenn
landwirtschaftliche Räume für die Besucher durchlässiger
und attraktiver werden, werden sie zu einem integralen
Bestandteil der Raumentwicklung.
Über eine differenzierte Weiterentwicklung der Agrarlandschaft, in der für den regionalen, überregionalen und
internationalen Markt produziert wird, kann die regionale
Marke der Rheinlandschaft gestärkt und so die Identität
der produktiven Landschaften als auch die der urbanen
Räume gefördert werden.
Die Thesen der Rheincharta
39
6. Die Rheinaue als Naturraumpotenzial wiederentdecken und
weiterentwickeln
Erlebbare Natur!
Der Wechsel von Urbanität und Naturräumen stellt eine
besondere Qualität in den städtischen Agglomerationen
dar. Der Rhein und seine Nebenflüsse mit den begleitenden, von den Wasserkräften geformten Naturlandschaften sind ideal, um diese Raumqualitäten zu stärken.
Mehr Naturräume und ihre Entwicklung zu Erlebnisorten
erfordern eine gemeinsame Strategie. Das gefahrenlose
Baden im sauberen Rhein soll nicht nur eine Zukunftsvision bleiben.
In der schnelllebigen Stadtgesellschaft werden Erdung
und Pausenräume immer wichtiger. Landschaft ist
Geschichte, Identität und Gegenwelt.
Intakte Natur, saubere Luft, reines Wasser und dynamische Flüsse sind Kennzeichen einer nachhaltigen und
gesunden Region. In Naturräumen, die erlebbar sind,
Ruhe und Entschleunigung ermöglichen oder Spannung
und Abenteuer bieten, wird dies sichtbar. Die vorhandenen
und auch neuen Naturlandschaften am Rhein mit Prallund Gleitufern, Inseln, Feuchtgebieten und Auwäldern sind
besonders prädestiniert, diese Potenziale zu aktivieren.
Diese Naturlandschaften bieten für viele seltene und
gefährdete Tier- und Pflanzenarten, die auf die Flussdynamik angewiesen und ihr anpasst sind, einen wichtigen
Rückzugsraum. Wenn städtische Agglomerationsräume
wachsen, dann müssen insbesondere Natur und Landschaft vermehrt und qualifiziert werden. Konflikte müssen
erkannt und gelöst werden. Eine integrierte Entwicklung
am Rhein setzt daher auf ein Mehr an neuen Naturräumen, die bewusst auch im städtischen Kontext geschaffen
und gestaltet werden.
Besonders die Naturräume am Fluss bieten eine Vielzahl
an ökosystemaren Dienstleitungen, sie sind Rückzugs- und Biotopverbundsraum, Orte mit einer hohen
biologischer Vielfalt und können gleichzeitig ein wichtiger
Baustein des vorsorgenden Hochwasserschutzes sein.
Naturerfahrungsräume sind die Initialprojekte dieser
urbanen Renaturierungsstrategie.
Die Thesen der Rheincharta
40
7. Der Rhein als Lebensgefühl
Den Kultur- und Identitätsraum
stärken!
Der Rhein ist ein Lebensgefühl. Eine durch den Fluss und
die Geschichte geprägte Kultur- und Naturlandschaft
mit Spuren der Geschichte, räumlichen Eigenarten,
baulichen Wahrzeichen und abwechslungsreiche Rheinansichten gibt Atmosphäre und stiftet Identität. Diese
müssen gestärkt und erlebbar gemacht werden.
Der Rhein ist reich an Zeugnissen der Siedlungs-, Bau-,
Garten- und Landschaftskulturgeschichte. Hierzu zählen
auch die historisch gewachsenen Siedlungskerne entlang des Rheins mit ihrem Bezug zur Wasserlage. Die
so erlebbare Geschichte schafft Heimatbindungen. Das
Lebensgefühl Rhein muss belebt und gleichzeitig modernisiert werden. Dafür können die historisch relevanten
Bezüge genutzt und durch die regionale Zusammenarbeit
der Akteure gestärkt werden. Radwegenetze müssen
verknüpft, Rheinpromenaden zur gemeinsamen Marke
der Rheinanliegerstädte ausgebaut und die Rheinschifffahrt gestärkt werden. So sind zum Beispiel Strandbars,
Badeschiffe und neue Wohnformen am Wasser Ausdruck
für Kreativität und Innovation am Rhein. Das Lebensgefühl
verbindet so die historischen und kulturellen Reichtümer
rechts und links des Rheins mit den dynamischen Lebensstilen einer jungen Gesellschaft.
Der Tourismus ist ein Wirtschaftszweig von stetig wachsender Bedeutung für die Region. Um sich als Tourismusdestination in der Konkurrenz mit vielen anderen Flusslandschaften zu behaupten und weiterhin nachgefragt zu
werden, bedarf es eines zukunftsorientierten Profils. Die
Identität dieser Rheinregion muss mit ihrer Geschichte,
der Eigenart der Kulturlandschaft, starken Bildern, kulturellen und rheinbezogenen Projekten konkret werden.
Um den Kultur- und Identitätsraum am Rhein zu stärken,
bedarf es mutiger und innovativer Schlüsselprojekte, die
durch regionale Netzwerke initiiert und umgesetzt werden.
Die Thesen der Rheincharta
41
8. Rheinufer als Gemeinschaftsaufgabe entwickeln!
Rheinraum für alle!
Interessenvielfalt kann bei begrenzten Ressourcen nur
gemeinsam gelebt werden. Räume müssen multicodierter gestaltet und genutzt werden. Daher müssen
im Sinne einer langfristigen Entwicklungsstrategie alle
Akteure stärker zusammenarbeiten. Eine abgestimmte
Rheinkooperation bündelt Einzelaktivitäten und gibt
dem Raum eine Gesamtperspektive. So können interkommunale Konzepte, investiv wirksame Programme
sowie langfristige Qualitätssicherungssysteme über
eine gemeinsame Vision kommuniziert und ausgerichtet
werden.
Die besonderen Begabungen der Wasserlagen des Rheins
werden dabei als spezifische Akzente herausgestellt.
Seine Standortqualitäten werden im Sinne einer gemeinsamen Identität gestärkt und immer unter dem Aspekt der
Gewährleistung des vorbeugenden Hochwasserschutzes,
als eine längerfristige Gesamtperspektive entwickelt. Mit
einer Kooperation der Rheinanlieger wird der Fluss über
seinen engen Uferkorridor hinaus profiliert.
Der Anspruch „Rheinraum für alle“ erfordert einen umfassenden Kommunikationsprozess. Miteinander reden,
verhandeln und sich vernetzen werden zur Grundlage
der Gemeinschaftsaufgabe Rhein. So können Allianzen
gestärkt und Synergien aktiviert werden.
Aus der gemeinsamen Vision werden konkrete und
vorbildliche Schlüsselprojekte entwickelt. Sie sind die
Referenzen der gemeinsamen Strategie für die Dynamik
und Raumentwicklung am Rhein.
Auf diese Weise wird die Rheincharta nicht nur in der
Region sichtbar, sondern auch ein Vorbild für die Anrainer
im Ober- und Unterlauf des Flusses.
Mobilität
Wirtschaften
Natur
Freizeit und Erholung
© Torsten Born/pixelio.de
Ernährung
© Tanja Richter/pixelio.de
Kultur und Baukultur
Meilensteine
Die vorgelegte Rheincharta 1.0 wurde in mehreren
Abstimmungsrunden vom Arbeitskreis Rhein erarbeitet
und in den letzten Monaten mit vielen Akteuren der Region
diskutiert und weiter entwickelt. Sie stellt die Diskussionsbasis für die weitere Verständigung der Akteure dar,
um gemeinsam Ideen zu entwickeln und den verschiedenen Belangen am Rhein gerecht werden.
Auf der Rheinkonferenz am 14.12.2011 in Wesseling wird
der Chartaprozess ratifiziert. Die Ratifizierung ist der
Startschuss für die Arbeit an der Umsetzung und Konkretisierung der Chartathemen und -thesen. Erste Unterzeichner sind die Mitgliedskommunen und -institutionen
im Arbeitskreises Rhein. Die Unterzeichner bekennen sich
zu den Inhalten der Charta und machen deutlich, dass
der Chartaprozess begonnen hat, durch weitere Schritte
konkretisiert und so mit Leben gefüllt wird. Wenn Projekte und Planungen sich an den Zielen der Rheincharta
orientieren, sollen diese Vorhaben besser legitimiert
werden, da sie in einem Gesamtzusammenhang stehen.
Für weitere Planungsebenen wie Stadt-, Regional- oder
Wirtschaftsentwicklung kann die Charta eine Orientierung
geben.
Die Ansatzpunkte für die Umsetzung und Konkretisierung
der Rheincharta sind dabei vielfältig:
1.
Weiterentwicklung der Rheincharta durch Einbindung
in regionale Entwicklungskonzepte zu rhein- und
raumbezogenen Themen, um die Region für die
Zukunftsaufgaben fit zu machen (z.B. Erlebbarkeit
des Rheins/Historische Kulturlandschaft/Tourismus,
Rheinmobilität/Land-Wasser-Bezug, Rhein im
Klimawandel), soweit sinnvoll, auch – Integration in
formelle Planwerke.
45
2.
Stärkung des öffentlichen Bewusstseins für die
besonderen Herausforderungen, die der Rhein
an die Anlieger stellt, durch Öffentlichkeitsarbeit
sowie Veranstaltungen für Experten wie Einwohner
gleichermaßen. Kommunikation der Rheincharta bei
Land, Bund und EU.
3.
Intensivierung der internationalen Zusammenarbeit
mit den Rheinanliegerregionen von der Quelle bis zur
Mündung, um sich gemeinsamen Herausforderungen
zu stellen. (Rheincharta als Vorbild)
4.
Entwicklung und Konkretisierung von Modellprojekten (Referenzen) zur beispielhaften Umsetzung der
Inhalte der Chartathesen.
Meilensteine
46
Start Prozess Rheincharta 2010
September
Auftaktveranstaltung im AK Rhein
Oktober
Datenrecherche / Akteursinterviews
November
Vorstellung Rheincharta (Entwurf) im AK Rhein mit Fachbeirat
17.-19.November
internationale Rheinkonferenz :zukunft rhein
Diskussions- und Abstimmungsprozess 2011
März
Abstimmung der Rheincharta im AK Rhein
April
Klausur mit AK Natur und Landschaft
Mai-Juli
Abstimmung in den Mitgliedskommunen und -institutionen
September
Rheincharta Foren
14. Dezember
Ratifizierung auf der Rheinkonferenz 2011
Umsetzung und Konkretisierung der Chartathemen und -thesen
Meilensteine
Ergebnisse aus dem Diskussions- und Abstimmungsprozess 2010/2011
Im Rahmen des bisher geführten Diskussions- und
Abstimmungsprozesses sowie zahlreicher Hinweise
und Empfehlungen wurde deutlich, dass der Prozess
Rheincharta ein geeignetes, aber noch weiter aus zudifferenzierendes Instrument ist, um Lösungsstrategien für die
Zukunftsaufgaben am Rhein zu entwickeln.
1.
Um den Prozessgedanken der Rheincharta deutlich
zu signalisieren, wird der erste Entwurf der Charta
den Zusatz 1.0 erhalten.
2.
Die Ratifizierung der Rheincharta in der Version 1.0
auf der Rheinkonferenz am 14.12.2011 in Wesseling
bildet den Startpunkt für einen fortlaufenden interaktiven Prozess der Akteure am Rhein. Die Inhalte
werden unter Einbeziehung der Akteure weiter
entwickelt.
3.
Die Chartathesen müssen durch Projekte gelebt
werden, Wertmaßstäbe und Kriterien für gute
Projekte sind daher zu entwickeln. Ein Blick über
den Tellerrand kann helfen, um aus internationalen
Projekten zu lernen und sich auch visionären Themen
zu stellen. Aufgrund der großen Nutzungskonkurrenzen sollen die Projekte der Multicodierung in den
Fokus gestellt werden. In der Verhandlungsprozessen
müssen Konflikte klar benannt und Verhandlungsräume definiert werden.
4.
Eine Moderations- und Koordinationsstelle wird von
vielen als notwendig erachtet, um die unterschiedlich
starken Akteure in den Abstimmungen und Kooperationen zusammenzuführen, einen Orientierungs-
47
rahmen zu geben und um Qualitätsstandards in den
weiteren Prozessen am Rhein zu sichern.
5.
Die regelmäßige Einbindung von Akteuren am Rhein,
z.B. durch Veranstaltungen, Workshops oder informellen Abenden – Stammtische, soll gepflegt werden.
Beteiligung soll bereits zu einem frühen Zeitpunkt
erfolgen.
6.
Das Thema Rheincharta soll als Vorbild für Ober- und
Unterlieger am Rhein weiter verbreitet werden.
Der Abstimmungsprozess wird weitergeführt!
Akteure des Arbeitskreis Rhein des Region Köln/Bonn e.V.
48
Mitglieder des Arbeitskreis Rhein:
Bezirksregierung Köln
Frau Dr. Sommerfeldt, Herr Bleeker
www.bezreg-koeln.nrw.de
Rhein-Erft-Kreis
Herr Dr. Bininda, Herr Schmitz
www.rhein-erft-kreis.de
Rhein-Kreis Neuss
Herr Stiller
www.rhein-kreis-neuss.de
Rhein-Sieg-Kreis
Herr Wiehlpütz
www.rhein-sieg-kreis.de
Bundesstadt Bonn
Herr Baur
www.bonn.de
Stadt Köln
Herr Drese
www.stadt-koeln.de
Stadt Leverkusen
Frau Zlonicky
www.leverkusen.de
Stadt Bad Honnef
Herr Fuchs
www.bad-honnef.de
Stadt Bornheim
Herr Schier
www.bornheim.de
Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen
Herr Kornell
www.landwirtschaftskammer.de
Stadt Königswinter
Herr Kofferath, Herr Kotte
www.koenigswinter.de
HochwasserKompetenzCentrum (HKC) e.V.
Frau Dr. Willkomm, Frau Jabczynski, Herr Vogt
www.hkc-koeln.de
Stadt Niederkassel
Herr Esch, Herr Haverkamp
www.niederkassel.de
Wasser- und Schifffahrtsamt Köln
Herr Grewe, Herr Neumann
www.wsv.de
Stadt Wesseling
Herr Pinto, Herr Stiepel (bis 30.05.2011), Frau Schneider
(ab 01.06.2011)
www.wesseling.de
Regionale 2010 Agentur; Region Köln/Bonn e. V.
Herr Hölzer, Frau Lüke, Herr Utzerath
www.regionale2010.de; www.region-koeln-bonn.de
Industrie- und Handelskammer zu Köln
Frau Schwokowski, Frau Maniecki, Frau Jahn
www.ihk-koeln.de
Fachbeirat des Arbeitskreis Rhein:
Industrie- und Handelskammer Bonn/Rhein-Sieg
Frau Nillies
www.ihk-bonn.de
Handwerkskammer zu Köln
Herr Krämer
www.hwk-koeln.de
Häfen und Güterverkehr Köln AG
Frau Knott
www.hgk.de
Regionale 2010 Agentur Berater
Herr Prof. Dr. Horn
Wesseling
Denkwerkstatt der Montag Stiftung gAG
Herr Prof. Trommer
Bonn
StEB Köln / Hochwasserschutzzentrale
Herr Vogt, Frau Dr. Willkomm
Köln
Herr Prof. Prinz, Stadtplaner
Kürten
Akteure der Workshops 2011
Am 13. und 14. September 2011 fanden in den Räumlichkeiten des Region Köln/Bonn e. V. drei Workshops mit
Teilnehmern aus der Wirtschaft, Planung und der Forschung, sowiemit Bügerinitiativen und Vereinen, statt.
Ein herzliches Dankeschön gilt den Workshopteilnehmer,
die durch ihre kritischen Fragen, ihr Wissen und ihre
anregenden Ideen den Prozess Rheincharta weiter voran
gebracht haben.
Wirtschaft:
Eric Freund, CTS Container-Terminals GmbH Rhein-SeeLand-Service, Köln
Heinz Greve, Chempark Leverkusen
Ass.jur. Sabine Jahn, Industrie- und Handelskammer zu
Köln
Thomas Lierz, Hotel am Rhein-Wesseling
Carina Nillies, Industrie- und Handelskammer Bonn/
Rhein-Sieg
Dr. Frank Obermaier, WfL Wirtschaftsförderung Leverkusen, AK Wirtschaftsföderer des Region Köln/Bonn e.V.
Constantin von Hoensbroech, Shell Deutschland Oil GmbH
Rheinland Raffinerie RDK-Werk Wesseling
Daniel Wauben, ChemCologne, Köln
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Vereine und Initiativen:
Planung und Forschung
Reiner Burgunder, Schiffer-Verein Beuel 1862 e.V.
Jörg Beste, Architektur Forum Rheinland (AFR)
Frank Gross, Pro Rheintal e. V., Boppard
Dr. Robert Bininda, Rhein-Erft-Kreis
Peter Haas, Schiffer-Verein Beuel 1862 e.V.
Rainer Drese, Stadt Köln
Kuno Höhmann, Wassersportverein Bad Honnef e.V.
Prof. Christl Drey, Universität Kassel
Thomas Kahlix, Bürgerinitiative Hochwasser, Altgemeinde
Rodenkirchen e.V. / Aktionsgemeinschaft Contra Erweiterung Godorfer Hafen
Prof. Andreas Fritzen, BDA Bund Deutscher Architekten –
Bezirksgruppe Köln
Michael Heller, AS&P-Albert Speer & Partner GmbH
Dr. Gerard Klinke, LANUV NRW, Fischereibruderschaft zu
Bergheim an der Sieg
Gerhard Kriegelstein, Interessengemeinschaft Wasser,
Umwelt und Jugend Köln-Porz-Langel e.V.
Olaf Krings, Kölner Yachtclub
Frederik Jung, JAS-Jugend Architektur Stadt e.V.
Olaf Kasper, SRL-Rheinland
Prof. Dr. Thomas Kisteman, Rheinische Friedrich-Wilhelm-Universität Bonn, Institut für Hygiene und Öffentliche Gesundheit
Bernhard Lob, Förderkreis Rechtsrheinisches Köln e.V.
Thomas Luczak, Haus der Architektur Köln (HDAK)
Agnieszka Jabczynski, HochwasserKompetenzCentrum
(HKC) Köln e.V.
Kay von Keitz, plan project, Köln
Christine Rutenberg, Förderkreis Rechtsrheinisches Köln
e.V.
Ulrike Platz, Alanus Hochschule für Kunst und gesellschaft, FB Architektur, Bornheim-Alfter
Prof. Dieter Prinz, Stadtplaner
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Erfahrungen aus anderen Ländern zum Umgang mit ihren Wasserlagen geben Anregung. Aus guten Beispielen
kann gelernt werden. Daher werden hier einige Beispiele
dokumentiert, die auch für die Rheinregion übertragen
und angepasst, zukunftsweisend sein können.
© bgmr Landschaftsarchitekten
Themse, London
© pui700/pixelio.de
Isar, München
The Thames Strategy
Thema: Gemeinschaftsaufgabe Flusslandschaft
Ort: London
Akteure: Stadtverwaltung London; regionale
Partnerschaften
Zeitraum: seit 1997 mit einer 100 Jahres-Vision
Im Zuge des Innenstadtumbaus in London wird die
Themse wieder in die öffentliche Wahrnehmung gerückt
und als verbindendes Element, Freizeit- und Erholungsraum profiliert. Die Forderungen nach Wiederherstellung
wichtiger Sichtbeziehungen, die Bewahrung historisch
bedeutsamer Gebäude, die Verbesserung der Zugänglichkeit der Uferbereiche und die Ausdehnung des Naturschutzes wurden mit der „Thames Strategy“ in zahlreichen
Projekten umgesetzt.
In den vergangenen Jahren wurden aber nicht nur einzelne qualitativ hochwertige Freiraumprojekte im Uferbereich
umgesetzt, sondern die Themse wurde auch durch die
Vernetzung von regionalen Akteuren in einen gesamtstädtischen Zusammenhang gestellt. Aus der Idee, die Stadt
wieder stärker mit ihrem Fluss zu verbinden, entstanden
regionale Partnerschaften. Die vielfältige Landschaft zwischen London und der Flussmündung wurde in Abschnitte
geteilt, die nicht auf politischen Grenzen, sondern auf die
natürlichen Gegebenheiten und charakteristischen Merkmale der Flusslandschaft basieren. Die Partnerschaften
aus Gemeinden, Wirtschafts- und Industrieinstitutionen,
Landeigentümern und Anwohnern machen es möglich,
über ihre starke Vernetzung und Akzeptanz, die übergeordneten Planungen der Stadt weiterzutragen und zu
kommunizieren.
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Isarplan
Ruimte voor de rivier
Houtan Park
Thema: Hochwasserschutz schafft neue Natur- und
Erlebnisräume mitten in der Stadt
Ort: München
Akteure: ressortübergreifende Arbeitsgruppe „Isar-Plan“;
Beteiligungsverfahren mit Bürgern
Zeitraum: Abschluss 2011
Thema: Hochwasserschutz, Naturschutz und Freizeitnutzung im Einklang
Ort: Niederlande
Akteure: staatliche Wasserbehörde, Kommunen
Zeitraum: 2007-2015
Thema: Mehrdimensionale Parklandschaft am Fluss
Ort: Shanghai
Akteure: Stadt Shanghai (EXPO)
Zeitraum: zur EXPO Shanghai 2010, fortlaufend
Auf 8 km Flusslandschaft im Münchner Stadtgebiet
wurden Anforderungen der Strömungs- und Strukturvielfalt, der biologische Durchgängigkeit, des Baum- und
Biotopschutzes mit den Ansprüchen der Zugänglichkeit
und Nutzbarkeit der Isar und ihrer Auenlandschaften
für die Freizeit- und Erholungsnutzung kombiniert.
Mit dem Isarplan reagierte München auf die extremen
Auswirkungen eines veralteten Hochwasserschutzes und
dem stetigen Wasserabfluss für die Wasserkraftnutzung.
Überschwemmungen, Niedrigwasser und schlechte
Wasserqualität machten eine Umgestaltung der Isar
notwendig. Besondere Herausforderungen waren dabei
die Aufweitung des Mittelwasserbettes, die Entfernung
von massiven Uferbefestigungen und die Verbindung
des Flusses mit der Stadt. Heute wird der Isar deutlich
mehr Raum zwischen den Deichen gegeben. Der verbesserte Hochwasserschutz wurde von Anfang an mit
einer Renaturierung der Flusslandschaft im städtischen
Kontext und der Erholungsnutzung verbunden. Durch den
gezielten Umbau von Abwasseranlagen konnte auch die
Wasserqualität verbessert werden. Die interdisziplinäre
Zusammenarbeit und verwaltungsübergreifende Projektentwicklung mit dem „Prinzip des großen Ziels und der
kleinen Schritte“ waren ausschlaggebend für die rasche
Umsetzung des Isarplans.
Die „Millinger Waard“ ist nur eines von 39 Projekten aus
dem niederländischen Programm „Ruimte voor de rivier“
(Mehr Raum für den Fluss). Der Hochwasserschutz steht
in allen Projekten an erster Stelle. Mit dem Programm
wurden eine neue Verfahrenskultur und die Forderung
nach einer räumlichen Qualität in den Hochwasserschutz
integriert. Die staatliche Wasserbehörde finanziert
die Maßnahmen. Die Projektentwicklung wird von den
Kommunen vor Ort initiiert und geleitet. So können lokale
Projekte über das Programm verbunden und die Öffentlichkeitswirksamkeit genutzen werden. Die Verbesserung
der räumlichen Qualität entlang des Flusses, die Integration von neuen Naturräumen, Angebote für die Freizeitnutzung und die Zugänglichkeit wurden als Hauptziele
festgeschrieben.
Der Expo-Park „Houtan Park“ in Shanghai zeigt beispielhaft die Transformation eines ehemaligen Industrieareals
in eine mehrdimensionale Parklandschaft. Der Park ist
einer von drei Abschnitten eines ökologischen Korridors
entlang des Huangpu. Auf einem schmalen Streifen
zwischen dem Fluss und der begleitenden Schnellstraße
wurden natürliche Wasserlandschaften, Wasserreinigung,
Hochwasserschutz, Freizeit und Erholung, Bildung und
Landwirtschaft kombiniert.
Die Verschränkung von Stadt, Natur, Wasser und Landwirtschaft und das Nebeneinander von inszenierten Orten
und naturbelassenen Räumen schafft vielseitige Landschaftsmomente. Die wiederhergestellten Feuchtgebiete
werden zur erlebbaren Natur. Die einst steile Böschung
zwischen Straße und Fluss wird durch landwirtschaftlich
genutzte Terrassen zum produktiven Raum. Durch die
Kombination von Natur und Landwirtschaft entsteht
ein hoher Bildungs-, Erholungs- und Freizeitwert, bei
geringeren Unterhaltungskosten. Die Vision ist, dass
durch eine natürliche Reinigung das Flusswasser wieder
Badequalität bekommt.
Auch in der „Millinger Waard“ wurden Hochwasserschutz,
Naturschutz und Freizeitnutzung in Einklang gebracht und
eine erlebbare Natur am Fluss geschaffen. Der Sommerdeich wurde abgetragen, die landwirtschaftlichen Flächen
hinter den Winterdeich verlegt, ein Teil des Geländes
wurde tiefer gelegt und geflutet, um eine neue Auenlandschaft zu generieren. Der halboffene Charakter der
Flusslandschaft wird mit angesiedelten Konik-Wildpferden
gepflegt.
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Toronto Central Waterfront
Thema: Entwicklung eines zusammenhängend erfahrbaren Identitätsraums am Wasser
Ort: Toronto
Akteure: Land, Kommune, private und semistaatliche
Entwicklungsgesellschaften
Zeitraum: Waterfront: seit 2001
© Miroslaw/pixelio.de
Waterfrontpark, Toronto
© bgmr Landschaftsarchitekten
Westhafen, Frankfurt
Der Umbau von ca. 800 ha Hafen- und Uferzonen in
Toronto gilt derzeit als eines der größten Revitalisierungsprojekte Nordamerikas. Der Schwerpunkt der Entwicklung
liegt in der Qualifizierung der Wasserlagen in den Bereichen Freizeit- und Erholungsnutzungen sowie Wohnungsbau und Gewerbeentwicklung und ist auf komplexe
Nachhaltigkeitsziele ausgerichtet.
So wurden durch die Anlage eines „Waterfront Trails“
verschiedene Gemeinden in das Uferwegenetz angebunden. Unterschiedliche Programme und Strategien
wurden zum Erhalt und der Renaturierung von Uferzonen
und der Neuentwicklung von Grünkorridoren aufgestellt.
Kernstück der derzeitigen Umstrukturierung ist ein 3,5
km langer Uferabschnitt, der als „Toronto Central Waterfront“ zum zusammenhängenden System öffentlicher
Räume entwickelt wird. Von besonderer Bedeutung ist
die Herstellung der Rad- und Fußgängerwege entlang
des Wassers in Kombination mit der Anbindung an das
„Hinterland“. Die staatlich initiierte Projektentwicklung ist
von einer intensiven öffentlichen Beteiligung begleitet. Für
die Umsetzung der Teilprojekte wurde verstärkt auch nach
Public-Private-Partnership-Lösungen gesucht.
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Westhafen
Novartis Campus Plus
Amphibienhäuser und Floating Cities
Thema: Baukultur und Hochwasserschutz
Ort: Frankfurt
Akteure: Stadt Frankfurt am Main, private
Investorengruppe
Zeitraum: größtenteils realisiert
Thema: Allianz von Industrie und Stadtentwicklung
Ort: Basel
Akteure: Kanton Basel-Stadt, Novartis
Zeitraum: 2004 bis 2015
Thema: Bauen mit den Fluten
Ort: Maasbommel und Amsterdam
Akteure: Stadtverwaltung, Investoren
Zeitraum: seit 2004, fortlaufend
Auf dem ehemaligen Hafenareal in der Innstadt von
Frankfurt am Main wurde in schwieriger Nachbarschaft
zu einem Kraftwerk, ein hochwertiges Wohn- und Arbeitsquartier entwickelt.
Ein Teil des Areals liegt innerhalb des gesetzlich festgestellten Überschwemmungsbereichs des Mains.
Durch Pfahlbebauung, durchflutbare Tiefgaragen und
flutbare Erdgeschosszonen wurde dem Hochwasserschutz
Rechnung getragen. Für den Ausgleich des Retentionsraumverlustes hat die Stadt zusammen mit der Oberen
Wasserbehörde das Modell des „Retentionsraumkontos“
entwickelt. Dies ermöglichte eine zeitlich später liegende
Kompensation an anderer Stelle im Stadtgebiet. So
entstand unter anderem eine Flutmulde am Rande der
Stadt. Die Lärmbelastung durch den Kohleumschlag des
Kraftwerkes konnte mit einer modernen emissionsarmen
Kohleentladungsanlage am Hafenkai minimiert werden.
Das für die Umsetzung gewählte PPP-Modell ist vor allem
für Stadtlagen mit hohem Entwicklungsdruck geeignet.
Durch die öffentlich-private Kooperation konnte ein hoher
baukultureller Qualitätsstandart im öffentlichen Raum
realisiert werden.
Das Biotechnologie- und Pharmaunternehmen Novartis
will das Werksareal St. Johann am Rhein von einem reinen
Industrie- und Produktionsstandort in einen Campus des
Wissens, der Innovation und der Begegnung umgestalten. Mit dem Gemeinschaftsprojekt der Stadt Basel und
Novartis – “Neunutzung Hafen St. Johann – Campus Plus“
– wird dem Unternehmen die Arealerweiterung ermöglicht. Die Stadt Basel profitiert dabei auch von Investitionen
in den Freiraum. Der Novartis-Campus versteht sich als
Teil der Stadt. Die Schnittstellen zwischen den derzeit
beziehungslos aneinandergrenzendem Wohnquartier und
dem Novartis-Gelände sowie dem Fluss sollen qualifiziert
werden. Die Schaffung einer Rheinuferpromenade, eines
neuen Hochschul- und Wohnstandortes wurden vertraglich festgehalten. Im Brückenkopf Dreirosen soll Raum
für öffentliche Bildungs- und Forschungseinrichtungen
geschaffen werden. Neue Rad- und Fusswegeverbindungen zum Rhein und entlang des Rheins sowie die
Rheinuferpromenade vom St. Johanns-Park am heutigen
Hafen vorbei bis zur Landesgrenze und nach Hüningen,
bringen das Quartier an den Fluss. Aktuell haben die
Rückbauarbeiten im ehemaligen Hafenareal St. Johann
begonnen.
Die Niederlande rüstet sich für den Klimawandel. Klimaszenarien mit steigendem Meeresspiegel, zunehmenden
Starkregenereignissen und extremen Hochwasser auf
der einen Seiten, aber auch die steigende Nachfrage
nach Baugrund drängen zu innovativen Baulösungen in
hochwassergefährdeten Gebieten – da es eigentlich nur
noch dort Platz gibt. 2005 haben die niederländischen
Behörden das einst streng verbotene Bauen in 15 Testarealen aufgehoben. Amphibische Häuser – ganze Siedlungen
– entstehen nun am Waal, Ijslmeer und anderen Orten.
Dabei reichen die Projekte von temporär bis zu ständig
schwimmenden Bauten.
In der Gemeinde Maasbommel bei Nijmegen entsteht eine
wasserfeste Siedlung, die nur bei Anschwillen des Flusses
geflutet wird. Unter dem Motto „Bauen mit den Fluten“
wurden 34 schwimmende Häuser an einen Seitenarm der
Maas gebaut.
In Ijburg-Amsterdam wird es zukünftig ganze Quartiere
aus ständig schwimmenden Häusern, verteilt auf 8
künstlichen Inseln, geben. Amsterdam reagiert damit auf
den steigenden Flächenbedarf an Wohnraum, mit einem
Konzept, das Stadt und Landschaft zusammen denkt.
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Kulturfloß und Badeschiff
Thema: Identitätsstiftung auf dem Wasser
Ort: Basel und Berlin
Akteure: privat
Zeitraum: aktuell
© Fotograf: Juri Weiss
Kulturfloß, Basel
Seit 12 Jahren ist das Kulturfloß ein fester Bestandteil
Basels und prägt das Rheinufer unverkennbar. Auf einer
schwimmenden Plattform werden Konzerte, Aufführungen
und andere Veranstaltungen dargeboten. Das GratisKulturangebot zieht die Einwohner und Besucher in den
Sommermonaten an das Rheinufer und macht es zu
einem kulturellen Begegnungsort in der Stadt.
Seit 2004 gibt das Badeschiff in der Spree Berlin eine ganz
besondere Identität. In der Tradition der Flussschwimmbäder der Jahrhundertwende liegt das „Schiff“ befüllt mit
Süßwasser im Fluss und ermöglicht in gewisser Weise
das „Baden in der Spree“. Durch eine Überspannung und
Beheizung kann es in den Wintermonaten – als „Winterbadeschiff“ – gleichermaßen genutzt werden.
Beide Beispiele tragen in ihrer jeweiligen Stadt zur
Identitätsstiftung auf dem Wasser bei.
© Quinten Lovers
Floating Dutschman, Amsterdam
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Waterbus und Floating Dutschman
Paris plage (Strand von Paris)
LURI.watersystem
Thema: amphibisches Transportsystem
Ort: Amsterdam, Rotterdam, Belfast
Akteure: Amfibious Transport (DTA), Amsterdams Airport
Schiphol
Zeitraum: aktuell
Thema: temporäre Rückeroberung der Straße
Ort: Paris
Akteure: Stadt Paris, Stadtbezirke
Zeitraum: seit 2001
Thema: Neuer Raum für städtisches Leben
Ort: Berlin
Akteure: SPREE2011.FLUSS und Stadt e.V.; Anrainer,
Berliner Kultureinrichtungen, Unternehmen u. a.
Zeitraum: fortlaufend
Eine gute Lösung zur Umgehung des dichten Verkehrs auf
den Autostraßen in den Niederlanden ist der Waterbus
(oder „Fast Ferry“) zwischen Dordrecht und Rotterdam.
Das Schnellboot ist an das Netz des öffentlichen Personennahverkehrs angebunden und wird von Touristen
und Einwohnern gleichermaßen genutzt. Ein Fahrrad kann
kostenlos auf dem Waterbus mitgenommen werden. So
bietet der Waterbus eine Schnittstelle zwischen Land und
Wasser für Reisende, Pendler und Erholungssuchende.
Paris möchte die durch den automobilen Individualverkehr
verschuldete innerstädtische Luftverschmutzung und die
Lärmbelastung reduzieren. Der Slogan der verschiedenen
Maßnahmen lautet „Paris respire“ (Paris atmet auf). Das
ganze Jahr über werden im Rahmen von „Paris respire“
bestimmte Stadtteile am Wochenende für den Autoverkehr
gesperrt; die Straßen verwandeln sich in Räume für
den „sanften“ Verkehr (Fahrräder, Inline-Skater...) und
Fußgänger.
Zusätzlich zu den Straßensperrungen gibt es seit 2002 die
Aktion „Paris Plages“ (Strand von Paris). Für vier bis fünf
Wochen wird während der Sommerferien wird unter anderem eine wichtige Schnellstraße, die entlang der Seine
führt, mit Sand bedeckt und in einen Strand verwandelt.
Die Paris respire – Aktionen finden an den Seine-Ufern sowie in Vierteln wie Montmatre und am Kanal Saint-Martin
statt. Die temporäre Sperrung von Straßen und Plätzen
für den automobilen Verkehr ist eine ordnungspolitische
Maßnahme mit geringem finanziellen Aufwand, die aber
meist hohen politischen Mut in der städtischen Politik
erfordert.
1925 wurde die letzte Badeanstalt in der Spree in Berlin
wegen zu hoher Verschmutzung des Flusses geschlossen.
Wie in vielen großen europäischen Städten und weltweit
leidet auch die Spree in der Berliner Innenstadt an
den Einleitungen aus der Mischwasserkanalisation bei
Starkregenereignissen.
Das Forschungsprojekt SPREE2011 hat ein Modulsystem
entwickelt, das direkt vor dem Einleitrohr im Fluss liegt
und das belastete Abwasser zwischenspeichert und nach
Abklingen der Regenfälle wieder an die Kanalisation
abgibt. Durch die Reduktion von Schadstoffeinträgen in
den Fluss ist die Vision vom Baden in der sauberen Spree
in greifbare Nähe gerückt.
Die Oberfläche der Module schafft eine vielfältig nutzbare
Plattform für neues städtisches Leben auf dem Fluss.
Urban Gardening, Cafés und Restaurants, Freilichtkino
könnten die technische Anlage überlagern. Im Berliner
Osthafen soll die erste Pilotanlage umgesetzt werden.
Eine andere Verbindung zwischen Land und Wasser ist ein
amphibisches Transportsystem, das keinen Wechsel nötig
macht. In Rotterdam, Belfast und Amsterdam gibt es den
schwimmenden Bus, der zu Land und Wasser gleichermaßen unterwegs ist. Um den strengen Umweltvorschriften
zu genügen, fährt der Bus auf der Straße mit einem
schadstoffarmen Dieselmotor und im Wasser treiben ihn
Elektromotoren an.
Noch befördert der Bus nur Touristen zu beliebten Orten
in der Stadt. Er zeigt aber eine zukunftsfähige innovative
Idee für eine multimodal ausgerichtete Mobilitätsstrategie, die den Fluss mit einbezieht.
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Impressum
Herausgeber
Arbeitskreis Rhein des Region Köln/Bonn e.V.
Rheingasse 11
50676 Köln
www.region-koeln-bonn.de
Ansprechpartner/Kontakt:
Markus Utzerath
(Regionale 2010 Agentur, Region Köln/Bonn e.V.)
+49.221.925477 30
utzerath@regionale2010.de
utzerath@region-koeln-bonn.de
Carolin Lüke
(Regionale 2010 Agentur)
+49.221.925477 41
lueke@regionale2010.de
Autoren
Textbearbeitung und Redaktion
Grafiken und Karten
bgmr
Becker Giseke Mohren Richard
Landschaftsarchitekten
Prager Platz 6
10779 Berlin
+49.30.21459590
rheincharta@bgmr.de
www.bgmr.de
Dr. Carlo Becker
Dirk Christiansen
Antje Herrmann
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Gefördert durch
Bundesministerium für Verkehr,
Bau und Stadtentwicklung (BMVBS)
Der Arbeitskreis Rhein beim Region Köln/Bonn e.V. ist ein
gefördertes Modellvorhaben im Forschungsprogramm
„Experimenteller Wohnungs- und Städtebau“ (ExWoSt),
Forschungsfeld „Nationale Stadtentwicklungspolitik“ des
Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) und des Bundesinstituts für Bau-, Stadtund Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen
und Raumordnung (BBR).
Bildnachweis
Montag Stiftung Urbane Räume, Bonn: S. 8, S. 42 oben
Mitte, unten links, Mitte u. rechts
Ralf Emmerich, Münster: S. 10
Ralf Schuhmann, Bonn: S. 30 Mitte links u. unten rechts,
S. 42 oben rechts und Mitte rechts, S. 43 oben Mitte
Dr. Gerard Klinke: S. 30 Mitte rechts
Dr. Joachim Bauer, Stadt Köln: S. 43 oben rechts
Anna Hepp, Köln: S.44
Regionale 2010 Agentur, Köln: S. 14, S. 30 oben links,
Mitte u. rechts, Mitte Mitte, unten links u. Mitte, S.42 oben
links u. rechts, Mitte links u. Mitte, S. 43 oben links, Mitte
rechts, unten links, Mitte u. rechts
Tanja Ritter/pixelio.de: S. 43 Mitte Mitte
Torsten Born/pixelio.de: S. 43 Mitte links
pui700/pixelio.de: S. 50 unten
Miroslaw/pixelio.de: S. 52 oben
Juri Weiss, Basel: S. 54 oben
Quinten Lovers, Amsterdam: S. 54 unten
bgmr Landschaftsarchitekten, Berlin: S. 50 oben, S. 52
unten
Köln, im Dezember 2011