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Köln
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34_versand_unterlagen_im_nachgang_haaranalysen_anlage4.pdf
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31.12.14, 10:30
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CharitéCentrum für diagnostische und präventive Labormedizin
Charité Institut für Rechtsmedizin Turmstraße 21 Haus N 10559 Berlin
Institut für Rechtsmedizin
Direktor: Prof. Dr. med. M. Tsokos
Prof. Dr. F. Pragst
Abteilung Forensische Toxikologie
Turmstraße 21 Haus N
10559 Berlin
Frei Hansestadt Bremen
Amt für Soziale Dienste
Hans-Böckler-Str. 9
28217 Bremen
Tel. + 49 30 450 525041
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Datum
30.04.2011
Untersuchung von Kinderhaarproben auf Belastung durch Drogen
Allgemeine Beurteilungsgrundlagen und Ergebnisübersicht
A. Literaturübersicht und Beurteilungsgrundlagen
In dieser Untersuchungsreihe geht es um Haarproben von Kinder unterschiedlichen Alters, die im
Haushalt von drogenabhängigen Eltern leben, welche vorrangig mit Methadon substituiert sind.
Dabei ist ein Beigebrauch von anderen Drogen möglich. Es sind folgende Fragen zu klären:
- Sind Methadon oder andere illegale Drogen im Haar der Kinder nachweisbar?
- Kann bei positivem Befund zwischen äußerer Eintragung in die Haare (z. B aus Staub, Rauch
oder durch Berührung mit Oberflächen) und Einlagerung über den Kreislauf der Kinder nach
z.B. oraler Aufnahme oder Inhalation unterschieden werden?
- Wie sind bei positivem Befund die Konzentrationen einzuschätzen?
Da eine Gefährdung der Kinder durch Methadon im Mittelpunkt dieser Untersuchung steht, soll
dieser Substanz besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden, jedoch sollen auch Opiate, Cocain,
Amphetamine/Ecstasy und Cannabinoide einbezogen werden.
1. Methadon
Methadon wird metabolisch durch Abspaltung einer Methylgruppe zu seinem Hauptmetaboliten
EDDP (2-Ethyliden-5-methyl-3,3-diphenyl-1-pyrrolidin) abgebaut. EDDP kommt in Methadonpräparaten nicht vor und seine Bildung durch üblichen chemischen Abbau außerhalb des Körpers ist
nicht bekannt. Methadon und EDDP sind die im Haar untersuchten Substanzen zum Nachweis von
Methadonkonsum. Allerdings wurde beschrieben, dass messbare Mengen EDDP (ca. 2%) als Artefact aus Methadon bei der GC-MS-Bestimmung im Injektor bei 260 °C entstehen können [10].
Diese thermische Umwandlung von Methadon in EDDP wurde auf ca. 25 % gesenkt, wenn die
Injektortemperatur auf 180° gesenkt wurde. Sie wurde nicht bei LC-MS als Bestimmungsmethode
beobachtet.
CHARITÉ - UNIVERSITÄTSMEDIZIN BERLIN
Gemeinsame Einrichtung von Freier Universität Berlin und Humboldt-Universität zu Berlin
www.charite.de
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Institut für Rechtsmedizin der Charité – Universitätsmedizin Berlin: Drogen in Kinderhaaren
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Die Bildung von EDDP als Artefact aus Methadon wurde auch bei der GC-MS-Methode, jedoch
nicht in wesentlichem Maße bei der LC-QTOF-MS-Methode in Berlin festgestellt. Für die Bewertung der Anwesenheit und Konzentration von EDDP in den Haarproben wird daher das LC-QTOFMS Ergebnis verwendet.
Konzentrationen im Haar
Methadon und EDDP wurden mehrfach im Haar beschrieben [1-9]. Danach wurden im Haar von
Substitutionspatienten folgende Konzentrationsbereiche beschrieben, die gut mit den in den laufenden Untersuchungen erhaltenen eigenen Ergebnissen übereistimmen:
Probanden
Methadon, ng/mg
EDDP, ng/mg
EDDP/Methadon
Literatur
26 Patienten
0.7-43, MW 8,2
0-5,0, MW 0,85
MW 0,10
[3]
26 Todesfälle
0,36-11.8
0,19-10,8
0,19-0,67
[4]
10 Patienten
9,5-80,8
2,4-6,25
0,1-0,3
[5]
8 Patienten
2,45-78,10, MW 23,8
0.98-7.76 3,2
MW 0,13
[7]
2 Patienten
10,8 und 21,0
0,5 und 2,6
0,046 und 12,4
[8]
3427 Proben
0 -322, Median 9,1
0-43,9, Median 1,1
Median 0,12
[9]
Eigene Ergebnisse
(Berlin)
Drogenabhängige
(Todesfälle)
0,16-44
MW 7,9
Median 4,0
0,05-8,70
MW 0,97
Median 0,50
0,02-0,36
MW 0,15
Median 0,12
Die Ergebnisse von Tsanaclis et al. über die statistische Verteilung der Konzentrationen (ng/mg) in
einer großen Zahl N von Haarproben stellen einen guten Maßstab bei der Bewertung dar [9]:
Methadon
EDDP
N
3427
2112
5%
0.8
0.2
25%
3.7
0.5
50%
9.1
1.1
Percentile
75%
95%
18.7
51.7
2.3
6.0
99%
98.2
14.3
Maximum
322.0
43.9
Methadon und EDDP in Kinderhaaren
Abgesehen von dem 2011 in Mosbach gezeigten Poster zu den in Bremen vor dieser Untersuchung
analysierten Haarproben [11] findet man in der Literatur nur Angaben über Ergebnisse von Haaranalysen, die im Zusammenhang mit akuten überlebten Vergiftungen [12-14] oder Todesfällen
[14,15] von Kindern mit Methadon durchgeführt wurden. Papaseit et al. berichteten über eine akute
Methadonvergiftung eines 13 Monate alten Jungen, in dessen 1 cm langer Haarprobe 2,91 ng/mg
Methadon und 0,74 ng/mg Heroin sowie 17,2 ng/mg Cocain und 0,6 ng/mg Benzoylecgonin gefunden wurden [12]. EDDP als Marker für Körperpassage wurde nicht analysiert. Das Kind zeigte typische Entzugserscheinungen, die auf eine chronische Belastung mit Opiaten, wahrscheinlich durch
„Hand-zu-Mund“-Aufnahme hinwiesen. Boroda et al. berichteten über einen Fall von vorsätzlicher
häufiger Methadonverabreichung an zwei Kinder und positivem Haarbefund [13]. Konzentrationen
wurden nicht angegeben. Kintz et al. berichteten über Haaranalyse bei vier überlebten und zwei
tödlichen Methadonvergiftungen von Kindern [14] mit folgenden Ergebnissen:
Überlebte Vergiftungen (Alter 16 Monate im Fall 2, für die anderen Fälle nicht gegeben)
Fall 1: 4 x 1 cm Abschnitte, Methadon 0,05–0,08 ng/mg, EDDP nicht nachgewiesen.
Fall 2: 4 x 1 cm Abschnitte, Methadon 0.13–0,15 ng/mg, EDDP 0,02 ng/mg.
Fall 3: 3 x 1.5 cm Abschnitte, Methadon 0,07–0,09 ng/mg, EDDP 0,01–0,03 ng/mg,
Fall 4: 6 x 2 cm Abschnitte, Methadon 0,06–0,13 ng/mg, EDDP 0,02–0,03 ng/mg.
ZS\M\Drogen in Kinderhaaren - Grundlagen und Auswertung anonym.doc
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Todesfälle (Alter 2 und 3 Jahre)
Fall 5: 2 x 2 cm Abschnitte, Methadon 0,53–0,58 ng/mg, EDDP nicht nachgewiesen,
Fall 6: 4 x 1 cm Abschnitte, Methadon 0,44–0,77 ng/mg, EDDP 0.04–0.06 ng/mg.
In allen Fällen gab es keine charakteristischen Unterschiede zwischen den relativ niedrigen Konzentrationen in den Haarabschnitten. Die Autoren interpretierten die Ergebnisse daher im Gegensatz
zu den stark positiven Urinbefunden als Folge einer chronischen Belastung der Kinder mit Methadon. Die Kinder hatten in Haushalten gelebt, in denen Methadon durch die Eltern eingenommen
aber nicht mit der entsprechenden Sorgfalt gehandhabt wurde und Sauberkeit und Hygiene vernachlässigt waren. Es werden zwei Wege für die Einlagerung ins Haar vermutet: Häufige Ingestion
kleiner Mengen bedingt durch Kontamination von z. B. Tellern und Haushaltsutensilien, und Kontamination durch Schweiß. In zwei weiteren Todesfällen, die vom gleichen Arbeitskreis untersucht
wurden, hatten die Mütter den Kinder das Methadon vorsätzlich zur Ruhigstellung häufiger verabreicht [15]. Im 6 cm langen Haar des 14 Monate alten Mädchens wurden 1,91 ng/mg Methadon und
0,82 ng/mg EDDP gefunden. Die segmentweise Untersuchung der Haare des zweiten Mädchens
ergab für die Anschnitte 0-1, 1-2, 2-3 und 3-5 cm von proximal nach distal steigende Konzentrationen von 1,0, 1,6, 2,3 und 21,3 ng/mg EDDP war nur im Abschnitt 3-5 cm messbar (5,1 ng/mg). Die
Autoren erklärten die sehr hohe Konzentration im 3-5 cm Abschnitt als pränatale Einlagerung der
methadonsubstitutierten Mutter.
Methadon und EDDP im Schweiß
Es wird die Möglichkeit diskutiert, ob geringe Mengen an Methadon und EDDP bei Kontakt mit
der Mutter über den Schweiß in die Kinderhaare eingetragen werden können. Hierfür gibt es bislang
keine experimentellen Beweise, jedoch ist diese Möglichkeit nicht völlig auszuschließen, da
- heftiges und massives Schwitzen (Hyperhidrose) zu den häufigsten und lästigsten Nebenwirkungen bei Methadonbehandlung gehört. Die Patienten klagen bei kleinsten Anstrengungen über
massive Schweißausbrüche, die als lästig und unangenehm empfunden werden, und müssen deshalb häufig die Kleidung wechseln.
- Methadon und EDDP werden mit dem Schweiß ausgeschieden, was zum Nachweis der Einnahme dieser Droge durch Pflastertest (sweat patches) genutzt werden kann [16,17]. Die Mengen
in den auf dem Oberarm eine Woche lang getragenen Pflaster lagen bei 120 -2160 ng Methadon
und 25-535 ng EDDP pro Pflaster. Das Verhältnis von EDDP/Methadon war wie im Haar
0,1-0,3. Es ist zu bedenken, dass die Schweißbildung an anderen Körperstellen deutlich stärker
ausgeprägt ist als an den Oberarmen.
Die Übertragung durch Schweiß der Mutter könnte die Anwesenheit von EDDP im Haar erklären,
wenn eine Ingestion der Droge durch das Kind ausgeschlossen ist, z. B. bei ausschließlicher Gab in
einer Praxis.
2. Heroin
Analyte im Haar sind 6-Acetylmorphin, Acetylcodein, Codein, Dihydrocodein, Heroin, Morphin
und Normorphin. Ein guter Maßstab für die Einordnung von Befunden sind auch hier die Ergebnisse von Tsanaclis und Wicks [9] (siehe Tabelle). Da die Hauptmetabolite des Heroins, 6Acetylmorphin und Morphin, auch durch Hydrolyse außerhalb des Körpers entstehen, sind sie nicht
zur sicheren Unterscheidung von äußerer Kontamination und Einlagerung über den Blutkreislauf
geeignet sind. Der hierfür anwendbare Metabolit Normorphin wird wegen seiner geringen
Konzentration in der Regel nicht gefunden. Heroin selbst wird nur bei schonender Haarextraktion,
z. B. mit Methanol, nachgewiesen. Das Verhältnis von 6-Acetylmorphin zu Morphin hängt stark
von den Extraktionsbedingungen ab. Allgemein scheint daher eine erhöhte Konzentration in den
Waschflüssigkeiten das wichtigste Kriterium für eine äußere Kontamination der Haare zu sein,
wenn diese kurzzeitig vor der Probennahme erfolgte.
ZS\M\Drogen in Kinderhaaren - Grundlagen und Auswertung anonym.doc
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Substanz
6-Acetylmorphine
Acetylcodeine
Codeine
Dihydrocodeine
Heroin
Morphine
N
3558
1126
4520
2415
1103
4798
5%
0.2
0.1
0.2
0.2
0.1
0.2
25%
0.5
0.2
0.4
0.5
0.4
0.7
50%
1.1
0.4
0.8
1.3
1.0
2.1
Percentil
75%
95%
3.2
16.1
0.8
4.3
1.6
5.3
4.2
27.1
2.7
13.8
5.0
16.3
4
99%
63.8
16.7
12.7
61.3
62.2
41.1
Maximum
220.8
40.3
68.4
182.7
146.4
291.3
Heroinmetabolite in Kinderhaaren
Es wurde ein Fall beschrieben, in dem eine wiederholte erzwungen Heroinverabreichung an ein
5jähriges Kind erfolgte. Das in mehreren Abschnitten untersuchte Haar enthielt zwischen 0,2 und
0,6 ng/mg 6-Acetylmorphin und zwischen 0,1 und 0,3 ng/mg Morphin.
Studien zu Morphin oder 6-Acetylmorphin bei Kindern in Haushalten von Heroinkonsumenten
wurden nicht in der Literatur gefunden.
3. Cocain
Konzentrationsbereiche
Der Nachweis von Cocainmissbrauch im Haar erfolgt hauptsächlich durch Nachweis der unveränderten Droge und des Hauptmetaboliten Benzoylecgonin. Als Kriterium für Konsum wird das Verhältnis Benzoylecgonin/Cocain ≥0,05 verwendet. Da aber Benzoylecgonin auch außerhalb des Körpers durch Hydrolyse aus Cocain gebildet werden kann, ist dieses Kriterium nicht sicher. Daher
werden Norcocain und das bei gleichzeitigem Alkoholkonsum entstehende Cocaethylen als nichthydrolytischen Metabolite zum Beweis für systemische Einlagerung ins Haar verwendet. Zur Einordnung von Befunden sind auch hier die Daten von Tsanaclis und Wicks [9] (s. Tabelle) sehr
geeignet, die allerdings Norcocain nicht enthalten. Dessen Konzentration liegt in der Regel unter 5
% des Cocains. Anhydroecgonin-methylester ensteht durch thermische Zersetzung von Cocain beim
Rauchen und wird daher als Crack-Marker verwendet. Die Frage des eindeutigen Ausschlusses von
externer Kontamination ist bei Cocain immer wieder Gegenstand kontroverser Diskussionen [19].
Percentil
Substanz
N
5% 25% 50% 75% 95% 99% Maximum
Anhydroecgonin methyl ester 635 0.1 0.4 0.8 1.8 5.8 13.1
80.9
Benzoylecgonin
5458 0.1 0.4 1.0 2.9 13.6 36.1
163.7
Cocaethylen
1191 0.1 0.2 0.4 0.8 3.5
7.9
13.9
Cocain
7146 0.2 0.7 2.5 10.4 57.4 159.9
1093.8
Cocain und dessen Metabolite in Kinderhaaren
Cocain und dessen Metabolite wurden in mehreren Publikationen in Haaren von Kindern untersucht, deren Elter diese Droge konsumieren [20-25]. Die Gefahr der Kontamination von Haaren ist
deshalb besonders hoch, weil die Droge auch geraucht wird und sich aus dem Rauch in den Haaren
absetzen kann, oder sich als pulverförmige Substanz mit dem Staub auf Oberflächen absetzt.
Passives Inhalieren oder Ingestion über Hand-zu-Mund-Kontakt können zur Einlagerung in die
Haare über den Blutweg führen.
Es wurde festgestellt, dass Haare von Säuglingen und Kleinkindern stärker belaste sind als die von
älteren Kindern [20]. Kidwell und Smith fanden bei Cocain konsumierenden Eltern 0-12,2 ng/mg
(MW 2,4 ng/mg) Cocain und 0-1,9 ng/mg (MW 0,39 ng/mg) Benzoylecgonin und bei den zugehörigen Kindern 0-14,4 ng/mg (MW 2,4ng/mg) Cocain und 0-5,4 ng/mg (MW 0,74 ng/mg) Benzoylecgonin in den Haaren der zugehörigen Kinder. Ausgehend von diesen etwa gleich hohen Werten
nehmen sie an, dass Kinder niemals so viel Cocain parenteral aufgenommen haben können als die
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Eltern und dass ein wesentlicher Teil durch passive Eintragung aus der Umgebung ins Haar gelangt
sein muss. Cocain kann dort zu Benzoylecgonin hydrolysieren. Die höheren Konzentrationen bei
Säuglingen und kleineren Kindern werden durch den häufigeren und intensiveren Kontakt mit der
Mutter und Übertragung durch Schweiß erklärt.
Joya et al. beschrieben für 21 von 90 untersuchten Kindern im Alter von 18 Monate bis 5 Jahre, die
keine akuten Symptome aufwiesen, Cocain-Konzentrationen von 0,3-5,96 ng/mg (Median 1,6
ng/mg) und Benzoylecgonin 0,2-1,4 ng/mg (Median 0,9 ng/mg) im Haar bei Verhältnissen Benzoylecgonin/Cocain 0,05-1,01 (Median 0,2) [24]. Bei einigen der Eltern wurden Cocain 0,3-24,3
ng/mg und Benzoylecgonin 0,3-2,7 ng/mg gemessen. Die Autoren gehen von einer vornehmlich
parenteralen Belastung der Kinder im Haushalt aus, z. B. in den Mund nehmen von kontaminierten
Gegenständen.
4. Amphetamine und Ecstasy
Die Bewertung von Konzentrationen im Haar kann wiederum anhand der Daten von Tsanaclis und
Wicks vorgenommen werden [9], die mit den Ergebnissen anderer Autoren gut übereinstimmen.
Percentil
Substanz
N
5% 25% 50% 75% 95% 99% Maximum
Amphetamin
3279 0.2 1.0 3.2 11.8 73.7 210.7
818.7
MDA
565 0.1 0.1 0.3 0.7 1.9
6.0
14.6
MDEA
53 0.1 0.2 0.5 1.0 5.3
7.2
7.2
MDMA
2213 0.2 0.5 1.2 3.9 17.1 43.0
206.9
128.
Methamphetamin 97 0.1 0.2 0.6 5.5 45.4 128.1
Amphetamine und Ecstasy werden fast ausschließlich in Form von Tabletten oral eingenommen.
Eine externe Kontamination der Haare von Kindern spielt daher eine untergeordnete Rolle. Eine
Ausnahme spielen dabei Kinder, die in Haushalten mit Herstellung oder Verteilung dieser Dogen
aufwachsen, wie z.B. Methamphetamin [26]. Bei dieser Untersuchung von 103 Kinderhaarproben
wurde bei 45% Methamphetamin und bei 15 % zusätzlich Amphetamin im Haar nachgewiesen.
Letzteres wurde als Beweis dafür angesehen, dass ein erheblicher Teil der Droge auch systemisch
aufgenommen wurde.
5. Cannabinoide
Die routinemäßige Testung von Haarproben auf Cannabinoide wird allgemein durch Bestimmung
von ∆9-Tetrahydrocannabinol (THC) vorgenommen. Cannabinol und Cannabidiol werden bei
gleichzeitiger Bestimmung zur Bestätigung herangezogen. Für die Bewertung wird eine THC-Konzentration ≥0,02 ng/mg allgemein als typisch für einen gelegentlichen Konsum angesehen. Regelmäßiger Konsum entspricht einer Konzentration ≥0,7 ng/mg, wobei dieser Wert jedoch nicht allgemeingültig festgelegt ist.
Da Cannabisprodukte überwiegend geraucht werden, ist eine passive Abscheidung im Haar aus dem
Rauch möglich. In Zweifelsfällen wird daher der Hauptmetabolit THC-Carbonsäure (THC-COOH)
als Konsummarker im Haar im Haar bestimmt, der dort allerdings nur in sehr niedriger
Konzentration vorkommt, so dass untere Grenzwerte von 0,1 oder auch 0,05 pg/mg für aktiven
Konsum festgelegt wurden.
Publikationen über Cannabiskonzentrationen in Kinderhaaren bei Cannabiskonsum der Eltern wurden erstaunlicherweise nicht in der Literatur gefunden. Externe Kontamination als Ursache für positive Cannabisbefunde ist jedoch auch bei Erwachsenen bekannt [21,22]. Uhl und Sachs fanden z.
B. bei der Partnerin eines starken Cannabiskonsumenten hohe THC- und CBN-Werte im Haar, ihre
Abstinenzbehauptung konnte jedoch durch einen negativen THC-COOH-Befund im Haar unterstützt werden [27].
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6
Trotz dieses Mangels an Daten wird in der vorliegenden Untersuchung davon ausgegangen, dass
die positiven Befunde in den Kinderhaaren durch passive Einwirkung des Rauches der Cannabis
konsumierenden Eltern entstanden sind, da ein aktiver Konsum, insbesondere Rauchen oder
regelmäßige orale Aufnahme in der notwendigen Menge kaum denkbar ist. Für den Nachweis von
THC im Haar nach oraler Aufnahme gibt es bislang keine Belege in der Literatur [29].
B. Ergebnisübersicht
Es wurden 28 Kinderhaarproben und 7 Haarproben von erwachsenen Bezugspersonen in den toxikologischen Labors der rechtsmedizinischen Institute der Charité Berlin und des Universitätsklinikums Hamburg auf illegale Drogen analysiert. Zu jeder Probe wurde ein ausführliches Gutachten
erstellt. Ein Überblick über die Ergebnisse ist getrennt für die Kinder und die Erwachsene in den
Tabellen 1 und 2 gegeben. Damit ergibt sich folgendes Bild:
1. Kinderhaarproben
Die 28 Kinderhaarproben lassen sich wie folgt bezüglich des Kontaktes zu Drogen einteilen:
- In 5 Fällen war kein Kontakt zu irgendwelchen Drogen nachweisbar.
- In weiteren 5 Fällen wurde ausschließlich Cannabis festgestellt. 2 dieser Fälle befinden sich im
Alter von 9 bzw. 11 Jahren (FV 0901 und WL 1299), so dass schon aktiver Konsum in Erwägung
gezogen werden kann. Bei den übrigen sollte es sich um Ablagerung aus dem Rauch Erwachsener ins Haar
handeln.
- Cannabis wurde auch in 8 weiteren Fällen neben anderen Drogen im Haar festgestellt. Von den somit
insgesamt 13 Cannabis-positiven Haarproben waren 3 Proben sehr stark und 10 Proben schwächer belastet.
Es fällt auf, dass abgesehen von den beiden größeren Kindern (9 und 11 Jahre) die überwiegende Zahl dieser Proben (10 von 11) Kinder im Alter von 1 oder 2 Jahren betrifft, die offensichtlich dem Rauch der
Bezugspersonen in der Wohnung besonders stark ausgesetzt sind.
- In 10 Fällen wurde eine geringe Belastung der Haare mit Methadon (7x) und/oder Cocain (8x) festgestellt.
Eine Körperpassage konnte in diesen Fällen nicht nachgewiesen werden, der Nachweis war aber wegen der
niedrigen Konzentrationen auch nicht sicher möglich. Es ist davon auszugehen, dass in der Umgebung der
Kinder mit diesen Drogen umgegangen wurde.
- In einem Fall (KG 0307) wurde ausschließlich Methadon in höherer Konzentration feststellbar, ohne dass
Körperpassage nachweisbar war, obwohl dieser Nachweis bei der Konzentration durch EDDP möglich ist.
Hier ist im Wesentlichen von äußerer Kontamination auszugehen.
- In 7 Fällen waren höhere Konzentrationen an Drogen nachweisbar:
HA 1209 - Cocain bei Nachweis der Körperpassage durch Norcocain
SD 0509 - Heroin, Nachweis durch 6-Acetylmorphin, Körperpassage aber nicht sicher nachweisbar
WI 0709 - Ausschließlich Methadon, teilweise Körperpassage
WT 0609 - Methadon (kein EDDP) und Amphetamin (Prüfung auf Körperpassage nicht möglich)
LR 0606 - Cocain mit Nachweis der Körperpassage durch Norcocain
WA 1205 - Ausschließlich Methadon, teilweise Körperpassage
LV 0803 - Methadon (Nachweis von Körperpassage durch EDDP) und Cocain (Nachweis von Körperpassage nicht sicher möglich)
- Methadon wurde in 12 Fällen gefunden: in drei Fällen in höherer Konzentration mit Körperpassage, in
zwei Fällen in höherer Konzentration ohne Nachweis von Körperpassage und 7 Fällen in geringer Konzentration ohne Nachweis von Körperpassage. Als alternative Erklärung für EDDP (Körperpassage) im Haar
von Kleinkindern wird Schweiß der mit Methadon behandelten Mütter nicht völlig ausgeschlossen
- Cocain ist mit 12 Fällen die am häufigsten festgestellte harte Droge. In drei der Fälle liegenrelativ hohe
Konzentrationen vor (s. o.).
- Heroin wurde in 3 Fällen festgestellt, einer davon in höherer Konzentration (s.o.).
- In einem Fall (WT 0609) wurde Amphetamin und Ecstasy neben Methadon, Heroin, Cocain und Cannabis
festgestellt. Hier scheint Polytoxikomanie vorzuliegen.
ZS\M\Drogen in Kinderhaaren - Grundlagen und Auswertung anonym.doc
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7
Tabelle 1: Ergebnisse der Analyse von 28 Kinderhaarproben, nach Alter der Kinder geordnet.
Probe
Nr.
Fall
Alter, MethaJahre
don
Heroin
Cocain
Amphetamin
MDMA
(Ecstasy)
Cannabis
THC
Benzodiazepine
E11-266 HA 1209
01
-
-
+++
-
-
-
-
E11-274
JJ 0709
01
-
-
-
-
-
-
-
E11-278 NC 0909
01
-
-
-
-
-
+
-
E11-286 RM 0210
01
-
-
+
-
-
+
-
E11-260 SD 0509
01
+
+++
-
-
-
++
+
E11-262
WI 0709
01
+++
-
-
-
-
-
-
E11-272 WL 0210
01
-
-
+
-
-
++
-
E11-284 WR 0509
01
+
-
-
-
-
-
-
E11-276 WT 0609
01
++
+
+
+++
+
++
-
E11-263 CG 1108
02
-
+
+
-
-
+
-
E11-285 FC 1008
02
-
-
-
-
-
+
-
E11-291 GL 1208
02
+
-
+
-
-
+
-
E11-282 WL 0109
02
-
-
-
-
-
+
-
E11-273 WX 0908
02
-
-
+
-
-
+
-
HJ 1007
03
-
-
-
-
-
-
-
E11-275
E11-268 KD 0208
03
+
-
-
-
-
-
-
E11-269 KG 0307
04
++
--
-
-
-
-
-
E11-264 LR 0606
04
+
-
+++
-
-
-
-
E11-265 CA 0205
05
-
-
-
-
-
-
-
E11-258
LE 0705
05
+
-
+
-
-
-
-
E11-288 WA 1205
05
+++
-
-
-
-
-
-
E11-280 WL 1205
05
-
-
+
-
-
+
-
E11-283 WN 0705
05
-
-
-
-
-
-
-
E11-271 WM 0604
06
-
-
-
-
-
-
-
E11-259
LV 0803
07
+++
-
+++
-
-
-
-
E11-261
LV 0902
08
+
-
+
-
-
-
-
E11-290
FV 0901
09
-
-
-
-
-
+
-
E11-279 WL 1299
11
-
-
-
-
-
+
-
- Kein Hinweis auf Anwesenheit dieser Droge oder deren Abbauprodukte
+ Bei basischen Drogen: Sehr geringe Konzentrationen, Unterscheidung der Einlagerung ins Haar durch äußere
Kontamination und systemische Einlagerung ist nicht möglich, Nachweis für Umgang mit der Droge in der Umgebung
des Kindes.
Bei Cannabis: THC unter 0,1 ng/mg (Berlin) bzw. bis um 0,1 (Hamburg)
Bei Benzodiazepinen: Nachweis von Diazepam im unteren Bereich, Kontamination unwahrscheinlich
++ Bei Methadon oder Cocain: Deutlich erhöhte Konzentration, aber kein Nachweis für Körperpassage (Einlagerung aus
dem Innern des Körpers) da entsprechende (nicht hydrolytische) Metabolite nicht nachweisbar waren. Hier ist von
hauptsächlicher Kontamination von außen auszugehen.
Bei Cannabis: THC über 0,1 ng/mg in beiden Labors.
+++ Bei Methadon und Cocain: Erhöhte Konzentration, sicherer Nachweis von Körperpassage durch Nachweis von
EDDP bzw. Norcocain.
Bei Heroin: Erhöhte Konzentration, Nachweis von Körperpassage nicht möglich, da 6-Acetylmorphin auch außerhalb
des Körpers entstehen kann.
Bei Amphetamin: Erhöhte Konzentration, Nachweis von Körperpassage nicht möglich, da ein entsprechender
Metabolit generell fehlt.
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2. Haarproben von erwachsenen Bezugspersonen
Die bei den sieben erwachsenen Bezugspersonen festgestellten Befunde sind in Tabelle 2
zusammengefasst. In einem Fall (OB 0461) wurden keine Drogen gefunden. In einem zweiten Fall
war neben Cannabis nur geringe Konzentrationen an 6-Acetylmorphin als Heroinabbauprodukt
vorhanden. Methadonkonzentrationen wie sie bei der Substitutionsbehandlung typisch sind, wurden
nur in 2 Fällen festgestellt, wobei sich in einem Fall (WT 02 75) keine Hinweise auf irgendwelchen
Beigebrauch fanden, während im zweiten Fall (WM 1273) zusätzlich Cocain, Amphetamin, Ecstasy
und Cannabis nachweisbar waren. In zwei weiteren Fällen war Methadon nur in geringen Mengen
vorhanden. In zwei Fällen (HS 1187 und BM 0377) spricht die Cocainkonzentration im Haar für
regelmäßigen Konsum dieser Droge.
,
Tabelle 2. Ergebnisse der Analyse von 7 Haarproben von erwachsenen Bezugspersonen
Alter, MethaAmphetHeroin Cocain
Jahre
don
amin
Probe Nr.
Fall
E11-289
HS 1187
23
+
-
+++
E11-287
KM 0677
33
E11-257
BM 0377
34
+
-
-
+++
MDMA
(Ecstasy)
Cannabis
THC
Benzodiazepine
-
-
+
-
+
-
+
-
E11-277
SM 0475
35
-
+
-
-
-
+
-
E11-267
WT 0275
36
+++
-
-
-
-
-
-
E11-281
WM 1273
37
+++
-
+
++
++
++
-
E11-270
OB 0461
49
-
-
-
-
-
-
-
- Kein Konsum nachweisbar.
+ Nachweis der Droge, unterhalb des typischen Bereiches für Konsum, Kontamination oder seltener Konsum. Bei
Cannabis auch gelegentlicher Konsum.
++ Gelegentlicher Konsum, bei Cannabis auch regelmäßiger Konsum möglich
+++ Typischer Bereich für therapeutische Einnahme von Methadon oder regelmäßigen Missbrauch bei Cocain.
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Prof. Dr. F. Pragst
Forensischer Toxikologe
ZS\M\Drogen in Kinderhaaren - Grundlagen und Auswertung anonym.doc