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Projektskizze_Einbürgerung von Migranten_pries_laubenthal.pdf

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Daten

Kommune
Köln
Dateiname
Projektskizze_Einbürgerung von Migranten_pries_laubenthal.pdf
Größe
109 kB
Erstellt
31.12.14, 11:55
Aktualisiert
24.01.18, 04:14

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Inhalt der Datei

Prof. Dr. Ludger Pries Prof. Dr. Anne Juhasz Dr. Barbara Laubenthal Ruhr-Universität Bochum Einbürgerungsabsichten von Migranten– eine vergleichende Städtestudie in NordrheinWestfalen 1. Gegenstand und Problemstellung der Untersuchung Die Integration von Migranten stellt eine der zentralen gesellschaftlichen Herausforderungen dar. In Deutschland ist die Frage nach der gleichberechtigten Teilhabe von Menschen mit Migrationhintergrund seit der Jahrtausendwende zu einem der wichtigsten Themen im öffentlich-politischen Diskurs und zum Gegenstand vielfältiger politischer Initiativen geworden. Durch gesetzliche Reformen sowie durch die im Rahmen mehrerer Integrationsgipfel beschlossenen Maβnahmen streben die Bundesregierung, Länder und Kommunen eine bessere und effektivere Integration der in Deutschland lebenden Menschen mit Migrationshintergrund an. Dabei ist ein wesentliches Element der Integrationsaktivitäten auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene, Migranten zur Annahme der deutschen Staatsbürgerschaft zu motivieren. Eine Einbürgerung kann als ein Hauptindikator für die gelungene Integration von Migranten betrachtet werden, und europäische Studien verweisen übereinstimmend auf positive integrative Effekte von Einbürgerungen wie verbesserte Zugangsmöglichkeiten zu den nationalen Arbeitsmärkten sowie auf eine gelungene Identifikation der Migranten mit den Werten und Normen der Ankunftsgesellschaft. Dementsprechend sind sowohl die Bundesregierung als auch das Land Nordrhein-Westfalen bestrebt, durch Öffentlichkeitsarbeit und Informationskampagnen mehr Menschen mit Migrationshintergrund zur Einbürgerung zur bewegen.1 Jedoch zeigen die aktuellen Daten, dass der Wille der Bevölkerung mit Migrationshintergrund, die deutsche Staatsangehörigkeit zu beantragen, wenig ausgeprägt und sogar rückläufig ist. Erhebungen des Statistischen Bundesamtes belegen, dass rund 4,8 1 Siehe etwa www.einbürgerung.nrw.de; http://www.bundesregierung.de/Webs/ Breg/DE/Bundesregierung/BeauftragtefuerIntegration/Einbuergerung/einbuergerung.html 1 Millionen Migranten in Deutschland die Einbürgerungsvoraussetzungen erfüllen. Jedoch geben in einer aktuellen Befragung 27 Prozent an, dass sie die deutsche Staatsbürgerschaft „ganz sicher nicht“ beantragen werden. 37 Prozent „halten es für eher unwahrscheinlich“, dass sie den deutschen Pass beantragen werden.2 Trotz der im Jahr 2000 vorgenommenen bedeutenden Liberalisierung des Staatsangehörigkeitsrechts zeigt die Entwicklung der bundesweiten Einbürgerungszahlen einen kontinuierlichen Abwärtstrend. Während sich im Jahr 2000 186.688 Menschen einbürgern lieβen, waren es 2007 lediglich noch 113.000.3 Dies bedeutete im Vergleich zu 2006 einen Rückgang um 9,5 Prozent (ebd.). Im Juni 2009 wird das Statistische Bundesamt voraussichtlich die niedrigsten Einbürgerungszahlen seit 2000 veröffentlichen.4 Auch in Nordrhein-Westfalen sind die Zahlen seit 2000 kontinuierlich rückläufig. Während im Jahr 2000 49.837 Personen eingebürgert wurden, optierten im Jahr 2007 lediglich 32.581 für die deutsche Staatsbürgerschaft.5 Zwischen 2007 und 2008 wurde zudem ein Rückgang um 20 Prozent registriert. 2. Zentrale Fragestellung Welche Faktoren fördern oder hemmen den Einbürgerungswillen der nicht-deutschen Bevölkerung in Nordrhein-Westfalen? Diese Frage steht im Zentrum der geplanten Untersuchung. Forschungen zu den Faktoren und Hintergründen, die dazu führen, dass Migranten die Staatsbürgerschaft des Ankunftslandes übernehmen, zeichnen ein breites, jedoch widersprüchliches Bild. Offenbar spielen sozio-demographische Merkmale, der Grad der bereits erfolgten sozialen Integration sowie herkunftslandbezogene und/oder ethnischreligiöse Gründe bei dem Wunsch nach Einbürgerung eine Rolle. Noch kaum untersucht wurde allerdings die Rolle von sozialen Netzwerken oder der Familie für die Einbürgerungsabsicht. Ausserdem liegen bisher noch kaum Studien vor, die die Gruppe derer untersuchen, die keine Einbürgerungsabsicht haben, und die mittels direkter Befragungen subjektive Motivationen und Problemlagen von Menschen mit Migrationhintergrund in Hinblick auf Einbürgerung erheben. Auch ist bisher die Rolle von kontextuellen Faktoren und von Kommunen im Einbürgerungsprozess nur unzureichend untersucht worden. Bei diesen Forschungslücken setzt die geplante Untersuchung an. In Kooperation mit den Städten Düsseldorf, Essen, Duisburg, Köln, Warendorf, Herne und Meschede sollen im Rahmen von 2 http://de.statista.com/statistik/daten/studie/5149/umfrage/beantragung-der-deutschen-staatsbuergerschaft/ Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung zu Einbürgerung, 03.07.2008. 4 Süddeutsche Zeitung 12.05.2009. 5 Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik (2007): Einbürgerungen in Nordrhein-Westfalen 2007. 3 2 kontrastierenden Studien (Städte mit unterschiedlicher Bevölkerungsanzahl in verschiedenen städtischen und ländlichen Regionen Nordrhein-Westfalens sowie mit unterschiedlicher ethnischer Zusammensetzung der Bevölkerung mit Migrationshintergrund) Migranten zu ihren Einbürgerungsabsichten befragt werden. Dabei werden folgende aus vorliegenden Forschungen abgeleitete Fragen untersucht: • Welche Faktoren beeinflussen die Einbürgerungsabsicht von Migrantinnen und Migranten? • Wo liegen die Gründe dafür, dass sich bestimmte Migranten einbürgern lassen möchten und andere nicht? • Welche subjektive Bedeutung in Hinblick auf ihre Integration und das Leben in der Ankunftsgesellschaft hat das Thema Einbürgerung für die Betroffenen? Folgende Faktoren sollen dabei in die Untersuchung einbezogen werden: - Sozio-demographische Merkmale (Alter, Geschlecht, Bildung, Beruf) - Migrationsspezifische Faktoren (Herkunft, Migrationsgründe, Aufenthaltsdauer, Rückkehrabsicht) - Subjektive Faktoren (biographische Verläufe und Deutungsmuster) - Familie und soziale Netzwerke - rechtlich-institutionelle Kontextfaktoren (Bedingungen für das Erlangen der deutschen Staatsbürgerschaft: Sprachtest, Einbürgerungstest, Notwendigkeit der Aufgabe der Ursprungsstaatsbürgerschaft, Verwaltungspraxis der Heimatkommune) - Weitere kontextuelle Konzentration bzw. Faktoren Streuung (Größe bestimmter einer Gemeinde, ethnischer Ausländeranteil, Gruppen, Stadt-Land- Unterschiede) 3. Methodisches Vorgehen/Ablauf der Untersuchung Um diesen Fragen nachzugehen, sollen in einem ersten Untersuchungsschritt mittels einer Fragebogenerhebung in ausgesuchten Städten alle über 18-jährigen Nicht-Deutschen nach ihren Einstellungen zur Einbürgerung befragt werden. Der Fragebogen soll in Kooperation mit der jeweiligen Ausländerbehörde verschickt und ausgefüllt anonym an die RuhrUniversität zurückgeschickt werden. Nach der Analyse der Befragungsergebnisse sollen aus der Gruppe der Befragten, die sich zu einem längeren Interview bereit erklärt haben, 3 Migranten, differenziert nach Geschlecht, Alter, Beruf und ethnischer Zugehörigkeit mittels problemzentrierter Interviews zu den oben genannten Themenkomplexen befragt werden. 4. Ziele der Untersuchung Die Ziele der Untersuchung sind: • wissenschaftliche Ergebnisse zur Bedeutung von Einbürgerung im Integrationsprozess zu liefern und insbesondere in Hinblick auf die bisher unzureichend beleuchtete Frage der „Einbürgerungsverweigerung“ mittels einer systematischen Erhebung neue empirisch fundierte Erkenntnisse vorzulegen • Aufschluss über subjektive Motivationen und Problemlagen von Migranten in Nordrhein-Westfalen in Hinblick auf die Frage der Einbürgerung zu erlangen • Auf der Basis der generierten Ergebnisse Handlungsempfehlungen für die Einbürgerungspolitik und -praxis nordrhein-westfälischer Kommunen und des Landes Nordrhein-Westfalen vorzulegen 5. Möglicher Nutzen für beteiligte Städte Die an der Untersuchung beteiligten Städte erhalten eine individuelle Auswertung der Untersuchungsergebnisse für ihre Stadt. Die Städte erhalten einen schriftlichen Bericht, und die Untersuchungsergebnisse werden im Rahmen einer Präsentations- und Diskussionsveranstaltung allen interessierten lokalen Akteuren persönlich durch das Forschungsteam vorgestellt. 4