Daten
Kommune
Köln
Dateiname
Protokoll_4 _Werkstattgespräch.pdf
Größe
84 kB
Erstellt
31.12.14, 12:29
Aktualisiert
24.01.18, 04:15
Stichworte
Inhalt der Datei
empirica
Qualitative Marktforschung,
Stadt- und Strukturforschung
GmbH
Kaiserstr. 29 • D-53113 Bonn
Tel.: 0228 / 914 89-0
Fax: 0228 / 217 410
bonn@empirica-institut.de
www.empirica-institut.de
In Kooperation mit :
Bernhard Faller
Michael Lobeck
Geographisches Institut der Universität Bonn
4. Werkstattgespräch zu wohnungsbezogenen Immobilien- und Standortgemeinschaften („HIDs“)
Ergebnisprotokoll zum Werkstattgespräch am 21. August 2009
Auftraggeber:
Ministerium für Bauen und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalens
Ansprechpartner: Iris Fryczewski und Katrin Wilbert (empirica)
In Kooperation mit
Bernhard Faller und Michael Lobeck
Projektnummer: 2007119
Bonn: August 2008
INHALTSVERZEICHNIS
ERGEBNISPROTOKOLL 4. WERKSTATTGESPRÄCH
1
1.
Rahmen
1
2.
Ergebnisse
3
2.1 Erfolge und Erkenntnisse aus den Modellvorhaben
3
2.1.1 Modellvorhaben Wuppertal
3
2.1.2 Modellvorhaben Köln
6
2.1.3 Modellvorhaben Dortmund
8
2.2 Aktueller Arbeitsstand aus den Parallelbeispielen
2.3 Wohnungsbezogene Immobilien- und Standortgemeinschaften: Ein
zukunftsfähiger Ansatz?
10
3.
Ausblick
12
4.
Anhang: Präsentation
12
Protokoll vom 21. August 2009
-i-
11
empirica
ERGEBNISPROTOKOLL 4. WERKSTATTGESPRÄCH
1.
Rahmen
Datum:
21. August 2009
Ort:
MBV, Düsseldorf
Moderation/Organisation:
Iris Fryczewski und Katrin Wilbert (empirica)
in Kooperation mit Bernhard Faller
Michael Lobeck (Rheinische Friedrich Wilhelm Universität Bonn)
Teilnehmer:
MBV:
Frau Joeres, Frau Heitfeld-Hagelgans
Eigentümer:
Frau Schulten (Modellvorhaben Wuppertal), Herr Weyland (Modellvorhaben Wuppertal), Herr Knappertsbusch (Modellvorhaben Köln)
Kommunen/Wohnungsgesellschaften:
Herr Muhle (Stadt Hamm), Herr Seck (Stadt Wuppertal), Herr Walde
(Stadt Wuppertal), Herr Saar (Stadt Heiligenhaus), Herr Böhm (Stadt
Dortmund), Herr Haxter (Stadt Dortmund), Herr Wahlen (DSK), Frau
Jacobs (DSK), Herr Güdden (Stadt Viersen), Frau Krätschmer (Stadt
Viersen), Frau Siegel (Stadt Oberhausen), Frau Luttmann-Paffrath
(Stadt Köln)
Verbände/Institutionen:
Frau Kort-Weiher (Deutscher Städtetag NRW), Herr Stallmann (Haus
& Grund NRW), Frau Vogel (Haus & Grund NRW), Herr Becker
(Städte- und Gemeindebund), Frau Sinz (VdW Rheinland Westfalen),
Herr Gansau (Quartiersmanagement Nordmarkt Dortmund), Frau
Schulz (Quartiersmanagement Nordmarkt Dortmund), Frau Rensing
(Quartiersmanagement Nordmarkt Dortmund), Herr Dorr (d-ialogo)
Protokoll vom 21. August 2009
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Ablauf der Veranstaltung:
Gesamtmoderation: Bernhard Faller
10.00 Uhr
Begrüßung
Barbara Joeres (MBV NRW)
10.10 Uhr
Erfolge und Erkenntnisse aus den drei Modellverfahren
Iris Fryczewski und Katrin Wilbert, empirica
Kommentare / Einschätzung der Erfolge und Erkenntnisse seitens der Initiativen und
der Städte:
• Wuppertal: Gaby Schulten (Eigentümerin), Michael Walde (Stadt Wuppertal)
• Köln: Julius Knappertsbusch (Eigentümer), Ingrid Luttmann-Paffrath (Stadt
Köln)
• Dortmund: Martin Gansau (Quartiersmanagement), Thomas Böhm (Stadt
Dortmund)
- Diskussion -
12.00 Uhr
Aktueller Arbeitsstand aus den Parallelbeispielen
Iris Fryczewski und Katrin Wilbert, empirica
- Diskussion -
12.15 Uhr
Mittagspause
13.00 Uhr
Wohnungsbezogene Immobilien- und Standortgemeinschaften: Ein zukunftsfähiger Ansatz?
Bernhard Faller
- Diskussion -
13:50 Uhr
Ausblick
Barbara Joeres, MBV NRW
14.00 Uhr
Ende der Veranstaltung
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2.
Ergebnisse
Frau Joeres begrüßt alle Teilnehmer zum 4. Werkstattgespräch zu wohnungsbezogenen Immobilienund Standortgemeinschaften. Auf diesem letzten Werkstattgespräch wird rückblickend der Prozess in
den einzelnen Modellvorhaben reflektiert und ein Überblick über den aktuellen Projektstand in den
Parallelbeispielen gegeben. Anders als in den anderen Werkstattgesprächen sind dieses mal auch die
Eigentümer aus den Modellvorhaben zu Gast und berichten über die Erfolge und Misserfolge in den
Modellvorhaben aus ihrer eigenen Sicht. In einer abschließenden Diskussion wird diskutiert, ob der
Ansatz zu wohnungsbezogenen Immobilien- und Standortgemeinschaften zukunftsfähig ist.
2.1
Erfolge und Erkenntnisse aus den Modellvorhaben
Die drei Modellvorhaben Wuppertal, Köln und Dortmund laufen mittlerweile seit rd. 1,5 Jahren. Die
Modellphase ist nun abgeschlossen, d.h. die Betreuung der drei Modellvorhaben durch die externe
Moderation (empirica) ist offiziell beendet, der angestoßene Arbeitsprozess in den drei Modellvorhaben geht allerdings weiter – ohne externe Moderation (aber mit Unterstützung der Kommunen). Das
offizielle Ende der Modellphase war Anlass den Prozess zu reflektieren und einen Überblick über die
bisherigen Erfolge und Erkenntnisse aus den Modellvorhaben zu geben.
2.1.1 Modellvorhaben Wuppertal
Frau Wilbert stellt die wichtigsten Erkenntnisse aus dem Modellvorhaben Wuppertal vor:
-
Die Wuppertaler Immobilien- und Standortgemeinschaft hat sich auf dem Ölberg, einem
gründerzeitlichen Stadtteil am Innenstadtrand von Wuppertal, zusammengeschlossen. Der Ölberg ist im Gegensatz zu den anderen Modellquartieren in Köln und Dortmund ein sehr großes, heterogenes Quartier. Die Größe des Quartiers birgt die Gefahr, dass nicht alle engagierten Eigentümer gleichermaßen von Aktivitäten/Maßnahmen profitieren werden. Es ist auch
nicht möglich alle Eigentümer von Beginn an intensiv in den Arbeitsprozess einzubinden, da
die Grenzen der Organisationsfähigkeit schnell erreicht sind.
Die Wuppertaler Eigentümergemeinschaft konnte auf zahlreiche Initiativen/Netzwerke und
ein hohes bürgerschaftliches Engagement im Quartier zurückgreifen. Dies hat die Kontaktaufnahme zu Eigentümern sehr erleichtert und auch einen großen Einfluss auf die gute Diskussionskultur. Die Gruppe von rd. 15 Eigentümern ist durch ein homogenes, relativ hohes Bildungsniveau geprägt. Neben ökonomischen Überlegungen spielen hier auch altruistische Motive eine Rolle. Die Initiative kam in Wuppertal von den Eigentümern selbst, eine Initiierung
„von oben“ durch die Stadt hätte bei dieser Gruppe nicht funktioniert. Daher hielt sich die
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Stadt Wuppertal in diesem Prozess sehr im Hintergrund, stand allerdings bei Bedarf als Ansprechpartner zur Verfügung. Nach einer sehr langen Ziel- und Maßnahmendiskussion hat die
Entscheidung der Gruppe sich zu „formalisieren“ den Prozess stark vorangetrieben. In zwei
Arbeitsgruppen wurden zum einen die Gründung einer Wohnungsgenossenschaft und zum anderen der Aufbau von Dienstleistungsstrukturen forciert. Eine schriftliche Befragung aller Eigentümer auf dem Ölberg zeigte einen hohen Bedarf an den Themen „Sauberkeit“ und „spezielle Eigentümerberatung“. Die Einstellung eines Quartiershausmeisters ist geplant. Trotz des
hohen Engagements der Eigentümer und deren Erfahrungen mit Initiativen/Netzwerken, war
die externe Moderation und Beratung notwendig.
Die zukünftigen Herausforderungen liegen vor allem darin, weitere Eigentümer (insbesondere
auch Eigentümer mit Migrationshintergrund) in den Prozess einzubinden und je nach Maßnahme die Quartiersabgrenzung neu zu definieren.
Für weitere Informationen siehe beigefügte Präsentation.
Im Anschluss an diesen Vortrag kommentiert Frau Schulten als Eigentümerin die Erkenntnisse aus
dem Wuppertaler Modellvorhaben:
-
Die Quartiersgröße wird von den Eigentümern nicht als Problem oder Hemmnis wahrgenommen. Die Engagierten fühlen sich als „Ölberger“, daher engagiert sich man für den Ölberg als
Ganzes.
Die Eigentümer seien mit ihrem bisherigen Arbeitsstand sehr zufrieden und befinden sich an
einem guten Ausgangspunkt für die weitere Arbeit. Die externe Moderation bewerten sie als
unverzichtbare Hilfestellung für den Prozess. Der fachliche Input durch die Moderation hat
den Prozess entscheidend vorangetrieben. Hilfreich waren auch die Ergebnisse der schriftlichen Eigentümerbefragung, die die Eigentümergemeinschaft in ihrem Handeln weiter bestärkt
hat.
Die größte Herausforderung sehen die Eigentümer darin, den Sinn und Zweck einer Immobilien- und Standortgemeinschaft anderen Eigentümern zu vermitteln, d.h. den komplexen immobilienwirtschaftlichen Gesamtzusammenhang (Quartiersperspektive und Vermarktungschancen) einfach und verständlich zu erklären.
Vom Land fordern die Wuppertaler Eigentümer zum einen mehr finanzielle Unterstützung für
sozial und ökonomisch schwache Eigentümer (z.B. über spezielle Kreditprogramme) und zum
anderen eine Gesetzgrundlage, die Eigentümer, die Profite aus ihrem Eigentum schlagen, dazu
zwingt, diese in Teilen wieder an das Quartier (z.B. Wohnumfeld- oder soziale Maßnahmen)
zurückzugeben (nach dem niederländischen Vorbild).
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Herr Walde kommentierte den Prozess aus Sicht der Stadt Wuppertal:
-
Die Stadt Wuppertal hat sich im gesamten Prozessverlauf bewusst zurückgehalten und die
Rolle des Informationsgebers/Ansprechpartners eingenommen. Die Eigentümer haben die
Immobilien- und Standortgemeinschaft selbst angestoßen und sollten daher auch den Prozess
steuern. Die Stadt Wuppertal hat aus dem bisherigen Prozess Folgendes gelernt:
o
Die bisherigen Erkenntnisse zur Initiierung und Beratung von Immobilien- und Standortgemeinschaften können aufgrund der unterschiedlichen Ausgangslagen (Problemdruck und soziales Milieu der Eigentümer) nicht so einfach auf andere Quartiere übertragen werden.
o
Eine externe Betreuung/Moderation sei zwingend notwendig. Die Stadt kann diese
Aufgabe allerdings nicht übernehmen.
o
Die Stadt Wuppertal wird sich bemühen weitere wISGs zu initiieren; dann aber in
kleineren überschaubareren Quartieren. Sie würde auch hier versuchen eine zurückhaltende Rolle einzunehmen, aber auch diese zurückhaltende Rolle bedeutet einen hohen Arbeitsaufwand in der Verwaltung.
In der anschließenden Diskussion waren sich die Teilnehmer einig, dass die vorhandenen Netzwerke/
Initiativen auf dem Ölberg ein großer Vorteil für den Arbeitsprozess waren, dies jedoch nicht den
Normalfall darstellt. Unklar blieb, ob es eine „Idealgröße“ für ein Quartier einer Immobilien- und
Standortgemeinschaft gibt. Tendenziell sei es in kleinen überschaubaren Quartieren einfacher, alle
Eigentümer in den Prozess einzubinden und konkrete Maßnahmen umzusetzen, von denen alle Engagierten gleichermaßen profitieren.
In einem weiteren Aspekt wurde die Bedeutung von professionellen Akteuren wie z.B. Wohnungsunternehmen betont. Es ist unstrittig, dass Wohnungsunternehmen den Prozess einer wISG insbesondere
aufgrund ihres immobilienwirtschaftlichen Know-hows und den personellen Kapazitäten stark voranbringen können. Die Modellvorhaben wurden daher explizit auf die privaten Einzeleigentümer fokussiert, da diese zukünftig immer stärker mit den Aufgaben der Immobilienbewirtschaftung überfordert
werden.
In der Diskussion wurde darauf hingewiesen, dass die privaten Kleineigentümer nicht als einzige
Gruppe schwer für sinnvolle quartiersbezogene Entwicklungsstrategien zu mobilisieren sind. Das
Gleiche gelte für die Wohnungsunternehmen, die nach der Verkaufswelle der letzten Jahre nun in der
Hand von Finanzinvestoren sind. Dies wurde mit der Anregung verbunden, dies an anderer Stelle vertieft zu diskutieren und zu bearbeiten.
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2.1.2 Modellvorhaben Köln
Frau Fryczewski stellt die wichtigsten Erkenntnisse aus dem Modellvorhaben Köln vor:
-
Bei dem Modellvorhaben Köln handelt es sich um ein innerstädtisches, ehemaliges Nahversorgungszentrum. Auf den ersten Blick befinden sich die Mehrfamilienhäuser mit Ladengeschäften im Erdgeschoss in einem akzeptablen Zustand. Die Wohnungen selbst entsprechen
jedoch häufig nicht mehr der heutigen Nachfrage und auch der öffentliche Raum und das soziale Miteinander weisen Handlungsbedarf auf. Insgesamt sind die Probleme jedoch weniger
gravierend als in den anderen beiden Modellvorhaben Dortmund und Wuppertal, was den Projektstart erschwert.
Das Quartier selbst besteht aus der Taunusstraße und angrenzenden Plätzen. Es empfiehlt sich,
zukünftig die Quartiersabgrenzung flexibel zu gestalten und im Laufe des Prozesses an die
geplanten Maßnahmen anzupassen.
Das Quartier wurde von der Stadt Köln ausgewählt, ohne dass anfangs Kontakte zu den Eigentümern bestanden. Bei dieser Art von top-down-Ansatz sind größere Anlaufschwierigkeiten in Kauf zu nehmen und der Aufbau tragfähiger Eigentümerstrukturen erfordert einen deutlich längeren Zeitraum. Insofern lag der erste Arbeitsschritt zunächst in der Kontaktaufnahme
und dem Kennen lernen der Eigentümer. Dies erfolgte mittels Telefongesprächen und VorOrt-Gesprächen mit einer Vielzahl von Eigentümern und Schlüsselpersonen. An der Quartiersentwicklung interessierte Eigentümer wurden zu mehreren Veranstaltungen eingeladen,
auf denen zunächst über die Probleme und Potenziale des Quartiers sowie Handlungserfordernisse diskutiert wurde. Parallel wurde eine Eigentümerbefragung durchgeführt, deren Ziel sowohl das Gewinnen von Informationen zu den Eigentümern im Quartier (z.B. Investitionsabsichten und –hindernisse) war als auch die Aktivierung von weiteren Eigentümern für die gemeinsame Arbeit.
Da Entscheidungsprozesse in der großen, sehr heterogenen Eigentümergruppe sich als sehr
schwierig erwiesen, wurde eine Initiativgruppe mit 4 Eigentümern gegründet, um konkrete
Maßnahmen vorzubereiten. Dazu zählte z.B. ein immobilienwirtschaftliches Beratungsangebot von Eigentümern für Eigentümer, die Bepflanzung von Blumenbeeten oder eine gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit (Flyer, Webseite) und Vertretung gegenüber der Stadt (z.B. Ortstermin mit Baudezernenten). Der professionelle Hintergrund bzw. langjährige Erfahrungen in
der Vermietung und damit der weitgehend homogene Hintergrund der Eigentümer in dieser
Initiativgruppe erleichtern die Arbeit wesentlich. Der gegenseitige Respekt überwindet auch
kulturelle Hintergründe.
Es kommt nun darauf an, zur Motivation der Beteiligten und Gewinnung weiterer Eigentümer
möglichst schnell erste kleinere Erfolge zu erzielen und diese öffentlichkeitswirksam zu
kommunizieren. Gerade das Beispiel Köln zeigt jedoch, dass erst dann ein größerer Eigentü-
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merkreis (wieder) einbezogen werden sollte, wenn einzelne Maßnahmen konkret vorbereitet
sind und für deren Umsetzung gezielt Mitstreiter gesucht werden. Interessierte, aber „schwierige“ Eigentümer können dann konstruktiv in Arbeitsgruppen eingebunden werden. Aufgrund
der heterogenen Eigentümerstrukturen und teilweise sehr emotionalen, festgefahrenen Diskussionen in dem weiteren Eigentümerkreis bieten sich vor allem Einzelgespräche oder gezielte,
gezielte, seminarartige Veranstaltungen mit „Mehrwert“ zur Motivation weiterer Eigentümer
an.
Für weitere Informationen siehe beigefügte Präsentation.
Im Anschluss an diesen Vortrag ergänzt Herr Knappertsbusch als Eigentümer die Informationen zu
dem Kölner Modellvorhaben:
-
Der Stadtteil Kalk ist ursprünglich sehr industriell geprägt und verzeichnete zum Ende des 20.
Jahrhunderts hin einen starken Niedergang der Industrie. Humboldt-Gremberg wurde in der
Vergangenheit als Wohnstandort innerhalb von Kalk von vielen Großunternehmen gefördert.
Vor etwa 10 Jahre musste jedoch mit dem Verlust von Strukturen und Arbeitsplätzen ein Neuanfang begonnen werden. Aus diesem Grund gibt es heute nicht genügend entsprechende
Netzwerke und Initiativen, die Leistungsträger der Gesellschaft sind mittlerweile entweder im
hohen Alter oder aus dem Stadtteil weggezogen. Die hohe „Emotionalität“ vieler Eigentümer
ist ein Ausdruck der Hilflosigkeit angesichts dieses Strukturwandels. Viele Probleme spielen
sich in Humboldt-Gremberg hinter den Fassaden ab. Der Verfall vieler Wohnungen hat mit
einer Vielzahl von kleinen Fehlentscheidungen und Unkenntnis zu tun. Insgesamt verkauft
sich der Stadtteil heute aber unter Wert.
Aus diesem Grund möchten die Mitglieder der Initiativgruppe ein Beratungsangebot aufbauen, das den Eigentümern hilft, bessere Entscheidungen zu treffen. Zusammen mit den Mietern
soll auf Dauer eine Stabilisierung oder Verbesserung der Immobilienwerte bei gleichzeitigem
Erhalt des multikulturellen Flairs erreicht werden. Dazu sind viele kleine Schritte und Maßnahmen und nach und nach eine bessere Selbstorganisation notwendig.
Frau Luttmann-Paffrath stimmt den Vorrednern zu und ergänzt aus Sicht der Stadt Köln, dass es auch
für die Stadt ein Lernprozess war. Bei knappen Haushaltskassen wird die Eigeninitiative von Bürgern
und Eigentümern immer wichtiger. Gleichzeitig ist das Vertrauen der Bürger in die Stadt sehr gering.
Deshalb liegt im Rahmen dieses Projektes auch eine wesentliche Aufgabe der Stadt im Aufbau von
Vertrauen.
In der anschließenden Diskussion wird zunächst das Instrument „wohnungsbezogene Immobilien- und
Standortgemeinschaften“ den klassischen Sanierungsgebieten und Stadtumbaugebieten gegenübergestellt. Es stellt sich die Frage, wie diese gegeneinander abzugrenzen sind, da in allen Fällen Eigentü-
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mer einbezogen werden? Während sich Sanierungs- und Stadtumbaugebiete oft bereits in einer tiefen
Abwärtsspirale befinden und mit größeren Summen private Initiative erst initiiert werden muss, sollte
bei einer wohnungsbezogenen Immobilien- und Standortgemeinschaft die Initiative der Eigentümer
zumindest im Ansatz schon vorhanden und das Quartier noch nicht allzu weit abgefallen sein. Ferner
gäbe es in Sanierungsgebieten häufig das Problem, dass der Stadtteil äußerlich verbessert werden
konnte, aber Zusammenleben der Menschen nicht funktioniert; hier lägen Ansatzpunkte für eine wohnungsbezogene Immobilien- und Standortgemeinschaft. Die Probleme „hinter den Fassaden“ könnten
nur durch Eigeninitiative gelöst werden. Die Eigentümer müssten sich selbst organisieren und dafür
sorgen, dass das Zusammenleben klappt und der Wert und die Funktion der Immobilien erhalten
bleibt.
Die Eigentümer sollten jedoch keine öffentlichen Aufgaben übernehmen, sondern immer nur zusätzliche Maßnahmen durchführen. Durch das Eigentümerengagement soll der durch öffentlich finanzierte
Maßnahmen (z.B. in Sanierungs- und Stadtumbaugebieten) erreichte Standard gehalten und verstetigt
werden. Folglich sei ein abgestimmtes Nebeneinander von öffentlichem und privatem Engagement
wichtig. Zur Unterstützung des privaten Engagements sei eine moderierende Begleitung durch ein
externes Büro und die Stadt notwendig. Man müsse sich darauf einstellen, mindestens 2-3 Jahre zusammenzuarbeiten, bevor größere Erfolge sichtbar werden.
2.1.3 Modellvorhaben Dortmund
Frau Wilbert stellt die wichtigsten Erkenntnisse aus dem Modellvorhaben Dortmund vor:
-
Das Dortmunder Modellvorhaben „Rund um den Flensburger Platz“ wurde von der Stadt initiiert und aktiv mit Organisations- und Beratungsleistungen unterstützt. Das vor Ort tätige
Quartiersmanagement hat den Erstkontakt zwischen den Eigentümern hergestellt und die
„Netzwerkarbeit“ übernommen. Der enorm hohe Problemdruck in dem gründerzeitlichen
Quartier am Innenstadtrand fördert das Interesse der Eigentümer an der gemeinsamen Quartiersentwicklung. Die überschaubare Quartiersgröße erleichtert den Eigentümern sich mit den
Maßnahmen zu identifizieren.
Die Dortmunder Eigentümer haben überwiegend einen handwerklich geprägten beruflichen
Hintergrund und bislang kaum Erfahrungen in der aktiven Mitarbeit in Netzwerken/ Initiativen (geringe Fähigkeit zur Selbstorganisation). Die Gruppe ist auf die Unterstützung durch
Externe angewiesen. Im Gegensatz zu Wuppertal steht in Dortmund nicht der Wunsch nach
einer Formalisierung im Vordergrund, im Gegenteil, die Dortmunder Eigentümer wollen kurzfristig, greifbare Erfolge, aber langfristig keine Verantwortung übernehmen. Neben der Stadt
und dem Quartiersmanagement hat vor allem ein lokales Wohnungsunternehmen als Eigentümer Verantwortung und auch die Anstellung der Quartiershausmeister übernommen.
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Die zukünftigen Herausforderungen in Dortmund liegen - neben der langfristigen Finanzierung der Quartiershausmeister - vor allem in der Selbstorganisation der Gruppe und in der
Umsetzung weiterer Maßnahmen. Am Dortmunder Modellvorhaben könnte sich allerdings
auch zeigen, dass eine langfristige Eigentümerkooperation durch marktgängige Lösungen ersetzt werden kann, wenn der Wille (und die Fähigkeit) zur Selbstorganisation nicht vorhanden
sind.
Für weitere Informationen siehe beigefügte Präsentation.
Im Anschluss an diesen Vortrag kommentiert Herr Gansau aus Sicht des vor Ort tätigen Quartiersmanagements die Erkenntnisse zum Modellvorhaben:
-
Aus Sicht des Quartiersmanagement sei eine externe „neutrale“ Moderation zwingend notwendig. Diese Aufgabe hätte das Quartiersmanagement nicht leisten können. Neben der Anstellung der Quartiershausmeister sieht das Quartiersmanagement einen weiteren Erfolg darin,
dass die Aufmerksamkeit für das Quartier und das Image gesteigert wurden.
Herr Gansau ist zuversichtlich, dass sich die Eigentümer vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt in einer bestimmten Form institutionalisieren und mehr Verantwortung übernehmen.
Insbesondere das Thema der „Schrottimmobilien“ sei ein langer Prozess, den die Eigentümer
allerdings ohne Unterstützung/ Beratung nicht bewältigen können.
Herr Böhm ergänzt aus Sicht der Stadt Dortmund:
-
Auch die Stadt ist überzeugt, dass die Initiierung von wISG und die Umsetzung erster Maßnahmen ohne eine externe Begleitung/Moderation nicht möglich sind. Die Verwaltung hätte es
Jahre lang nicht geschafft Prozesse „vom Schreibtisch“ aus anzustoßen. Die Rolle der Stadt
sollte klar und eindeutig sein: passiver Ansprechpartner für die Eigentümer und nicht aktiver
Moderator.
Die Stadt Dortmund hat das Quartier „Rund um den Flensburger Platz“ aufgrund des hohen
Problemdrucks ausgewählt und sich bewusst für ein kleines überschaubares Gebiet entschieden. Aus Sicht der Stadt haben insbesondere die schnellen kleinen sichtbaren Erfolge zur Motivation der Eigentümer beigetragen. Das große Vertrauen der Eigentümer zum lokalen Wohnungsunternehmen sei hauptsächlich dadurch zu erklären, dass der Geschäftsführer sich als
„normaler“ Eigentümer in den Prozess eingebracht hat und nicht als „abgehobener“ Unternehmer.
Die Stadt Dortmund will weiterhin gemeinsam mit dem Quartiersmanagement die Eigentümergemeinschaft betreuen.
In der anschließenden Diskussion werden zwei Aspekte thematisiert: Zum einen bleibt unklar, ob es
in Dortmund gelingen kann, die Quartiershausmeister langfristig zu finanzieren, d.h. wie kann ohne
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eine gesetzliche Grundlage oder ohne eine Art Formalisierung eine Verbindlichkeit unter den Eigentümern geschaffen werden? Die Verstetigung von Prozessen sei in wISG ohne formellen Rahmen eine
große Herausforderung. Zum anderen zeigt die Diskussion, dass es insbesondere vor dem Hintergrund
der unterschiedlichen Fähigkeiten zur Selbstorganisation bzw. zum Diskussionsverhalten der Eigentümer eine Bandbreite an verschiedenen Unterstützungsleistungen für wISG geben muss.
2.2
Aktueller Arbeitsstand aus den Parallelbeispielen
In den meisten Parallelbeispielen ist es bisher noch nicht gelungen, eine arbeitsfähige wohnungsbezogene Immobilien- und Standortgemeinschaft zu gründen. Meist ist es sogar zu einem Stillstand gekommen, bevor sich die Eigentümer überhaupt zusammenfanden. Als Gründe werden bspw. begrenzte
Kapazitäten seitens der Kommunen, top-down-Ansätze ohne bisheriges Eigentümerinteresse, oder
organisatorische und finanzielle Gründe bei Wohnungsunternehmen genannt.
Positive Ausnahmen sind Hamm, Viersen und Münster:
• In Hamm konnte aufgrund von regelmäßigen Gesprächsrunden von Stadt, Wohnungsunternehmen und sozialen Trägern ein Gemeindezentrum wieder belebt werden. Private Kleineigentümer sind hier allerdings nicht aktiv.
• In Viersen ist die Dülken Entwicklungs AG (siehe Protokolle der früheren Werkstattgespräche)
mittlerweile sehr aktiv und gemeinsam mit privaten Eigentümern und der Stadt fanden mehrere
Treffen zum Baublock „Mondhöfchen“ statt. In Kürze ist eine formelle Gründung als Verein
geplant, um gemeinsam den Hinterhof neu zu gestalten.
• In Münster wurden Lösungsansätze für drei größere WEGs entwickelt und bereits in einer WEG
erfolgreich umgesetzt. Dazu wurde zunächst eine Bestandsaufnahme, Machbarkeitsstudie und
Wirtschaftlichkeitsberechnungen durchgeführt. Es folgte eine weiche, kooperative Stufe mit einem Modernisierungs- u. Instandsetzungsvertrag. Die Stadt stellte einen Moderator und fachliche Unterstützung bei der Umsetzung bereit. Gleichzeitig kaufte sie einzelne Wohnungen selbst
auf, insbesondere bei nicht-kooperativen Eigentümern. Als Anreiz wurde auf Antrag einer WEG
zur Imageverbesserung eine Namensänderung des Stadtteils in Aussicht gestellt, sofern alle 3
WEGs die Maßnahmen umgesetzt haben. Schließlich stellt die Möglichkeit eines Modernisierungs- und Instandsetzungsgebots eine Drohkulisse dar, die aber bisher aufgrund der überwiegend kooperativen Eigentümer nicht notwendig war.
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2.3
Wohnungsbezogene Immobilien- und Standortgemeinschaften: Ein zukunftsfähiger Ansatz?
Die abschließende Diskussion wurde eingeleitet von einem Kurzbericht aus dem MBV (Frau HeitfeldHagelgans), worin deutlich wurde, dass bislang keine ISG-Satzungsbeschlüsse auf der Basis des entsprechenden Gesetzes vorliegen. Insofern sei hier noch abzuwarten, ob die vorliegenden Entwürfe
nach der Kommunalwahl umgesetzt würden. In jedem Fall wird es im Jahr 2011 eine Evaluierung des
ISG-Gesetzes geben.
Mit Blick auf die Dringlichkeit des Einbezugs von wISG in das bereits existierende Gesetz schwankte
die Diskussion zwischen einer grundsätzlichen Ablehnung, einer großen Skepsis angesichts der eher
geringschwelligen Maßnahmen, ob eine solche Regelung überhaupt notwendig ist, und der Einsicht,
dass ein Gesetz zwar theoretisch sinnvoll sei, aber seine Anwendung in der Praxis wahrscheinlich
noch zögerlicher als bei den einzelhandelsbezogenen Immobilien- und Standortgemeinschaften in
Gang käme. Die ablehnende Haltung gegenüber einem wISG-Gesetz wurde dabei erneut mit dem
Schutz des Eigentums vor dem Zugriff Dritter oder des Staates begründet. Auch die Befürworter führten den Schutz des Eigentums ins Feld und bezogen sich dabei aber auf den Fall, dass die Wertentwicklung eines Immobilieneigentums durch Vernachlässigung oder schlechte Bewirtschaftungspraxis
in der Nachbarschaft beeinträchtigt werden kann. Ihnen geht es folglich um den Schutz des engagierten und investitionsbereiten Eigentümers vor dem spekulierenden oder untätigen Eigentümer aus der
Nachbarschaft.
Sehr deutlich wurde in der Diskussion, dass die gesetzlichen Regelungen in der Praxis der Eigentümerzusammenarbeit in der Regel nicht verstanden werden. Nach wie vor ist oftmals nicht klar, dass
hier nicht die öffentliche Hand einen Zwang ausübt, sondern allenfalls Eigentümer in die Lage versetzt
werden sollen, andere Eigentümer zur gemeinsamen Finanzierung von Maßnahmen heran zu ziehen.
Insofern sollte das Gesetz viel deutlicher als bislang als ein Angebot des Staates dargestellt werden,
die Selbstorganisation der Eigentümerinteressen in einen formalen Rahmen einzubetten und auf diesem Weg eine breite Basis für die gemeinsame Finanzierung von Maßnahmen zu schaffen, die die
Eigentümer vorher selbst entwickelt und beschlossen haben. Wenn in diesem Zusammenhang von
einer Drohkulisse gesprochen werden kann, dann allenfalls von einer Drohung einer starken Eigentümergemeinschaft gegenüber einer unwilligen Eigentümerminderheit.
In der Diskussion wurde auch deutlich, dass nicht alle wISG darauf zielen werden, kurzfristige Problemlösungen einzuleiten. Vielfach wird die wISG auch ein Forum der Netzwerkbildung und der Etablierung einer nachhaltig sinnvollen Bewirtschaftungs- und Investitionspraxis im Quartier sein. Eine
derartige Netzwerkbildung unterliegt dabei nicht dem Zwang zur Integration einer unwilligen Minderheit. Im Gegenteil kann es für die Zusammenarbeit sogar nützlich sein, Verhinderer oder Blockierer
außerhalb der Zusammenarbeit zu lassen. In diesem Zusammenhang wurde auch die sehr plausible
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Vermutung geäußert, dass der Fokus auf Netzwerkbildung in besonderem Maße durch selbstnutzende
Eigentümer des Quartiers getragen sein wird.
Die derzeit noch mäßige Bereitschaft zu einem gemeinschaftlichen Engagement der Eigentümer in
Wohnquartieren wurde dabei auch als ein Mangel an Einsicht in die Möglichkeiten und Dringlichkeiten sowie als ein Mangel an Wissen über die Formen und Arbeitsweisen der Eigentümerzusammenarbeit interpretiert. Die systematische Generierung und Weitergabe von Erfahrungswissen aus der Eigentümerzusammenarbeit dürfte insofern eine Stellschraube einer zukünftig höheren Bereitschaft sein.
3.
Ausblick
Frau Joeres gibt einen Ausblick auf die weiteren Schritte im Forschungsfeld zu wohnungsbezogenen
Immobilien- und Standortgemeinschaften:
-
Die Ergebnisse werden im Oktober in Form eines Endberichtes vorliegen. Der Endbericht
wird im Landtagsausschuss vorgestellt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Dieser
Endbericht richtet sich im Wesentlichen an Mitarbeiter und Entscheidungsträger des MBV.
-
Um den angestoßenen Lern- und Umdenkungsprozess weiter zu pflegen und zu verstetigen
werden die wichtigsten Ergebnisse des Endberichtes für die Zielgruppe der Kommunen, der
Wohnungswirtschaft und insbesondere für die Eigentümer verdichtet und in einer anschaulichen, leicht verständlichen Darstellung in Form eines „Handbuchs“ aufbereitet. Dieses Handbuch enthält Tipps und Empfehlungen für die Praxis.
-
Zusätzlich wird es eine Wanderausstellung geben, die die wesentlichen Ergebnisse anschaulich präsentiert.
-
Das bisherige Gesetz zu Immobilien- und Standortgemeinschaften wird im Jahr 2011 evaluiert. Aus heutiger Perspektive und vor dem Hintergrund der Ergebnisse des Modellvorhabens
gibt es keine besondere Dringlichkeit, vorher eine Initiative zum Einbezug von wISG in die
bestehende Gesetzesgrundlage zu ergreifen.
4.
Anhang: Präsentation
Siehe pdf-Datei „Präsentation_zum_4._Werkstattgespräch“.
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