Daten
Kommune
Berlin Friedrichshain-Kreuzberg
Dateiname
Drucksache.pdf
Größe
84 kB
Erstellt
09.10.15, 21:01
Aktualisiert
27.01.18, 20:01
Stichworte
Inhalt der Datei
Drucksachen der Bezirksverordnetenversammlung
Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin
IV. Wahlperiode
Drucksache: DS/0908/IV
Ursprung: Mündliche Anfrage
Initiator: B'90/Die Grünen, Riester, Paula
Beitritt:
Beratungsfolge
23.10.2013
Gremium
BVV
024/IV-BVV
Erledigungsart
schriftlich beantwortet
Mündliche Anfrage
Betr.: Hohe Betriebskosten am Kotti ¿ was macht das Jobcenter?
Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin
Soziales, Beschäftigung und Bürgerdienste
SozBeschBüD Dez
23.10.2013
1. Ist dem Bezirksamt bekannt, dass die Betriebs- und Heizkosten in den GSW- und HermesHäusern (siehe beigefügte Adressen) am Kottbusser Tor im Vergleich zu anderen Häusern im
Bezirk deutlich höher sind?
Dem Bezirksamt ist nicht erst seit der letzten Sitzung des Stadtpanungsausschusses der BVV vom
25.09.13 bekannt, dass nach Darstellung der Mieterschaft die Betriebskosten am Kottbusser Tor
deutlich höher seien, als woanders.
In den letzten Jahren sind die Betriebskosten und Heizkosten stark gestiegen. Es gibt Hinweise im
Zusammenhang mit der Tätigkeit im Quartiersmanagement am Mehringplatz und auch durch die
Aktivitäten von Kotti und Co. für das Kottbusser Tor, dass die Betriebs- und Heizkosten in
mehreren Großquartieren im Ortsteil Kreuzberg die dort lebenden Haushalte stark belasten.
Einen großen Einfluss hat auch die energetische Beschaffenheit der Gebäude.
Hier gibt es gerade bei den Gebäuden in den Großquartieren aus den 60iger
und 70iger Jahren Defizite .
Am Mehringplatz betragen die Betriebskosten ca.4,10 €/qm. Diese Größe wurde von der ASUM für
das Sanierungsgebiet ermittelt. Die EB Group ( Eigentümer) erwartet durch die energetische
Sanierung eine Heizkostenersparung von ca.25-30 Cent je qm. Mehr nicht. Dafür könnte rechtlich
eine Umlage von ca.1, 60 €/m² für die Modernisierungsmaßnahmen auf die Mieter
zukommen.
Der Einschätzung der Mieterberatungsgesellschaft ASUM zufolge werden in Wohnungen von ALG
II-Beziehenden die hohen Betriebskosten auch durch die Überbelegung der Wohnungen
verursacht. Mitunter können transferleistungsbeziehende Haushalte ihren Wohnraum, der den
WAV- Anforderungen unterliegt, nicht ohne Überbelegung finanzieren. Letztlich können die
Betriebs- und Heizkosten in beschränktem Maße von den Wohngewohnheiten und dem
Verbrauchsverhalten der Mieterinnen und Mieter beeinflusst werden. Keinen Einfluss haben
sowohl Mieterschaft als auch Vermieter auf allgemein steigende Kosten für Müllabfuhr, Öl, Gas
o.ä. Ressourcen. Eine geringe Möglichkeit der Einflussnahme auf die Betriebskosten hat der
Vermieter, z.B. durch die Gestaltung von Verträgen mit Gebäudeversicherern u.a.
2. Wie hoch ist der Anteil von Leistungsbezieher*innen nach dem SGB II (Jobcenter) bzw.SGB XII
(Sozialamt) in diesen Häusern?
Die Ermittlung des Anteils von Leistungsbeziehenden nach SGB XII und SGBII in den benannten
Häusern ist im Rahmen der Beantwortung einer mündlichen Anfrage so kurzfristig nicht möglich.
Die Beantwortung dieser Frage wird in Zusammenarbeit von Jobcenter, Amt für Soziales und
Wohnungsamt unter Berücksichtigung des Datenschutzes schnellstmöglich erfolgen. Da der Anteil
der Transferleistungsemfpangenden an der Gesamtbewohnerschaft unter diesen Adressen jedoch
im letzten Schritt händisch erfasst bzw. errechnet werden muss, bitten wir für die abschließende
Beantwortung um Geduld.
3. Überprüft das Jobcenter die Betriebs- und Heizkostenabrechnungen der
Leistungsbezieher*innen in diesen Häusern auf ihre Plausibilität (nach welcher Vorschrift bzw.
nach welchem Vergleichsmaßstab)?
Das Jobcenter überprüft die Betriebs- und Heizkostenabrechnungen in Hinsicht auf den Zeitraum,
die Übereinstimmung der geleisteten Vorauszahlungen und bei Auffälligkeiten (z.B. sehr hoher
Verbrauch Heizung oder Warm-/Kaltwasser, sehr hohe Abrechnung im Allgemeinen). Grundlage
ist der §22 SGB II in Verbindung mit der WAV und der AV Wohnen.
Nachfragen:
1. Für den Fall, dass Unregelmäßigkeiten bei den Abrechnungen auftauchen: Ermutigt das
Jobcenter die Leistungsbezieher*innen zu einer Überprüfung der Kosten durch einen Mieterverein
bzw. eine Klage gegen die GSW und/oder Hermes?
Sofern Unstimmigkeiten festgestellt werden, werden die Mieter durch das JC aufgefordert die
Abrechnungen durch andere Stellen (z.B. Mieterverein) überprüfen zu lassen. Die
Auseinandersetzung mit dem Vermieter über vermeintlich falsch ermittelte Betriebskosten kann der
Mieter nur zivilgerichtlich führen. Eine Beratung der Mieter zur Betriebskostenabrechnung durch
Rechtsanwälte ist nach Voranmeldung im Rahmen der offenen Rechtsberatung bei der ASUM
kostenfrei möglich..
Durch die Mieterberatungsgesellschaft ASUM wurden in der Vergangenheit
Betriebskostenüberprüfung auch für das JobCenter durchgeführt. Die Betriebskostenüberprüfung
mit umfangreicher Stellungnahme zur Betriebskostenhöhe durch die ASUM war nicht zielführend
und wird für das Jobcenter nicht mehr durchgeführt. Im Ergebnis musste festgestellt werden, dass
die Einsparungseffekte nicht besonders groß waren. Gerade in Großsiedlungen fallen die
Betriebskosten auf Grund der geschilderten Umstände in der genannten Höhe an.
Nichtsdestotrotz hat sich das Bezirksamt nach der Sitzung im Stadtplanungsauschuss vom
25.09.13 erneut mit dem Jobcenter darüber ausgetauscht, ob über die Organisation der Kosten der
Unterkunft Erkennntnisse über die Betriebskostensituation am Kottbusser Tor zusammen getragen
werden können. Dies ist momentan leider zu verneinen, da es keine regionalisierte Zuständigkeit
im Jobcenter gibt, sondern die Bedarfsgemeinschaften zufallsgeneriert auf alle Teams der
Leistungsabteilung verteilt sind. Im aktuellen Prozess der Optimierung der Zusammenarbeit und
der Kooperationsvereinbarungen mit dem Jobcenter werden auch mögliche Vorteile durch die
Einrichtung eines spezifischen Teams „Wohnungsnotfälle“ im Leistungsbereich des Jobcenters
geprüft. Evtl. können hieraus zu erwartende Erkenntnisse und Aufschlüsse im Hinblick auf
regionale Problemlagen im Bereich Wohnen (Mietpreishöhe, Betriebskosten etc.) Grundlage für
Interventionen und Unterstützung der Mieterinnen und Mieter sein.
2. Wird seitens des Bezirksamts (Sozialamt, Jugendamt) erwogen, in Kooperation mit dem
Jobcenter die ohnehin nach WAV erfassten Betriebs- und Heizkosten von
Leistungsbeziehern*innen in einer Datenbank zu erfassen?
Die tatsächlichen Kosten der Unterkunft werden nach der gültigen WAV vor dem Hintergrund der
Gesamtangemessenheitsgrenze (§ 4 WAV) auf Angemessenheit geprüft. Die Betriebs- und
Heizkosten werden hierbei nicht, wie in der Frage angenommen wird, statistisch erfasst. Nur in
Fällen, in denen die Heizkosten nicht in der Bruttowarmmiete enthalten sind (z. B.
Gasetagenheizung), erfolgt eine gesonderte Berechnung der Heizkosten durch das Jobcenter im
Rahmen der Angemessenheitsprüfung. Eine statistische Erfassung erfolgt jedoch auch hier nicht.
Betriebskostennachzahlungen werden mit den aktuellen Kosten der Unterkunft angewiesen. Im
Jobcenter tauchen solche Betriebskostennachzahlungen statistisch nur im Einzelfall und nur dann
auf, wenn dadurch der Richtwert für die KdU überschritten wird, als Fallzahl im KdU-Controlling
("Einmalzahlungen, wenn nicht dauerhaft über Richtwert").
Vor diesem Hintergrund gibt es keine ausreichenden Daten als Grundlage für eine Datenbank.
Gleiches gilt für das Sozialamt. Eine separate Erfassung der Betriebs- und Heizkosten in einer
Datenbank stellt zum Einen im Hinblick auf die Dateneingabe ein personelles Problem dar. Zum
Anderen wäre die Auswertung der Daten eine komplexe Aufgabe für eine Statistikfachkraft, da
umfangreiche Faktoren berücksichtigt werden müssten (Wohnungsgröße, Sanierungszustand des
Hauses, evtl. Überbelegung, Wetterlage), um mit einer errechneten Betriebkostensumme pro qm
sinnvolle Vergleiche sowie aussagekräftige Schlussfolgerungen und Konsequenzen ziehen zu
können.
Das Bezirksamt wird das Problem der hohen Betriebskosten in den Großquartieren weiter
verfolgen und mit der Initiative Kotti&Co und der Mieterberatungsgesellschaft ASUM in einen
Austausch über Unterstützungsmöglichkeiten für die Mieterinnen und Mieter treten.
Mit freundlichen Grüßen
Knut Mildner- Spindler