Daten
Kommune
Berlin Friedrichshain-Kreuzberg
Dateiname
Drucksache.pdf
Größe
167 kB
Erstellt
09.10.15, 21:09
Aktualisiert
27.01.18, 19:44
Stichworte
Inhalt der Datei
Drucksachen der Bezirksverordnetenversammlung
Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin
IV. Wahlperiode
Drucksache: DS/0157/IV
Ursprung: Mündliche Anfrage
Initiator: CDU, Müller, Götz
Beitritt:
Beratungsfolge
28.03.2012
Gremium
BVV
Sitzung
Erledigungsart
005/IV-BVV
beantwortet
Mündliche Anfrage
Betr.: Guggenheim-Lab
Ich frage das Bezirksamt:
1. Wie bewertet das Bezirksamt die Entscheidung des Guggenheim-Museums sein
Forschungsprojekt über die Auseinandersetzung mit den Zukunftsfragen der Entwicklung und
des Zusammenlebens in Großstädten nach Drohungen der gewaltbereiten linke Szene nun
doch nicht in Kreuzberg durchzuführen?
2. Teilt das Bezirksamt die Auffassung, dass dieses Projekt einen sinnvollen Beitrag zur Debatte
um die künftige Kiezstruktur leisten wird?
3. Was wird das Bezirksamt unternehmen, damit die Androhung (und Ausübung) von Gewalt
dieser Art künftig unterbleibt?
Siehe auch DS/0163/IV
Beantwortung: Herr Dr. Schulz
Zu Frage 1 (DS 0163): Ich glaube, dass es sich lohnt, vielleicht auch ein bisschen Abzurüsten und
vielleicht auch wieder versuchen, um Augenmaß zu bekommen. Ich denke, dass wir, wenn die
Veranstaltung dort durchgeführt worden wäre, wir kein Gentrifizierungsschub bekommen hätten.
Also, ein bisschen Kausalität in der Argumentation verlange ich natürlich auch von
Mieterinitiativen. Es tut mir wirklich leid. Und ich fühle mich da in bester Gesellschaft mit zwei auch
Ihnen und auch den Szenen gut bekannten Stadtforscher und ich will kurz zitieren aus einer
Presseerklärung, die die Oberaufseher über Gentifizierungsbemühungen heute rausgegeben
haben. Die schreiben, aufgrund seiner Vorstellung – gemeint ist der Repräsentant von
Guggenheim BMW für diese Veranstaltung – aufgrund seiner Vorstellung des LAP-Konzepts und
des Programmschwerpunkts „Stadtentwicklung“ auch in kritischer Auseinandersetzung haben wir
in mehreren Gesprächsrunden eine Liste mit etwa einem Dutzend Vorschlägen zu Beiträgen
(Ausstellungen, Workshops, Vorträgen) erarbeitet, selbstverständlich in freiwilliger Vorleistung
ohne jede Bezahlung. Jetzt wissen Sie, wen ich meine. Dieser Arbeitsprozess erstreckte sich über
etwa anderthalb Monate. So, das war der Standpunkt von Media Spree versenken bis zum 07.03..
So…also, von daher glaube ich nicht wirklich, dass wir hier das Thema Gentrifizierung gehabt
hätten, wenn die Veranstaltung stattgefunden wäre dort an diesem Ort.
Der zweite Punkt, der hier angesprochen wird, „Privatisierung des Geländes“, das habe ich leider
auch nicht verstanden, weil dieses Gelände Privatgelände ist. Und die Zwischennutzung, meine
Damen und Herren, nicht BMW Autosalon Veranstaltung sein sollte, sondern eine, wie ich finde,
überfällige stadtpolitische Diskussion in aller Öffentlichkeit, d. h. ein privates Gelände der
Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden sollte, wenigstens für dieses Zeitfenster. Dennoch
glaube ich, dass es verständlich ist, warum es unterschiedliche Reaktionen gibt, weil wir über
unterschiedliche Erwartungen an diese Veranstaltung sprechen. Und es gibt, für mich durchaus
nachvollziehbar, sehr viele, auch Initiativen, die aus ihrer Erfahrung mit Politik und mit Investoren
sagen, es wird nichts bringen, diese Veranstaltung dort durchzuführen. Wir werden
instrumentalisiert, es wird am Ende nur gelabert, aber wir werden im Thema nicht weiterkommen.
Wir haben als Bezirksamt, auch ich, im Gespräch mit den Macherinnen, muss ich sagen, auch das
abgewogen. Wir sind allerdings zu anderen Abwägungsergebnissen gekommen. Wir haben
gesagt, es könnte, und ich sag bewusst das im Konjunktiv, eine Chance werden, nicht nur für
Kreuzberg, sondern für Berlin dort ein Forum zu entwickeln, wo genau diese kritischen Fragen, die
überfällig diskutiert werden müssen, auch diskutiert werden können und es eine Chance gäbe,
Politik auch von der Ebene, wo Entscheidungen vorbereitet und durchgeführt werden, in diesen
Diskussionsprozess einzubinden. Das ist, glaube ich, eine der Themen, die viele Initiativen
frustrieren, ob das nun bei runden Tischen war, wo wir die Exekutive, also die Senatsverwaltung,
nicht dazu bekamen teilzunehmen, aber es auch an diesen Veranstaltungen am Kottbusser Tor
nicht gelungen war. Meine Einschätzung, oder meine Erwartung sag ich mal vorsichtig, es
gewesen war, bei so einem prominenten Rahmen auch Politik aus der Senatsebene mit
einzubinden und das zu diskutieren, was den Leuten auf den Nägeln brennt. Also, von daher
glaube ich, reden wir eigentlich mehr über unterschiedliche Einschätzungen hinsichtlich
Erwartungen an diese Veranstaltung, von daher kann ich das zwar verstehen, dass viele sagen,
nee, das bringt nichts, aus unseren bisherigen Erfahrungen, vor allem mit Politik, aber auch mit
den Investoren. Aber ich denke, dass wir dennoch dort mit diesen Themen mit der Bereitschaft, die
die Macher der Veranstaltung an den Tage gelegt haben, einzubinden, kritisch dem einzubinden,
die Akteure einzubinden, dass das auch eine Chance gewesen wäre.
Zu Frage 2: Zu Ihrer zweiten Frage: Das ist schwer zu beurteilen, ob dieses Thema
Zwangsarbeiter, Kollaboration der Quantenfamilie mit den Nazis und dieses zusätzliche Thema,
dass sich ja BMW schwer tut, dem Beschädigungsfond für Zwangsarbeiter beizutreten. Das ist ein
Thema, das erst am 07.03. aufkam in der Nachbarschaftsveranstaltung. Ab dem Zeitpunkt war
allerdings klar, das ist ein Thema und ein Umgang mit diesem Thema dann auch in diesen
Wochen der Veranstaltung erfolgen muss und auch durchgeführt werden muss. Ob das dann
allerdings ein Thema war, die Guggenheim in New York mit berücksichtigt hat oder mit abgewogen
hat für ihre Entscheidung, ihre Bewertung für den Standort zurückzuziehen, kann ich Ihnen nicht
sagen. Ich bin auch nur informiert über die Presseerklärung, die Sie ja kennen, weil eine öffentliche
Presseerklärung und ein Gespräch von einer Macherin über diese Presseerklärung, die aber
letztendlich auch nur diesen Text noch einmal erläutert hat.
Zu Frage 3: Zu Ihrer dritten Frage: Einschätzung der Polizeibehörden. Auch da ist eigentlich jetzt
schon sehr viel gesagt worden. Zu dem Zeitpunkt des Abstimmungsgespräches mit Guggenheim
am Donnerstag vor dem Montag, wo diese Presseerklärung dann verschickt worden ist, hatten wir
die Einschätzung auch des Landeskriminalamts und natürlich kannten wir auch die Blocks aus
dem Netz und von Indymedia, und wir sind trotzdem nach langer Diskussion und dem Versuch
einer Einschätzung zu dem Ergebnis gelangt, dass die Veranstaltung stattfinden soll und dass als
Vorkehrung eine Vorbereitung stattfinden muss, dass möglicherweise nicht jede Veranstaltung in
akademisch andächtigem Tonfall stattfindet, sondern das, was ich an Heterogenität, an
Problematiken auch bei diesen Themen, die in der Bevölkerung diskutiert wird, es natürlich auch
zu etwas unkonventionelleren Formen der Diskussion und Auseinandersetzung kommen kann.
Das halte ich für uns hier in Kreuzberg wirklich nicht für irgendeine besondere Thematik, und ich
muss hier an dieser Stelle auch nochmal sagen, dass die Macherin von Guggenheim das
akzeptierte, insoweit ich Ihnen auch nicht jetzt sozusagen die Auflösung geben kann, was
zwischen der Verständigung an dem Donnerstag und dann der Presseerklärung von Guggenheim
New York am Montag darauf letztendlich passiert ist…, auf jeden Fall ist nicht passiert, dass
nochmal eine zusätzliche die Gefahreneinschätzung verstärkende Beurteilung durch das
Landeskriminalamt gekommen ist. Dazu gibt’s ja auch die entsprechenden Äußerungen der
Polizei, die das auch klarstellt.
Zu Nachfrage 1: Wissen Sie, wenn jetzt, sagen mal diplomatisch sein, weil als
Bezirksbürgermeister darf ich natürlich auch keinen Innensenator beleidigen, und das will ich auch
nicht, aber… die Äußerung zeigt doch, welch weiten Weg Herr Henkel noch vor sich hat, um die
Sorgen und Probleme der Bevölkerung zu verstehen.
Zu Nachfrage 2: Ich glaube, das müsste in unserem aller Interesse sein – das meine ich jetzt
wirklich parteienübergreifend. Das ist das, was sich so als Hardlinertonfall beginnt einzubringen
und zu etablieren in der Berliner Innenpolitik, dass wir uns dagegenstellen, ganz klar
dagegenstellen. Ich glaube, das war für Berlin, es war für die Bürgerinnen und Bürger keine gute
Zeit, als wir noch Innensenatoren von der CDU hatten. Und ich will Herrn Körting wirklich nicht in
jeder Sache verteidigen, aber seine Deeskalationspolitik, die war glaubhaft und sie hatte Erfolg
und das sollten wir nicht mehr zurückschrauben. Soweit zu der mündlichen Anfrage 157 von der
CDU.
Zu Frage 1: Habe ich im Grunde schon sehr viel gesagt. Das ist aus meiner Sicht eine Situation,
die Sie zusammenfantasieren - die Drohung der gewaltbereiten linken Szene, also, ich glaube man
sollte da auch nicht anfangen, selbst zu formulieren, da läuft man meistens haarscharf an der
Wirklichkeit vorbei. Es gab klare Positionen von vielen Anwohnerinnen und Anwohnern, auch
Initiativen, die gesagt haben, wir teilen nicht die Erwartungen von den Machern, dass dort was
Vernünftiges rauskommt, und wir werden alles tun, dass diese Veranstaltung nicht in dieser Form,
wie geplant, passiert. Also, ich muss Ihnen sagen, solche Äußerungen haben wir in aller Form
schon erlebt und Herr Dr. Beckers und ich wir haben noch vor gar nicht so langer Zeit, ich glaub
drei Veranstaltungen insgesamt, dort im Wrabgelkiez zu diesen Mietenthemen, und ich kann Ihnen
auch sagen, es war manchmal kein Honigschlecken. Ja, also, wir sind da auch wirklich auf Herz
und Nieren abgeprüft worden und es war manchmal in einem Tonfall, wo ich mir auch gedacht
hab, meine Güte, wir sind doch eigentlich als Kreuzbergerinnen und Kreuzberger respekt- und
toleranzverbunden und verpflichtet, könnten wir nicht auch irgendwie anders miteinander
sprechen. Aber ich glaube, dass im Endergebnis letztendlich deutlich wird, dass diese Menschen
einfach die Prozesse, die dort passieren, nicht einfach passiv hinnehmen wollen und dafür
kämpfen, dass die Veränderung stattfindet. Und manchmal muss man beim Kämpfen auch etwas
lauter werden.
Zu Frage 2: Das hatte ich schon gesagt. Sie fragen hier, ob das zu einem sinnvollen Beitrag wird.
Ich hatte die Hoffnung gehabt, dass das ´ne Chance sein könnte, in einer sehr kritischen
Auseinandersetzung mit den Verantwortlichen Politikern diese Diskussion zu führen, aber ich bin
mir dadurch auch nicht sicher, ob es geklappt hätte. Also…, wenn sich alleine schon die große
Politik auf Senatsebene entzogen hätte, wäre das ´ne ziemlich autistische Diskussion geworden.
Ja, also, insoweit kann ich das nur sozusagen im Konjunktiv sagen.
Zu Frage 3: Ich kann Ihnen da nur sagen, wir werden da auf unserem Kurs bleiben, Herr Müller,
und dieser Kurs ist, möglichst schnell, möglichst zeitnah, möglichst direkt, möglichst authentisch
mit den Bürgerinnen und Bürgern über ihre Probleme zu sprechen. Es gibt keinen anderen Weg.
Danke.
Herr Müller: Sehr geehrter Herr Schulz, meine erste Nachfrage an das Bezirksamt lautet, was
wird das Bezirksamt unternehmen, um den Vorschlag von Mitgliedern des Bürgerforums AltStralau zu unterstützen, dass BMW Guggenheim-LAP auf dem Gelände zwischen Flaschenturm
und S-Bahn Straße auf Alt-Stralau durchzuführen und die zweite Nachfrage bezieht sich auf Ihre
Beantwortung meiner ersten Frage: Geht das Bezirksamt davon aus, dass es keine gewaltbereite
linke Szene in Friedrichshain-Kreuzberg gibt?
Herr Dr. Schulz: Also… zu der…. meine Damen und Herren, Frau Vorsteherin, zu den beiden
Nachfragen - zu der ersten Nachfrage: Es ist ja auch schon über die Medien… äh, gab es ja so ´ne
Art Aufruf, ich glaub das war auch vom regierenden Bürgermeister…, Vorschläge für AlternativStandorte weiterzureichen. Ich weiß, dass es auch für unseren Bezirk drei Vorschläge gibt, die
weitergeleitet wurden; ein Vorschlag auch von mir persönlich mit einer bestimmten positiven
Bewertung. Die Vorortbesichtigungen haben in der Zwischenzeit stattgefunden. Guggenheim
befindet sich in einer internen Standortbewertung. Das muss jetzt auch schnell geschehen, weil die
Zeit für den Durchführungszeitraum knapp wird und von daher kann ich Sie sozusagen beruhigen;
Alt-Stralau kannte ich jetzt nicht als Vorschlag. Hätten Sie mir ein bisschen früher vielleicht halt
schicken sollen, aber – wie gesagt, drei Kreuzberger Standorte sind eingespielt worden und auch
Guggenheim bekannt.
Zu Frage 2: Ich muss Ihnen wirklich sagen, ich werde nicht und war auch in der Vergangenheit
nicht zu irgendwelchen Plänen oder Gruppensitzungen eingeladen, wo mir dann mitgeteilt wurde,
dass man irgendwelche Gewalttätigkeiten vor … Insoweit suche ich das Gespräch. Meine
Grundposition dabei, Herr Müller, ist wirklich glasklar. Ich lehne Gewalt ab, auch gegen Sachen,
egal von welcher Seite und das vertrete ich auch als Position gegenüber der linksalternativen
Szene.
Herr Dahl: Herr Dr. Schulz, ich hatte gerne gewusst, wann denn nun eigentlich gegen den
Guggenheim Lab an Sie herangetreten ist mit der Information, dass das Projekt hier in Kreuzberg,
auf dem Grundstück in der Couvrystraße stattfinden sollte?
Herr Dr. Schulz: Wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht, dann müsste das Anfang 2012
gewesen sein, aber ich bin mir nicht sicher, ob nicht davor schon ein Mailkontakt war so Ende
2011, wobei das da noch ein sehr provisorischer Kontakt war mit dem Hinweis, dass es noch nicht
richtig klar ist, ob die vom Pfefferberg weggehen und deswegen, weil es noch nicht richtig
entschieden ist , sozusagen auch keiner …, diese Information vertraulich zu behandeln sei.
Gleichwohl gab es von Anfang an den Hinweis von mir an Guggenheim, wenn diese Veranstaltung
Erfolg haben soll, müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein. Die eine Voraussetzung ist, dass
tatsächlich Themen, die die Bevölkerung auch lokal bewegen, in das Programm hineingenommen
werden und dass nicht über die Bürger, über die Initiativen gesprochen werden, sondern dass
diese Akteure selbst eingebunden werden, so dass man zwei Voraussetzungen, die immer wieder
angesprochen wurden und dann gab es natürlich auch verschiedene Informationen, wenn die
Initiativen dort existieren zur Kontaktaufnahme und Sie sehen ja, das mit Media Spree, nach ihren
eigenen Aussagen schon über mehr als ein Monat schon oder zwei Monate, die Kontakte und die
Gespräche gelaufen waren. Und das auch mein Ansatz war, also mit jeder Initiative, die zu einem
stadtentwicklungspolitischen kritischen Diskurs beitragen kann, direkt anzusprechen und direkt
einzubinden.
Herr Dahl: Herr Dr. Schulz, wenn Sie zu dem Zeitpunkt wussten, dass es hier in unserem Bezirk
stattfinden sollte, wäre es dann nicht sinnvoll gewesen, mit dieser Information in die dafür
zuständigen Ausschüsse auch zu gehen?
Herr Dr. Schulz: Ich bin gerne bereit, mal die Protokolle durchzugehen, ob ich nicht eine
Kurzinformation im Planungsausschuss gemacht habe.