Daten
Kommune
Ulm
Dateiname
Beschlussvorlage.pdf
Größe
575 kB
Erstellt
12.10.15, 21:52
Aktualisiert
27.01.18, 09:45
Stichworte
Inhalt der Datei
Stadt Ulm
Beschlussvorlage
Sachbearbeitung
FAM - Familie, Kinder und Jugendliche
Datum
27.05.2014
Geschäftszeichen
FAM-AL
Beschlussorgan
Jugendhilfeausschuss
Behandlung
öffentlich
Betreff:
Bericht der Kinderschutzstelle 2013
Anlagen:
Anlage 1- KVJS Arbeitshilfe zur Umsetzung des §72a SGB VIII
Sitzung am 25.06.2014
TOP
GD 229/14
Antrag:
Den Bericht zur Kenntnis nehmen
Helmut Hartmann-Schmid
Genehmigt:
BM 2, OB, R 2
Bearbeitungsvermerke Geschäftsstelle des
Gemeinderats:
Eingang OB/G
Versand an GR
Niederschrift §
Anlage Nr.
-2-
Sachdarstellung:
Zusammenfassende Darstellung der finanziellen Auswirkungen
Finanzielle Auswirkungen:
Auswirkungen auf den Stellenplan:
nein
nein
Zuletzt wurde in der Sitzung des Jugendhilfeausschuss am 27.02.2013 über die Kinderschutzstelle der
Stadt Ulm (GD 068 /13) berichtet.
Im Folgenden wird über die Arbeit der Kinderschutzstelle und über die Umsetzungen aus den
gesetzlichen Vorgaben des Bundeskinderschutzgesetzes, die am 01.01.12 in Kraft getreten sind,
berichtet.
1.
Kinderschutzstelle:
Die Zahl der Meldungen ist im Jahr 2013 zwar leicht zurück gegangen, hat sich aber, wie in den letzten
Jahren auch schon, bei einem hohen Niveau eingependelt. Deshalb war es richtig, die
Kinderschutzstelle mit zwei Vollzeitkräften auszustatten.
Während die Vorgehensweise bei Meldungen über Kindeswohlgefährdung zum letzten Bericht 2012
gleich geblieben ist, zeigt es sich, dass das Verfahren zur Qualitätssicherung
(„Hilfsprozessmanagement – HPM“) dauerhaft sehr viel Zeit bindet.
1.1. Handlungsablauf bei Meldungen:
Beim Eingang einer Meldung zu einer vermuteten Kindeswohlgefährdung bei der Kinderschutzstelle;
dies geschieht in der Regel über die zentrale Telefonnummer 161-6161; wird diese von den Fachkräften
aufgenommen. Von dort wird die zuständige Fachkraft im Kommunalen Sozialen Dienst (KSD) vor Ort
im Sozialraum hinzugezogen. Gemeinsam findet eine kollegiale Beratung statt und das weitere
Vorgehen wird abgestimmt. Die Regel ist ein gemeinsamer Hausbesuch, um die Situation vor Ort zu
sehen und sich einen persönlichen Eindruck über die Erziehungsberechtigten und die betroffenen
Kinder zu verschaffen.
Danach wird von den beiden Fachkräften eine Risikoeinschätzung nach einem strukturierten Leitfaden
vorgenommen und dokumentiert.
Ist keine Kindeswohlgefährdung erkennbar und auch weitere Recherchen bei Dritten ergeben keine
Hinweise hierauf, wird der Fall dokumentiert und abgeschlossen.
Ergibt das Ergebnis der Risikoeinschätzung, dass weitere Schritte zur Klärung der Gefährdungslage
oder zur Abwendung einer Gefährdung erforderlich sind, wird ein Hilfsprozessmanagement-Verfahren
(HPM) eingeleitet.
1.2. Das Hilfsprozessmanagement-Verfahren:
Die beiden zuständigen Fachkräfte von der Kinderschutzstelle und dem KSD setzen sich mit einer
erfahrenen Fachkraft im Jugendamt und eventuell mit anderen beteiligten Fachkräften aus
Jugendhilfe, Gesundheitshilfe und Kita bzw. Schule zusammen (Familienhelfer/-in, Erzieher/-in
Kinderarzt/-ärztin,) und beraten den Fall. Aufträge werden gemeinsam festgelegt und
Verantwortlichkeiten zur Durchführung vereinbart. Die Fachkraft, die das Hilfsprozessmanagement
-3durchführt, ist dafür verantwortlich, die Einhaltung der Aufträge zu überprüfen und die Wiedervorlagen
sicherzustellen. Erst, wenn dieses Fachteam zum Ergebnis kommt, dass keine Gefährdung mehr
besteht, wird der Fall beendet.
Bestehen während dieses Prozesses weitere Anhaltspunkte für eine Gefährdung, wird diese
abgewendet bzw. das Familiengericht eingeschaltet.
1.3. Externes Hilfsprozessmanagement-Verfahren bei sexuellem Missbrauch
In Fällen von sexueller Misshandlung und bei sehr schwerwiegenden, komplexen Fällen, wird ein
externes Hilfsprozessmanagement vom Kinderschutzbund hinzugezogen. Diese Kooperation besteht
schon seit vielen Jahren und hat sich sehr bewährt.
Einige HPM Verfahren erstrecken sich über mehrere Monate, vereinzelt auch über Jahre, wenn
gerichtliche Strafverfahren hinzukommen.
Es zeigt sich, dass das Verfahren sinnvoll und richtig ist, aber auch sehr zeitaufwändig und
ressourcenintensiv. Häufig kann nicht unmittelbar entschieden werden, ob eine Gefährdung noch
besteht. Dies impliziert, dass Fälle längere Zeit im Fokus bleiben müssen, dass Risiken immer wieder
neu eingeschätzt werden müssen und von den zuständigen Fachkräften des Jugendamtes neue
Aufgabenstellungen abgearbeitet werden müssen.
2.
Fallzahlen 2013 im Vergleich zu den Vorjahren:
2.1. Meldungen nach Jahren
Jahr
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
Meldungen
36
46
72
81
83
135
126
134
120
Kinder
46
69
101
119
121
197
199
216
183
-4Die Zahl der Meldungen einer Kindeswohlgefährdung pendelt sich seit vier Jahren auf einem nahezu
gleichen, hohen Niveau ein.
-52.2. Alter der Kinder:
Alter
0-<1
1-<3
3-<6
6 - < 14
ab 14
Anzahl Kinder
13
15
42
91
22
2.3. Meldungen nach Sozialräumen:
Sozialräume Meldungen
Mitte-Ost
17
Böfingen
18
Wiblingen
38
Weststadt
30
Eselsberg
17
Gesamt
120
Kinder
20
26
69
43
25
183
2.4. Geschlecht der Kinder:
männlich
weiblich
Anzahl Kinder
96
87
2.5. Interventionen:
Im Jahr 2013 wurde in 15 Fällen das Familiengericht eingeschaltet.
In 23 Fällen wurde eine Jugendhilfemaßnahme, meist auf Antrag der Erziehungsberechtigten auf
freiwilliger Basis, eingerichtet.
In 9 Fällen wurde eine schon bestehende Jugendhilfemaßnahme verändert (z.B. intensivere Hilfeform,
Kontrollauftrag).
Bei zwei Familien wurden Familienhebammen im Rahmen einer Jugendhilfemaßnahme mit
sozialpädagogischen Fachkräften als Tandem eingesetzt.
Fazit:
Die Zahl der Meldungen in Fällen von Kindeswohlgefährdung bleibt in Ulm auf einem hohen Niveau
bestehen.
Die Handlungsabläufe sind klar gestaltet und haben einen hohen Qualitätsstandard, der aufwändig,
aber zielführend und sinnvoll ist. Die Kinderschutzstelle hat im Kinderschutznetzwerk in der Region
einen hohen Bekanntheitsgrad und wird dementsprechend oft eingeschaltet.
Deshalb war es wichtig und richtig, die Stelle auf zwei Fachkräfte auszubauen.
-63.
Umsetzungen aus den gesetzlichen Grundlagen des Bundeskinderschutzgesetzes:
Zum 01.01.2012 ist das Bundeskinderschutzgesetz in Kraft getreten. Einige gesetzliche Grundlagen
wurden in Folge des §8a SGB VIII hinzugefügt und neu definiert und mussten in der Umsetzung auf den
Weg gebracht werden.
Das Jugendamt Ulm setzt hier folgendes um:
§ 8b Fachliche Beratung und Begleitung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen
(1) Personen, die beruflich in Kontakt mit Kindern oder Jugendlichen stehen, haben bei der Einschätzung
einer Kindeswohlgefährdung im Einzelfall gegenüber dem örtlichen Träger der Jugendhilfe Anspruch auf
Beratung durch eine insoweit erfahrene Fachkraft.
Im Jahr 2013 fand ein Fachtag statt, bei dem sich Fachkräfte, die im Bereich Kinderschutz und Beratung
erfahren sind, um für die Stadt Ulm einen ausreichenden Pool an „insoweit erfahrenen Fachkräften
(IEF)“ zu bilden. Als Referenten traten die Kinderschutzstelle der Stadt Ulm und der Kinderschutzbund
auf. Für die Stadt Ulm wurde eine Liste von „IEF“-Kräften zusammengestellt. Standards in der Beratung
werden derzeit erarbeitet. Dieser Fachkreis wird vom Jugendamt Ulm und Jugendamt Alb-Donau-Kreis
für die Region koordiniert.
§ 72a Tätigkeitsausschluss einschlägig vorbestrafter Personen
(3) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen sicherstellen, dass unter ihrer Verantwortung keine
neben- oder ehrenamtlich tätige Person, die wegen einer Straftat nach Absatz 1 Satz 1 rechtskräftig
verurteilt worden ist, in Wahrnehmung von Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe Kinder oder Jugendliche
beaufsichtigt, betreut, erzieht oder ausbildet oder einen vergleichbaren Kontakt hat. Hierzu sollen die
Träger der öffentlichen Jugendhilfe über die Tätigkeiten entscheiden, die von den in Satz 1 genannten
Personen auf Grund von Art, Intensität und Dauer des Kontakts dieser Personen mit Kindern und
Jugendlichen nur nach Einsichtnahme in das Führungszeugnis nach Absatz 1 Satz 2 wahrgenommen
werden dürfen.
(4) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen durch Vereinbarungen mit den Trägern der freien
Jugendhilfe sowie mit Vereinen im Sinne des § 54 sicherstellen, dass unter deren Verantwortung keine
neben- oder ehrenamtlich tätige Person, die wegen einer Straftat nach Absatz 1 Satz 1 rechtskräftig
verurteilt worden ist, in Wahrnehmung von Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe Kinder oder Jugendliche
beaufsichtigt, betreut, erzieht oder ausbildet oder einen vergleichbaren Kontakt hat. Hierzu sollen die
Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit den Trägern der freien Jugendhilfe Vereinbarungen über die
Tätigkeiten schließen, die von den in Satz 1 genannten Personen auf Grund von Art, Intensität und Dauer
des Kontakts dieser Personen mit Kindern und Jugendlichen nur nach Einsichtnahme in das
Führungszeugnis nach Absatz 1 Satz 2 wahrgenommen werden dürfen.
Die gesetzliche Grundlage war zu allgemein gehalten. Viele Jugendverbände sahen hier das Problem,
bei ehrenamtlich Helfenden zu viel bürokratischen Aufwand erbringen zu müssen bzw. diesen
Personenkreis vom Engagement abzuhalten.
Der KVJS Baden-Württemberg bildete eine Arbeitsgruppe bestehend aus Vertretern der Jugendämter
und der Jugendverbände und entwickelte hierzu eine entsprechende Arbeitshilfe (siehe Anlage1).
Auf örtlicher Ebene werden mit dem Stadtjugendring e.V., dem Stadtverband für Sport und dem
Stadtverband für Musik Vereinbarungen getroffen und in Zusammenarbeit mit dem Kinderschutzbund
entsprechende Fortbildungsveranstaltungen vorbereitet und durchgeführt.