Daten
Kommune
Ulm
Dateiname
Anlage 08 - Naturschutzfachliches Gutachten.pdf
Größe
10 MB
Erstellt
12.10.15, 21:53
Aktualisiert
27.01.18, 10:03
Stichworte
Inhalt der Datei
Anlage 8 zu GD 255/14
Naturschutzfachliche Bewertung mit
spezieller artenschutzrechtlicher
Prüfung (saP)
geplantes Wohngebiet zwischen Egginger Weg
und Grimmelfinger Weg
Stadt Ulm
Auftraggeber:
Stadt Ulm
Hauptabteilung Stadtplanung, Umwelt, Baurecht
Münchner Straße 2
89073 Ulm
Auftragnehmer:
Nürtinger Straße 32, 72669 Unterensingen
fon 07022-261157, Planungsgruppe@oekoinfo.com
www.oekoinfo.com
Bearbeitung:
Siegfried Aniol (Dipl.-Biol., Reptilien)
Brigitte Beier (Dipl.-Biol., Vegetation)
Peter C. Quetz (Dipl.-Biol., Vögel, Fledermäuse)
Margit Riedinger (Dipl.-Ing. Landespflege, Vegetation)
Bearbeitungszeitraum:
März – Oktober 2011
Inhaltsverzeichnis
1
Einleitung
4
2
Lage des Plangebietes
4
3
Artenschutzrechtliche Prüfung
5
4
Bestandsaufnahme Vegetation
7
4.1
Methode
7
4.2
Gebietsbeschreibung
7
4.3
Ergebnisse
11
5
Relevante Artenvorkommen
13
5.1
Pflanzenarten
13
5.2
Reptilien (Zauneidechse)
13
5.3
Vögel
13
5.4
Fledermäuse
15
5.5
Weitere Arten
16
6
Vorhabenswirkungen
16
6.1
Beschreibung des Vorhabens
16
6.2
Wirkung des Vorhabens
16
6.3
Ermittlung von Verbotstatbeständen nach § 44 BNatSchG
18
6.3.1 Vögel
18
6.3.2 Fledermäuse
21
7
Maßnahmen
22
7.1
Vermeidung und Minderung
22
7.2
Vorgezogener Funktionsausgleich
23
7.2.1 Vögel
23
7.2.2 Fledermäuse
24
7.3
Weitere Maßnahmen
24
8
Zusammenfassung
24
9
Literatur und Quellen
25
Anhang
Spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP)
1
Stadt Ulm
Einleitung
Die Stadt Ulm plant am Oberen Kuhberg zwischen Egginger Weg und Grimmelfinger Weg ein neues
Wohngebiet auszuweisen. Hierbei ist es erforderlich die ökologischen Funktionen des circa 5,5 ha
großen Gebiets naturschutzfachlich zu bewerten. Während der Vegetationsperiode 2011 wurden
deshalb im Plangebiet Untersuchungen durchgeführt. Es wurden die Lebensraum-Typen erfasst
sowie die Tiergruppen Vögel, Fledermäuse und Reptilien mit Schwerpunkt Zauneidechse erhoben.
Die Belange des Artenschutzes wurden in einer speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (saP)
betrachtet, wobei folgende Aspekte bearbeitet wurden:
•
Die Ermittlung und Darstellung der Verbotstatbestände nach § 44 Abs. 1 BNatSchG, die durch
das Vorhaben erfüllt werden können in Hinsicht auf die europarechtlich geschützten Arten (alle
europäischen Vogelarten, Arten des Anhang IV FFH-Richtlinie).
•
Die Erarbeitung von Vorschlägen für artspezifische Vermeidungs- und Ausgleichsmaßnahmen.
•
Die Prüfung, ob nach § 45 BNatSchG Ausnahmen von den Verboten des § 44 zulässig sind.
2
Lage des Plangebietes
Das zu untersuchende Gebiet lässt sich als Gartenhausgebiet beschreiben, das einerseits von
Schrebergärten und andererseits von Streuobstwiesen, die zum großen Teil vergärtnert sind, geprägt
ist . Das Plangebiet ist umgeben von Wohngebieten, Schulzentren Sportplätzen und Einkaufszentren.
Abb. 1: Lage und Umgebung des Plangebiets „Oberer Kuhberg“ (unmaßstäblich)
Planungsgruppe Ökologie und Information
4
Spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP)
3
Stadt Ulm
Artenschutzrechtliche Prüfung
Im Rahmen einer saP kann die Prüfung des Artenschutzes in verschiedene Schritte unterteilt werden.
Die Vorgehensweise orientiert sich hierbei an einen Schema von Dr. Kratsch (Abb. 2).
A: Relevanzprüfung - Ermittlung der prüfungsrelevanten Tier- und Pflanzenarten
Ausschluss der Arten, für die eine Betroffenheit hinsichtlich der Verbotstatbestände mit hinreichender
Sicherheit ausgeschlossen werden kann ("Abschichtung" des gesamten Artenspektrums)
B: Bestandsaufnahme - Erhebung der Bestandssituation der relevanten Arten im Bezugsraum
Ermittlung aller gesichert bzw. potenziell im Wirkraum vorkommenden prüfungsrelevanten Tier- und
Pflanzenarten, möglichst mit Hinweisen zur Raumnutzung und Bestandssituation
C: Prüfung der Betroffenheit
Prüfung und Ermittlung der Auswirkungen des Vorhaben auf relevante Arten, die tatsächlich betroffen
sind oder betroffen sein können. Die Lebensstätten werden mit der Reichweite der Vorhabenswirkungen überlagert.
D: Prüfung der Beeinträchtigung
Es wird geprüft, ob unter Berücksichtigung der geplanten Vermeidungs- und ggf. vorgezogenen
funktionserhaltenden Ausgleichsmaßnahmen (CEF-Maßnahmen), die jeweils einschlägigen
Verbotstatbestände nach § 44 BNatSchG erfüllt sind.
E: Prüfung der naturschutzfachlichen Voraussetzung der Ausnahmeregelung
Bei Vorliegen von Verbotstatbeständen nach § 44 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 BNatSchG, muss eine
Ausnahmeprüfung nach § 45 BNatSchG durchgeführt werden, damit die artenschutzrechtlichen
Verbote überwunden werden können. Gemäß § 45 Abs. 7 BNatSchG kann von den Verboten des
§ 44 BNatSchG eine Ausnahme erteilt werden, wenn
➢ keine zumutbare Alternative vorhanden ist,
➢ zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses vorliegen,
➢ sich der Erhaltungszustand der lokalen Population nicht verschlechtert bzw. Arten des Anhangs IV
der FFH-Richtlinie in einem günstigen Erhaltungszustand verbleiben.
Die Ausnahmeerteilung nach § 45 Abs. 7 kann ggf. mit Nebenbestimmungen versehen werden, wie
etwa einer ökologischen Baubegleitung.
Planungsgruppe Ökologie und Information
5
Spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP)
Stadt Ulm
Abb. 2: Schemata zur Vorgehensweise im Rahmen einer saP nach Dr. Kratsch
Planungsgruppe Ökologie und Information
6
Spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP)
4
Bestandsaufnahme Vegetation
4.1
Methode
Stadt Ulm
Die floristische Bewertung erfolgte nach dem aktuellen Verfahren der LUBW „Bewertung der Biotoptypen Baden-Württembergs zur Bestimmung des Kompensationsbedarfs in der Eingriffsregelung“
(2005). Die Aufnahme der Biotoptypen erfolgte am 3. Juni 2011.
In Tabelle 1 und in der Karte (s. Anhang) sind die vorkommenden Lebensraum-Typen und ihre
Bewertung eingetragen. In der Tabelle finden sich noch Flächenangaben.
4.2
Gebietsbeschreibung
Im östlichen Bereich des Plangebietes befinden sich noch Flächen, die als klassische Streuobstwiesen (Abb. 3) gelten können. Alte Obsthochstämme, überwiegend Äpfel, aber auch Birnen überschirmen eine Fettwiese. Diese Flächen haben eine hohe naturschutzfachliche Bedeutung und
werden mit der Wertstufe IV bewertet. Weitere Flächen, die von hochstämmigen Obstbäumen geprägt
werden, befinden sich im westlichen Bereich des Plangebiets (Abb. 4). Die Flächen können als vergärtnerte Streuobstwiesen bezeichnet werden, besitzen meist noch eine Fettwiese als Unterwuchs,
kleine Gartenhäuser, Spielgeräte und Wege befinden sich darauf. Deshalb werden diese Grundstücke folglich um den Faktor 0,8 abgewertet. Auf einem dieser Grundstücke fanden sich auffallend
viele Totholzbäume (Abb. 5). Ein Großteil des Gebiets wird durch „Schrebergärten“ (Abb. 6) geprägt.
Es handelt sich um größere Flurstücke, die in kleine Parzellen aufgeteilt wurden. Prägend sind die
zahlreichen Zäune, Heckenzäune, Hütten und Gewächshäuser. In den Gärten wird übewiegend
Gemüse angebaut. Die ebenfalls kultivierten Stauden und Obststräucher verleihen dem Gebiet
Bauerngartencharakter. Exotische Pflanzen und größere Bäume (z.B. Walnuss) sind auch zu finden.
Innerhalb des Plangebiets befinden sich auch bebaute Bereiche (Abb. 7), die einen hohen
Versieglungsgrad aufweisen. Die Hecken (Abb. 8), die das Gartenhausgebiet einfassen, sind durch
die angrenzenden Straßen belastet.
Planungsgruppe Ökologie und Information
7
Spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP)
Stadt Ulm
Abb. 3: Streuobstwiesen im östlichen Bereich des Plangebiets
Abb. 4: vergärtnerte Streuobstwiesen im westlichen Bereich des Plangebiets
Planungsgruppe Ökologie und Information
8
Spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP)
Stadt Ulm
Abb. 5: vergärtnerte Streuobstwiese mit hohem Totholzanteil im westlichen Bereich
Abb. 6: „Schrebergärten“ prägen einen Großteil des Plangebiets
Planungsgruppe Ökologie und Information
9
Spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP)
Stadt Ulm
Abb. 7: Gebäude und versiegelte Bereiche innerhalb des geplanten Baugebiets
Abb. 8: Die Hecken entlang der Straßen sind Beeinträchtigungen durch den Verkehr ausgesetzt
Planungsgruppe Ökologie und Information
10
Spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP)
4.4
Stadt Ulm
Ergebnisse
Die nachfolgende Tabelle gibt eine Übersicht über die vorkommenden Lebensraum-Typen, deren
Flächenanteile im Plangebiet und ihrer Bewertung. Die entsprechenden Wertstufen der Stadt Ulm
sind zum Vergleich in der Spalte „Wertstufe Stadt Ulm“ gegenübergestellt.
Aktuelle Nutzung
Parkwald
Biotoptyp
nach
LUBW
Basis- Grund- WertFaktor Biotop- Wert- Fläche
modul wert
spanne
wert
stufe [m2]
Stadt
Ulm
59.50
III
16
9 - 27
x 1,2
Bilanzwert
(Biotopwert
x Fläche)
19
3
3.354
63.726
4
0
226
904
IV
Straßenbegleitgrün
60.50
I
4
4-8
Parkwäldchen und Straßenbegleitgrün werden bei der Bewertung nicht miteinbezogen, da die Flächen
außerhalb der Planfläche liegen.
Fettwiese mittlerer
Standorte
33.41
III
13
IV
18
3
2.973
53.514
45.40b
+I
+5
33.41
III
13
x 0,8
15
2
19.718
29.5770
45.40b
+I
+5
III
Gebüsch mittlerer
Standorte, mäßig
beeinträchtigt
42.20
IV
19
15
2
906
13.590
Einzelbaum (Kastanie) mit
etwa 2,5 m Umfang auf
geringwertigem Biotoptyp
45.10
Nadelbaum-Bestand
59.40
Ruderalfläche, grasreich
mit Streuobst
Fettwiese mittlerer
Standorte
mit Streuobst (vergärtnert)
11 - 27
x 0,8
III
6
4-6
45.30a
6
III
14
9 - 22
14
2
1.347
18.858
35.64
III
11
9 - 15
11
2
102
1.122
Gebäude (Wohnhaus,
Lager, Garage, u.a.)
60.10
I
1
-
1
0
2.395
2.395
Straße, Feldwege,
Stellfläche (asphaltiert)
60.20
I
1
-
1
0
1.061
1.061
Unbefestigter Weg o.
Platz (geschottert)
60.24
I
3
3-6
3
0
1.783
5.349
Grasweg
60.25
II
6
6
6
1
1.820
10.920
Garten (strukturarm)
60.60
II
6
6-9
6
1
3.644
21.864
Garten (Schrebergärten)
60.60
II
6
6-9
6
1
15.135
90.810
Garten
60.60
II
6
6-9
6
1
1.064
6.384
Garten mit Streuobst
(teilweise verbracht)
60.60
II
6
6-9
9
2
1.199
10.791
53.147
532.428
II
x 1,5
III
Summe
Tab. 1: Bewertung der kartierten Biotoptypen (aktuelle Nutzung, Bestand)
Planungsgruppe Ökologie und Information
11
Spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP)
Stadt Ulm
Erläuterung des Bewertungsschlüssels des oben verwandten Modells der LUBW zur Bewertung der
naturschutzfachlichen Bedeutung der einzelnen Biotoptypen:
Definition
Wertstufe Basismodul Wertspanne Standard- und Feinmodul
keine bis sehr geringe
I
1-4
geringe
II
5-8
mittlere
III
9 - 16
hohe
IV
17 - 32
sehr hohe
V
33 - 64
Mittels der Feinbewertung wurden einige Lebensraum-Typen auf- bzw. abgewertet. Diese neue
Bewertung lässt sich zum einen in der Spalte „Biotopwert“ und zum anderen in der Spalte „Faktor“
ablesen.
Gärten, in denen hochstämmige Obstbäume vorhanden sind, wurden mit dem Faktor 1,5 aufgewertet.
Dagegen wurden Flächen, die als Streuobstwiesen kartiert wurden und gleichzeitig gärtnerisch
genutzt werden um den Faktor 0,8 abgewertet.
Feldhecken, Feldgehölze und Gebüsche entlang der stark befahrenen Straßen wurden ebenfalls um
den Faktor 0,8 abgewertet. Das kleine Parkwäldchen, das am östlichen Ende der Planfläche
angrenzt, wurde auf Grund des hohen Anteils alter Bäume aufgewertet. Dieser Bereich liegt allerdings
außerhalb der geplanten Bauabschnitte und dürfte somit vom Eingriff nicht betroffen sein und wurde
auch nicht bei der Gesamtbewertung berücksichtigt.
Ein Teil der Flächen, die bebaut, asphaltiert oder geschottert sind, haben keine bzw. eine nur sehr
geringe naturschutzfachliche Bedeutung. Das Plangebiet weist aber auch Bereiche auf, etwa die
Feldgehölze und Hecken sowie kleinere Streuobstwiesen, die eine hohe naturschutzfachliche
Bedeutung besitzen. Der überwiegende Teil der Flächen hat eine mittelere naturschutzfachliche
Bedeutung, so etwa die vergärtnerten Streuobstwiesen oder die strukturreichen Gärten mit Obsthochstämmen. Eine geringe Bedeutung besitzen etwa die Graswege und das Straßenbegleitgrün.
Der Bewertungsschlüssel der Stadt Ulm entspricht den Wertstufen des Basismoduls des LUBWModells. Es wird jeweils mit fünf Wertstufen gearbeitet, wobei die Wertstufe 0 des Ulmer Modells der
Wertstufe I des Modells des Landes Baden-Württemberg entspricht. Die Bewertung der einzelnen
Lebensraum-Typen der beiden Modelle ist in diesem Fall identisch.
Planungsgruppe Ökologie und Information
12
Spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP)
5
Relevante Arten und ihr Vorkommen
5.1
Pflanzenarten
Stadt Ulm
Es wurden keine streng oder besonders geschützten Arten festgestellt. Auf Grund der Standortfaktoren und der Lage außerhalb ihres Verbreitungsraumes in Baden-Württemberg ist nicht von
einem Vorkommen der nach Anhang IV der FFH-Richtlinie geschützten Pflanzenarten auszugehen.
5.2
Reptilien (Zauneidechse)
Im Plangebiet konnten keine Vorkommen der Zauneidechse nachgewiesen werden. Die Gründe für
das Fehlen dieser Art wird aus dem Gutachten von S. Aniol ersichtlich (s. Anhang).
5.3
Vögel
Es wurden vom Gutachter P. Quetz (s. Anhang) insgesamt 34 nach dem Bundesnaturschutzgesetz
besonders geschützte Vogelarten festgestellt, darunter 25 Brutvogelarten, sieben Nahrungsgäste und
zwei durchziehende Vogelarten.
Zwei Arten sind nach Bundesnaturschutzgesetz streng geschützt (Grünspecht als Brutvogelart und
Schwarzmilan als Durchzügler), der Schwarzmilan darüber hinaus nach Anhang 1 der Vogelschutzrichtlinie.
Zwölf Arten sind in der Roten Liste Baden-Württemberg verzeichnet, davon kam die Rauchschwalbe
(gefährdet) als Nahrungsgast vor. Von elf Arten der Vorwarnliste wurden sieben als Brutvogelarten
innerhalb des Geltungsbereichs festgestellt (Feldsperling, Gartenrotschwanz, Girlitz, Grauschnäpper,
Haussperling, Star und Wacholderdrossel), andere kamen als Nahrungsgäste (Gimpel und Mauersegler) oder als Durchzügler (Fitis) vor bzw. brüteten außerhalb angrenzend an das Untersuchungsgebiet (Türkentaube).
Der Vogelbestand wird hauptsächlich durch den z.T. älteren Obstbaum- und vielfältigen Gehölz- und
Vegetationsbestand sowie extensive Gartennutzungen geprägt. Neben den ubiquitären Vogelarten
wurden einige Arten der Vorwarnliste festgestellt, die die strukturelle Hochwertigkeit des Gebiets, vor
allem den Obstbaumbestand, anzeigen, etwa Brutvogelarten, die auf höhlenreiche alte Obstbäume
angewiesen sind: Feldsperling, Gartenrotschwanz, Grünspecht, Grauschnäpper und Star. Der Grünspecht benötigt darüber hinaus aufgrund seiner Revierausdehnung große Flächen mit Baumbeständen und Grünland, die diese Art in den westlich angrenzenden durchgrünten Gebieten findet.
Auch die Wacholderdrossel ist auf größere zusammenhängende Baumbestände und angrenzende
Offenlandflächen für die Nahrungssuche angewiesen.
Planungsgruppe Ökologie und Information
13
Spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP)
Stadt Ulm
Einige Arten der Vorwarnliste sind typisch für extensive Nutzungsstrukturen im Bereich von Kleingärten oder Siedlungsrandbereichen: Girlitz, Haussperling und Türkentaube.
Alle Arten mit Gefährdungs- und Schutz-Kategorien sowie Vorkommensstatus sind in der Tabelle
aufgeführt. In der Karte ist die Verbreitung ausgewählter höhlenbrütender Brutvogelarten (streng
geschützte oder Arten der Vorwarnliste) dargestellt.
RL BW Rote Liste Baden-Württemberg 2007:
V = Vorwarnliste, 3 = gefährdet
§ nach Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG)
streng geschützt, aller anderen Arten besonders
geschützt
VSR Vogelschutzrichtlinie: 1 = Vogelart in Anh. 1
aufgeführt
Status B = Brutvogel, (B) = außerhalb des
Untersuchungsgebiets, N = Nahrungsgast,
D = Durchzügler
Tab.2.: Festgestellte Vogelarten im Untersuchungsgebiet Oberer Kuhberg in Ulm (s. P. Quetz, Okt. 2011)
Planungsgruppe Ökologie und Information
14
Spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP)
Stadt Ulm
Abb. 9: Vorkommen ausgewählter Brutvogelarten (s. Gutachten P. Quetz, Okt. 2011)
5.4
Fledermäuse
Vom Gutachter P. Quetz (s. Anhang) wurden regelmäßig vor allem jagende Zwergfledermäuse gefunden, die im Umfeld ihrer Quartiere und entlang der Randbereiche des Gebiets geortet wurden.
Es ist davon auszugehen, dass mindestens sechs Quartiere während der Fortpflanzungs- oder Übergangszeiten von Zwergfledermäusen besetzt waren. Vor allem an Bäumen im Bereich der Gärten mit
größeren Obstbaumbeständen im westlichen Drittel des Areals sind Quatiere vorhanden. Am östlichen Ende außerhalb des Plangebietes in dem kleinen Parkwald und im Bereich eines Obstgartens
am östlichen Rand des Gebiets sind ebenfalls Quartiere vorhanden (s. Karte).
Nach Ausflug während der Dämmerungszeit fliegen diese Tiere zunächst in der Umgebung ihrer
Quartiere und wenig später vor allem entlang der offenen Randbereiche des Gebiets, um unter den
Laternen der Straßenbeleuchtung nach Insekten zu jagen.
Die Zwergfledermaus ist die am weitesten verbreitete und häufigste Art in Baden-Württemberg und
nahezu überall vorkommend. Die Jagdgebiete der Zwergfledermaus sind entsprechend mannigfaltig
und als Quartiere werden Bauwerke aller Art in Siedlungen wie auch Bäumen angenommen.
Vereinzelt wurden auch Großer Abendsegler und Langohrfledermaus geortet. Während der Große
Abendsegler überfliegend und kurz jagend beobachtet wurde, ist ein Quartier des Grauen (oder
Braunen) Langohrs innerhalb oder am Rande des Gebiets, jedoch wahrscheinlicher aber im Bereich
größerer Gehölzbestände weiter außerhalb anzunehmen
Planungsgruppe Ökologie und Information
15
Spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP)
Stadt Ulm
Abb. 10: Quartiere der Zwergfledermaus (s. Gutachten P. Quetz, Okt. 2011)
5.5
Weitere relevante Arten
Es ist nicht von weiteren aus artenschutzrechlicher Sicht relevanter Arten im Untersuchungsgebiet
auszugehen.
6
Vorhabenswirkungen
6.1
Beschreibung des Vorhabens
Es ist geplant den Bereich in zwei Bauabschnitten mit Wohngebäuden zu bebauen. Die Bebauung
erfolgt städtisch und stark verdichtet. Der erste Bauabschnitt soll 3,1 ha umfassen, der zweite 1,6 ha.
Ein Grünzug von rund 0,9 ha im westlichen Teil soll bestehen bleiben. Da der städtebauliche Wettbewerb noch nicht abgeschlossen ist, kann eine genauere Beschreibung der geplanten Bebauung
nicht erfolgen.
6.2
Wirkung des Vorhabens
Es muss davon ausgegangen werden, dass in den Bauabschnitten 1 mit ca. 3,1 ha und 2 mit ca. 1,6
ha, sämtliche vorhandenen Strukturen verloren gehen werden. Eine Außnahme bildet der Bereich im
Westen des Plangebietes, der als Grünzug (ca. 0,9 ha) erhalten bleiben soll.
Planungsgruppe Ökologie und Information
16
Spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP)
Stadt Ulm
Die Wirkfaktoren auf die betroffenen Artengruppen, die aus dem geplanten Vorhaben erwachsen,
stellen in der Regel Beeinträchtigungen und Störungen für die europarechtlich geschützten Arten dar.
Dabei ist zwischen bau-, anlage- und betriebsbedingten Wirkungen zu unterscheiden.
Bei der Beschreibung der Wirkungen des Planvorhabens wurde die innerörtliche Lage und die
vorhandene Nutzung des Plangebiets und der Umgebung berücksichtigt.
Baubedingte Wirkfaktoren und Wirkprozesse
Wirkfaktor
Beschreibung der Auswirkung
Betroffene Arten/-gruppe
Flächeninanspruchnahme während der Vorrübergehender Verlust von
Vögel
Bauphasen durch Baufelder und
Fledermäuse
Lebensstätten
Baustraßen
Lärmimmissionen, optische Störungen Beunruhigung von Individuen; Meide-
Vögel
sowie Erschütterungen durch
Fledermäuse
und Fluchtreaktionen
Baubetrieb und Baustellenverkehr
Anlagenbedingte Wirkfaktoren und Wirkprozesse
Wirkfaktor
Beschreibung der Auswirkung
Betroffene Arten/-gruppe
Dauerhafte Flächenbeanspruchung
dauerhafter Verlust von Lebens- und
Vögel
durch Bebauung und Versiegelung
Fortpflanzungsstätten
Fledermäuse
sowie Veränderung der Vegetation
Veränderte Standortbedingungen
dauerhafter Verlust von Nahrungshabitaten
Veränderung der Quartiereigenschaften
(Kleinklima, Bestandsstruktur)
Vögel
Fledermäuse
Betriebsbedingte Wirkfaktoren und Wirkprozesse
Wirkfaktor
Beschreibung der Auswirkung
Betroffene Arten/-gruppe
Lärm, stoffliche Emissionen und
Fluchtreaktionen und Vertreibung
Vögel
optische Reize
Lichtemissionen
Störungen der Nahrungshabitate (Anlocken Vögel
von phototaktischen Insekten)
Planungsgruppe Ökologie und Information
Fledermäuse
17
Spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP)
6.3
Stadt Ulm
Ermittlung von Verbotstatbeständen nach § 44 BNatSchG
Die Prüfung des Artenschutzes sowie die Ermittlung der Verbotstatbestände nach § 44 Abs. 1 in
Verbindung mit Abs. 5 BNatSchG wurden vom Gutachter P. Quetz (s. Gutachten im Anhang) unter
Berücksichtigung verschiedener Vorkehrungsmaßnahmen durchgeführt. Nachfolgend werden die
Ergebnisse im Einzelnen dargestellt.
In Kapitel 7 werden die verschiedenen Maßnahmen zur Vermeidung und Minimierung, zum Ausgleich
und zum vorgezogenen funktionalen Ausgleich (CEF) genauer vorgestellt.
Die Nahrungshabitate werden bei dieser artenschutzrechtlichen Prüfung nicht betrachtet, da sie nicht
den Bestimmungen des § 44 unterliegen.
Auszug aus dem BNatSchG - Abschnitt 3 - Besonderer Artenschutz
§ 44 Vorschriften für besonders geschützte und bestimmte andere Tier- und Pflanzenarten
(1) Es ist verboten,
1. wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu
töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2. wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der
Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine
erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer
Art verschlechtert,
3. Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur
zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
4. wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu
entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören (Zugriffsverbote).
6.3.1 Vögel
Verbreitete Vogelarten:
§ 44 (1) 2 - „Störungsverbot“
Die meisten der festgestellten Vogelarten sind verbreitete bis häufige und in den Siedlungs- und Siedlungsrandgebieten meist noch überall anzutreffende Vogelarten. Die Ansprüche dieser Arten sind während und
nach der Realisierung des Vorhabens im Umfeld in ähnlicher Weise erfüllt: Amsel, Blaumeise, Buchfink,
Grünfink, Hausrotschwanz, Kohlmeise, Mönchsgrasmücke, Rabenkrähe, Rotkehlchen, Sumpfmeise und
Zilpzalp.
Planungsgruppe Ökologie und Information
18
Spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP)
Stadt Ulm
Von einer erheblichen Beeinträchtigung des Erhaltungszustandes der lokalen Populationen dieser Vogelarten
durch die Eingriffe ist nicht auszugehen.
Verbotstatbestand erfüllt: nein
§ 44 (1) 3 - „Verbot der Zerstörung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten“
Es ist davon auszugehen, dass bei verbreiteten Höhlenbrütern die ökologische Funktion der betroffenen
Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang durch den Verlust von Niststätten nicht
beeinträchtigt wird.
Verbotstatbestand erfüllt: nein
§ 44 (1) 1 - „Tötungsverbot“
Eingriffe in vorhandene Obstbaum- und andere Gehölz- oder Vegetationsbestände sind mit einer baubedingten Zerstörung von Brutstätten und Quartieren verbunden und können zu einer Tötung potenziell
anwesender Jungtiere führen. Eine Gefahr für Alttiere besteht nicht, diese können problemlos ausweichen.
Besonders groß ist das Risiko, dass besonders geschützte Vogelarten durch Kollision an Glasflächen,
verstärkt durch Spiegelung von Vegetation und zusätzliche Lichteffekte, zu Tode kommen (VogelschlagRisiko).
Verbotstatbestand erfüllt: ja
Maßnahme: V2, V3
Verbot nach Maßnahmenumsetzung erfüllt: nein
Grünspecht:
§ 44 (1) 2 - „Störungsverbot“
Die lokalen Bestände dieser Art sind in ihrem Erhaltungszustand durch die Eingriffe nicht beeinträchtigt.
Verbotstatbestand erfüllt: nein
§ 44 (1) 3 - „Verbot der Zerstörung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten“
Ein mehrjährig nutzbares Nest dieser höhlenbrütenden Vogelart ist an einem Obstbaum innerhalb des
Plangebiets vorhanden (s. Abb. 9).
Verbotstatbestand erfüllt: ja
Maßnahmen: V1, C1
Verbot nach Maßnahmenumsetzung erfüllt: nein
§ 44 (1) 1 - „Tötungsverbot“
Eingriffe in vorhandene Obstbaumbestände sind mit einer baubedingten Zerstörung von Brutstätten
verbunden und können zu einer Tötung potenziell anwesender Jungtiere führen. Eine Gefahr für Alttiere
besteht nicht, diese können problemlos ausweichen.
Besonders groß ist das Risiko, dass Vögel durch Kollision an Glasflächen, verstärkt durch Spiegelung von
Vegetation und zusätzliche Lichteffekte, zu Tode kommen (Vogelschlag-Risiko).
Verbotstatbestand erfüllt: ja
Maßnahmen: C1, V3
Planungsgruppe Ökologie und Information
Verbot nach Maßnahmenumsetzung erfüllt: nein
19
Spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP)
Stadt Ulm
Höhlenbrüter der Vorwarnliste (Feldsperling, Gartenrotschwanz, Grauschnäpper,
Haussperling, Star):
§ 44 (1) 2 - „Störungsverbot“
Die lokalen Bestände dieser Arten sind in ihrem Erhaltungszustand durch die Eingriffe vermutlich
beeinträchtigt.
Verbotstatbestand erfüllt: ja
Maßnahmen: C1, C2
Verbot nach Maßnahmenumsetzung erfüllt: nein
§ 44 (1) 3 - „Verbot der Zerstörung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten“
Mehrjährig nutzbare Nester höhlenbrütender Vogelarten sind vor allem an den Obstbäumen innerhalb des
Plangebiets sowie an alter Gebäudesubstanz (Haussperling) vorhanden.
Verbotstatbestand erfüllt: ja
Maßnahmen: C1
Verbot nach Maßnahmenumsetzung erfüllt: nein
§ 44 (1) 1 - „Tötungsverbot“
Eingriffe in vorhandene Obstbaum- und andere Gehölzbestände sind mit einer baubedingten Zerstörung von
Brutstätten und Quartieren verbunden und können zu einer Tötung potenziell anwesender Jungtiere führen.
Eine Gefahr für Alttiere besteht nicht, diese können problemlos ausweichen.
Besonders groß ist das Risiko, dass besonders geschützte Vogelarten durch Kollision an Glasflächen,
verstärkt durch Spiegelung von Vegetation und zusätzliche Lichteffekte, zu Tode kommen (VogelschlagRisiko).
Verbotstatbestand erfüllt: ja
Maßnahme: V2, V3
Verbot nach Maßnahmenumsetzung erfüllt: nein
freibrütende Arten der Vorwarnliste (Girlitz, Türkentaube und Wacholderdrossel)
§ 44 (1) 2 - „Störungsverbot“
Die lokalen Bestände dieser Arten sind in ihrem Erhaltungszustand durch die Eingriffe vermutlich
beeinträchtigt.
Verbotstatbestand erfüllt: ja
Maßnahmen: C2
Verbot nach Maßnahmenumsetzung erfüllt: nein
§ 44 (1) 3 - „Verbot der Zerstörung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten“
Da freibrütende Vogelarten sich in jeder Brutsaison ihr Nest neu bauen, tritt der Verbotstatbestand nicht ein,
wenn die baubedingten Eingriffe zu einem naturverträglichen Zeitpunkt außerhalb der Brutzeit (1. Oktober bis
Ende Februar) erfolgen.
Verbotstatbestand erfüllt: nein
Planungsgruppe Ökologie und Information
20
Spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP)
Stadt Ulm
§ 44 (1) 1 - „Tötungsverbot“
Eingriffe in vorhandene Obstbaum- und andere Gehölz- oder Vegetationsbestände sind mit einer
baubedingten Zerstörung von Brutstätten und Quartieren verbunden und können zu einer Tötung potenziell
anwesender Jungtiere führen. Eine Gefahr für Alttiere besteht nicht, diese können problemlos ausweichen.
Besonders groß ist das Risiko, dass besonders geschützte Vogelarten durch Kollision an Glasflächen,
verstärkt durch Spiegelung von Vegetation und zusätzliche Lichteffekte, zu Tode kommen (VogelschlagRisiko).
Verbotstatbestand erfüllt: ja
Maßnahme: V2, V3
Verbot nach Maßnahmenumsetzung erfüllt: nein
6.3.2 Fledermäuse
Zwergfledermaus
§ 44 (1) 2 - „Störungsverbot“
Die lokale Population dieser Fledermausart wird auf Grund ihrer weiteren Verbreitung und Häufigkeit in ihrem
Erhaltungszustand durch die Eingriffe mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht wesentlich beeinträchtigt.
Verbotstatbestand erfüllt: nein
§ 44 (1) 3 - „Verbot der Zerstörung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten“
Mehrjährig nutzbare Fledermausquartiere sind vor allem an den Obstbäumen innerhalb des Plangebiets
vorhanden.
Verbotstatbestand erfüllt: ja
Maßnahmen: C3
Verbot nach Maßnahmenumsetzung erfüllt: nein
§ 44 (1) 1 - „Tötungsverbot“
Baumhöhlen können Fledermäusen als Überwinterungsquartier dienen und unterliegen dann auch im
Winterhalbjahr dem Rodungsverbot. Vor der Rodung potenzieller Höhlenbäume ist deshalb zu klären, ob sie
von Fledermäusen besetzt sind, so dass ggf. eine Evakuierung erfolgen kann.
Artenschutzgerechter ist es, Höhlen zu verschließen und vorgezogen Ersatzquartiere aufzuhängen.
Verbotstatbestand erfüllt: ja
Maßnahme: V4, C3
Planungsgruppe Ökologie und Information
Verbot nach Maßnahmenumsetzung erfüllt: nein
21
Spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP)
7
Maßnahmen
7.1
Vermeidung und Minderung
Stadt Ulm
Vermeidungsmaßnahmen dienen dazu, die Erfüllung von Verbotstatbeständen nach § 44 (1) zu
vermeiden. Hierzu gehören etwa zeitliche Baubeschränkungen wie der Eingriff in Gehölze außerhalb
der Brutzeit oder eine technische veränderte Bauweise, die z.B. Emissionen reduziert.
V1 - Baustelleneinrichtung – Bauzaun – Erhalt von Obstbäumen:
Während der Bauphase werden durch Baubetrieb (Menschen und Maschinen) sowie Baustelleneinrichtung, -lagerflächen, -zufahrten und -verkehr, vor allem durch Lärm und Erschütterungen, Beeinträchtigungen verursacht, die sich durch Lebensraumverlust, Störungen und Verdrängungseffekte
negativ auf seine Bewohner auswirken. Anlage und Betrieb der Baustelleneinrichtungen sind deshalb
auf ein möglichst kleines Areal zu begrenzen, ohne weitere Inanspruchnahme von Bereichen außerhalb der Baufläche, die ggf. mit einem Bauzaun abzugrenzen ist. Artenschutzrelevante Strukturen Obstbäume – sollten soweit wie möglich erhalten bleiben.
V2 - Bauzeitenbeschränkung - Vögel:
Eingriffe in vorhandene Obstbaum- und andere Gehölz- oder Vegetationsbestände sind außerhalb
der Brutzeit in einem Zeitraum ab 1. Oktober bis Ende Februar vorzunehmen - die mit einer baubedingten Zerstörung von Brutstätten und Quartieren verbundene Tötung potenziell anwesender Jungtiere kann so vermieden werden. Eine Gefahr für Alttiere besteht nicht, diese können problemlos
ausweichen.
V3 - Vogelschlag-Risiko vermindern:
Anlagebedingt können Tiere durch technische Anlagen, Barrieren oder Fallen geschädigt oder getötet
werden. Besonders groß ist das Risiko, dass besonders geschützte Vogelarten durch Kollision an
Glasflächen, verstärkt durch Spiegelung von Vegetation und zusätzliche Lichteffekte, zu Tode kommen. Auf das Vogelschlag-Risiko und vorbeugende Maßnahmen - durch großflächige und dichte
Markierungen von Glasflächen (außenseitiges Anbringen z.B. von Punktrastern mit mindestens 25 %
Deckungsgrad) - ist hinzuweisen (SCHMID, WALDBURGER & HEYNEN 2008). Zudem sollten
Außenbeleuchtungen vermieden bzw. umweltfreundlich installiert und Lichtimmissionen verringert
werden.
Planungsgruppe Ökologie und Information
22
Spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP)
Stadt Ulm
V4 - Bauzeitenbeschränkung - Fledermäuse:
Baumhöhlen können Fledermäusen als Überwinterungsquartier dienen und unterliegen dann auch im
Winterhalbjahr dem Rodungsverbot, um keinen Verbotstatbestand (Tötung) auszulösen. Vor der
Rodung potenzieller Höhlenbäume ist deshalb zu klären, ob sie von Fledermäusen besetzt sind, so
dass ggf. eine Evakuierung erfolgen kann.
7.2
Vorgezogener Funktionsausgleich (CEF-Maßnahmen)
Nach § 44 (5) BNatSchG können Maßnahmen zum vorgezogenen Funktionsausgleich umgesetzt
werden, wenn bei einem Eingriff Fortpflanzungs- und Ruhestätten nicht erhalten werden können.
Diese CEF-Maßnahmen (CEF = continous ecological functionality) müssen vor Beginn des Bauvorhabens als gleichwertige Ersatzlebensräume geschaffen werden. Diese Ersatzlebensräume müssen
sich im räumlich funktionalen Zusammenhang befinden, damit sie von den betroffenen Arten eigenständig besiedelt werden können.
7.2.1 Vögel
C1 - Anbringen von Nistkästen:
Mehrjährig nutzbare Nester höhlenbrütender Vogelarten (Feldsperling, Gartenrotschwanz, Grauschnäpper und Star, alle Vorwarnliste sowie Grünspecht, streng geschützt ) sind vor allem an den
Obstbäumen innerhalb des Plangebiets sowie an alter Gebäudesubstanz (Haussperling) vorhanden.
Für diese Arten der Vorwarnliste sind an Obstbäumen im Außenbereich sowie für Haussperling an
Gebäuden als vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen Nistkästen aufzuhängen (mit unterschiedlichen
Einflugöffnungen: Gartenrotschwanz oval und Star 45 mm).
C2 - Anpflanzung von Gehölzstrukturen, Hecken, Obsthochstämmen:
Die Nachpflanzung von Obstbäumen sowie die Anlage von Hecken bzw. Feldgehölzen in der
Umgebung, am Rande des Offenlands, sind als Kompensationsmaßnahmen für den Verlust von
Lebensraumstrukturen für Girlitz, Türkentaube und Wacholderdrossel (Arten der Vorwarnliste) vor
Baubeginn erforderlich.
Planungsgruppe Ökologie und Information
23
Spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP)
Stadt Ulm
7.2.2 Fledermäuse
C3 - Ersatzquartiere sowie Verschluß von Höhlen:
Vor der Rodung potenzieller Höhlenbäume ist zu klären, ob sie von Fledermäusen besetzt sind, so
dass ggf. eine Evakuierung erfolgen kann.
Artenschutzgerechter ist es, Höhlen zu verschließen und vorgezogen Ersatzquartiere aufzuhängen.
Vorgeschlagen werden Fledermausbretter oder -kästen in der näheren Umgebung.
7.3
Weitere Maßnahmen
Zur Vermeidung und Minderung der Eingriffsfolgen werden nachfolgende Maßnahmen empfohlen, die
im Bebauungsplan festgelegt werden sollten:
•
Angemessene Durchgrünung des Baugebiets mit Einzelbäumen und Pflanzgeboten
•
Verwendung gebietsheimischer Gehölzarten für die Eingrünung öffentlicher sowie privater
Flächen
•
Verwendung von UV-freier, insektenfreundlicher Beleuchtung (LED-Beleuchtung oder
Natriumniederdrucklampen)
•
8
Beschränkung der Versiegelung auf das unvermeidbare Mindestmaß (Verkehrsflächen)
Zusammenfassung
Das vorliegende Gutachten soll prüfen, ob die geplante Bebauung „Oberer Kuhberg“ Verbotstatbestände nach § 44 BNatSchG verursacht. Weiterhin sollen Vermeidungsmaßnahmen, Verminderungs- und Kompensationsmaßnahmen die Beeinträchtigungen geschützter Tierarten ausgleichen. Bei
Durchführung der vorgeschlagenen Maßnahmen wird das geplante Vorhaben als mit den Zielen des
Artenschutzes (§ 44 BNatSchG) vereinbar angesehen.
Planungsgruppe Ökologie und Information
24
Spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP)
9
Stadt Ulm
Literatur und Quellen
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ungsvorsorge in der freien Landschaft (Naturschutz-Gesetz-NatSchG)
Braun, M., & F. Dieterlen (2003): Die Säugetiere Baden-Württembergs. Bd. 1: Allgemeiner Teil, Fledermäuse;
Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart.
Bundesrepublik Deutschland (2010): Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutz
gesetz – BNatSchG)
Europäische Gemeinschaft (EU) (1992): Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21.5.1992 zur Erhaltung der
natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen (FFH-Richtlinie), Abl. EG L 206/7
vom 22.7.1992 zuletzt geändert durch Veröffentlichung im Amtsblatt der EG Nr. L 236 vom 23.9.2003
(Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie)
Fachdienst Naturschutz, Naturschutzinfo (2,3/2006): Artenschutz in der Planung
Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz – BNatSchG) in der
Fassung vom 25.3.2003, geändert am 29.7.2009
Landesanstalt für Umweltschutz (LfU; 2005): Bewertung der Biotoptypen Baden-Württembergs zur Bestimmung des Kompensationsbedarfs in der Eingriffsregelung, Karlsruhe
Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW): interaktiver Datenund Kartendienst
Rothmaler, R. (1987): Exkursionsflora für die Gebiete der DDR und der BRD; Volk und Wissen, Berlin
Kratsch, D. (2008): Seminarbeitrag Artenschutzrecht im Wandel, Planungs- und Zulassungspraxis zwischen
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Schmid, H., P. Waldburger & D. Heynen (2008): Vogelfreundliches Bauen mit Glas und Licht. - Schweizerische
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Sebald, Seybold, Philippi (1993-1998): Die Farn- und Blütenpflanzen Baden-Württembergs, Bd. 1-8, Ulmer
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Trautner J., Lamprecht H. (2006): Geschütze Arten in Planungs- und Zulassungsverfahren, Books on Demand,
Norderstedt
Vogelschutzrichtlinie VSR: Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wild
lebenden Vogelarten (ABl. EG Nr. L 103. L236 vom 23.9.2003 (Vogelschutzrichtlinie) vom 25.4.1979
S.1 zuletzt geändert durch Veröffentlichung im Amtsblatt der EG
Anlagen
Quetz, P. (Okt. 2011): Erfassung von Brutvögeln und Fledermäusen - Ulm „Oberer Kuhberg“
Aniol, S. (Sept. 2011): Kurzbericht zum Sondergutachten Reptilien
Karte „Biotoptypen-Kartierung“
Bewertungsrahmen der Stadt Ulm
Bewertung der Biotoptypen Baden-Württembergs zur Bestimmung des Kompensationsbedarfs in der
Eingriffsregelung
Planungsgruppe Ökologie und Information
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