Daten
Kommune
Ulm
Dateiname
Anlage 4 - Begründung (Entwurf).pdf
Größe
157 kB
Erstellt
12.10.15, 21:58
Aktualisiert
27.01.18, 10:20
Stichworte
Inhalt der Datei
Anlage 4 zu GD 384/14
Planbereich
142
Stadt Ulm Stadtteil Westen
Bebauungsplan „Neue Straße 3“
Begründung
Entwurf
Ulm, 15.10.2014
Bearbeitung:
Stadt Ulm
Hauptabteilung Stadtplanung, Umwelt, Baurecht
Plan Nr.
38
Bebauungsplan "Neue Straße 3 "
1.
Begründung
Rechtsgrundlage und Verfahrensablauf
Grundlage für die Aufstellung des Bebauungsplans ist das Baugesetzbuch i. d. F. der Bekanntmachung vom 23.09.2004 (BGBl. I S. 2414), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes
vom 15.07.2014 (BGBl. I S. 954). Bei dem vorliegenden Verfahren handelt es sich um einen
Bebauungsplan der Innenentwicklung gem. § 13a (BauGB); somit wird die Planaufstellung im
beschleunigten Verfahren durchgeführt. Das Verfahren wird mit dem gemeinsamen Aufstellungs- und Auslegungsbeschluss am 11.11.2014 eingeleitet. Das Bebauungsplanverfahren
soll binnen Jahresfrist abgeschlossen werden.
2.
Inhalt des Flächennutzungsplans
Der rechtsverbindliche Flächennutzungs- und Landschaftsplan 2010 des Nachbarschaftsverbands Ulm (siehe Amtsblatt Nr. 37 vom 16.09.2010) stellt im Plangebiet "gemischte Baufläche (Bestand)" dar. Der Bebauungsplan ist gemäß § 8 Abs. 2 BauGB aus dem Flächennutzungsplan entwickelt.
3.
Anlass und Ziel der Planung
Das Universum-Center (Neue Straße 3), ein städtebauliches Großprojekt der 1960er Jahre,
wurde als eine Landmarke am überörtlichen Verkehrsknoten „Ehinger Tor“ entwickelt; diese
markiert in der Ulmer Stadtsilhouette den westlichen Eingang zur Innenstadt. Der Gebäudekomplex besteht im Wesentlichen aus zwei Bauteilen: einem 20-geschossigen Hochhaus, das
vorwiegend der Wohnnutzung dient, und einem vorgelagerten, bis zu 4-geschossigen Sockelbauwerk mit Einheiten für gewerbliche Nutzungungen. Der öffentliche Fußweg entlang
der Neuen Straße ist in das Passagensystem des Sockelbauwerks integriert.
Die Gebäude des Universum-Centers befinden sich im Geltungsbereich des Bebauungsplans
„Bismarckring – Ehinger Tor“ aus dem Jahr 1964. Der Bebauungsplan setzt Kerngebiet gem.
§ 7 BauNVO (1962) fest. Wie aus den Bebauungsplanakten hervorgeht, wurde diese Festsetzung seinerzeit getroffen, um die Kernstadt mit ihrer zentralen Versorgungsfunktion weiter
nach Westen auszudehnen und an der Nahtstelle zwischen Altstadt und Weststadt einen urbanen Knoten mit hoher Nutzungsdichte zu etablieren.
Insbesondere das vorgelagerte Geschäftshaus entlang der Neuen Straße unterliegt entgegen
der ursprünglichen planerischen Absicht seit einigen Jahren allerdings einem schleichenden
Nutzungswandel. Dort haben sich nach und nach zahlreiche Spielhallen und Wettbüros angesiedelt, die andere, der zentralen Versorgung dienende Nutzungen zunehmend verdrängen.
Der bestehende Bebauungsplan für das Universum-Center stammt aus einer Zeit, in der die
Problematik einer Konzentration von Spielhallen, Wettbüros usw. noch nicht virulent war und
einschränkende Regelungen für die - im Kerngebiet ansonsten allgemein zulässigen - Vergnügungsstätten somit nicht erforderlich waren. Infolgedessen hat sich mit Ausnahme einiger
Schnellimbiss-Restaurants und Internet-Cafés eine einseitige Struktur aus Vergnügungsstätten
und Wettbüros herausgebildet, die dem städtebaulichen Ziel einer kerngebietstypischen
Mischnutzung mit zentraler Versorgungsfunktion nicht mehr gerecht wird. Dieser Trend hat
sich in jüngerer Zeit noch beschleunigt, da andere Gewerbetreibende infolge der geschilderten Nutzungsverschiebung und dem damit einhergehenden Attraktivitätsverlust den Ort verlassen haben und nicht durch entsprechende Nachnutzungen ersetzt werden konnten. Eine
beträchtliche Leerstandsquote innerhalb des Sockelbauwerks ist die offensichtliche Folge dieser Entwicklung.
Diese leerstehenden Gewerbeflächen finden nun zunehmend das Interesse von Gewerbetreibenden, die sich durch die angespannte Nutzungsstruktur nicht gestört sehen bzw. selbst
Nutzungsziele verfolgen, die die gegebenen städtebaulich-funktionalen Spannungen weiter
verstärken. Konkreter Anlass für das vorliegende Verfahren ist eine Bauvoranfrage zur Um-
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Bebauungsplan "Neue Straße 3 "
Begründung
nutzung eines ehemaligen Bowling-Centers im Untergeschoss des Universum-Centers in einen bordellartigen Betrieb („Kontakt-Sauna“). Der Standort liegt außerhalb des in der Rechtsverordnung des Regierungspräsidiums Tübingen über das Verbot der Prostitution im Stadtkreis Ulm festgelegten Sperrbezirks. Planungsrechtlich sind bordellartige Betriebe nicht als
Vergnügungsstätten, sondern als Gewerbebetriebe eigener Art zu qualifizieren. Solche Betriebe wären auf der Grundlage des im rechtsverbindlichen Bebauungsplan festgesetzten
Kerngebiets grundsätzlich zulässig, sofern es sich um nichtstörende Gewerbebetriebe handelt.
Die Möglichkeit einer rechtssicheren Ablehnung der anhängigen Bauvoranfrage auf der
Grundlage des aktuellen Baurechts wäre zumindest fraglich; das Prozess- und Haftungsrisiko
wird als nicht unerheblich eingeschätzt.
Die geplante Kontaktsauna weist ein Konflikt- und Störpotential auf, das dem typischer Vergnügungsstätten wie Spielhallen oder Wettbüros vergleichbar ist. Die Nutzungen haben gleichermaßen Relevanz für den Kinder- und Jugendschutz; sie schotten sich vom öffentlichen
Raum ab und tragen zur Verödung eines Quartiers bei; sie verdrängen somit andere Gewerbetreibende mit örtlicher Versorgungsfunktion und lösen Trading-down-Effekte aus. Ergebnis
dieser Entwicklung sind letzten Endes städtebaulich-funktionale Missstände mit negativer
Ausstrahlung auf ein ganzes Quartier. Gerade im Umfeld einer hoch verdichteten Wohnnutzung, diverser Schulen und einer insbesondere für Schüler wichtigen Umsteigehaltestelle führen solche Missstände zu erheblichen Spannungen. Das Vorhaben eines bordellartigen Betriebs würde die bereits vorhandenen, durch die Anhäufung von Spielstätten mitverursachten
Strukturprobleme im Universum-Center noch verstärken. Die Abwendung einer Verfestigung
und Verschärfung städtebaulich-funktionaler Missstände erfordert und rechtfertigt die Änderung des bisher geltenden Planungsrechts durch den Ausschluss von Vergnügungsstätten sowie Nutzungen zum Zweck von Darstellungen oder Handlungen mit sexuellem Charakter.
Bereits im Jahr 2012 hat die Stadtverwaltung ein Vergnügungsstättenkonzept für die Stadt
Ulm erarbeitet. Danach sind im Bereich der Innenstadt lediglich die strukturstarken Lagen um
die Bahnhofstraße und die Hirschstraße dauerhaft in der Lage, die spezifischen Störpotenziale
von Vergnügungsstätten aufzufangen; ein zweites Eignungsgebiet für Vergnügungsstätten
weist die Konzeption im Bereich der Blaubeurer Straße aus. In Innenstadt-Randlagen führen
diese dagegen zu städtebaulich-funktionalen Unverträglichkeiten. Das Vergnügungsstättenkonzept wurde 2013 durch den Fachbereichsausschuss Stadtentwicklung, Bau und Umwelt
als städtebauliches Entwicklungskonzept beschlossen; die Verwaltung wurde zugleich beauftragt, die Konzeption in verbindliches Recht umzusetzen. Dies geschieht mit dem vorliegenden Verfahren.
Bezüglich des bordellartigen Betriebs gilt, dass die Lage außerhalb des Sperrbezirks, in dem
Prostitution generell verboten ist, den Umkehrschluss, das übrige Stadtgebiet sei generell und
ausnahmslos für derartige Nutzungen geeignet, nicht zulässt. Bereiche, die in ihrer Nutzungsstruktur bereits vorbelastet sind und deren städtebaulich-funktionalen Missstände auf das
Umfeld auszustrahlen drohen, eignen sich gerade nicht für die Ansiedelung von Betrieben,
die das Potential haben, einen bereits vorhandenen Negativtrend weiter zu beschleunigen.
Für Gewerbebetriebe zum Zweck der Darstellung/Handlung mit sexuellem Charakter gibt es
an anderer Stelle im Stadtgebiet ausreichend Quartiere, in denen die Anhaltspunkte dafür,
dass durch die Betriebe städtebaulich-funktionale Missstände ausgelöst werden könnten, wesentlich geringer sind.
Kernziel der Planung ist es, das Universum-Center für die Zukunft als einen belebten Baustein
mit zentraler Versorgungsfunktion am Ehinger Tor zu stärken, indem entwicklungshemmende
Nutzungen planungsrechtlich ausgeschlossen werden.
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Bebauungsplan "Neue Straße 3 "
4.
Begründung
Angaben zum Bestand
Der Gebäudekomplex besteht aus einem 20-geschossigen Hochhaus, das vorwiegend der
Wohnnutzung dient, und einem vorgelagerten, bis zu 4-geschossigen Sockelbauwerk mit
Einheiten für gewerbliche Nutzungungen. Unter den gewerblichen Einrichtungen sind aktuell
fünf Spielhallen,
drei Einrichtungen zur Vermittlung von Sportwetten sowie
ein Etablissement für erotische Massagen.
Ergänzt werden diese Nutzungen vorwiegend durch Internet-Cafés und SchnellimbissRestaurants. Auf allen Ebenen der gewerblich geprägten Sockelzone gibt es teils umfangreichen Ladenleerstand.
5.
übergeordnete Planungsziele
Das Universum-Center befindet sich im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet „Dichterviertel“. In der Vorbereitenden Untersuchung zum Sanierungsbebiet wurden im Quartier u.a.
deutliche Funktionsschwächen, etwa Gemengelagen aus unverträglichen Nutzungen und soziale Defizite, dignostiziert. Die Sanierung hat sich daher zum Ziel gesetzt, solche unverträglichen Gemengelagen zu entflechten. Dazu sollen u.a. die soziale Mischung gefördert, die
Annehmlichkeit und Sicherheit von Freiräumen und Verkehrsanlagen im Wohnumfeld verbessert und die wohnungsnahen Einkaufs- und Dienstleistungsangebote gestärkt werden. Insbesondere für Kinder- und Jugendliche soll die Aufenthaltsqualität im Stadtteil aufgewertet
werden.
Die aktuell vorherrschende Dominanz von Vergnügungsstätten im öffentlich zugänglichen Bereich des Universum-Centers und die zu erwartende Verschärfung der örtlichen Situation mit
den geschilderten problematischen Auswirkungen auf die soziale Struktur, die Qualität des
öffentlichen Raums und die wohnungsnahe Versorgung widersprechen den Zielen der Sanierung. Der vorliegende Bebauungsplan schafft die planungsrechtliche Grundlage, um hier im
Sinne der Sanierung steuernd eingreifen zu können.
6.
Planinhalt
Der Geltungsbereich des Bebauungsplans umfasst die Flurstücke Nr. 560 (Neue Straße 3) und
560/3 der Gemarkung Ulm.
Der Geltungsbereich deckt damit den gesamten Bereich des Universum-Centers (Hochhaus
und gewerbliche Sockelzone) ab. Das Plangebiet grenzt im Südwesten an den breiten Straßenraum des Hindenburgrings (B10). Im Südosten des Plangebiets befindet sich der ÖPNVKnoten Ehinger Tor. Nach Norden und Nordosten schließt die gemischte Bebauungsstruktur
des Dichterviertels an.
Für den genannten Geltungsbereich wird festgesetzt, dass Spielhallen und ähnliche Unternehmen im Sinne des § 33i Gewerbeordnung (GewO), Lokale mit Gewinnspielen im Sinne
des § 33d GewO sowie Wettbüros, Spielcasinos und Spielbanken unzulässig sind. Zudem
werden Vorführ- und Geschäftsräume, deren Zweck auf Darstellungen oder Handlungen mit
sexuellem Charakter ausgerichtet sind, ausgeschlossen. Ferner wird festgesetzt, dass Bordelle
einschließlich bordellartiger oder sonstiger Gewerbebetriebe mit dem Zweck der Anbahnung,
Vermittlung oder Erbringung von Dienstleistungen sexuellen Charakters unzulässig sind.
Bestehende Einrichtungen innerhalb des Planungsgebiets, die künftig baurechtlich unzulässig
sind, haben im Rahmen ihrer baurechtlichen Genehmigung und gewerberechtlichen Konzession zunächst Bestandschutz. Gemäß Landesglückspielgesetz werden Konzessionen für Spiel-
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Begründung
hallen allerdings ausschließlich personengebunden ausgestellt und sind daher nicht auf Dritte
übertragbar. Im Falle einer Geschäftsaufgabe durch einen Betreiber müsste für den gleichen
Betrieb eine neue Konzession beantragt werden; diese hätte keine Aussicht auf Erteilung, da
das novellierte Landesglückspielgesetz eine Kumulierung von Vergnügungsstätten untersagt
und Mindestabstände zu sensiblen Einrichtungen wie Schulen und Kindergärten vorschreibt.
6.
Ergänzung bestehender Pläne
Für den Geltungsbereich des Bebauungsplans werden die bestehenden rechtsverbindlichen
Bebauungspläne ganz oder in den entsprechenden Bereichen durch den Textbebauungsplan
überlagert. Die durch den neuen Bebauungsplan nicht betroffenen Festsetzungen in den derzeit rechtsverbindlichen Bebauungsplänen bleiben unverändert gültig. Es handelt sich hierbei
um folgende Bebauungspläne:
Plan Nr. 142/29: „Bismarckring – Ehinger Tor“
rechtsverbindlich seit dem 6. August 1964
Plan Nr. 142/34: „Ehinger Tor“
in Kraft getreten am 3. Dezember 1970
7.0 Flächen- und Kostenangaben
Flächenbilanz:
Gesamtfläche Geltungsbereich : ca. 6670 m²
Kostenangaben:
Der Stadt Ulm entstehen durch den Bebauungsplan keine Kosten.
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