Daten
Kommune
Ulm
Dateiname
Anlage 1-4 Sachbericht AB Wege ins Leben 2012-2014.pdf
Größe
177 kB
Erstellt
12.10.15, 21:59
Aktualisiert
27.01.18, 10:40
Stichworte
Inhalt der Datei
Anlage 1.4 zu GD 417/14
Sachbericht ESF-Projekt „Wege ins Leben“ (2012 - 2014)
Umsetzung des Projektes
Das Angebot besteht aus 4 bzw. 5 Elementen, die einzeln und kombiniert eingesetzt werden
können. Neben den Elementen „Vorbereitung auf den Hauptschulabschluss“,
„Tagesstrukturierung“
und
„Beschäftigung
in
Betrieben“
wird
das
Element
„Lebensunterstützung“ immer wichtiger. Dieses kann auch ambulant den anderen Elementen
vorgeschaltet werden und soll so die Voraussetzungen für einen beginnenden Hilfeprozess
schaffen. Insbesondere sollen hier geordnetes Wohnen, gesicherter Unterhalt und
persönliche Stabilität sichergestellt werden.
Das Casemanagement schließt auch weiterhin für Jugendliche aus dem ADK als 5. Element
nahtlos an unsere zentrale Beratungsstelle an und soll den Hilfeprozess steuern und
begleiten sowie den Jugendlichen das institutionelle Netzwerk der AB zugänglich machen.
Niederschwelligkeit und sofortiger Zugang waren ebenfalls weiter elementare Bestandteile
des gesamten Angebotes. Dies ermöglichen wir durch unsere, bei den Jugendlichen in der
Region bekannte, zentrale Anlaufstelle. Jeder Hilfesuchende kann hier während der
normalen Geschäftszeiten jederzeit eine/einen kompetente/n Ansprechpartner/in finden.
Bis auf den Hauptschulabschluss kann jedes Modul sofort beginnen. Aber auch in diesen
Kurs können Teilnehmer aufgenommen werden, wenn noch Plätze zur Verfügung stehen.
Allerdings werden diese dann erst ein Jahr später zur Prüfung angemeldet. Ein wichtiger
Punkt, die geschlechtersensible Betreuung der Jugendlichen, ist über die Verfügbarkeit von
weiblichem und männlichem pädagogischem Personal gesichert.
Ein weiterer wichtiger Zugangsweg ist das seit über zwei Jahrzehnten gepflegte Netzwerk
der Einrichtung im Bereich der Jugend – und Jugendberufshilfe. Neben dem Jugendamt und
der Arbeitsagentur sind die Jugendhilfeträger mit ihren Wohngruppen für Mädchen und
Jungen wichtige Partner. Immer stärker sind wir auch mit Gerichten, Jugendgerichtshilfe und
Bewährungshilfe verbunden, denn immer häufiger sind straffällige Jugendliche und
Intensivtäter unsere Klientel.
Inhalt und Umfang der Elemente
Element 1, Lebensunterstützung
Dieses Element ist genau richtig für Jugendliche mit multiplen Problemstellungen, die zu
erheblichen Schwierigkeiten in der Lebensbewältigung führen. Sie stammen meist aus
desolaten Familienverhältnissen und haben Schwierigkeiten mit geordnetem Wohnen,
unzureichenden finanziellen Mitteln, Straffälligkeit, Gewalt, Schulden und Sucht. Häufig
liegen psychische Auffälligkeiten vor. Für ihren Tagesablauf sind ganztägige und
tagesstrukturierende Angebote noch zu überfordernd. Durch eine sehr individuell angelegte
Beratung und Betreuung werden gemeinsam mit dem Jugendlichen die Problemstellungen
identifiziert und in einem dafür ausreichenden Zeitrahmen bearbeitet. Mit Hilfe des
Netzwerkes der Anderen Baustelle wird die Lebenssituation des Jugendlichen soweit
stabilisiert, dass die Aufnahme in die weiterführenden Module möglich wird und an der
beruflichen Integration gearbeitet werden kann.
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Element 2, Hauptschulabschluss
Dieses Angebot zielt auf junge Menschen ohne Hauptschulabschluss und mangelnder
Berufsreife, die motiviert sind, einen Abschluss zu erreichen. Es liegt ein Bündel von
Problemstellungen vor, die als Ursache für das schulische Versagen verantwortlich sind. Nur
mit neuen, innovativen Unterrichtsformen und in kleinen Gruppen ist Erfolg möglich.
Die Schülerinnen und Schüler werden intensiv auf den Hauptschulabschluss über die
Schulfremdenprüfung vorbereitet, um ihn erfolgreich abzuschließen. Es werden damit die
heute notwendigen schulischen Voraussetzungen für eine Ausbildung geschaffen. Dieses
Modul wird in Zusammenarbeit mit der vh ulm durchgeführt. Die unterrichteten Fächer sind
Mathematik, Deutsch, Englisch sowie WZG und WAG.
Element 3, Qualifizierung und Beschäftigung im Haus
Durch unsere tagesstrukturierenden Qualifizierungs- und Arbeitsangebote im Haus können
die Teilnehmer die soziale und berufliche Reife, die zur Aufnahme einer Ausbildung oder
Arbeit notwendig sind, erreichen. Je nach Belastbarkeit des Teilnehmers, können sie zeitlich
gestaffelt werden.
Element 4, Beschäftigung in Betrieben
Der letzte Schritt, die berufliche Eingliederung, wird durch gezieltes Vermitteln in Praktika
und Probebeschäftigungen bei potentiellen Ausbildungs- und Beschäftigungsbetrieben
eingeleitet. Diese Vorgehensweise führt häufig über den sogenannten Klebeeffekt zur
Übernahme in ein Ausbildungs- oder Beschäftigungsverhältnis.
Element 5, Casemanagement (ADK)
Durch intensive, zielgerichtete Beratung und Begleitung werden die Jugendlichen dazu
befähigt, sowohl das eigene, persönliche Netzwerk, als auch die professionellen,
institutionellen Netzwerke des Casemanagers zu nutzen. Casemanagement wird so zu
einem Beratungs- und Begleitungsprozess zwischen Casemanager und Jugendlichem, in
dem eine möglichst passgenaue, kontaktfähige, soziale und berufliche Integrationsstrategie
entwickelt wird. Dabei werden folgende Phasen durchlaufen: Erstgespräch, Anamnese,
Kompetenzbilanz, Integrationsplanung, Leistungssteuerung, Evaluation.
Vorbereitung zum Hauptschulabschluss
Wie auch schon in der Vergangenheit, liegen für den Berichtszeitraum
Vorbereitungskurse vor, da sich die Abläufe am offiziellen Schuljahr orientieren.
zwei
Kurs 2012 / 2013
Im September 2012 startete der Hauptschulabschlusskurs mit 10 Teilnehmern. Davon waren
2 Mädchen und 8 Jungs. Ein Schüler war doppelt belastet, da er zusätzlich arbeiten gehen
musste, da er keine Förderung bekam.
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Für kurze Zeit, von Ende September 2012 bis November 2012 kam noch ein weiterer
Schüler in die Gruppe, der aber die regelmäßigen Unterrichtszeiten nicht einhalten konnte.
Ein Mädchen verließ uns aus ebendiesem Grund. Ihre private Situation ließ es trotz
intensiver Hilfestellung nicht zu, den Kurs erfolgreich zu beenden.
Im April 2013 kamen zwei Schülerinnen dazu. Eine der beiden nimmt noch immer am
Hauptschulabschlusskurs teil und wird den Abschluss in diesem Jahr absolvieren. Die zweite
Schülerin blieb bis zum Schuljahresende und nahm auch noch am Probeunterricht für das
neue Schuljahr teil, wechselte dann allerdings in eine Regelschule, um dort Ihren Abschluss
zu machen.
Ende Juni stieß dann noch ein Mädchen zu uns, das aber aufgrund ihrer persönlichen
Schwierigkeiten nur unregelmäßig am Unterricht teilnahm. Sie hatte sich vorgenommen den
Hauptschulabschluss mit uns zu absolvieren, verließ dann aber im Oktober die Gruppe.
Wie auch in den vergangenen Jahren mussten unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
fortwährende Motivations- und Stabilisierungsarbeit leisten, da die psychische Instabilität der
Schüler und Schülerinnen immer mehr zunimmt.
Außerdem hatten wir noch mit anderen Problemen zu kämpfen. Ein Schüler hatte eine
anerkannte Lese- Rechtschreibschwäche, eine Schülerin musste ihre sehr großen
Schwierigkeiten in Mathematik überwinden und 6 Teilnehmer hatten einen
Migrationshintergrund, der meist erhebliche Sprachdefizite nach sich zieht. Sprachförderung
in Wort und Schrift war deshalb auch in diesem Kurs eine Hauptaufgabe.
Insgesamt wurden 8 Teilnehmer und Teilnehmerinnen zur Prüfung angemeldet, die alle
erfolgreich bestanden. Die besten Durchschnitte erzielten 2 Schüler mit 2,75.
Der Werdegang der anderen Teilnehmer war wie folgt:
1 Schüler ist in Arbeit
1 Schüler absolviert ein Praktikum und plant ein freiwilliges soziales Jahr
1 Schülerin besucht ein Jahr das RAZ
1 Schüler ist in Ausbildung zum Konstruktionsmechaniker
1 Schüler ist in Ausbildung zur Fachkraft für Sicherheit
1 Schüler ist in Arbeit und beginnt im September 2014 eine Ausbildung
1 Schüler begann eine Ausbildung zum Baumaschinenführer, brach sie aber ab und ist nun
in Arbeit
Kurs 2013/2014
Im September 2013 begann der neue Kurs mit 8 Schülerinnen und 5 Schülern, also
insgesamt 13 Teilnehmer.
Bereits im Oktober verließen 2 Schülerinnen die Gruppe. Beide Mädchen hatten aufgrund
ihrer persönlichen Situation Probleme, regelmäßig am Unterricht teilnehmen zu können.
Dafür bekamen wir aber sofort wieder einen neuen Schüler dazu und Ende November 2013
wurde die Gruppe noch um eine junge Frau und einen jungen Mann erweitert. Beide kamen
allerdings auch nur sehr unregelmäßig zum Unterricht.
Nachdem der vorangegangene Kurs sehr männerlastig war (nur 1 Mädchen), bilden in der
neuen Gruppe wieder die Frauen die Mehrheit. Es zeigt sich also, dass es wenig Sinn
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macht, hier irgendeinen Trend erkennen zu wollen. Wir reagieren und stellen uns immer auf
die jeweilige Situation ein.
Gesamtzahlen
Insgesamt nahmen im Berichtszeitraum 68 (41m; 27w) Jugendliche teil. Davon 42 (25m;
17w) aus der Stadt Ulm und 26 (16m; 10w) aus dem ADK.
In diesem Jahr hatten wir 3 Jugendliche unter 15 Jahren, 44 Jugendliche waren zwischen 15
und 18 Jahren, 20 zwischen 19 und 24 Jahren und ein Jugendlicher, der die
Hauptschulabschlussgruppe besucht, war älter als 24 Jahre.
Kooperation und Zusammenarbeit
Neben den 29 Jugendlichen, die auf den Hauptschulabschluss vorbereitet wurden und
werden, nahmen noch weitere 39 Jugendliche am „Wege ins Leben“ Projekt teil.
39 Teilnehmer wurden in den eigenen Werkstätten eingesetzt und konnten so
Tagesstrukturen aufbauen, zur Vorbereitung auf anstehende Praktika. Die Vermittlung
handwerklicher Grundfertigkeiten und das Einüben von Arbeitsabläufen waren ebenso
wichtige Lernschritte, wie die Konstanz bei den Arbeitstugenden Regelmäßigkeit,
Pünktlichkeit und Durchhaltevermögen.
16 Teilnehmer absolvierten insgesamt 21 verschiedene Praktika in unterschiedlichsten
Berufen und sammelten dadurch intensive berufliche Erfahrungen. Durch die enge
Begleitung in den Betrieben konnten so immer wieder rechtzeitig aufkommende Probleme
besprochen und aufgefangen werden und teilweise auch der sogenannte Klebeeffekt zu
einer Arbeits- und Ausbildungsstelle genutzt werden.
Bei 39 waren intensive Elternkontakte bis hin zu Hausbesuchen zur Entspannung und
Stabilisierung der Situation im Elternhaus notwendig. Eine Sicherung des Wohnumfeldes
konnte damit meist erreicht werden.
Bei 23 Teilnehmern war eine enge Zusammenarbeit mit den Jugendämtern und
Sozialämtern der Stadt Ulm und dem Alb-Donau-Kreis notwendig. Dies führte zur Erstellung
von individuellen Hilfeplänen und der Abstimmung zielorientierten Handelns.
Der Kontakt zu den Allgemeinen Sozialen Diensten der Kommunen (ASD) war auch im Jahr
2012 für 12 Jugendliche notwendig.
Bei 41 straffälligen Teilnehmern wurde in Zusammenarbeit mit der Jugendgerichtshilfe und
der Bewährungshilfe mit erheblichem Aufwand an der Stabilisierung der Jugendlichen und
dem Einhalten von Auflagen gearbeitet.
Bei 13 Teilnehmern wurden Kontakte und Hilfeangebote der Drogenhilfe vermittelt und
begleitet.
Bei 26 Teilnehmern wurden mit der vh-ulm zusätzliche Absprachen und Maßnahmen für
spezielle Förderungen der einzelnen Teilnehmer durchgeführt. Diese erfolgte im Rahmen
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unseres Vorbereitungsunterrichtes zum Hauptschulabschluss in Zusammenarbeit mit den
Lehrern.
Bei 7 Teilnehmern war eine Begleitung und Betreuung im Wohnbereich notwendig. Dies
erfolgte auch bei Vermieter- und Mieterfragen entweder mit den Teilnehmern selbst oder in
Kooperation mit Jugendhilfeträgern (Wohngruppen, Betreutes Wohnen).
Neben den oben beschriebenen Kontakten zu unseren Kooperationspartnern ist speziell die
Erweiterung der Arbeit mit dem Jugendmigrationsdienst hervorzuheben. Neben den
sprachlichen Schwierigkeiten der Hauptschüler wurden auch Hilfen bei den allgemeinen
Integrationsproblemen gemeinsam angegangen.
Darüber hinaus wurden fast alle Teilnehmer begleitet und unterstützt bei: polizeilichen
Ermittlungen, bei Gerichtsverhandlungen, bei Beratungsstellen und bei gemeinsamen
Absprachen und Planungen mit den verschiedensten Jugendhilfeeinrichtungen
(Jugendhäuser, Jugendtreffs, Mobile Jugendarbeit, Schuldnerberatung, Einrichtungen der
Notaufnahme, Übernachtungsheim, etc.).
Resümee der Projektumsetzung
Die in Ulm trotz einiger Rückschläge immer noch positive gesamtwirtschaftliche
Entwicklung, der anhaltende statistische Überhang an Ausbildungsstellen, die
Auswirkungen des demografischen Wandels und die von der neuen Landesregierung
veranlasste Aufhebung der Zugangsvoraussetzungen für weiterführende Schulen machte
es den weit abgekoppelten Jugendlichen, die bei uns auflaufen nicht einfacher. Zu
schwerwiegend sind ihre multiplen Probleme im privaten Bereich und zu hoch die heutigen
Anforderungen. Diese jungen Menschen sind meist nicht in der Lage elementarste
Lebenssituationen ohne spezielle, intensive und zielgerichtete Betreuung zu bewältigen, um
eine Ausbildungs-und Berufsreife zu erreichen. Die Veränderung im Schulbereich hat
unsere Arbeitssituation mit verändert, sie allerdings nicht leichter gemacht. Daraus ergab
sich insgesamt die Entwicklung, dass fast alle ausbildungsreifen Jugendlichen auf dem
Arbeitsmarkt unterkamen. Wer nicht angenommen wurde oder noch unentschlossen war,
konnte problemlos in weiterführenden Schulen Unterschlupf finden. Dies führte kurzzeitig
bis zum Beginn des Jahres zu einem Zwischentief an Nachfragern. Aber, wie erwartet,
erledigte sich dies sehr schnell. Abbrecher, sowohl aus dem dualen System, als auch aus
den verschiedensten Schulangeboten, die mit der begonnenen Ausbildung oder der Schule
überfordert waren, landeten bei uns. Diese trafen nun auf die bereits Übriggebliebenen, die
schon vorher den heutigen Anforderungen in Schule, Ausbildung und Arbeit in mehrfacher
Weise nicht gerecht werden konnten. Dabei geht es bei diesen jungen Menschen meist
weniger um deren schulische oder praktische Fähigkeiten, es scheitert häufig an ihren
großen Problemen im Lebensumfeld und der damit verbundenen ungeregelten und
ungeordneten Lebensführung. Ihr Leben ist häufig gekennzeichnet durch
Überlebensstrategien, die von Gewalt, Kriminalität, Alkohol, Drogenmissbrauch, sowie
planlosem Konsumverhalten geprägt sind.
Außerdem werden die notwendigen
Hilfemaßnahmen für diese jungen Menschen immer aufwändiger und zeitintensiver. Viel
höher ist der Aufwand für jeden Einzelnen. Auffallend war auch noch, dass ein enorm
großes Interesse an unserem Hauptschulabschlusskurs bestand. Wir konnten leider nicht
alle in Frage kommenden Kandidaten dort aufnehmen, da unsere Plätze beschränkt sind.
"Wege ins Leben" bleibt weiterhin ein wichtiges Angebot, um diese besonders schwierigen
jungen Menschen effektiv zu unterstützen, da deren Chancen auf dem Arbeitsmarkt auch
bei guten wirtschaftlichen Bedingungen kaum gestiegen sind.