Daten
Kommune
Berlin Spandau
Dateiname
Vorl. z.K. v. 31.10.2013.pdf
Größe
74 kB
Erstellt
14.10.15, 06:02
Aktualisiert
27.01.18, 11:33
Stichworte
Inhalt der Datei
Drucksachen
der Bezirksverordnetenversammlung Spandau
XIX. Wahlperiode
Vorlage - zur Kenntnisnahme -
Nr. 0641/XIX
TOP
Ursprung: Antrag
Initiator: SPD
Beratungsfolge:
Datum
Gremium /Sitzung
20.03.2013
04.06.2013
28.08.2013
27.11.2013
BVV
Sta
BVV
BVV
019/XIX(BVV)
014/XIX(Sta)
023/XIX(BVV)
026/XIX(BVV)
Beratungsstand
überwiesen
ohne Änderungen im Ausschuss beschlossen
ohne Änderungen in der BVV beschlossen
Prioritäten bei Bebauungsplänen
Der Bundesgesetzgeber hat in § 1 Abs. 2 Baugesetzbuch (BauGB) folgendes geregelt: „Die
Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche
Entwicklung und Ordnung erforderlich ist.“
Die Bauleitplanung ist also ein Kernbestandteil der kommunalen Planungshoheit und damit
des verfassungsrechtlich garantierten Selbstverwaltungsrechts im Rahmen der
städtebaulichen Bedürfnisse. Ein Beschluss, mit dem die kommunale Planungshoheit
unterlaufen wird oder in anderer Form in materieller bzw. verfahrensrechtlicher Hinsicht
einschränkt, z.B. hinsichtlich der grundgesetzlichen Eigentumsgarantie, ist unzulässig.
Zur Abgrenzung dessen, was noch als Ausformung der Sozialbindung des Eigentums und
damit als zulässige Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums gilt oder aber
bereits
einen
enteignungsgleichen
Eingriff
darstellt,
wird
der
Begriff
der
Situationsgebundenheit verwandt. Die konkrete Lage und damit die Eingebundenheit in
vorgegebene „natürliche“ Situationen ist für die Inhaltsbestimmung des Grundeigentums
besonders kennzeichnend. Dazu gehört es nicht, Defizite in der gesetzlichen Rahmensetzung
zur Mietpreisbindung ausfüllen zu wollen. Die Bauleitplanung ist nicht geeignet,
sozialverträgliche Mieten zu bewirken. Sie kann jedoch durch die Qualifizierung von Flächen
als Bauland einen Beitrag leisten, die Nachfrage zu steuern und damit indirekt auf den
Wohnungsmarkt Einfluss nehmen. Dabei darf nicht verkannt werden, dass es Ziel
städtebaulicher Ordnung und damit einer der Leitsätze des BauGB ist, die Wohnbedürfnisse
der gesamten Bevölkerung zu berücksichtigen. Die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler
Bevölkerungsstrukturen verbietet es, prioritär und damit faktisch ausschließlich einseitig
ausgerichtete Planungen betreiben zu wollen.
Die Berücksichtigung von Wohnbedürfnissen ist also eine allgemein gehaltene
Planungsleitlinie des Baugesetzbuchs, die besonders die Eigentumsbelange berührt. Zum
Inhalt des durch Art. 14 GG geschützten Eigentums an Grund und Boden gehört auch das
Recht zur baulichen Nutzung. Jedweder Eingriff von bodenrechtlicher Relevanz setzt also die
Abwägung mit den Belangen des Eigentums voraus. Im Sinne des Beschlusstextes ist es nicht
ausreichend, Mängel an Wohnungspotentialen oder der Wohnbauförderung der Kommune als
Grund anzuführen, vielmehr ist die Zumutbarkeit im Sinne des Eigentumsrechts zu bewerten
und die Planung muss städtebaulich, also baulich-strukturell begründet sein.
VO_zKts1.dot
Ausdruck vom: 03.06.2015
Seite: 1/2
Drucksachen
der Bezirksverordnetenversammlung Spandau
XIX. Wahlperiode
Selbst wenn Flächen für den sozialen Wohnungsbau nach sachgerechter Abwägung
festgesetzt werden könnten, hieße dieses nicht, dass damit auch eine entsprechende
Vermietung, also die Mitpreisbindung über den Umweg der Bauleitplanung bzw. die
Inanspruchnahme von Geldern der Wohnungsbauförderung, einherginge. Zudem verursacht
ein geringes Einkommen keinen besonderen Wohnbedarf im Sinne des Baugesetzbuchs.
Entgegen dem Wortlaut des Beschlusstextes entspricht es dem Wohl der Allgemeinheit und ist
damit Planungsgebot, auch singuläre Standorte der sozialen Infrastruktur oder Planungen der
technischen Bedarfsträger bzw. verkehrstechnische Bedürfnisse planerisch zu bewältigen.
Dieses Gebot gilt allgemein und ist nicht an Standorte des Geschosswohnungsbaus
gebunden. Zum Schutz und zur Stabilisierung eben dieser Ortsteile muss es ebenfalls möglich
sein, die Zulässigkeit von Vergnügungsstätten oder von großflächigen Einzelhandelsbetrieben
prioritär zu regeln. Entsprechendes betrifft die bauleitplanerische Begleitung von
Stadtumbauprojekten/Umsetzung von Zielen des Sanierungsgebiets.
Verfassungsrechtlich bedenklich ist auch die Zurücksetzung von Belangen der Wirtschaft.
Durch den Beschluss wird nämlich das grundgesetzlich geschützte Recht auf Gewerbefreiheit
berührt. Zum Nachweis diskriminierungsfreien Handelns müssen also gewichtige Gründe
angeführt werden können, warum ein nicht vom Beschluss erfasster Industriebetrieb
bauleitplanerisch benachteiligt wird und damit eine städtebaulich sinnfällige angestrebte
Erweiterung oder Neuansiedlung nur nachrangig überplant werden darf.
Fazit: Der Bebauungsplan ist kein Instrument, gesamtgesellschaftliche Defizite ausgleichen zu
wollen. Es ist vielmehr ein örtlich begrenztes Instrument, die städtebauliche Entwicklung und
Ordnung zu lenken, wobei die öffentlichen und privaten Belange gerecht gegeneinander und
untereinander abzuwägen sind.
Berlin-Spandau, den 31.10.2013
Das Bezirksamt
Kleebank
Bezirksbürgermeister
VO_zKts1.dot
Röding
Bezirksstadtrat
Ausdruck vom: 03.06.2015
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