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Anlage zur DS 0086-XIX_Rechtsextremismus in Reinickendorf.pdf

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Daten

Kommune
Berlin Reinickendorf
Dateiname
Anlage zur DS 0086-XIX_Rechtsextremismus in Reinickendorf.pdf
Größe
306 kB
Erstellt
15.10.15, 14:16
Aktualisiert
27.01.18, 13:35

Inhalt der Datei

Rechtsextremismus in Reinickendorf Berichtsjahr 2013 Denkmal im Rathauspark Den Opfern der NS-Diktatur und des zweiten Weltkrieges Inschrift auf dem Sockel: JEDE WELTANSCHAUUNG DIE SICH AUF GEWALT GRUENDET RÄDERT DEN MENSCHEN AUF IHREN SYMBOLEN. Inschrift der Bodenplatte: ZUM GEDENKEN AN DIE UNTER DER NATIONALSOZIALISTISCHEN GEWALTHERRSCHAFT 1933-1945 VERFOLGTEN, DEPORTIERTEN UND ERMORDETEN MITBÜRGER 2 1. Vorwort 2. Erhebungen des Staatsschutzes beim Polizeipräsidenten in Berlin 3. Beobachtungen des Verfassungsschutzes der Senatsverwaltung für Inneres und Sport 4. Zivilgesellschaftliches Engagement gegen Rechtsextremismus und Rechtspopulismus 4.1. Stolpersteine 4.2. Gedenkstätte Historischer Ort Krumpuhler Weg 5. Bezirkliches Engagement gegen Rechtsextremismus und Rechtspopulismus 5.1. Sport, Senioren und Aussiedlerberatungsstelle sowie öffentliche Gebäude 5.2. Jugend und Familie 5.3. Schule und Kultur 5.4. Straße und Landschaft, Stadtentwicklung, Bauaufsicht und Ordnung 5.5. Wirtschaft 6. Engagement und Erkenntnisse von Beratungsstellen für Opfer rechtsextremer und rassistischer Gewalt 6.1. ReachOut Berlin 7. Zukünftig geplante Maßnahmen - Ausblick 3 1. Vorwort Das Bezirksamt Reinickendorf von Berlin steht für Demokratie und Freiheit, für Vielfalt und Toleranz und wird sich rechtsextremistischen und rechtspopulistischen Tendenzen immer vehement entgegenstellen. Das Bezirksamt Reinickendorf engagiert sich, damit im öffentlichen Raum kein Handlungsfeld für Rechtsextremismus und Rechtspopulismus entstehen kann und setzt sich für eine menschenrechtsorientierte Willkommenskultur und Unterstützung von Geflüchteten gemeinsam mit anderen Behörden und Institutionen ein, um rassistisch aufgeladenen Anfeindungen entgegenzuwirken. Im Bezirk Reinickendorf wird sowohl durch zivilgesellschaftliche als auch bezirkliche Aktivitäten beständig das Ziel verfolgt, die Reinickendorferinnen und Reinickendorfer für sämtliche Formen und Ausprägungen von Rechtsextremismus, Rechtspopulismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit zu sensibilisieren und zu ermutigen, sich couragiert deren Auftreten entgegenzustellen. So traten am 13. Juli 2013 rund 250 Gegendemonstranten dem Versuch einer kleinen Gruppe von rechtsextremen NPD-Anhängern, an der Kreuzung Eichborndamm Ecke Oranienburger Straße im Rahmen einer ausländerfeindlichen Tour durch Berlin gegen Flüchtlinge und Asylbewerber und deren Unterbringung Front zu machen, friedlich entgegen. In einer Erklärung vom 15. Juli 2013 verurteilten das Bezirksamt und die Bezirksverordnetenversammlung Reinickendorf den Versuch, das Schicksal der in Berlin lebenden Flüchtlinge für menschenverachtende und nationalistische Propaganda zu missbrauchen und Vorurteile gegen Ausländer zu schüren. Bereits 2012 hatte sich das Bezirksamt in einer gemeinsam mit der Bezirksverordnetenversammlung Reinickendorf herausgegebenen Presseerklärung „Kein Platz für die NPD in Reinickendorf!“ gegen die Versuche der NPD verwehrt, Reinickendorf mit ihrer „Deutschlandtour“ zu einem Ort ihrer Propaganda zu machen, und alle Reinickendorferinnen und Reinickendorfer zur friedlichen Gegendemonstration aufrief. Die Klage der NPD auf Unterlassung dieses Aufrufes wurde nun im September 2013 vom Verwaltungsgericht Berlin abgewiesen, da das Bezirksamt und die Bezirksverordnetenversammlung mit dem Hinweis auf diese bedeutsame Angelegenheit weder gegen das Gebot der Sachlichkeit noch gegen den Grundsatz der Neutralität verstoßen haben. 4 Den Opfern des Nationalsozialismus haben das Bezirksamt, seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Vertreter der Fraktionen der Reinickendorfer Bezirksverordnetenversammlung gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern und protokollarisch unterstützt von der Patenkompanie des Bezirks, der 7. Kompanie des Wachbataillons beim Bundesministerium der Verteidigung, durch Kranzniederlegungen, Ansprachen und musikalische Beiträge gedacht am 27. Januar 2013 der Befreiung der Überlebenden des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau vor 68 Jahren, am 8. Mai 2013 an das Ende des Zweiten Weltkrieges und die Befreiung von nationalsozialistischer Gewaltherrschaft, am 20. Juli 2013 der Opfer des gescheiterten Attentats auf Adolf Hitler durch Oberst Graf Schenk von Stauffenberg am 20. Juli 1944 und den Versuch, das nationalsozialistische System zu stürzen, und an die anderen Menschen, die im Widerstandskampf ihr Leben verloren haben, sowie am 9. November 2013 anlässlich des 75. Jahrestages der nationalsozialistischen Novemberprogrome gegen die jüdische Bevölkerung sowie der Opfer des 1942 zerstörten tschechischen Ortes Lidice gemeinsam mit dem Arbeitskreis Politische Bildung Vergangenheit - Zukunft e.V. Herr Pavel Horešovský, eines jener wenigen überlebenden Kinder aus Lidice, hat als ein Vertreter der überlebenden Frauen und Kinder aus Lidice eine berührende Rede gehalten. So bleibt es unser aller Aufgabe, unsere Kinder und nachfolgenden Generationen aufzuklären und zu warnen. All das unmenschliche Leid darf nicht vergessen und jeglicher Form von Rechtsextremismus muss engagiert und entschieden entgegengewirkt werden. 5 2. Erhebungen des Staatsschutzes beim Polizeipräsidenten in Berlin Grundlage für die Erhebungen bildet der „Kriminalpolizeiliche Meldedienst in Fällen Politisch motivierter Kriminalität“ (KPMD-PMK). Dabei handelt es sich entgegen der „Polizeilichen Kriminalstatistik“ (PKS) um eine Eingangsstatistik. Die Fallzählung erfolgt tatzeitbezogen, unabhängig davon, wann das Ermittlungsverfahren an die Staatsanwaltschaft abgegeben wurde. Die folgenden statistischen Angaben stellen keine Einzelstraftaten der Politisch motivierten Kriminalität (PMK) dar. Bei der Darstellung handelt es sich um Fallzahlen. Ein Fall bezeichnet jeweils einen Lebenssachverhalt in einem engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit identischer oder ähnlicher Motivlage, unabhängig von der Zahl der Tatverdächtigen, Tathandlungen bzw. Anzahl der verletzten Rechtsnormen. Die Fallzahlen der PMK unterliegen bis zum Abschluss – ggf. bis zum endgültigen Gerichtsurteil – einer Bewertung gemäß der angenommenen Tätermotivation. Darüber hinaus werden Fälle der PMK bekannt, die erst nach dem Statistikschluss bekannt und entsprechend gezählt werden. Deshalb kann es auch überjährig immer wieder zu Fallzahlenänderungen kommen. Um die Fallzahlen übersichtlich und in Teilbereichen vergleichbar darzustellen, erfolgt die Unterteilung in die Deliktsarten Gewaltdelikte, Propagandadelikte und sonstige Delikte. Gewaltdelikte sind Tötungsdelikte, Körperverletzungen, Brand- und Sprengstoffdelikte, Landfriedensbruch, Gefährliche Eingriffe in den Schiffs-, Luft-, Bahnund Straßenverkehr, Freiheitsberaubung, Raub, Erpressung, Widerstandsdelikte, Sexualdelikte einschließlich Versuche. Propagandadelikte sind Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen und Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Bei den sonstigen Delikten handelt es sich um alle weiteren Strafrechtsnormen des Strafgesetzbuches sowie der Strafrechtsnebengesetze. Um das Motiv eines Falles auswertbar darzustellen, werden diesem bundeseinheitlich verbindliche Themenfelder bzw. Unterthemen zugeordnet. So ist z. B. fremdenfeindlich ein Unterthema des Themenfeldes „Hasskriminalität“. Um das Motiv detailliert darstellen zu können, können einem Fall mehrere Themenfelder bzw. Unterthemen zugeordnet werden. So kann ein Fall beispielsweise sowohl fremdenfeindlich als auch antisemitisch sein. Aus diesem Grund wird ein Fall bei der Auswertung der Themenfelder bzw. Unterthemen so oft gezählt, wie ihm Themenfelder bzw. Unterthemen zugeordnet wurden. Insofern führt die Summierung der Fallzahlen in den einzelnen Unterthemen grundsätzlich nicht zum tatsächlichen Fallzahlenaufkommen. 6 Gewaltdelikte 2012 2013 5 1  antisemitisch 0 0  fremdenfeindlich 5 1  gegen links 0 0 Propagandadelikte 47 52  antisemitisch 0 1  fremdenfeindlich 4 5  gegen links 0 0 sonstige Delikte 15 12  antisemitisch 8 5  fremdenfeindlich 9 6  gegen links PMK - rechts  antisemitisch  fremdenfeindlich  gegen links 1 0 67 65 8 6 18 12 1 0 Fallaufk om m en PMK - re chts im Be zirk Re inick e ndor f Aus der Statistik des KPMD-PMK geht hervor, dass im Jahre 2013 im Bezirk Reinickendorf insgesamt 65 Vorfälle (2012: 67 Fälle) mit rechtsextremistischem Hintergrund und strafrechtlicher Relevanz erfasst wurden. Im Zusammenhang mit der Anwendungspraxis des „Definitionssystems Politisch motivierte Kriminalität (PMK)“ bei der Bewertung von politisch motivierten Straftaten, insbesondere auch bei Tötungsdelikten, wurde seitens der Polizei Berlin im September 2013 ein Prüfvorgang angelegt. Diese Überprüfung dauert an und wird im abschließenden Ergebnis möglicherweise eine Neubewertung einzelner, bislang nicht als PMK-rechts bewerteter Fälle zur Folge haben. Insofern gelten die obigen Ausführungen vorbehaltlich der Ergebnisse des Prüfvorgangs. Eine gegebenenfalls erforderliche Neubewertung der rechtsextremistisch oder fremdenfeindlich motivierten vollendeten und versuchen Tötungsdelikte kann erst nach Abschluss der laufenden Überprüfungen erfolgen. Eine abschließende Aussage hinsichtlich einer eventuell erforderlich werdenden Neubewertung der Anzahl der Opfer rechtsextremer Gewalt in Berlin bzw. einer Revision der bisher statistisch nicht als rechtsextremistisch motiviert erfassten Tötungsdelikte ist daher derzeit nicht möglich. 3. Beobachtungen des Verfassungsschutzes der Senatsverwaltung für Inneres und Sport Nach den Beobachtungen des Berliner Verfassungsschutzes konzentrieren sich die Wohn- und Trefforte sowie Tätigkeitsschwerpunkte von Berliner Rechtsextremisten weiterhin auf die Bezirke Neukölln, Pankow, Treptow-Köpenick und Lichtenberg. Mit den Protesten gegen ein Asylbewerberheim rückte 2013 zudem Hellersdorf in den 7 Fokus rechtsextremistischer Agitation. Reinickendorf war 2013 von rechtsextremistischen Strukturen und Aktionen dagegen deutlich weniger betroffen. Lediglich die NPD und die Partei „Pro Deutschland“ verfügen über kaum in der Öffentlichkeit präsente Kreisverbände, deren Anteil an den Aktivitäten der Landesparteien gering ist. Strukturen im aktionsorientierten Rechtsextremismus konnten sich auch 2013 in Reinickendorf nicht bilden. Der diskursorientierte Rechtsextremismus ist seit einigen Jahren in Berlin und somit auch in Reinickendorf inaktiv. Die überwiegend lebensälteren NPD-Mitglieder des Kreisverbandes Reinickendorf sind innerhalb des Landesverbandes wegen der fehlenden Kontakte und Affinität zu den aktionsorienterten Rechtsextremisten isoliert, die in einigen anderen Kreisverbänden als auch im Landesverband in den Vorständen die Mehrheit stellen. Anders als in der Bundespartei brachen 2013 in Berlin die Konflikte zwischen den aktions- und parlamentsorientierten Rechtsextremisten jedoch nicht derart offen zutage, dass der Landesverband durch innerparteiliche Querelen in seiner Aktionsfähigkeit eingeschränkt worden wäre. Bei der Bundestagswahl konnte die NPD in Reinickendorf mit ihrer ausländer- und zuwanderungsfeindlichen Kampagne im letzten Jahr keine zusätzlichen Stimmen gewinnen, was aufgrund der Virulenz des Themas für die Partei eine Enttäuschung war. Die zum Teil offen nazistische Wahlkampfstrategie des NPD-Landesverbandes verfing bereits bei der letzten Abgeordnetenhauswahl nicht und wurde vom Reinickendorfer Kreisverband zumindest in der Öffentlichkeit nicht adaptiert. Daher wurden die öffentlichen Wahlkampfversammlungen in Reinickendorf überwiegend nicht von ortsansässigen Rechtsextremisten, sondern von ca. 10 Personen der Landespartei bestritten. Die NPD verbuchte in Reinickendorf zu 2009 im Bereich der Zweitstimmen einen leichten Verlust (2013: 1,5% und 2009: 1,6%), und im Ost-West-Vergleich ein für westliche Wahlbezirke leicht überdurchschnittliches Wahlergebnis (Berlin West: 1%). Sowohl in Reinickendorf als auch in gesamt Berlin zementierte die NPD 2013 somit ihren Status einer Splitterpartei. Mit 0,3% der Stimmen erhielt die islamfeindliche Partei „Pro Deutschland“ noch weniger Zuspruch bei der Bundestagswahl in Reinickendorf als die NPD. Der Reinickendorfer Kreisverband dieser Partei blieb 2013 auch außerhalb der Wahlkampfzeit vollkommen unauffällig. Auseinandersetzungen zwischen Rechtsextremisten und politischen Gegnern sind in Reinickendorf wegen der geringen Straßenpräsenz von Rechtsextremisten außerhalb von Infoständen oder im Wahlkampf selten. Allerdings werden Rechtsextremisten sporadisch Teil von sogenannten Outing-Aktionen politischer Gegner, bei denen Trefforte von Rechtsextremisten öffentlich gemacht werden. Auch 2013 wurden so Planungen von rechtsextremistischen Veranstaltungen in Reinickendorf publik und teilweise verhindert. Im Zuge derartiger Outings wurde ein Funktionär der NPD Reinickendorf Anfang März 2013 von politischen Gegnern angegriffen und verletzt. Der im Jahr 2013 gegründete Berliner Landesverband der Partei „Die Rechte“ verfügt in Reinickendorf weder über Strukturen noch über Aktivisten und spielte 2013 vor Ort keine Rolle. 8 4. Zivilgesellschaftliches Engagement gegen Rechtsextremismus und Rechtspopulismus Die nachfolgenden Beschreibungen zivilgesellschaftlichen und bezirklichen Engagements stellen einen Ausschnitt aller Aktivitäten dar, ohne den Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben. 4.1 Stolpersteine Auch im Jahr 2013 wurden berlinweit wieder mehrere Stolpersteine verlegt, um an die Opfer der Verfolgung aus rassistischen, politischen oder anderen Gründen in der Zeit des Nationalsozialismus zu erinnern und den Opfern einen Namen zu geben. Die mit den Namen der Opfer versehenen Steine werden vor deren einstigen Wohnorten im Straßen- oder Gehwegpflaster verlegt. Das Projekt hat sich bis zum Juli 2013 mit insgesamt ca. 40.000 Steinen in rund 820 deutschen und 200 ausländischen Städten zum weltweit größten dezentralen Mahnmal entwickelt. Durch die Zusammenarbeit zwischen dem Förderkreis für Bildung, Kultur und internationale Beziehungen Reinickendorf e.V. und der AG Stolpersteine fand am 07.06.2013 die Verlegung des 5.000sten Berliner Stolpersteins in Reinickendorf gegenüber des Rathauses Reinickendorf durch den Initiator der Stolpersteine, den Kölner Künstler Gunter Demnig, statt. Der 5.000ste Stolperstein erinnert an Paul Höhlmann, der als 9-Jähriger in die Wittenauer Heilstätten eingewiesen und in den folgenden Jahren in mehreren Heilstätten -unter anderem in der Kinderfachabteilung Wiesengrund am Eichborndamm 238- untergebracht wurde. Am 26.08.1942 verstarb Paul Höhlmann als Opfer der sogenannten Kindereuthanasie unter den Nationalsozialisten, nachdem an ihm diverse medizinische Experimente durchgeführt worden waren. In Reinickendorf wurden im Jahr 2013 insgesamt 13 Stolpersteine verlegt. Dabei bildeten die Verlegungen von 11 Stolpersteinen für die sogenannte Beuthke-Gruppe und seine Familie, die sich kommunistisch geprägt politisch engagierte. Infolgedessen wurden ohne Gerichtsverfahren Ernst, Walter, Friedrich, Charlotte, Anna und Richard Beuthke am 10. und 11. August 1943 im KZ Sachsenhausen ermordet. Daher wurden Quäkerstraße 28 (Ecke Otisstraße) für die Familie Beuthke, Am Hügel 15 für Charlotte Hundt, Schubartstraße 61 für Anna und Emil Becker und Mauschbacher Steig 30/31 für Fritz und Wally Radoch, allesamt Mitglieder oder Freunde der Familie Beuthke, Stolpersteine verlegt. Der dreizehnte Stolperstein wurde für Margarete Posener, die mit dem „25. Osttransport“ nach Auschwitz deportiert und dort ermordet wurde, in der Hatzfeldtallee 8 verlegt. Sämtliche Biographien können bei der AG Stolpersteine im Heimatmuseum Reinickendorf erfragt oder als Informationen zu der Gedenkstättenkarte des Heimatmuseums Reinickendorf im Internet nachgelesen werden. 9 4.2 Gedenkstätte Historischer Ort Krumpuhler Weg Auf dem Gelände Billerbecker Weg 123 in Tegel-Süd wird auch weiterhin vom Verein ubs e.V. - Umwelt, Bildung, Sozialarbeit – in Zusammenarbeit mit dem Reinickendorfer Heimatmuseum die Gedenkstätte Historischer Ort Krumpuhler Weg aufrecht erhalten. Zudem hat ubs e.V., unterstützt durch den EU-Bereich/Bündnis für Wirtschaft und Arbeit der bezirklichen Abteilung Stadtentwicklung, Umwelt, Ordnung und Gewerbe, in 2013 mit EU-Mitteln des Förderinstruments des Bündnisses für Wirtschaft und Arbeit „Lokales Soziales Kapital“ ein Projekt zur Förderung junger Menschen im Übergang zwischen Schule, Ausbildung und Beruf an dieser Gedenkstätte für NS-Zwangsarbeit durchgeführt. In Kooperation mit zwei Reinickendorfer Oberschulen werden mit schuldistanzierten Schülerinnen und Schülern verschiedene Workshops an der Gedenkstätte durchgeführt. Eben dieser ausgewählte Projektort lädt zusätzlich zur Auseinandersetzung mit den unfreien Lebens- und Arbeitsbedingungen der Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter ein, die häufig im selben Alter wie die Schülerinnen und Schüler waren. So verfolgt das Projekt auf lokaler Ebene für benachteiligte Personengruppen das Ziel, schuldistanzierte Schülerinnen und Schüler zu einer Auseinandersetzung mit den eigenen Zielen und Zukunftsvorstellungen anzuregen, Eigenverantwortung zu stärken, Schulabbrüche präventiv zu vermeiden und somit neue Beschäftigungschancen zu eröffnen und den sozialen Zusammenhalt zu stärken. 5. Bezirkliches Engagement gegen Rechtsextremismus und Rechtspopulismus 5.1 Öffentliche Gebäude, Sport sowie Seniorinnen und Senioren und Aussiedlerberatungsstelle Im Jahr 2013 hat es keine Anfragen von rechtsextremistischen Organisationen oder Parteien zur Anmietung von bezirklichen Räumlichkeiten gegeben. Auch auf Reinickendorfer Sportanlagen oder in den Vereinen sind im Jahr 2013 keine Vorfälle mit rechtsextremistischem Hintergrund bekannt geworden, die ansonsten einem sofortigen Verweis von der Sportanlage und ggf. Hausverbot zur Folge gehabt hätten. Den in der Muster-Vereinssatzung des Landessportbundes Berlin formulierten Passus, dass „[…] der Verein den Angehörigen aller Nationalitäten und Bevölkerungsgruppen gleiche Rechte einräumt und den Grundsatz parteipolitischer, religiöser und weltanschaulicher Toleranz und Neutralität vertritt.[…]“, hat die überwiegende Zahl der Reinickendorfer Sportvereine in ihren Satzungen verankert. In den Reinickendorfer Seniorenfreizeitstätten und der Aussiedlerberatung wurden keine rechtsextremistischen Übergriffe oder Anfeindungen festgestellt. In den Seniorenfreizeitstätten werden das multikulturelle Zusammenleben und der kulturelle Austausch in verschiedensten Angeboten der Freizeitgestaltung gefördert und so das Ziel verfolgt, allen Seniorinnen und Senioren -auch mit Migrationshintergrund- verschiedenste Freizeitgestaltungen zu ermöglichen und für ein 10 vertrauensvolles Miteinander auch bei unterschiedlicher Religions- und Kulturzugehörigkeit zu werben. Als Beispiel sei hier genannt, dass sich seit über 15 Jahren im Freizeitclub Tegel türkische Seniorinnen und Senioren in einer für alle offenen Zusammenkunft treffen. Seit mehr als fünfzehn Jahren wird in der bewährten und berlinweit anerkannten Aussiedlerberatungsstelle Reinickendorf kommunale Integrationsarbeit für Aussiedler/innen und Migranten/innen geleistet und ihnen das Einleben in der Gesellschaft erleichtert, durch Beratungsgespräche und Hilfestellungen im alltäglichen Leben, aber auch durch Gruppenaktivitäten in der Freizeitgestaltung. 5.2 Jugend und Familie Aus 2013 liegen weder in den verschiedenen Organisationsbereichen des Jugendamtes noch bei den mit dem Jugendamt kooperierenden freien Trägern Erkenntnisse über verfestigte rechtsextreme oder rechtspopulistische Strukturen oder Gewaltvorfälle mit rechtsextremem Hintergrund vor. Bedauerlicherweise wurden allerdings rechtspopulistische Aktivitäten im Zusammenhang mit der Einrichtung von Unterkünften für Flüchtlinge und Asylbewerber im Marie-Schlei-Haus am Eichborndamm und in zwei Gebäuden der ehemaligen Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik in der Oranienburger Straße in den Bezirk hineingetragen. Der Herausforderung, die sich aus der konzentrierten Unterbringung an diesen beiden Standorten, insbesondere von Flüchtlingsfamilien mit Kindern und Jugendlichen, stellte, wurde durch das engagierte Handeln von Trägern und Einrichtungen der Jugendhilfe unter anderem im benachbarten Kiez der AugusteViktoria-Allee begegnet. Auch in anderen Reinickendorfer Bereichen, wo Migrantinnen und Migranten insbesondere aus dem südosteuropäischen Raum in schwierigen Wohnverhältnissen und mit unsicherem Aufenthaltsstatus Verunsicherungen und ablehnende Haltungen in den Nachbarschaften hervorriefen, waren die Einrichtungen und Träger der Jugendhilfe frühzeitig engagiert, diesen Menschen Zugänge in die Gesellschaft zu erklären und damit auch zu eröffnen. Sowohl mit ihren sozialarbeiterischen Angeboten an Familien - wohnortnah in Kooperation mit den Schulen und Sportvereinen - als auch mit den Angeboten für Kinder und Jugendliche der in den Flüchtlingsunterkünften lebenden Familien haben die Träger der Jugendhilfe wesentlich mit dazu beigetragen, den irrationalen Ängsten und den offen rechtspopulistischen Aktivitäten eine lebendige Willkommenskultur entgegenzusetzen und so fremdenfeindlichen und rechtsradikalen Bemühungen den Boden zu entziehen. Beispielhaft seien hier die Aktivitäten des Trägers „Albatros gGmbH“ angeführt, der im Verbund mit den im Kiez rund um die Auguste-Viktoria-Allee angesiedelten Einrichtungen der Jugendhilfe und anderer sozialer Infrastruktur Bildungs-, Freizeitund Begegnungsangebote im Sinne einer Willkommenskultur entwickelte. So stellte das Mehrgenerationenhaus Räumlichkeiten für die monatlichen Treffen des „Netzwerks für Flüchtlinge in Reinickendorf“, einem Zusammenschluss von Bürgerinnen und Bürgern aus Politik, Schule, Nachbarschaft und Kirche, der sich für die im Bezirk ankommenden Flüchtlinge engagiert und aktiver Mitträger des Begegnungsfestes im September 2013 auf dem Gelände der ehemaligen KarlBonhoeffer-Klinik war, zur Verfügung. Dieses Fest diente konkret der Verständigung zwischen Flüchtlingen aus den beiden Unterkünften und hiesiger Bevölkerung und trug sehr zur gegenseitigen Akzeptanz und Sensibilisierung für die neuen Nachbarn bei. 11 Hier konzentrierten sich die Aktivitäten gegen Rechts insbesondere auf die Begegnungen von Menschen, da diese am ehesten Vorurteile abbauen und Toleranz fördern können. Die „Alltagsangebote“ wurden durch gezielte Ansprache für Kinder und Jugendliche aus Flüchtlingsfamilien und andere neu angekommene Jugendliche mit Migrationshintergrund geöffnet. So diente der Sprachcampus für Mädchen und Jungen der Integration und Verständigung, indem die Kinder einerseits in den Vormittagsstunden Deutsch lernten, am Nachmittag aber auch mit den anderen Besucherinnen und Besuchern des interkulturellen Mädchentreffs oder des Jugendcafé LAIV von Lebenswelt gGmbH an gemeinsamen Aktivitäten teilnehmen konnten. Hier begegnen sich Menschen verschiedenster Herkunft, Ethnien, Religionen und Kulturen. Die pädagogische Begleitung zielt auf die Schaffung eines Klimas der gegenseitigen Toleranz und Akzeptanz. So versteht sich auch die Arbeit der Integrationslotsinnen - neben den lebenspraktischen Angeboten als verbindendes Angebot - zum Abbau von Vorurteilen. Einige Einrichtungen der offenen Kinder- und Jugendarbeit berichten, dass in der alltäglichen Arbeit vereinzelt ausländerfeindliche, antisemitische oder homophobe verbale Äußerungen registriert werden. Der pädagogische Umgang mit diesen Vorkommnissen unterscheidet sich im Grundsatz nicht. Das allgemeinverbindliche Konzept lautet: „Wehret den Anfängen!“ Im Rahmen der offenen Arbeit wurden rechtspopulistische Haltungen, die sich unter anderem in Schimpfwörtern äußerten, konkret und zeitnah thematisiert und als Regelverletzungen mit Konsequenzen belegt. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verfolgten eine offensive Haltung zu diesem Thema und organisierten aus den jeweils aktuellen Anlässen Gesprächsrunden und kleinere Projekte. In einer Einrichtung unterschreibt jeder Jugendliche, der an Angeboten teilnimmt, eine Vereinbarung, die rechtsextremes und rechtspopulistisches Gedankengut ausschließt. Auch im Rahmen der U18-Wahlen wurde auch das Thema Rechtsextremismus mit eingebunden. Einen wichtigen Beitrag in der Prävention und demokratischen Bildung leisteten die Internationalen Jugendbegegnungen, die alle als festen Programmpunkt den Besuch einer Gedenkstätte zum Nationalsozialismus beinhalteten. Im Jahr 2013 fanden Begegnungen mit jungen Menschen aus Israel, Weißrussland, Russland und der Türkei in Berlin statt. Der Lokale Aktionsplan „Vielfalt Reinickendorf“, hervorgegangen aus dem Programm „Vielfalt tut gut. Jugend für Vielfalt, Toleranz und Demokratie – gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus“ und gefördert im Rahmen des Bundesprogramms „Toleranz fördern – Kompetenz stärken“, unterstützte mehrere Projekte: - die Weiterführung der Kiezzeitung „Eulenpost“ in Reinickendorf-Ost, die von aktuellen lokalen Ereignissen berichtet und für ein friedliches Zusammenleben wirbt, - die Entwicklung eines jugendgerechten Internetauftritts zur Darstellung von Reinickendorfer Gedenkorten und - eine Filmdokumentation über ein Jugendprojekt gegen Antisemitismus. Die „Winterkunst am See“ am ersten Adventswochenende, ein von verschiedensten Initiatoren wie Jugendhilfeträgern, Jugendamt, Vitanas Senioren Centrum, 12 Kulturring e.V., Künstlern, Schulen etc. organisiertes multiethnisches Kunst- und Kulturfest am Schäfersee, brachte wieder Menschen verschiedenster kultureller Herkunft zusammen. Diese Initiative wurde ebenso mit Mitteln aus dem „VielfaltProgramm“ wie das Begegnungsfest für die Menschen in den Flüchtlingsunterkünften und der Nachbarschaft im September unterstützt. Hervorzuheben als Qualitätsmerkmal bei der Umsetzung von integrationsfördernden Aktivitäten im Bezirk und zugleich ein Bekenntnis des Bezirks gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Diskriminierungen und Fremdenfeindlichkeit war die intensive und enge Kooperation des Integrationsbeauftragten des Bezirksamtes mit den verschiedensten Institutionen, Organisationen, Vereinen, Trägern und Verwaltungen. 5.3 Schule und Kultur Die Reinickendorfer Schulaufsicht hat im Berichtsjahr 2013 keine Fälle von rechter Gewalt gemeldet. Im Rahmen des Faches soziales Lernen werden die Themen von Rechtsextremismus und Rechtspopulismus weiterhin im Regelunterricht der Schulen besprochen. Projektarbeiten im Rahmen von „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ werden fortgeführt. Darüber hinaus stehen die Lehrkräfte als ständige Ansprechpartner/innen für alle Fälle mit rechtsextremem Hintergrund zur Verfügung. Aus Anlass der Stolpersteinverlegungen am 7. Juni 2013 haben Schülerinnen und Schüler der Humboldt- sowie der Friedrich-Engels-Oberschule zum Beispiel die Biographien von Margarete Posener und Paul Höhlmann recherchiert und damit dazu beigetragen, dass die auf der Internetseite des Heimatmuseums Reinickendorf hinterlegte interaktive Karte aller Gedenkorte in Reinickendorf mit den persönlichen Lebensläufen der mit den Stolpersteinen gedachten Menschen ergänzt werden konnte. Im Rahmen einer Projektkoordination durch den Lokalen Aktionsplan (LAPKoordinierungsstelle Reinickendorf) des Bundesprogramms „Toleranz fördern – Kompetenz stärken" wurde auch in der Förderperiode 2013 die politische Bildung von Kindern in Reinickendorf gefördert. So lernten Kinder aus zwei Reinickendorfer Grundschulen in zweitägigen Demokratie-Workshops politische Abläufe kennen und setzten sich mit Kinderrechten, Kommunalpolitik und ihren Vorstellungen von einem kindergerechten Bezirk auseinander. Abschließend konnten sie ihre Ideen für einen kinderfreundlichen Bezirk am 20.11.2013 in einer Kinder-BVV (Bezirksverordnetenversammlung) den Vertretern des Bezirksamtes und Reinickendorfer Kommunalpolitikern der BVV im Saal der Bezirksverordnetenversammlung präsentieren. Der Integrationspreis wurde auch im Jahr 2013 in Reinickendorf wieder ausgelobt gemeinsam von der Abteilung Schule, Bildung und Kultur und der Abteilung Jugend, Familie und Soziales. Diesmal stand der Wettbewerb unter dem Motto "Integration macht Schule" und bewerben konnten sich Schulen, Schülergruppen, Elterninitiativen und Schulfördervereine, die im schulischen Bereich starke Impulse für die Integration setzen und dabei deutlich über die schulischen Regelaufgaben hinausgehen. Dass es möglich ist, Integration im Schulalltag zu leben, hat die Herrmann-Schulz-Grundschule gezeigt und so wurde ihr am 29.11.2013 der Integrationspreis verliehen. Die Grundschule hat sich intensiv um Integration bemüht und vor allem das Miteinander 13 zwischen Kindern mit und ohne Migrationshintergrund gefördert und dadurch Vorurteile abgebaut. Ein Sonderpreis ging an den Förderkreis für körperbehinderte Kinder e.V. an der Toulouse-Lautrec-Schule für die Unterstützung der Eltern- und Lehrerschaft. Wie in den Vorjahren wurde auch 2013 vom Arbeitskreis Politische Bildung Vergangenheit - Zukunft e.V. zur Förderung der Völkerverständigung eine Reise nach Lidice in Tschechien mit organisiert und so Schülerinnen und Schülern der Bertha-vonSuttner- und der Gustav-Freytag-Schule die Möglichkeit gegeben, im Juni 2013 an den Gedenkveranstaltungen zum 71. Jahrestag des Überfalls auf das Dorf Lidice teilzunehmen. Von nationalsozialistischen Einsatzkräften war das Dorf Lidice in der Nacht vom 9. auf den 10. Juni 1942 umstellt worden. Sehr viele Einwohner wurden ermordet und das Dorf dem Erdboden gleich gemacht. Ab 1945 entstand an seiner Stelle eine Gedenkstätte. Auch zur Bewahrung dieser Erinnerung pflegen hinter dem Rathaus Reinickendorf Schülerinnen und Schüler dieser beiden Schulen ein Rosenbeet mit 50 Rosen, das sich neben dem Mahnmal für die Opfer der Gewaltherrschaft befindet. Am 9. November 2013 nahmen einige Schülerinnen und Schüler an der Kranzniederlegung zum Gedenken der Opfer des Nationalsozialismus teil. In den Fachbereichen des Amtes Weiterbildung und Kultur sind keine rechtspopulistischen oder rechtsextremen Gruppen oder Parteien in Erscheinung getreten. Es sind auch keine Zwischenfälle im Zusammenhang mit rechtsextremistischen oder rechtspopulistischen Gruppierungen aufgetreten. Das Heimatmuseum und die Volkshochschule Reinickendorf haben in Kooperation mit ubs e.V. - Umwelt, Bildung, Sozialarbeit - zwei Führungen in der Gedenkstätte des ehemaligen Zwangsarbeiterlagers am Historischen Ort Krumpuhler Weg durchgeführt. Bei diesen kostenlosen Führungen wurde die Geschichte des Geländes als Zwangsarbeiterlager und spätere Nutzung als Gartenarbeitsschule allen interessierten Bürgern durch eine Historikerin erläutert. Auch das Bezirksamt Reinickendorf hat sich an der Initiative des Landes Berlin des Themenjahres 2013 „Zerstörte Vielfalt“ anlässlich des 80. Jahrestages der Machtübernahme der Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 und des 75. Jahrestages der Novemberpogrome des Jahres 1938 beteiligt. Im Mittelpunkt stand dabei die Erinnerung an jene Berlinerinnen und Berliner, die zur Vielfalt der Stadt beigetragen haben, und deren Verfolgung und Ausgrenzung nach 1933 eben jene Vielfalt zerstört hat. So wurden in Berlin auch mehr als 200 Säulen als temporäre Stadtmarkierungen aufgestellt, die auf verschiedensten Berliner Straßen und Plätzen auf den Verlust der gesellschaftlichen Vielfalt Berlins aufmerksam gemacht haben. Eine dieser Ausstellungs-Littfaßsäulen befand sich - in unmittelbarer Nähe des authentischen Ortes am Eichborndamm 238 neben dem Haupteingang des Rathauses Reinickendorf und verwies auf die Ausstellung „Auf freundlichen Zuspruch lächelt das Kind – die medizinischen Verbrechen der Städtischen Nervenklinik für Kinder 19411945“, die vom 31. Mai 2013 bis Ende Januar 2014 im Heimatmuseum Reinickendorf zu sehen war. 14 In dieser Ausstellung wurde die Geschichte der „Kinderfachabteilung Wiesengrund“ aufgearbeitet ebenso wie Biographien der kleinen Patienten gezeigt, deren Leben von den Nationalsozialisten als „unwert“ erachtet und an denen riskante und im übrigen überflüssige Untersuchungen durchgeführt sowie falsch dosierte Medikamente verabreicht wurden - zu medizinischen „Forschungen“. Oftmals wurde die ihnen notwendige medizinische Hilfe verwehrt, was bei vielen Kindern zum Tode führte. Einen weiteren Beitrag zur Aufarbeitung der Geschehnisse in der Zeit des Nationalsozialismus stellte die Einrichtung eines Gedenkorts und Geschichtslabors am Standort der ehemaligen sogenannten Kinderfachabteilung Wiesengrund der Wittenauer Heilstätten dar. Im Anschluss an die Verlegung des 5000.sten Stolpersteins wurde das Geschichtslabor am 7. Juni 2013 in den Kellerräumen des Hauses Eichborndamm 238 eröffnet. Schülerinnen und Schüler der Friedrich-EngelsOberschule hatten sich gemeinsam mit einer Historikerin im Rahmen eines Geschichtsprojektes mit der „Kinderfachabteilung Wiesengrund“ beschäftigt und auch den Lebens- und Leidensweg von Paul Höhlmann, für den in dem Gehweg vor dem Geschichtslabor der 5000.ste Stolperstein verlegt wurde, erforscht. Die Ergebnisse des Schülerprojektes wurden an diesem authentischen Ort im Eichborndamm 238 in einem Geschichtslabor gesammelt und ausgestellt. Eben dort sollen auch Schülerinnen und Schüler selbst recherchieren, Workshops und Lesungen stattfinden können. 5.4 Straße und Landschaft, Stadtentwicklung, Bauaufsicht und Ordnung In Fortführung der vergangenen Jahre werden alle Außendienstmitarbeiterinnen und –mitarbeiter der Fachbereiche Straßen- und Grünflächenamt (beispielsweise Baumkontrolleure und Straßenbegeher) und Vermessung, des Ordnungsamtes sowie der Bau- und Wohnungsaufsicht kontinuierlich im Rahmen des laufenden Dienstbetriebes bezüglich Rechtspopulismus und Rechtsextremismus sensibilisiert. Rechtsextremistische Symbole, Zeichnungen, Zettel o.ä. werden umgehend dokumentiert, dem Staatsschutz gemeldet und entfernt. Oder aber die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhalten vom Staatsschutz einen Hinweis mit der Bitte um Entfernung der Symbole o.ä., welches umgehend durchgeführt wird. Aus dem Ordnungsamtsbereich ist mitzuteilen, dass es in 2013 eine Meldung über Hakenkreuzschmierereien im Ortsteil Heiligensee gab. Dieses wurde an die Polizei weitergeleitet. Dem Straßen- und Grünflächenamt sind im Jahr 2013 keine rechtsextremistischen Schmiererein im öffentlichen Straßenland bekannt geworden. Erwähnenswert ist, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Fachbereich „Gewerbe“ vielfältige Kontakte zu Bürgerinnen und Bürgern verschiedenster Ethnien haben. Aus diesem Grund sind alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhöht sensibilisiert, um keine Spielräume für rechtsradikale Äußerungen und Handlungen entstehen zum lassen. Das Stadtentwicklungsamt hatte 2013 keine Berührungspunkte mit Rechtsextremismus. Städtebau und Genehmigungsverfahren richten sich an die Gesamtheit der Bevölkerung und sind nicht auf einzelne Gruppen reduzierbar. So gab es bei Bürgerbeteiligungen keine rechtsextremistischen Äußerungen, Zeichnungen 15 oder Darstellungen. Auch bei Genehmigungsverfahren lagen keine Anträge zu erkennbar rechtsextremistischen Bereichen / Räumen vor. 5.5 Wirtschaft Über die Internetpräsenz der bezirklichen Wirtschaftsförderung und mit einer Presseerklärung der Abteilung Wirtschaft, Gesundheit und Bürgerdienste wurde im Jahr 2013 verstärkt über die Vertragsklauseln der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR) informiert und bei den Gewerbetreibenden im Bezirk Reinickendorf dafür geworben, diese Vertragsklauseln zur Abwehr raumgreifender rechtsextremer Aktivitäten zu verwenden. Ergänzend wurden die der Wirtschaftsförderung bekannten Grundstückseigentümer bzw. Vermieter von Gewerbeimmobilien unter Beifügung der Klauseln gegen rechtsextreme Wirtschaftsunternehmungen für Gewerbemietverträge angeschrieben. Auch wurden diese vorformulierten Regelungen an über 325 Reinickendorfer Schankund Speisewirtschaften versandt mit der Bitte, diese Klauseln zur Verhinderung rechtsextremer Aktivitäten anzuwenden. Nach diesen Musterklauseln versichern Mieter von Gewerbeimmobilien, dass zum Beispiel ihre Sortimente keine rechtsextremen, rassistischen oder antisemitischen Inhalte haben bzw. Mieter nicht berechtigt sind, Mieträume zur Durchführung von Versammlungen zu nutzen, auf denen rechtsextremes, rassistisches oder antisemitisches Gedankengut verbreitet wird. 6. Engagement und Erkenntnisse von Beratungsstellen für Opfer rechtsextremer und rassistischer Gewalt 6.1 ReachOut Berlin ReachOut (zu Deutsch: die helfende Hand reichen), Berliner Beratungsstelle für Opfer rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt, konzentriert sich im Rahmen des berlinweiten Monitorings auf körperliche Gewalt und massive Bedrohungen. In der jährlichen Auswertung wurden für das Jahr 2013 berlinweit 185 Angriffe verzeichnet (in 2011: 158 und in 2012: 139). So viele Angriffe haben seit der Projektgründung von ReachOut im Jahr 2001 noch nie dokumentiert werden müssen. Rassismus steht als Tatmotiv der größtenteils in aller Öffentlichkeit stattfindenden Angriffe weiterhin im Vordergrund. Es wurden 288 Menschen verletzt. Es ist davon auszugehen, dass kontinuierliches Monitoring rechter, rassistischer und antisemitischer Angriffe erheblich dazu beträgt, das Dunkelfeld zu erhellen. Die Erkenntnisse für Reinickendorf sind gering. Im Bezirk Reinickendorf wurden für das Jahr 2013 insgesamt vier Angriffe verzeichnet: aus rassistischen Motiven zwei Angriffe, ein Angriff war homophob motiviert und ein Angriff richtete sich gegen eine Person mit einer Behinderung. 16 7. Zukünftig geplante Maßnahmen - Ausblick Das Bezirksamt Reinickendorf wird sich auch zukünftig mit ganz besonderem Augenmerk gegen Rechtsextremismus und Rechtspopulismus in ihren unterschiedlichsten Ausprägungen sowie gegen Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierungen engagieren. Das Wachhalten der Erinnerung zur mahnenden Achtsamkeit auch für künftige Generationen und das Gedenken der Opfer des Nationalsozialismus werden, begleitet vom Engagement im weiten Themenfeld der Integration, damit weiterhin Handlungsschwerpunkte des Bezirksamtes darstellen. Aufgrund der positiven Bilanz verschiedenster Aktivitäten zur Integration werden zukünftig -auch in Kooperation mit zivilgesellschaftlichen Gruppen, Verbänden und Vereinen etc. Projekte- durchgeführt und unterstützt. Die aktuelle Förderperiode des Bundesprogramms "TOLERANZ FÖRDERN KOMPETENZ STÄRKEN" wird auch 2014 in Reinickendorf fortgeführt und stellt sich durch bildungspolitische Arbeit gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus. Das Hauptanliegen besteht in der Sicherung und Nachhaltigkeit der in den vergangenen Jahren im Bezirk Reinickendorf entstandenen Netzwerke und Projektergebnisse. Mit „die ZEHNTE“ wird in 2014 im Rahmen des Programms „Lokales Soziales Kapital“ in Kooperation mit den Bezirklichen Bündnissen für Wirtschaft und Arbeit in Berlin ein Mikroprojekt gefördert, das den sozialen Zusammenhalt stärken und neue Beschäftigungschancen für benachteiligte Gruppen im Bezirk eröffnen soll. Als Projektort wurde hier vom Projektträger ubs e.V. Umwelt, Bildung Sozialarbeit ganz bewusst der Historische Ort Krumpuhler Weg u.a. in der Begegnung mit den unfreien Lebensbedingungen häufig gleichaltriger Zwangsarbeiter gewählt. Und im Bezirk Reinickendorf ist auch für das Jahr 2014 die Verlegung weiterer Stolpersteine vorgesehen. 17