Daten
Kommune
Berlin Friedrichshain-Kreuzberg
Dateiname
Anlage zur VzK DS/1103/IV.pdf
Größe
25 kB
Erstellt
15.10.15, 23:18
Aktualisiert
27.01.18, 11:54
Stichworte
Inhalt der Datei
Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin
Abt. Planen, Bauen und Umwelt
Bezirksverordnetenversammlung
Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin
Vorlage - zur Kenntnisnahme –
Drucksache DS/1103/IV
Wir bitten, zur Kenntnis zu nehmen:
Die Bezirksverordnetenversammlung hat in ihrer Sitzung am 07.05.2014 mit der
Drucksache DS/1103/IV – „Keine Ferienwohnungen in Wohngebieten mehr“ - folgendes Ersuchen an das Bezirksamt gerichtet:
„Das Bezirksamt wird beauftragt zu prüfen, inwieweit es auf Grundlage des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 21. Februar 2014 (VG 13 L 274. 13) die
Nutzung von Wohnungen als Ferienwohnungen in allgemeinen Wohngebieten wegen
des Verstoßes des Rücksichtnahmegebotes nach § 15 Abs. 1 Baunutzungsverordnung untersagen kann.
Sofern das Bezirksamt zu dem Ergebnis kommt, dass eine Untersagung von Ferienwohnungen möglich ist, soll es in allgemeinen Wohngebieten konsequent gegen diese vorgehen, wenn Hinweise auf einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot
vorliegen.“
Hierzu wird berichtet:
1. Beschluss des VG Berlin vom 21.02.2014 – VG 13 L 274.13
Der Beschluss des VG Berlin vom 21.02.2014 – VG 13 L 274.13 stärkt die Position
des Bezirks in Fällen, in denen erhebliche Störungen durch die Nutzung als Ferienwohnung nachgewiesen werden können. Dies gilt allerdings mit zwei Einschränkungen. Zum einen hat der Bauherr Beschwerde beim OVG Berlin-Brandenburg eingelegt, so dass offen ist, wie das OVG entscheiden wird. Zum anderen betrifft der Beschluss zunächst nur die Frage, ob eine Nutzungsuntersagung unmittelbar durchgesetzt werden darf. Dies bestätigt das Verwaltungsgericht bei einer ungenehmigten
Nutzung bereits dann, wenn die Nutzungsänderung nicht offensichtlich genehmigungsfähig ist. Es bleibt also offen, wie das Gericht im Hauptsacheverfahren entscheiden würde, wenn es um die Frage geht, ob eine Baugenehmigung für die Nutzungsänderung versagt werden darf.
Das VG Berlin hat sich in dem Beschluss relativ deutlich dazu geäußert, dass es bei
erheblichen Störungen einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot gem. § 15
BauNVO annimmt („ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot nahe liegt“). Zur
Frage, ob Ferienwohnungen grundsätzlich in Allgemeinen Wohngebieten unzulässig
sind, drückt es sich allerdings sehr vage aus („Unter Umständen ist das Vorhaben
bereits gebietsunverträglich“) und verweist auf Urteile des Bundesverwaltungsgerichts, deren Fallgestaltungen sich zunächst von Ferienwohnungen durchaus unterscheiden. Das OVG Berlin-Brandenburg entschied in dem Beschluss vom
06.07.2006 – OVG 2 S 2.06 zu einem Boardinghouse, dass es sich bereits dann um
eine Wohnnutzung handle, wenn keine hoteltypischen Dienstleistungen erbracht
würden.
Bei nachweisbaren Störungen durch Ferienwohnungen wäre demnach die Chance
relativ hoch, dass eine Nutzungsuntersagung in der ersten Instanz bestätigt würde.
Die 13. Kammer, die den Beschluss vom 21.02.2014 erlassen hat, ist auch für Friedrichshain-Kreuzberg zuständig. Offen ist, wie das OVG Berlin-Brandenburg entscheiden wird. Ob grundsätzliche Untersagungen von Ferienwohnungen – unabhängig
von Störungen – erfolgreich wären, ist ebenfalls offen.
In den vergangenen Monaten wurden dem Stadtentwicklungsamt keine konkreten
Störungen durch Ferienwohnungen gemeldet.
2. Aktivitäten des Bezirks in Bezug auf Ferienwohnungen
Der Bezirk hat in den vergangenen Monaten aktiv die Möglichkeiten genutzt, die er
aufgrund der Prüfkriterien zu den Erhaltungsgebieten zum Schutz der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung hat.
Recherche
Gemäß Ziffer 4.3 der Neufassung der Prüfkriterien für die Umsetzung der sozialen
Erhaltungsverordnung in den Erhaltungsgebieten nach § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
BauGB im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg vom 05.02.2013 handelt es sich bei einer
gewerblichen Überlassung von Wohnraum bis zu einem Zeitraum von 28 Tagen
(zum Beispiel Ferienwohnungen) um eine nicht genehmigungsfähige Nutzungsänderung im Sinne des Erhaltungsrecht. Mit diesem Prüfkriterium soll die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung gesichert und Verdrängungstendenzen durch Umnutzung von Wohnraum verhindert werden.
Um die Einhaltung des neuen Kriteriums zu überprüfen, wurde im April 2013 mit der
Recherche zum Thema gewerbliche Überlassung von Wohnraum in Milieuschutzgebieten mit dem Ziel begonnen, etwaige Verstöße zu untersagen. Nach Internet- und
Vor-Ort-Recherchen (Buchungskalender, Klingelschilder mit Nummern...) sind es
momentan 13 besonders eklatante Verdachtsfälle illegaler Nutzungsänderungen, die
der Prüfung mit dem Ziel der Nutzungsuntersagung unterliegen. Um diese Prüfung
durchzuführen, wurden zunächst die Eigentümer der betroffenen Liegenschaften ermittelt.
Anhörung
Nachdem die Eigentümer der in Verdacht stehenden Wohneinheiten ermittelt wurden, wurden diese im Mai 2013 mit einem Anschreiben auf ihre erhaltungsrechtliche
nicht genehmigte Nutzungsänderung hingewiesen. Neben dieser Information wurden
die Eigentümer zudem aufgefordert, die kurzfristige Überlassung der Wohnräume
umgehend zu beenden und hierüber geeignete Nachweise zur Verfügung zu stellen.
Die angeschriebenen Eigentümer hatten daraufhin einen Monat Zeit sich zu diesem
Sachverhalt zu äußern.
In den meisten Fällen kam entweder gar keine Rückmeldung oder aber anwaltliche
Schreiben, welche die Nutzungsänderung von Wohnen in Ferienwohnnutzung vehement dementierten. In einigen wenigen Fällen wurde jedoch auch eine Ferienwohnnutzung zugegeben und mit Vor-Ort-Besichtigungen und persönlichen Gesprächen
um Kompromissbereitschaft gebeten.
Anordnung zur Nachweiserbringung der Wohnnutzung
Nachdem die Eigentümer die Ferienwohnnutzung zwar bestritten, aber keine geeigneten Nachweise über eine Dauerwohnnutzung (über 28 Tagen) vorweisen wollten
bzw. konnten, wurde entschieden, diese Beweiserbringung in Form von Mietverträgen mittels einer Anordnung einzufordern.
Da sich die genaue Lage der Ferienwohnungen oft nicht so einfach ermitteln lässt,
eine gezielte Benennung der Wohneinheiten für eine Anordnung auf Grundlage von §
58 Abs. 1 BauO Bln aber unabdingbar ist, konnte bis jetzt die Nachweispflicht nur in
zwei Fällen angeordnet werden.
Wird dieser Anordnung ab Bestandskraft des Bescheides innerhalb von drei Wochen
nicht nachgekommen, droht ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000 €.
Weiteres Vorgehen
Zunächst ist es das Ziel, auch gegenüber den anderen vermeintlichen Ferienwohnungsbetreibern eine Anordnung zur Auskunftspflicht über die Mietverhältnisse auszusprechen. Ist jedoch eine Ferienwohnnutzung offensichtlich, wird eine Nutzungsuntersagung angeordnet, vor allem in den Fällen, in denen die Eigentümer die nicht
genehmigte Nutzungsänderung bestätigten oder sich schon gar nicht auf die Anhörungsschreiben zurückmeldeten. Für eine gezielte Nutzungsuntersagung werden
momentan in konkreten Fällen noch weitere Informationen ermittelt.
Probleme
Wie bereits angedeutet, ist es sowohl für die Anordnung der Auskunftspflicht aber
auch der Nutzungsuntersagung von hoher Bedeutung, nicht nur die Eigentümer der
illegal genutzten Wohneinheiten auszumachen, sondern vor allem auch die Wohneinheiten mit dezidierter Lagebeschreibung zu bestimmen. Beide erforderlichen Informationen sind jedoch nicht ohne Weiteres zu ermitteln. Für die Ermittlung der Eigentümer zu den entsprechenden Wohneinheiten sind sowohl Auszüge aus dem
Liegenschaftskataster, Grundbuch und bei Eigentumsteilung auch der Abgeschlossenheitsbescheinigung notwendig. Für die Bestimmung der Ferienwohnnutzungseinheiten sind vor allem Grundrisse im Internet zielführend oder auch verdächtige Klingeschilder an Türen oder ähnliches. Diese Recherche bedeutet viel Zeitaufwand.
3. Fazit
Der Beschluss des VG Berlin vom 21.02.2014 – VG 13 L 274.13 stärkt die Position
des Bezirks nur in Fällen, in denen erhebliche Störungen nachgewiesen werden können. Erhält das Stadtentwicklungsamt zukünftig Kenntnis von nachweisbaren Störungen, wird es die Möglichkeiten nutzen, die der Beschluss vom 21.02.2014 aufzeigt. Ob generelle Nutzungsuntersagungen von Ferienwohnungen in Allgemeinen
Wohngebieten erfolgreich wären, ist demgegenüber nach wie vor offen.
Der Bezirk nutzt aktiv die Möglichkeiten, die sich aus den Prüfkriterien für die Umsetzung der sozialen Erhaltungsverordnung in den Erhaltungsgebieten nach § 172 Abs.
1 S. 1 Nr. 2 BauGB ergeben, um Ferienwohnungen zu untersagen. Bei einem grundsätzlichen, im Ansatz flächendeckenden Vorgehen gegen Ferienwohnungen zeigt
sich jedoch, dass es einen enormen Arbeitsaufwand verursacht, die Recherchen zu
betreiben und vorbereitenden Anordnungen zu erlassen, die erforderlich sind, um
tatsächlich eine Nutzungsuntersagung zu erlassen. Die Zahl der Fälle, in denen die
Voraussetzungen einer Nutzungsuntersagung voraussichtlich erfüllt sein werden,
sind demgegenüber zur Zeit noch gering.
Durch die kürzlich in Kraft getretene Zweckentfremdungsverbots-Verordnung ergeben sich in den Milieuschutzgebieten neue Möglichkeiten gegen Ferienwohnungen
vorzugehen. So hat eine Eigentümerin dem Bezirksamt die Vermietung ihrer Wohnung in der Riemannstr. angezeigt zur Wahrung des Bestandsschutzes nach der
ZwVbVO.
So konnte zum ersten Mal nach § 172 BauGB die Nutzung als Ferienwohnung versagt werden.
Wir bitten, den Beschluss damit als erledigt zu betrachten.
Rechtsgrundlage:
§ 13 Abs 1 BezVG
Auswirkungen auf den Haushaltsplan und die Finanzplanung:
a) Auswirkungen auf Einnahmen und Ausgaben: keine
b) Personalwirtschaftliche Ausgaben:
keine
Berlin, den 19.08.2014
Monika Herrmann
Bezirksbürgermeisterin
Hans Panhoff
Bezirksstadtrat