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Anlage zur VzK DS/1137/IV.pdf

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Daten

Kommune
Berlin Friedrichshain-Kreuzberg
Dateiname
Anlage zur VzK DS/1137/IV.pdf
Größe
54 kB
Erstellt
15.10.15, 23:30
Aktualisiert
27.01.18, 11:30

Inhalt der Datei

Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin Abt. für Planen, Bauen, Umwelt und Immobilien Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin 2014 Drucksache Nr. Vorlage - zur Kenntnisnahme – über die Überprüfung der Voraussetzungen für den Fortbestand der Erhaltungsverordnung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BauGB für das Gebiet „Graefestraße“ im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg Wir bitten, zur Kenntnis zu nehmen: Das Bezirksamt hat in seiner Sitzung vom 08.04.2014 beschlossen: 1. Die Voraussetzungen für den Fortbestand der Erhaltungsverordnung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BauGB für das Erhaltungsgebiet „Graefestraße“ liegen weiterhin vor. Angesichts der gegebenen Situation ist auch künftig zur Sicherung der sozialen Zusammensetzung der Wohnbevölkerung und zur Verdrängungsgefahr eine steuernde Einflussnahme der öffentlichen Hand erforderlich. 2. Die Prüfung von Anträgen auf Rückbau, Änderung oder Nutzungsänderung baulicher Anlagen im Erhaltungsgebiet „Graefestraße“ erfolgt gemäß der „Prüfkriterien für die Umsetzung der sozialen Erhaltungsverordnung in den Erhaltungsgebieten nach § 172 Abs.1 Satz 1 Nr. 2 BauGB im Bezirk FriedrichshainKreuzberg“, Bekanntmachung vom 05.02.2013 (ABl. S. 510 vom 12.04.2013). . A). Begründung Siehe Anlage 1 B). Rechtsgrundlagen: §15 BezVG C). Auswirkungen auf den Haushaltsplan und die Finanzplanung: a) Auswirkungen auf Einnahmen und Ausgaben: 15.000 € im Jahr 2016 (erneute Sozialstudie) 1 von 2 b) Personalwirtschaftliche Ausgaben: keine Berlin, den 02.04.2014 Herrmann Bezirksbürgermeisterin Panhoff Bezirksstadtrat 2 von 2 Anlage 1 Begründung zur Fortschreibung der Regelungen für das erhaltungsrechtliche Genehmigungsverfahren im sozialen Erhaltungsgebiet ‚Graefestraße’ Am 30.05.1995 wurde für das Gebiet Graefestraße im Bezirk Friedrichshain Kreuzberg, Ortsteil Kreuzberg eine soziale Erhaltungsverordnung gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr.2 BauGB in Kraft gesetzt1. Mit der Verordnung soll die Zusammensetzung der Bevölkerung geschützt und daraus resultierende städtebauliche Probleme verhindert werden. Es ist einhellige Auffassung der Rechtsprechung, dass die soziale Entwicklung in den Gebieten zu beobachten ist. Die letzte Untersuchung für dieses Erhaltungsverordnungsgebiet fand 2008 statt. Daher hat das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin die TOPOS Stadtforschung im September 2012 beauftragt, die Entwicklung der Wohn- und Lebensverhältnisse im Gebiet Graefestraße festzustellen und zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für den Fortbestand der Erhaltungsverordnung weiter bestehen. Begründungszusammenhang für eine Milieuschutzverordnung § 172 Abs. 1 Nr. 2 BauGB bestimmt, dass Genehmigungsvorbehalte gemacht werden können, wenn durch bauliche Maßnahmen die soziale Zusammensetzung der Gebietsbevölkerung verändert wird und dadurch negative städtebauliche Entwicklungen ausgelöst werden. Um bauliche Maßnahmen oder Umstrukturierungen versagen zu können, muss demnach dargelegt werden, dass jene die vermuteten Veränderungen in der Bevölkerungsstruktur auslösen und dass dadurch negative städtebauliche Veränderungen eintreten werden. Voraussetzungen für den Erlass einer ‚sozialen Erhaltungsverordnung ' sind also, dass - eine Verdrängungsgefahr existiert und Aufwertungspotentiale vorhanden sind, - die konkreten Auswirkungen baulicher Maßnahmen die Struktur der Wohnbevölkerung verändern und - negative städtebaulichen Folgen daraus resultieren. Entwicklungen seit Inkraftsetzung der Verordnung Auf lange Sicht hat die Sozialstruktur im Gebiet Graefestraße in wichtigen Merkmalen Konstanz gezeigt. Allerdings ist der Anteil der Haushalte mit unterdurchschnittlichem Einkommen kontinuierlich abgesunken, so dass die Einkommensstruktur inzwischen über dem Berliner Durchschnitt liegt. Nachdem es in den neunziger Jahren bereits hohe Mietsteigerungsraten gegeben hatte, gibt es inzwischen nach einer Phase geringerer Mietsteigerungsraten hohe Steigerungen, die gut 5% jährlich betragen. Soziostrukturelle Merkmale der Haushalteim Gebiet Graefestraße in 1998, 2002, 2008 und 2012 Anteil an allen Haushalten durchschnittliche Haushaltsgröße Anteil an Einpersonenhaushalten alle Haushalte 2012 2008 2002 1998 (n=871) (n=766) (n=707) (n=639) 100% 1,96 41% 100% 1,88 46% 100% 1,8 46% 100% 1,92 43% Verordnung über den Erhalt der städtebaulichen Eigenart sowie der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung des Gebietes „Graefestraße“ im Bezirk Kreuzberg von Berlin (GVBl. 1995 S. 484) 1 2 Soziostrukturelle Merkmale der Haushalteim Gebiet Graefestraße in 1998, 2002, 2008 und 2012 alle Haushalte 2012 2008 2002 1998 (n=871) (n=766) (n=707) (n=639) Anteil an Haushalten mit Kindern Anteil an Haushalten mit Kindern in familiengeeignetem Wohnraum Studentenanteil Rentneranteil Erwerbslosenquote Anteil an Erwerbshaushalten Anteil an ausländischen Haushalten durchschnittl. Haushaltseinkommen durchschnittl. Äquivalenzeinkommen Haushalte unterhalb Armutsschwelle Anteil an Vollstandardwohnungen durch. Nettokaltmiete (Euro/m²) durch. Kaltmietbelastung (brutto) durch. Wohnfläche pro Person(m²) Anteil an 1- bis 2-Zimmerwohnungen Kfz-Dichte (auf 1.000 Einwohner) Wohndauer (Wohnung) Jahre sofortiger Auszugswunsch (Wohnung) Umzugswunsch (Gebiet verlassen) Anteil Eigentümer 22% 30% 20% 27% 20% 33% 23% n.a. 8% 6% 7% 82% 27% 2.449 € 1.505 € 8% 96% 6,01 27,6% 40,0 46% 211 9,8 8% 18% 9% 13% 8% 19% 64% 27% 1.907€ 1.233€ 18% 89% 4,98 31,5% 40,9 49% 225 9,6 12% 24% 5% 14% 8% 12% 67% 20% 1.735 € 1.130 € 14% 82% 4,44 27,3% 41,6m² 53% 230 8,4 18% 28% n.a. n.a n.a n.a n.a 12% 1.525 € 965 € 14% 66% 4,04* 26% 40 m² 51% n.a 9,1 n.a n.a n.a. Der Ausstattungsstandard der Wohnungen hat sich verbessert. 96% der Wohnungen haben eine Vollstandardausstattung entsprechend den Kriterien des Berliner Mietspiegels. Ausstattung der Wohnung (%) Moderne Heizung Ofenheizung Etagenheizung Zentralheizung Badezimmer mit Dusche mit Wanne gefliestes Bad Warmwasserversorgung zentrales Warmwasser Durchlauferhitzer Sonstige Ausstattung Balkon / Terrasse Aufzug Doppel-/Verbundglasfenster in allen Räumen Einbauküche Graefestraße 2012 44 65 63 96 4 32 63 96 Graefestraße 2008 40 68 66 93 7 32 58 94 Graefestraße 2002 36 66 67 Graefestraße 1998 85 15 33 51 90 78 22 35 41 85 35 63 65 35 60 28 60 25 63 42 44 55 14 43 50 11 47 45 12 49 42 10 50 26 30 29 26 Fortbestand der Anwendungsvoraussetzungen der Erhaltungsverordnung Aufwertungspotenzial  Die Untersuchung hat insgesamt deutlich gemacht, dass ein Aufwertungsspielraum noch besteht, Der Aufwertungsspielraum bezieht sich nicht nur auf 3 - die Herstellung des Vollstandards, - sondern durch die gewachsene Nachfrage nach höherwertig ausgestatteten Wohnungen auch auf - die zusätzliche Ausstattung der Wohnung mit hochwertigen Wohnungsmerkmalen, - umfassende Modernisierungsinvestitionen im Zuge von Umwandlungen in Wohnungseigentum und - umfassende energetische Modernisierungen. Konkret bedeutet das für den aktuellen Aufwertungsspielraum, dass - ca. 9% der Wohnungen vom Teilstandard in Vollstandard aufgewertet werden können, - in 45% der Wohnungen ein Balkon angebaut werden kann, - ca. 86% der Wohnungen nicht über einen Aufzug erschlossen sind, - nur ein sehr geringer Teil der Wohnungen (6%) bisher mit einer hochwertigen Badausstattung versehen sind. - Hinsichtlich einer energetischen Modernisierung gibt es nahezu in allen Gebäuden noch einen – überwiegend erheblichen - Aufwertungsspielraum. Aufwertungsdruck  Ein Aufwertungsdruck ist weiterhin gegeben: Das Erstarken des Aufwertungsdrucks zeigt sich vor allem in der Mietentwicklung, die dazu geführt hat, dass die Mieten im Gebiet inzwischen erheblich über den Mietspiegelwerten liegen. Insbesondere die Neuvermietungsmieten liegen weit über den durchschnittlichen Gebietsmieten und den Mieten des Berliner Mietpreisspiegels. Die durchschnittlichen Quadratmetermieten, die bei Mietabschlüssen im Untersuchungsjahr 2012 vereinbart wurden, liegen um 40% über dem Gebietsdurchschnitt. Zudem zeigen die hohen Einkommen der Zuwanderer in das Gebiet, dass inzwischen Wohnungen mit besserer Ausstattung und mit höheren Mieten im Gebiet vermarktbar sind. Verdrängungspotenzial  Ein relevantes Verdrängungspotential ist im Gebiet vorhanden: In den Wohnungen unterhalb des Vollstandards leben Haushalte mit einer unterdurchschnittlichen Einkommenslage. Die Kaltmietbelastung von durchschnittlich über 40%, die sie nach der Modernisierung zu erwarten haben, würde bei den meisten dieser Haushalte über dem liegen, was derartige Haushalte mit geringen Einkommen in der Regel noch tragen können. Darüber hinaus sind auch Mieter von Vollstandardwohnungen in Gefahr, aufgrund modernisierungsbedingter Mieterhöhungen verdrängt zu werden, wenn in diesen Wohnungen weitere mietpreisrelevante Zusatzausstattungen eingebaut werden, wie sich dies im Gebiet Graefestraße zeigt. Auch im Vollstandard gibt es Mieter mit geringen Einkommen. 7% dieser Haushalte sind entsprechend der Kriterien der Berliner Senatsverwaltung arm, ein weiteres Fünftel hat ein prekäres Einkommen und 41% sind sozialwohnungsberechtigt. Ein überdurchschnittlicher Teil der Sozialwohnungsberechtigten wohnt in Vollstandardwohnungen, die noch einen mittleren oder einen geringen Aufwertungsspielraum haben. Insgesamt sind also ein Viertel aller Haushalte von Verdrängung bedroht, weil sie mit einem geringen Einkommen in Wohnungen mit Aufwertungsspielraum leben. 4 Städtebauliche Aspekte des Verdrängungsschutzes Voraussetzung für den Erlass einer Erhaltungsverordnung gem. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB ist das Vorliegen städtebaulicher Gründe für den Schutz der angestammten Wohnbevölkerung vor Verdrängung. In der Untersuchung vor Erlass der Erhaltungsverordnung für das Gebiet Graefestraße sind städtebauliche Gründe dargelegt worden: Die Untersuchung hat gezeigt, dass die Gefahr städtebaulicher Fehlentwicklungen weiterhin besteht.  Verlust preiswerten Wohnraums Auf allen Teilmärkten des Berliner Wohnungsmarkts einschließlich des Sozialen Wohnungsbaus sinkt das Angebot preiswerter Wohnungen. Preiswerter - wenn auch unter Vollstandard ausgestatteter - Wohnraum geht kontinuierlich durch Modernisierungsinvestitionen verloren. Darüber hinaus sind die Wohnungsmieten in Berlin in allen Marktsegmenten des Berliner Wohnungsmarkts während der letzten Jahre schneller als die Einkommen gestiegen. In Berlin gibt es ca. 700.000 Mieterhaushalte mit einem Einkommen unterhalb der Einkommensgrenzen des §9 WoFG, die damit aufgrund ihres niedrigen Einkommens die Zugangsberechtigung zu Wohnungen des Sozialen Wohnungsbaus, 1. Förderweg, haben. Dem stehen zur Zeit nur noch gut 150.000 Sozialwohnungen gegenüber, deren Zahl sich durch Auslaufen der Bindungsfrist weiter reduzieren wird. Für die Versorgung der Haushalte mit unterdurchschnittlichen Einkommen stellen daher die Altbauwohnungen mit niedrigen Mieten ein derzeit nicht zu ersetzendes Angebot dar. Diese Situation findet sich auch im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg und speziell im Gebiet Graefestraße wieder. Fast 60% der Mieterhaushalte in der Graefestraße haben ein Einkommen unterhalb der Grenzen des § 9 WoFG. Diese Haushalte sind besonders stark auf das Angebot preiswerter Altbauwohnungen angewiesen. Der Anteil der Wohnungen unterhalb des Vollstandards ist seit 2008 um 7 Prozentpunkte auf 4% gesunken. Die Mieten der Vollstandardwohnungen sind im gleichen Zeitraum um 20% gestiegen. Die aktuellen Tendenzen weisen auf weitere Anstiege hin. Unter den gegebenen Umständen ist die Absicherung des Wohnungsbedarfs der Haushalte mit unterdurchschnittlichen Einkommen nur zu sichern, wenn vorhandener preiswerter Wohnraum auch längerfristig erhalten wird.  Verstärkung der selektiven Wanderung in Problemquartiere Eine zunehmende Verdrängung einkommensschwacher Haushalte wird zu einer Verstärkung des gravierenden städtebaulichen Problems in Berlin führen, d. h. zur Entwicklung und Verstetigung von Problemquartieren. Im Wohngebiet Graefestraße hat sich eine gemischte Bevölkerungsstruktur erhalten. Die Anteile an ökonomisch schwächeren Haushalten und an Familien mit Kindern sowie migrantischen Haushalten sind zurückgegangen, aber noch relevant. Wenn die ökonomisch schwachen Teile der Bevölkerung durch Modernisierungsinvestitionen zum Verlassen der bisherigen Wohnungen gezwungen werden, werden selektive Wanderungsprozesse verstärkt. Ein großer Teil dieser Haushalte, insbesondere aber diejenigen mit geringen Chancen für eine eigenverantwortliche Verbesserung ihrer sozialen Lage, wandern in Gebiete ab, die bereits aufgrund ihrer hochsegregierten Bevölkerungsstruktur als Problemgebiete eingestuft sind. Diese Gebiete gefährden die Stadtentwicklung und erfordern hohen personellen und finanziellen Aufwand zu ihrer Steuerung und Verbesserung. Als eines der wichtigsten städtebaulichen Entwicklungsziele hat daher der Berliner Senat festgelegt: 5 „Im Rahmen der Bestandsqualifizierung ist es ... wesentlich, soziale Entmischungsprozesse zu vermeiden und gemischte funktionale Strukturen zu sichern.“2  Veränderung einer bewährten Bevölkerungsstruktur Nach einer langen Phase, in der es im Gebiet Graefestraße eine weitgehende Konstanz der Bevölkerungsstruktur gegeben hatte, ist es in den letzten Jahren zu einer stärkeren Verschiebung der Größenordnungen der Bevölkerungsgruppen gekommen. Durch die Verringerung des Anteils der Teilstandardwohnungen und den Zuzug einkommensstärkerer Haushalte, insbesondere seit 2008, haben sich die Anteile an Haushalten mit überdurchschnittlichen Einkommen erhöht. Es gibt aber dennoch weiterhin relevante Teile von Bewohnern mit einer deutlich unterdurchschnittlichen Einkommenslage. Die vorgefundene Gebietsstruktur entspricht damit weiterhin den im §1 des BauGB angesprochenen ausgeglichenen Bevölkerungsstrukturen. Diese versprechen nicht nur eine sozial ausgeglichene, wenig krisenanfällige Entwicklung, sondern auch geringfügige Schwankungen hinsichtlich ihrer Anforderungen an die infrastrukturelle Ausstattung und die städtebauliche Ausgestaltung des Wohngebiets. Derartige kontinuierliche städtebauliche Entwicklungen ermöglichen eine bestmögliche und damit kostengünstige Anpassung der Stadtstruktur an sich verändernde städtische Entwicklungen. Ähnlich positive Auswirkungen auf die Struktur und die Kosten der staatlich zu organisierenden und bereitzustellenden Daseinsfürsorge haben gewachsene, sich kontinuierlich weiterentwickelnde Sozialstrukturen. Auch hier hat sich in der Untersuchung gezeigt, dass im Gebiet Graefestraße die engen sozialen und Kommunikationsnetze erhalten geblieben sind. Dies zeigt sich sowohl in den intensiven nachbarschaftlichen Beziehungen und den engen persönlichen Netzwerken als auch in einer erstaunlich positiven Bewertung des Wohngebiets durch die Bewohner. Daraus wird ersichtlich, dass die vorhandene Bevölkerung des Erhaltungsgebiets Graefestraße auf das Wohngebiet angewiesen ist, weil die Wohnungsangebote, die infrastrukturellen Ausstattung und die sozialen Kontakte und Hilfestellungen unter den Bewohnern den Bedarf dieser Bevölkerung treffen. Damit besteht die begründete Erwartung, dass eine Änderung der Bevölkerungsstruktur zumindest für einen längeren Zeitraum dem Gebiet die Qualitätsmerkmale einer bewährten Bevölkerungsstruktur nehmen würde. Es erscheint daher als sinnvoll und geboten, die vorhandene Struktur zu erhalten.  Unterausnutzung der Gebietsinfrastruktur Das Gebiet Graefestraße ist seit vielen Jahren ein sozial gemischtes Wohngebiet mit einem hohen Anteil von Migranten. In den vergangenen Jahrzehnten sind erhebliche Anstrengungen unternommen worden, öffentliche, kirchliche und private Einrichtungen auf die besonderen Bedürfnisse der Bevölkerung zuzuschneiden. Hierzu gehören sowohl Beratungsangebote für Mieter und ausländische Bewohner, Ganztagsschulen, Kulturzentren, Angebote für alternative gewerbliche Aktivitäten und Geschäfte für ethnische Minoritäten. Zudem sind die Mitarbeiter aller infrastrukturellen Einrichtungen zur Bewältigung der besonderen Ansprüche und Probleme der einzelnen Bevölkerungsgruppen speziell qualifiziert worden. Auch wenn es sich bei der gegenwärtigen infrastrukturellen Versorgung keineswegs um eine ‚ideale‘ Struktur handeln kann, die alle Bedürfnisse der Bevölkerung voll abdeckt, ist sie qualitativ und quantitativ besser auf die örtlichen Bedarfe zugeschnitten als in anderen Gebieten. 2 Vgl. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung: Stadtentwicklungskonzept Berlin 2020. Statusbericht und perspektivische Handlungsansätze. S. 11. 6 Die besondere Eignung der Gebietsinfrastruktur für die Gebietsbevölkerung zeigt sich in den aktuellen Untersuchungsergebnissen. Die Nutzungsintensität der gebietlichen Infrastruktur ist hoch. Einrichtungen, die für alle Bevölkerungs- und Altersgruppen nutzbar sind, wie die öffentlichen Grünflächen und der öffentliche Nahverkehr, werden intensiv genutzt und für wichtig erachtet. Einrichtungen für spezielle Bevölkerungs- und Altersgruppen werden von diesen Gruppen teilweise in noch höherem Umfang genutzt. Dies zeigt sich z. B. bei dem Nutzungsgrad von Kindertagesstätten und von Grundschulen durch Haushalte mit Kindern der entsprechenden Altersstufen. Bei der Analyse der Nutzung der gebietlichen sozialen Infrastruktur zeigt sich, dass die Angebote recht gut auf die gebietsspezifische Nachfrage ausgerichtet sind und die Gebietsbevölkerung offensichtlich auf die Angebote vor Ort angewiesen ist. Insgesamt hätten Veränderungen der Bevölkerungsstruktur signifikante Auswirkungen auf die Struktur der infrastrukturellen Versorgung. Eine veränderte Zusammensetzung der Bevölkerungsstruktur würde Umstrukturierungen der infrastrukturellen Versorgung sowohl innerhalb des Gebiets Graefestraße als auch in den benachbarten Innenstadtwohngebieten erfordern, in die Teile der Gebietsbevölkerung abwandern müssten.  Abbau der ethnischen und kulturellen Mischung Der Anteil der ausländischen Bewohner im Gebiet Graefestraße liegt bei 23%, der Anteil der Bewohner mit Migrationshintergrund bei gut 40%. Die Beziehungen zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen sind trotz des relevanten Anteils von Migranten offensichtlich gut. Probleme mit anderen sozialen oder ethnischen Gruppen sind in der Befragung kaum genannt worden. Demgegenüber haben aber 29% das gute soziale Klima und 15% speziell das multikulturelle Zusammenleben als Gebietsqualität bezeichnet. Die verschiedenen Bevölkerungsgruppen innerhalb des Gebietes sind offensichtlich gut integriert. Dies ist nicht nur für das soziale Klima, sondern auch für die städtebauliche Struktur in Berlin von Bedeutung. Interkulturelle Probleme sind in anderen Berliner Wohngebieten eine wesentliche Ursache für die Notwendigkeit, Quartiersmanagementgebiete im Rahmen des Bundesprogramms Soziale Stadt einzurichten und zu fördern.  Verstärkung der innerstädtischen Verkehrsprobleme Das Wohngebiet Graefestraße hat innerhalb des Bezirks und der Stadt eine zentrale Lage. Es verfügt über eine gute Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr. Dies zeigt sich in der positiven Bewertung der öffentlichen Verkehrsmittel durch die Bewohner in der Befragung. Viele Bewohner des Gebiets Graefestraße haben einen Arbeitsplatz in Wohngebietsnähe und sind daher in ihrer Verkehrsmittelwahl flexibel. Aus diesem Grund wird häufig kein Auto benötigt und die Wege werden mit den sog. Umweltverbund (mit dem ÖPNV, dem Fahrrad oder zu Fuß) zurückgelegt. Gleichzeitig verfügt das dicht bebaute Wohngebiet nur über wenige Kfz-Stellplätze. Trotz eines deutlich unterdurchschnittlichen Kfz-Besatzes ist auch der ruhende Verkehr bereits zu einer gravierenden Belastung des Wohngebiets und zu einer deutlichen Wohnwertbeschränkung geworden. Die Kapazität der das Gebiet berührenden Hauptverkehrsstraßen, die den privaten Verkehr aufnehmen müssen, ist während der Hauptverkehrszeiten bereits erschöpft. Aus diesen Gründen strebt die Berliner Verkehrsplanung eine stärkere Nutzung des ÖPNV bei gleichzeitiger Eindämmung der Benutzung des privaten Kfz an. 7 Die Bevölkerung im Gebiet hat lediglich ca. zwei Drittel des in Berlin durchschnittlich üblichen Besitzes an Autos. Damit wird ebenso die prekäre Verkehrssituation vor Ort entlastet, als auch die gut ausgebaute Verkehrsinfrastruktur des öffentlichen Nahverkehrs überdurchschnittlich genutzt. Dagegen verfügen die Haushalte, die überdurchschnittlich hohe Mieten zahlen können, über deutlich mehr Autos als der Durchschnitt der Bewohner (265 gegenüber 211). Bei einer Fortsetzung dieses Trends würde die Situation sowohl des ruhenden als auch des fließenden Verkehrs weiter verschlechtert. Damit würden zusätzliche Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur notwendig bei gleichzeitiger schlechterer Auslastung des ÖPNV. Insgesamt sind also die negativen Auswirkungen einer möglichen Sozialstrukturveränderung auf den Verkehr der Gesamtstadt, den städtebaulichen Charakter des Wohngebiets und die Umweltbelastung als gravierend einzuschätzen. Prüfkriterien Die Untersuchung hat gezeigt, dass die veränderten Prüfkriterien sich zur Identifizierung derjenigen Investitionsmaßnahmen eignen, die eine besondere Gefahr für den Erhalt der gebietlichen Bevölkerungsstruktur darstellen. Speziell der Einbau hochwertiger Badausstattungen, großer Balkons bzw. Terrassen sowie der Einbau von Aufzügen haben eine starke, die Sozialstruktur verändernde Wirkung. Daher sollten die in den Prüfkriterien genannten Maßnahmen versagt bzw. auf ihre Verträglichkeit hinsichtlich des Erhalts der Sozialstruktur geprüft werden. Angesichts der zunehmenden Wohnungsknappheit sind kurzzeitige Nutzungen von Wohnungen, z. B. als Ferienwohnung, zu untersagen. Zusätzlich sollte weiterhin versucht werden, den Senat von Berlin zum Erlass einer ‚Umwandlungsverordnung’ im Gebiet zu bewegen, um weitere effektive Eingriffsmöglichkeiten zum Schutz der Sozialstruktur zu gewinnen, da die Veränderung der Sozialstruktur im Zusammenhang mit der Umwandlung in Eigentum gravierend sind.