Daten
Kommune
Berlin Tempelhof-Schöneberg
Dateiname
Mitteilung zur Kenntnisnahme.pdf
Größe
100 kB
Erstellt
16.10.15, 17:02
Aktualisiert
27.01.18, 12:17
Stichworte
Inhalt der Datei
Drucksachen
der Bezirksverordnetenversammlung
Tempelhof-Schöneberg von Berlin
XIX. Wahlperiode
Ursprung: Antrag, Die Fraktion der CDU
Beratungsfolge:
Gremium
Datum
14.12.2011 Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin
13.03.2012 Bezirksamt
21.03.2012 Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin
17.04.2012 Ausschuss für Bürgerdienste und Ordnungsamt
08.05.2012 Ausschuss für Stadtentwicklung
15.05.2012 Bezirksamt
16.05.2012 Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin
Mitteilung zur Kenntnisnahme
Drucks. Nr:
0019/XIX
Bezirksamt
Stärkere Überprüfung von Ferienwohnungen
Gemäß BVV-Beschluss zur Drs.-Nr. 0019/XIX vom 14.12.2011 wird dem Bezirksamt
empfohlen, sich bei den zuständigen Stellen dafür einzusetzen, dass geprüft wird, inwieweit
die Bauaufsicht und das Gewerbeaufsichtsamt zur Verhinderung der Umnutzung von Miet- in
Ferienwohnungen in den Ortsteilen Schöneberg und Friedenau erfolgreich eingesetzt
werden könnte. Darüber hinaus wurde das Bezirksamt beauftragt, in einem Bericht bis zum
28.02.2012 darzustellen, welche Erfahrungen mit der neuen Betriebsverordnung des Landes
Berlin im Zusammenhang mit gewerblicher Wohnungsvermietung gemacht wurden.
Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung sowie die
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt wurden mit der Bitte um Prüfung der
Änderungsmöglichkeiten des Gewerberechts bzw. des Bauordnungsrechts im Hinblick auf
die Nutzung von Wohnungen zu Ferienwohnungen angeschrieben.
Die Anwort der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung sowie der
Bericht des Fachbereichs Bauaufsicht zu den bisherigen Erfahrungen mit der neuen
Betriebsverordnung des Landes Berlin im Zusammenhang mit gewerblicher
Wohnungsvermietung sind bereits im März mitgeteilt worden.
Wie im Bericht des Fachbereichs Bauaufsicht (Anlage zur Mitteilung zur Kenntnisnahme,
Drucksache Nr. 0019/XIX, BVV vom 21.3.2012) mitgeteilt, hat das Bezirksamt in zwei Fällen
Verfahren zur Untersagung der Nutzung von Ferienwohnungen eingeleitet; in einem Fall war
eine solche Anordnung zur Nutzungsuntersagung erlassen und mit der Anordnung der
sofortigen Vollziehung gem. § 80 (5) der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) versehen
worden.
Gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung war vor dem Verwaltungsgericht (VG)
Berlin ein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs
gestellt worden. Hierüber hat das VG am 28.3.2012 entschieden (VG 19 L 18.12).
Abstimmungsergebnis:
Kenntnis genommen:
überwiesen:
Im Ergebnis wurde dem Antrag der Gegenseite stattgegeben. Das Verwaltungsgericht hatte
„ernstliche rechtliche Bedenken“ (S. 3) gegen die Nutzungsuntersagung der
Ferienwohnungen. Nur im Falle einer beachtlich von der Wohnnutzung abweichenden
Nutzung wäre eine Nutzungsuntersagung zu rechtfertigen (S. 5).
Eine solche sieht das VG nicht als gegeben; hierzu macht es in dem Beschuss u.a. folgende
Ausführungen:
„...verbietet es die bauplanungsrechtliche Unterscheidung zwischen allgemeiner
Wohnnutzung und Ferienwohnung, den Begriff des Beherbergungsbetriebes so weit zu
fassen, dass er auch die mietweise Überlassung von selbstständigen Wohnungen, sei es
auch nur zu Ferienzwecken, einschließt“ (S. 4)
„Es verbleibt im Grundsatz dabei, dass eine Ferienwohnnutzung eine –wenn auch
besondere- Form des Wohnens ist“ (S. 4)
„... ist das Vermieten von mit einer Kochgelegenheit ausgestatteten Apartments –auch an
Feriengäste- kein Beherbergungsbetrieb“ (S. 5)
Lediglich hinsichtlich der Dauer des Aufenthaltes des Nutzers der Ferienwohnungen lässt
das VG zunächst offen, ob es hinsichtlich der allgemein anerkannten Definition des
Wohnens als auf Dauer angelegte Häuslichkeit eine zeitliche Untergrenze der
Nutzungsdauer geben könnte („... erscheint es dem Gericht aber ausgeschlossen, dass sich
etwa bei einer nur nach Tagen bemessenden Mietdauer eine auf Dauer angelegte
Häuslichkeit auch nur ansatzweise bilden könnte“, S. 5). Der Ansatz wird jedoch vom VG
nicht weiter verfolgt, im Gegenteil problematisiert es die im Internet angegebene
Mindestmietdauer von einer Woche nicht. Und weiter unten stellt das Gericht fest: „.. denn
ein Gebäude mit nur kurzfristig vermieteten Ferienwohnungen ist gerade kein
Beherbergungsbetrieb, sondern ein Wohngebäude mit einer besonderen Ausprägung des
Wohnens ohne das Merkmal der Dauerhaftigkeit“ (S. 6).
Weiterhin hatte das VG Bedenken hinsichtlich der Vorgehensweise des Bezirksamtes.
Bestimmtheit der Anordnung
Die Untersagung der Nutzung als Ferienwohnung sei nicht hinreichend bestimmt,
da mit der Beschränkung auf Ferienwohnungen im Sinne der
Überlassung/Vermietung der Wohnungen als Freizeit-/Urlaubswohngelegenheit an
einen wechselnden, im weitesten Sinne erholungssuchenden Personenkreis zum
vorübergehenden
Aufenthalt
noch
eine
breite
Palette
kurzfristiger
Nutzungsverhältnisse möglich sei und zudem eine Motivationsforschung bezüglich
des Aufenthaltszwecks durch den Vermieter betrieben werden müsste.
Ermittlung des Sachverhaltes
Dem Bezirksamt zugegangene Mieterbeschwerden, eine – mehrfach erfolgteBegehung des Gebäudes, weitere Befragung von Mietparteien sowie die erfolgte
Internet-Recherche zu den Ferienwohnungsangeboten im Gebäude seien nicht
hinreichend zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes. Das Bezirksamt hätte
von den in der Bauordnung zur Verfügung stehenden Auskunftsrechten mittels
einer Verfügung gegen den Eigentümer zur Benennung der Dauermieter
Gebrauch machen müssen und von letzteren die Vorlage von
Betriebsbeschreibungen mittels weiterer Verfügungen verlangen müssen.
Störerauswahl
Das Bezirksamt habe die Störerauswahl nicht ermessensfehlerfrei getroffen. Auch wenn
sich der Eigentümer im Rahmen der Anhörung gem. § 28 VwVfG nicht geäußert habe,
hätte das Bezirksamt weitere Ermittlungen hinsichtlich der Verantwortlichkeit anstellen
müssen.
Angesichts dieses Beschlusses sieht sich das Bezirksamt nicht in der Lage, die vom VG
verlangte Vorgehensweise in ähnlich gelagerten Fällen anzuwenden, da dies die personellen
Ressourcen des Bezirksamtes überfordern würde; dies vor allem, da im Hinblick auf die
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angesichts der vom VG mehrfach angezweifelten Qualifizierung von Ferienwohnungen als
Beherbergungsbetrieb eine Erfolgsaussicht kaum zu bestehen scheint.
Der genannte Beschluss des VG wurde der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und
Umwelt übermittelt. Dem Bezirksamt ist bekannt, dass diese das Bezirksamt Mitte bei der
Durchführung mindestens eines ähnlichen Verfahrens unterstützt. Das Bezirksamt geht
davon aus, dass die durch das Bezirksamt erwirkte Rechtsprechung, die als Fortentwicklung
und weitere Klarstellung der Rechtslage zu würdigen ist, in den dort anstehenden Verfahren
berücksichtigt wird und hilfreich sein kann.
Die Antwort der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt auf die Bitte um Prüfung
der Änderungsmöglichkeiten des Gewerberechts bzw. des Bauordnungsrechts im Hinblick
auf die Nutzung von Wohnungen zu Ferienwohnungen liegt nunmehr auch vor:
„Stellt die zuständige Bauaufsichtsbehörde fest, dass ein als Wohngebäude genehmigtes
Gebäude nunmehr als Beherbergungsstätte (formell illegal) genutzt wird, kann sie die
Nutzung untersagen. Nicht das Vorhandensein von Ferienwohnungen ist maßgebend,
sondern das Betreiben als Beherbergungsstätte, d.h. eine gewerbliche hotelmäßige Nutzung
eines Gebäudes muss gegeben und nachweisbar sein.
Eine Nutzungsuntersagung kommt insbesondere auch dann in Betracht, wenn Bedenken
wegen der Brandsicherheit bestehen, z.B. wenn bei einer Beherbergungsstättennutzung
aufgrund des Fehlens von brandschutztechnisch abgetrennten Abstellräumen im
notwendigen Treppenraum Bettwäsche und Handtücher, Reinigungsmittel und
Toilettenpapier, aber auch Abfälle gelagert werden. Mit der Änderung der BetriebsVerordnung – BetrVO – vom 18.06.2010 ist festgelegt worden, dass die Maßnahmen des
betrieblichen Brandschutzes nach § 15 BetrVO (Freihalten der Rettungswege,
Brandschutzordnung, verantwortliche Personen) für alle Beherbergungsstätten gelten, auch
für diejenigen, in denen eine Beherbergung in Ferienwohnungen stattfindet. Werden der
zuständigen Bauaufsichtsbehörde konkrete Anhaltspunkte für gefährliche Zustände bekannt,
kann sie nach § 5 Abs. 2 der Betriebs- Verordnung eine Brandsicherheitsschau durchführen.
Werden Verstöße gegen bauordnungsrechtliche Anforderungen festgestellt, kann die
zuständige Bauaufsichtsbehörde als Ordnungsbehörde einschreiten und gemäß § 58 der
Bauordnung für Berlin – BauO Bln – die erforderlichen Maßnahmen treffen.
Stellt die zuständige Bauaufsichtsbehörde keine konkrete Gefahr fest, kann sie als „milderes
Mittel“ vom Eigentümer die Beantragung einer Nutzungsänderung von einem Wohngebäude
in eine Beherberungsstätte – sofern diese planungsrechtlich zulässig wäre – fordern, um die
formell illegale Nutzung zu legalisieren. Ab 13 Gastbetten ist eine Beherbergungsstätte nach
§ 2 Abs. 4 BauO Bln ein Sonderbau und daher muss das Baugenehmigungsverfahren nach
§ 65 BauO Bln durchgeführt werden. Mit dem Bauantrag sind Bauvorlagen bei der
zuständigen Bauaufsichtsbehörde einzureichen. Über den Antrag für die Nutzungsänderung
von einem Wohngebäude in eine Beherbergungsstätte kann die zuständige
Bauaufsichtsbehörde erst abschließend entscheiden, wenn die bauplanungsrechtliche
Zulässigkeit gegeben ist und der Nachweis des ausreichenden Brandschutzes
(Brandschutznachweis gemäß § 67 Abs. 1 BauO Bln i.V.m. § 11 Bauverfahrensordnung)
geprüft ist. Beurteilungsgrundlage für die Maßnahmen des vorbeugenden baulichen
Brandschutzes ist dabei die Muster-Beherberungsstätten-Verordnung der
Bauministerkonferenz, die aufgrund der Ausführungsvorschriften zu § 52 der Bauordnung für
Berlin – AV Mustervorschriften heranzuziehen ist. Danach muss eine Beherbergungsstätte
mit mehr als 60 Gastbetten (oder mehr als 30 Gastbetten je Geschoss) eine zweite
notwendige Treppe als Rettungsweg haben. Ab 60 Gastbetten muss zudem eine
automatische Brandmeldeanlage vorhanden sein.“
Herr Senator Müller verweist zunächst auf seine Ausführungen in der Bezirksstadträtesitzung
am 01.03.2012:
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„Senator Müller erläutert, dass es bei der Ferienwohnnutzung auch um die politische
Bewertung von städtebaulichen und sozialen Folgewirkungen für das Zusammenleben der
Bewohner/innen und mögliche Strukturveränderungen („Umkippen“) eines Wohngebietes
gehe. Hier gelte es, rechtzeitig gegenzusteuern, damit Wohnraum für dauerhaftes Wohnen
zur Verfügung steht. Die Wiedereinführung eines Zweckentfremdungsverbotsgesetzes ist ein
mögliches Instrument für besondere Problemlagen.“
In Ergänzung zu den Ausführungen aus der Stadträtesitzung weist Herr Senator Müller in
seinem Brief auf das Internet-Bauaufsichtsportal
http://www.stadtentwicklung.berlin.de/bauen/bauaufsicht hin, dass auch als
Entscheidungshilfe zur Verfügung steht.
Auf Grund des Auftrags des Abgeordnetenhauses von Berlin vom 26.05.2011 wurde in dem
Zwischenbericht vom 17.08.2011 zugesagt, die rechtlichen und tatsächlichen
Voraussetzungen für den möglichen Erlass eines Zweckentfremdungsverbots untersuchen
zu lassen. Der Untersuchungsauftrag wurde ausgeschrieben und mittlerweile an das
Hamburger Institut GEWOS vergeben. Der Auftrag beinhaltet auch eine Untersuchung
hinsichtlich der Anzahl der als Ferienwohnungen genutzten Wohnungen in den einzelnen
Bezirken Berlins und hinsichtlich der Frage, in welchen Stadtgebieten Berlins die Nutzung
von Wohnungen als Ferienwohnungen besonders ausgeprägt ist.
Stadtentwicklungssenator Müller und das Bezirksamt stimmen in der Auffassung überein,
dass eine Zweckentfremdungsverbots-Verordnung das effektivste Instrumentarium gegen
die Umnutzung von Wohnraum in Ferienwohnungen darstellt. Der Stand der gegenwärtig
noch nicht abgeschlossenen Prüfungen in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht lässt den
Schluss zu, dass ein Zweckentfremdungsverbot für Wohnraum – zumindest in den zentralen
Bezirken Berlins – möglich ist. Unter Berücksichtigung der notwendigen Beteiligung der
hierfür vorgesehenen politischen Gremien und Institutionen könnte ein solches Verbot Ende
diesen Jahres in Kraft treten.
Das Bezirksamt weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die
Zweckentfremdungsverbotsverordnung nur dann ein sinnvolles Instrument zum Schutz vor
Umnutzung von Wohnraum in Ferienwohnungen ist, wenn die zur Umsetzung dieser
Verordnung notwendigen Personalressourcen zur Verfügung gestellt werden können. Offen
ist bisher auch, in welchen Ämtern diese personelle Verstärkung notwendig werden wird.
Berlin, den 15.05.2012
Frau Schöttler, Angelika
Bezirksamt
Frau Dr. Klotz, Sibyll
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