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VzK§13 BA, ZB 10. BVV am 07.11.12, Anlage.pdf

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Daten

Kommune
Berlin Pankow
Dateiname
VzK§13 BA, ZB 10. BVV am 07.11.12, Anlage.pdf
Größe
13 MB
Erstellt
16.10.15, 20:08
Aktualisiert
27.01.18, 21:30

Inhalt der Datei

Vorbemerkung Von den dreizehn Ortsteilen des Bezirkes Pankow gehen zehn auf mittelalterliche Siedlungsstrukturen zurück, die noch heute vergleichsweise gut im öffentlichen Raum wahrnehmbar sind. Der diesjährige Denkmalschutzbericht stellt unter anderem die überlieferten historischen Strukturen vor, informiert beispielhaft über die denkmalpflegerischen und städtebaulichen Zielstellungen und gibt Anregungen für eine Zusammenarbeit mit den Anwohnern und der interessierten Öffentlichkeit. Kurze Entstehungsgeschichte der drei, hier nicht behandelten Ortsteile: Prenzlauer Berg wurde bis 1831 als sog Weichbild Berlins in die Stadtgrenzen eingemeindet und dem damaligen Bezirk Königstadt zugeordnet. Wilhelmsruh entwickelte sich ab den 1870er Jahren als „Colonie Wilhelmsruh“ und war bis 2001 ein Ortsteil Rosenthals. Die Stadtrandsiedlung Malchow gehörte bis 1920 zur Landgemeinde Malchow, wurde 1920 in den Kommunalverbund Groß-Berlin eingemeindet und war bis zur Bezirksfusion (2001) dem Bezirk Weißensee von Berlin angegliedert. Inhaltsverzeichnis 1. Zur Topografie und Siedlungsgeschichte.........................................................................03 2. Historische Dorfstrukturen und Gestaltmerkmale......................................................04-09 3. Die Pankower Dörfer im Überblick 3.1. Blankenburg.........................................................................................................10-11 3.2. Blankenfelde........................................................................................................12-13 3.3. Buch.....................................................................................................................14-15 3.4. Französisch Buchholz........................................................................................16-17 3.5. Heinersdorf..........................................................................................................18-19 3.6. Karow....................................................................................................................20-21 3.7. Niederschönhausen............................................................................................22-23 3.8. Pankow.................................................................................................................24-25 3.9. Rosenthal.............................................................................................................26-27 3.10. Weißensee............................................................................................................28-29 4. Schutz der Kulturlandschaft am Beispiel Karows......................................................30-31 4.1. Dorfanger, Dorfstraße und öffentliche Freiräume............................................32-33 4.2. Öffentliche und private Bereiche.......................................................................34-35 4.3. Zeitgemäße Bautätigkeit im historischen Umfeld.................................................36 4.3.1. Umgang mit der historischen Bausubstanz..........................................................36 4.3.2. Dächer und Dachaufbauten................................................................................36-37 4.3.3. Neubauten.................................................................................................................37 5. Siedlungsentwicklung als kommunale Planungsaufgabe..............................................38 5.1. Bauleitplanung..........................................................................................................38 5.2. Städtebauliche Erhaltungsverordnungen..............................................................38 5.3. Mitwirkung der Bürger..............................................................................................39 2 1. Zur Topographie und Siedlungsge schichte Das Berliner Gebiet ist gekennzeichnet durch den Gegensatz der Plattenlandschaften des Barnim im Norden und Teltow im Süden sowie durch die Niederungslandschaften des Berliner Haupttals. Die Dörfer Pankows liegen auf dem Gebiet des Niederbarnims, einem Höhenzug zwischen dem Torun-Eberswalder und dem Warschau-Berliner Urstromtal. Die Oberfläche des Barnim wurde nach dem Abschmelzen der eiszeitlichen Gletscher vor ca. zehntausend Jahren durch zahlreiche Seen, moorige Heiden und Sümpfe, dichte Wälder und kleinere Hügel geprägt. Diese lokalen Gegebenheiten boten günstige Bedingungen für menschliche Niederlassungen. Archäologische Funde belegen Siedlungen von germanischen Völkerschaften sowie Wenden und Slawen. Obwohl bereits seit dem 10. Jahrhundert Auseinandersetzungen zwischen den slawischen und deutschen Feudalgewalten nachweisbar sind, dominierten dennoch bis etwa 1180 die slawischen Stämme auf den Höhen des Teltows und Barnims. Erst gegen Ende des 12. Jahrhunderts begann unter Führung verschiedener Feudalgewalten die etappenweise Besiedlung der bereits kultivierten Ländereien durch deutsche Siedler. Eine wesentliche Ursache war unter anderem das um 1150 in verschiedenen Gebieten Mitteleuropas erreichte Anwachsen der bäuerlichen Produktion, das zu Veränderungen in den ökonomischen und demographischen Verhältnissen und schließlich zu verstärkten Expansionsbemühungen der jeweiligen Feudalgewalten führte, die ihre Macht erweitern wollten. Das Berliner Gebiet betreffend beteiligten sich an den Expansionen seit etwa 1180: vom Westen her die askanischen Markgrafen, aus südwestlicher Richtung die Erzbischöfe von Magdeburg und von Südosten die Wettiner Markgrafen von Meißen. Ihnen gelang es, breite bäuerliche Bevölkerungsgruppen aus dem Rheinland, aus Flandern, Sachsen und Franken im Berliner Raum sesshaft zu machen. Während die Besiedlung im Gebiet westlich der Havel-Nuthe-Linie von der selbständigen Tätigkeit des Adels und der Einwirkung der Kirche wesentlich beeinflusst wurde, erhielten die Siedlungen ostwärts dieser Linie durch das unmittelbare Einwirken der Askanier ein verhältnismäßig einheitliches Gepräge. 3 2. Historische Dorfstrukturen Als Siedlungsform prägten sich im Berliner Raum das märkische Anger- und Straßendorf mit Gewannflur1 aus. Sie hatten eine große Gemarkung mit vielfach rechteckig verlaufenden Feldmarkgrenzen. Bei der Dorfgründung bediente sich der Feudaladel mit dem Landesherrn an der Spitze bäuerlicher, ritterlicher und grundherrlicher Lokatoren2. Die Dörfer wurden planmäßig und meist an den tiefsten Stellen der Gemarkung angelegt, um das sich in Teichen und Pfuhlen angesammelte Grundwasser zu nutzen. Sie sind charakterisiert durch einen rechteckigen oder linsenförmigen Dorfanger bzw. eine Dorfaue, einen das Dorf durchlaufenden Weg, der sich im Falle der Angerdörfer am Dorfeingang gabelt, den Dorfplatz umschließt und am Dorfende wieder vereint. Lageplan Niederschönhausen, 1774 Niederschönhausen, um 1800 4 Auf dem Dorfanger befinden sich meist die Kirche mit Kirchhof und Friedhof, der Dorfteich, die Schmiede, das Hirten- und Gemeindehaus, der Gemeindebackofen, ergänzt durch die Schule, das Spritzen- und / oder Armenhaus. An die Hauptwege schließen sich die Gehöfte der Bauern und Kossäten3 an, wobei die Adelsund Lehnschulzengüter sowie Vollbauernhöfe ebenfalls zumeist in der Mitte des Dorfes platziert sind. Die Katen4 befanden sich an den Ortsausgängen. Mit Ausnahme der Kirchen und einzelner Gebäude der Gutshöfe sowie bisweilen der Schmieden wurden bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts alle ländlichen Bauten aus Fachwerk errichtet, deren Gefache mit Lehmstaken, zum Ende des Jahrhunderts mit Ziegelmauerwerk ausgefüllt wurden. Infolge der preußischen, sog. Stein-Hardenbergschen Reformen und der damit verbundenen Separation5 wurden die Gemeinden wirtschaftlich stärker und erneuerten die Gebäude in Massivbauweise. Ehem. Gutshaus Rosenthal, Hauptstraße 143 (erb.: um 1820) Ehem. Scheune des Pfarrhofs (Fachwerk mit Mauerausfachungen, erb. um 1800 ), Dorfanger Französisch-Buchholz Ehem. Dorfkirche Blankenfelde (erb.: spätes 14. Jh., 1938-41 rekonstruiert) Ehem. Küster- und Schulhaus, Blankenburg, Alt-Blankenburg 17, erb.: 1878 Gewannflur (auch: Hufengewannflur) Im Feudalismus herrschte die Dreifelderwirtschaft vor. Dabei wurde die Ackerfläche in drei zusammenhängende Komplexe (Gewanne) unterteilt, um eine jährlich wechselnde Fruchtfolge zu erzielen. Innerhalb eines Gewannes hatte jeder Bauer streifenförmige Flächen (Hufe6), die sich meist nicht nebeneinander, sondern in einem Gemenge befanden. Daraus ergab sich der Zwang der gemeinsamen Bewirtschaftung, der erst mit der Separation aufgehoben wurde. 2 Lokator Der im Rahmen der feudalen deutschen Ostexpansion mit der Errichtung einer neuen Siedlung Beauftragte. Er erhielt meist einen größeren Landanteil als die übrigen Bauern und Privilegien bei Abgaben und Diensten, hatte in der Regel das Amt des Dorfschulzen inne und übte die niedere Gerichtsbarkeit aus. 3 Kossäten Dorfbewohner, die zunächst nur ein Haus und etwas Gartenland besaßen und zu Handdiensten verpflichtet waren. 4 Kate Einfaches, einstöckiges Wohnhaus, in dem mindestens zwei, meistens vier Familien wohnten, die kein eigenes Land besaßen (z. B. Hirten- oder Landarbeiterkaten). 5 Separation Flurbereinigung durch Zusammenlegung einzelner Hufe zu einem Grundbesitz. Zusammen mit der Aufteilung des Gemeinbesitzes, der Ablösung der Feudallasten und der Neuregelung der Gerechtigkeiten war sie ein wesentlicher Bestandteil der preußischen Agrarreform von 1807. In den Pankower Dörfern fanden die Separationen meist in den 1830er und 1840er Jahren statt. 6 Huf Umfang des Landes, die eine bäuerliche Familie allein bewirtschaften konnte und die sie zu ihrer Ernährung benötigte; in Abhängigkeit der Ackerbonität ergaben sich im Berliner Raum Hufengrößen zwischen 7 und 13 1/2 Hektar, später verstand man unter 1 Hufe meist 30 „magdeburgische“ Morgen = 7,66 Hektar. 1 5 Wohngebäude Der heutige Wohnhausbestand ist durch relativ einheitlich strukturierte historische Hausformen gekennzeichnet. Es dominiert das quer geteilte, aus dem Ernhaus hervorgegangene und durch die Zeit um 1800 geprägte märkische Wohnhaus. Von diesem Gebäudetyp und seinen diversen Abwandlungen existiert besonders aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts noch eine sehr große und teils bauzeitlich erhaltene Zahl von Beispielen. Der Begriff „Ernhaus“ nimmt Bezug auf den ursprünglich quer in der Mitte über die volle Gebäudebreite gelegenen Durchgangsraum („Ern“), in dem sich der Herd als offene Feuerstelle befand. Dieser Raum war nach oben auf ganzer Fläche offen, der Rauch zog über den Dachboden durch die Rohrdeckung ab. Von hier aus wurden sowohl Wohn- und Stallteil erschlossen. Da innerhalb des Herdraums mit offenem Feuer gearbeitet wurde, waren die Wände durch Rußbildung schwarz (deshalb: „schwarze Küche“). Die Rußschicht war aus Brandschutzgründen vorteilhaft, weil der Schlot ursprünglich wie das ganze Haus eine Fachwerk-Lehmstaken-Konstruktion war und Ruß zusätzlich zum Lehmverstrich einen Schutz gegen Funkenflug darstellt. Durch Feuerverordnungen wurden Holzschlote verboten und die schwarzen Küchen samt Schlot als erster Gebäudeteil massiv ausgeführt; von diesem Raum aus wurden auch die Stubenöfen beheizt. Nach der Separation konnten die Bauern nicht nur ihre argrarische Produktion steigern, sondern auch erhebliche Geldmittel akkumulieren. Die alten Wohnhäuser aus Fachwerk wurden zumeist durch neue in Massivbauweise ersetzt, die nun in der Regel traufständig zur Straße standen und über einen mittleren Eingang zugänglich waren. Die größeren Bauern versahen ihre Bauten mit einer dem Naturstein nachempfundenen Putzquaderung. Nach der Mitte des 19. Jahrhunderts erhielten sie überwiegend spätklassizistischen plastischen Zierrat. Gegen Ende des Jahrhunderts trat ein weiterer Wandel ein: Die Bauernhäuser wurden nun repräsentativer mit markanten Dachaufbauten und spätklassizistischem oder eklektizistischem Fassadenschmuck bzw. zum Teil als städtisch anmutende Villen ausgeführt. Noch standfähige Fachwerkbauten wurden verputzt und mit vorgesetzten Stuckfassaden versehen, als Imitation massiver Bauweise. Diese Bauphase und damit auch der fast ausnahmslos errichtete Haustyp des quer erschlossenen Wohngebäudes mit all seinen Gestaltungsvarianten fand im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts, spätestens jedoch mit Beginn des Ersten Weltkrieges seinen Abschluss. Hinzugekommen sind lediglich diverse Formen von Wohngebäuden, die aus dem städtischen Bereich in den ländlichen Raum übertragen wurden, so etwa Häuser für Kleinsiedler, Angestellte und Arbeiter sowie diverse villenähnliche Gebäudeformen. Ein nicht auf den ländlichen Bereich beschränkter Komplex ist die als Heimatstil bezeichnete Architekturströmung, welche in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg zunehmend Wirkung entfaltete. Dieser Stil wirkte bis in die Bodenreformzeit (1946-53). Die Wohngebäude waren äußerst bescheiden und wurden häufig aus Abbruchmaterial des großbäuerlichen enteigneten Baubestandes oder aus in Handarbeit hergestellten Betonsteinen errichtet. Ehem. Kossätenwohnhaus, Buchholz, Hauptstraße 45, (erb. um 1710) Ehem. Landarbeiterhaus (vermtl. Gemeindehirtenhaus), Blankenfelde, Schildower Straße 4 (erb. im Kern 1780) 6 Ehem. Wohnhaus eines Stellmachers, Karow, Alt-Karow 26 (erb. im Kern 1824) Wohnhaus, Blankenburg, Alt-Blankenburg 70 (erb. um 1850) Ehem. Bauernwohnhaus Heinersdorf, Romain-Rolland-Straße 50/52 (erb. um 1890) Ehem. Wohnhaus eines Pferdehändlers, Heinersdorf, Romain-Rolland-Straße 49 (erb. 1876) Wohnhaus, Rosenthal, Hauptstraße 150 (erb. um 1880) Wohnhaus, Blankenburg, Alt-Blankenburg 31/33 (erb. 1902) Wohnhaus, Blankenburg, Alt-Blankenburg 60 (erb.: 1928) Wohnhaus, Rosenthal, Hauptstraße 116A (erb.: 1950) 7 Bäuerliche Wirtschaftsgebäude Im gleichen Maße wie die Wohnhäuser veränderten sich auch die Hofstrukturen und Wirtschaftsbauten: Aus dem dominierenden Zweiseit- und vereinzelten Dreiseithöfen entwickelten sich ab Ende des 18. Jahrhunderts der exakte Dreiseit- und Vierseithof. Der Dreiseithof eines Bauern und größeren Kossäten besteht aus dem Wohnhaus in Trauf- oder Giebelstellung an der Straße, seitlichen Stall- und Wirtschaftsgebäuden und der rückwärtigen Scheune. Bei den Vierseithöfen sind beide Seiten durch Stallund Wirtschaftsgebäude bebaut. Bei Höfen mit Einzelgebäuden spricht man von offenen, bei zusammengebauten Gebäuden von geschlossenen Höfen. Sie wurden im Laufe der Jahrhunderte mehrfach den geänderten Rahmenbedingungen angepasst. Die größten Veränderungen erfolgten nach der Separation mit dem allgemeinen Aufschwung etwa ab 1860, der gleichzeitig starke soziale und baulich sichtbare Umschich- tungen mit sich brachte. Der verbliebene und heute von uns als Kulturgut gepflegte historische dörfliche Baubestand ist damit der sichtbare Abschluss einer sehr langen Entwicklung. Die Höfe wurden mit der Zeit durch Lesesteine (auch Feldsteine oder „Katzenköpfe“ genannt) gepflastert. Auf den Großbauernstellen befand sich oft mitten auf dem Hof ein kleiner Bau, der meist die Aborte oder auch Brunnen überdachte und später bisweilen auch einen Taubenverschlag enthielt. Wie die Wohnhäuser wurden die Wirtschaftsgebäude in jener Zeit in Massivbauweise (sog. Backsteinmauerwerk) ausgeführt. Auf der Feldseite ergibt sich aus der Reihung von Drei- und Vierseithöfen bei Straßen- und Angerdörfern zwangsläufig eine Reihung der Scheunen, die immer parallel zur Straße stehen. Besonders die Dächer dieser Bauten („Scheunenlinie“) prägen die Außenansicht eines Dorfes entscheidend. Dreiseithof, Blankenburg, Alt-Blankenburg 70 (Wohnhaus erb.: um 1850, Wirtschaftsgebäude erb.: um 1890) Vierseithof, Karow, Alt-Karow 44 (Wohnhaus und Wirtschaftsgebäude erb.: 1878) Vogelperspektive Karow, Nordwest 8 Taubenturm, Gutshof Buch (erb.: Anfang 19. Jh.) Taubenturm, Heinersdorf, RomainRolland-Straße 49 (erb.: 1876) Fachwerkscheune, Karow, Alt-Karow 1 (erb.: um 1850) Nur in wenigen Fällen sind die großen Scheunen in ursprünglicher Form als Lehmstaken-Fachwerkbauten erhalten, überwiegend handelt es sich um typische Massivbauten der Jahrhundertwende in Ziegel-Sichtmauerwerk. Die meisten Scheunen sind ein- oder zweitorige QuerdielenDurchfahrtsscheunen. Beidseits der Durchfahrt (Diele, Tenne) und im Dachboden befanden sich die Stapelräume. Zur guten Belüftung des Heubodens wurde häufig das Giebelfachwerk nicht mit Lehmstaken gefüllt sondern nur von außen verbrettert und bei Ziegelbauten größere Flächenteile des Giebels durchbrochen gemauert. Die Fassaden der Wirtschaftsgebäude sind vergleichsweise aufwendig mit Ornamenten, versetzten bzw. schräg liegenden oder farbigen Ziegelschichten gestaltet. Auch die Pult- und Satteldächer zeugen vom wirtschaftlichen Aufstieg der Bauern: sie wurden mit Biberschwanzziegeln oder sogar Schieferplatten gedeckt. Remise / Pferdestall, Blankenfelde, Hauptstraße 43 (erb.: um 1885) Baudetails am ehem. Bauernhof, Karow, Alt-Karow 59 (erb.: um 1893) Ehem. Pferdestall, Heinersdorf, Romain-Rolland-Straße 49 (erb.: 1876) Scheune, Karow, Alt-Karow 44 (erb.: 1878) 9 3. 3.1. Die Pankower Dörfer im Überblick Blankenburg Luftbild, 2011 Ausschnitt Messtischblatt, 1871 Ausschnitt Denkmalkarte Entwicklungsgeschichte von Blankenburg Wann Blankenburg gegründet wurde, ist nicht bekannt (vermutet wird 1230). Das älteste Zeugnis der Besiedlung der Ortslage ist die Kirche. Sie wird auf die Mitte des 13. Jahrhunderts datiert. 1271 wird als Besitzer ein Anselm de Blanckenborch genannt. Die erste urkundliche Erwähnung Blankenburgs stammt aus dem Landbuch Kaiser Karls IV. 1375. Danach waren 42 Hufen eingetragen, wovon 30 abgabepflichtigen Bauern, 4 der Pfarrstelle und 8 dem Gutsbesitzer Tamme v. Röbel gehörten. Nachdem bereits 1772 die gemeinsame Hufenwirtschaft der Königlichen Domäne und der Bauern und Kossäten separiert wurde, erwarb die Landbevölkerung ab 1811 Grundeigentum. 1882 übernahm die Stadt Berlin das ehem. Rittergut und legte hier Rieselfelder an, was die Ausdehnung des Ortes einschränkte. Obwohl Blankenburg seit 1877 eine Bahnstation hatte und 1891 der Vororttarif eingeführt wurde, blieb der Ort weitgehend agrarisch geprägt. Die Zahl der Einwohner war von 1375 bis ins 19. Jahrhundert mit ca. 1.000 weitgehend konstant. Zurzeit hat der Ortsteil rd. 6.500. Für Blankenburg bemerkenswert ist auch die bereits 1911 südwestlich des Dorfs angelegte Laubenkolonie, die mit ihren 84 Hektar eine der größten Deurschlands ist. 10 Bauliche Charakteristik Blankenburg ist ein Angerdorf, hat im Osten allerdings die Tendenz zum Straßendorf. Zu den wichtigsten Zeugnissen der mittelalterlichen Struktur gehört neben der Kirche der Kirchhof und der Anger, auf dem es früher auch einen Feuerlöschteich gab. Im Westen des Dorfs befand sich das Gut. Davon existiert nur noch das inzwischen völlig veränderte Wirtschaftsgebäude, Alt-Blankenburg 3. Aus der Überlieferung bekannt, jedoch heute nicht mehr nachweisbar, ist die Anlage eines Lustgartens, den König Friedrich I. nach dem Kauf des Gutes in Dorfnähe anlegen ließ. Von älteren bäuerlichen Gehöften zeugt das Wohnhaus Alt-Blankenburg 10, das in Proportion und Raumstruktur noch recht deutlich die bis 1830/40 vielfach verwendete Form eines mitteldeutschen Ernhauses verkörpert. Wie in den stadtnahen Dörfern typisch, wird die Dorflage heute von bäuerlichen Wohn- und Wirtschaftsbauten geprägt, die nach der Reichsgründung, 1871, bis vor dem Ersten Weltkrieg entstanden. Sie künden vom erwirtschafteten Reichtum in jener Zeit, lehnen sich jedoch in ihren Gestaltungselementen an überlieferte Bautraditionen an. Beispielsweise folgt das um 1885 errichtete Wohnhaus Alt-Blankenburg 14 im Grundriss der einst üblichen klaren Quergliederung, während die Fassade jedoch spätklassizistischen Zierrat entsprechend dem damaligen Zeitgeschmack aufweist. Auch der Standort der Wirtschaftsgebäude, der Scheune und der Ställe aus unverputztem Backstein innerhalb des Gehöfts entspricht noch ganz den überlieferten Vorstellungen. Die nach der Jahrhundertwende errichteten Wohnhäuser zeugen vom jeweiligen Zeitgeschmack, so z. B. des Jugend- (Alt-Blankenburg 31/33, 1902) oder Heimatstils (Alt-Blankenburg 16, 1912). Dorfanger, historische Ansicht, um 1910 Pfarrkirche, Dorfanger (erb.: im Kern Mitte des 13. Jh.) Wohnhaus Alt-Blankenburg 10 (erb.: im Kern 1830) Wohnhaus Alt-Blankenburg 14 (erb.: 1882) Dorfanger 11 3.2. Blankenfelde Luftbild, 2011 Ausschnitt Messtischblatt, 1871 Ausschnitt Denkmalkarte Entwicklungsgeschichte von Blankenfelde Blankenfelde wurde erstmals 1375 im Landbuch Kaiser Karls IV. urkundlich erwähnt, jedoch vermutlich bereits um 1230 im Zuge der Besiedlung des Barnims als Straßendorf gegründet. Archäologische Funde weisen sogar auf eine römische Vorgängersiedlung hin. Im 16. Jahrhundert entstand in Blankenfelde ein Rittersitz, den 1711 König Friedrich I. erwarb, danach ein Vorwerk errichten ließ und das Dorf dem Amt Niederschönhausen unterstellte. 1882 übernahm die Stadt Berlin den Gutsbesitz, legte hier ein Rieselgut an und richtete im Vorwerk Kur- und Lungenheilstätten ein. Wegen seiner vergleichsweise großen Entfer- nung zu Berlin wuchs Blankenfelde nur langsam: 1895 zählte das Dorf 761 Einwohner. Selbst nachdem Blankenfelde 1901 einen Haltepunkt an der Heidekrautbahn erhielt, blieb der Ort gering besiedelt. Zur Eingemeindung in den Kommunalverbund Groß-Berlin (1920) hatte er 909 und zurzeit rund 1.900 Einwohner. Den schwerwiegendsten Eingriff bildet die Bundesstraße 96a. Sie wurde um 1928 als Entlastung der Berliner Straße erbaut und teilt die Ortslage nahezu mittig. Dennoch ist Blankenfelde heute eines der wenigen ehem. Dörfer im Berliner Stadtgebiet, das noch vollständig von Acker- und Nutzflächen umgeben ist. 12 Bauliche Charakteristik Blankenfelde ist ein Straßendorf. Aus der mittelalterlichen Zeit ist nur die Feldsteinkirche erhalten. Zu den ältesten überlieferten bäuerlichen Gebäuden zählt das um 1780 errichtete ehem. Landarbeiterhaus an der Schildower Straße 4. An der Hauptstraße befinden sich heute noch einige Büdnerhäuser aus dem frühen und mittleren 19. Jahrhundert, so z. B. die Wohnhäuser Nr. 4 und 6/8 (erb. um 1850). Überwiegend wird das Dorf allerdings von Bauten der zweiten Hälfte bis Ende des 19. Jahrhunderts geprägt. Die um 1890 errichteten großen Arbeiterkasernen, Hauptstraße 15, 17 und 47 weisen einen für diese Zeit erstaunlichen Standard auf. So erhielt jede Familie eine große und kleine Stube, eine eigene Küche und einen Keller. Besonders markant sind die Anlagen des ehem. Vorwerks, das ab 1711 entstand. Neben der Landwirtschaft betrieb Friedrich I. hier eine Branntweinbrennerei und Brauerei. Nachdem das Gut ab 1818 im Privatbesitz war, entstanden ein neues Gutshaus und neue Funktionsgebäude. 1882 erwarb die Stadt Berlin das Gut Blankenfelde, legte hier Rieselfelder an und richtete ab 1891 im ehem. Vorwerk Kur- und Heilanstalten ein. Später wurde das Gutshaus umgebaut, das Kurhaus und die Liegehallen errichtet sowie ein Kurpark angelegt. Ab 1932 waren hier ein Altersheim des Bezirksamtes Pankow und in den letzten Jahren des Zweiten Weltkrieges ein Flüchtlingslager untergebracht. Zu DDR-Zeiten wurde das nunmehr volkseigene Gut landwirtschaftlich genutzt. In den Gebäuden war unter anderem ein Kindergarten ansässig. Zurzeit werden sie nach einem Mehrgenerationenkonzept sukzessive umgebaut und die überlieferten Freiflächen ökologisch genutzt. Pfarrkirche (erb.: im Kern 14. Jh.) Ehem. Landarbeiterwohnhaus, Hauptstraße 59 (erb.: um 1890 Ehem. Bahnhofsgebäude, Bahnhofstraße 10 (erb.: 1901) Stadtgut, historische Ansicht 13 3.3. Buch Luftbild, 2011 Ausschnitt Messtischblätter, 1871/72 Ausschnitt Denkmalkarte Entwicklungsgeschichte von Buch Die erste bekannte urkundliche Erwähnung Buchs datiert 1335. Hierin wurde Betkin Ritter von Wiltberg als Besitzer genannt. 1670 ließ Freiherr v. Poellnitz ein Herrenhaus errichten und einen Lustgarten anlegen. Unter Adam Otto v. Viereck (ab 1724) entstand die Schlossanlage. 1860 gehörten zur Landgemeinde insgesamt 802 Morgen sowie das 1839 erstmals genannte Etablissement „Die neuen Häuser“, aus dem sich später die Kolonie Buch entwickelte. Für den Gutsbezirk waren dagegen mehr als 4.000 Morgen verzeichnet, darunter 2.166 Morgen Wald. Ihm angegliedert waren das Forsthaus Buch und das 1818 angelegte Vorwerk „Bücklein“, das an- fangs „Schäferei Büchlein“ genannt wurde. Obwohl bereits 1375 eine Mühle und ein Krug, 1624 auch eine Schmiede und seit 1775 eine Ziegelscheune im Ort existierten, blieb Buch bis zum Ende des 19. Jahrhunderts ein kleines Gutsund Bauerndorf, dessen Einwohnerzahl von 152 im Jahre 1734 auf nur 298 im Jahre 1895 stieg. 1898 erwarb die Stadt Berlin den Gutsbesitz für die Anlage von Rieselfeldern, Lungenheilstätten und Wohlfahrtseinrichtungen. Dadurch entwickelte sich Buch bereits in der DDR-Zeit zu einem bedeutenden Standort der medizinischen Forschung mit inzwischen rd. 5.000 Arbeitsplätze. Im Ortsteil leben zurzeit rd. 13.000 Menschen. 14 Bauliche Charakteristik Der bereits 1375 erwähnte Krug war seit Mitte des 18. Jahrhunderts zwar im Gutsbesitz, allerdings stets verpachtet. Er brannte 1823 ab, wurde an gleicher Stelle bis 1824 wieder aufgebaut und ist in dieser Form bis heute an der Karower Straße 1 erhalten. In seiner Bauweise und Formensprache lehnt sich das Gebäude an die Bauernhäuser an, die nach der Separation in märkischen Dörfern entstanden: Es hatte gemauerte Außenwände, war unterkellert und besaß ein Krüppelwalmdach. Im Erdgeschoss befanden sich die Gasträume sowie die Wohnung des Wirtes und im Dachgeschoss die Gästekammern. Im Zentrum der ehem. Dorflage dominiert der überlieferte Rest der ehem. Schlosskirche, die trotz des Verlustes des Turmaufbaus (kriegsbedingt) noch heute zu den schönsten märkischen Landkirchen zählt. In der seit 1923 verschlossenen Gruftanlage befinden sich der Sarg von Gerhardt Bernhard v. Poellnitz sowie Särge der Familien v. Viereck und v. Voß. Unmittelbar angrenzend prägen die Bauten des ehem. Gutshofs das Ortsbild, die aus dem frühen 19. Jahrhundert erhalten sind, so z. B. das ehem. Gutsverwalterhaus, ein schlichter Putzbau mit einem Schmuckgiebel zur Parkseite, und das oktogonale Taubenhaus mit dem Turmaufbau aus einer Holzständerkonstruktion. Ältere dörfliche Bauten sind noch auf den Grundstücken Alt-Buch 38 (ehem. Küsterei und Dorfschule, erb. 1886) und Alt-Buch 38A (ehem. Ausspanne mit Wohnung, erb. um 1870) vorhanden. Ansonsten wird die ehem. Dorflage überwiegend durch die ausgedehnten Krankenhauskomplexe und Wohnhäuser des frühen 20. Jahrhunderts sowie den Hochhäusern aus der DDR-Zeit geprägt. Besonders bemerkenswert sind die Reste eines Urnengräberfeldes der jüngeren Bronzezeit auf dem Grundstück Alt-Buch 74. Ehem. Schlosskirche, Alt-Buch 37 (erb.: 1731-36, vereinfachter Wiederaufbau: 1950-53) Schlosspark (angelegt ab 1670) Ehem. Taubenhaus, im Hintergrund: ehem. Schmiede und Stellmacherei, Alt-Buch 45/51 (erb.: 19. Jh.) Ehem. Dorfkrug, Karower Straße 1 (erb.: 1824) Dorfaue, historische Ansicht 15 3.4. Französisch Buchholz Luftbild, 2011 Ausschnitt Messtischblätter, 1871/72 Ausschnitt Denkmalkarte Entwicklungsgeschichte von Franz. Buchholz Das Angerdorf wurde erstmals 1242 als Buckholtz erwähnt, als das Ziesterzienserkloster Lehnin den Ort erwarb. Ab 1688 siedelte Kurfürst Friedrich I. hier französische Hugenotten an, die bereits im Jahr 1700 ein Drittel der Dorfbevölkerung ausmachten. Es waren überwiegend Landwirte und Gärtner, die bis dahin unbekannte Pflanzen wie Tabak, Spargel, Blumenkohl oder Artischocken anbauten. Bewunderung erzielten die Buchholzer Gärten, die bald Ziel der sonntäglichen Spaziergänge der deutschen und französischen Berliner wurden. Im 18. Jahrhundert entstanden viele Wohnhäuser und kleinere Häuslerstellen, vor allem entlang der beiden nach Berlin führenden Straßen. Dadurch zählte Französisch Buchholz um 1800 zu den größten Gemeinden im Berliner Raum. Um 1900 entstanden auf der Feldmark Gartenkolonien und eine Vielzahl von Mietshäusern und kleinen Vorstadtvillen. Ab 1992 wurde das Acker- in Bauland umgewandelt und das Neubaugebiet Buchholz-West errichtet. Dadurch entwickelte sich der Ortsteil städtischer und es siedelten sich auch im alten Dorfkern verstärkt Gewerbe- und Dienstleistungsbetriebe an. Auf Initiative der Anwohner erhielt der Ortsteil zum 30.5.1999 seine frühere Bezeichnung Französisch Buchholz zurück. Heute leben hier rd. 19.500 Menschen. 16 Bauliche Charakteristik Ältestes bauliches Zeugnis ist die ehem. Dorfkirche aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts, die in der Hugenottenzeit übrigens als Simultankirche beiden Konfessionen diente. Ebenfalls auf dem Anger befinden sich die ehem. Dorfschule und die zum Pfarrhof gehörende ehem. Scheune. Entgegen den märkischen Bautraditionen befanden sich in Französisch Buchholz bereits im frühen 18. Jahrhundert eine Vielzahl von Wohnhäusern auf den Gehöften, die mit der Traufseite zur Straße standen. Dies wird darin begründet sein, dass die französischen Kolonisten ab 1688 auf den brach liegenden Bauernstellen Wohnhäuser entsprechend ihrer eigenen Bautradition errichteten. Das älteste bauliche Zeugnis eines ehem. Kossätenhofs ist das Wohnhaus an der Hauptstraße 45. Es entstand um 1720 und besaß ursprünglich Fachwerkaußenwände sowie ein strohgedecktes Dach. Im Inneren befand sich eine sog. Schwarze Küche (fensterloser Herdraum), bei der sich die Außenwände nach oben trichterförmig zu einem Rauchschlot verjüngen. Obwohl das Gebäude in der Folgezeit mehrfach verändert wurde, ist dessen ursprüngliche Form heute noch gut erkennbar. Ein typisches Beispiel der veränderten Bauformen nach der Separation ist das um 1830 errichtete Wohnhaus an der Hauptstraße 48. Es erhielt gemauerte Außenwände, war unterkellert und hatte ein Krüppelwalmdach. Zum Gehöft gehören der Stall (1883) und die Scheune (1906). Wie überall in den stadtnahen ehem. Dörfern dominieren auch in Französisch Buchholz die Bauten des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts wobei deren „Maurermeisterarchitektur“ mit beachtlichen Beispielen vertreten ist, so z. B. an der Hauptstraße 14 und 19, an der Berliner Straße 7, 19 und 24 oder auch Pasewalker Straße 64. Berliner Straße, 1910 Ehem. Dorfkirche, Dorfanger (erb. im Kern 13. Jh., verändert: 19. Jh. Ehem. Scheune des Pfarrhofs, Dorfanger (erb. um 1800) Wohnhaus, Pasewalker Straße 64 (erb.: 1906-07) Südlicher Dorfanger 17 3.5. Heinersdorf Luftbild, 2011 Ausschnitt Messtischblatt, 1872 Ausschnitt Denkmalkarte Entwicklungsgeschichte von Heinersdorf Die Gründung Heinersdorfs dürfte in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts erfolgt sein, da sich das gesamte Gebiet sich ab 1232 im Besitz der Askanier befand. 1319 kaufte das Heilig-GeistSpital die Ortschaft vom askanischen Markgrafen Waldemar. Ein Urmesstischblatt von 1703 weist nördlich der Kirche Dreiseithöfe aus, so dass Heinersdorf vermutlich nicht als Straßendorf, wie es sich heute darstellt, sondern als Angerdorf angelegt wurde. 1691 erwarb das Dorf die Familie von Fuchs, die es 1704 an König Friedrich I. verkaufte. Zum Krug und zur Laufschmiede, die seit 1737 nachgewiesen sind, kamen Mitte des 19. Jahr- hunderts lediglich einige Getreidemühlen hinzu, so dass bis dahin die Einwohnerzahl nur gering stieg (von 79 im Jahr 1734 auf 228 im Jahr 1858). Erst um 1900 siedelten sich kleinere Handwerksbetriebe und Fabriken, vorrangig auf der ehem. Feldflur an. Zur selben Zeit entstanden mehrgeschossige Mietswohnhäuser, die das Gepräge des Ortes erheblich veränderten, auch entfaltete die Gemeinde eine rege Bautätigkeit: 1910 wurde die Kanalisation angelegt und 1911 mit dem Bau des Wasserturms begonnen, der gleichzeitig als Rathausturm dienen sollte. Ab 1911 bestand eine Straßenbahnverbindung. Heute leben in Heinersdorf rd. 6.500 Menschen. 18 Bauliche Charakteristik Von der dörflichen Bebauung Heinersdorfs sind heute nur noch wenige Gebäude erhalten: Die Kirche stammt im Kern aus der Zeit um 1300, wurde in den folgenden Jahrhunderten jedoch mehrfach verändert, das Spritzenhaus am Rande des alten Kirchhofs entstand Anfang des 19. Jahrhunderts. Es ist das letzte bauliche Zeugnis der einst auch in Heinersdorf vorherrschenden Fachwerkbauweise. Es verlor seine Funktion um die Jahrhundertwende, als die Gemeinde an der Romain-Rolland-Straße 42 ein zweigeschossiges Backsteingebäude errichtete, in dem die Freiwillige Feuerwehr, das Gemeindebüro und Wohnungen untergebracht waren. Von den ehemaligen Kossätenhöfen zeugen die um 1850 errichteten Wohnhäuser an der Blankenburger Straße 110 sowie Romain-Rolland-Straße 43. Bemerkenswert sind auch die ehem. Bauernhäuser an der Romain-Rolland-Straße 58 und 62 sowie der Dorfkrug Nr. 66. Sie entstanden zwischen 1885 und 1900. Eine Sonderstellung im Dorf nimmt das Grundstück Romain-RollandStraße 49 ein: An Stelle des hier zuvor vorhandenen großen bäuerlichen Vierseithofs ließ sich der Pferdehändler und spätere Heinersdorfer Bürgermeister Meye eine vorstädtisch geprägte Villa mit mehreren Stallungen und einem Taubenturm errichten. Wegen der Nähe zu Berlin hat sich Heinersdorf städtisch entwickelt - die mehrgeschossigen Mietwohnhäuser, die ab 1890 bis in die 1930er Jahre entstanden, haben die dörfliche Prägung weitgehend aufgehoben. Der Kernbereich Heinersdorfs ist zudem seit Anbeginn seines Bestehens ein Verkehrsknotenpunkt. Hier kreuzen sich die Ost-West- (Weißensee - Pankow) und Nord-Süd-Verbindung (Buch - Berliner Innenstadt). Wegen seiner Stadtnähe und guten Infrastruktur ist der Ortsteil für viele jedoch interessant. Heute leben hier rd. 6.500 Menschen. Ehem. Dorfkirche, Romain-Rolland-Straße 54 (erb. im Kern 1300, Turm: 1893) Ehem. Bauernwohnhaus, Romain-Rolland-Straße 50 (erb.: um 1880) im Hintergrund: „Margarethensaal“ (ehem. Diakoniesaal, erb.: 1920 Berliner Straße, um 1900 Romain-Rolland-Straße 58 (erb.: um 1885) 19 3.6. Karow Luftbild, 2011 Ausschnitt Messtischblatt, 1871 Ausschnitt Denkmalkarte Entwicklungsgeschichte von Karow Nach archäologischen Funden an den Karower Teichen geht die Siedlungsgeschichte Karows bis in die Steinzeit zurück. Die heutige Dorflage ist ein typisches märkisches Straßendorf, das auf eine Besiedlung der Askanier schließen lässt. Das älteste bauliche Zeugnis ist die ehem. Dorfkirche. Sie wird auf 1220/30 datiert und ist damit zur gleichen Zeit wie die Marienkirche in Berlin errichtet worden. Erstmals urkundlich erwähnt wurde Karow im kaiserlichen Landbuch 1375. Danach war es ein Rittersitz mit 42 Hufen, wovon 33 1/2 Hufe zinspflichtigen Bauern gehörten und 4 Pfarrhufe bestanden. Weiterhin sind 14 Kossätenstellen und ein Krug verzeichnet. Die 1688 wüst liegende Vorwerkstelle wurde 1693 mit den verbliebenen Ritterhufen in einen Lehnschulzenhof umgewandelt. Das Rittergut existierte seither nur noch formal, ohne Gutshof. Nach der Eröffnung der Bahnstation, 1882, entstanden zwischen dem Dorf und der Bahn einige Villen und Landhäuser. Wegen der umliegenden Blankenburger und Buchholzer Rieselfelder, die eine bauliche Erweiterung erschwerten, behielt Karow jedoch lange sein ländliches Gepräge. 1920 zählte der Ort 949 Einwohner. Erst durch das Neubaugebiet Karow-Nord und die aktuelle bauliche Verdichtung stieg die Bevölkerung auf zurzeit rd. 19.000. 20 Bauliche Charakteristik Karow stellt sich als reines Bauern- und Kossätendorf dar mit Drei- und Vierseithofanlagen sowie einigen Büdnerstellen an den Ortsausgängen. Nach der Separation Anfang des 19. Jahrhunderts gelang es den Groß- und Mittelbauern recht schnell, erhebliche Geldmittel zu akkumulieren. In der Folge entstanden nicht nur größere Wirtschaftsgebäude sondern auch repräsentative Wohnhäuser, die noch heute das Dorf charakterisieren. Diese Wohnbauten sind stets quergegliedert, unterkellert und mit einem Drempel versehen. Die Dächer waren zumeist in Schiefer gedeckt und die Fassaden reich geschmückt. Viele besitzen einen zweigeschossigen Mitteltrakt der oft durch eine Loggia mit Säulenaufbau und Balkon (Alt-Karow 17) oder einen von Hermen getragenen Balkon (Alt-Karow 35) betont wird. Das Repräsentationsbedürfnis der Bauern zeigt sich auch an den unverputzten Ziegelställen und -scheunen: Sie wurden durch verschiedenartige Ziersetzungen wie schräg gestellte Läuferschichten, Betonungen der Fenster- und Türstürze oder auch Kreuze und Rosetten gestaltet. Unter den Bauten mit Gemeindefunktion nahm auch in Karow die Schmiede eine besondere Rolle ein. Sie stand ursprünglich neben der Kirche, brannte jedoch 1680 ab. Heute noch erhalten ist eine sog. Wanderschmiede auf der Dorfaue (vor Alt-Karow 4-5), die Anfang des 19. Jahrhunderts von einem Wanderschmied, der zwischen Buch und Karow pendelte, genutzt wurde. Wie in jedem Dorf üblich befand sich auch in Karow auf der Dorfaue ein Feuerlöschteich (ungefähr vor Alt-Karow 39) und neben dem Spritzenhaus ein Feuerleiter- und -schlauchturm. Letzterer wurde unlängst auf Initiative des Feuerwehr Fördervereins Berlin-Karow e. V. wiederhergestellt, dem auch die Instandsetzung und Nutzung des Spritzenhauses zu verdanken ist. Küsterhaus und Dorfschule, Dorfkirche, nach 1922 Ehem. Dorfkirche, Alt-Karow 14 (erb.: im Kern 1220/30, Turm: 184547) Ehem. Spritzenhaus mit Schlauchturm (erb.: um 1890, Wiederaufbau Turm: 2007) Re.: ehem. Bauernkate Alt-Karow 47-48 (erb. im Kern vor 1850) Li.: Wohnhaus Alt-Karow 49 (erb.: um 1880) Dorfaue 21 3.7. Niederschönhausen Luftbild, 2011 Ausschnitt Messtischblatt, 1835 Ausschnitt Denkmalkarte Entwicklungsgeschichte von Niederschönhausen Niederschönhausen wurde erstmals 1375 im Landbuch Kaiser Karls IV. erwähnt, vermutlich jedoch bereits Anfang des 13. Jahrhunderts als Angerdorf gegründet. Als Besitzer werden die Adelsfamilien v. Lettow und v. Neuendorf und die Berliner Bürgerfamilie Wartenberg (um 1441) genannt. 1662 erwarb die Familie v. Dohna das Dorf. 1664 ließ Gräfin Sophie Theodore zu DohnaSchlobitten ein Herrenhaus errichten und einen Park im holländischen Stil anlegen. Unter dem Großen Kurfürst entstand hier eine Schlossanlage, die 1740-97 ständige Residenz der Königin war. Seither ließen im Ort wohlhabende Berliner Familien Landhäuser errichten. Ein wichtiger Impuls für die weitere Entwicklung Niederschönhausens war die Einführung des Vororttarifs (1891) und die Eröffnung der Pferdebahnlinie vom Berliner Rathaus zum heutigen Ossietzkyplatz (1897). Danach erschlossen Terraingesellschaften und Baugenossenschaften die Flächen beidseitig der heutigen Dietzgenstraße und Grabbeallee durch Nebenstraßen und errichteten Vorstadtvillen, kleinere Landhäusern sowie größere Wohnquartiere. In Niederschönhausen leben zurzeit rd. 29.000 Menschen. 22 Bauliche Charakteristik Von der dörflichen Bebauungsstruktur Niederschönhausens sind heute, abgesehen von der Friedenskirche, keine baulichen Zeugnisse mehr erhalten. Und selbst die Kirche (im Kern mittelalterlich) hat nach den gravierenden Umbauten von 1869-71 ihr dörfliches Gepräge verloren. Der Bereich an der heutigen Dietzgenstraße war im 18. und 19. Jahrhundert der Mittelpunkt des Dorfes Niederschönhausen. Hier befanden sich die Bauerngehöfte, die Gemeindeschule und die Schmiede. Nachdem der Große Kurfürst den Herrensitz zum Schloss ausbauen ließ, kauften viele Berliner Bürger an der Dietzgenstraße Grundstücke und errichteten ihre Sommerhäuser, wovon heute noch einige vorhanden sind (z. B. an der Dietzgenstraße 51/53 und 56). Mit dem Bevölkerungswachstum in Berlin zur Jahrhundertwende drängten finanziell besser gestellte Familien in die Randgebiete der Hauptstadt, wodurch in Niederschönhausen herrschaftliche Mietswohnhäuser (z. B.: Dietzgenstraße 43/45) und repräsentative öffentliche Gebäude wie das Rathaus (heute Schulkomplex, Dietzgenstraße 41) entstanden. Niederschönhausen zeichnet sich besonders durch seine ausgedehnten Parkanlagen wie die Schönholzer Heide und den Brosepark aus. Der heutige Brosepark war ab 1764 Alterssitz des Küsters Palm. 1789 erwarb der Bankier Engel das Areal und baute hier ein kleines Herrenhaus und eine Orangerie. 1818 kaufte der Bankier Brose das Anwesen und ließ einen Garten im englischen Stil anlegen. Das Wohnhaus des Küsters Palm wurde nach Baufälligkeit rekonstruiert und befindet sich am Parkeingang. Das „Gelehrtenheim“ diente bis 1870 Freunden und Verwandten Broses als Sommersitz. Nach Angaben Karl Friedrich Schinkels entstand an der Ostseite eine reichhaltig bemalte Veranda. sog. „Gelehrtenheim“, Beuthstraße 53 (erb.: im Kern um 1825) Historische Aufnahme Friedensplatz ehem. Friedens-, heute Ossietzkyplatz 23 Wohnhaus („Holländerhaus“), Dietzgenstraße 51/53 (erb.: im Kern 1816, Umbau: 1852) „Brosehaus“, Dietzgenstraße 42 (erb. um 1820, Wiederaufbau 1993-94) 3.8. Pankow Luftbild, 2011 Ausschnitt Messtischblatt, 1835 Ausschnitt Denkmalkarte Entwicklungsgeschichte von (Alt-) Pankow 1311 wurde Pankow erstmals erwähnt. 1375 unterstand es zum Teil Markgraf Otto dem Faulen. Der andere Teil war im Besitz der Doppelstadt Berlin-Cölln, den sie 1375 an den Berliner Wartenberg und Lehnschulzen Duseke verlieh. Seit Ende des 18. und verstärkt seit Beginn des 19. Jahrhunderts entwickelte sich Pankow zu einem Berliner Sommeraufenthaltsort.Mit dem Ausbau der Verkehrsverbindungen, insbesondere durch die seit 1842/43 bestehende BerlinStettiner Eisenbahn, wurde Pankow auch zu einem beliebten Naherholungsgebiet. Im späten 19. Jahrhundert gab es in der Gemeinde zwar einige Gewerbebetriebe und Fabriken, dennoch blieb sie ein Wohnort für auspendelnde Berliner. Ende des 19. Jahrhunderts wurden Straßen südöstlich der Bahnlinie bis zur Berliner Stadtgrenze (heute: Bornholmer Straße) angelegt, woraufhin hier in der Folgezeit ein großes Wohngebiet mit dichter Blockrandbebauung entstand und sich die Einwohnerzahl Pankows rasch von 1.343 (1856) auf über 21.000 (1900) erhöhte. Den neu errichteten Wohnquartieren folgte nach 1900 eine dichte städtische Infrastruktur mit Rathaus, Amtsgericht, Krankenhaus, Schulkomplexen etc. Pankow warb damals unter dem Motto „Gesündester Wohnort des Nordens“ um weitere neue Einwohner. Seit 1920 leben hier rd. 60.000 Menschen. 24 Bauliche Charakteristik Von der Dorfstruktur Pankows zeugen heute nur noch der Anger und die Kirche Zu den Vier Evangelisten. Sie entstand im Kern im 13. Jahrhundert als einfacher rechteckiger Feldsteinbau. Das heutige Erscheinungsbild mit den markanten Achtecktürmen geht auf eine Umbauphase 185859 nach Entwürfen Friedrich August Stülers sowie 1906-08 von Emil Wusterack zurück. Im Wesentlichen wird der alte Dorfkern heute von städtischen Bauten geprägt. Markantestes Beispiel ist das Rathaus an der Breite Straße 24A-26. Im westlichen Bereich befinden sich noch einige repräsentative Landhäuser, die gemeinsam mit dem Bürgerpark von der Entwicklung Pankows zu einem begehrten Wohnort für wohlhabende Bevölkerungsschichten zeugen. Die Bauten südlich bis zur Bahntrasse verweisen dagegen auf die rasante Verstädterung ab den 1880er Jahren, als das Areal besonders für Terraingesellschaften, Bauspekulanten und Fabrikanten interessant geworden war, nachdem 1877 an der Querung Wollankstraße / Nordbahn ein Personenbahnhof angelegt wurde. Repräsentative Beispiele der baulichen Entwicklung jener Zeit sind unter anderen die Wohnhäuser an der Heynstraße 21-24 und die Alte und Neue Mälzerei an der Mühlenstraße 9-11. Neben der Vielzahl architektonisch und städtebaulich hervorragender Wohnanlagen wird das Gebiet auch durch kommunale und staatliche Bauten wie dem Schulkomplex und das Hauptzollamt, beide an der Görschstraße gelegen, geprägt. Eine der ältesten Straßen im Gebiet ist die Wollankstraße. Sie besteht mindestens seit 1703 als Verbindungsweg vom königlichen Kaninchengarten im Wedding zum Schloss Schönhausen. Ab 1896 fuhr hier übrigens die erste elektrische Straßenbahn Pankows. Sie verband PankowKirche und Gesundbrunnen. Blick vom Rathausturm zur Spandauer Straße (heute: WilhelmKuhr-Straße), historische Ansicht um 1910 Ev. Kirche Zu den vier Evangelisten, Breite Straße 37 (er.: im Kern 13., 15. Jh., Umbauten: 1858-59, 1906-08) Ehem. Wohnhaus mit Bäckerei, Wollankstraße 130 (erb.: im Kern 1860) Wohnhaus, Wilhelm-Kuhr-Straße 1 (erb.: 1860) Rathaus, Breite Straße 24A-26 (erb.: 1901-03) 25 3.9. Rosenthal Luftbild M 1:4000, 2011 Ausschnitt Messtischblatt, 1871 Ausschnitt Denkmalkarte Entwicklungsgeschichte von Rosenthal Rosenthal wurde erstmals 1356 als „Rosendalle“ erwähnt, dürfte jedoch bereits um 1230 entstanden sein. Nach dem Landbuch Kaiser Karls IV. umfasste 1375 72 Hufen und war damit ein vergleichsweise großes Dorf. Seit jener Zeit bis 1547 gehörte es der Familie v. Krummensee, auf die vermutlich auch die Entstehung des Rittergutes zurückgeht. 1694 kaufte Kurfürst Friedrich III. Dorf und Gut und unterstellte Rosenthal, wie die benachbarten Güter Blankenfelde und Blankenburg, dem Amt Niederschönhausen. Er ließ in den Folgejahren ein Lustschloss mit einer Parkanlage und eine Fasanerie im mittleren Bereich des Dorfs errich- ten. Nach 1882 erwarb Berlin die Gemarkung, um hier Rieselfelder anzulegen. Dadurch dehnte sich Rosenthal selbst nur geringfügig aus und auch die Einwohnerzahl blieb mit ca. 600 relativ niedrig. Auf der Rosenthaler Feldflur entstanden allerdings ab den 1880er Jahren die Landhauskolonien Nordend und Wilhelmsruh. Dies führte bis 1920 zu einem Anstieg der Bevölkerung auf 6.000. In der DDR-Zeit entstanden außerhalb des alten Dorfgebietes Ein- und Zwei- und nur wenige Mehrfamilienhäuser, wodurch bis heute der Ortsteil sein vorstädtisches Gepräge bewahrt hat. Zurzeit leben in Rosenthal rd. 9.000 Menschen. 26 Bauliche Charakteristik Das große Angerdorf Rosenthal soll um 1700 wesentlich von den Bauten des Lustschlosses geprägt gewesen sein. Bauliche Zeugnisse aus jener Zeit sind jedoch nicht überliefert. An Hand der historischen Karten ist erkennbar, dass das Vorwerk auch um 1800 nicht sehr ausgedehnt war. Es dürfte ausschließlich auf die Produktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse orientiert gewesen sein. Diese Vermutung wird darin bestärkt, dass sich das 1820 neu errichtete Gutsverwalterhaus (eingeschossig auf hohem Sockel mit Krüppelwalmdach) lediglich durch die großen Fenster, die zweiflügelige Haustür und eine geschweifte Gaube von den übrigen Bauernhäusern unterschied. Der Dorfanger, der in märkischen Dörfern gemeindlichen Einrichtungen vorbehalten blieb, war noch 1706 (mit Ausnahme der Kirche) unbebaut. Auf Karten von 1780 sind die Schmiede und das Küsterhaus erkennbar. Später kam das Spritzenhaus hinzu. Die heute noch vorhandene dörfliche Bebauung mit den repräsentativen Wohnhäusern, Stallungen und Scheunen zeugt davon, dass die alteingesessenen 12 Bauern und 8 Kossäten nach den 1850er Jahren beachtliches Kapital erwirtschaften konnten. Denn in jener Zeit erneuerten sie ihre Wirtschafts- und Wohngebäude. Die Bauten hatten nun meistens massive Wände aus Mauerwerk (statt Fachwerk) und wurden zum Teil mit aufwendigem Ziegel- oder historisierendem Stuckdekor verziert. Die Wohnhäuser besaßen auch eine moderne Küche, statt der alten „Schwarzen Küche“ (fensterloser Herdraum, dessen Außenwände sich nach oben zu einem Rauchschlot verjüngten). Nachdem die Bauern mit ihren agrarischen Produkten beachtlichen Profit erzielten, stieg auch ihr kirchliches Repräsentationsbedürfnis: Ab 1880 wurde die Kirche nahezu vollständig umgebaut. Wasserturm, um 1912 Ehem. Dorfkirche, Hauptstraße 149 (erb. im Kern 13. Jh., Umbauten: 1880, 1902-03) Ehem. Landarbeiterhaus, Hauptstraße 147-147A Dorfanger / Hauptstraße 138 27 3.10. Weißensee Luftbild M 1:4000, 2011 Ausschnitt Messtischblatt, 1871 Ausschnitt Denkmalkarte Entwicklungsgeschichte von Weißensee Weißensee entstand um 1230 als ein typisches märkisches Straßendorf am Ostufer des Weißen Sees. Die älteste bekannte Ortsurkunde stammt von 1313. Ab 1540 war Weißensee ein Rittergut. Nachdem es 1872 von Immobilienspekulanten parzelliert wurde begann eine rege Bautätigkeit. Zu den wichtigsten Bauherrn jener Zeit gehörten Ernst Gäbler und Herrmann Roelcke. Die von Gäbler gegründete „Baugesellschaft für Mittelwohnungen“ errichtete ab 1873 kasernenartige mehrgeschossige Wohnhäuser. Roelcke ließ Straßen anlegen und pflastern, errichtete Ziegeleien und verkaufte Baugrundstücke. In den Folgejahren entstand südlich des Dorfs an der Berliner Gemarkungsgrenze das Französische (heute: Komponisten-) Viertel und es siedelten sich viele kleine Handwerksbetriebe an. Bedingt durch sein rasches Wachstum wurde der Gutsbezirk 1880 eigenständige Landgemeinde Neu-Weißensee, die sich 1905 mit der Dorfgemeinde vereinigte. Bis 1915 entstand eine funktionierende Infrastruktur mit Rathaus, Sparkasse, Postamt etc.. Um die Jahrhundertwende entwickelte sich Weißensee wegen der Nähe zur Industriebahn Friedrichsfelde-Tegel zu einem wichtigen Standort für die Maschinenbauindustrie und die Filmbranche. Zurzeit leben hier rd. 48.000 Menschen. 28 Bauliche Charakteristik Von der ehem. dörflichen Bebauung Weißensees zeugen nur noch die Pfarrkirche (Berliner Allee 180), die ehem. Dorfschule (Falkenberger Straße 183) sowie zwei ehem. Bauernhäuser (Falkenberger Straße 186 und 188). Der Bereich östlich des Weißen Sees wird heute durch eine städtische Bebauung geprägt, die im Wesentlichen auf die Gemeindepolitik unter dem Bürgermeister Dr. Carl Woelck (1906 – 1920) zurückzuführen ist: Nachdem sich 1905 das Dorf und Neu-Weißensee zu einer Gemeinde zusammenschlossen, verfolgten die Gemeindevertreter das Ziel, Stadtrecht zu erhalten. In der Folge wurden die alten Dorfstrukturen vom Gemeindebaurat Carl James Bühring zum Teil überplant und neue Straßen angelegt, wie zum Beispiel die Caseler und Trierer Straße. Auf der Grundlage seiner Fluchtlinienpläne entstand östlich der Berliner Allee das sog. Moselviertel mit zahlreichen Wohnanlagen, die er zum Teil selbst entwarf und ausführte. An der bereits vorhandenen, jedoch erst 1915 benannten Buschallee gab Bühring ebenfalls die künftige Bebauungsstruktur mit seinen drei Wohnhäusern an der Ecke Berliner Allee vor, die in den 1920er und -30er Jahren von Bruno Schneidereit und Bruno Taut fortgeführt wurde. Von Bruno Taut stammt auch das „Papageienhaus“ an der Trierer Straße 8/18 - ein außergewöhnliches Beispiel farbigen Bauens. Im südlichen Bereich der Buschallee befinden sich architektonisch bemerkenswerte Baukomplexe wie die Wohnanlage von Bruno Möhring, Gartenstraße 30-34 (erb. 1924-27) oder auch die von Albert Gehricke in expressionistischen Formen errichtete Neuapostolische Kirche, Gartenstraße 37 (erb. 1932). Städtebaulich besonders prägnant ist das St. Joseph - Krankenhaus an der Gartenstraße 1-5 mit seinen großräumigen Freiflächen (erb. im Kern 1891-1910). Ehem. Gutshaus, „Schloss Weißensee“, um 1900 Ehem. Dorfkirche, Berliner Allee 184 (erb.: im Kern um 1450, Turmaufsatz: nach 1830, Querschiff: 1899) Wohn- und Geschäftshaus („Floraapotheke“), Berliner Allee 109 (erb.: 1874-75) Wohnhaus, Falkenberger Straße 188 (erb.: 1894) 29 4. Schutz der Kulturlanschaft am Beispiel Karows Messtischblatt, 1871 Luftbild mit Eintragung der historischen Wege Die historischen Gemarkungen waren geprägt durch ein Geflecht von Wirtschafts- und Nutzungsbeziehungen zwischen Dorf und Außenbereich. Hieraus sind die ursprünglichen Wegebeziehungen entstanden (z. B. die Trift zum Upstall). Alle Wege dieser Art sollten ganz bewusst als Elemente der Landschaftsgestaltung mit historischem Bezug gepflegt werden. Karow weist als Straßendorf die den Typ kennzeichnende Lage im Straßennetz auf. Das Dorf erstreckt sich über ca. 800 Meter entlang der von Blankenburg nach Buch führenden Hauptstraßenverbindung. Zwei leicht geschwungene Häuserreihen bilden den Raum der Dorfaue, die im Südwesten auf einen nur ca. 20 Meter breiten Durchlass zuläuft und im Nordosten durch ein quer gestelltes Haus, einem ehem. Hirtenkaten (Nr. 33), begrenzt wird. Nachdem 1693 die verbliebenen 3 Ritterhufen zusammen mit dem „wüst“ liegenden Vorwerk zu einem Lehnschulzenhof umgewandelt wurden existierte Karow nur noch formal als Rittergut und entwickelte sich zu einem reinen Bauerndorf: Es gab einen Schulzen (hervorgegangen aus dem Lokator), der sich im Auftrag des Landesherrn um die örtliche Verwaltung zu kümmern hatte, dafür mit einem größeren Anteil am Hufenbesitz ausgestattet, im übrigen aber ein Bauer war wie alle anderen Hüfner auch. Die Bauern waren Eigentümer ihres Landes und nur dem Landesherren durch Steuerleistung verpflichtet. Sie bearbeiteten ihr Land selbst und konnten über dieses frei verfügen. Der ursprüngliche Flächenumfang der Höfe ist aus den Flurkarten heute meist noch gut ersichtlich. In Ortsrandlage befanden sich Kleinbauern sowie Kossäten und Büdner (Häusler). Letztere verfügten nur über etwas Gartenland und waren nicht an den Hufen beteiligt. An viele Gehöfte grenzen unmittelbar die Wiesen, Gärten und Äcker an, die zur Dorfgemeinde oder den Bauern gehörten (im Messtischblatt dunkel hervorgehoben). Karow ist damit eines der wenigen Straßendörfer, bei dem noch die für den Berliner Raum typische mittelalterliche Siedlungsform erkennbar ist. 30 Südlicher Ortseingang Blankenburger Chaussee / Bahnhofstraße / Alt-Karow (Blickrichtung West) Alt-Karow / Straße 52 (Blickrichtung Ost) Mittlerer Ortsbereich Alt-Karow / Frundsbergstraße (Blickrichtung West) Alt-Karow / Straße 72 (Blickrichtung Ost) Nördlicher Ortseingang Alt-Karow / Schönerlinder Weg (Blickrichtung West) Alt-Karow / Hofzeichendamm (Blickrichtung Ost) 31 4.1. Dorfanger, Dorfstraße und öffentliche Freiräume Die innere Struktur eines Dorfes ist nach bestimmten Kriterien organisiert und gestaltet, die auch Grün- und Freiraumstrukturen hervorgebracht haben. So befindet sich auf dem Anger häufig ein Dorfteich, der ehemals als Viehtränke und Feuerlöschteich diente. In Karow bestand er ungefähr vor dem Bauernhof Alt-Karow 44. Die Kirche mit dem alten Friedhof befindet sich wie in märkischen Dörfern üblich auf einem erhöhten Teil des Dorfes. Im 19. Jahrhundert verloren die Anger- / Auenbereiche im Zusammenhang mit der Separation ihre Funktion als Allmende (Gemeinbesitz) und waren nun eine vorerst funktionslose, öffentliche (kommunale oder fiskalische) Freifläche, um deren „Verschönerung“ man sich bald bemühte. Besonders nach 1871 wurden viele auf konzeptioneller Grundlage mit Bäumen (sehr häufig Eichen und Linden) bepflanzt und mit Kriegerdenkmalen oder sonstigen Gedenksteinen gestaltet. In Karow pflanzte man 1897 nahe der Kirche eine Kaisereiche und weihte 1922 ein Kriegerdenkmal ein. Besondere Bäume im öffentlichen Bereich waren teilweise über Jahrhunderte ein Mittelpunkt des gesellschaftlichen Dorflebens (Tanz- und Gerichtslinden), sie befanden sich in dieser Funktion meist in der Nähe der Dorfschenke. Wenn historische Bezüge noch heute nachweisbar sind, sollten die Bäume dokumentiert, gekennzeichnet und besonders gepflegt werden. Die Sanierung des Spritzenhauses, die Wiederherstellung des Schlauchturms und die Neupflanzung der „Kaisereiche“ (2004-07) gehen auf das örtliche Bürgerengagement insbesondere auf den Karower Feuerwehrverein zurück. Küster- und Schulhaus, Kirche, Spritzenhaus, Kaisereiche, Kriegerdenkmal, nach 1922 32 Dorfaue Karow im mittleren und nördlichen Bereich Durch eine kontinuierliche Pflege wirkt dieser Bereich freundlich und ansprechend. Er lässt den Alleecharakter und die sanierten Gebäude gut erkennen. Die Anwohner beklagen bisweilen, dass die bezirkseigenen Flächen der Dorfaue nicht regelmäßig gepflegt werden. Hierzu sollte ein Dialog zwischen den Anliegern und den zuständigen Vertretern der Bezirksverwaltung geführt werden. Dorfaue Karow im südlichen Bereich Die Grundstücke Alt-Karow 4-7 sind ungenutzt und die vorhandenen Gebäude befinden sich in einem äußerst desolaten Zustand. Vermutlich fand deshalb keine Pflege der Rasenfläche statt, die sich zu einem „wilden“ Parkplatz entwickelt hat. Zur optischen Aufwertung der Dorfaue wurden zwischenzeitlich Barrieren aufgestellt, die das Parken verhindern und die Entstehung einer Rasenfläche ermöglichen sollen. Der großflächige Autohandel und die damit verbundene auffällige Werbung wirken sich ebenfalls störend auf das Erscheinungsbild aus. Hier sind im Dialog mit allen Beteiligten Problemlagen zu erörtern und Lösungsmöglichkeiten zu finden. Problem: Ehem. Wanderschmiede, Alt-Karow 4 Unter den Bauten mit Gemeindefunktion kam der Dorfschmiede seit je her eine besondere Bedeutung zu. In Karow soll sie ursprünglich neben der Kirche gestanden haben, brannte 1680 ab, wurde dann wegen der Feuergefahr in der Mitte der Dorfaue, nahe dem Feuerlöschteich, und in der ersten Hälfte des 19. Jh. am Dorfrand (heutige Lage) errichtet. Als Wanderschmiede wird sie bezeichnet, weil der Schmied zwischen Buch und Karow pendelte. In der DDR-Zeit waren das Häuschen und eine umgebende Fläche der Dorfaue verpachtet. Der Pächter hatte die Pachtfläche eingezäunt und einige bauliche Erweiterungen durchgeführt. Dies führte zwar zu einer Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes nicht jedoch zu einem Verlust der Denkmalsubstanz. Dies geschah erst nach der Wende, als Instandhaltungspflichten vernachlässigt wurden. Um die weiteren Schritte festzulegen, muss kurzfristig die technische Erhaltungsfähigkeit geprüft werden. Besonders bedenklich ist die freie Zugänglichkeit: Offensichtlich hat sich hier ein „Abenteuerspielplatz“ etabliert, der Anlass zur Sorge um die Sicherheit der „Benutzer“ gibt. Straßenansicht Rückwärtige Ansicht 33 4.2. Öffentliche und private Bereiche Die hofgebundenen Garten- und Wiesenbereiche im direkten äußeren Anschluss an die Ortslage sollen als Übergangsbereich zur Umgebung vermitteln; ihnen kommt auch bereits eine stark landschaftsprägende Bedeutung zu. Dies zu erkennen und in diesem Sinne Unterstützung zu leisten setzt die Bereitschaft der Grundstücksbesitzer voraus, denn in aller Regel handelt es sich hier um privates Land. Gut durchgrünte Randbereiche mit Hausgärten und kleinteiligen Anbau- flächen gehören neben der Dachlandschaft zu den prägenden äußeren Gestaltungselementen eines Dorfes. Mangelhafte Randbereiche sollten unter fachkundiger Planung umgestaltet und besser durchgrünt, rückwärtige Haus- und Obstgärten so weit wie möglich durch naturnahe Heckenpflanzungen abgegrenzt werden. Dadurch können neben der Erfüllung des privaten Abgrenzungsbedürfnis` auch Nistplätze für Vögel geschaffen werden. Vogelperspektive aus Westrichtung Bauernhäusern entstanden im 19. Jahrhundert, als die alten Fachwerkhäuser den noch heute vorhandenen Massivbauten weichen mussten und mit zunehmendem Wohlstand eine allgemeine Bereitschaft zur „Verschönerung“ in den Dörfern um sich griff. Die neuen Wohnhäuser wurden dann um etwa 2 bis 4 Meter zurückgesetzt und der kleine Bereich vor dem Haus als reiner Ziergarten mit Blumen bepflanzt. Die Nebengebäude, auch die massiven Ersatzbauten, wurden jedoch weiterhin an der Grundstücksgrenze errichtet. Teilweise sind Vorgärten auch im Zusammenhang mit der Separation und der Umgestaltung der Angerbereiche entstanden. Die Anlieger waren dann bereit, einen Streifen vor ihrem Haus zu erwerben, als Ziergarten zu gestalten und einzufrieden. Die heute noch teilweise erhaltenen alten Obstgärten hinter den Höfen haben ihren Ursprung nicht nur in der Deckung des Eigenbedarfs der Familien sondern auch in älteren Verordnungen, die sich bis auf die Zeit des Großen Kurfürsten zurück verfolgen lassen. 1754 ordnete Friedrich II. an, dass jeder Landwirt bei der Hofübernahme 6 bis 8 Obstbäume zu setzen hatte. 1765 verschärfte er die Vorschrift, in dem konkret zu jedem Gehöft ein Obstgarten anzulegen und jährlich 10 bis 12 Obstbäume zu pflanzen waren. Diese Forderung war offenbar zu hoch, da ein großer Teil der Pflanzungen wegen mangelhafter Pflege schon bald wieder einging. Als Tradition wurden diese Gärten bis ins 20.Jahrhundert beibehalten. Nur selten existieren noch die alten Flächenabgrenzungen durch Hecken. Die kleinen Vorgärten als Ziergärten vor den 34 Lanker Straße, Richtung Ost Frundsbergstraße, Richtung Süd Strömannstraße, Richtung West 35 4.3. Zeitgemäße Bautätigkeit im historischen Umfeld In vielen Fällen werden Gebäude und ihre Gestaltung als angenehm empfunden, ohne dass eine genaue Erklärung für diese Wirkung gegeben werden kann. Das Gebäude, die Fassade oder das Dach sind einfach „schön“, es stimmt alles. Bei der Wahrnehmung von Architektur ist unser Empfinden geprägt von Gewohnheiten, von einer gebauten Umwelt, in der wir aufgewachsen sind und die ständig und unmerklich auf uns eingewirkt hat. Die Erfahrungen mit unserer Heimat und den auch heute noch zu einem sehr hohen Prozentsatz historischen Architekturformen unserer Umwelt prägen unser Urteil und unser stilistisches Empfinden. Diese Tatsache tritt besonders deutlich in Erscheinung, wenn wir uns in historischer Umgebung befinden und die gewohnten traditionellen Formen geradezu erwarten. Für einen zeitgemäßen Umgang mit den traditionellen Bauformen des Dorfes gibt es daher bestimmte Grundregeln. 4.3.1. Umgang mit der historischen Bausubstanz Ein historisches Gebäude, welches in seiner Substanz weitgehend brauchbar ist und sich außerdem in Gemeinschaft mit anderen Gebäuden gleicher Form und Funktion befindet (Ensemblewirkung), sollte in seiner Gesamtwirkung möglichst ursprünglich instandgesetzt und Alt-Karow 59, Straßenansicht 36 nicht gewaltsam auf „modern getrimmt“ werden. Das schließt eine Anpassung an zeitgemäße Nutzungsqualität und Funktionalität nicht aus; genauso wenig soll die Korrektur von offensichtlichen konstruktiven und bauphysikalischen Fehlern der Vergangenheit verhindert werden. Bei näherer Betrachtung stellt sich allerdings sehr oft heraus, dass viele Baufehler nicht historischer Art sind, sondern erst entstanden, nachdem alte Bausubstanz mangelhaft gepflegt, unsachgemäß behandelt bzw. umgebaut oder moderne Anlagen und Bauelemente ohne Kenntnis bautechnischer und bauphysikalischer Zusammenhänge eingebaut wurden. Sanierungsmaßnahmen, Um- oder Anbauten bei erhaltenswerten Gebäuden sollen sich dem vorhandenen Charakter des Gebäudes unterordnen und nicht durch ein gestalterisches Eigenleben auffallen. Alte Gebäude bieten bei sachgemäßer Sanierung oder Modernisierung unter günstigen Umständen eine höhere Wohnund Lebensqualität als die Bauten dieser Zeit. 4.3.2. Dächer und Dachaufbauten Die Dachlandschaft in den historisch überlieferten Dörfern besteht überwiegend aus Satteldächern in mittlerer Neigung mit roter Ziegel- bzw. bei besonders aufwendigen Bauten in Schieferdeckung. Da die Wirkung der Dächer besonders im überwiegend eingeschossig bebauten dörflichen Raum von außerordentlichem Einfluss sowohl auf das innere als auch das äußere Ortsbild ist, muss der Dachgestaltung größte Aufmerksamkeit gewidmet werden. Alt-Karow 28a, Straßenansicht 4.3.3. Neubauten Ein neu zu errichtendes Gebäude soll zeitgemäß und nicht historisierend und „altertümlich“ gebaut werden, nur weil sich das Baugrundstück zufällig in einer solchen Umgebung befindet - es soll als Produkt seiner Zeit erkennbar sein, auch in historischer Umgebung und auf dem Dorf. Jedoch soll dieser Neubau Rücksicht nehmen auf das Ensemble und sich nach Maß und Proportion in seine nähere Umgebung einfügen. Dazu gehören besonders Gesamtkubatur, Traufhöhe, Dachneigung, Dachdeckung und Stellung des Gebäudes auf dem Baugrundstück. Alt-Karow 59, Hofansicht Alt-Karow 8-9, Neubau, Gartenansicht Alt-Karow 20, Neubau, Gartenansicht 37 Beispiel: Erhaltungsverordnung Blankenfelde vom 20. Januar 1998 (GVBl., S. 19) siehe auch: http://www.berlin.de/ba-pankow/verwaltung/stadt/erhalt.html 5.3. Mitwirkung der Bürger Mit der städtebaulichen Entwicklungsplanung wird ein Prozess in Gang gesetzt, der nur gelingen kann, wenn sich die Einwohnerinnen und Einwohner aktiv einbringen. Es kommt also darauf an, die Anregungen und Bedürfnisse der Beteiligten abzuwägen, um gemeinsam zu tragfähigen und nachhaltig wirkenden Konzepten zu gelangen. In den meisten Fällen gibt es für ein Problem mehrere Lösungsmöglichkeiten. Die Herausforderung des Planungsprozesses besteht darin, Wege zu finden, wie diese miteinander verknüpftwerden können. Dies setzt natürlich bei allen Beteiligten die Be- reitschaftzum Dialog und zur Akzeptanz anderer Meinungen voraus. Einerseits soll allen Gruppen ein hinreichender Rahmen zur Artikulation ihrer Bedürfnisse gegeben werden und andererseits sind über die Diskussion Ergebnisse anzustreben, die von den Bürgern mehrheitlich gewollt und akzeptiert werden. Der Mitwirkung der Bürger muss während der gesamten Planung und Entscheidungsfindung ein Rahmen und eine Plattform gegeben werden. Dafür bieten sich Einwohnerversammlungen, Arbeitskreise, Befragungen und auch gemeinsame Ortsbegehungen an. Impressum: Denkmalschutzbericht 2012: Die Pankower Dörfer als Zeugnis der Siedlungsgeschichte des Berliner Raums Mit freundlicher Unterstützung des Brandenburgischen Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft Herausgeber: Bezirksamt Pankow von Berlin, Abteilung Stadtentwicklung, Stadtentwicklungsamt, Untere Denkmalschutzbehörde (UD) Quellen: „Die Dörfer in Berlin“, Hans-Jürgen Rach, VEB Verlag für Bauwesen Berlin, 1988 „Dorfentwicklung in Brandenburg“, Brandenburgisches Ministerium für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung, 1. Auflage 2002 „Berlin Pankow. Aus der Orts- und Baugeschichte“, Bezirksamt Pankow von Berlin, 1. Auflage 2010 Konzept, Gestaltung, inhaltliche Bearbeitung: Kerstin Lindstädt, Leiterin der UD Pankow Fotos: Archiv der UD Pankow, Google Street View, Google Bing Maps 39