Daten
Kommune
Berlin Friedrichshain-Kreuzberg
Dateiname
Anlage zur VzK DS/0553/IV.pdf
Größe
22 MB
Erstellt
17.10.15, 09:38
Aktualisiert
27.01.18, 19:35
Stichworte
Inhalt der Datei
Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin
Abt. für Finanzen, Personal und Stadtentwicklung
Bezirksverordnetenversammlung
Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin
Drucksache Nr.
Vorlage - zur Beschlussfassung –
über
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt,
Luisenstadt/ Bethaniendamm und Luisenstadt/Segitzdamm im Bezirk FriedrichshainKreuzberg von Berlin
Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:
Die Ergebnisse des Gutachtens bei baurechtlichen Beurteilungen und Entscheidungen
gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Bau GB (Erhaltungsverordnung) für den gutachterlichen
Untersuchungsbereich einfließen zu lassen. (Anlage 1)
A). Begründung
Die Begründung ist der Anlage 2 zu entnehmen.
B). Rechtsgrundlage:
§12 Abs. 2 Nr. 4 BezVG
C). Auswirkungen auf den Haushaltsplan und die Finanzplanung:
a) Auswirkungen auf Einnahmen und Ausgaben:
keine
b) Personalwirtschaftliche Ausgaben:
keine
Berlin, den 04.12.2012
Dr. Schulz
Bezirksbürgermeister
Anlage 2
Begründung
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt,
Luisenstadt/ Bethaniendamm und Luisenstadt/Segitzdamm im Bezirk
Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin
Zweck der gutachterlichen Erarbeitung von städtebaulichen Kriterien ist die nachhaltige
Sicherung einer geordneten baulichen Entwicklung in der historischen Luisenstadt. Die
Gestaltungskriterien sind von den jeweiligen Mitarbeitern der Stadtplanung bei der
Beurteilung von Bauvorhaben im Geltungsbereich der Erhaltungsverordnungen Luisenstadt
anzuwenden. Die Begründungen zur den förmlich festgesetzten Erhaltungsverordnungen
werden durch die Gestaltungskriterien konkretisiert und stärken die Durchsetzung von
Erhaltungszielen,
nicht
zuletzt
bei
juristischen
Auseinandersetzungen
in
Verwaltungsverfahren.
Geltungsbereich
Der Geltungsbereich umfasst die 3 o.g. Erhaltungsgebiete (siehe Anlage Gutachten, Pläne)
Gründe für die gutachterliche Erarbeitung von städtebaulichen Erhaltungskriterien
Auslöser der Untersuchung war ein Verwaltungsgerichtsprozess zur „Aufstellung einer
freistehenden großflächigen Werbetafel“ in der Zeughofstraße.
Hier hat der Antragsteller gegen die Versagung zur Baugenehmigung aus
erhaltungsrechtlichen Gründen geklagt.
Nach einem richterlichen Ortstermin mit allen Beteiligten kam es zu einem Vergleich: Die
Baugenehmigung für die Werbetafel wurde befristet für 3 Jahre erteilt.
Nach Aussage des Richters fehlten der Erhaltungsverordnung konkrete und
nachvollziehbare städtebauliche Kriterien, an denen sich das Gericht bei seinen
Entscheidungen orientieren und in diesem konkreten Fall die Klage auf Erteilung einer
Genehmigung hätte abweisen können.
Dieser Fall mit richterlichem Anstoß in der Zeughofstraße und das Wissen um die in nächster
Zeit zu erwartenden baulichen Aktivitäten in der immer attraktiver werdenden Innenstadt
führten zur Beauftragung der Untersuchung der städtebaulichen Kriterien durch ein
erfahrenes Stadtforschungsbüro (TOPOS).
Das Gutachten untersucht die Komplexität der Luisenstadt und arbeitet ihre geschichtlichen,
städtebaulichen und architektonischen Besonderheiten aller Bauzeiten sehr differenziert
heraus. Da nicht zuletzt wegen der Umsetzung der EnEV
2009 umfangreiche
Veränderungen
im
Altbaubestand
anstehen,
trägt
die
Anwendung
der
Untersuchungsergebnisse
in
der
praktischen
Arbeit
der
Erhaltungsund
Milieuschutzarbeitsgruppe zur nachhaltigen und
kontrollierbaren Entwicklung der
historischen Luisenstadt und zum Erhalt der Baukultur in unserem Bezirk bei.
1
TOPOS
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien
in den Erhaltungsgebieten
• Luisenstadt
• Luisenstadt / Bethaniendamm
• Luisenstadt / Segitzdamm
Ansichtsexemplar
Endfassung
Bezirk Friedrichshain – Kreuzberg von Berlin
Teil A - Gesamtbetrachtung
Stadtplanung
Landschaftsplanung
Stadtforschung
Berlin, November 2012
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien für die Beurteilung
von Bauvorhaben in den Erhaltungsgebieten
• Luisenstadt
• Luisenstadt/Bethaniendamm
• Luisenstadt/Segitzdamm
Teil A – Gesamtbetrachtung
Auftraggeber
Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin
Fachbereich Stadtplanung
Gruppe Stadterneuerung –Stapl 2–
Yorckstraße 4-11
10965 Berlin
vertreten durch:
Frau Christa Haverbeck
Frau Ines Janke-Kleiner
Auftragnehmer
TOPOS
Stadtplanung Landschaftsplanung Stadtforschung
Badensche Straße 29
10715 Berlin
Bearbeitung:
Dipl.-Ing. Uwe Eichhorn, Freier Stadtplaner
in Zusammenarbeit mit
Dipl.-Ing. Bettina Bergande, Freie Landschaftsarchitektin
Dipl.-Ing. Karin Ganssauge, Freie Architektin und Stadtplanerin
Dipl.-Ing. Denise Baudoin, Architektin
Endfassung vom 23.11.2012
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil A – Gesamtbetrachtung
Vorbemerkungen
•
•
•
•
Ausgangssituation
Aufgabenstellung
Methodische Vorgehensweise
Quellennachweise
Untersuchungsraum der Erhaltungsgebiete
•
•
•
•
4
7
Lage und Abgrenzung
Einteilung nach Teilgebieten
Erfasste Straßenräume
Fotodokumentation
Bestandsaufnahme und Analyse
10
• Planungs- und Baugeschichte
• Bauphasen und Gestaltungsmerkmale
Allgemeine Leitlinien zur Erhaltung der städtebaulichen Qualität
•
•
•
•
•
•
•
•
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Grundsätze
Altbauten
Fassaden
Fenster und Türen
Dachausbauten
Neubauten
Vorgärten
Werbeanlagen
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 – Teilgebiete der Bestandsaufnahme
Abbildung 2 – Beispiel Fotodokumentation
Abbildung 3 – Siedlungsplan von 1856
Abbildung 4 – Siedlungsplan von 1867
Abbildung 5 – Siedlungsplan von 1880
Abbildung 6 – Straubeplan von 1910
Anlagenverzeichnis
Anlage 1 - Teilgebiete der Bestandsaufnahme (A3)
Anlage 2 - Karte zum Gebäudealter von 1988 (A3)
Anlage 3 - Stadträumliche Zonierung (A3)
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
7
9
10
12
13
13
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
Einführung zu Teil B
• Übersichtsplan Teilgebiete
• Analyse der Teilgebiete
• Stadtraumprägende Elemente
Teilgebiet A - Görlitzer Nord
• Untersuchungsraum
• Baugeschichtliche Einordnung
• Stadtgestalt und Ortsbild
• Städtebauliche Kriterien
• Kurzanalyse Straßenraum
Teilgebiet B - Görlitzer Süd
• Untersuchungsraum
• Baugeschichtliche Einordnung
• Stadtgestalt und Ortsbild
• Städtebauliche Kriterien
• Kurzanalyse Straßenraum
Teilgebiet C - Admiralstraße
• Untersuchungsraum
• Baugeschichtliche Einordnung
• Stadtgestalt und Ortsbild
• Städtebauliche Kriterien
• Kurzanalyse Straßenraum
Teilgebiet D und E - Oranienplatz und Heinrichplatz
• Untersuchungsraum
• Baugeschichtliche Einordnung
• Stadtgestalt und Ortsbild
• Städtebauliche Kriterien
• Kurzanalyse Straßenraum
Teilgebiet F und G - Lausitzer Platz und Schlesisches Tor
• Untersuchungsraum
• Baugeschichtliche Einordnung
• Stadtgestalt und Ortsbild
• Städtebauliche Kriterien
• Kurzanalyse Straßenraum
Teilgebiet H - Bethaniendamm
• Untersuchungsraum
• Baugeschichtliche Einordnung
• Stadtgestalt und Ortsbild
• Städtebauliche Kriterien
• Kurzanalyse Straßenraum
Teilgebiet I - Segitzdamm
• Untersuchungsraum
• Baugeschichtliche Einordnung
• Stadtgestalt und Ortsbild
• Städtebauliche Kriterien
• Kurzanalyse Straßenraum
Anlage – Stadtraumprägende Elemente (A2)
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil C - Fotodokumentation
Insgesamt wurden 59 Straßen oder deren Teilabschnitte aus 9 Teilgebieten erfasst.
Da 18 Straßen mehrere Teilgebiete durchlaufen und diese daher mehrfach
dokumentiert sind sowie einige Straßen aufgrund ihrer Länge in zwei Abschnitten
dargestellt wurden, ergeben sich insgesamt 103 Fotodokumentationsblätter zu den
Straßenräumen.
Die Fotodokumentation ist nicht Teil des Leistungsumfanges zum Gutachten. Mit
Übergabe des Ansichtsexemplars vom 28.06.2012 wurde dennoch ein Belegexemplar der Fotodokumentationsblätter als Farbausdrucke in Din-A-4 ausgehändigt. Den weiteren 8 Ausfertigungen des Gutachtens vom 23.11.2012 wird in
Teil C die eingescannte Fotodokumentation auf CD zur Verfügung gestellt.
Literatur- und Quellenverzeichnis
Stadtbild Berlin Werbekonzept, Kurzfassung
Konzepterarbeitung: proloco, Stadt und Region, Planung und Entwicklung
Herausgegeben von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin 2012
Projektleitung: Frau Claudia Reich-Schilcher
Gutachten zur Überprüfung der Voraussetzungen zum Erlass einer
Erhaltungsverordnung für das Gebiet “Luisenstädtischer Kanal mit Umfeld”
im Bezirk Mitte von Berlin.
TOPOS Stadtplanung Landschaftsplanung: Bettina Bergande, Karin Ganssauge,
Im Auftrag der Bezirksämter Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin. April 2006
Gutachten zur Überprüfung der Voraussetzungen zum Erlass einer
Erhaltungsverordnung für die Gebiete “Luisenstadt/Bethaniendamm” und
“Luisenstadt/Segitzdamm” im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin.
TOPOS Stadtplanung Landschaftsplanung: Bettina Bergande, Karin Ganssauge,
Im Auftrag der Bezirksämter Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin. April 2006
In der Luisenstadt. Studien zur Stadtgeschichte von Berlin-Kreuzberg.
Christiane Bascón-Borgelt, Karin Ganssauge, u. a.
Herausgegeben von der Bauausstellung Berlin GmbH (IBA), Berlin 1983
Mietshaus im Wandel
Wohnungen der behutsamen Stadterneuerung in der Luisenstadt.
Christiane Borgelt, Karin Ganssauge, Veronika Keckstein,
Herausgeber: Internationale Bauausstellung Berlin 1987
S.T.E.R.N. Gesellschaft der behutsamen Stadterneuerung Berlin mbH
Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin.
Im Auftr. d. Senators für Bau- u. Wohnungswesen hrsg. vom Landeskonservator.
Berlin:Mann, Bezirk Kreuzberg, bearb. von Manfred Hecker, Karten und Pläne 1980
Die städtebauliche Entwicklung Berlins von 1650 bis 1986.
Herausgeber: Der Senator für Stadtentwicklung und Umweltschutz,
Referat Press- und Öffentlichkeitsarbeit
Text: Dr. Bruno Aust, Peter Lemburg, Redaktion: Klaus Kundt
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil A - Gesamtbetrachtung
Vorbemerkungen
Am 20.12.2011 erfolgte die Beauftragung für ein „Gutachten zur Entwicklung von
Gestaltungskriterien für die Beurteilung von Bauvorhaben im Erhaltungsgebiet
Luisenstadt“. Mit Nachauftrag vom 01.03.2012 wurde der Untersuchungsraum
hinsichtlich der Erhaltungsgebiete Luisenstadt/Bethaniendamm und Luisenstadt/
Segitzdamm erweitert. Gemäß den am 29.02.2012 und am 10.04.2012 stattgefundenen Abstimmungen mit Vertretern des Auftraggebers erfolgte die zusammenfassende Darstellung der Arbeitsergebnisse anhand des zum 09.05.2012
vorgelegten Korrekturexemplars inklusive einer exemplarischen Bewertung für die
Teilgebiete F und G. Nach Freigabe am 06.06.2012 wurde das Gutachten hinsichtlich der Beschreibung der übrigen Teilgebiete ergänzt und als Ansichtsexemplar mit Arbeitsstand vom 28.06.2012 vorgelegt. Die abgestimmte Endfassung des Gutachtens vom 07.08.2012 wurde am 10.08.2012 dem Auftraggeber
und weiteren Vertretern der Verwaltung des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg präsentiert. Aufgrund des vom Auftraggeber gewünschten vertiefenden Untersuchungsbedarfs zu Einzelthemen erfolgte mit Nachauftrag vom 15.10.2012
die Ergänzung des Gutachtens und Übergabe der überarbeiteten Endfassung am
23.11.2012.
• Ausgangssituation
Im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin wurde im Jahr 1995 eine
Erhaltungsverordnung gemäß § 172 Abs.1 Nr.1 und 2 BauGB für das Gebiet der
Luisenstadt erlassen. Ziel der Verordnung ist die Erhaltung der städtebaulichen
Eigenart des in der Zeit zwischen 1845 und 1910 entstandenen Wohngebietes
Luisenstadt und der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung im Erhaltungsgebiet. Die Erhaltungsverordnungen für das Gebiet Luisenstadt/ Bethaniendamm
und Luisenstadt/Segitzdamm wurden im Jahr 2006 gemäß § 172 Abs. 1 Nr. 1
BauGB erlassen.
Die Geltungsbereiche der Erhaltungsgebiete sind Teil der sogenannten Luisenstadt, die sich aus der inneren und äußeren Luisenstadt zusammensetzt. Die
Geltungsbereiche weisen insgesamt eine hohe Dichte denkmalgeschützter und
erhaltenswerter Einzelbauten, Gebäudeensemble sowie stadträumlicher Qualitäten auf, die die besondere städtebauliche Eigenart der Gebiete ausmachen und
von städtebaulicher, geschichtlicher und künstlerischer Bedeutung sind. Das
erarbeitete Gutachten bezieht sich ausschließlich auf die Erhaltung der städtebaulichen Eigenart in den ausgewiesenen Erhaltungsgebieten. Um eine fundierte
Entscheidungsgrundlage zur Beurteilung von Einzelvorhaben hinsichtlich ihrer
Übereinstimmung mit den Zielen der Erhaltungsverordnungen zu erhalten, sind
vertiefende Untersuchungen zu den prägenden Merkmalen der Gebiete hinsichtlich der Stadtgestalt und des Ortsbildes sowie Empfehlungen zu städtebaulichen Kriterien bei der Beurteilung von Bauvorhaben in den Erhaltungsgebieten erforderlich.
• Aufgabenstellung
Die Aussagen zu den prägenden Merkmalen der Gebiete hinsichtlich Stadtgestalt
und Ortsbild in den Begründungen zum Erlass der Verordnungen bedürfen einer
vertiefenden Untersuchung und Identifizierung der prägenden Gestaltungselemente. Ein wesentlicher Schwerpunkt der Untersuchung war deshalb
eine gezielte, ausschließlich auf die relevanten stadträumlichen und architektonischen Gestaltungselemente gerichtete Bestandsaufnahme. Diese bildet die
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
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Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil A - Gesamtbetrachtung
Grundlage zur Entwicklung eines Katalogs von städtebaulichen Kriterien. Darüber
hinaus war Ziel der Bestandsaufnahme festzustellen, welche Einzelelemente in
welcher Form und in welchem Ausmaß im Gebiet vorhanden sind, damit sie als
prägende Merkmale identifiziert werden und mit ihnen entsprechende
Gestaltungsanforderungen begründet werden können.
• Methodische Vorgehensweise
Auf Grundlage der Feststellungen in der Begründung zur Erhaltungsverordnung
wurden die Charakteristika des Gebiets untersucht, die die Erhaltung der baulichen und freiräumlichen Anlagen in ihrer Gesamtheit rechtfertigen. Darüber hinaus sind folgende Faktoren und Merkmale untersucht worden, die Auswirkungen
auf die Stadtgestalt und das Ortsbild haben und die Erhaltungswürdigkeit des
Gebiets rechtfertigen:
o Historische Entwicklung und Planungsgeschichte des Untersuchungsgebietes
zur Begründung prägender städtebaulicher und baulicher Gestaltelemente.
o Gebäudestruktur der unterschiedlichen Bauepochen auf der Grundlage der
Baualterkarte und durch gezielte Bestandserhebung vor Ort.
o Prägende Merkmale des städtischen Zusammenhanges und der stadträumlichen Situation: prägende Gebäudeensembles in einem Straßenzug, prägende
Straßenräume, Platz- und Freiflächen.
o Unterschiedliche Gebäudetypologien mit den jeweiligen architektonisch bedeutsamen Gestaltungsmerkmalen.
o Besonders schützenswerte Teilräume (Häufung von gleichen Gestaltmerkmalen, Straßenzug einer Bauepoche, geschlossener Bebauungszusammenhang).
Die zusammengefassten und bewerteten Ergebnisse sind die Grundlage für die
Entwicklung eines Katalogs mit allgemeinen und teilgebietsbezogenen Kriterien
und Leitlinien zum Erhalt der städtebaulichen Eigenart der Erhaltungsgebiete.
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
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Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil A - Gesamtbetrachtung
Die konkrete Form des letztlich aus den Untersuchungsergebnissen abzuleitenden Kriterienkataloges wurde nach Abschluss der Bestandsaufnahme mit dem
Auftraggeber abgestimmt und festgelegt. Die Identifizierung prägender Gestaltungsmerkmale erfolgt nach Teilbereichen und basiert auf einer Bestandserhebung der Gestaltungsmerkmale anhand eines Kriterienkataloges. Die Kategorien
zur Identifizierung und Einteilung der Gestaltungsmerkmale und Gestaltungskriterien werden in der Einführung zu Teil B–Bewertung nach Teilgebieten ausführlich
beschrieben.
• Quellennachweise
Neben den unserem Büro vorliegenden Texten aus den Voruntersuchungen zum
Aufstellungsbeschluss (S.T.E.R.N. 02/1992) sowie einigen Texten aus der Aufstellungsphase der Erhaltungsverordnung liegt unserer Kenntnis nach keine verabschiedete Begründung zur Erhaltungsverordnung vor. Wir beziehen uns daher
auf die Begründung der Erhaltungsverordnung „Luisenstadt“ in der Vorlage zur
Beschlussfassung in der 14. Wahlperiode der Bezirksverordnetenversammlung.
Eine wesentliche Arbeitsgrundlage im Rahmen der Bestandsaufnahme und Analyse stellen die im Literatur- und Quellenverzeichnis aufgeführten Untersuchungen von Karin Ganssauge und Bettina Bergande vom Büro TOPOS dar.
Die im Rahmen der vertiefenden Untersuchungen verwendeten Unterlagen zum
„Stadtbild Berlin Werbekonzept“ liegen nur als Kurzfassung vor. Das ausführliche
Werbekonzept liegt bisher lediglich als „Handbuch“ in einer Entwurfsfassung ausgewählten Verwaltungsstellen zur Erprobung vor.
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
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Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil A - Gesamtbetrachtung
Untersuchungsraum der Erhaltungsgebiete
Der Untersuchungsraum entspricht den Geltungsbereichen der jeweiligen Erhaltungsverordnungen Luisenstadt, Luisenstadt/Bethaniendamm, Luisenstadt/
Segitzdamm.
• Lage und Abgrenzung
Die Untersuchungsräume der drei Erhaltungsgebiete Luisenstadt, Luisenstadt/
Bethaniendamm und Luisenstadt/ Segitzdamm befinden sich im Berliner Stadtbezirk Friedrichshain-Kreuzberg, Ortsteil Kreuzberg und umfassen eine Gesamtfläche von ca. 250 ha. Das Gebiet lässt sich flächenmäßig jeweils hälftig in die
innere (nördlich der Hochbahntrasse) und die äußere Luisenstadt (südlich der
Hochbahntrasse) unterteilen.
Abbildung 1 - Teilgebiete der Bestandsaufnahme
• Einteilung nach Teilgebieten
Die Gebietskulisse der drei Erhaltungsgebiete wurde in 9 Teilgebiete (A-I)
unterteilt. Die Teilgebiete A, B, C, D, E, F, G befinden sich im Geltungsbereich
des Erhaltungsgebietes Luisenstadt. Das Teilgebiet H entspricht dem Geltungsbereich des Erhaltungsgebietes Luisenstadt/ Bethaniendamm und das Teilgebiet I
dem Geltungsbereich des Erhaltungsgebietes Luisenstadt/Segitzdamm. (Eine
Übersicht der Teilgebiete ist im Din-A-3 Format als Anlage 1 beigefügt.)
• Erfasste Straßenräume
Die im Untersuchungsraum befindlichen Straßenräume wurden entsprechend
ihrer Lage in den Teilgebieten erfasst. Die das Teilgebiet begrenzenden Straßenräume werden dabei hälftig dokumentiert. Bei der Abgrenzung der Teilbereiche ist
zu beachten, dass die Straßenräume, welche eine Teilgebietsabgrenzung
markieren, dem jeweiligen Teilbereich zugeordnet werden.
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
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Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil A - Gesamtbetrachtung
Beispiel: Der südliche Teil der Manteuffelstraße befindet sich in Teilgebiet B. Im
weiteren Verlauf bildet sie teilweise die Grenze zwischen den Teilgebieten E, F
und H und wird daher mit der westlichen Straßenseite in Gebiet E und H und mit
der östlichen Straßenseite in Gebiet F erfasst.
A
B
C
Adalbertstraße
Admiralstraße
D
E
D.01.
E.01.
F
G
H
H.01.
C.01.
Bethaniendamm
D.02.
H.02.
Bevernstraße
G.01.
Böcklerstraße
Cuvrystraße
I.01.
A.01.
Dresdner Straße
D.03.
Eisenbahnstraße
F.01.
Erkelenzdamm
Falckensteinstraße
I
C.02.
D.04.
A.02.
Forster Straße
B.01.
Fraenkelufer
C.03.
Gitschiner Straße
I.02.
Glogauer Straße
B.02.
Görlitzer Straße
A.03.
Görlitzer Ufer
A.04.
Heckmannufer
A.05.
Heinrichplatz
E.02.
Kohlfurter Straße
C.04.
Köpenicker Straße
F.02.
Kottbusser Straße
C.05.
G.02.
H.03.
D.05.
Kottbusser Tor
Lausitzer Platz
F.03.
Lausitzer Straße
B.03.
Legiendamm
D.06.
Leuschnerdamm
D.07.
Liegnitzer Straße
Lübbener Straße
B.04.
A.06.
Luckauer Straße
D.08.
Manteuffelstraße
B.05.
Mariannenplatz
Mariannenstraße
B.06.
E.03.
F.04.
H.04.
E.04.
F.05.
H.05.
E.05.
H.06.
May-Ayim-Ufer
G.03.
Muskauer Straße
F.06.
Naunynstraße
Oberbaumstraße
Ohlauer Straße
D.09.
A.07.
H.07.
E.06.
H.08.
G.04.
B.07.
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
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Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Oppelner Straße
A.08.
Oranienplatz
D.10.
Oranienstraße
D.11.
Paul-Lincke-Ufer
E.07.
B.08.
Pfuelstraße
G.05.
Pücklerstraße
F.07
Prinzessinenstraße
D.12.
Ratiborstraße
B.09.
Reichenberger Str.
B.10.
I.03.
D.13.
Ritterstraße
I.04.
Sebastianstraße
Schlesische Straße
D.14.
A.09.
Segitzdamm
I.05.
Skalitzer Straße
A.10.
Sorauer Straße
A.11
Spreewaldplatz
Taborstraße
B.11.
D.15.
E.08.
F.08.
D.16.
E.09.
F.09.
G.06.
B.12.
A.12.
Waldemarstraße
H.09.
Wassertorstraße
I.06.
Wiener Straße
Wrangelstraße
Teil A - Gesamtbetrachtung
B.13.
A.13.
Zeughofstraße
F.10.
G.07.
F.11.
G.08.
H.10.
• Fotodokumentation
Insgesamt wurden 59 Straßen oder deren Teilabschnitte erfasst. Da 18 Straßen
mehrere Teilgebiete durchlaufen und diese daher mehrfach dokumentiert sind, ergeben sich insgesamt 103 Fotodokumentationsblätter zu den Straßenräumen.
Abbildung 2 - Beispiel Fotodokumentation Dresdner Straße
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
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Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil A - Gesamtbetrachtung
Bestandsaufnahme und Analyse
Im Rahmen der Abstimmungstermine mit dem Auftraggeber wurde der Herleitung
von städtebaulichen Kriterien und strukturellen Merkmalen anhand der Bauphasen und der unterschiedlichen Baustile grundsätzlich zugestimmt, darüber
hinaus sollte aber eine vertiefende Beschreibung der Stadtbild prägenden Merkmale im Ist-Zustand, bezogen auf Teilbereiche des Erhaltungsgebietes, erfolgen.
In diesem Zusammenhang wurde die Bestandsanalyse erweitert und eine
Identifizierung von gehäuft vorkommenden gestalterischen Merkmalen sowie
besonders schützenswerte Teilräumen durchgeführt (siehe Teil B – Bewertung
nach Teilgebieten).
•
Planungs- und Baugeschichte 1
Das rapide Anwachsen der Berliner Bevölkerung Anfang des 19. Jahrhunderts,
aber auch die Entwicklung der Industrie machten den Ausbau neuer Siedlungsgebiete erforderlich. Mit seiner Zentrumsnähe und dem Arbeitskräftepotenzial war
die Köpenicker Vorstadt mit dem innerhalb der Zollmauer gelegenen Köpenicker
Feld für die Stadterweiterung besonders geeignet.
Gewerbeansiedlungen / Gartenland
Seit Beginn des 19. Jahrhunderts hatten sich entlang der Köpenicker Straße Gewerbebetriebe angesiedelt, die den Standortvorteil der Spree als Transportweg
oder als Wasserzulieferer ausnutzen wollten. Daneben entstanden am Spreeufer
staatliche Holzmärkte, Kalkscheunen und andere Baumaterialienlager. Südlich
der Köpenicker Straße befanden sich Gärtnereien wie die bekannte Baumschule
Späth im Bereich der heutigen Manteuffelstraße und ausgedehnte Gartenanlagen wie der barocke Itzig’sche Garten nahe dem Schlesischen Tor.
Abbildung 3 – Siedlungsplan von 1856
1
Vgl. Christiane Bascón-Borgelt, Astrid Debold-Kritter, Karin Ganssauge, Kristina Hartmann, In der Luisenstadt,
Studien zur Geschichte von Berlin Kreuzberg, Internationale Bauausstellung Berlin GmbH 1983
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
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Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil A - Gesamtbetrachtung
Bebauungsplan von Mandel
Mit der industriellen Entwicklung stiegen im 19. Jahrhundert die Bevölkerungszahlen rapide an. Um die Wohnungsnachfrage und die Entwicklung neuer Gewerbestandorte planmäßig zu steuern, kam bereits 1812 die erste Aufforderung
zur Aufstellung eines Bebauungsplans. Der erste Bebauungsplan von Mandel
1823 orientierte sich an den vorhanden Straßen und Feldwegen sowie an den
vorhandenen Flurstücksgrenzen, um die Entschädigungskosten für das Straßenland möglichst gering zu halten. Stadtgestalterische Aspekte wurden bei der Aufstellung des Plans nicht berücksichtigt. Der Plan wurde nicht umgesetzt, da die
Bürger statt eines einfachen Vorortplanes den Entwurf eines selbständigen
Stadtteilplanes forderten, der eine Erweiterung des Köpenicker Feldes bis zum
Landwehrgraben mit einbezog.
Bebauungsplan von Schmidt
1826 wurde der vom Oberbaurat Schmid erarbeitete neue Plan von König Friedrich Wilhelm III. genehmigt. Die wesentlichen Grundstrukturen, wurden in den
späteren Entwürfen Lennés übernommen: die Übernahme der Ausfallstraßen
Köpenicker Straße und Dresdner Straße, das rechtwinklige Rastersystem, das
sich an der Lindenstraße orientierte sowie die Teilung des Gebiets durch einen
schiffbaren Nord-Süd-Kanal, der den Landwehrgraben mit der Spree verband und
zur Entwässerung der angrenzenden Flächen dienen sollte.
Bebauungspläne Lenné
Mit dem Regierungsantritt Friedrich Wilhelm IV. kam es zu einem deutlichen
Wandel in der Stadtplanung. Er übertrug die Bebauungsplanung für das Köpenicker Feld seinem Gartenarchitekten Peter Josef Lenné. Mit der endgültigen
Fassung des Bebauungsplanes von 1842 vereinigte Lenné in seiner Planung
Ästhetik und Zweckmäßigkeit, indem er den öffentlichen Raum gestaltete und ihm
bestimmte Funktionen zuwies: Der Luisenstädtische Kanal als Verbindungsstück
zwischen Landwehrkanal und der Spree sollte dem Transport von Baumaterialien,
Rohstoffen und fertigen Produkten und gleichzeitig der Naherholung dienen. Die
Art der Nutzung der großen Blöcke wurde bewusst offen gelassen. Die
Parzellierung und damit die Dichte der Bebauung wurde der Privatinitiative
überlassen.
Charakteristische Entwurfselemente
Die charakteristischen Elemente der vorangegangenen Entwürfe (Bebauungsplanentwurf von 1840, Schmuck- und Grenzzüge von Berlin und nächster Umgebung, 1840) wurden in den endgültigen Bebauungsplan übernommen: der mittig
das Gebiet teilende Luisenstädtische Kanal mit seinem angesetzten Bogen, den
Hafenbecken und Marktplätzen - Engelbecken, Wassertorbecken, Oranienplatz die Anlage des Michaelkirchplatzes, des Mariannenplatzes und des Lausitzer
Platzes. Neue Elemente waren ein gleichmäßiges Straßenraster und die rhombenförmigen Plätze, Moritz- und Heinrichplatz, die zusammen mit dem Oranienplatz die Ost-West-Achse des Gebiets betonten.
Bebauungsplan von Hobrecht
In dem 1862 festgesetzten Bebauungsplan für die Umgebung Berlins von J.
Hobrecht wurde die Lennéplanung übernommen. Zur Verkleinerung der Blöcke
wurde das Straßenraster durch die Naunynstraße mit dem Naunynplatz und die
Muskauer Straße ergänzt sowie die Straßen südlich der abgerissenen Stadtmauer fortgeführt. Die Struktur der äußeren Luisenstadt jenseits der Akzisemauer und späteren Hochbahntrasse wurde erstmals festgelegt. Bis 1900 wurde
die Reichenberger Straße vom Erkelenzdamm bis zum Kottbusser Tor verlängert.
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
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Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil A - Gesamtbetrachtung
Abbildung 4 - Siedlungsplan, bearbeitet von Liebenow, 1867
Bautätigkeit
Trotz der infrastrukturellen Vorleistungen des Staates wie dem Bau der Straßen,
des Luisenstädtischen Kanals (1848), des Landwehrkanals (1850) und des
Bethanien-Krankenhauses (1848) begann die Bebauung des Köpenicker Feldes
aufgrund der wirtschaftlichen und politischen Krise und der unzureichenden Verbindungen zu den angrenzenden Stadtteilen nur zögernd. Mit den zahlreichen
Gründungen von Fabrikationsstätten und der rapide ansteigenden Bevölkerungszahl setzte eine rege Bautätigkeit ein. Sie begann nach der Überwindung der
wirtschaftlichen und politischen Krise 1847/48 Anfang der 1850er Jahre, entfaltete sich während des wirtschaftlichen Aufschwungs 1861-64 und fand ihren
Höhepunkt in den Gründerjahren. Bis 1875 waren die Blöcke in der inneren Luisenstadt überwiegend geschlossen. Im Jahre 1865 erfolgte zudem der Bau des
Görlitzer Bahnhofs, welcher der Gebietsentwicklung der äußeren Luisenstadt
nochmals deutlichen Auftrieb gab.
Verdichtung und Umnutzung
Bis in die 1850er Jahre hinein war die Bebauung noch durch zwei- bis dreigeschossige Vorderhäuser mit kleinen Werkstätten im Hof geprägt. Bis 1875 setzte
sich der vier- bis fünfgeschossige Mietwohnungsbau mit Läden im Souterrain und
Hochparterre und vereinzelten Stockwerksfabriken in den Hinterhöfen durch. Mit
der Spezialisierung vorhandener Branchen, der Gründung neuer
Fabrikationsstätten und der Ausweitung des Handels stieg auch die Nachfrage
nach billigen Kleinwohnungen. Deshalb zielten die weiteren baulichen Maßnahmen auf eine Verdichtung und Umnutzung der vorhandenen Baustruktur: Hof
und Gartenflächen wurden mit Stockwerksfabrikanlagen und Wohnungen in
Seitenflügeln und Quergebäuden bebaut. Durch Abriss wurden Bauflächen für
neue Verwaltungs- und Handelsbauten geschaffen. Bis 1910 war die höchste
Baudichte in der Luisenstadt erreicht. Auch die bereits mit dem Bebauungsplan
von Hobrecht in der Struktur festgelegte äußere Luisenstadt jenseits der
Akzisemauer und späteren Hochbahntrasse wurde zunehmend bebaut.
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
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Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil A - Gesamtbetrachtung
Abbildung 5 – Siedlungsplan von 1880 von Liebenow
Abbildung 6 - Straubeplan 1910
Verfüllung des Kanals
Ab 1926 wurde der Kanal auf Grund der schwindenden gewerblichen Bedeutung
und der Abflussproblematik verfüllt. Gemäß der Auflage der Wasserstraßenverwaltung wurde das Gelände zur Grünfläche bestimmt und ab 1928 nach Entwürfen des Gartendirektors Erwin Barth zu einem Grünzug umgestaltet.
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
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Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil A - Gesamtbetrachtung
Kriegszerstörung und Wiederaufbau
Erhebliche Kriegsschäden wiesen insbesondere das Gebiet um das Engelbecken sowie am Segitzdamm, der Ritterstraße und der Köpenicker Straße in
Kreuzberg auf. Der Wiederaufbau nach dem 2. Weltkrieg orientierte sich zunächst
an der historischen Randbebauung, später dann in bewusster Abweichung.
Die ersten Wohnungsneubauten in den 1950er Jahren erfolgten auf den
Kriegsbrachen am Segitzdamm und im westlichen Bereich der Reichenberger
Straße. Die Neubautätigkeiten in der äußeren Luisenstadt erfolgten verstärkt im
Umfeld der Reichenberger Straße als Lücken- und Eckschließungen und
orientierten sich an der historischen Randbebauung.
Teilung der Stadt, Flächensanierung, behutsame Stadterneuerung
In der Entwicklung der Erhaltungsgebiete war in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Teilung Berlins mit den städtebaulichen und strukturellen Brüchen
des Mauerstreifens prägend. Im Bereich des Michaelkirchplatzes im Ostteil der
Stadt entstanden in den 1970-80er Jahren industriell vorgefertigte Wohnkomplexe auf abgeräumten kriegszerstörten Flächen, die den historischen
Stadtgrundriss und damit die Randbebauung des 19. Jahrhunderts in Teilen
auflösten. Am Böcklerpark, im ehemaligen Westteil der Stadt, in unmittelbarer
Nähe zum Grünzug des ehemaligen Luisenstädtischen Kanals wurden bereits in
den 1950er und noch in den 1970er Jahren Wohnhochhäuser errichtet, die
ebenfalls den Stadtgrundriss negierten und die historischen Gebäudehöhen weit
übertrafen.
Im Rahmen der behutsamen Stadterneuerung ab Ende der 1970er Jahre, die sich
eine erhaltende und sozialorientierte Sanierung zum Ziel gesetzt hatte, wur-den
die Altbauten modernisiert und Neubauten als Randbebauung ergänzt. Im
Zusammenhang mit der Internationalen Bauausstellung IBA 1984-1987 mit den
Schwerpunkten kritische Rekonstruktion und behutsame Stadterneuerung, stand
die Beteiligung der Bürger zunehmend im Mittelpunkt.
Wiedervereinigung
Auch wenn diese Brüche nach der Wiedervereinigung zum Anfang der 1990er
Jahre zunehmend durch Neubebauungen, insbesondere im Umfeld des Engelbeckens und der Waldemarstraße aufgefüllt werden, finden sich noch zahlreiche
Brachflächen und Zwischennutzungen entlang des ehemaligen Grenzverlaufs,
zum Beispiel am Bethaniendamm und der Köpenicker Straße.
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
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Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
•
Teil A - Gesamtbetrachtung
Bauphasen und Gestaltungsmerkmale 2
Die Zugehörigkeit zu einer Bauphase bestimmt neben stilistischen Gestaltungsmerkmalen auch den Bautyp der Gebäude, der in der Luisenstadt trotz Baulücken und Abweichungen vor allem durch fünf- bis sechsgeschossige Mietshäuser als Blockrandbebauungen mit annähernd gleichen Traufhöhen geprägt ist.
Die Qualität der Gestaltung der Gebäude ist zum einen stilistisch geprägt durch
die Zugehörigkeit zu bestimmten Baustilen mit Ihren Fassadendetails, Dachausprägungen, Stuckverzierungen oder durch besondere künstlerische Ausgestaltung, zum anderen durch die gelungene Integration neuer, nach dem Krieg
entwickelter Gestaltungen.
Die maßgeblichen Bauphasen für das Untersuchungsgebiet reichen von der Entstehungszeit erster Bauten um 1800 bis zur aktuellen Neubebauung. Die Bauphasen werden untergliedert in die Bauphase 1 vor 1870, die Bauphase 2 zwischen 1870 und 1918, die Bauphase 3 zwischen 1918 und 1945, die Bauphase 4
zwischen 1945 und 1975, die Bauphase 5 von 1975 bis 1990 sowie die Bauphase
6 ab 1990 bis zur Gegenwart.
Die besondere Bedeutung des Untersuchungsraums begründet sich in der
überwiegend historisch geprägten Stadtgestaltung. Die späteren Bauphasen
gehören allerdings ebenso zur Siedlungsgeschichte und haben ihre Bedeutung in
der Geschichte des Ortes. Die Ablesbarkeit der städtebaulichen Entwicklung des
Siedlungsgebietes von der Errichtung der ersten Mietshäuser in der Dresdner und
Köpenicker Straße bis zur Nachkriegsbebauung der 50er und 60er Jahre sind Teil
der Siedlungsgeschichte. Ebenfalls sind die Bebauungen im Rahmen der
Flächensanierung in den 1970er Jahren mit bewusster Auflösung des
historischen Stadtgrundrisses und in der Folge die Neubebauungen im Rahmen
der behutsamen Stadterneuerung die sich wieder verstärkt an der historischen
Randbebauung orientiert, in zahlreichen Teilbereichen prägend für die
Stadtgestalt und das Ortsbild.
Bauphase 1: vor 1870 (Neoklassizismus / Schinkelschule)
Die Phase 1 umfasst den Zeitraum von der Entstehungszeit der ersten Bebauungen um 1800 bis zum Beginn der Gründerzeit. Der überwiegende Anteil von
Gebäuden aus dieser Bauphase befindet sich im Teilgebiet D (Oranienplatz) und
Teilgebiet E (Heinrichplatz). Im Teilgebiet C (Admiralstraße) gibt es noch
vereinzelt Gebäude aus der Zeit vor 1870, ebenso im Teilgebiet F (Lausitzer
Platz) in Teilbereichen der Manteuffelstraße und Eisenbahnstraße.
Nach Verabschiedung des Bebauungsplanes von 1842 (Lenné) wurden zunächst
nur vereinzelte Mietshäuser gebaut, in denen der Eigentümer meist selbst wohnte
und arbeitete und zusätzlich weitere Wohnungen im Vorderhaus und kleinen
Seitenflügel vermietete. Die Vorderhäuser wurden aus der baulichen Tradition
des barocken Handwerker- und Bürgerhauses der Vorstädte entwickelt und
bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts als Mietshaus ausgebaut.
Ab 1860 setzte ein neuer Mietshaustyp als Massenwohnungsbau ein. Die vier- bis
fünfgeschossigen Vorderhäuser mit Seitenflügeln und Werkstätten im Hof waren
zumeist Putzbauten mit gleichförmigen, an der Schinkelschule orientierten
2 Vgl. TOPOS Stadtplanung Landschaftsplanung, Gutachten zur Überprüfung der Voraussetzungen zum Erlass
einer Erhaltungsverordnung für das Gebiet “Luisenstädtischer Kanal mit Umfeld” im Bezirk Mitte von Berlin
und für die Gebiete “Luisenstadt / Bethaniendamm” und “Luisenstadt / Segitzdamm” im Bezirk
Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin, 2006
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
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Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil A - Gesamtbetrachtung
neoklassizistische Vorderhausfassaden mit fünf, sieben oder neun Fenstern in
der Front, mit mittigen oder seitlichen Durchfahrten, direkt an die abgeschlossenen Treppenhäuser angebunden und mit einer Gebäudehöhe von 1822m entsprechend der Straßenbreite.
Die wesentlichen Gestaltungselemente der im Stil des Neoklassizismus beziehungsweise der Schinkelschule geprägten Bauperiode sind:
•
•
•
•
Lochfassade (überwiegend verputztes Mauerwerk),
Gliederung durch Fassadenelemente,
Dachausbildung mit betonter Attika und verborgenem Dach,
Fassadenschmuck mit neoklassizistische Elementen.
Fassadengestaltung
Betonung der horizontalen Fassadengliederung durch Sockelgesimse, Gurtgesimse, Fensterbalkengesimse, Haupt- oder Dachgesims. Merkmale in den Putzfassaden sind häufig der Bossenputz im Erdgeschoss und im 1. Obergeschoss
sowie Fugenschnitte im Putz der oberen Geschosse.
Die Betonung der Fenster erfolgt durch Fensterumrahmungen, häufig mit Pilastern ausgestattet, und Fensterbrüstungen bzw. Spitzverdachungen in den
oberen Geschossen.
Der einheitliche Raumcharakter wird durch die leichten Vorsprünge, farblichen
Schattierungen, risalitartigen Überhöhungen an Straßenkreuzungen etc. verstärkt.
Neben den Wohnhäusern entstanden als staatliche und städtische Vorleistung
Kommunalbauten. Die Solitärbauten wurden als Ziegelbauten im Stil der
Neorenaissance, im Rundbogenstil und der Neugotik (Tradition der
Schinkelschule) ausgeführt.
Dresdner Straße
Dresdner Straße um 1900
Bauphase 2: 1870 bis 1918 (Historismus und Jugendstil)
Die Phase 2 umfasst den Zeitraum des Höhepunktes der industriellen Entwicklung. Mit dem Ausbau des Verkehrswesens wurde die Voraussetzung für die
Entfaltung einer differenzierten Gewerbe- und Geschäftswelt und dem damit verbundenen Bedarf an Wohnungen für die Arbeitskräfte geschaffen.
Bis 1910 sind fast alle Blöcke der Luisenstadt mit einer geschlossenen Randbebauung bebaut. Damit sind insbesondere Teilgebiet F (Lausitzer Platz) der
inneren Luisenstadt sowie das Teilgebiet A (Görlitzer Nord) und Teilgebiet B
(Görlitzer Süd) von Gebäuden aus dieser Bauperiode geprägt. Im Teilgebiet C
(Admiralstraße), Teilgebiet H (Bethaniendamm) und Teilgebiet I (Segitzdamm)
sind nur vereinzelt Gebäude aus dieser Zeit erhalten geblieben.
Eine besondere Häufung von Gebäuden aus der Bauphase nach 1900 mit charakteristischen Stilelementen des Jugendstils befindet sich in Teilgebiet A (Görlitzer Nord) am Heckmannufer sowie in Teilgebiet B am Paul-Lincke-Ufer.
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
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Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil A - Gesamtbetrachtung
Mit der geschlossenen Blockrandbebauung wurden die Blockinnenbereiche
maximal mit Wohn- und Gewerbebauten ausgenutzt. Es entstanden vier- bis
fünfgeschossige Gewerbehöfe wie z.B. der Engelbeckenhof am Bethaniendamm,
die Ritterhöfe in der Ritterstraße, der Elisabethhof am Erkelenzdamm mit
repräsentativen Vorderhäusern, Stockwerksfabriken und mit Keramikfliesen im
Innenbereich. Mit den Bauordnungen von 1887 und 1897 war eine relative
Verbesserung der Wohnverhältnisse eingetreten. Bestehende Wohngebäude
wurden umgebaut bzw. neue errichtet, mit größeren Höfen, Podest-WC und
abgeschlossenen Wohnungen.
Repräsentative Fassaden mit Balkonen, Erkern und zum Teil mit großen Schaufenstern veränderten das Stadtbild (z.B. Denkmalbereich Muskauer Str. 21, 3036, 38). In den Gründerjahren ersetzten Stilelemente des Neobarock und der
Neorenaissance die schlichten neoklassizistischen Fassaden. Um die Jahrhundertwende wurden die Fassaden zunehmend durch Jugendstilelemente
aufgeschmückt und durch hohe Giebel betont.
Die wesentlichen Gestaltungselemente der im Stil des Historismus geprägten
Bauperiode sind:
• Gegliederte Fassaden mit Vorsprüngen, Balkonen, Erkern,
• Erdgeschosszonen zum Teil mit großen Schaufenstern,
• “Berliner Dach” hinter betontem Dachgesims,
• Fassadenschmuck des Neobarock und der Neorenaissance.
Muskauer Straße
Muskauer Straße um 1900
Fassadengestaltung
Die einzelnen Formen der reich dekorierten Fassaden lehnen sich an historische
Stilformen an. Dekorative Elemente wie Konsolen, Kapitelle und Friesplatten
konnten aus Katalogen der Stukkateurfirmen und Gipsformereien ausgewählt und
am Bau versetzt werden. Gesimse, Pilaster, Fenster- und Türrahmungen wurden
von den Stuckateuren direkt am Bau hergestellt. Die zunehmende Ausstattung
mit prunkvoll gestalteten, dekorierten Erkern und Balkonen prägt noch heute das
Stadtbild der Luisenstadt.
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
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Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil A - Gesamtbetrachtung
Die wesentlichen Gestaltungselemente des um die Jahrhundertwende aufkommenden Jugendstils sind:
•
•
•
•
•
Gegliederte Fassaden,
Erker/Balkone als Vorsprünge fortgeführt bis zum Dach,
Betonte Zwerchgiebel,
hohe Dächer, z.T. mit Gauben (Sattel
und Walmdächer an den Ecken),
Ornamentik, z.T. Jugendstilelemente.
Paul-Lincke-Ufer
Bauphase 3: 1918 bis 1945
Die Phase 3 umfasst den Zeitraum zwischen den beiden Weltkriegen. Aufgrund
der bereits maximal ausgenutzten Grundstücke entstanden in dieser Zeit nur
wenige Bauten. Es wurden einige relevante Gebäudekomplexe im Stil des Neuen
Bauens an bedeutenden Standorten der Luisenstadt als reine Geschäfts- und
Wohnhäuser entsprechend der propagierten Funktionsentflechtung errichtet: das
Tauthaus am Oranienplatz in Teilgebiet D (Oranienplatz), das 1927 errichtete,
denkmalgeschützte Postamt 36 an der Skalitzer Straße in Teilgebiet G
(Schlesisches Tor) sowie das ehemalige
Umspannwerk an der Ohlauer Straße in
Teilgebiet B (Görlitzer Süd). Die bestehenden
Altbauten wurden zugunsten der Neubauten
abgerissen. Aufgrund erheblicher Mängel an
den Stuckfassaden der Altbauten wurden
vereinzelt die Stuckelemente beseitigt und
durch schlichte Putzfassaden im Stil der
Moderne ersetzt.
Tauthaus am Oranienplatz
Bauphase 4: 1945 bis 1975 (Nachkriegsmoderne)
Diese Phase ist gekennzeichnet durch den
Wiederaufbau nach den erheblichen
Kriegszerstörungen und durch die Auswirkungen der Teilung der Stadt. Im Untersuchungsgebiet orientieren sich die
Neubauten zum großen Teil am historischen Stadtgrundriss, insbesondere im
Bereich des Luisenstädtischen Kanals und
in den Baulücken.
Cuvrystraße
Daneben entstehen aber auch entsprechend der Ideologie der Nachkriegsmoderne Zeilenbauten, die sich an „Licht, Luft und Sonne“ orientieren und
damit wesentlich vom historischen Stadtgrundriss und von der historischen
Traufhöhe abweichen.
Die Bauphase der 1950er und 1960er Jahre wird erst seit den 1990er Jahren als
Nachkriegsmoderne benannt. Die Periode der Nachkriegsmoderne wird zudem
allgemein differenziert in die Phasen der 50er Jahre und der 60er Jahre oder
auch zunehmend als erste und zweite Nachkriegsmoderne bzw. Spätmoderne
bezeichnet. Im Gutachten erfolgt keine Differenzierung der beiden Phasen, hier
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
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Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil A - Gesamtbetrachtung
umfasst die Nachkriegsmoderne Bauten aus der Zeit zwischen 1945 und 1975.
Nach dieser zeitlichen Einordnung zählt auch die Bebauung des Neuen Kreuzberger Zentrums (NKZ) am Kottbusser Tor aus der Zeit zwischen 1969 und 1974
zur zweiten Nachkriegsmoderne, jedoch nur auf das Baualter bezogen.
Neben den das gesamte Erhaltungsgebiet prägenden historischen Gebäuden die
bis zum ersten Weltkrieg entstanden sind, finden sich zahlreiche Standorte der
Nachkriegsmoderne in allen untersuchten Teilgebieten. Die Bereiche mit prägenden Merkmalen hinsichtlich der Stadtgestalt und des Ortsbildes durch die Nachkriegsmoderne sind in der Karte „stadtraumprägende Elemente“ (Teil B) dargestellt und umfassen die Standorte: Schlesisches Tor, Cuvrystraße, Taborstraße,
Heckmann Ufer Ecke Schlesische Straße, Wiener Straße, Reichenberger Straße,
Kottbusser Tor, Kohlfurther Straße, Segitzdamm, Mariannenplatz und
Zeughofstraße.
Die wesentlichen Gestaltungselemente der in der Phase der Nachkriegsmoderne
entstandenen Gebäude sind:
•
•
•
•
•
Zeilenbauweise mit Gebäudestellung am Blockrand und vereinzelt
zurückgesetzte Baukörper.
Einfach und schlichte Bauweise zu Beginn der 50er Jahre in Mauerwerksbau mit Putzfassade und nur vereinzelt mit Balkonen ausgestattet.
Später auch Großblockbauweise mit Putzfassade und auskragenden Balkone mit teilweise massiven Brüstungselementen gegliedert.
Flach geneigte Satteldächer mit Ziegeldeckung.
Begrünte Außenanlagen und Freiflächen.
Heckmann Ufer
Segitzdamm
Bauphase 5: 1975 bis 1990
Diese Phase ist geprägt einerseits durch die Kahlschlagsanierung im Bereich
Naunynstraße in den Teilgebieten E und H sowie andererseits durch die Ende der
1970er Jahre einsetzende „behutsame Stadterneuerung“. Es entstanden im Westteil von Berlin
bis zu 11-geschossige Neubaukomplexe als farbig
dominierende Putzbauten, die teilweise den
historischen Stadtgrundriss negieren und in ihrer
Höhenentwicklung das Stadtbild radikal verändern. Dazu zählt neben den Neubauten aus den
späten 70er zwischen zwischen Naunynstraße,
Muskauer Straße und Manteuffelstraße auch die
Bebauung in der Admiralstraße und Kohlfurther Wiener Straße
Straße.
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
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Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil A - Gesamtbetrachtung
Im Rahmen der behutsamen Stadterneuerung begannen die Neubewertung der
historischen Bausubstanz und die Wiederentdeckung der Qualität des historischen Stadtgrundrisses. Der Erhalt und die Modernisierung der Altbauten sowie
die Anpassung der Neubebauung an den Gestaltungskanon der historischen
Bebauung in moderner Interpretation wurden nun zum Schwerpunkt der
Sanierung.
Bauphase 6: 1990 bis Gegenwart
Nach der Wiedervereinigung Deutschlands und dem Wegfall der Grenzanlagen
entstanden umfangreiche Bebauungspotentiale insbesondere an den Randbereichen zu Teilgebiet D (Oranienplatz) und Teilgebiet H (Bethaniendamm).
Aufgrund der nur geringfügig vorhandenen potentiellen Bauplätze entstanden im
übrigen im Untersuchungsgebiet nur vereinzelt Neubauten, überwiegend in Form
von Baulückenschließungen.
Wrangelstraße Ecke Cuvrystraße
Liegnitzer Straße
Karte zum Gebäudealter 1988
Die beschriebenen Bauphasen orientieren sich an den zeitlichen Einteilungen der
Karte “Gebäudealter 1988” von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und
Umweltschutz von Berlin. In Teil B des Gutachtens werden für jeden der
untersuchten Teilgebiete die entsprechenden Ausschnitte aus der Gesamtkarte
dargestellt. (Das Untersuchungsgebiet ist als Ausschnitt in der Karte zum Gebäudealter von 1988 im Din-A-3 Format als Anlage 2 beigefügt.)
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
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Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil A - Gesamtbetrachtung
Allgemeine Leitlinien zur Erhaltung der städtebaulichen Qualität
Der Untersuchungsraum entspricht den Geltungsbereichen der drei Erhaltungsgebiete Luisenstadt, Luisenstadt/Bethaniendamm und Luisenstadt/Segitzdamm.
Die Rechtsgrundlage bilden die jeweiligen Erhaltungsverordnungen gemäß § 172
Abs.1 Nr.1 und 2 BauGB (Luisenstadt) und gemäß § 172 Abs.1 Nr.1 BauGB
(Luisenstadt/Bethaniendamm, Luisenstadt/Segitzdamm). Die Erhaltungsverordnung nach Abs.1 Satz 1 Nr.1 dient der Erhaltung der städtebaulichen Qualität
eines Gebietes, wie sie sich aus der vorhandenen Bebauung ergibt.
Der Schutz der städtebaulichen Eigenart der untersuchten Erhaltungsgebiete
kann durch die Erhaltungsverordnungen mit den entsprechenden Genehmigungsvorbehalten und –pflichten für den Abbruch, die Änderung, die Nutzungsänderung und die Errichtung baulicher Anlagen sichergestellt werden. Zugleich
befinden sich im Untersuchungsraum zahlreiche Denkmale, die den
Bestimmungen des Denkmalschutzgesetzes unterliegen. Zudem verfügt die
Verwaltung über Aussagen eines Kriterienkataloges für den Ausbau von Dachgeschossen zu Wohnzwecken im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg (vom
16.04.2002).
Die allgemeinen Leitlinien zur Erhaltung der städtebaulichen Qualität in den
untersuchten Erhaltungsgebieten stellen einen Orientierungsrahmen für die
Gestaltung baulicher Anlagen nach städtebaulichen Kriterien dar. Es werden die
wesentlichen Merkmale konkretisiert, die die städtebauliche Eigenart des
Gebietes prägen (siehe auch Begründungen zu den Erhaltungsverordnungen).
Die aufgeführten Gestaltungsmerkmale dienen als Entscheidungshilfe bei der
Beurteilung, welche Änderungen nicht zugelassen werden können, da sie eine
Beeinträchtigung der Stadtgestalt und des Ortsbildes zur Folge hätten. Der in den
Leitlinien beschriebene Orientierungsrahmen ist nicht abschließend.
Aufgrund der unterschiedlichen Überformung der Gebäude in den Teilgebieten
und des spezifischen Milieucharakters eines jeden Gebietes werden in Teil B des
Gutachtens teilgebietsbezogene Kriterien aufgeführt. Diese sind als Ergänzung
bzw. Vertiefung der allgemeinen Leitlinien zu verstehen.
Im überwiegenden Teil des Untersuchungsraums der Erhaltungsgebiete werden
Zonen mit besonderer städtebaulicher Bedeutung dargestellt, die aufgrund vorwiegend geschlossenen Altbaubestands besondere städtebauliche Wirkung haben und das Ortsbild im Bebauungszusammenhang in herausragender Weise im
Sinne der Erhaltungsverordnung prägen. Die übrigen Zonen (fast ausschließlich
entlang der Köpenicker Straße und der Skalitzer Straße) werden durch die überwiegend durch offene Bauweise geprägten Straßenprofile charakterisiert und als
Bereiche mit sonstiger städtebaulicher Bedeutung definiert, da sie Teil des historischen Stadtkörpers sind. Bei der Beurteilung der Bauvorhaben sind bauliche
Änderungen in Bereichen mit besonderer städtebaulicher Bedeutung im
besonderen Maße differenziert zu beurteilen. (Die Zonen des Untersuchungsgebietes mit besonderer und sonstiger städtebaulicher Bedeutung sind im Din-A-3
Format als Anlage 3 beigefügt.)
Grundsätze
−
−
−
Vorhandene im Original der Entstehungszeit erhaltene Gebäude tragen
besonders zur städtebaulichen Eigenart der Luisenstadt bei, folglich sind
hier Veränderungen differenzierter zu bewerten als bei stark überformten
Gebäuden.
Vorhandene Ortsbild prägende Substanz ist zu erhalten bzw zu ergänzen.
Vorhandene Vorgärten und Zäune sind zu erhalten bzw. zu ergänzen.
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
21
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
−
−
−
Teil A - Gesamtbetrachtung
Freiflächen auf Grundstücken mit solitären Gebäuden, die für das Ortsbild
und Straßenbild prägend sind, sind entsprechend des vorhandenen
Ortsbildes gärtnerisch anzulegen.
Neubauten dürfen die städtebauliche Gestalt der Erhaltungsgebiete nicht
beeinträchtigen und sind ins Ortsbild einzufügen.
Die Baufluchten sind einzuhalten und ins Ortsbild einzufügen.
Altbauten
−
−
Fassaden von Altbauten, sind im Bestand zu erhalten, sowie strukturell bei
abgestuckten Fassaden, sind entsprechend der Gestaltungselemente der
jeweiligen Stilepoche zu gestalten.
Maßnahmen zur energetischen Sanierung sind so durchzuführen, dass
das vorhandene Ortsbild nicht beeinträchtigt wird.
Neoklassizismus / Schinkelschule (überwiegend innere Luisenstadt)
−
Erhalt der Fassadengliederung durch horizontale und vertikale Gliederungselemente, keine Erker und Balkone. Betonung der Attika.
−
Fassade: Erhalt der Fassadenelemente, Form und Gliederung der Fenster
und Türen.
−
Abgestuckte Fassade: Glattputz mit Gliederungselementen orientiert an
der Schinkelschule.
−
Dachausbau: Keine Dachaufbauten zur Straße, Dachflächenfenster verdeckt hinter Attika (Dachgesims).
−
Einbau von Schaufenstern/Läden unter Berücksichtigung der historischen,
Ortsbild prägenden Dimensionen in Sockelzone möglich.
Historismus (überwiegend äußere Luisenstadt, teilweise innere Luisenstadt)
−
Erhalt der Fassadengliederung durch horizontale und vertikale Gliederungselemente, Vorbauten mit Erkern und Balkonen. Betonung der Attika
(vor Flachdach bzw. Berliner Dach).
−
Fassade: Erhalt der Fassadenelemente, Form und Gliederung der Fenster
und Türen.
−
Abgestuckte Fassade: Glattputz mit Gliederungselementen (Erker und
Balkone), orientiert an Historismus.
−
Dachausbau: Keine Dachaufbauten zur Straße, Dachflächenfenster
verdeckt hinter Attika (Dachgesims).
−
Einbau von Schaufenstern/Läden unter Berücksichtigung der historischen,
Ortsbild prägenden Dimensionen in Sockelzone möglich.
Jugendstil (stellenweise äußere Luisenstadt, Paul-Lincke-Ufer)
−
Erhalt der Fassadengliederung durch horizontale und vertikale Gliederungselemente, Vorbauten mit Erkern und Balkonen. Betonung Dach mit
Zwerchgiebel (hohes Satteldach mit Gauben).
−
Fassade: Erhalt der Fassadenelemente, Form und Gliederung der Fenster
und Türen.
−
Abgestuckte Fassade: Glattputz mit Gliederungselementen (Erker und
Balkone) orientiert am Jugendstil.
−
Dachausbau: Dachaufbauten möglich unter Berücksichtigung vorhandener Gauben, bzw. mit Bezug zur Fenstergliederung der Hauptfassade,
keine Aufstockung mit Flachdach zur Straße.
−
Einbau von Schaufenstern/Läden unter Berücksichtigung der historischen,
Ortsbild prägenden Dimensionen in Sockelzone möglich.
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
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Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil A - Gesamtbetrachtung
Fassaden
Das Relief der Raumbegrenzung des öffentlichen Raumes entsteht durch die
Fassade. Sie ist prägender Bestandteil eines Gebäudes sowie des Straßenbildes
und bedarf demgemäß besonderer gestalterischer Aufmerksamkeit:
−
Die gestaltungswirksamen Fassadengliederungen sind zu erhalten und
müssen ablesbar bleiben.
−
Die Auswahl und die Farbgebung des Fassadenmaterials ist sorgfältig mit
dem Architekturstil des Gebäudes abzustimmen.
Fenster und Türen
Fensterformen und Hauseingänge sind gliedernde Elemente einer Fassade,
unabhängig von der Bauepoche sowie der Architektursprache, und sollen dementsprechend sensibel betrachtet werden:
−
Fenster dürfen nicht als isoliertes Einzelelement erneuert werden.
−
Form, Gliederung und Farbe der Fenster sind entsprechend des Ortsbildes
einheitlich zu wählen.
Dachausbauten
Das Dach soll in seiner Form und Ausführung zurückhaltend und ruhig wirken und
zum Gebäude in harmonischer Beziehung stehen. Daher sind folgende Aspekte
im Rahmen von Dachausbauten zu beachten:
−
Gauben, wenn sie Stadtbild prägend sind, sind in ihrer Proportion und
Gesamtlänge der Dachfläche unterzuordnen und es ist Bezug auf die
Fassadengliederung zu nehmen.
−
Dacheinschnitte (Dachloggien oder Terrassen) sind in der Regel auf der
Straßen abgewandten Gebäudeseite zu errichten bzw. in die Dachfläche
zu integrieren und hinter der Fassade (traufseitig) zurückgesetzt anzuordnen.
−
Dachflächenfenster sind auf die Erscheinung der Gesamtfassade abzustimmen, vorhandene Gliederungselemente und Gebäudeachsen sind zu
berücksichtigen.
−
Dachterrassen auf Flachdächern sind in der Fläche zu begrenzen und
müssen sich in Relation zur gesamten Dachfläche deutlich unterordnen.
Aufständerungen sind zu vermeiden.
Neubauten
Der Abriss von bestehende Gebäuden steht unter einem besonderen Genehmigungsvorbehalt. Falls ein Abriss notwendig ist bzw. sich städtebaulich
vertreten lässt, ist für eine etwaige Neubebauung wie auch für die Bebauung von
unbebauten Grundstücken Folgendes zu beachten:
−
Neubauten müssen sich harmonisch in die Umgebung einfügen, können
aber auch als Ausdruck ihrer Zeit erkennbar sein.
−
Der Gebietscharakter soll erhalten und in seiner Wirkung bestärkt werden,
indem eine zeitgemäße Neuinterpretation der wesentlichen Merkmale der
historischen Umgebung in eine moderne Architektursprache vollzogen
wird.
−
Maßstäblichkeit, Formsprache sowie Materialität und Farbgebung sollen
sich in das vorhandene Ortsbild einfügen.
−
Fensterachsen, -maße und Unterteilungen müssen sich in das Ortsbild
einfügen.
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
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Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil A - Gesamtbetrachtung
Vorgärten
Die Anlage und Gestaltung von Vorgärten ist für die Milieuwirkung sowie den
Charakter eines Gebietes oder einer Straße oftmals von entscheidender Bedeutung und erfordert deshalb Vorgaben im Sinne des Erhaltungsrechtes:
−
Vorgärten sind gärtnerisch zu erhalten
−
Neuanlagen von Vorgärten in Bereichen, in denen Vorgärten Ortsbild und
Straßenbild prägend sind, sind mit Bepflanzung und Einfriedungen
entsprechend des vorhandenen Ortsbildes herzustellen.
−
Bei der Errichtung von Einfriedungen und der Anlage von Zuwegungen ist
auf die charakteristischen Merkmale der jeweiligen Bauepochen Bezug zu
nehmen.
−
Bauliche Anlagen im Sinne von Nebenanlagen sind auszuschließen.
−
Abstellanlagen für Fahrräder sind gestalterisch zurückhaltend auszuführen
und in die Gesamtgestaltung einzubetten.
Werbeanlagen
Werbeanlagen im Sinn einer ortsfesten Einrichtung haben großen Einfluss auf
das Ortsbild und das Straßenbild. Statt aggressiver Signalwirkung sind sensibel
und zurückhaltend eingepasste Informationen geboten.
Zulässig sind Werbeanlagen,
−
die sich hinsichtlich der Gebäudegliederung und des Quartierscharakters
einordnen,
−
die die Maßstäblichkeit in Bezug zur Ortssilhouette und zum Straßenbild
wahren,
−
die einen gestalterischen Bezug hinsichtlich der Gliederung der Fassade,
insbesondere der Erdgeschosszone, herstellen.
Im Geltungsbereich der Erhaltungsgebiete fügen sich folgende Werbeanlagen
aufgrund des Gebietscharakters nicht ein und sind im Sinne der Erhaltungsverordnung nicht zulässig:
−
City-Light-Boards,
−
Fahnen,
−
Riesenposter (außerhalb von Baugerüsten),
−
Video-Boards,
−
freistehenden Werbeanlagen,
−
großflächige Werbeträger an Gebäuden,
−
Häufung von Werbeträger in einem Bereich,
−
Leuchtwerbung in grellen, aufdringlichen und wechselnden Farben,
−
Werbeanlagen mit Lauflicht-, Wechsellicht- oder Blinklichtwirkung,
−
akustische Werbeanlagen.
In den Bereichen mit sonstiger städtebaulicher Bedeutung sind folgende Werbeanlagen zulässig, sofern sie sich ins Ortsbild einfügen.(siehe Plan Anlage 3)):
−
Brandwandbemalung,
−
City-Light-Poster (Wartehalle, Säule, Vitrine),
−
(Litfaß) Säule,
−
Riesenposter an Baugerüsten (temporär)
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
24
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil A - Gesamtbetrachtung
Anlage 1 - Teilgebiete der Bestandsaufnahme (A3)
Anlage 2 - Karte zum Gebäudealter von 1988 (A3)
Anlage 3 - Stadträumliche Zonierung (A3)
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
25
TOPOS
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien
In den Erhaltungsgebieten
• Luisenstadt
• Luisenstadt / Bethaniendamm
• Luisenstadt / Segitzdamm
Ansichtsexemplar
Endfassung
Bezirk Friedrichshain – Kreuzberg von Berlin
Teil B - Bewertung nach Teilgebieten (A – I)
Stadtplanung
Landschaftsplanung
Stadtforschung
Berlin, November 2012
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien für die Beurteilung
von Bauvorhaben in den Erhaltungsgebieten:
• Luisenstadt
• Luisenstadt/Bethaniendamm
• Luisenstadt/Segitzdamm
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
Auftraggeber
Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin
Fachbereich Stadtplanung
Gruppe Stadterneuerung –Stapl 2–
Yorckstraße 4-11
10965 Berlin
vertreten durch:
Frau Christa Haverbeck
Frau Ines Janke-Kleiner
Auftragnehmer
TOPOS
Stadtplanung Landschaftsplanung Stadtforschung
Badensche Straße 29
10715 Berlin
Bearbeitung:
Dipl.-Ing. Uwe Eichhorn, Freier Stadtplaner
in Zusammenarbeit mit
Dipl.-Ing. Bettina Bergande, Freie Landschaftsarchitektin
Dipl.-Ing. Karin Ganssauge, Freie Architektin und Stadtplanerin
Dipl.-Ing. Denise Baudoin
Endfassung vom 23.11.2012
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
Einführung zu Teil B
• Übersichtsplan Teilgebiete
• Analyse der Teilgebiete
• Stadtraumprägende Elemente
Teilgebiet A - Görlitzer Nord
• Untersuchungsraum
• Baugeschichtliche Einordnung
• Stadtgestalt und Ortsbild
• Städtebauliche Kriterien
• Kurzanalyse Straßenraum
Teilgebiet B - Görlitzer Süd
• Untersuchungsraum
• Baugeschichtliche Einordnung
• Stadtgestalt und Ortsbild
• Städtebauliche Kriterien
• Kurzanalyse Straßenraum
Teilgebiet C - Admiralstraße
• Untersuchungsraum
• Baugeschichtliche Einordnung
• Stadtgestalt und Ortsbild
• Städtebauliche Kriterien
• Kurzanalyse Straßenraum
Teilgebiet D und E - Oranienplatz und Heinrichplatz
• Untersuchungsraum
• Baugeschichtliche Einordnung
• Stadtgestalt und Ortsbild
• Städtebauliche Kriterien
• Kurzanalyse Straßenraum
Teilgebiet F und G - Lausitzer Platz und Schlesisches Tor
• Untersuchungsraum
• Baugeschichtliche Einordnung
• Stadtgestalt und Ortsbild
• Städtebauliche Kriterien
• Kurzanalyse Straßenraum
Teilgebiet H - Bethaniendamm
• Untersuchungsraum
• Baugeschichtliche Einordnung
• Stadtgestalt und Ortsbild
• Städtebauliche Kriterien
• Kurzanalyse Straßenraum
Teilgebiet I - Segitzdamm
• Untersuchungsraum
• Baugeschichtliche Einordnung
• Stadtgestalt und Ortsbild
• Städtebauliche Kriterien
• Kurzanalyse Straßenraum
Anlage – Stadtraumprägende Elemente (A2)
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
Einführung zu Teil B
In Teil A (Gesamtbetrachtung) des Gutachtens erfolgte die Herleitung von
städtebaulichen Kriterien und strukturellen Merkmalen anhand der Bauphasen
und der unterschiedlichen Baustile die für die Erhaltungsgebiete charakteristisch
sind. Die vertiefende Beschreibung der das Stadtbild prägenden Merkmale im IstZustand erfolgt in Teil B (Bewertung nach Teilgebieten) des Gutachtens. In
diesem Zusammenhang wurde die Bestandsanalyse erweitert und im Rahmen
einer umfangreichen Bestandsaufnahme mit fotografischer Dokumentation eine
Identifizierung von gehäuft vorkommenden gestalterischen Merkmalen sowie
besonders schützenswerte Teilräumen vorgenommen. Die Fotodokumentation ist
auf Datenträger in Teil C (Fotodokumentation) des Gutachtens enthalten. Die
konkrete Form des letztlich aus den Untersuchungsergebnissen abzuleitenden
Kriterienkataloges wurde nach Abschluss der Bestandsaufnahme mit dem Auftraggeber abgestimmt und festgelegt. Die Identifizierung prägender Gestaltungsmerkmale erfolgt nach Teilbereichen und basiert auf einer Bestandserhebung der Gestaltungsmerkmale anhand eines Kriterienkataloges.
•
Übersichtsplan Teilgebiete
Die Gebietskulisse der drei Erhaltungsgebiete wurde in 9 Teilgebiete (A-I) unterteilt. Die Teilgebiete A, B, C, D, E, F, G befinden sich im Geltungsbereich des
Erhaltungsgebietes Luisenstadt. Das Teilgebiet H entspricht dem Geltungsbereich
des Erhaltungsgebietes Luisenstadt/Bethaniendamm und das Teilgebiet I dem
Geltungsbereich des Erhaltungsgebietes Luisenstadt/Segitzdamm. (Der
Übersichtsplan zu den Teilgebieten der Bestandsaufnahme ist in Teil A des Gutachtens als Anlage 1 im Din-A-3-Format beigefügt.)
•
Analyse der Teilgebiete
In Teil B erfolgt die Betrachtung und Bewertung der städtebaulichen Eigenart
bezogen auf die in der Bestandsaufnahme definierten Teilgebiete A-I. Auf Grundlage der für die jeweiligen Teilgebiete identifizierten Gestaltungsmerkmale werden
stadtgestalterische Kriterien, bezogen auf die jeweiligen Betrachtungsräume,
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
2
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
abgeleitet. Die Bewertung der Gestaltungselemente richtet sich neben der
Häufigkeit ihres Vorkommens auch auf ihre Relevanz für die positive oder
negative Prägung des Stadtraumes.
Jedes der Teilgebiete wird einleitend mit einem Lageplan und einer tabellarischen
Übersicht der erfassten Straßenräume dargestellt. Die in der Straßenübersicht
aufgeführten Kennziffern verweisen auf die entsprechende Stelle in der
Fotodokumentation (siehe auch Teil C – Fotodokumentation). Auf der zweiten
Seite erfolgt die baugeschichtliche Einordnung anhand eines gebietsspezifischen
Ausschnittes aus der Karte zum Gebäudealter von 1988 und des Straubeplans
mit der Bebauung von 1910. Die identifizierten Merkmale zur Stadtgestalt und
zum Ortsbild werden auf der dritten Seite mit Fotos ergänzt dargestellt. Die
textlichen Erläuterungen zu den genannten Planbausteinen und Fotos enden mit
der Zusammenstellung von teilgebietsspezifischen städtebaulichen Kriterien,
unterteilt nach fünf Kategorien.
Die Analyse erfolgt für jeden Straßenraum des Teilgebietes anhand eines Kennblattes mit fünf vorgegebenen Kategorien. Die Kennblätter sind den jeweiligen
Teilgebietsbeschreibungen als Anlage beigefügt worden.
Struktur der Raumbegrenzung (Bauweise)
Bauweise, charakteristische primäre,
horizontale und vertikale Strukturen.
(offene oder geschlossene Bauweise,
Merkmale Blockrandbebauung, Solitärgebäude)
Relief der Raumbegrenzung (Fassaden)
Fassadengestaltung in Abhängigkeit von Bauphasen
und deren stilistischen Gestaltungsmerkmalen.
(Neoklassizismus, Historismus, Jugendstil,
Nachkriegsmoderne, Gegenwart)
Höhenentwicklung der Raumkante (Dachlandschaft)
Traufhöhen, Dachformen und Umfang der Dachausbauten.
(homogene oder variierende Höhenentwicklung,
Merkmale Dach, keine bis umfängliche Dachausbauten)
Sonderzone Erdgeschossbereich und Werbung
Nutzungen und Ausgestaltungen der Erdgeschosszonen.
Werbung im öffentlichen Raum.
(Gewerbe, Wohnen, offene oder geschlossene EG-Zone,
Art und Umfang von Werbeträgern)
Vorgärten und Freiflächen
Vorgärten und Eingangsbereiche, Brach- und Freiflächen.
(Bepflanzung, Ausstattung, Nutzung und Einfriedung)
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
3
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
Stadtraum prägende Elemente
Im Übersichtsplan „stadtraumprägende Elemente“ erfolgt die zusammenfassende
Darstellung der in Teil B des Gutachtens untersuchten Teilgebiete A-I. Im Plan
werden die in den Teilgebieten identifizierten Gestaltungsmerkmale und die
stadträumliche Situation der Erhaltungsgebiete Luisenstadt, Luisenstadt/Bethaneindamm und Luisenstadt/Segitzdamm dargestellt. Schwerpunkt liegt in der Zusammenstellung der besonderen Merkmale der stadträumlichen Situationen, der
Stadtgestalt und des Ortsbildes innerhalb der allgemein vorhandenen gründerzeitlichen Baustruktur.
Auf Basis der Untersuchungsergebnisse der Bestandsaufnahme und Analyse in
Teil A des Gutachtens und den Erkenntnissen der Bestandsanalyse vor Ort (siehe Teil C – Fotodokumentation) werden Teilbereiche Straßenabschnitte und
Gebäudegruppen in ihrer spezifischen Qualität dargestellt. Eine ausführliche
Beschreibung der Planinhalte erfolgt in den jeweiligen Teilgebieten. (Der Plan
„stadtraumprägende Elemente“ ist als Anlage im Din-A-2-Format beigefügt.)
Trotz der Zerstörungen und städtebaulichen Brüche seit dem 2.Weltkrieg ist der
Stadtkörper in seiner Gesamtheit nachvollziehbar und in weiten Teilen auch geschlossen erhalten. Er bewahrt somit bis heute sein bedeutsames städtebauliches Erbe. Für die Qualität des Stadtbildes sind vor allem Faktoren maßgebend,
die sich auf die Gestaltung der Gebäude und Vorgärten, Plätze und
Straßenräume beziehen. Die dichten Baustrukturen, Straßenräume und Platzfolgen des 19. Jahrhunderts prägen überwiegend das Stadtbild im Untersuchungsgebiet und bestimmen den urbanen Charakter, vor allem rund um die
markanten Platzräume des früheren Luisenstädtischen Kanals, des Mariannenplatzes, des Heinrichplatzes oder des Lausitzer Platzes. Eine Vielzahl kommunaler und kirchlicher Bauten zeugen von den staatlichen infrastrukturellen
Vorleistungen in der Luisenstadt. Sie liegen vorwiegend an der Straßenfront bzw.
auf und an den öffentlichen Plätzen und reichen z. T. ins Blockinnere hinein. Als
Solitäre heben sie sich auch von den Putzfassaden der Wohnbauten durch die
Gestaltung der Fassaden in rotem und gelbem Klinker ab.
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
4
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
Plan – Stadtraumprägende Elemente (Din-A-3)
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
5
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
Teilgebiet A – Görlitzer Nord
• Untersuchungsraum
Abbildung 1 - Lage und Abgrenzung
A
Cuvrystraße
Falckensteinstraße
Görlitzer Straße
Görlitzer Ufer
Heckmannufer
Lübbener Straße
Oberbaumstraße
Oppelner Straße
Schlesische Straße
Skalitzer Straße
Sorauer Straße
Taborstraße
Wrangelstraße
B
A.01.
A.02.
A.03.
A.04.
A.05.
A.06.
A.07.
A.08.
A.09.
A.10. B.11.
A.11
A.12.
A.13.
C
D
E
F
G
H
I
G.04.
D.15. E.08. F.08. G.06.
F.10. G.07.
H.10.
Tabelle 1 - Erfasste Straßenräume mit Kennziffern der Fotodokumentation
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
1
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
Teilgebiet A – Görlitzer Nord
• Baugeschichtliche Einordnung
Abbildung 2 - Gebäudealter 1988
Abbildung 3 - Straubeplan 1910
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
2
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
Teilgebiet A – Görlitzer Nord
• Stadtgestalt und Ortsbild
Abbildung 4 - Gestaltungsmerkmale
Foto 1 - Cuvrystraße
Foto 2 – Görlitzer Straße
Foto 4 – Schlesische Straße
Foto 5 – Tabor Straße
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
Foto 3 - Heckmannufer
Foto 6 – Wrangelstraße
3
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
Teilgebiet A – Görlitzer Nord
• Untersuchungsraum (Abbildung 1 und Tabelle 1)
Der Untersuchungsraum von Teilgebiet A liegt im Geltungsbereich der Erhaltungsverordnung Luisenstadt. Die Bestandsaufnahme und Fotodokumentation
wurde Anfang 2012 erstellt.
Das Teilgebiet A ist Teil der äußeren (südlichen) Luisenstadt und befindet sich in
einer stadträumlich abgeschlossenen Lage nördlich des Görlitzer Parks. Es wird
begrenzt durch die Skalitzer Straße, Oberbaumstraße, Schlesische Straße,
Heckmannufer und Görlitzer Straße.
Von den insgesamt 13 Straßenräumen oder deren Teilabschnitten im Betrachtungsraum liegt ein Straßenabschnitt innerhalb der Gebietsabgrenzungen zum
benachbarten Teilgebiet G. Die mögliche Vernetzung der Straßen mit anderen
Teilgebieten ist der Tabelle 1 zu entnehmen. Darin sind zudem die in der Fotodokumentation den Straßenräumen zugeordneten Kennziffern aufgeführt.
• Baugeschichtliche Einordnung (Abbildung 2 und 3)
In dem weitgehend von Kriegsschäden verschonten Gebiet ist die gründerzeitliche Blockstruktur und Bebauung umfänglich erhalten geblieben und wird maßgeblich durch die Bauperiode zwischen 1870 und 1918 geprägt.
Die Bebauung des westlichen Bereiches bis zur Falckensteinstraße erfolgte
bereits bis 1880 vor dem Hintergrund der Industrialisierung und dem schnellen
Wachstum der Stadt. Das Gesamtgebiet war bis 1910 mit Mietwohnungsbauten
nach der neuen Bauordnung von 1897 fast vollständig bebaut.
In den nördlichen Teilbereichen der Cuvrystraße und der Oppelner Straße, in der
Taborstraße und am Heckmannufer Ecke Schlesische Straße befinden sich
zahlreiche Wohnungsbauten der Nachkriegsmoderne. Im Bereich der Schlesischen Straße erfolgten in den 1980er Jahren vermehrt Baulückenschließungen.
Im nördlichen Bereich der Wrangelstraße und dem angrenzenden Übergangsbereich zur Spree soll nach den aktuellen Stadtumbauzielen das Quartier zum
Wasser geöffnet und höherwertige Dienstleistungs- und Gewerbenutzungen
sowie Wohnen angesiedelt werden.
• Stadtgestalt und Ortsbild (Abbildung 4 und Fotos 1-6)
Im Gegensatz zur inneren Luisenstadt mit der von Lenné bewusst geplanten
abwechslungsreichen Struktur von Straßen, Plätzen und Grünflächen, die durch
die weitgehend homogene Bebauung besonders zum Tragen kommt, ist die erst
nach 1870 beginnende Bebauung der äußeren Luisenstadt in den Überarbeitungen des Hobrechtplanes mit der schematischen Verlängerung des
Straßenrasters durch blind endende Straßen ohne Plätze und morphologische
Besonderheiten geprägt.
Die die Randbereiche des Untersuchungsgebietes prägenden räumlichen
Strukturen sind im Westen die Hochbahn im Verlauf der Skalitzer Straße als
stadträumliche Dominante, im Süden der Ende der 1980er Jahre als 14 ha große
Grünanlage neu gestaltete Görlitzer Park sowie im Osten der Landwehrkanal.
Insgesamt weist das Gebiet neben dem Ensemble Sorauer Straße und Einzelobjekten (verschiedene Gemeindeschulen, Liebfrauenkirche, Taborkirche) mit
besonderer geschichtlicher, städtebaulicher und künstlerischer Bedeutung, in
Teilbereichen (Cuvrystraße und Oppelner Straße) zwar abweichende, insgesamt
aber besondere städtebauliche Qualitäten als Gesamtensemble auf.
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
4
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
Im gesamten Untersuchungsgebiet spiegeln die Fassaden das Stilempfinden der
Gründerzeitepoche wieder. Auffallend sind die stark strukturierten Fassaden mit
neoklassizistischen Fassadenelementen und insbesondere die Straßenabschnitte
südlich der Wrangelstraße, die fast vollständig ohne Balkone und Erker sind. So
sind zum Beispiel im südlichen Teil der Cuvrystraße (Foto 1) aufwendig
restaurierte strukturierte Gründerzeitfassaden ohne Balkone und Erker erhalten
und bilden mit den umliegenden Gebäuden einheitlicher Traufhöhe ein geschlossenes Erscheinungsbild. Die in den nördlichen Teilen der Cuvrystraße und der
Oppelner Straße von der Straßenflucht abweichenden Wohnbebauungen entsprechen dagegen den für die Phase der Nachkriegsmoderne typischen Gestaltungsmerkmalen und vermeiden bewusst die historische Blockrandbebauung.
Die Fassaden entlang der Görlitzer Straße (Foto 2) sind deutlich stärker durch
wechselnde Traufhöhen und stellenweise durch Balkone, Erker und einem hohen
Anteil an Dachaufbauten geprägt. Ähnlich ausgeprägte Fassadengestaltung mit
Erkern und Balkonen finden sich noch entlang der Schlesischen Straße (Foto 4),
am Heckmannufer (Foto 3) und in der Taborstraße (Foto 5). Im gesamten
Untersuchungsbereich dominiert ein geschlossenes Erscheinungsbild mit einer
überwiegend historischen Blockrandbebauung, bis auf Teilbereiche in der Cuvrystraße und Schlesischen Straße.
Neben der überwiegenden Wohnnutzung im Gebiet übernimmt das Nahversorgungszentrum Wrangelstraße (Foto 6) die Versorgung des dicht besiedelten
Wohngebietes insbesondere mit Waren des kurzfristigen Bedarfs. Gastronomieschwerpunkte befinden sich vor allem in der Schlesischen Straße, Falckensteinstraße, Wrangelstraße und prägen die Erdgeschosszonen und Freiflächen in
diesen Bereichen maßgeblich.
Städtebauliche Kriterien (Abbildung 4)
Das Teilgebiet A wird überwiegend als Zone mit besonderer städtebaulicher
Bedeutung und die das Gebiet im Norden und Westen begrenzenden
Straßenräume der Schlesischen Straße und der Skalitzer Straße als Zone mit
sonstiger städtebaulicher Bedeutung klassifiziert (siehe Teil A – Gesamtbetrachtung, Anlage 3 - Stadträumliche Zonierung).
Neben den im Teil A des Gutachtens aufgeführten allgemein gültigen Leitlinien
zur Erhaltung der städtebaulichen Qualität (siehe Teil A) werden die aus der
Untersuchung der Teilbereiche abgeleiteten Gestaltungsmerkmale hinsichtlich
ihrer Relevanz für die Stadtgestalt und das Ortsbild in Form eines gebietsspezifischen Anforderungskataloges zusammenfassend dargestellt.
−
Insgesamt prägt den Untersuchungsraum eine sehr homogene, am
historischen Stadtgrundriss und einer nahezu einheitlichen Gebäudehöhe orientierte Stadtgestalt, die zu bewahren ist.
−
Im Bereich der Schlesischen Straße sind in den kommenden Jahren die
größten Entwicklungen zu erwarten. Die städtebaulichen und baulichen
Veränderungen sind dabei maßgeblich dem unmittelbar anschließenden
historisch geprägten Umfeld anzupassen.
−
Die im Untersuchungsraum überwiegend erhaltenen Fassaden von
Altbauten, abgestuckt oder im Originalzustand, sind entsprechend der
typischen Gestaltungselemente der jeweiligen Stilepoche zu erhalten.
−
Die in den Straßenräumen südlich der Wrangelstraße vorherrschenden
neoklassizistischen Stilmerkmale der Fassaden sind zu bewahren (keine
Balkone und Erker).
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
5
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
−
Die Gebäudehöhen bei Neubebauung sollten die Traufhöhen der umliegenden Bebauung nicht überschreiten.
−
Die visuelle Inanspruchnahme des Straßenraumes durch großflächige
und/oder hell leuchtende Werbeflächen ist zu vermeiden. Dies gilt insbesondere in den durch Einzelhandel und Gastronomie geprägten Bereichen der Schlesischen Straße, Falckensteinstraße und Wrangelstraße.
−
Der gestaltete Grünbereich Schlesische Ecke Oberbaumstraße ist zu
erhalten und in die Vernetzung mit den umliegenden Grünbereichen
einzubeziehen.
−
Im Bereich des Görlitzer Ufers sind die gestalteten Vorgartenbereiche zu
bewahren.
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
• Kurzanalyse Straßenraum
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
6
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
Teilgebiet B – Görlitzer Süd
• Untersuchungsraum
Abbildung 1 - Lage und Abgrenzung
A
Forster Straße
Glogauer Straße
Lausitzer Straße
Liegnitzer Straße
Manteuffelstraße
Mariannenstraße
Ohlauer Straße
Paul-Lincke-Ufer
Ratiborstraße
Reichenberger Straße
Skalitzer Straße
Spreewaldplatz
Wiener Straße
B
B.01.
B.02.
B.03.
B.04.
B.05.
B.06.
B.07.
B.08.
B.09.
B.10.
A.10. B.11.
B.12.
B.13.
C
D
E
F
G
E.03. F.04.
E.05.
H
I
H.04.
H.06.
D.13.
D.15. E.08. F.08. G.06.
Tabelle 1 - Erfasste Straßenräume mit Kennziffern der Fotodokumentation
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
1
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
Teilgebiet B – Görlitzer Süd
• Baugeschichtliche Einordnung
Abbildung 2 - Gebäudealter 1988
Abbildung 3 - Straubeplan 1910
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
2
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
Teilgebiet B – Görlitzer Süd
• Stadtgestalt und Ortsbild
Abbildung 4 - Gestaltungsmerkmale
Foto 1 – Lausitzer Straße
Foto 2– Reichenberger Straße
Foto 4 – Paul-Lincke-Ufer
Foto 5 – Paul-Lincke-Ufer
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
Foto 3 - Liegnitzer Straße
Foto 6 – Wiener Straße
3
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
Teilgebiet B – Görlitzer Süd
• Untersuchungsraum (Abbildung 1 und Tabelle 1)
Der Untersuchungsraum von Teilgebiet B liegt im Geltungsbereich der Erhaltungsverordnung Luisenstadt. Die Bestandsaufnahme und Fotodokumentation
wurde Anfang 2012 erstellt.
Das Teilgebiet B ist Teil der äußeren (südlichen) Luisenstadt und befindet sich in
einer stadträumlich abgeschlossenen Lage südlich des Görlitzer Parks. Es wird
begrenzt durch die Wiener Straße, Ratiborstraße, Paul-Lincke-Ufer, Mariannenstraße und Skalitzer Straße.
Von den insgesamt 13 Straßenräumen oder deren Teilabschnitte im Betrachtungsraum liegen zwei Straßenabschnitte innerhalb der Gebietsabgrenzungen zu
den benachbarten Teilgebieten C, E und F. Die mögliche Vernetzung der Straßen
mit anderen Teilgebieten ist der Tabelle 1 zu entnehmen. Darin sind zudem die in
der Fotodokumentation den Straßenräumen zugeordneten Kennziffern aufgeführt.
• Baugeschichtliche Einordnung (Abbildung 2 und 3)
In dem weitgehend von Kriegsschäden verschonten Gebiet ist die gründerzeitliche Blockstruktur und Bebauung umfänglich erhalten geblieben und wird maßgeblich durch die Bauperiode zwischen 1870 und 1918 geprägt.
Im Bereich entlang der Reichenberger Straße bis einschließlich Wiener Straße
erfolgte bereits bis 1880 vor dem Hintergrund der Industrialisierung und dem
schnellen Wachstum der Stadt der Großteil der Bebauung. Das Gesamtgebiet
war bis 1910 mit Mietwohnungsbauten nach der neuen Bauordnung von 1897, bis
auf zahlreiche Baulücken am Paul-Lincke-Ufer, fast vollständig bebaut.
Im östlichen Teilbereich der Wiener Straße, in Teilbereichen der Reichenberger
Straße und Ohlauer Straße befinden sich zahlreiche Wohnungsbauten der
Nachkriegsmoderne. Die maßgeblichen Baulückenschließungen aus den 1980
Jahren finden sich ebenfalls in der Reichenberger Straße. Überwiegend im
Bereich vom Paul-Lincke-Ufer findet sich ein Mix aus verschiedenen Stilepochen
mit einem großen Anteil an mehrgeschossigen Fabrikgebäuden im Blockinnebereich.
• Stadtgestalt und Ortsbild (Abbildung 4 und Fotos 1-6)
Im Gegensatz zur inneren Luisenstadt mit der von Lenné bewusst geplanten
abwechslungsreichen Struktur von Straßen, Plätzen und Grünflächen die durch
die weitgehend homogene Bebauung besonders zum Tragen kommt, ist die erst
nach 1870 beginnende Bebauung der äußeren Luisenstadt, in den Überarbeitungen des Hobrechtplanes mit der schematischen Verlängerung des
Straßenrasters durch blind endende Straßen ohne Plätze und morphologische
Besonderheiten geprägt.
Die die Randbereiche des Untersuchungsgebietes prägenden räumlichen Strukturen sind im Norden die Hochbahn im Verlauf der Skalitzer Straße als
stadträumliche Dominante und im Nordosten der Ende der 1980er Jahre neu
gestalteten Spreewaldplatz mit Spreewaldbad. Im Süden ergibt sich eine
besondere stadträumliche Situation durch die Lage des Paul-Lincke-Ufers am
Landwehrkanal. Die Bebauung weist hier neben dem hohen Anteil an historischen Fabrikgebäuden und verschiedenen Einzeldenkmalen auch die “jüngste”
Bebauung nach der Gründerzeit aus der Bauperiode bis 1918, auf. Im Osten
grenzt an das Untersuchungsgebiet eine gebietsuntypische Wohnanlage in
offener Zeilenbauweise im Stil der Nachlriegsmoderne an.
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
4
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
Im gesamten Untersuchungsgebiet spiegeln die Fassaden das Stilempfinden der
Gründerzeitepoche wider; im Bereich des Paul-Lincke-Ufers finden sich zudem
Fassaden mit Jugendstilelementen. Von besonderer stadtgestalterischer Bedeutung sind zudem die erhaltenen Vorgartenbereiche entlang der Bebauung PaulLincke-Ufer (Foto 4).
Ortsbild prägend sind in Teilbereichen der Wiener Straße, Reichenberger Straße
und der unmittelbar davon abgehenden Nebenstraßen (Foto 1) die geschlossene
Bebauung mit teilweise reichhaltig strukturierten Stuckfassaden mit Stilmerkmalen
des Neoklassizismus und vereinzelt des Historismus. Die Gebäude sind fast
vollständig ohne Balkone und Erker bzw. wurden erst nachträglich vereinzelt
angebaut. So sind zum Beispiel im südlichen Teil der Liegnitzer Straße (Foto 3)
aufwendig restaurierte strukturierte Gründerzeitfassaden überwiegend erhalten
und bilden mit den umliegenden einheitlichen Traufhöhen ein geschlossenes
Erscheinungsbild. In den Teilbereichen der Wiener Straße, Reichenberger Straße
und Ohlauer Straße mit Wohnungsbauten der Nachkriegsmoderne, weicht die
Bebauung von der historischen Straßenflucht und den einheitlichen Traufhöhen
stellenweise bewusst ab. Dennoch dominiert im gesamten Untersuchungsbereich
ein geschlossenes Erscheinungsbild mit einer überwiegend historischen
Blockrandbebauung (Foto 6).
Die Fassaden entlang des Paul-Lincke-Ufers (Foto 5) sind deutlich stärker durch
wechselnde Traufhöhen und stellenweise durch Balkone, Erker und einen hohen
Anteil an Dachaufbauten geprägt. Ähnlich ausgeprägte Fassadengestaltungen mit
Erkern und Balkonen finden sich noch entlang der Glogauer Straße und
Ratiborstraße wieder.
Neben der überwiegenden Wohnnutzung im Gebiet erfolgt die hauptsächliche
Versorgung des dicht besiedelten Wohngebietes mit Waren des kurzfristigen
Bedarfs in der Reichenberger Straße (Foto 2) und der Kottbusser Straße. Die
Gastronomieschwerpunkte befinden sich vor allem am Paul-Lincke-Ufer, der
Reichenberger Straße und Wiener Straße und prägen die Erdgeschosszonen in
diesen Bereichen maßgeblich.
• Städtebauliche Kriterien (Abbildung 4)
Das Teilgebiet B wird überwiegend als Zone mit besonderer städtebaulicher
Bedeutung klassifiziert. Der das Gebiet im Nordwesten begrenzende Straßenabschnitt der Skalitzer Straße wird als Zone mit sonstiger städtebaulicher
Bedeutung dargestellt (siehe Teil A – Gesamtbetrachtung, Anlage 3 – Stadträumliche Zonierung).
Neben den im Teil A des Gutachtens aufgeführten allgemein gültigen Leitlinien
zur Erhaltung der städtebaulichen Qualität (siehe Teil A) werden die aus der
Untersuchung der Teilbereiche abgeleiteten Gestaltungsmerkmale hinsichtlich
ihrer Relevanz für die Stadtgestalt und das Ortsbild in Form eines gebietsspezifischen Anforderungskataloges zusammenfassend dargestellt.
−
Insgesamt prägt den Untersuchungsraum eine sehr homogene, am
historischen Stadtgrundriss und einer nahezu einheitlichen Gebäudehöhe orientierte Stadtgestalt, die zu bewahren ist.
−
Die im Untersuchungsraum überwiegend erhaltenen Fassaden von
Altbauten, abgestuckt oder im Originalzustand, sind entsprechend der
typischen Gestaltungselemente der jeweiligen Stilepoche zu erhalten.
−
Die in den Straßenräumen vorherrschenden neoklassizistischen Stilmerkmale der Fassaden sind zu bewahren (keine Balkone und Erker).
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
5
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
−
Die Gebäudehöhen bei Neubebauung sollten die Traufhöhen der umliegenden Bebauung nicht überschreiten.
−
Gauben und Loggien in der zweiten Ebene (Spitzbodenebene) sind nicht
zulässig.
−
Die visuelle Inanspruchnahme des Straßenraumes durch großflächige
und / oderhell leuchtende Werbeflächen ist zu vermeiden. Dies gilt
insbesondere im Bereich der Einzelhandelseinrichtungen in der Reichenberger Straße und Wiener Straße.
−
Die privaten Vorgartenbereiche am Paul-Lincke-Ufer sind zu bewahren,
ortstypisch einzufrieden und die Gastronomieaußenbereiche sind
gärtnerisch einzubinden.
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
• Kurzanalyse Straßenraum
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
6
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
Teilgebiet C - Admiralstraße
•
Untersuchungsraum
Abbildung 1 – Lage und Abgrenzung
A
Admiralstraße
Erkelenzdamm
Fraenkelufer
Kohlfurter Straße
Kottbusser Straße
B
C
D
E
F
G
H
I
C.01.
C.02. D.04.
C.03.
C.04.
C.05. D.05.
Tabelle 1 - Erfasste Straßenräume mit Kennziffern der Fotodokumentation
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
1
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
Teilgebiet C - Admiralstraße
•
Baugeschichtliche Einordnung
Abbildung 1 - Gebäudealter 1988
Abbildung 3 - Straubeplan 1910
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
2
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Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
Teilgebiet C - Admiralstraße
•
Stadtgestalt und Ortsbild
Abbildung 4 - Gestaltungsmerkmale
Foto 1 - Admiralstraße
Foto 2 - Erkelenzdamm
Foto 3 - Fraenkelufer
Foto 4 - Fraenkelufer
Foto 5 – Kohlfurter Straße
Foto 6 – Kottbusser Straße
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3
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Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
Teilgebiet C - Admiralstraße
• Untersuchungsraum (Abbildung 1 und Tabelle 1)
Der Untersuchungsraum von Teilgebiet C liegt im Geltungsbereich der Erhaltungsverordnung Luisenstadt. Die Bestandsaufnahme und Fotodokumentation
wurde im Frühjahr 2012 erstellt.
Das Teilgebiet C ist Teil der äußeren (südlichen) Luisenstadt und wird begrenzt
durch die Mariannenstraße, Fraenkelufer, Erkelenzdamm und Kohlfurter Straße.
Von den insgesamt 5 Straßenräumen oder deren Teilabschnitten im Betrachtungsraum liegen zwei Straßenabschnitte innerhalb der Gebietsabgrenzungen zu
den benachbarten Teilgebieten B und I. Die mögliche Vernetzung der Straßen mit
anderen Teilgebieten ist der Tabelle 1 zu entnehmen. Darin sind zudem die in der
Fotodokumentation den Straßenräumen zugeordneten Kennziffern aufgeführt.
• Baugeschichtliche Einordnung (Abbildung 2 und 3)
Das Gebiet wird insbesondere in drei Teilbereichen durch zwei maßgebliche
Bauperioden geprägt. Die älteste Bauphase mit einzelnen noch erhaltenen
Gebäuden von vor 1870 findet man im Umfeld des Erkelenzdamm und der
Admiralstraße / Ecke Fraenkelufer. Die weitere Bebauung in diesem Bereich
stammt überwiegend aus der Gründerzeit. Im östlichen Bereich des Fraenkelufers
entstand nach 1910 eine Synagoge der Jüdischen Gemeinde zu Berlin von der
heute nur noch ein Nebengebäude erhalten ist. Aus dieser Zeit stammt auch der
Gewerbekomplex der ehemaligen Fabrik für Beleuchtungskörper in der Kohlfurter
Straße.
Im zentralen Bereich von Teilgebiet C an der Admiralstraße wurde Ende der
1970er Jahre im Rahmen der Stadtsanierung (Sanierungsgebiet Kreuzberg Süd
SKS) der Komplex der heutigen Grundschule erbaut. Aus dieser Zeit stammt
auch der umfängliche Wohnungsneubau zwischen Mariannenstraße und
Kottbusser Straße. Einige Baulückenschließungen, insbesondere in Teilbereichen
des Fraenkelufers, entstanden 1984 im Rahmen der IBA Berlin in der charakteristischen Bauweise des Architekturbüros Baller. Die Bebauung der letzten
größeren Baulücke am Erkelenzdamm erfolgte 2007 durch den Wohnungsneubau
Beginenhof mit zeitgenössischer Fassadengestaltung.
• Stadtgestalt und Ortsbild (Abbildung 4 und Fotos 1-6)
Den Stadtraum prägende Elemente sind im Westen von Teilgebiet C die durch
Lenné gestalteten Raumfolgen mit dem ehemaligen Kanal und dem Straßenraum
des Erkelenzdamms und Segitzdamms, die durch Barth im zugeschütteten Kanal
(Teilgebiet I) gestalteten Grünflächen mit dem durch die Hochbahn und Straße
zerschnittenem Wassertorplatz und dem als Grünanlage in den 1980er Jahren
neu gestalteten Einmündungsbereich des Luisenstädtischen Kanals in den Landwehrkanal (Teilgebiet I).
Ortsbild prägend ist in diesem Bereich die geschlossene Bebauung am Erkelenzdamm und im westlichen Bereich des Fraenkelufers mit teilweise reichhaltig
strukturierten Stuckfassaden mit Stilmerkmalen des Neoklassizismus und
vereinzelt des Historismus (Foto 1). Es ist anzunehmen, dass ein Teil der
Balkone erst nachträglich angebaut wurde (Foto 3). Von besonderer stadtgestalterischer Bedeutung sind zudem die erhaltenen Vorgartenbereiche entlang der
Bebauung Erkelenzdamm (Foto 2).
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
4
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
Im östlichen Bereich des Fraenkelufers ist durch die Baulücke an der Jüdischen
Synagoge und das unbebaute Eckgrundstück die geschlossene Blockrandbebauung aufgebrochen. Negativ auffallend im Eckbereich Fraenkelufer und
Kohlfurter Straße ist das von der Straßenflucht Fraenkelufer um ca. 2 m
rückversetzte historische Gebäude mit drei Vollgeschossen und einem modernen
Dachaufbau mit Satteldach sowie opulent überbautem Dachgesims (Foto 4).
Die Kohlfurter Straße wird durch einen Mix von Gebäuden aus verschiedenen
Bauperioden geprägt. Neben den entdekorierten Fassaden der ältesten Bebauung aus der Zeit vor 1870 an der Ecke zum Erkelenzdamm dominiert zwar
auch die Bebauung aus der Zeit um 1900 bis 1910 den Straßenraum (Foto 5),
prägend ist dennoch die zurückversetzte und im Vergleich zur Nachbarbebauung
sehr niedrige Bebauung der Jens-Nydahl-Grundschule und Gustav-Meyer-Schule
sowie die Ausläufer des Sanierungsgebietes Kreuzberg Süd aus den späten
1970er Jahren (SKS III).
Die im Zuge der behutsamen Stadterneuerung in den 1980er Jahren entstandenen Wohnbauten in der Mariannenstraße und Kottbusser Straße (Foto 6)
orientieren sich am Gestaltungskanon der luisenstädtischen Bauweise mit
annähernd gleichen Traufhöhen und Betonung der Ecksituationen. Die historische
Stadtgestalt wurde mit unterschiedlicher architektonischer Qualität neu interpretiert. Allerdings befinden sich in der Straßenflucht der Admiralstraße und der
Kottbusser Straße mit der Hochhausanlage am Kottbusser Tor störende städtebauliche Elemente, die das Stadtbild empfindlich beeinträchtigen.
Trotz der erheblichern Kriegszerstörungen ist die Struktur der Lenné’schen
Planung überwiegend erhalten. Der Wiederaufbau insbesondere im Rahmen der
Sanierungsprojekte seit Anfang der 1970er hat sich weitgehend am historischen
Stadtgrund- und aufriss orientiert. Die Fassaden dagegen spiegeln das unterschiedliche Stilempfinden der einzelnen Epochen wider.
• Städtebauliche Kriterien (Abbildung 4)
Das Teilgebiet C wird überwiegend als Zone mit besonderer städtebaulicher
Bedeutung klassifiziert. Der im Osten des Gebietes liegende Straßenabschnitt der
Kottbusser Straße wird als Zone mit sonstiger städtebaulicher Bedeutung
dargestellt (siehe Teil A – Gesamtbetrachtung, Anlage 3 - Stadträumliche
Zonierung).
Neben den im Teil A des Gutachtens aufgeführten allgemein gültigen Leitlinien
zur Erhaltung der städtebaulichen Qualität (siehe Teil A) werden die aus der
Untersuchung der Teilbereiche abgeleiteten Gestaltungsmerkmale hinsichtlich
ihrer Relevanz für die Stadtgestalt und das Ortsbild in Form eines gebietsspezifischen Anforderungskataloges zusammenfassend dargestellt.
−
Insgesamt prägt den Untersuchungsraum trotz seiner unterschiedlichen
Bebauungsstruktur im mittleren Teilbereich eine sehr homogene, am
historischen Stadtgrundriss und einer nahezu einheitlichen Gebäudehöhe orientierte Stadtgestalt, die zu bewahren ist.
−
Im Bereich der Baulücke in der Kottbusser Straße und eventuell im
Bereich des gering bebauten Grundstückes der Jüdischen Gemeinde
von Berlin am Fraenkelufer sind in den kommenden Jahren die größten
Entwicklungen zu erwarten. Die städtebaulichen und baulichen Veränderungen sind dabei maßgeblich dem unmittelbar anschließenden
historisch geprägten Umfeld anzupassen.
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
5
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
•
−
Die im Umfeld des Erkelenzdamm und Fraenkelufer sowie in Teilen der
Kohlfurter und Admiralstraße überwiegend erhaltenen Fassaden von
Altbauten, abgestuckt oder im Originalzustand, sind entsprechend der
typischen Gestaltungselemente der jeweiligen Stilepoche zu erhalten.
−
Die Traufhöhen bei Neubebauung sollen die Traufhöhen der umliegenden Bebauung nicht überschreiten. Betonung der Ecksituation entsprechend dem vorherrschendem Ortsbild.
−
Die privaten Vorgartenbereiche am Paul-Lincke-Ufer sind zu bewahren,
ortstypisch einzufrieden und gärtnerisch einzubinden
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
Kurzanalyse Straßenraum
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
6
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
Teilgebiet D und Teilgebiet E (Oranienplatz und Heinrichplatz)
• Untersuchungsraum
Abbildung 1 - Lage und Abgrenzung
A
B
C
D
E
F
G
H
Adalbertstraße
D.01. E.01.
H.01.
Bethaniendamm
D.02.
H.02.
Dresdner Straße
D.03.
Erkelenzdamm
C.02. D.04.
Heinrichplatz
E.02.
Kottbusser Straße
C.05. D.05.
Legiendamm
D.06.
Leuschnerdamm
D.07.
Luckauer Straße
D.08.
Manteuffelstraße
B.05.
E.03. F.04.
H.04.
E.04. F.05.
H.05.
E.05.
H.06.
Nauny nstraße
D.09. E.06.
H.08.
Oranienplatz
D.10.
Mariannenplatz
Mariannenstraße
B.06.
Oranienstraße
D.11. E.07.
Prinzessinenstraße
D.12.
Reichenberger Straße
B.10.
Sebastianstraße
Skalitzer Straße
Waldemarstraße
I
I.03.
D.13.
D.14.
A.10. B.11.
D.15. E.08. F.08. G.06.
D.16. E.09. F.09.
H.09.
Tabelle 1 - Erfasste Straßenräume mit Kennziffern der Fotodokumentation
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
1
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
Teilgebiet D und Teilgebiet E (Oranienplatz und Heinrichplatz)
• Baugeschichtliche Einordnung
Abbildung 2 - Gebäudealter 1988
Abbildung 3 - Straubeplan 1910
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
2
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
Teilgebiet D und Teilgebiet E (Oranienplatz und Heinrichplatz)
• Stadtgestalt und Ortsbild
Abbildung 4 - Gestaltungsmerkmale
Foto 1 - Adalbertstraße
Foto 4 - Mariannenstraße
Foto 2 - Dresdner Straße
Foto 5 – Reichenberger Straße
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
Foto 3 - Erkelenzdamm
Foto 6 - Waldemarstraße
3
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
Teilgebiet D und Teilgebiet E (Oranienplatz und Heinrichplatz)
• Untersuchungsraum (Abbildung 1 und Tabelle 1)
Im Rahmen der Bestandsaufnahme und der Anfang 2012 erstellten Fotodokumentation wurden das Teilgebiet D (Oranienplatz) und das Teilgebiet E
(Heinrichplatz) getrennt erfasst. Aufgrund der räumlichen und funktionalen
Verknüpfungen werden die beiden Teilgebiete in der Analyse und Bewertung zusammengefasst dargestellt.
Die Teilgebiete D und E liegen im Geltungsbereich der Erhaltungsverordnung
Luisenstadt und sind Teil der inneren (nördlichen) Luisenstadt. Die Teilgebiete
werden begrenzt durch Bethaniendamm, Adalbertstraße, Waldemarstraße, Mariannenplatz, Mariannenstraße, Naunynstraße, Manteuffelstraße, Skalitzer Straße,
Erkelenzdamm, Prinzessinnenstraße, Luckauer Straße und Leuschnerdamm.
Von den insgesamt 20 Straßenräumen oder deren Teilabschnitten des Untersuchungsraumes liegen fünf Straßen (Adalbertstraße, Naunynstraße, Oranienstraße, Skalitzer Straße, Waldemarstraße) sowohl in Teilgebiet D als auch in
Teilgebiet E. Die mögliche Vernetzung der Straßen mit anderen Teilgebieten ist
der Tabelle 1 zu entnehmen. Darin sind ebenso die in der Fotodokumentation den
Straßenräumen zugeordneten Kennziffern aufgeführt.
• Baugeschichtliche Einordnung (Abbildung 2 und 3)
Die maßgeblichen Bauperioden, insbesondere im Umfeld des Oranienplatzes und
des Heinrichplatzes, umfassen die älteste Bauphase vor 1870 mit einem überwiegenden Anteil an Gebäuden im neoklassizistischen Baustil. Im Zuge der Nachverdichtung und Arrondierung entstanden zahlreiche Gebäude aus der Bauphase
um 1900 mit den prägenden Stilelementen des Historismus.
Neben einzelnen Baulückenschließungen aus der Nachkriegszeit ist der Bereich
am Kottbusser Tor durch die Bebauung des Neuen Kreuzberger Zentrum (NKZ)
geprägt. Die zwischen 1969-1974 entstandene Sonderform des 12-geschossigen,
halbkreisförmigen Hochhauses ist Ergebnis des 1963 beschlossenen 1. Stadterneuerungsprogramms Kreuzbergs. Die umfangreiche Neubebauung im östlichen
Teil der Naunynstraße war Teil des ehemaligen Sanierungsgebietes
Bethanienviertel (P IX) und wurde zwischen 1977 und 1979 erbaut.
Die Einzigartigkeit der Stadtstruktur in Teilgebiet D und E mit den Achsen,
Plätzen und baulichen Ensembles ist maßgeblich durch die Bauphasen ihrer
Entstehungszeit auf Grundlage der Planungen von Lenné und durch die Bauphasen des wirtschaftlichen Aufschwungs sowie der beginnenden Moderne mit
der Umgestaltung des Kanals in einen Grünzug durch Barth geprägt.
• Stadtgestalt und Ortsbild (Abbildung 4 und Fotos 1-6)
Die Stadtraum prägenden Elemente von Teilgebiet D und E sind der Oranienplatz
im Kontext des Grünzuges und der Freiflächen des ehemaligen Luisenstädtischen
Kanals. Geprägt wird das Gebiet durch ein gleichmäßiges Straßenraster und die
rhombenförmigen Plätze, (Moritz-) und Heinrichplatz, die zusammen mit dem
Oranienplatz die Ost-West-Achse des Gebiets betonen. Von besonderer
stadtgestalterischer Bedeutung sind zudem die erhaltenen Vorgartenbereiche am
Erkelenzdamm (Foto 3) Leuschnerdamm und Legiendamm.
Von besonderer stadtgestalterischer Qualität sind die Denkmalbereiche im
Umfeld der Oranienstraße sowie im nördlichen Bereich der Adalbertstraße mit
überwiegend noch erhaltenen bzw. wiederhergestellten Raumkanten.
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Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
Die Bedeutung der Adalbertstraße liegt in der axialen Verbindung des ehemaligen
Kottbusser Tores (später Kottbusser Platz) mit der Köpenicker Straße, parallel zu
den beiden Hauptachsen „Luisenstädtischer Kanal“ und „Mariannenplatz“. Die
geschlossenen Blockrandbebauung aus der Bauphase vor 1870 wird durch die
Gestaltungsmerkmale des Neoklassizismus mit strukturierten Lochfassaden und
einer Gliederung mit neoklassizistischen Elementen, ohne Überformungen durch
Vorsprünge, Balkone und Erker, geprägt (Foto 4). Allerdings sind von zahlreichen
Gebäude insbesondere im Bereich Heinrichplatz, Oranienplatz und
Adalbertstraße (Foto 1) die plastischen Fassadenelemente nicht erhalten
geblieben.
An zahlreichen Straßenkreuzungen, sowohl im historischen als auch im modernen Bebauungskontext, finden sich risalitförmige, überhöhte Eckgebäude, deren
gestalterische Funktion in Verbindung mit dem historischen Stadtraum eine
besondere Bedeutung erhält. Diese Art der Eckausbildung, die ab den 1960er
Jahren im Sinne einer städtischen Verdichtung in Kreuzberg auftrat, ist im Bereich
Bethanienviertel auf alle Eckgebäude bezogen und stellt die plastische
Erwiderung auf das gleichförmige Straßenraster des Lennéplanes dar.
Der südliche Bereich des Untersuchungsgebietes wird dominiert durch die
Bebauung aus den frühen 1970er Jahren. Mit dem Bau des Neuen Kreuzberger
Zentrums (NKZ) am Kottbusser Tor, das mit der Hochhausanlage den Platz nach
Norden hin neu fasste, wurde die historische Dresdner Straße zur Sackgasse
(Foto 2), der Sichtbezug der Adalbertstraße zum Kottbusser Tor unterbrochen
und das nördlich anschließende Bethanienviertel isoliert. Der großvolumige Baukörper sollte als Puffer zur damals geplanten Autobahntangente wirken. Die Bebauung aus der Phase der späten Moderne ist durch einen nachvollziehbaren Architekturstil geprägt. Die im direkten Umfeld der Siedlungsplanung aus den
1970er Jahren angrenzende Reichenberger Straße ist zudem durch zahlreiche
Wohnbauten der Nachkriegsmoderne geprägt (Foto 5), bietet aber aufgrund der
einheitlichen Traufhöhe und zurückhaltenden Fassadengestaltung ein insgesamt
harmonisch geschlossenes Gesamterscheinungsbild des Straßenraumes.
Der nördliche Bereich des Untersuchungsgebietes ist mit Ausnahme von Teilbereichen der Waldemarstraße durch die Gestaltungsmerkmale des Neoklassizismus mit strukturierten Lochfassaden und einer Gliederung mit neoklassizistischen Elementen, ohne Überformungen durch Vorsprünge, Balkone und
Erker, geprägt. Die Waldemarstraße stellt eine wichtige West-Ost-Achse der
Luisenstadt dar. Sie verbindet den Grünzug des Luisenstädtischen Kanals mit
dem Mariannenplatz und dem Lausitzer Platz. Der östliche Abschnitt der
Waldemarstraße besteht aus Gebäuden verschiedene Bauphasen, wobei sich die
Gestaltung der Nachkriegsbebauung an dem historischen Gestaltungskanon
orientiert: mit gleichen Traufhöhen, Erkern, Balkonen und Betonung der Eckgebäude (Foto 6). Daran angrenzend befindet sich der südliche Teil des
Mariannenplatzes, der in seiner räumlich-baulichen Fassung gut erhalten ist und
im Rahmen der behutsamen Stadterneuerung ab Ende der 1970er Jahre saniert
wurde. Bei einigen wenigen Altbauten sind die neoklassizistischen Stuckfassaden
im Original erhalten, wurden jedoch farblich verfremdet.
Der nördliche Bereich des Untersuchungsraumes entlang des Bethaniendamms
und des westlichen Teils der Waldemarstraße, besteht aufgrund der jahrzehntelangen Randlage im Bereich der ehemaligen Grenzmauer aus großflächigen
unbebauten Bereichen. Diese Bereiche und der östliche Teil der Skalitzer Straße
weisen einen deutlich größeren Durchgrünungsanteil gegenüber der historischen
Blockrandbebauung auf.
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
5
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
•
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
Städtebauliche Kriterien (Abbildung 4)
Die Teilgebiete D und E werden überwiegend als Zone mit besonderer
städtebaulicher Bedeutung klassifiziert. Der die Gebiete im Süden begrenzende
Bereich Kottbusser Tor und der Straßenabschnitt der Skalitzer Straße wird als
Zone mit sonstiger städtebaulicher Bedeutung dargestellt (siehe Teil A –
Gesamtbetrachtung, Anlage 3 - Stadträumliche Zonierung).
Neben den im Teil A des Gutachtens aufgeführten allgemein gültigen Leitlinien
zur Erhaltung der städtebaulichen Qualität (siehe Teil A) werden die aus der
Untersuchung der Teilbereiche abgeleiteten Gestaltungsmerkmale hinsichtlich
ihrer Relevanz für die Stadtgestalt und das Ortsbild in Form eines gebietsspezifischen Anforderungskataloges zusammenfassend dargestellt.
−
Insgesamt prägt den Untersuchungsraum der Teilgebiete D und E trotz
seiner unterschiedlichen Bebauungsstruktur im mittleren Teilbereich eine
sehr homogene, am historischen Stadtgrundriss und einer nahezu
einheitlichen Gebäudehöhe orientierte Stadtgestalt, die zu bewahren ist.
−
Im Bereich der Waldemarstraße, des Bethaniendamms und der Skalitzer
Straße ist in den kommenden Jahren die größten Entwicklungen zu
erwarten. Die städtebaulichen und baulichen Veränderungen sind dabei
maßgeblich dem unmittelbar anschließenden historisch geprägten
Umfeld anzupassen.
−
Auf die stadtgestalterisch prägende und baulich dominante Bebauung
mit überwiegend neoklassizistisch geprägtem Baustil ist in besonderer
Weise Rücksicht zu nehmen.
−
Die im Umfeld des Oranienplatzes, Heinrichplatzes, der Oranienstraße
und Adalbertstraße überwiegend erhaltenen Fassaden von Altbauten,
abgestuckt oder im Originalzustand, sind entsprechend den typischen
Gestaltungselementen der jeweiligen Stilepoche (überwiegend Neoklassizismus und stellenweise Historismus) zu erhalten.
−
Die vorherrschenden neoklassizistischen Stilmerkmale der Fassaden
sind zu bewahren (keine Balkone und Erker, Betonung der Attika).
−
Die Traufhöhen bei Neubebauung sollen die Traufhöhen der umliegenden Bebauung nicht überschreiten. Betonung der Ecksituation
entsprechend dem vorherrschendem Ortsbild.
−
Entsprechend der zurückhaltenden Form und Ausführung von Dachausbauten im Gebiet sind Dacheinschnitte möglichst auf den Straßen abgewandten Gebäudeseiten herzustellen.
−
Die visuelle Inanspruchnahme des Straßenraumes durch großflächige
und oder hell leuchtende Werbeflächen ist zu vermeiden. Dies gilt für die
Denkmalbereiche und insbesondere im Bereich der Skalitzer Straße.
−
Die privaten Vorgartenbereiche am Erkelenzdamm und am Leuschnerdamm sind zu bewahren, ortstypisch einzufrieden und die Gastronomieaußenbereiche sind gärtnerisch einzubinden.
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
6
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
• Kurzanalyse Straßenraum
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
7
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
• Kurzanalyse Straßenraum
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
8
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
Teilgebiet F und Teilgebiet G (Lausitzer Platz und Schlesisches Tor)
• Untersuchungsraum
Abbildung 1 - Lage und Abgrenzung
A
B
C
D
E
F
Bevernstraße
F.01.
Köpenicker Straße
F.02.
Lausitzer Platz
F.03.
Manteuffelstraße
B.05.
Mariannenplatz
I
H.03.
F.04.
H.04.
E.04.
F.05.
H.05.
G.03.
Muskauer Straße
F.06.
A.07.
H.07.
G.04.
Pfuelstraße
G.05.
Pücklerstraße
F.07.
A.10.
Waldemarstraße
Wrangelstraße
G.02.
E.03.
May-Ayim-Ufer
Skalitzer Straße
H
G.01.
Eisenbahnstraße
Oberbaumstraße
G
B.11.
D.15.
E.08.
F.08.
D.16.
E.09.
F.09.
A.13.
Zeughofstraße
G.06.
H.09.
F.10.
G.07.
F.11.
G.08.
H.10.
Tabelle 1 - Erfasste Straßenräume mit Kennziffern der Fotodokumentation
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
1
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
Teilgebiet F und Teilgebiet G (Lausitzer Platz und Schlesisches Tor)
• Baugeschichtliche Einordnung
Abbildung 2 - Gebäudealter 1988
Abbildung 3 - Straubeplan 1910
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
2
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
Teilgebiet F und Teilgebiet G (Lausitzer Platz und Schlesisches Tor)
• Stadtgestalt und Ortsbild
Abbildung 4 - Gestaltungsmerkmale
Foto 1 - Bevernstraße
Foto 2 - Köpenicker Straße
Foto 3 - Manteuffelstraße
Foto 4 - Waldemarstraße
Foto 5 - Wrangelstraße
Foto 6 - Wrangelstraße
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
3
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
Teilgebiet F und Teilgebiet G (Lausitzer Platz und Schlesisches Tor)
• Untersuchungsraum (Abbildung 1 und Tabelle 1)
Im Rahmen der Bestandsaufnahme und der Anfang 2012 erstellten Fotodokumentation wurden das Teilgebiet F (Lausitzer Platz) und das Teilgebiet G (Schlesisches Tor) getrennt erfasst. Aufgrund der räumlichen und funktionalen Verknüpfungen werden die beiden Teilgebiete in der Analyse und Bewertung zusammengefasst dargestellt.
Das Teilgebiet F und G ist Teil der inneren (nördlichen) Luisenstadt und wird begrenzt durch die Köpenicker Straße, Pfuelstraße, das May-Ayim-Ufer, die Oberbaumstraße, Skalitzer Straße, Manteuffelstraße, Muskauer Straße, Mariannenplatz, Wrangelstraße und die Eisenbahnstraße.
Von den insgesamt 15 Straßenräumen oder deren Teilabschnitten des Untersuchungsraumes liegen vier Straßen (Köpenicker Straße, Skalitzer Straße,
Wrangelstraße, Zeughofstraße) sowohl in Teilgebiet F als auch in Teilgebiet G.
Die mögliche Vernetzung der Straßen mit anderen Teilgebieten ist der Tabelle 1
zu entnehmen. Darin sind ebenso die in der Fotodokumentation den Straßenräumen zugeordneten Kennziffern aufgeführt.
• Baugeschichtliche Einordnung (Abbildung 2 und 3)
Die maßgeblichen Bauperioden, insbesondere im Umfeld des Lausitzer Platzes,
umfassen die älteste Bauphase vor 1870 im südlichen Teilbereich der Manteuffelstraße und der angrenzenden Waldemarstraße, im Teilbereich Wrangelstraße Ecke Eisenbahnstraße und Eisenbahnstraße/ Ecke Köpenicker Straße mit
mehreren Gebäuden im neoklassizistischen Baustil sowie zum überwiegenden
Teil die Bauphase bis 1900 mit den prägenden Stilelementen des Historismus.
Die Baulückenschließungen, insbesondere in Teilbereichen der Wrangelstraße
und der Zeughofstraße stammen überwiegend aus der Bauphase der Nachkriegsmoderne zwischen 1946 und 1961. Einige Gebäude des Oberstufenzentrums sowie die Bürobauten in der Zeughofstraße stammen aus den 1970er
und später. In den vergangenen Jahren entstanden gegenüber dem Oberstufenzentrum in der Wrangelstraße und im südlichen Bereich der Zeughofstraße der
Neubau einer Fastfood-Kette und eines Lebensmittels-discounters.
Eine besondere stadträumliche Situation ergibt sich durch die nach 1871 errichtete Kaserne des Garde-Regiments. Der Straßenraum Wrangelstraße (und
auch Zeughofstraße) wird durch den lang gestreckten, festungsähnlichen roten
Ziegelbau mit zwei mächtigen achteckigen Türmen am Eingang geprägt. Die
Fassade ist durch Lisenen und Rundbogenfenster gegliedert.
Die Bebauung der östlichen Köpenicker Straße, der Bereich des Schlesischen
Tors und die Bebauung entlang der Spree sind zum überwiegenden Teil um die
Jahrhundertwende entstanden. Die wesentlichen Stilelemente des Historismus
mit gegliederten Fassaden, Vorsprüngen, Balkonen und Erkern sowie ein hoher
Anteil heute ausgebauter Dachgeschosse prägen den Bereich.
• Stadtgestalt und Ortsbild (Abbildung 4 und Fotos 1-6)
Den Stadtraum prägende Elemente in Teilbereich F und G sind neben dem
Lausitzer Platz und der historischen Markthalle in der Eisenbahnstraße bzw.
Pücklerstraße die historischen Gebäude des heutigen Oberstufenzentrums in der
Wrangelstraße sowie des Postamtes in der Skalitzer Straße. Zudem grenzt der
Untersuchungsraum im östlichen Bereich an den Flusslauf der Spree an.
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
4
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
Das Umfeld des Lausitzer Platzes ist geprägt von überwiegend noch erhaltenen
bzw. wiederhergestellten Raumkanten in der Tradition der geschlossenen Blockrandbebauung aus verschiedenen Bauphasen. Schwerpunkt bildet dabei die
Bauphase um 1900 mit den Gestaltungsmerkmalen des Historismus durch gegliederte Fassaden mit Vorsprüngen, Balkonen, Erkern und dem sogenannten
Berliner Dach hinter betontem Dachgesims.
Die bereits beschriebenen Teilbereiche (südliche Manteuffelstraße und die angrenzende Waldemarstraße (Foto 4) sowie der Teilbereich Wrangelstraße/ Ecke
Eisenbahnstraße und Eisenbahnstraße/ Ecke Köpenicker Straße mit einem
hohen Anteil an Gebäuden aus der Zeit vor 1870 sind durch die wesentlichen
Stilelemente des Neoklassizismus (Schinkelschule) mit strukturierten Lochfassaden und einer Gliederung mit neoklassizistischen Elementen geprägt und
ohne Überformungen durch Vorsprünge, Balkone und Erker weitestgehend
erhalten geblieben.
Die Farbgestaltung der Fassaden entspricht dem historisch verwendeten Gestaltungskanon in Form von hellen, gedeckten Farbtönen. Die Dominanz der blau
gestalteten Fassade (Foto 3) des Gebäudes Manteuffelstraße/ Ecke Skalitzer
Straße entspricht dabei nicht den im Umfeld verwendeten zurückhaltenden
Farbgestaltungen der Fassaden (Foto 5).
Im Gegensatz zur fast vollständig geschlossenen Bauweise im Umfeld des
Lausitzer Platzes ist der Bereich zwischen Zeughof-, Köpenicker und Skalitzer
Straße überwiegend durch eine offene Bauweise geprägt. Die Neubebauung der
Nachkriegsmoderne (Zeughofstraße) sowie die Gebäude aus den 1970er Jahren
im Bereich des Oberstufenzentrums passen sich in ihrer Maßstäblichkeit und der
Höhenentwicklung den im westlichen Bereich anschließenden historischen Baustrukturen gut an. Auch das in den späten 1960er Jahren entstandene Solitärgebäude in der Zeughofstraße kann sich hinsichtlich Höhe und Stellung in die
historisch geprägte Umgebung positiv einordnen. Der Stadtraum im Dreieck,
Skalitzer Straße, Wrangelstraße und Zeughofstraße hat sich zum Bereich mit
überwiegend gewerblichen Nutzungen entwickelt (Foto 6). Die ruhig liegenden
Gebäude mit gewerblichen Nutzungen und ihren Nebenflächen sind kulissenartig
umgeben von solitären, dominanten Klinkerbauten und ordnen sich städtebaulich
der historisch gewachsenen Stadtgestalt unter. Der historische und ruhige
Grundcharakter konnte in diesem Bereich trotz divergierender Entwicklungen bis
heute gewahrt werden.
Im östlichen Bereich des Untersuchungsraumes entlang der Köpenicker Straße
(Foto 2) besteht aufgrund der historischen Durchmischung mit gewerblichen
Nutzungen und größeren vorhandenen Baulücken eine Mischung aus unbebauten Flächen und in Teilen geschlossener Blockrandbebauung. Dieser Bereich
hat zudem mit dem Grünbereich in der Bevernstraße (Foto 1) gegenüber dem
Bereich Lausitzer Platz einen deutlich größeren Durchgrünungsanteil aufzuweisen.
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
5
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
•
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
Städtebauliche Kriterien (Abbildung 4)
Die Teilgebiete F und G werden überwiegend als Zone mit besonderer städtebaulicher Bedeutung klassifiziert. Der die Gebiete im Süden begrenzende
Straßenabschnitt der Skalitzer Straße und der das Teilgebiet G im Nordosten
begrenzende Straßenabschnitt der Köpenicker Straße wird als Zone mit sonstiger
städtebaulicher Bedeutung dargestellt (siehe Teil A – Gesamtbetrachtung, Anlage
3 - Stadträumliche Zonierung).
Neben den im Teil A des Gutachtens aufgeführten allgemein gültigen Leitlinien
zur Erhaltung der städtebaulichen Qualität (siehe Teil A) werden die aus der
Untersuchung der Teilbereiche ermittelten Gestaltungsmerkmale hinsichtlich ihrer
Relevanz für die Stadtgestalt und das Ortsbild in Form eines gebietsspezifischen
Anorderungskataloges zusammenfassend dargestellt.
−
Insgesamt prägt den Untersuchungsraum der Teilgebiete F und G trotz
seiner unterschiedlichen Bebauungsstruktur im mittleren Teilbereich eine
sehr homogene, am historischen Stadtgrundriss und einer nahezu einheitlichen Gebäudehöhe orientierte Stadtgestalt.
−
Im Bereich der Zeughofstraße und Köpenicker Straße ist in den
kommenden Jahren die größten Entwicklungen zu erwarten. Die städtebaulichen und baulichen Veränderungen sind dabei maßgeblich dem
unmittelbar anschließenden historisch geprägten Umfeld anzupassen.
−
Auf die stadtgestalterisch prägende und baulich dominante Bebauung
durch das Oberstufenzentrum und das Postamt ist in besonderer Weise
Rücksicht zu nehmen.
−
Die im Umfeld des Lausitzer Platzes überwiegend erhaltenen Fassaden
von Altbauten, abgestuckt oder im Originalzustand, sind entsprechend
den typischen Gestaltungselementen der jeweiligen Stilepoche (überwiegend Historismus und stellenweise Neoklassizismus) zu erhalten.
−
Die den Straßenraum Manteuffelstraße und in Teilbereichen der
Wrangelstraße vorherrschenden neoklassizistischen Stilmerkmale der
Fassaden sind zu bewahren (keine Balkone und Erker, Betonung der
Attika).
−
Die Gebäudehöhen bei Neubebauung sollten die Traufhöhen der umliegenden Bebauung nicht überschreiten.
−
Entsprechend der zurückhaltenden Form und Ausführung von Dachausbauten im Gebiet sind Dacheinschnitte auf den Straßen abgewandten
Gebäudeseiten herzustellen.
−
Die visuelle Inanspruchnahme des Straßenraumes durch großflächige
und/oder hell leuchtende Werbeflächen ist zu vermeiden. Dies gilt
insbesondere im Bereich der Einzelhandelseinrichtungen im Umfeld des
Oberstufenzentrums.
−
Der gestaltete Grünbereich in der Bevernstraße und die Vernetzung mit
den umliegenden Grünbereichen ist zu bewahren und entwickeln.
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
6
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
• Kurzanalyse Straßenraum
Analyse Teilgebiete
F+G
Sonstiges
Bevernstraße
Eisenbahnstraße
Köpenicker Straße
rudimentär vorhandene Balkone, Erker, stark
Blockrandbebauung strukturierte Fassaden
überwiegend
geschlossene
Blockrandbebauung
überwiegend einfache
Lochfassaden,
teilweise Balkone,
kaum Vorsprünge
stark unterbrochene überwiegend einfache
Blockrandbebauung, Lochfassaden, nur ein
gewerbliche Prägung
Haus mit Balkonen
überwiegend
geringfügig variierende
gewerbliche
mittiger Grünstreifen
Traufhöhen, vereinzelt
Nutzungen und
mit Baumallee
Dachausbauten
teilweise Gastronomie
geringfügig variierende
Traufhöhen, betonte teilweise gewerbliche
keine Straßenbäume
Attika, vereinzelt
Nutzungen, Markthalle
Dachausbauten
stellenweise stark
überwiegend
variierende
gewerbliche
beidseitige Baumreihen
Traufhöhen, keine
Nutzungen mit großen
Dachausbauten
Hofdurchfahrten
beidseitige
geringfügig variierende
kleinteiliges Gewerbe
Baumreihen und
Traufhöhen, stellenund Gastronomie mit
intensive Platzweise Dauausbauten
Aussenbereich
begrünung mit Spielund Aufbauten
und Sportflächen
Wechsel zwischen einvereinzelte
heitlicher Traufhöhe
Gastronomie und
Baumpflanzungen
und geringfügig
kleinteiliges Gewerbe
beidseitig
variierender Traufe
überwiegende
Blockrandbebauung
als dreiseitige Platzfassung mit Kirche
überwiegende
Blockrandbebauung,
drei unbebaute
Eckgrundstücke
überwiegend
strukturierte Fassaden
mit Balkonen und
Erkern
Mariannenplatz
einseitige Blockrandbebauung mit Neuund Altbauten
strukturierte Fassaden
mit Balkonen und
Erkern
stark variierende
Traufhöhen, kaum
Dachausbauten
vereinzelte
Büronutzungen
keine Straßenbäume
May-Ayim-Ufer
bis auf zwei Gebäude
ohne Bebauung
strukturierte Fassaden
mit Balkonen und
Erkern
eine Traufhöhe,
Dachausbauten
Gastronomie am
Uferkai
starke Durchgrünung
der Freiflächen
Lausitzer Platz
Manteuffelstraße
Muskauer Straße
Oberbaumstraße
Pfuelstraße
Pücklerstraße
Skalitzer Straße
Waldemarstraße
Wrangelstraße
Zeughofstraße
überwiegend einfache
Lochfassaden, keine
Balkone und Erker
überwiegend
strukturierte Fassaden
mit Balkonen und
Erkern
überwiegend
rudimentär vorhandene strukturierte Fassaden
Blockrandbebauung
mit Balkonen und
Erkern
überwiegend
überwiegend
strukturierte Fassaden
geschlossene
mit Balkonen und
Blockrandbebauung
Erkern
überwiegend
überwiegend
strukturierte Fassaden
geschlossene
mit Balkonen und
Blockrandbebauung
Erkern
überwiegend
überwiegend
strukturierte Fassaden
geschlossene
mit Balkonen und
Blockrandbebauung
Erkern
überwiegend einfache
geschlossene
Lochfassaden, nur
Blockrandbebauung
zwei Neubauten mit
mit einer Lücke
Balkonen
geringfügig variierende
vereinzelt gewerbliche
Traufhöhen, stellenNutzung, sonst
weise Dauausbauten
Wohnnnutzung
und Aufbauten
geringfügig variierende
Gewerbe und
Traufhöhen, stellenGastronomie mit
weise Dauausbauten
Aussenbereichen
und Aufbauten
geringfügig variierende
Traufhöhen, stellenvereinzelte
weise Dauausbauten
Büronutzungen
und Aufbauten
geringfügig variierende
gewerbliche
Traufhöhen, betonte
Nutzungen und
Attika, vereinzelt
Gastronomie,
Dachausbauten
Markthalle
geringfügig variierende
Gewerbe und
Traufhöhen,
Gastronomie mit
stellenweise
Aussenbereichen
Dachausbauten
geringfügig variierende
Traufhöhen, stellen- stellenweise Gewerbeweise Dauausbauten
und Büronutzung
und Aufbauten
stellenweise stark
geschlossene
überwiegend einfache
variierende Traufstellenweise GewerbeBlockrandbebauung Lochfassaden, nur ein
höhen, vereinzelt
und Büronutzung
mit zwei Lücken
Neubau mit Balkonen
Dachausbauten
Altbauten mit strukturBüronutzung, Lebensgeschlossene
stellenweise stark
ierten Fassaden, Balkomittelhandel und
Blockrandbebauung
variierende Traufnen, Erkern, NeubauSchulstandort, vereinwestlich und
höhen, vereinzelt
ten mit horizontalen
zelt großformatige
Solitärgebäude östlich
Dachausbauten
Fensterbändern
Werbeflächen
überwiegend
geschlossene
Blockrandbebauung
vereinzelte
Baumpflanzungen
beidseitig
vereinzelte
Baumpflanzungen
beidseitig
vereinzelte
Baumpflanzungen
einseitig
vereinzelte
Baumpflanzungen
beidseitig
Baumreihen
vereinzelte
Baumpflanzungen
beidseitig
keine
Baumpflanzungen
vereinzelte
Baumpflanzungen
beidseitig
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
7
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
Teilgebiet H - Bethaniendamm
• Untersuchungsraum
Abbildung 1 – Lage und Abgrenzung
A
B
Adalbertstraße
Bethaniendamm
Köpenicker Straße
Manteuffelstraße
B.05.
Mariannenplatz
Mariannenstraße
B.06.
Muskauer Straße
Naunynstraße
Waldemarstraße
Wrangelstraße
A.13.
C
D
E
F
G
D.01. E.01.
D.02.
F.02. G.02.
E.03. F.04.
E.04. F.05.
E.05.
F.06.
D.09. E.06.
D.16. E.09. F.09.
F.10. G.07.
H
I
H.01.
H.02.
H.03.
H.04.
H.05.
H.06.
H.07.
H.08.
H.09.
H.10.
Tabelle 1 - Erfasste Straßenräume mit Kennziffern der Fotodokumentation
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
1
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
Teilgebiet H - Bethaniendamm
• Baugeschichtliche Einordnung
Abbildung 2 - Gebäudealter 1988
Abbildung 3 - Straubeplan 1910
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
2
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
Teilgebiet H - Bethaniendamm
• Stadtgestalt und Ortsbild
Abbildung 4 - Gestaltungsmerkmale
Foto 1 - Mariannenplatz
Foto 2 - Mariannenplatz
Foto 4 - Naunynstraße
Foto 5 - Waldemarstraße
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
Foto 3 – Muskauer Straße
Foto 6 - Wrangelstraße
3
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
Teilgebiet H - Bethaniendamm
• Untersuchungsraum (Abbildung 1 und Tabelle 1)
Der Untersuchungsraum von Teilgebiet H entspricht dem Geltungsbereich der
Erhaltungsverordnung Luisenstadt/Bethaniendamm. Die Bestandsaufnahme und
Fotodokumentation wurde im Frühjahr 2012 erstellt.
Das Teilgebiet H ist Teil der inneren (nördlichen) Luisenstadt und wird begrenzt
durch die Köpenicker Straße, Manteuffelstraße, Wrangelstraße, Mariannenplatz,
Muskauer Straße, Naunynstraße, Waldemarstraße und Adalbertstraße.
Von den insgesamt zehn Straßenräumen oder deren Teilabschnitten im Betrachtungsraum liegen sieben Straßenabschnitte innerhalb der Gebietsabgrenzungen
zu den benachbarten Teilgebieten D, E und F. Die mögliche Vernetzung der
Straßen mit anderen Teilgebieten ist der Tabelle 1 zu entnehmen. Darin sind
zudem die in der Fotodokumentation den Straßenräumen zugeordneten Kennziffern aufgeführt.
• Baugeschichtliche Einordnung (Abbildung 2 und 3)
Das Gebiet wird durch zwei maßgebliche Bauperioden geprägt.
Die älteste Bauphase findet man im Umfeld des Bethaniengeländes und am
Mariannenplatz mit mehreren Gebäuden im neoklassizistischen Baustil. Die
Bebauung in der Muskauer Straße und im südlichen Bereich der Köpenicker
Straße entstand um die Jahrhundertwende mit den prägenden Stilelementen des
Historismus mit gegliederten Fassaden, mit Vorsprüngen, Balkonen und Erkern.
In den 1960er Jahren begannen die ersten Sanierungsmaßnahmen in der
Luisenstadt, die eine Flächensanierung vorsahen und weniger den Erhalt der
historischen Stadtgestalt zum Ziel hatten. Ab den 1970er Jahren war vorrangiges
Ziel der Stadtpolitik die Stadtreparatur durch Modernisierung und die Integration
von Neubauten in die gegebene Altbaustruktur.
Vereinzelt wurden Gebäude als Baulückenschließung oder Eckbebauung in den
1950er Jahren errichtet. Die nördlichen Bereiche der Naunynstraße und
Wrangelstraße sowie die Bereiche der Manteuffelstraße und Waldemarstraße
sind zum überwiegenden Teil in den 1970er Jahren bebaut worden.
• Stadtgestalt und Ortsbild (Abbildung 4 und Fotos 1-6)
Den Stadtraum prägende Elemente in Teilbereich H sind das Ensemble des
ehemaligen Bethanienkrankenhauses und die Grünanlage des Mariannenplatzes.
Lineares Gliederungselement ist die Achse des Mariannenplatzes mit
Thomaskirche und Mariannenstraße.
Die zum Teil noch erhaltenen bzw. wiederhergestellten Raumkanten in der
Tradition der Blockrandbebauung aus verschiedenen Bauphasen, insbesondere
um den Mariannenplatz mit annähernd gleichen Traufhöhen im Verhältnis zum
Straßenraum bewirken eine starke räumliche Geschlossenheit.
Der Mariannenplatz verbindet das ehemalige Bethanien-Krankenhausgelände mit
der östlich angrenzenden Blockbebauung und dem Grünzug Luisenstädtischer
Kanal bis zur Schillingbrücke und zum Spreeufer.
Solitärbauwerke wie Thomaskirche, der Gebäudekomplex des ehemaligen
Bethanien-Krankenhauses stellen wichtige Blickpunkte dar.
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
4
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
Das Umfeld des Mariannenplatzes ist geprägt von überwiegend noch erhaltenen
bzw. wiederhergestellten Raumkanten in der Tradition der geschlossenen Blockrandbebauung aus verschiedenen Bauphasen mit hohem Anteil an Gebäuden
aus der Zeit von 1950 bis 1980 (Foto 1). Die im Süden den Mariannenplatz
begrenzenden Gebäude wurden vor 1870 errichtet mit den Gestaltungsmerkmalen des Neoklassizismus durch gegliederte Fassaden mit neoklassizistischen
Schmuckelementen und Dachausbildung mit betonter Attika (Foto 2).
Der Bereich im südlichen Teil des Betrachtungsraumes wird durch eine fast
vollständig geschlossene Bauweise mit einem überwiegenden Anteil von
Gebäuden aus den späten 1970 Jahren geprägt. Die Neubebauungen umfassen
stellenweise komplette Straßenzüge in Bereichen der Naunynstraße (Foto 4),
Waldemarstraße und Manteuffelstraße. Die Fassaden werden durch zahlreiche
Vorsprünge in Form von Erkern und Balkonen geprägt (Foto 5). Auffallend ist
zudem die Betonung der Eckgebäude durch Erker und Überhöhung der
Bebauung. Innerhalb des durch Neubebauung geprägten ehemaligen Sanierungsgebiets befindet sich in der Muskauer Straße ein repräsentatives Gebäudeensemble aus der Gründerzeit mit den prägenden Stilelementen des Historismus mit gegliederten Fassaden, mit Vorsprüngen, Balkonen und Erkern (Foto 3).
Im Gegensatz zur vollständig geschlossenen Bauweise im südlichen Teil ist der
Bereich zwischen Köpenicker Straße, Manteuffelstraße und Wrangelstraße
sowohl durch offene als auch geschlossene Bauweise geprägt. Entgegen der
Orientierung an der geschlossenen Blockrandbebauung wurden die Gebäude im
Bereich der Manteuffelstraße/ Ecke Wrangelstraße (Foto 6) von der historischen
Bauflucht zurückgesetzt und nach Süden hin gestaffelt ausgerichtet. Dies
entsprach der im östlich angrenzenden Gebiet (der Bereich liegt außerhalb des
Untersuchungsraumes) umfassend vollzogenen Siedlungsplanung aus den
1950er Jahren, bei der die Gebäude unabhängig von der gegebenen Straßenführung, ausschließlich nach Westen oder Süden ausgerichtet waren.
Entlang der Köpenicker Straße besteht aufgrund der historischen Durchmischung
mit gewerblichen Nutzungen und größeren vorhandenen Baulücken eine
Mischung aus unbebauten Flächen und in Teilen geschlossener Blockrandbebauung. Die im Bereich Köpenicker Straße/ Ecke Bethaniendamm entstandenen gewerblichen Nutzungen (KFZ-Reparatur) stellt durch die eingeschossige und
zurückgesetzte Bauweise eine städtebaulich unbefriedigende Ecklösung dar.
Zudem entsprechen die mit den Nutzungen verbunden Nebenflächen wie
Zufahrten, Anlieferung, Parkplätze und Werbemittel in gestalterischer Hinsicht
nicht dem im direkten Umfeld insgesamt harmonische geschlossene Gesamterscheinungsbild der angrenzenden Bebauung.
Die Farbgestaltung der Fassaden entspricht im überwiegenden Teil des Betrachtungsraumes dem in der Gründerzeit verwendeten Gestaltungskanon in
Form von hellen, gedeckten Farbtönen. Die Dominanz der in kräftigen rotbraunen
Farbtönen gestalteten Fassaden von einzelnen Gebäuden aus den 1970er
Jahren in Teilbereichen des Mariannenplatzes und der Mariannenstraße/ Ecke
Naunynstraße (Foto 4) entspricht dabei nicht den im Umfeld verwendeten
zurückhaltenden Farbgestaltungen der Fassaden. Grundlage dafür war ein in den
1980er Jahren entwickeltes Farbkonzept.
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
5
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
•
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
Städtebauliche Kriterien (Abbildung 4)
Das Teilgebiet H wird überwiegend als Zone mit besonderer städtebaulicher
Bedeutung klassifiziert. Der im Norden das Gebiet begrenzende Straßenabschnitt
der Köpenicker Straße wird als Zone mit sonstiger städtebaulicher Bedeutung
dargestellt (siehe Teil A – Gesamtbetrachtung, Anlage 3 – Stadträumliche
Zonierung).
In Teil A des Gutachtens wurden allgemein gültigen Leitlinien zur Erhaltung der
städtebaulichen Qualität aufgeführt. In Teil B des Gutachtens werden die aus der
Untersuchung der Teilgebiete abgeleiteten Gestaltungsmerkmale hinsichtlich ihrer
Relevanz für die Stadtgestalt und das Ortsbild in Form eines gebietsspezifischen
Kriterienkataloges zusammenfassend dargestellt.
−
Trotz der unterschiedlichen Bauperioden und Bebauungsstruktur prägt
den östlichen Teilbereich eine am historischen Stadtgrundriss und einer
überwiegend einheitlichen Gebäudehöhe orientierte Stadtgestalt, die zu
bewahren ist.
−
Städtebauliche und bauliche Veränderungen insbesondere in der
Manteuffelstraße und Köpenicker Straße sind maßgeblich dem unmittelbar anschließenden historisch geprägten Umfeld anzupassen und
danach auszurichten.
−
Auf die stadtgestalterisch prägende und baulich dominante Bebauung
durch das “Bethanien-Ensemble” und dessen Umfeld ist in besonderer
Weise Rücksicht zu nehmen.
−
Die in der Muskauer Straße überwiegend erhaltenen Fassaden von
Altbauten, abgestuckt oder im Originalzustand, sind entsprechend der
typischen Gestaltungselemente der jeweiligen Stilepoche (überwiegend
Historismus und stellenweise Neoklassizismus) zu erhalten.
−
Die den Mariannenplatz im Süden begrenzende Bebauung mit den
vorherrschenden klassizistischen Stilmerkmale der Fassaden sind zu
bewahren (keine Balkone und Erker, Betonung der Attika).
−
Die Gebäudehöhen bei Neubebauung sollen die Traufhöhen der umliegenden Bebauung nicht überschreiten und die Ecksituation soll betont
werden.
−
Die visuelle Inanspruchnahme des Straßenraumes durch großflächige
und/oder hell leuchtende Werbeflächen ist zu vermeiden. Dies gilt insbesondere im Bereich der Gewerbebetriebe in der Köpenicker Straße.
−
Die privaten Freiflächen der Gewerbeeinrichtungen sind bei Neubau
straßenseitig ortstypisch einzufrieden und zu gestalten.
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Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
• Kurzanalyse Straßenraum
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
7
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
Teilgebiet I – Segitzdamm
• Untersuchungsraum
Abbildung 1 – Lage und Abgrenzung
A
B
C
D
E
Böcklerstraße
Gitschiner Straße
Prinzessinenstraße
Ritterstraße
Segitzdamm
D.12.
F
G
H
I
I.01.
I.02.
I.03.
I.04.
I.05.
Tabelle 1 - Erfasste Straßenräume mit Kennziffern der Fotodokumentation
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
1
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
Teilgebiet I – Segitzdamm
• Baugeschichtliche Einordnung
Abbildung 2 - Gebäudealter 1988
Abbildung 3 - Straubeplan 1910
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
2
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
Teilgebiet I – Segitzdamm
• Stadtgestalt und Ortsbild
Abbildung 4 - Gestaltungsmerkmale
Foto 1 - Böcklerstraße
Foto 2 - Ritterstraße
Foto 3 - Segitzdamm
Foto 4 - Segitzdamm
Foto 5 - Segitzdamm
Foto 6 - Wassertorstraße
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
3
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
Teilgebiet I – Segitzdamm
• Untersuchungsraum (Abbildung 1 und Tabelle 1)
Der Untersuchungsraum von Teilgebiet I entspricht dem Geltungsbereich der
Erhaltungsverordnung Luisenstadt/Segitzdamm. Die Bestandsaufnahme und
Fotodokumentation wurde im Frühjahr 2012 erstellt.
Das Teilgebiet I ist Teil der Luisenstadt und wird begrenzt durch die Prinzessinnenstraße im Norden, die Grünanlage des Wassertorplatzes im Osten, den
Landwehrkanal im Süden und im Westen durch die Siedlungsgebiete der
Wohnanlage Wassertorstraße und Sanierungsgebiet Kreuzberg Süd (SKS).
Von den insgesamt fünf Straßenräumen oder deren Teilabschnitten im Betrachtungsraum grenzt die Prinzessinnenstraße an den Teilbereich D. Die mögliche
Vernetzung der Straßen mit anderen Teilgebieten ist der Tabelle 1 zu entnehmen.
Darin sind zudem die in der Fotodokumentation den Straßenräumen
zugeordneten Kennziffern aufgeführt.
• Baugeschichtliche Einordnung (Abbildung 2 und 3)
Das Gebiet wird maßgebliche durch die Bauperioden zwischen 1950 und 1980
geprägt sowie durch die Grünfläche des ehemaligen Luisenstädtischen Kanals,
der 1926 verfüllt und die von Erwin Barth gestaltet wurde.
Die vereinzelt noch erhaltenen Gebäude aus der ältesten Bauphase vor 1870
bzw. um 1900 befinden sich entlang der Gitschiner Straße, der Wassertorstraße
(Musikschule) sowie in der Ritterstraße. Der überwiegende Teil der Gebäude am
Segitzdamm entstammt aus der Nachkriegszeit in den 1950er bis 1970er Jahren
im Stil der Nachkriegsmoderne. Vereinzelt finden sich zum Teil entdekorierte
Gebäude aus der Jahrhundertwende, die neben den im Vergleich zu den Neubauten größeren Geschosshöhen durch strukturierte Fassaden mit Balkonen und
Erkern geprägt sind.
In den 1960er Jahren begannen die ersten Sanierungsmaßnahmen in der
Luisenstadt, die eine Flächensanierung vorsahen und weniger den Erhalt der
historischen Stadtgestalt zum Ziel hatten. Ab den 1970er Jahren war vorrangiges
Ziel der Stadtpolitik die Stadtreparatur durch Modernisierung und die Integration
von Neubauten in die gegebene Altbaustruktur. Die an den Teilbereich I (nördlich
der Hochbahntrasse) im Westen angrenzende Wohnanlage Wassertorstraße
stammt aus den Jahren 1968-70. Das an den Teilbereich I (südlich der Hochbahntrasse) im Westen angrenzende Sanierungsgebiet Kreuzberg Süd (SKS II)
stammt aus den Jahren 1976-1978.
• Stadtgestalt und Ortsbild (Abbildung 4 und Fotos 1-6)
Den Stadtraum prägende Elemente in Teilbereich I sind die Grünflächen des
ehemaligen Luisenstädtischen Kanals.
Lineare Gliederungselemente sind die Nord-Südachse des Luisenstädtischen
Kanals, das rechteckige Straßenraster gemäß den historischen Flurstücksgrenzen, der Grünzug, die begleitenden Promenaden mit Baumreihen, die Vorgärten entlang der Nord-Südachse des Kanals.
Profil und räumliche Geschlossenheit: ergeben sich durch die noch erhaltenen
bzw. wiederhergestellten Raumkanten in der Tradition der Blockrandbebauung
aus verschiedenen Bauphasen, insbesondere entlang des Luisenstädtischen
Kanals mit annähernd gleiche Traufhöhen im Verhältnis zum Straßenraum.
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
4
Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
Der Beginn des Grünzugs am Landwehrkanal und der Wassertorplatz stellen
wichtige Orte als Verbindung zwischen innerer und äußerer Luisenstadt dar. Der
Abschnitt des Luisenstädtischen Kanals zwischen Oranienplatz und Landwehrkanal ist in seiner stadtgestalterischen Konzeption - entsprechend den anderen
Kanalabschnitten der Nord-Südachse - komplett erhalten: Straßenraumprofil,
geschlossen bebaute Raumkanten, Vorgärten, Straßenpflaster und mittiger
Grünzug mit begleitenden Baumreihen.
Die maßgebliche Bebauung von Teilgebiet I befindet sich im westlichen Teil des
Betrachtungsraumes entlang des Segitzdamms. Auf der zu untersuchenden
Westseite nördlich der Hochbahnstrasse sind nur zwei historische Gebäude aus
der Vorkriegszeit erhalten und saniert, eins davon mit neoklassizistischer
Originalfassade (Segitzdamm 12). Die Raumkante wird durch Bauten der Nachkriegsmoderne der 1950er bis 1970er Jahre gebildet (Foto 3), die sich in
Parzellenstruktur und Gebäudeproportionen an der historischen Bebauung
orientiert. Im Einmündungsbereich der Ritterstraße sind die Altbauten des späten
19. Jahrhunderts noch erhalten. Stadtbild prägend ist das neobarocke Wohnhaus
in der Ritterstraße 4-5, das aufwendig unter Berücksichtigung der Originalfassade
saniert wurde (Foto 2). Die Südseite der Ritterstraße ist wie der größte Teil des
Segitzdamms nach erheblichen Kriegszerstörungen wiederaufgebaut. Die
historische Bauflucht wurde nur im Einmündungsbereich eingehalten.
Entgegen der Orientierung an der geschlossenen Blockrandbebauung wurden im
Sanierungsgebiet Wassertorstraße die Gebäude von der historischen Bauflucht
zurückgesetzt und im Bereich der Wassertorstraße zudem über die historischen
Straßenräume gebaut (Foto 6). Mit der Straßenüberbauung finden sich in dem
kurzen Straßenabschnitt insgesamt vier verschiedene Bauperioden wieder. Die
ehemalige Gemeindeschule in der Wassertorstraße – heute genutzt als Musikschule – ist Zeuge aus der frühen Bautätigkeit der Luisenstadt.
Der Wassertorplatz stellt stadträumlich einen zentralen Knotenpunkt im
Kreuzungsbereich der Nord-Südachse des ehemaligen Luisenstädtischen Kanals
mit der ehemaligen Zollmauer und dem Wassertor dar. Seit 1902 verläuft auf
dieser diagonal zum Straßenraster verlaufenden Trasse die Hochbahn entlang
der Gitschiner Straße. Die beiden Platzhälften, von denen die nördliche größere
als Hafenbecken ausgebildet war und die südliche als Schmuckplatz mit Kanalbrücke, stellten ursprünglich eine räumliche Einheit dar und verdeutlichten das
zusammenhängende Stadtgefüge der inneren mit der äußeren Luisenstadt bis hin
zum Landwehrkanal.
Die halbkreisförmige Bebauung auf der Südwestseite des Platzes, die an die
beiden historischen Einzelgebäude an der Gitschiner Straße anschloss, ist nicht
erhalten. Im Stil der 1950er Jahre wurde die Ecke geöffnet und mit einem
Hochhaus betont. Die direkt anschließenden beiden ehemaligen Beamtenwohnhäuser der ehemaligen Gasanstalt in der Gitschiner Straße 48 und 49
markieren den Einmündungsbereich zum Wassertorplatz. Auf der Westseite ist
die Raumkante mit einer Neubebauung der 1950er bis 1970er Jahre einschließlich der Vorgärten wiederhergestellt (Foto 5). Es findet sich zudem ein
Gebäudeensemble aus der Gründerzeit mit zwar entdekorierten Fassaden aber
den prägenden Stilelementen des Historismus mit Vorsprüngen, Balkonen und
Erkern (Foto 4). Im Gegensatz zur vollständig geschlossenen Bauweise entlang
des Segitzdamms ist der Bereich Böcklerstraße durch fehlende Bebauung auf der
Ostseite (Foto 1) und auf der Westseite durch die von der Straßenflucht
zurückgesetzten Wohnungsneubauten (SKS II) aus den späten 1970er Jahren
geprägt.
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
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Gutachten zu städtebaulichen Kriterien in den Erhaltungsgebieten Luisenstadt/Bethaniendamm/Segitzdamm
•
Teil B – Bewertung nach Teilgebieten
Städtebauliche Kriterien (Abbildung 4)
Das Teilgebiet I wird überwiegend als Zone mit besonderer städtebaulicher
Bedeutung klassifiziert. Der im Westen das Gebiet begrenzende Straßenabschnitt
der Böcklerstraße wird als Zone mit sonstiger städtebaulicher Bedeutung dargestellt (siehe Teil A – Gesamtbetrachtung, Anlage 3 - Stadträumliche Zonierung).
Neben den im Teil A des Gutachtens aufgeführten allgemein gültigen Leitlinien
zur Erhaltung der städtebaulichen Qualität (siehe Teil A) werden die aus der
Untersuchung der Teilbereiche abgeleiteten Gestaltungsmerkmale hinsichtlich
ihrer Relevanz für die Stadtgestalt und das Ortsbild in Form eines gebietsspezifischen Anforderungskataloges zusammenfassend dargestellt.
−
Bei Neubebauung im Bereich des unbebauten Eckgrundstücks zwischen
Gitschiner Straße und Wassertorstraße ist die historische Raumkante
des Wassertorplatzes wiederherzustellen.
−
Die privaten Vorgartenbereiche am Segitzdamm sind zu bewahren,
ortstypisch einzufrieden und gärtnerisch einzubinden.
• Kurzanalyse Straßenraum
TOPOS im Auftrag des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, Fachbereich Stadtplanung
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