Daten
Kommune
Kamen
Dateiname
Schnellbrief NRW 126-2010.pdf
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38 kB
Erstellt
07.12.15, 12:51
Aktualisiert
27.01.18, 10:54
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Schnellbrief 126/2010
An die
Mitgliedsstädte und -gemeinden
Aktenzeichen: II/2 qu-ko
Ansprechpartner/in: Dr. Queitsch
Durchwahl 0211•4587-237
21.10.2010
Änderung des Kreislaufwirtschaft- und Abfallgesetzes / Wertstofftonne
Sehr geehrte Damen und Herren Bürgermeisterinnen und Bürgermeister,
das Bundesumweltministerium hat mit Datum vom 06.08.2010 den Referentenentwurf zur
Änderung des bestehenden Kreislaufwirtschaft- und Abfallgesetzes herausgegeben. Die
Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände hat mit Datum vom 17.9.2010 eine
Stellungnahme abgegeben (Anlage 1). An der Erarbeitung dieser Stellungnahme hat
auch der StGB NRW mitgewirkt. In der Stellungnahme vom 17.9.2010 wird insbesondere
darauf
hingewiesen,
dass
durch
den
vorgelegten
Gesetzentwurf
des
Bundesumweltministeriums die kommunale Abfallentsorgung massiv gefährdet wird.
Vor allem die geplante Neuregelung zur Zulässigkeit von gewerblichen
Abfallsammlungen wurde kritisiert, weil das rechtssystematisch klare und praktisch gut
anwendbare Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.06.2009 (Az.: 7 C 16.08 –
NVwZ 2009, S. 1292ff.) zur Zulässigkeit von gewerblichen Sammlungen durch die
beabsichtigte Neuregelung ausgehebelt werden soll.
Wenn private Abfallentsorgungsunternehmen verwertbare Abfälle wie z. B. Altpapier aus
den privaten Haushalten demnächst über gewerbliche Sammlungen neben der
kommunalen Erfassungsstruktur erfassen, um die Erlöse für sich zu behalten, fehlen den
Städten, Gemeinden und Kreisen diese Erlöse, um die Abfallgebühren stabil zu halten.
Denn mit den Erlösen decken die Kommunen einen Teil der Abfallentsorgungskosten ab.
Die Zeche dafür zahlen dann zukünftig die Gebührenzahler über höhere Abfallgebühren.
Hierdurch wird auch die nachhaltige, umweltorientierte und zuverlässige Verwertung von
Abfällen gefährdet, die von den Kommunen – unabhängig vom jeweiligen
Verwertungspreis – seit Jahrzehnten flächendeckend sicher gestellt wird.
Nicht zu unterschätzen sind auch die möglichen Folgen für die Wohnqualität in
Wohngebieten und die Verkehrssicherheit. Abfalltransporte in Wohngebieten und auf
Straßen werden von den einsammlungspflichtigen Städten und Gemeinden seit jeher auf
das absolut notwendige Maß reduziert. Hier stehen der Schutz der Anwohner und die
Verkehrssicherheit eindeutig im Vordergrund. Wohnstraßen sind keine Wettkampfarenen,
in denen ausgetragen wird, wer verwertbare Abfälle am schnellsten zu seinem Vorteil
einsammeln kann. Dabei ist auch zu beachten, dass private Abfallsammler regelmäßig
nur in günstig zu entsorgenden Gebieten nicht gefährliche Abfälle zur Verwertung wie z.B.
-2-
-2Altpapier sammeln werden, während die Städte und Gemeinden eine flächendeckende
Sammlung unter anderem auch im bauplanungsrechtlichen Außenbereich gewährleisten
müssen.
Die Folgen eines solchen ruinösen Wettbewerbs müssen nicht nur die Gebührenzahler
tragen, sondern auch die privaten Entsorgungsunternehmen selbst, die im Auftrag der
Kommune sammeln, weil für keinen mehr klar absehbar sein wird, welche Mengen an
verwertbaren Abfällen eingesammelt werden können.
Vor diesem Hintergrund hat die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände
deutlich
gemacht,
dass
an
das
rechtssystematisch
klare
Urteil
des
Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.06.2009 (Az.: 7 C 16.08 – NVwZ 2009, S. 1292ff.)
anzuknüpfen ist.
Auch europarechtlich ist die bestehende gesetzliche Regelung im Kreislaufwirtschaft- und
Abfallgesetz (§13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG) vom Bundesverwaltungsgericht
zutreffend als europarechtskonform angesehen worden.
Gerade der Vertrag von Lissabon (in Kraft getreten am 01.12.2009) bestätigt in aller
Deutlichkeit die vom Bundesverwaltungsgericht ergangene Rechtsprechung und damit
das Selbstverwaltungsrecht der Städte, Kreise und Gemeinden als Kernbestand unserer
demokratischen Grundordnung. Dieses hat auch die Bundesregierung im Magazin zur
Europapolitik (Nr. 66, 07/2010) betont. Die kommunalen Spitzenverbände erwarten
deshalb, dass auch das Bundesumweltministerium zur Kenntnis nimmt, dass der
Lissabon-Vertrag die kommunalen Selbstverwaltungsrechte schützt und stärkt. Dieses
muss sich auch in der Sicherung der kommunalen Aufgabe der Abfallwirtschaft als
Daseinsvorsorgeleistung, die von den Städten, Kreisen und Gemeinden erbracht wird,
niederschlagen. Der vorgelegte Referentenentwurf trägt dem nicht Rechnung, obwohl der
Lissabon-Vertrag eine innerstaatliche Organisationsentscheidung insbesondere bei den
sog. „Aufgaben von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse“ wie der Abfallentsorgung
ermöglicht (so ausdrücklich auch: Prof. Dr. Ludwig Krämer in Abfallrecht, Heft 1, 2010,
Seite 40 ff.).
Schließlich wird die Warenverkehrsfreiheit durch eine geordnete kommunale Erfassung in
den Städten und Gemeinden nicht beeinträchtigt, weil nach der geordneten Erfassung der
verwertbaren Abfälle durch die Stadt/Gemeinde auf dem Verwertungsmarkt ein Verwerter
gesucht wird. Es ist nicht nachvollziehbar und liegt jedenfalls nicht im Interesse einer
geordneten Abfallerfassung, dass europarechtlich ein „Häuserkampf“ um verwertbare
Abfälle mit allen negativen Folgewirkungen (u. a. Gefährdung von Passanten, Gefährdung
der Verkehrssicherheit) gewollt sein kann.
Vor diesem Hintergrund hat die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände die
beigefügte Resolution (Anlage 2 ) entworfen. Wir empfehlen diese Resolution im Stadtbzw. Gemeinderat zu verabschieden und sie dann dem Bundesumweltminister, dem
Landesumweltminister sowie den örtlichen Bundestags-Abgeordneten gewissermaßen als
„Protestnote“ zu übersenden. Es wird als sinnvoll angesehen, in dieser Art und Weise
deutlich zu machen, dass der Gesetzentwurf des Bundesumweltministeriums vom
6.8.2010 dem Geist des Lissabon-Vertrages auf europäischer Ebene nicht gerecht wird
und die kommunale Abfallentsorgung durch den Entwurf massiv gefährdet wird.
Mit freundlichen Grüßen
In Vertretung
Dr. Stephan Keller