Daten
Kommune
Kamen
Dateiname
Analyse der Raum- und Siedlungsstruktur.pdf
Größe
6,2 MB
Erstellt
07.12.15, 12:53
Aktualisiert
27.01.18, 10:57
Stichworte
Inhalt der Datei
Beiträge
zur Regionalentwicklung
Analyse der
Raum- und Siedlungsstruktur
Entwurf
Städtesystem
Ökonomie
Naturpotenziale &
Freiraumschutz
Flächennutzung
Verflechtungen
Demographie
Flächenwandel
Regional
Governance
Beiträge
zur Regionalentwicklung
Raumanalyse
Impressum
Herausgeber
Regionalverband Ruhr
Bereich Planung
Referat Regionalentw icklung
Kronprinzenstraße 35
45128 Essen
Projektleitung
Dr. habil. Thomas Rommelspacher
Maria T. Wagener
Inhaltliche Bearbeitung
Dr. Claas Beckord, Nicole Iw er, Frank Joneit, Sibylle Kelp-Siekmann,
Tana Petzinger, Sven Sander, Dorothee im Spring-Ojih
Grafische Bearbeitung
Ulrich Enger, Claudia Michaely-Walkling, Mona Schoel, Isabell Troisdorf
Moderation der prozessbegleitenden Arbeitsgruppe
Dr. Gerd Mahler
Entw urf
März 2011
Beiträge
zur Regionalentwicklung
Raumanalyse
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
1
Einleitung
1.1
Ziele und Inhalte des Masterplans Raum- und Siedlungsstruktur
1
- Raumanalyse
1
1.2
Erarbeitungsprozess
2
1.3
Untersuchungsraum und Bezeichnung
3
1.4
Datengrundlagen
4
1.4.1
Grundanforderungen und Quellen
4
1.4.2
Ableitung von Raumstrukturtypen für intraregionale Vergleiche
5
2
Bevölkerungsentwicklung und -vorausberechnung
9
2.1
Entw icklung der Bevölkerung zw ischen 1995 und 2008
9
2.1.1
Bevölkerungsstand und -entw icklung
9
2.1.2
Natürliche Bevölkerungsbew egungen und Wanderungen
11
2.1.3
Alterungsprozesse
17
2.1.4
Heterogenisierung der Bevölkerung
19
2.2
Vorausberechnung der demografischen Entw icklung bis 2030
25
2.2.1
Entw icklung der Bevölkerungszahlen bis 2030
25
2.2.2
Veränderung der altersstrukturellen Zusammensetzung
27
2.2.3
Zusammenw irken von Alterungsdynamik und Einw ohnerentw icklung
29
2.2.4
Entw icklung der Haushalte bis 2030
30
2.3
Zusammenfassung
32
Beiträge
zur Regionalentwicklung
Raumanalyse
3
Wirtschaftliche Entwicklung
3.1
Sektorale Struktur und Entw icklung der Wirtschaft
3.2
Struktur und Entw icklung der Beschäftigung und des
Arbeitskräfteangebots
35
35
39
3.2.1 Entw icklung der Erw erbstätigen und sozialversicherungspflichtig
Beschäftigten
39
3.2.2 Arbeitskräfteangebot - Bestand und Prognose
43
3.2.3 Arbeitslosigkeit
47
3.3
48
Wirtschaftliche Leistung und Entw icklungsdynamik
3.3.1 Bruttow ertschöpfung
49
3.3.2 Entw icklung des steuerbaren Umsatzes
51
3.3.3 Steuereinnahmekraft
52
3.3.4 Entw icklung des Unternehmensbestandes
53
3.4
Branchenspezifische und kleinräumige Struktur- und Entwicklungsmuster
57
3.4.1 Regionale Branchenstruktur und -dynamik
57
3.4.2 Größenstrukturen im Verarbeitenden Gew erbe
60
3.4.3 Lokale Branchenschw erpunkte
61
3.4.4 Regionale Kompetenzfelder
63
3.5
67
Zusammenfassung
4
Flächennutzung und Flächenwandel
69
4.1
Datengrundlagen
69
4.2
Flächennutzung
73
4.2.1
Aktuelle Flächennutzung
73
4.2.2
Bestehende Flächen mit Freiraumnutzungsarten
74
4.2.3
Bestehende Wohnbauflächen
77
4.2.4
Bestehende Gew erbe- und Industrieflächen
79
4.3
Flächenw andel
82
4.3.1
Neubauintensität Wohnen und Gew erbe 1996 - 2006
82
4.3.2
Neubau Wohnen
84
4.3.3
Neubau Gew erbe
92
4.4
Weitere ausgew ählte Aspekte des Flächenw andels
105
4.4.1
Neu entstandene Vegetationsflächen
105
4.4.2
Neu entstandene Oberflächengew ässer
106
4.4.3
Freirauminanspruchnahme und 30-ha-Ziel
107
4.5
Zusammenfassung
110
Beiträge
zur Regionalentwicklung
Raumanalyse
5
Ausgewählte Naturpotenziale
und Aspekte des Freiraumschutzes
113
5.1
Naturräumliche Gliederung
114
5.1.1
Niederrheinisches Tiefland
114
5.1.2
Westfälische Bucht
118
5.1.3
Süderbergland
122
5.2
Orografie
125
5.3
Böden
126
5.4
Oberflächengew ässer
128
5.5
Rohstoffe
138
5.6
Aspekte des Freiraumschutzes
140
5.6.1
Schutzgebiete und landesw eiter Biotopverbund
141
5.6.2
Regionale Grünzüge
143
5.6.3
Grundw asserschutz
145
5.7
Zusammenfassung
147
6
Verflechtungen im Verbandsgebiet
6.1
Regionale Verflechtungen im Verbandsgebiet
149
ein zusammenfassender Überblick
151
6.2
Binnenverflechtungen der Städte und Gemeinden im Verbandsgebiet
155
6.3
Regionale Verflechtungen der kreisfreien Städte
im mittleren Verbandsgebiet
158
6.4
Regionale Verflechtungen des Teilraums Kreis Wesel
170
6.5
Regionale Verflechtungen des Teilraums
Kreis Recklinghausen/Bottrop
171
6.6
Die regionalen Verflechtungen des Teilraums Kreis Unna/Hamm
174
6.7
Die regionalen Verflechtungen des Teilraums Ennepe- Ruhr-Kreis
176
7
Städtesystem
7.1
Historische Siedlungsentw icklung
180
7.2
Struktur der Städte und Teilräume
182
7.2.1
Stadtgrößen nach Einw ohnern
182
7.2.2
Landesplanerische Einordnung
184
7.2.3
Einw ohnerdichte und Flächennutzungsintensität
186
7.2.4
Siedlungsstruktur
188
7.2.5
Polyzentrisches Gefüge
189
7.2.6
Verkehrsinfrastruktur
190
7.3
Funktionen im Städtesystem
192
7.3.1
Einzelhandel, Kaufkraft und Einkommen
192
179
Beiträge
zur Regionalentwicklung
Raumanalyse
7.3.2 Arbeitsplatzzentralität und Arbeitplatzdichte
198
7.3.3 Verflechtungen
199
7.3.4 Zusammenfassung
201
7.4
Analyse der Raumstrukturtypen
202
8
Regional Governance
8.1
Regional bedeutsame Kooperationen
209
209
8.1.1 Kooperationen im Bereich Planung
210
8.1.2 Kooperationen im Bereich Gew erbe
212
8.1.3 Kooperationen im Bereich Wohnen und Einzelhandel
213
8.1.4 Kooperationen im Bereich Freiraum und Freizeit
214
8.1.5 Institutionelle Kooperationen
215
8.1.6 Kooperationen im Zusammenhang mit der Kulturhauptstadt 2010
216
8.2
Umsetzung durch regional bedeutsame Projekte
217
8.3
Zusammenfassung
221
Anhang
A
Tabellenanhang
B
Vorausberechnung der Bevölkerung ( Methodik/Grundannahmen)
C
Aggregation des Nutzungskatalogs
Flächennutzungskartierung (FNK- Codes)
D
Verflechtungen der kreisangehörigen Städte und Gemeinden
Vorwort
Seit mehr als 30 Jahren bietet sich heute w ieder die Chance, das Ruhrgebiet auch
planerisch als das zu betrachten, was es im alltäglichen Leben der Menschen und in
der w irtschaftlichen Realität ist, nämlich eine funktionale Einheit, die durch das Handeln der Akteure jeden Tag gelebt w ird.
Dieser Perspektivw echsel w ar möglich, da der Landtag von Nordrhein-Westfalen mit
den Gesetzen über den Regionalverband Ruhr von 2004 und 2007 in kurzer Zeit
mehrere grundlegende Veränderungen der Aufgaben und damit auch der Rolle des
RVR vorgenommen hat, die die planerische Dreiteilung des Ruhrgebietes, die Ergebnis der Verwaltungsstrukturreformen der 1970er Jahre w ar, schrittw eise aufgehoben
haben. So w urde im Jahr 2004 dem Verband vom Gesetzgeber unter anderem die
Aufgabe übertragen, informelle Planungs- und Entw icklungskonzepte in For m von
Masterplänen für das Ruhrgebiet zu erarbeiten. Im Jahr 2007 hat der Landtag zusätzlich beschlossen, dem RVR die Regionalplanungskompetenz zum 21.10.2009 zu übertragen.
Auf dieser Basis w urde im Frühjahr 2006 nach einem Beschluss der Verbandsversammlung vom September 2005 mit der Erarbeitung des ,Masterplans Raum- und
Siedlungsstruktur’ begonnen.
Neben fachlichen und organisatorischen Aspekten, die bei der Ausgestaltung dieser
neuen Aufgabe zu beantw orten w aren, beeinflussten einige w eitere Rahmenbedingungen den Erarbeitungsprozess. Hierzu zählten:
» Überw indung einschneidender Änderungen beim Übergang vom Kommunalverband Ruhrgebiet (KVR) zum Regionalverband Ruhr (RV R)
» Mehrfache Veränderungen der politischen Verhältnisse in Nordrhein-Westfalen
Mit den Entw ürfen zum ‚Masterplan Raum- und Siedlungsstruktur’ für das ‚Nördliche
Verbandsgebiet’ (2008) sow ie für das ‚Mittlere und Südliche Verbandsgebiet’ (2009)
hat der RV R erste Vorschläge zur Umsetzung des neuen Instruments regionaler Masterplan vorgelegt. Ziel dieser Entw ürfe war zunächst die Analyse der wichtigsten
raumbedeutsamen Strukturen und Entw icklungen. Hinzu kamen erste planerische
Aussagen im Zusammenhang mit regionalen Freiräumen. Diese Entw ürfe w urden in
der Fachöffentlichkeit intensiv und kontrovers diskutiert.
Die anhaltende Diskussion über Zielsetzung, Inhalte und Form des Erarbeitungsprozesses, verbunden mit neuen Anforderungen, die sich aus der bevorstehenden Übernahme der Regionalplanungskompetenz ergaben, erforderte für den weiteren Erarbeitungsprozess eine inhaltliche und organisatorische Neuausrichtung des Masterplan-Ansatzes. Hierzu gehörte:
» die Aufspaltung von analytischen und planerischen Inhalten auf verschiedene
Bände des ,Masterplans Raum- und Siedlungsstruktur’ sow ie
» die Einrichtung einer Prozess begleitenden Arbeitsgruppe auf der Arbeitsebene,
die die Strukturen und Interessenslagen in der Region hinreichend w iderspiegelt.
Der hier mit vorliegende Band ,Raumanalyse’ ist das Ergebnis dieses mehr als einjährigen Prozesses. Er soll für den RVR verschiedene Funktionen übernehmen. Er dient
zunächst einmal als eine w ichtige Informationsgrundlage zur Beurteilung der räumlichen Entw icklung, die der RVR für die Wahrnehmung seiner Aufgabe als Regionalplanungsbehörde aber auch als Träger öffentlicher Belange benötigt.
Die ‚Raumanalyse’ ist aber auch ein erster Baustein und eine analytische Grundlage
für einen auf Dauer angelegten kommunikativen Prozess der informellen Planung.
Die Schaffung einer regionalen Arena in Form der Arbeitsgruppe, in der gemeinsam
über die Analysebausteine und -ergebnisse diskutiert w urde, war hierfür ein erster
Schritt. Die intensiven und zum Teil kontroversen Diskussionen haben jedoch auch
die Vielschichtigkeit der Interessen- und Problemlagen der Beteiligten aufgezeigt.
Diesen Prozess gilt es zu evaluieren und aufbauend auf diesen Erfahrungen geeignete Kooperationsformen zu entw ickeln, um die nun notw endige gemeinsame Interpretation der Analyseergebnisse sow ie die hierauf aufbauende Entw icklung von Strategien und Projekten in der Region zu organisieren.
Mein besonderer Dank gilt den Mitgliedern der Arbeitsgruppe, die mit viel Engagement, hohem zeitlichen Aufw and und vor allem mit ihren konstruktiven Anregungen
und Vorschlägen die Erarbeitung des vorliegenden ,Masterplans Raum- und Siedlungsstruktur - Raumanalyse’ begleitet haben.
Dank gebührt auch Dr. Gerd Mahler für die Übernahme der Moderation der Arbeitsgruppe. Er hat mit seiner langjährigen Erfahrung, vor allem aber mit seiner besonnenen und ausgleichenden Art, einen nicht unw esentlichen Beitrag zum erfolgreichen
Abschluss dieses ersten Bandes geleistet.
Essen, im März 2011
Dr. habil. Thomas Rommelspacher
1
Einleitung
1.1 Ziele und Inhalte des Masterplans Raum- und Siedlungsstruktur - Raumanalyse
Durch die Verw altungsstrukturreformen der 1970er Jahre w urde die Regionalplanung
für das funktional hoch verflochtene Ruhrgebiet auf die drei Regierungsbezirke Arnsberg, Düsseldorf und Münster übertragen. Seitdem beschränkte sich die Analyse der
Strukturen und Entw icklungsprozesse auf Teilräume des Verbandsgebietes. Das hat
dazu geführt, dass es seit über 30 Jahren keine zusammenhängende und aus planerischer Perspektive erforderliche Betrachtung des Verbandsgebietes mehr gegeben
hat. Ziel der ‚Analyse der Raum- und Siedlungsstruktur’ ist es daher, die Region als
Ganzes in den Blick zu nehmen und eine Beschreibung und Analyse ausgew ählter
wirtschaftlicher, sozialer, demografischer und räumlicher Prozesse und Strukturen
vorzunehmen.
Die Raumanalyse sollte ursprünglich in einen Masterplan zur Raum- und Siedlungsstruktur übergehen. Im Beteiligungsprozess mit dem Kommunen und Kreisen w urde
aber verabredet, die Bausteine Analyse, Bew ertung und Schlussfolgerungen sow ie
Ziele und Strategien zu trennen.
Die Raumanalyse erfüllt für den RVR mehrere Funktionen: sie ist eine analytische
Grundlage für w eitere informelle Planungen sow ie teilregionale und/oder sektorale
Entw icklungskonzepte; sie stellt eine analytische Basis für den Ideenw ettbew erb Zukunft Ruhr dar; sie dient dem RV R als eine Beurteilungsgrundlage in seiner Rolle als
Träger öffentlicher Belange und gibt der Regionalplanung eine analytische Grundlage
zur Beurteilung regionaler Strukturen und räumlicher Entw icklungen.
Um diesen vielfältigen Zielsetzungen gerecht zu w erden, erfolgt in der ‚Analyse der
Raum- und Siedlungsstruktur’ eine breit angelegte Betrachtung folgender Themen:
» Bevölkerungsentw icklung und -vorausberechnung
» Wirtschaftliche Entw icklung
» Flächennutzung und Flächenw andel
» Ausgewählte Naturpotenziale und Aspekte des Freiraumschutzes
» Verflechtungen im Verbandsgebiet
» Städtesystem
» Regional Governance
Die ‚Analyse der Raum- und Siedlungsstruktur’ verzichtet bew usst auf Wertungen,
planerische Zielaussagen oder Handlungsempfehlungen. Diese w erden im Laufe
eines auf Dauer angelegten Diskussionsprozesses gemeinsam mit relevanten Akteuren der Region entw ickelt und fließen in verschiedener For m in die w eiteren formellen
und informellen Planungen des RVR ein. Die vorliegende Raumanalyse bietet hierfür
eine erste Grundlage.
Die Raumanalyse w ill und kann auf Grund ihres Übersichtscharakters nicht alle Aspekte der Raum- und Siedlungsstruktur erschöpfend erschließen. Insbesondere können, die für formelle Planungen notw endigen Fachbeiträge, nicht ersetzt w erden. So
werden im Rahmen der Erarbeitung des Regionalplans Ruhr u.a. zu den Themen
Natur und Landschaft, Kulturlandschaft, Grundw asser- und Hochw asserschutz, Forstund Landw irtschaft, Klima Fachbeiträge und fachliche Stellungnahmen von den zuständigen Fachstellen erarbeitet. Sie enthalten die Grundlagen und Anforderungen an
die Planung.
1
Die vorliegende Analyse ersetzt auch nicht Planungen, die im Zuständigkeitsbereich
anderer Fachbehörden liegen. Dies ist insbesondere im Bereich Verkehr der Fall, w o
mit der Integr ierten Gesamtverkehrsplanung ein abgestimmtes Planw erk des Landes
vorliegt, das in die planerische Abw ägung bzw. zeichnerische Darstellung des Regionalplans einfließt und im Rahmen der formellen Planung zu berücksichtigen ist. Daher w urde auf eine detaillierte Analyse von Verkehrsinfrastrukturen verzic htet.
Das Kapitel Freiraum konzentriert sich auf eine grundlegende Analyse ausgew ählter
Naturpotenziale und Instrumente des Freiraumschutzes. So w ird eine Überschneidung mit dem vom Umw eltausschuss des RVR beauftragten „Freiraumkonzept Metropole Ruhr“ vermieden, das eine detaillierte Auseinandersetzung mit den Potenzialen der Freiraumentw icklung vornimmt. Das Freiraumkonzept soll dabei die Ziele und
Maßnahmen der verschiedenen kommunalen, teilregionalen und regionalen Freiraumkonzepte vernetzen und sow eit notw endig ergänzen sow ie in eine nach außen
vermarktbare Gesamtstrategie zur Freiraumentw icklung überführen.
1.2 Erarbeitungsprozess
Im Sinne eines auf Dialog und Kommunikation angelegten Prozesses, wurde die ‚Analyse der Raum- und Siedlungsstruktur’ im Dialog mit Akteuren der räumlichen Planung in der Region erstellt. Hierzu w urde nach Vorgesprächen mit den Planungsverantw ortlichen der Region eine Arbeitsgruppe installiert, in der seit Frühjahr 2010 Inhalte und Prozessplanung diskutiert und im Grundsatz abgestimmt w urden.
Die Arbeitsgruppe repräsentiert die mit der Planung befassten Vertreter der Kommunen der Region und setzt sich aus je einem Vertreter pro kreisfreier Stadt und Kreis
und aus drei Vertretern der kreisangehörigen Kommunen jeden Kreises zusammen.
Die vier Kreisverwaltungen übernehmen Bündelungs- und Abstimmungsfunktion für
die kreisangehörigen Kommunen. Die Mitglieder stimmen sich innerhalb ihrer Kommunen ab. Zur Sitzung der Arbeitsgruppe am 25.01.2011 w urden erstmalig auch Vertreter der beratenden Mitglieder der Verbandsversammlung des RVR ( Industrie- und
Handelskammern, Handw erkskammern, Landw irtschaftskammer, Gew erkschaften,
Sportverbände, Kulturverbände, aner kannte Naturschutzverbände und kommunale
Gleichstellungsstellen) eingeladen.
Den Sitzungen der Arbeitsgruppe gehen intensive Abstimmungsprozesse in den
Gremien der Städteregion 2030 sow ie in den Netzw erken der Planer und der Wirtschaftsförderer der Kreise voraus. Insgesamt fanden seit Januar 2010 sechs Sitzungen der Arbeitsgruppe beim RVR in Essen statt. Der inhaltliche Impuls erfolgte jeweils durch die Bereitstellung der Textentw ürfe zu den einzelnen Kapiteln seitens des
RVR. Die mündlich und schriftlich vorgebrachten Anregungen und Anmerkungen, die
Hinw eise auf die Intensität und Bandbreite der Diskussion geben sow ie die verschiedenen Sichtw eisen der kommunalen Akteure w iderspiegeln, w urden dokumentiert
und in For m einer Synopse aufbereitet und den Mitgliedern der Arbeitsgruppe zur
Verfügung gestellt.
Weiteres Vorgehen
Der Entw urf der ‚Analyse der Raum- und Siedlungsstruktur’ soll nun den Städten und
Gemeinden, den Kreisen und den beratenden Mitgliedern der Verbandsversammlung
vorgelegt w erden, um in einem erw eiterten Beteiligungsprozess weitere Stellungnahmen einzuholen. Hierzu w ird den Beteiligten bis zum 03.07.2011 Gelegenheit
gegeben. Nachdem die daraufhin eingegangenen Anmerkungen und Anregungen
geprüft und eingearbeitet w urden, soll die ‚Analyse der Raum- und Siedlungsstruktur’
2
dem Planungsausschuss am 20.09.2011 und der Verbandsversammlung in der Sitzung am 10.10.2011 zur Beratung vorgelegt w erden.
Zeitgleich zu diesem Prozess w ird auch eine Evaluation des bisherigen Erarbeitungsund Beteiligungsverfahrens vorgenommen w erden müssen und die Frage nach optimierten Formen der Zusammenarbeit und der regionalen Kooperation neu zu diskutieren sein.
Eine inhaltliche Auseinandersetzung, die Bew ertung der Analyseergebnisse sowie die
Ableitung von Herausforderungen der Regionalentw icklung, sollen im regionalen Dialog entw ickelt w erden. Eine Verknüpfung mit der Erarbeitung des Regionalplans Ruhr
und der Vorbereitung des Ideenw ettbew erbs Zukunft Ruhr w ird dabei angestrebt.
Hierzu w ird der Bereich Planung im vierten Quartal 2011 zu einem regionalen Diskurs
einladen.
1.3 Untersuchungsraum und Bezeichnung
Im räumlichen Fokus der vorliegenden ,Analyse der Raum- und Siedlungsstruktur’
steht das durch die kreisfreien Städte Bochum, Bottrop, Dortmund, Duisburg, Essen,
Gelsenkirchen, Hagen, Hamm, Herne, Mülheim an der Ruhr und Oberhausen, den
Ennepe- Ruhr-Kreis sow ie die Kreise Recklinghausen, Unna und Wesel ausgebildete
Verbandsgebiet des Regionalverband Ruhr.
Abb. 1.01: Verbandsgebiet des Regionalverband Ruhr
Kartographie: Regionalverband Ruhr 2010
3
Obw ohl sich für diese Region, die durch die gemeinsame montandindustrielle Vergangenheit geprägt und funktional eng verw oben w urde, spätestens seit den 1930er
Jahren der Begriff des Ruhrgebietes gegenüber dem Begriff des RheinischWestfälisches Industriegebiets durchgesetzt hat, w aren die Grenzen der unter diesem
Begriff bezeichneten Region stets interpretationsfähig. Gemeinhin w ird unter dem
Ruhrgebiet das Gebiet bezeichnet, das durch die Mitgliedskreise und -städte des Regionalverbandes Ruhr (RV R) ausgebildet w ird.
Trotz der nach w ie vor vorhandenen intensiven funktionalen Verflechtungen (vgl.
Kap. 6) w ird der Begriff des Ruhrgebietes als Repräsentation für die Gesamtheit aller
Mitgliedskommunen und ihrer spezifischen Teilidentitäten nicht vollständig akzeptiert.
Auch weitere Bezeichnung w ie Ballungsraum Ruhr oder Metropole Ruhr konnten sich
trotz eines intensiven regionalen Diskurses nicht als allgemeingültige Bezeichnung
durchsetzen. Im w eiteren Verlauf der ‚Analyse der Raum- und Siedlungsstruktur’ w ird
daher der Begriff des Verbandsgebietes verwendet, der sich auf die administrativen
Grenzen der Mitgliedskreise und -städte des RVR bezieht. Die in Abbildungen und
Tabellen verw endete Bezeichnung des RVR bezieht sich demnach auf die Gesamtheit der Mitgliedskreise und -städte.
1.4 Datengrundlagen
1.4.1 Grundanforderungen und Quellen
Bei der Ausw ahl der in der ‚Analyse der Raum- und Siedlungsstruktur’ verw endeten
statistischen Daten w urden folgende Qualitätskriterien zu Grunde gelegt:
» Statistische Daten sollten möglichst auf Gemeindebasis vorliegen. Wo dieses
nicht möglich ist, w ird auf die nächst höhere Aggregationsebene der Kreise und
kreisfreien Städte zurückgegriffen.
» Daten müssen für das gesamte Verbandsgebiet einheitlich erhoben bzw . errechnet worden sein. Deshalb w erden z.B. keine von den Kommunen erstellten
Bevölkerungsprognosen für einen regionalen Vergleich herangezogen.
» Daten müssen periodisch fortgeschrieben w erden und somit eine Fortschreibung einzelner Aspekte der Raumanalyse ermöglichen.
» Wo keine amtliche Statistik zur Verfügung steht, w erden glaubhafte Quellen
Dritter verw endet (z.B. BBE Retail Experts für Kaufkraftkennziffern und Einzelhandelszentralität oder Gutachterausschuss NRW für die Baulandpreise).
» Eigene Erhebungen des RVR sollten so transparent w ie möglich sein. Dementsprechend stehen die erhobenen Daten zum Flächenw andel den Kommunen
auf Wunsch zur Verfügung.
Zentrale Datenquelle für die vorliegenden Analysen ist die amtliche Statistik, die vom
Landesbetrieb Information und Technik NRW ( IT.NRW) zur Verfügung gestellt w ird.
Ebenso zur amtlichen Statistik zählt im Sinne dieser Analyse die Arbeitsmarktstatistik
der Bundesagentur für Arbeit. Die auf dieser Basis durch den RVR berechneten Indikatoren w erden an gegebener Stelle erläutert. Weitere Datenquellen sind:
» BBE Retail Experts GmbH und Co KG
» Gutachterausschuss NRW
» Informationssystem Verkehr Ruhrgebiet des RVR
» Flächennutzungskartierung (FNK) des RVR
» Atlas der Gew erbe- und Industriestandorte im Ruhrgebiet (ruhrAGIS)
» Orthofotos (RVR)
» Für die Analyse des Flächenw andels wurde eine eigene Erhebungssystematik
entw ickelt. Diese w ird in Kapitel 4 er läutert.
» Geodaten verschiedener Landesbehörden (z.B. LANUV, Geologischer Dienst).
4
Daneben sind Informationen aus Fachliteratur, Grauer Literatur sow ie aus den VorOrt-Gesprächen in die Beschreibung und Erläuterung der Daten eingeflossen.
Ein entsprechender Hinw eis auf die Quelle der verwendeten Daten und Geodaten ist
Bestandteil der Abbildungen und Tabellen. In einem Tabellenanhang sind ausgew ählte Strukturdaten sow ie ein Großteil der den Karten zu Grunde liegenden Daten beigefügt.
Bei den Daten w urde darauf geachtet, den Zeitraum von 1995 bis 2008 zu berücksichtigen. Zum Teil w urde jedoch aus methodischen Gründen (z.B. Untersuchung des
Flächenw andels) oder aus Gründen der Datenverfügbarkeit hiervon abgew ichen. Die
den einzelnen Abbildungen und Tabellen zu Grunde liegenden Zeiträume sind jew eils
angegeben.
Insbesondere die Daten zur Bevölkerung, Erw erbstätigen und sozialversicherungspflichtig Beschäftigten unterliegen einem stetigen Wandel. Die Raumanalyse kann
demnach nur eine Momentaufnahme darstellen. Im Rahmen zukünftiger Planungen
wird daher eine stetige Aktualisierung einzelner Daten erfolgen müssen.
1.4.2 Ableitung von Raumstrukturtypen für intraregionale Vergleiche
Im Rahmen der Analyse und des intraregionalen Vergleichs war es notw endig, geeignete Teilräume abzuleiten. Hierfür bieten sich grundsätzlich verschiedene Raummodelle an.
Noch vor w enigen Jahrzehnten schien das Verbandsgebiet vergleichsw eise einfach
gegliedert: Folgte man w ie etw a Weyl (1978) dem Fortschritt und der Entfaltung des
Montanindustriellen Clusters, so ergab sich eine klare, von Süd nach Nord verlaufende Gliederung: Ruhrtal, Hellw egzone, Emscherzone, Lippezone und Rheinschiene.
Mit dem Strukturw andel ist diese Klarheit zerfallen. Der heutige Ballungsraum ist geprägt durch das bunte Nebeneinander von Wissens- und Dienstleistungsindustrien
sow ie hochmodernem produzierenden Gew erbe. In den baulich-räumlichen Strukturen und der Raumnutzung lassen sich die Spuren des Industriezeitalters zwar lesen,
sie sind aber großflächig umgenutzt und von regionalen Großprojekten w ie dem Umbau des Emscherraums überformt. Parallel dazu hat sich auch die politisch-kulturelle
Landschaft gew andelt. So hat die Internationale Bauausstellung Emscher Park (1989
bis 1999) eine Kultur der interkommunalen Kooperation angestoßen, deren Folgen
sich bereits räumlich niederschlagen.
Die ausgeprägte Polyzentrik des Raumes tut ein Übriges. Hoch verdichtete Großstädte im Kern umgeben von geringer verdichteten Mittelstädten bis hin zu den Übergängen in das ländlich geprägte Umland, schaffen auch hier eine große Vielfalt. Hinzu
kommt, dass der heutige räumliche Zuschnitt und die innere Gliederung des Verbandsgebietes als Ergebnis der kommunalen Gebietsreformen der 1970er Jahre gelesen w erden kann.
5
Zur Beschreibung der inneren Struktur dieses Gebietes böten sich demnach verschiedene Betrachtungsperspektiven an, die jew eils ihr eigenes Raummodell entw ickeln:
» Naturräumliche Gliederung;
» Wirtschaftsräumliche Gliederung als Folge von industrieller Genese und Strukturw andel;
» Administrative Gliederung als Erbe der politischen Verhältnisse der 1970er Jahre;
» Landesplanerische Gliederung in Abhängigkeit von Größe und Funktion;
» Soziale Räume als Folge der Interaktionsmuster der Menschen;
» Kooperationsräume unterschiedlicher Dichte und Zusammensetzung.
Vor dem oben skizzierten Hintergrund und w issend um die Tatsache, dass auch andere Zuordnungen denkbar sind, w urde für die Betrachtung der Kapitel ‚Bevölkerung’,
‚Wirtschaft’, ‚Flächennutzung und Flächenw andel’ und z.T. ‚Städtesystem’ ein eigenes Raumstruktur modell abgeleitet, das die 53 Kommunen des Verbandsgebiets in
drei Raumstrukturtypen gruppiert. Diese Raumstrukturtypen repräsentieren jew eils
ca. 1/3 der Gesamtfläche des Verbandsgebietes. Als Maßstab w urde der Anteil der
für Wohnen- und Gew erbenutzungen in Anspruch genommenen Fläche gew ählt, der
im RVR-Schnitt bei 15 % liegt. Kommunen, deren Anteil 40 % über dem Durchschnitt
liegen, w erden als ‚höher verdichtet’ und solche, deren Anteil 40 % unter dem Durchschnitt liegen, w erden als ‚geringer verdichtet’ bezeichnet. Nachfolgend beziehen sich
die Aussagen in den genannten Kapiteln zu ‚höher verdichteten’, ‚verdichteten’ und
‚geringer verdichteten’ Kommunen auf die in Abbildung 1.01 dargestellte Zuordnung.
Abb. 1.02: Raumstrukturtypen
Quelle: FNK, Kartographie Regionalverband Ruhr 2011 (vgl. Tabelle 4.01 i m Anhang)
6
Keiner der vier Kreise des Verbandsgebiets lässt sich als administrative Gesamtheit
einem der drei Raumstrukturtypen zuordnen. Der Kreis Wesel ist jedoch im Schnitt
mit 8 % Anteil Wohn- und Gew erbeflächen ‚geringer verdichtet’, die Kreise Recklinghausen und Unna sow ie der Ennepe-Ruhr-Kreis sind mit 12 % nach der o.g. Definition als ‚verdichtet’ zu bezeichnen.
Die getroffene Einteilung nach Gemeinden, kann dazu führen, dass auf Grund der
sehr unterschiedlichen Gemeindegrößen räumliche Strukturen nicht immer exakt beschrieben w erden können. So können z.B. die Gemeindegebiete von Bottrop oder
Hattingen in einen höher verdichteten und einen geringer verdichteten Teil unterschieden w erden. Der regionale Maßstab der Raumanalyse führt dazu, dass solche
innergemeindlichen Strukturunterschiede nicht berücksichtigt w erden können. Die
Ergebnisse sind demnach entsprechend differenziert zu bew erten.
7
8
2
Bevölkerungsentwicklung und -vorausberechnung
Die Bevölkerungsentw ic klung stellt eine der w esentlichen Deter minanten der räumlichen Entw icklung dar. Hierbei von besonderer Bedeutung sind in den letzten Jahrzehnten die unter dem Begriff des ,Demografischen Wandels’ zusammengefassten
Prozesse des allgemeinen Bevölkerungsrückgangs, der Veränderung der Alterszusammensetzung und die zunehmende Heterogenisierung der Bevölkerung.
Diese Aspekte für das Verbandsgebiet zu analysieren, ist Aufgabe des vorliegenden
Kapitels. Hierzu w erden zunächst die Entw icklungen des Zeitraumes 1995 bis 2008
dargestellt. In einem w eiteren Schritt werden, basierend auf den Vorausberechnungen des Landesbetriebs Information und Technik (IT.NRW), die unter den gegebenen
Rahmenbedingungen zu erw artende Bevölkerungsentw ic klung bis zum Jahr 2030
aufgezeigt. Ziel des vorliegenden Kapitels ist es, Hinw eise auf die besonderen regionalen Ausprägungen des ,Demografischen Wandels’ zu erlangen.
2.1
Entwicklung der Bevölkerung zwischen 1995 und 2008
2.1.1 Bevölkerungsstand und -entwicklung
Im Dezember 2008 1 lebten im Verbandsgebiet ca. 5.2 Mio. Menschen. Mit 3.3 Millionen Einw ohnern leben weit mehr als die Hälfte davon in den kreisfreien Städten. Die
größten Städte des Verbandsgebietes sind Dortmund und Essen mit jew eils mehr als
500.000 Einw ohnern; Es folgen Duisburg mit 490.000, Bochum mit 380.000 und
Gelsenkirchen mit 260.000 Einw ohnern.
In den 42 Städten und Gemeinden der z.T. verdichteten Kreise leben ca. 1,9 Mio.
Einw ohner. Die Einw ohnergrößen der kreisangehörigen Städte und Gemeinden
schwanken dabei beträchtlich. Neben Kommunen mit w eniger als 10.000 Einw ohnern
wie Breckerfeld und Sonsbeck zählen auch Städte mit nahezu oder mehr als 100.000
Einw ohnern wie Recklinghausen, Moers und Witten zu den kreisangehörigen Kommunen. Der Kreis Recklinghausen mit über 630.000 Einw ohnern ist nach der Region
Hannover der bevölkerungsreichste und am stärksten verdichtete Kreis Deutschlands
(vgl. auch Kapitel 8).
Die Bevölkerungszahl im Verbandsgebiet ist seit Mitte der 1990er Jahre insgesamt
rückläufig. Dieser Gesamttrend, der bereits in den 1960er Jahren einsetzte, w urde
zeitw eise durch Zuw anderungen in die Region in Folge der Balkankr ise, der deutschen Wiedervereinigung und durch den Zustrom von Asylbewerbern zwischen der
Mitte der 1980er und 1990er Jahre unterbrochen (vgl. Abb. 2.01). Insgesamt hat das
Verbandsgebiet seit 1975 ca. 6 % seiner Bevölkerung verloren. Dabei verlief diese
Entw icklung in den einzelnen Teilräumen der Region deutlich differenziert. Während
vor allem die Städte des mittleren Verbandsgebietes z.T. deutliche Bevölkerungsrückgänge von bis zu 18,8 % zu verzeichnen hatten, konnten insbesondere die Kreise Wesel, Unna sow ie die Stadt Hamm deutlich überdurchschnittliche Bevölkerungszuw ächse aufweisen.
1
Die Analyse bezieht sich auf das Jahr 2008, da sich die Prognose der demografischen Entwicklung bis
2030 (Kapitel 2.2) auf das Jahr 2008 als Ausgangsjahr bezieht. Mit Ausnahme der Prognose beziehen
sich alle Werte auf den 31.12. des Jahres. Die Prognose basiert auf dem Wert des 01.01.2008.
9
Abb. 2.01: Entw icklung der Bevölkerung in den Kreisen und kreisfreien Städten
1975 bis 2008
Raums trukturtyp
Einwohner 2008 (Anteil an
Gesamtbevöl kerung in %)
Veränderung
1975-2008 i n %
Höher verdichtet
3.379.982 (65 %)
-11,0
Verdichtet
1.333.098 (26 %)
+ 0,3
Geringer verdichtet
490.020 (9 %)
+ 18,2
RVR
5.203.100 (100 % )
- 6,1
Vor allem in der Gruppe der geringer verdichteten Kommunen ist eine Zunahme von
rund 18 % gegenüber 1975 zu verzeichnen. In den Städten des höher verdichteten
Raums ist seit 1975 eine Abnahme von 11 % zu erkennen. In der Gruppe der verdichteten Kommunen zeigt sich im Schnitt eine stagnierende Bevölkerungsentw icklung.
Bei der Betrachtung der Phase ab 1995, bei der die oben beschriebenen Sondereffekte w eitgehend abgeklungen w aren, gibt es die stärksten Bevölkerungsverluste in
den kreisfreien Städten Gelsenkirchen, Hagen, Duisburg, Herne und Essen. Unter
den kreisangehörigen Städten hatten vor allem Ennepetal, Herten, Recklinghausen,
Gevelsberg und Witten erhebliche Bevölkerungsrückgänge.
Entgegen der Entw ic klung in vielen Städten und Gemeinden der Kreise Wesel und
Unna konnten die Gemeinden des südlichen Verbandsgebiets per Saldo w eniger
stark von Stadt-Umland-Wanderungen profitieren. Lediglich Sprockhövel und Breckerfeld w eisen ein auf Wanderungsgew innen basierendes Wachstum auf. Besonders starke Wachstumseffekte verzeichneten die Kommunen Sonsbeck, Xanten,
Rheinberg, Haltern am See und Alpen. Diese Kommunen zeichnen sich auch durch
ihre räumliche Nähe zu anderen Räumen mit Bevölkerungsw achstum w ie der Region
Niederrhein bzw . dem Münsterland aus. Das südliche Verbandsgebiet ist demgegenüber Ausläufer einer Schrumpfungszone, die sich w eit in die Märkische Region und
das Sauerland erstreckt (vgl. Abb. 2.02).
10
Abb. 2.02: Bevölkerungsstand 2008 und Bevölkerungsentw icklung zwischen
1995 und 2008
Raumstrukturt yp
Ein wohner 2008
1995-2008 (in % )
Höher verdichtet
3.379.982
- 4,4
Verdichtet
1.333.098
- 5,5
490.020
- 3,6
Geringer verdichtet
RVR
5.203.100
- 4,4
Bei der Betrachtung der Bevölkerungsentw icklung darf aber nicht übersehen werden,
dass trotz eines Verlustes von mehr als 330.000 Einw ohnern seit 1975 das Verbandsgebiet auch heute noch nach den Großräumen Paris und London zu den bevölkerungsreichsten und am dichtest besiedelten Räumen Europas gehört.
2.1.2 Natürliche Bevölkerungsbewegungen und Wanderungen
Die Bevölkerungszahl verändert sich durch die natürliche Bevölkerungsentw icklung
(Geburten bzw . Sterbefälle) und durch Wanderungsbew egungen (Zu- bzw. Abwanderungen). Für das Verbandsgebiet ist ein negativer natürlicher Saldo seit den 1970er
Jahren festzustellen. Die Geburten konnten die Sterbefälle nicht kompensieren. Im
11
Vergleich zu den 1990er Jahren stieg der negative natürliche Saldo in den letzten
Jahren noch w eiter an.
Seit 1995 gab es im Jahr 1999 sow ie von 2001 bis 2004 einen Zuw anderungsüberschuss. Seit 2005 w ird die negative natürliche Bevölkerungsentw icklung zudem durch
Abw anderungsüberschüsse verstärkt (vgl. Abb. 2.03).
Abb. 2.03: Entw icklung der Wachstumsrate der Bevölkerung im Verbandsgebiet
zw ischen 1977 und 2008
Bei der kleinräumigen Betrachtung der natürlichen Bevölkerungsentw icklung im
Durchschnitt der Jahre 2004 bis 2008 w erden lediglich geringfügige Unterschiede
zw is chen den Städten und Gemeinden im Verbandsgebiet deutlich. Der Wert fällt mit
sinkender Siedlungsflächendichte von -3,9 ‰ in den höher verdichteten Kommunen,
über -3,4 ‰ in den verdichteten, auf -2,7 ‰ in den geringer verdichteten Kommunen
ab. Einen positiven Saldo w eist keine der Kommunen im Verbandsgebiet auf. Die
geringsten natürlichen Bevölkerungsverluste w eisen die Kommunen am nördlichen
Rand des Verbandsgebietes w ie Hamminkeln, Haltern am See und Selm auf, die
höchsten Schw elm, Gevelsberg, Ennepetal und Castrop-Rauxel. (vgl. Abb. 2.04).
12
Abb. 2.04: Durchschnittliches Saldo der Geburten und Sterbefälle der Jahre
2004 bis 2008
Raumstrukturt yp
Ein wohner 2008
Durchschnittlich es
Saldo 2004-2008 (in ‰ )
Höher verdichtet
3.379.982
- 3,9
Verdichtet
1.333.098
- 3,4
Geringer verdichtet
490.020
- 2,7
RVR
5.203.100
- 3,6
Maßgeblich für die beschriebene Entw icklung sind unter anderem die niedrigen Geburtenraten. In keiner der Kommunen des Verbandsgebiets lag die zusammengefasste Geburtenziffer2 bzw. die totale Fruchtbarkeitsrate (TFR) über dem für die Bestandserhaltung der Bevölkerung notw endigen Wert von 2,1 Kindern pro Frau.
Im Durchschnitt der Jahre 2004 bis 2008 w ar die Geburtenziffer mit 1,46 in Hamm am
höchsten. Es folgen die Städte Hagen, Duisburg und Gelsenkirchen. Dies sind gleichzeitig die Großstädte mit den stärksten Bevölkerungsverlusten der letzten Jahre. Die
2
Die zusammengef asste Geburtenziff er ist ein Maß für die Reproduktionsf ähigkeit einer Gesellschaft
aus sich selbst heraus. Sie gibt an, wie viele Kinder Frauen eines fiktiv en Geburtenjahrgangs im Laufe
ihrer reproduktiven Lebensphase zur Welt bringen würden, wenn sie den f ür einen bestimmten Zeitpunkt maßgeblichen Fruchtbarkeits- und Sterblichkeitsverhältnissen unterworf en wären. Der kritische
Wert für Deutschland liegt bei ca. 2,1; d.h. bei diesem Wert hält sich die Bev ölkerungszahl aus sich
heraus stabil.
13
Bevölkerungsverluste in diesen Städten scheinen daher stärker als in anderen Kommunen durch hohe Sterbefallüberschüsse und Abwanderungen gekennzeichnet zu
sein. Gleichzeitig stellen diese die Städte mit dem höchsten Anteil von Personen mit
Migrationshintergrund dar 3. Mit 1,16 Kindern pro Frau w ar die Geburtenziffer in Bochum4 am geringsten (vgl. Tabelle 2.01).
Tabelle 2.01: Zusammengefasste Geburtenziffer 2004 bis 2007
Bochum
Bottrop
Dortmund
Duisburg
Essen
Gelsenkir chen
Hagen
Hamm
Herne
Mülheim an d er Ruhr
Oberhausen
Ennepe-Ruhr-Kreis
Kreis Recklinghausen
Kreis Unna
Kreis W esel
2004
1,16
1,45
1,34
1,44
1,34
1,40
1,52
1,49
1,33
1,35
1,35
1,34
1,37
1,40
1,36
2005
1,14
1,33
1,32
1,38
1,31
1,38
1,42
1,46
1,30
1,32
1,33
1,27
1,32
1,33
1,36
2006
1,18
1,25
1,27
1,40
1,32
1,41
1,42
1,39
1,27
1,25
1,33
1,26
1,28
1,31
1,34
2007
1,15
1,35
1,33
1,45
1,35
1,45
1,45
1,47
1,30
1,33
1,39
1,33
1,35
1,36
1,31
2008
1,19
1,33
1,37
1,39
1,33
1,39
1,42
1,47
1,32
1,46
1,28
1,28
1,34
1,40
1,36
Ø
1,16
1,34
1,33
1,41
1,33
1,41
1,45
1,46
1,30
1,34
1,34
1,30
1,33
1,36
1,35
Kreisfreie St ädte
Kreise
Regionalverband Ruhr
Nordrhein-W estfalen
1,38
1,37
1,38
1,39
1,34
1,32
1,33
1,37
1,32
1,30
1,31
1,36
1,37
1,34
1,36
1,39
1,36
1,35
1,36
1,39
1,35
1,33
1,35
1,38
Quelle: IT.NRW
Die zw eite Komponente der Bevölkerungsentw icklung stellen die Wanderungen dar.
Diese Komponente ist im Gegensatz zur natürlichen Bevölkerungsentw icklung deutlich stärkeren zeitlichen und räumlichen Schw ankungen unterw orfen.
Die kleinräumige Betrachtung der Wanderungsbew egungen im Durchschnitt der Jahre 2004 bis 2008 zeigt, dass insbesondere Essen, Dortmund und Mülheim an der
Ruhr von Wanderungsgew innen profitierten. Hintergründe hierfür könnten eine nachlassende Suburbanisierungsdynamik, eine auf Ein- und Zw eifamilienhäuser ausgerichtete Flächenpolitik der Städte und auch eine gesteigerte Zuw anderung insbesondere jüngerer Bevölkerungsgruppen zwecks Studien- oder Berufsaufnahme sein. Dazu kommt eine positive Wanderungsbilanz der meisten Großstädte mit dem Ausland.
3
4
Trotz einer langsamen Anpassung der Fruchtbarkeitsraten, sind die Geburtenziffern bei Personen mit
Migrationshintergrund heute noch höher. Sie bekommen mehr und früher Kinder als Personen ohne
Migrationshintergrund. Allerdings ist festzustellen, dass diese Tendenz in der zweiten und dritten Generation abnimmt und sich die Fruchtbarkeitsrate zunehmend dem Gesamttrend anpasst (vgl.
https://www.uni-rostock.de/)
Die niedrige Geburtenziff er insbesondere an Universitätsstandorten wie Bochum geht voraussichtlich
auf das generative Verhalten sowohl der Studentinnen als auch des weiblichen wissenschaftlichen
Personals zurück, dass sich zum Teil deutlich v om dem anderer Bev ölkerungsgruppen unterscheidet.
Dies gilt in Hinblick auf die Anzahl der Kinder (weniger) sowie auf das Alter der Mutter bei Geburt des
ersten Kindes (älter). Der Kinderwunsch wird zudem häufig nicht am Studienort realisiert. Da diese Bev ölkerungsgruppe einen hohen Anteil an der f ür die Berechnung der Fruchtbarkeitsrate zu berücksichtigenden Gruppe der Frauen im gebährf ähigen Alter haben, wird die Berechnung der alterspezif ischen
Geburtenrate der einzelnen Bev ölkerungskohorten, die dann zu Gesamtf ruchtbarkeitsrate auf gerechnet wird, durch diesen Effekt stark beeinf lusst.
14
Im südlichen Verbandsgebiet konnte lediglich Breckerfeld Wanderungsgew inne verzeichnen.
Die höchsten relativen Wanderungsgew inne w eisen Xanten, Alpen, Schermbeck und
Hamminkeln im Kreis Wesel sow ie Haltern am See im Kreis Recklinghausen auf.
Trotz einer insgesamt rückläufigen Kern-Rand-Wanderung profitieren einige Städte
und Gemeinden von Suburbanisierungsprozessen, insbesondere solche mit ausgezeichneter verkehrlicher Anbindung an den höher verdichteten Raum (vgl. Abb. 2.05).
Abb. 2.05: Durchschnittliches Wanderungssaldo sow ie Wanderungsverflechtungen der Jahre 2004 bis 2008
Raumstrukturt yp
Ein wohner 2008
Höher verdichtet
3.379.982
Durchschnittlich es
W anderungssaldo
2004 – 2008 (in ‰ )
- 0,4
Verdichtet
1.333.098
- 1,8
Geringer verdichtet
490.020
+ 0,4
RVR
5.203.100
- 0,7
Im Vergleich der Raumstrukturtypen zeigt sich in der Gruppe der geringer verdichteten Kommunen ein positives Wanderungssaldo. Interessant ist die Tatsache, dass
das negativste Wanderungssaldo bei den verdichteten Kommunen vorliegt, die im
Zeitraum 1975 bis 2008 noch eine stagnierende Einw ohnerentw ic klung aufzeigten,
15
seit 1995 aber die höchsten Einw ohnerverluste der drei Strukturtypen hinzunehmen
hatten.
Erw artungsgemäß lässt sich feststellen, dass es insbesondere die jüngeren Altersgruppen sind, deren Wanderungsvolumen, also Wanderungen pro 1.000 Einw ohner
der Altersgruppe, besonders hoch ist. Vor allem bei den 18- bis 25-Jährigen spielen
hierbei bildungs- und arbeitsplatzbezogene Faktoren eine Rolle. Solche Wanderungen sind häufig auf die größeren Städte mit ihren breiteren Angeboten an Ausbildungseinrichtungen und Arbeitsplätzen gerichtet und mit der erstmaligen Gründung
eines Haushaltes verknüpft. Das Wanderungsvolumen nimmt ab dem 25. Lebensjahr
kontinuierlich ab und steigert sich erst ab dem 75. Lebensjahr w ieder. Die hohen
Wanderungsraten der unter 10-Jährigen stehen in Abhängigkeit zu Wanderungen der
25 bis 40-Jährigen (Familienw anderungen). Wanderungen dieser Altersgruppe w aren
in der Vergangenheit zumeist auf suburbane Wohnlagen in den kreisangehörigen
Kommunen ausgerichtet. Bisher gibt es nur w enige Kennzeichen dafür, dass sich
dieser Prozess grundsätzlich zugunsten der Kernstädte im Sinne einer Reurbanisierung gew andelt hat. Wanderungen der Altersgruppe der über 75-Jährigen stehen
häufig in Zusammenhang mit Umzügen in Betreuungseinrichtungen oder zu pflegenden Familienangehörigen (vgl. Abb. 2.06).
Abb. 2.06: Durchschnittliche Wanderungsrate im Verbandsgebiet nach
Alter der Jahre 2004 bis 2008
Wande rungsvolumen je 1.000 Einwohne r
25 0
20 0
15 0
10 0
50
Quelle: Eigene Berechnungen nach IT.NRW
88
85
82
79
76
73
70
67
64
61
58
55
ü ber 90
Alte r
52
49
46
43
40
37
34
31
28
25
22
19
16
13
10
7
4
1
0
Zusammengefasst ist festzuhalten, dass im Durchschnitt der Jahre 2004 bis 2008
Hamminkeln, Haltern am See, Xanten, Breckerfeld, Alpen und Scher mbeck eine
wachsende Bevölkerungsentw icklung hatten. Die Bevölkerungsgew inne gehen ausschließlich auf einen Zuw anderungsüberschuss zurück. Städte mit positiven bzw .
ausgeglichenen Wanderungssalden sind Castrop- Rauxel, Dortmund, Essen, Hünxe,
Moers, Mülheim an der Ruhr, Oberhausen, Oer-Erkenschw ick, Rheinberg, Sonsbeck,
Waltrop und Werne. Diese können jedoch die negativen natürlichen Salden nicht
ausgleichen. In allen anderen Städten kumulieren sich sow ohl negative natürliche
Salden mit Abw anderungsüberschüssen (vgl. Abb. 2.07).
16
Abb. 2.07: Kom ponenten der Bevölkerungsentw icklung im Durchschnitt der
Jahre 2004 bis 2008
in ‰
8 ,00
7 ,00
6 ,00
5 ,00
4 ,00
3 ,00
Überschuss der Zu- bzw. Fo rtgezoge nen
Überschuss der Gebore nen bzw. Gestorbene n
Gesa mtsaldo
2 ,00
1 ,00
0 ,00
-1 ,00
-2 ,00
-3 ,00
-4 ,00
-5 ,00
-6 ,00
-7 ,00
-8 ,00
Hamminke ln
Xan ten
Halte rn am Se e
Alp en
Br eckerf eld
Rheinber g
Sch ermb eck
Sonsb eck
Oer- Er kenschwick
Se lm
Hü nxe
Do rtmun d
Un na
We sel
Mo ers
Hamm
Waltrop
Mülh eim an der Ruh r
Essen
Dinslake n
Wern e
Gladb eck
Kamp- Lintfor t
Kame n
Obe rhau sen
Bottr op
Bochu m
Dat teln
Hatting en
Ber gkame n
Duisbur g
Witte n
Ca strop- Rauxel
Recklinghause n
Herde cke
Voerd e (Niede rrhe in )
Bön en
Holzwicke de
Dorst en
Sprockh övel
We tter ( Ruhr)
M arl
Gevelsber g
Her ne
Neukirche n-Vluyn
Lüne n
Schwer te
Sch welm
F rön denbe rg / Ruh r
Hert en
Hage n
Gelsenkirche n
Quelle: Eigene Berechnungen nach I T. NRW
Ennep etal
-9 ,00
-10 ,00
-11 ,00
-12 ,00
Raumstrukturt yp
Ein wohner
2008
Überschuss
der Zu- bzw.
Fortgezogenen 2008
Überschuss der
Geborenen bz w.
Gestorbenen
2008
Höher verdichtet
3.379.982
- 5.230
- 14.398
Verdichtet
1.333.098
- 3.910
- 5.196
Geringer verdichtet
490.020
- 225
- 1.560
RVR
5.203.100
- 9.365
- 21.154
2.1.3 Alterungsprozesse
Durch die unzureichende Verjüngung der Gesellschaft durch Geburten, eine abnehmende Zuw anderung von Außen und eine gestiegene Lebenserw artung, ergibt sich
als ein allgemeiner Trend eine zunehmende Altersstrukturverschiebung. Hierunter ist
das Ansteigen des Anteils älterer Gruppen an der Bevölkerung zu verstehen.
Dies w ird durch die Betrachtung der Entw icklung der Bevölkerung nach Altersgruppen deutlich. In allen Kreisen und kreisfreien Städten steigen die Anteile der über
65-Jährigen an der Gesamtbevölkerung seit 1995 deutlich an. Auffallend ist mit rund
43 % die hohe Zunahme in der Gruppe der geringer verdichteten Kommunen. Gleichzeitig nimmt der Anteil der 25- bis unter 30- Jährigen erheblich ab. In der Altersgruppe
der 18- bis unter 25-Jährigen können für einige Städte des höher verdichten Raumes
(Bochum, Dortmund Essen und Mülheim an der Ruhr) Zuw ächse festgestellt w erden.
Dies unterstreicht die Bedeutung des höher verdichteten Raumes als Zielregion für
Ausbildungs- und Berufswanderungen, ist jedoch auch darauf zurückzuführen, dass
die Kohorten dieser Altersgruppen derzeit sehr stark besetzt sind (Demografisches
Echo der Baby-Boomer-Generation der 1960er Jahre) und dementsprechend starke
Wanderungsströme auslösen (vgl. Abb. 2.08).
17
Abb. 2.08: Bevölkerungsentwicklung nach Altersgruppen von 1995 bis 2008
in %
50
40
30
20
10
0
-10
-20
-30
-40
Quelle: Eigene Berechnungen nach I T. NRW
Gesamt
unter 18 Jahre
18 bi s un ter 25 Jahre
25 bis unter 3 0 Ja hre
30 bi s un ter 50 Jahre
5 0 bis unter 6 5 Ja hre
NRW
Ruhrge biet
Kreis Unn a
Enn epe-Ruh r-Kre is
Kre is
Recklin ghause n
Kre is Wesel
Oberhause n
Mülhe im an de r
Ruhr
Hern e
Hamm
Hage n
Gel senkirche n
Esse n
Duisbu rg
Do rtmund
Bottro p
Bo ch um
-50
übe r 65 Jah re
Der Altenquotient, ein Indikator für das Verhältnis der nicht mehr erw erbstätigen Bevölkerung im Verhältnis zur erwerbsfähigen Bevölkerung, liegt im Verbandsgebiet mit
34,6 % höher als der Landesdurchschnitt von 32,4 %. Insbesondere im Süden des
Verbandsgebiets ist der Altenquotient höher als im regionalen Durchschnitt. Ausnahmen stellen hier die Städte Breckerfeld und Wetter (Ruhr) dar. Unter den Städten des
übrigen Verbandsgebiets trifft das insbesondere auf Hünxe, Moers, Marl, Herten und
Castrop-Rauxel zu. Bezogen auf die drei Raumstrukturtypen steigt der Altenquotient
mit steigender Siedlungsflächendichte.
Allerdings stellte sich die Entw icklung der Bevölkerungsgruppe der über 65-Jährigen
in den kreisangehörigen Städten und Gemeinden besonders dynamisch dar. In der
Gruppe der höher verdichteten Kommunen w ächst diese Gruppe weniger stark, w as
dazu führt, dass sich hier die w eitere Altersstrukturverschiebung deutlich verlangsamt
hat (vgl. Abb. 2.09).
18
Abb. 2.09: Altenquotient 2008 und Bevölkerungsentw icklung nach Altersgruppen von 1995 bis 2008
Raumstrukturt yp
Altenquotient
2008 (in % )
Höher verdichtet
34,6
Entwicklung d er
Alter sgruppe über 65 Jahre
1995-2008 (in % )
+ 14,3
Verdichtet
34,4
+ 25,5
Geringer verdichtet
32,5
+ 42,9
RVR
34,4
+ 19,1
2.1.4 Heterogenisierung der Bevölkerung
Neben der Alterung stellen die Veränderung der Haushaltszusammensetzung (Individualisierung) sow ie die Veränderung der Bevölkerung nach ihrer Herkunft ( Internationalisierung) w ichtige Struktur merkmale des demografischen Wandels dar, die unter
dem Stichw ort einer zunehmenden Heterogenisierung der Bevölkerung zusammengefasst w erden.
Individualisierung
Betrug die durchschnittliche Haushaltsgröße in Nordrhein-Westfalen 1950 noch
3,05 Personen, so sank dieser Anteil im Laufe der Jahre kontinuierlich auf nur noch
2,09 Personen im Jahre 2008. Dieser Trend zu einer immer geringeren Haushalts19
größe ist auch im Verbandsgebiet zu beobachten. So beträgt die durchschnittliche
Haushaltsgröße 2008 im Durchschnitt 2,05 Personen pro Haushalt.
Zurückzuführen ist dies unter anderem auf veränderte gesellschaftliche Rahmenbedingungen und Grundeinstellungen, die z.B. in einem Trend zur Singlew ohnung jüngerer Bevölkerungsgruppen münden. Zum anderen führt die höhere Lebenserw artung von Frauen dazu, dass es einen zunehmenden Anteil von Ein- PersonenHaushalten bei den älteren Bevölkerungsgruppen gibt. Das Ergebnis dieser Entw icklungen ist eine deutliche Zunahme von Ein- Personen-Haushalten, deren Anteil an
allen Haushalten in Nordrhein-Westfalen von w eniger als 20 % im Jahr 1950 auf 38,8
% im Jahr 2008 (RV R = 39,5 %) gestiegen ist. Demgegenüber steht eine kontinuierliche Abnahme von Haushalten mit drei und mehr Personen (vgl. Abb. 2.10).
Abb. 2.10: Entw icklung des Anteils der Privathaushalte nach Haushaltsgröße in
Nordrhein-Westfalen von 1950 bis 2008
Diese Entw icklung, die eng mit einem zunehmendem Wohlstand der Bevölkerung
verbunden ist, führt letztlich dazu, dass trotz rückläufiger Einw ohnerzahlen die Nachfrage nach Wohnungen stetig gestiegen ist. Messbarer Effekt ist, dass die Wohnfläche je Einw ohner seit 1995 in einzelnen Kommunen des Verbandsgebiets um bis zu
7,3 m2 angew achsen ist. Am höchsten ist dieses Wachstum in der Gruppe der geringer verdichteten Kommunen, mit steigender Siedlungsflächendichte ist es geringer.
Gleichzeitig ist die Wohnfläche je Einw ohner in den geringer verdichteten Kommunen
am höchsten (vgl. auch Kapitel 4.2.3). Die größte Wohnfläche steht in den Kommunen Alpen, Herdecke und Sprockhövel aber auch in Mülheim an der Ruhr mit mehr
als 42 m2 pro Einw ohner zur Verfügung (vgl. Abb. 2.11).
Insgesamt ist die Wohnfläche je Einw ohner im Verbandsgebiet mit 38,8 m² geringer
als im Landesdurchschnitt (40,4 m² Wohnfläche je Einw ohner).
20
Abb. 2.11: Wohnfläche je Einw ohner 2008 und Entw icklung der Wohnfläche je
Einw ohner von 1995 bis 2008
Raumstrukturt yp
Wohnfläche je
Ein wohner in m2
Höher verdichtet
38,3
Entwicklung d er
Wohnfläche je EW
1995 bis 2008 in m2
+ 4,5
Verdichtet
39,1
+ 5,2
Geringer verdichtet
40,8
+ 5,4
RVR
38,8
+ 4,8
21
Internationalisierung
In der jüngeren Vergangenheit w ird bei der Betrachtung der Internationalisierung zu5
nehmend zw ischen der ausländischen Bevölkerung und den Personen mit Migrationshintergrund6 unterschieden, die erstmals seit dem Mikrozensus 2005 systematisch durch die amtliche Statistik erfasst wurden. Letztere bilden die durch Einbürgerung von Ausländern und Zuw anderung von sog. deutschen Volkszugehörigen aus
den postkommunistischen Staaten entstandene Personengruppe, die unter Migrationsfolgen leiden, ab. Diese Gruppe ist demnach größer als die auf dem Staatszugehörigkeitsrecht basierende Abgrenzung zw is chen Deutschen und Ausländern. Um
einen vollständigen Überblick zu erhalten, w erden im Folgenden sow ohl die Entw icklung der Ausländer als auch die Entw icklung der Personen mit Migrationshintergrund
dargestellt.
Im Vergleich zu Nordrhein-Westfalen liegt der Ausländeranteil bezogen auf das gesamte Verbandsgebiet geringfügig höher. Während der Anteil der ausländischen Bevölkerung in Nordrhein-Westfalen 2008 10,5 % betrug, so lag dieser Wert für den
RVR bei 11,7 %. Dieses ist nicht zuletzt auf die Siedlungsstruktur zurückzuführen. Im
Verbandsgebiet ist sie durch Großstädte geprägt (vgl. Kap. 8), die im Allgemeinen
einen höheren Ausländeranteil aufw eisen. Innerhalb der Region existieren erhebliche
Unterschiede zw ischen den kreisfreien Städten und den kreisangehörigen Kommunen. So sind beispielsw eise 16,6 % der Bevölkerung Duisburgs ausländischer Herkunft, in Scher mbeck hingegen nur 1,9 %. Der Anteil der nichtdeutschen Bevölkerung
ist in den meisten Städten und Gemeinden gleich bleibend bis rückläufig. In einzelnen
Kommunen w urden geringfügige Steigerungen um mehr als 1,0 % festgestellt (vgl.
Abb. 2.12). Insgesamt ist die internationale Zuw anderung in die Region seit 1995 stetig rückläufig und w ar 2008 erstmals negativ.
Der Anteil der Ausländer an der Gesamtbevölkerung steigt mit zunehmender Siedlungsflächendichte. So liegt der Anteil in den geringer verdichteten Kommunen bei
5,5 %, in den verdichteten Kommunen bei 10,0 % und steigt in den höher verdichteten Städten auf 13,3 % an. In der Gruppe der höher verdichteten Kommunen ist der
Ausländeranteil zw ischen 1995 und 2008 nicht gesunken (vgl. Abb. 2.12).
5
Ausländer sind Personen, die nicht Deutsche im Sinne des Artikels 116 Absatz 1 des Grundgesetzes
sind. Dazu zählen auch Staatenlose und Personen mit ungeklärter Staatsangehörigkeit. Ausländer/innen gehören zu den Personen mit Migrationshintergrund. Sie können in Deutschland geboren
oder zugewandert sein.
6
Zu den Personen mit Migrationshintergrund gehört die ausländische Bevölkerung - unabhängig dav on,
ob sie im Inland oder im Ausland geboren wurde - sowie alle Zugewanderten unabhängig von ihrer Nationalität. Daneben zählen zu den Personen mit Migrationshintergrund auch die in Deutschland geborenen eingebürgerten Ausländer sowie eine Reihe von in Deutschland Geborenen mit deutscher
Staatsangehörigkeit, bei denen sich der Migrationshintergrund aus dem Migrationsstatus der Eltern ableitet. Zu den letzteren gehören die deutschen Kinder (Nachkommen der ersten Generation) v on Spätaussiedlern und Eingebürgerten und zwar auch dann, wenn nur ein Elternteil diese Bedingungen erf üllt, während der andere keinen Migrationshintergrund auf weist. Außerdem gehören zu dieser Gruppe
seit 2000 auch die (deutschen) Kinder ausländischer Eltern, die die Bedingungen f ür das Optionsmodell erf üllen, d.h. mit einer deutschen und einer ausländischen Staatsangehörigkeit in Deutschland geboren wurden.
22
Abb. 2.12: Anteil der Ausländer an der Gesam tbevölkerung 2008
Raumstrukturt yp
Anteil d er Ausländer an
der Gesamtbevölkerung
(in % )
Entwicklung d es Ausländeranteils
1995 – 2008 (in % )
Höher verdichtet
13,3
+ 0,1
Verdichtet
10,0
- 1,5
Geringer verdichtet
5,5
- 1,5
RVR
11,7
- 0,5
Im Gegensatz zum Ausländeranteil w ird bei der Betrachtung der Bevölkerung mit
Migrationshintergrund auch jene Bevölkerung in Betracht gezogen, die in den letzten
Jahrzehnten nach Deutschland zugezogen ist, oder die mindestens einen ausländischen bzw. zugezogenen Elternteil haben. Der Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund ist mit 24,2 % im Verbandsgebiet geringfügig höher als in NordrheinWestfalen (23,1 %).
Innerhalb des Verbandsgebietes ergeben sich jedoch erhebliche Unterschiede. Während in Hagen fast ein Drittel der Bevölkerung über einen Migrationshintergrund verfügt, sind dies im Kreis Wesel nur w enig mehr als 10 % (vgl. Abbildung 2.13). Der
Anteil der Personen mit Migrationshintergrund an der Gesamtbevölkerung nimmt bei
jüngeren Altersgruppen deutlich zu.
23
Abb. 2.13: Anteil der Bevölkerung m it Migrationshintergrund an der Gesam tbevölkerung 2008
24
2.2 Vorausberechnung der demografischen Entwicklung bis
2030
Bevölkerungsvorausberechnungen zeigen, w ie sich die Bevölkerungszahl und der
Altersaufbau unter bestimmten Annahmen zur Entw icklung w esentlicher demografischer Einflussfaktoren - Geburtenhäufigkeit, Sterblichkeit und Wanderungen - verändern. Die Vorausberechnung der Bevölkerung stellt eine w esentliche Grundlage für
die räumliche Planung dar, da durch die Zahl und Zusammensetzung der Bevölkerung z.B. die Nachfrage nach Wohnraum oder Infrastruktur determiniert w ird.
Die hier dargestellte Bevölkerungsvorausberechnung ist die Modellrechnung von
IT.NRW in der Basisvariante. Die Werte beziehen sich jew eils auf den 1. Januar eines Jahres. Der Ausgangsw ert der Modellrechnung ist die Bevölkerungszahl vom
01.01.2008. Das Zieljahr der Vorausberechnung ist 2030. Die der Vorausberechnung
zu Grunde liegende Methoden und Annahmen w erden im Anhang detailliert beschrieben.
Bei allen methodischen Schw ierigkeiten, denen Vorausberechnungen in die Zukunft
unterliegen (z.B. Auswahl des Stützzeitraums der Prognose, hohe Variabilität der
Wanderungssalden, zunehmende Ungenauigkeit), ist die hier verw endete Vorausberechnung die zurzeit aktuellste, die auf Gemeindeebene vorliegt und die auf Basis
einer einheitlichen Berechnungs methodik erstellt w urde.
Die gemeindescharfe Prognose, die für alle Gemeinden vergleichbare Annahmen
zugrunde legt, zeigt auf, w ie sich verschiedene Städte und Gemeinden unter Statusquo-Bedingungen im Verhältnis zueinander entw ickeln w erden, w enn sich an den
äußeren Rahmenbedingungen nichts ändert. Etw aige Abw eichungen zu Berechnungen einzelner Städte und Gemeinden ergeben sich aus dem zugrunde liegenden
Stützzeitraum der Daten und aus den Annahmen zum generativen Verhalten sow ie
zu den prognostizierten Wanderungen. Die hier verw endeten Daten können auch von
normativen Vorgaben zur Bevölkerungsentw icklung (Zielw erte) abw eichen, w ie sie
z.B. im Rahmen der Flächennutzungsplanung aufgestellt w erden. Zudem kann bereits die erfolgreiche Vermarktung eines Baugebietes, vor allem in kleineren Gemeinden, zu Abw eichungen von Prognoseergebnissen führen.
Für größere Teilräume, w ie das Verbandsgebiet als Ganzes, stellen die Berechnungen jedoch relativ verlässliche Grundlagen dar, da der Großteil der Wanderungen
sich innerhalb einer Region vollzieht und die natürlichen Bevölkerungsbew egungen
relativ konstant sind.
2.2.1 Entwicklung der Bevölkerungszahlen bis 2030
Die rückläufige Bevölkerungsentw icklung des Verbandsgebiets w ird sich nach den
Vorausberechnungen von IT.NRW auch in Zukunft fortsetzen. Danach w erden auch
diejenigen Städte und Gemeinden Schrumpfungstendenzen aufw eisen, die in den
letzten Jahren über stabile Bevölkerungsgew inne verfügt haben. Langfristig können
die Wanderungsgew inne zunehmende Sterbefallüberschüsse auch hier nicht kompensieren. In Bezug auf das Jahr 2008 w ird für das Jahr 2030 ein Rückgang von rund
416.000 Einw ohner bzw . 7,7 % im Verbandsgebiet erw artet. Die Gesamtbevölkerung
des Verbandsgebiets würde demnach im Jahr 2030 bei ca. 4,78 Mio. Einw ohnern
liegen. Von dieser Entw icklung w erden die Kommunen ganz unterschiedlich stark
beeinflusst.
25
Hohe Bevölkerungsrückgänge bei den kreisangehörigen Städten bis 2030 w erden
demnach die Städte Ennepetal, Fröndenberg/Ruhr und Gevelsberg zu verzeichnen
haben. Hier könnten Verluste von mehr als 20 % eintreten. Die geringsten Rückgänge w erden für Schermbeck, Dinslaken und Breckerfeld erw artet.
Die Entw icklung der Bevölkerungszahl der kreisfreien Städte zeigt sich ebenfalls
deutlich differenziert. Während für Dortmund lediglich moderate Verluste von 2,6 %
vorausberechnet w erden, könnten die Rückgänge in Hagen mehr als 15 % betragen.
Insgesamt w ird sich der Bevölkerungsrückgang außerhalb der Gruppe der höher verdichteten Kommunen relativ stärker ausw ir ken. Dies ist nicht zuletzt Folge der heute
schon zu beobachteten Altersstrukturverschiebung und den damit einhergehenden
Sterbefallüberschüssen (vgl. Abb. 2.14).
Abb. 2.14: Prognostizierte Entw icklung der Bevölkerung bis 2030
Raumstrukturt yp
Entwicklung 2008 2030 (in Person en)
Höher verdichtet
- 254.912
- 7,5
Verdichtet
- 142.052
- 10,6
Geringer verdichtet
- 49.410
- 10,0
RVR
- 446.374
- 8,5
26
Entwicklung
2008 - 2030 (in % )
2.2.2 Veränderung der altersstrukturellen Zusammensetzung
Auch in Zukunft ist mit einer Zunahme der Anteile älterer Personen bei Abnahme jüngerer Menschen zu rechnen. So werden in Dorsten, Herdecke, Holzw ickede, Hünxe,
Kamen, Selm, Sprockhövel, Voerde (Niederrhein) und Waltrop im Jahr 2030 voraussichtlich mehr als 62 Menschen im Alter über 65 Jahre auf 100 Menschen im erwerbsfähigen Alter zw ischen 18 und 65 Jahren kommen (vgl. Abb. 2.15).
Abb. 2.15: Altenquotient 2030 und Bevölkerungsentw icklung nach Altersgruppen 2008 bis 2030 (Prognose)
Raumstrukturt yp
Entwicklung d er Alter sgruppen 2008 - 2030 in %
< 18
18-25
25-30
30-50
50-65
> 65
Höher verdichtet
-16,0
-25,5
-12,8
-16,9
-3,4
+16,4
Verdichtet
-26,4
-32,6
-19,4
-25,4
-3,3
+27,1
Geringer verdichtet
-31,0
-33,4
-19,5
-31,8
-1,3
+44,7
RVR
-20,3
-28,0
-14,9
-20,5
-3,2
+21,6
Eine vergleichsw eise ‚junge’ Bevölkerungsstruktur (auf die Gesamtstadt bezogen)
wird dann in den großen Städten des höher verdichteten Raumes w ie Bochum, Dortmund, Duisburg, Essen, Gelsenkirchen und Oberhausen sow ie in der Stadt Hamm im
verdichteten Raum zu finden sein. Grundsätzlich liegt der Altenquotient im Verbandsgebiet mit 34,1 zu Beginn des Jahres 2008 und 49,2 im Jahr 2030 über dem Landesdurchschnitt von derzeit 32,1 und prognostiziert 47,5 im Jahr 2030.
27
Demnach w ird der bereits heute erkennbare Prozess einer verstärkten Alterungsdynamik außerhalb der höher verdichteten Städte dazu führen, dass an den Rändern
des Verbandsgebiets eine deutlich ältere Bevölkerung ansässig sein w ird. So ist damit zu rechnen, dass sich der Altenquotient in einigen Kommunen der Gruppe der
geringer verdichteten Kommunen um mehr als 30 % erhöhen w ird (vgl. Abb. 2.16).
Abb. 2.16: Dynam ik der Alterung 2008 bis 2030 (Prognose)
Raumstrukturt yp
Altenquotient
2030 (in % )
Höher verdichtet
46,4
Veränd erung des Altenquotienten zw. 2008 und 2030
in Prozentpunkten
+ 11,9
Verdichtet
53,3
+ 19,3
Geringer verdichtet
58,9
+ 26,9
RVR
49,2
+ 15,1
28
2.2.3 Zusammenwirken von Alterungsdynamik und Einwohnerentwicklung
Aus der Kombination der Komponenten ‚Einw ohnerentw ic klung’ und ‚Dynamik der
Alterung’ können vier Demografietypen für das Verbandsgebiet herausgearbeitet
werden, die sich aus der Stärke der jew eiligen Entw icklungstendenzen ergeben (vgl.
Abb. 2.17):
Abb. 2.17: Zusammenw irken von Alterungsdynam ik und Bevölkerungsentwicklung zw ischen 2008 und 2030
» Typ 1: Starke Schrumpfung bei hoher Alterungsdynamik. Diese Kommunen
sind einem doppelten Anpassungsdruck ausgesetzt. Sie haben die Folgen von
Schrumpfungsprozessen zu verarbeiten und müssen sich auf die Erfordernisse
einer alternden Gesellschaft einstellen.
» Typ 2: Starke Schrumpfung bei geringer Alterung. Diese Kommunen sind durch
Schrumpfung gekennzeichnet, haben aber eine unterdurchschnittliche Alterungsdynamik. Zu diesem Typ zählen Duisburg, Gelsenkirchen, Bochum und
Recklinghausen sow ie Hagen, Ennepetal und Schw elm.
» Typ 3: Geringe Schrumpfung bei hoher Dynamik der Alterung. Diese Gemeinden können trotz zum Teil erheblicher Wanderungsgew inne die natürlichen Bevölkerungsverluste nicht kompensieren. Gleichzeitig w eisen diese Kommunen
eine hohe Alterungsdynamik bzw . Altenquotienten auf. Vor allem Städte und
29
Gemeinden, die in den letzten 20 Jahren hohe Suburbanisierungsgew inne verzeichnen konnten, gehören zu diesem Typ.
» Typ 4: Geringe Schrumpfung bei geringer Alterung. Vor allem in den Großstädten Oberhausen, Mülheim an der Ruhr, Essen und Dortmund stabilisieren sich
die bisher äußerst dynamischen Schrumpfungs- und Alterungsprozesse. Der
weitere Anpassungsdruck fällt hier relativ gering aus.
2.2.4 Entwicklung der Haushalte bis 2030
Die Zahl der Haushalte w ird sich nach Modellrechnungen 7 von IT.NRW bis zum Jahr
2030 im Verbandsgebiet um rund 3,5 % verringern. Dabei ist davon auszugehen,
dass die Haushalte bis zum Jahr 2020 eher stagnieren w erden und in den Folgejahren ein beschleunigter Rückgang stattfinden w ird. Von diesem Rückgang sind die
Kreise und kreisfreien Städte unterschiedlich stark betroffen. Die stärksten Rückgänge von mehr als 6 % haben demnach Hagen, Bochum und Herne zu erw arten. Steigende Haushaltszahlen w erden für den Kreis Wesel sow ie für die Städte Dortmund
und Hamm prognostiziert. Hier liegen Zuw ächse über dem Landesdurchschnitt von +
1,5 % (vgl. Tab. 2.03).
Tabelle 2.02:
Entw icklung der Haushaltszahlen in den Kreisen und kreisfreien
Städten des Verbandsgebiets 2010 bis 2030 (Trendvariante)
2010
2015
2020
2025
2030
199.300
54.400
301.400
243.800
305.500
131.700
91.900
87.200
84.200
82.900
103.500
165.100
295.500
187.900
215.500
198.300
54.500
309.700
242.900
306.400
123.500
87.100
90.700
84.300
83.500
102.800
165.300
296.400
185.800
221.200
195.200
54.400
311.500
240.100
304.900
130.500
84.900
90.600
82.700
83.400
102.700
163.000
293.200
184.000
221.600
190.700
53.900
310.000
236.000
301.300
127.800
82.100
90.000
81.000
82.800
102.200
159.500
288.100
180.700
220.800
186.000
53.200
306.400
231.600
297.000
124.300
79.200
88.900
79.000
81.600
100.600
155.800
282.300
176.900
218.700
Entwicklung
2010 - 2030
in %
-6,7
-2,2
1,7
-5,0
-2,8
-5,6
-13,8
1,9
-6,2
-1,6
-2,8
-5,6
-4,5
-5,9
1,5
2.542.700
8.759.100
2.506.900
8.755.600
2.461.500
8.700.700
-3,5
1,5
Zahl der H aushalt e
Bochum
Bottrop
Dortmund
Duisburg
Essen
Gelsenkir chen
Hagen
Hamm
Herne
Mülheim an d er Ruhr
Oberhausen
Ennepe-Ruhr-Kreis
Kreis Recklinghausen
Kreis Unna
Kreis W esel
Regionalverband Ruhr
2.549.800
2.552.400
Nordrhein-W estfalen
8.568.200
8.702.400
Quelle: IT.NRW und eigene Berechnungen nac h IT.NRW
Der bereits in der Vergangenheit zu beobachtende Trend einer Verkleinerung der
Haushalte w ird auch in der Zukunft fortgeschrieben. Es w ird erwartet, dass sich der
Anteil der Ein- Personen-Haushalte bei ca. 40 % stabilisiert. Zuw ächse sind bei den
7
Die hier verwendeten Daten sind Vorausberechnung der Haushalte v on IT.NRW und beziehen sich auf
den Zeitraum 2010 bis 2030. Die Zahlen beruhen demnach auf einem einheitlichen Haushaltsgenerierungsmodell. Die dargestellte Trendv ariante berücksichtigt f ür den Berechnungshorizont die auf der
Ebene der einzelnen kreisf reien Städte und Kreise aus den Mikrozensusergebnissen der Jahre 2005
bis 2008 nachweisbaren stabilen Entwicklungstendenzen f ür Altersgruppen, Geschlechter und Haushaltsgrößen (v gl. IT.NRW (2009): Statistischen Analysen und Berichte. Bd. 64).
30
Zw ei-Personen-Haushalten zu erw arten. Größere Haushalte mit drei und mehr Personen w erden zukünftig weniger als 25 % aller Haushalte darstellen (vgl. Abb. 2.18).
Abb. 2.18: Prognostizierte Entw icklung des Anteils der Haushaltsgrößenklassen an den Gesamthaushalten von 2010 bis 2030
Die beschriebenen Entw icklungen führen dazu, dass die Anzahl der Einw ohner je
Haushalt ebenfalls kontinuierlich zurückgehen w ird. Betrug die durchschnittliche
Haushaltsgröße im Verbandsgebiet 2008 noch 2,05 Personen pro Haushalt, so w ird
dieser Wert bis zum Jahr 2030 auf 1,95 Personen pro Haushalt absinken (vgl. Tab.
2.04).
Tabelle 2.04:
Entw icklung der Zahl der Personen je Haushalt 2010 bis 2030
(Trendvariante)
Bochum
Bottrop
Dortmund
Duisburg
Essen
Gelsenkir chen
Hagen
Hamm
Mülheim a. d. Ruhr
Herne
Oberhausen
Ennepe-Ruhr-Kreis
Kreis Recklinghausen
Kreis Unna
Kreis W esel
2010
1,89
2,16
1,94
2,01
1,89
1,98
2,07
2,08
2,02
1,97
2,08
2,02
2,14
2,20
2,18
2015
1,85
2,11
1,88
1,97
1,86
1,90
2,10
1,97
1,97
1,90
2,06
1,95
2,07
2,16
2,09
2020
1,85
2,08
1,86
1,96
1,85
1,88
2,07
1,95
1,95
1,89
2,03
1,92
2,04
2,12
2,05
2025
1,85
2,07
1,86
1,95
1,85
1,87
2,06
1,93
1,94
1,87
2,01
1,91
2,02
2,10
2,02
2030
1,85
2,05
1,86
1,95
1,85
1,87
2,06
1,91
1,93
1,86
2,01
1,89
2,00
2,08
2,00
Regionalverband Ruhr
Nordrhein-W estfalen
2,04
2,09
1,99
2,04
1,97
2,01
1,95
1,99
1,95
1,98
Quelle: IT.NRW
31
Die kleinsten Haushalte w erden in den großen kreisfreien Städten Essen, Bochum,
Dortmund und Gelsenkirchen zu finden sein. Verhältnismäß ig hohe Besetzungszahlen w erden für Bottrop, Hagen und den Kreis Unna erw artet (vgl. Tab. 2.04).
2.3 Zusammenfassung
Nebeneinander von Schrum pfung und Wachstum
Insbesondere Städte des Ballungskerns, des Ballungsrands und des südlichen Verbandsgebietes hatten in den vergangenen 13 Jahren eine rückläufige Bevölkerungsentw icklung. Demgegenüber konnten vor allem die kleineren Kommunen in den Übergangsbereichen zum ländlichen Raum durch Zuw anderung an Bevölkerung gewinnen. Die Höhe dieser Wanderungsgew inne für die Gemeinden in den geringer
verdichteten Räumen nimmt seit einigen Jahren ab.
Wanderungen verbleiben zumeist innerhalb der Region
Die Zuw anderung in die Region von Außen hat in den letzten fünf Jahren abgenommen. Wanderungsströme verbleiben vielfach in der Region. Es kommt damit zu einer
intraregionalen Umverteilung der Bevölkerung. Überw iegend sind hierbei trotz abnehmender Dynamik Wanderungsströme vom Kern zum Rand zu beobachten. Die
Ballungskernstädte profitieren in den letzten Jahren von Zuw anderungen insbesondere junger Erw achsener. Dies unterstreicht ihre oberzentralen Funktionen als Orte der
Ausbildung und als Arbeitsplatzzentren.
Sterbefallüberschuss als Hauptkom ponente des Demografischen Wandels
Die Hauptkomponente der rückläufigen Bevölkerungsentw icklung ist der Sterbefallüberschuss. Dieser kann nur in w enigen Städten durch Wanderungsgew inne ausgeglichen w erden. Vielfach kumulieren sich negative natürliche Bevölkerungsentw icklung und Wanderungsverluste.
Starke Alterungsprozesse insbesondere im suburbanen Raum
In allen Kommunen lassen sich heute starke Alterungsprozesse feststellen. Besonders dynamisch ist die Alterung in den kreisangehör igen Städten und Gemeinden.
Der Altenquotient ist heute vor allem im südlichen Teil der Region deutlich höher als
im restlichen Verbandsgebiet. Generell ist die Bevölkerung im Verbandsgebiet älter
als im restlichen Land Nordrhein-Westfalen.
Kontinuierliche Steigerung der Wohnfläche
Die individuelle Wohnflächeninanspruchnahme hat sich aufgrund kleiner w erdender
Haushalte, aber auch durch Wohlstandseffekte, deutlich erhöht. Insgesamt liegt die
Wohnfläche je Einw ohner unter dem Landesdurchschnitt.
Zunahme der Menschen m it Migrationshintergrund insbesondere bei jüngeren
Altersgruppen
Der Anteil der Ausländer an der Gesamtbevölkerung ist insgesamt gleich bleibend
und liegt nur einen Prozentpunkt über dem Landesdurchschnitt. Gleichzeitig nimmt
jedoch der Anteil der Personen mit Migrationshintergrund insbesondere bei jüngeren
Altersgruppen stetig zu.
Bevölkerungsrückgang w ird zukünftig alle Städte und Gemeinden erfassen
Für das Jahr 2030 w ird eine rückläufige Bevölkerungsentw icklung für alle Städte und
Gemeinden des Verbandsgebietes vorausberechnet. Maßgeblich verantw ortlich hierfür werden auch in Zukunft die Sterbefallüberschüsse sein. Selbst bei erheblichen
Zuw anderungen können diese zukünftig nicht ausgeglichen w erden.
32
Alterungsprozesse halten an
Die Alterung der Gesellschaft w ir d sich weiter fortsetzen. Allerdings w erden in Zukunft
die kreisangehörigen Kommunen, vor allem im Norden und Süden des Verbandsgebietes eine deutlich ältere Bevölkerung aufw eisen als die Städte des Ballungskernes.
Haushalte und Wohnungsnachfrage verändern sich zeitlich versetzt
Mit Ausnahme des Kreises Wesel sow ie der Städte Dortmund und Hamm, w ird die
Anzahl der Haushalte, trotz einer anhaltenden Verringerung der durchschnittlichen
Haushaltsgröße, in Zukunft voraussichtlich w eiter abnehmen. Die Wohnfläche pro
Einw ohner wird voraussichtlich weiter ansteigen, jedoch langfristig einen Sättigungseffekt8 erreichen. Die Folgen des demografischen Wandels für den Wohnungs markt
werden dadurch erst mit einem gew issen Zeitverzug am Markt sichtbar.
Entstehung differenzierter Entw icklungsmuster
Die Ausw ir kungen dieser Entw icklungen für die Kommunen sind vielgestaltig und differieren stark je nach Ausprägung der wesentlichen Entw icklungskomponenten ,Veränderung der Bevölkerungszahl’, ,Veränderung der altersstrukturellen Zusammensetzung’ sow ie ,Veränderung der Haushaltszusammensetzung’. Grundsätzlich ist jedoch
damit zu rechnen, dass sich die demografische Entw icklung insbesondere auf folgende Handlungsfeldern der Stadt- und Regionalentw icklung ausw irken w ird:
» Wohnraumversorgung
» Altengerechter Stadtumbau
» Versorgung sow ie die technische und soziale Infrastruktur
Die Ausw ir kungen verlaufen zeitlich und räumlich stark differenziert, stehen jedoch
insgesamt in hoher Abhängigkeit zueinander.
8
Müller, B. u. S. Siedentop (2004): Wachstum und Schrumpfung in Deutschland - Trends, Perspektiven
und Herausforderungen für die räumliche Planung. In: Deutsche Zeitschrift für Kommunalwissenschaft,
Bd. 34, H. 1, S. 14-32.
33
34
3
Wirtschaftliche Entwicklung
Ziel des vorliegenden Kapitels ist es, auf Basis ausgewählter Indikatoren Hinw eise
auf die Struktur und Entw icklungsdynamik der regionalen Wirtschaft zu erlangen.
Hierzu gehören insbesondere die Analyse der Beschäftigtenstruktur und -entwicklung, des Arbeitskräfteangebots und der Arbeitslosigkeit. Weiterhin w erden Indikatoren in den Blick genommen, die die ökonomische Leistungsfähigkeit der regionalen
Unternehmen messen und die einen ersten Einblick in die Entw icklung des Unternehmensbestandes gew ähren. In einem w eiteren Schritt w erden branchenspezif ische
und kleinräumige Strukturen betrachtet. Hierzu zählt auch die Beschreibung lokaler
Spezialisierungen und regionaler Kompetenzfelder.
3.1 Sektorale Struktur und Entwicklung der Wirtschaft
Die w irtschaftliche Entw icklung in den Städten und Gemeinden des Verbandsgebietes war in den letzten 150 Jahren mehrfach fundamentalen Brüchen unterzogen.
Nach dem Umbruch von der Agrar- zur Industriegesellschaft, die durch einen stetigen
Anstieg der Erw erbstätigen9 insbesondere im produzierenden Sektor auf bis zu 65 %
aller Erw erbstätigen gekennzeichnet w ar, haben die Strukturkr isen der Kohlew irtschaft (Ende der 1950er Jahre), der Stahlindustrie ( Ende der 1960er, Ende der
1970er, Anfang der 1980er und in den 1990er Jahren) sow ie die
Ölkrise (1970er Jahre) zu einem Bedeutungsverlust der ehemals strukturprägenden
Montanindustrie geführt. Bedingt durch eine Vielzahl w eiterer Faktoren fand eine stetige Verschiebung der Erw erbstätigenzahlen vom produzierenden Gew erbe hin zu
den Dienstleistungen statt. Dieser Prozess hat dazu geführt, dass heute im Verbandsgebiet neben den 22 % Erw erbstätigen des Produzierenden Gew erbes ca.
77 % der Erw erbstätigen dem Dienstleistungssektor zuzuordnen sind.
Die Ursachen dieses nicht nur für das Verbandsgebiet geltenden Prozesses stellen
sich überaus komplex dar und stehen in gegenseitiger Abhängigkeit zueinander:
» Produktivitätsfortschritte in der Agrarproduktion und Güterherstellung setzen
Arbeitskräfte frei, die in den Dienstleistungssektor verlagert w erden. Der nachfragebedingt w achsende Dienstleistungssektor dient als Auffangbecken für die
freigesetzten Arbeitskräfte. Zudem unterliegen die Rationalisierungsmöglichkeiten im
Dienstleistungssektor teilw eise stärkeren Einschränkungen.
Für das Verbandsgebiet kann jedoch festgestellt w erden, dass es nicht vollständig gelungen ist die Beschäftigungsverluste in der Industrie durch Gew inne
bei den Dienstleistungsbeschäftigten zu kompensieren.
9
Zu den Erwerbstätigen zählen alle Personen, die eine auf Erwerb gerichtete Tätigkeit ausüben, unabhängig v on der Dauer der tatsächlich geleisteten oder v ertragsmäßig zu leistenden Arbeitszeit. Für die
Zuordnung zu den Erwerbstätigen ist es unerheblich, ob aus dieser Tätigkeit der überwiegende Lebensunterhalt bestritten wird oder nicht. Einbezogen sind demnach auch Personen, die ‚geringfügigen
Beschäftigungen’ nachgehen. Im Falle mehrerer Tätigkeiten wird die Person nur einmal gezählt. Nicht
zu den Erwerbstätigen zählen Personen, die ausschließlich Priv atv ermögen verwalten (z. B. Immobilien, Geldv ermögen, Wertpapiere).
Die Statistik der sozialv ersicherungspflichtig Beschäftigten der Bundesagentur für Arbeit beruht auf den
Meldungen der Arbeitgeber zur Kranken-, Renten-, Pf lege- und/oder Arbeitslosenversicherung. Hier
werden alle sozialv ersicherungspflichtig beschäftigten Arbeitnehmer (circa 75 bis 80 % aller abhängig
Beschäftigten) erf asst. Nicht berücksichtigt sind nicht sozialv ersicherungspf lichtige Beamte, Selbständige, unbezahlt mithelfende Familienangehörige und Personen, die ausschließlich in so genannten Mini-Jobs tätig sind.
35
» Steigende Nachfrage nach Wirtschaftsdiensten aus dem Unternehmensbereich
durch Externalisierung (Auslagerung) und Intensivierung (Mehreinsatz) produktionsnaher Dienste. Dies bedeutet z.B.:
»
»
»
»
Neue Organisationskonzepte (z.B. Lean Production) führen zu einer Externalisierung zuvor selbst erbrachter Dienste.
Kürzere Produkt- und Produktionslebenszyklen und komplexere Produkte
führen zur Nachfrage nach Forschungs- und Entw icklungsaktivitäten sow ie
nach zusätzlichen Serviceleistungen.
Die w eltw eite Arbeitsteilung und der Einsatz moderner Logistikkonzepte
führen zu einem steigenden Bedarf an Transport- und KommunikationsDienstleistungen.
Anstieg der Realeinkommen aufgrund des w irtschaftlichen Entw icklungsprozesses erhöht die private Nachfrage nach Industriegütern und später
nach Dienstleistungen. Generell lassen steigende Einkommen und ein gewachsenes Zeitbudget die Nachfrage in den Bereichen Kultur, Unterhaltung, Freizeit u. a. m. anw achsen. Auch gesellschaftliche Veränderungen,
wie z.B. die w achsende Zahl kleiner Haushalte oder die Berufstätigkeit von
Frauen, führen zu einer erhöhten Nachfrage nach verschiedenen Dienstleistungen.
» Bei den personenbezogenen Dienstleistungen sind vor allem der demografische Wandel und die gestiegenen Einkommen zu nennen. So führt der w achsende Anteil von älteren Menschen in unserer Gesellschaft zu einer w achsenden Nachfrage nach Dienstleistungen (z.B. im Gesundheitsbereich).
» Soziologische Ursachen hängen insbesondere mit der w achsenden Komplexität
sozialer und ökonomischer Systeme zusammen. Mit der zunehmenden Kompliziertheit der Gesellschaft steigt ihr Bedarf an Regelung, Vermittlung und Steuerung; sie erfordert ein Mehr an Planung, Abstimmung und Kontrolle sow ie ein
Mehr an Kompetenzen und Ausbildung.
Abb. 3.01: Entw icklung des Anteils der Erwerbstätigen nach Wirtschaftssektoren zw ischen 1991 und 2008
in %
90
80
70
Dienstleistung ssektor
60
50
40
Produzierend es Gewerb e
30
20
10
Quelle: Eigene Berechnungen nach IT.NRW
0
1991
1 992
199 3
1994
1 995
199 6
1997
1 998
199 9
2000
2 001
200 2
2003
2 004
200 5
2006
2 007
RVR
Duisburg
Essen
Mülheim an der Ruhr
Oberhausen
Krei s Wesel
Bottrop
Gelsenkirchen
Krei s Recklinghausen
Bochum
Dortmund
Hagen
Hamm
Herne
Ennepe-Ruhr-Kreis
Kreis Unna
NRW
36
200 8
Diese generelle Entw icklung gilt auch für alle Städte und Gemeinden des Verbandsgebietes, w enngleich sich zum Teil deutliche kleinräumige Unterschiede in der Bedeutung der einzelnen Sektoren ergeben. So ist die Wirtschaftsstruktur vieler kreisangehöriger Kommunen des Ennepe-Ruhr-Kreises sow ie der Kreise Recklinghausen,
Unna und Wesel, aber auch der Großstädte Duisburg, Mülheim an der Ruhr und Bochum von einer hohen Bedeutung des produzierenden Gew erbes geprägt. Insgesamt
kann für das Verbandsgebiet jedoch festgestellt w erden, dass die Industriedichte unterhalb des Landesdurchschnitts liegt (vgl. Abbildung 3.02).
Abb. 3.02: Industriedichte 2007
Raums trukturty p
Industriedichte 2007
Höher ver dichtet
55,0
Verdichtet
75,6
Geringer v erdichtet
47,6
RVR
59,5
37
Der Großteil der Beschäftigten konzentriert sich räumlich auf die großen Städte des
mittleren Verbandsgebietes (vgl. Abb. 3.03). In den vier Städten Duisburg, Essen,
Bochum und Dortmund befinden sich mehr als 45 % aller sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze; der Bevölkerungsanteil dieser Städte liegt bei 39 %. Auch Ennepetal, Hagen, Kamp-Lintfort, Marl, Mülheim an der Ruhr, Unna, Wesel und Wetter
(Ruhr) sind, gemessen an ihrer Einw ohnerzahl, überproportional bedeutsame Beschäftigungsschwerpunkte (vgl. Kapitel 8).
Abb. 3.03: Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte nach Wirtschaftssektoren
2008
Raums trukturty p
Prod.
Gewerbe
Anteil SvB
Höher ver dichtet
25,6 %
Handel,
Gastgew.,
Verkehr
Anteil SvB
23,4 %
Verdichtet
36,1 %
24,0 %
39,7 %
Geringer v erdichtet
33,2 %
25,0 %
40,4 %
RVR
28,7 %
23,7 %
47,4 %
38
Qual. Dienstleistungen
Anteil SvB
50,9 %
Essen und Dortmund sind darüber hinaus die bedeutsamsten Dienstleistungsstandorte im Verbandsgebiet, insbesondere für qualifizierte Dienstleistungsangebote 10. Die
hier und in den anderen Städten des Verbandsgebietes etablierten, unternehmensbezogenen, spezialisierten und hochw ertigen Dienstleistungen stehen in engen gegenseitigen Interaktionsbeziehungen zur Produktion und tragen durch spezialisierte
Angebote sow ie durch Forschung und Entw icklung zur Steigerung der w irtschaftlichen Leistungs- und Innovationsfähigkeit der Region bei. Gleichzeitig führen Steigerungen der industriellen Produktion zu einer erhöhten Nachfrage nach unternehmensbezogenen Dienstleistungen. Zugleich bilden diese das Fundament für die Ansiedlung w eiterer Unternehmen auch des produzierenden Sektors. Bilden Unternehmen des Dienstleistungssektors und des Produzierenden Sektors entlang von Wertschöpfungsketten räumliche Ballungen aus, spricht man von regionalen Kompetenzfeldern bzw. Clustern (vgl. Kapitel 3.3.4).
Es kann festgestellt w erden, dass die w irtschaftliche Struktur des Verbandsgebietes
sich in den letzten Jahren grundlegend verändert hat. Entstanden ist eine diversifizierte und eng miteinander verw obene Struktur sich ergänzender und unterstützender
Industrien und Dienstleistungsangebote mit unterschiedlichen räumlichen Schw erpunkten.
3.2 Struktur und Entwicklung der Beschäftigung und des
Arbeitskräfteangebots
3.2.1 Entwicklung der Erwerbstätigen und sozialversicherungspflichtig
Beschäftigten
Die Entw icklung der Erw erbstätigen im Verbandsgebiet w ar in der Zeit von 1995 bis
2008 mit 5,9 % steigend. Diese Entw icklung ist nicht zuletzt einem w achsenden Anteil
Selbständiger (+ 22,3 %) an allen Erw erbstätigen zuzuschreiben. Mit mehr als 10 %
Wachstum w ar die Gesamtentw icklung der Erw erbstätigen im Kreis Wesel, in Bottrop,
im Kreis Unna und in Dortmund besonders stark ansteigend. Hier konnten auch überdurchschnittlich hohe Zuw ächse bei den Arbeitnehmern verzeichnet w erden. Insgesamt w ar die Gesamtentw icklung der Erw erbstätigen im Verbandsgebiet jedoch
weniger dynamisch als in Nordrhein- Westfalen. Demgegenüber steht ein überdurchschnittliches Wachstum beim Anteil der Selbständigen (vgl. Tab. 3.01).
Bei der Interpretation der Entw icklung der Selbständigen ist zu berücksichtigen, dass
die Entw icklung der Zahl der Selbständigen durch die Arbeitsmarktreformen seit dem
10
Zu den qualifizierten Dienstleistungsbeschäftigten zählen im Sinne der vorliegenden Analyse die
sozialv ersicherungspf lichtig Beschäftigten der Wirtschaftsabschnitte J bis U der Klassif ikation der
Wirtschaftszweige 2008 (WZ 2008) bzw. die Wirtschaftsabschnitte J bis Q der Klassif ikation der Wirtschaftszweige 2003 (WZ 2003). Die Qualif izierten Dienstleistungen können in zwei Untergruppen diff erenziert werden. Diese sind nach der WZ 2003 a) Finanzierung, Vermietung u. Unternehmensdienstleistungen mit den Abschnitten J Kredit- und Versicherungsgewerbe; K Grundstücks- und
Wohnungswesen, Vermietung beweglicher Sachen, Erbringung v on wirtschaftlichen Dienstleistungen, anderweitig nicht genannt) sowie b) Öffentliche und priv ate Dienstleistungen mit den Abschnitten L Öffentliche Verwaltung, Verteidigung, Sozialv ersicherung; M Erziehung und Unterricht, N Gesundheits-, Veterinär- und Sozialwesen; O Erbringung von sonstigen öffentlichen und persönlichen
Dienstleistungen; P Priv ate Haushalte mit Hauspersonal; Q Exterritoriale Organisationen und Körperschaften.
Ihnen gemeinsam ist ein hoher Anteil hoch qualifizierter Beschäftigter. Sie sind vielf ach unternehmensorientiert oder dienen der Steuerung, Lenkung und Entscheidungsf indung. Die Tätigkeiten umf assen insbesondere die Informationsverarbeitung und das Angebot immaterieller Güter.
39
Jahr 2003 (Existenzgründerzuschuss, ,Ich-AG’) stark beeinflusst wurde. Vielfach ist
demnach der kurzfristige Weg aus der Arbeitslosigkeit das Motiv für eine Existenzgründung und w eniger die dauerhafte Sicherstellung einer selbständigen Existenz.
Tabelle 3.01: Entw icklung der Erwerbstätigen zw ischen 1995 und 2008
Er werb stätige 11 (in 1.000)
darunter
insgesamt
1995
2008
Bochum
Bottrop
Dortmund
Duisburg
Essen
Gelsenkir chen
Hagen
Hamm
Herne
Mülheim an d er Ruhr
Oberhausen
Ennepe-Ruhr-Kreis
Kreis Recklinghausen
Kreis Unna
Kreis W esel
181,4
42,5
269,8
210,6
291,2
113,9
102,2
74,1
57,3
75,9
86,2
134,8
224,0
141,0
162,0
184,0
47,4
297,9
225,0
313,2
110,6
98,2
78,0
60,5
78,8
88,9
140,7
229,8
156,5
185,8
Regionalverband Ruhr
2.166,8
2.295,3
Nordrhein-W estfalen
7.873,9 8.689,6
Quelle: Eigene Ber echnungen nach IT.NRW
Arbeitnehmer 12
19952008
1995
1,5 %
11,6 %
10,4 %
6,8 %
7,6 %
- 3,0 %
- 4,0 %
5,3 %
5,7 %
3,8 %
3,1 %
4,4 %
2,6 %
11,0 %
14,7 %
2008
Selbständige13
19952008
1995
2008
19952008
169,1
39,1
251,1
196,3
270,1
106,0
95,0
68,1
52,7
69,7
79,5
122,1
203,6
128,3
145,8
168,8
43,0
273,2
208,0
287,9
101,3
90,2
70,9
55,0
71,3
80,5
125,9
205,4
140,0
165,6
- 0,2 %
10,2 %
8,8 %
5,9 %
6,6 %
- 4,4 %
- 5,0 %
4,1 %
4,5 %
2,2 %
1,3 %
3,1 %
0,9 %
9,1 %
13,6 %
12,3
3,4
18,7
14,3
21,0
7,9
7,3
6,0
4,6
6,2
6,7
12,7
20,4
12,6
16,1
15,3
4,4
24,7
17,0
25,3
9,3
8,0
7,1
5,5
7,5
8,4
14,9
24,4
16,5
20,2
24,5 %
28,4 %
31,8 %
19,0 %
20,0 %
17,0 %
9,8 %
18,1 %
20,0 %
20,9 %
25,0 %
16,9 %
19,8 %
30,4 %
25,1 %
5,9 % 1.996,5
10,4 % 7.171,5
2.087,1
4,5 %
170,3
208,3
22,3 %
7.839,4
9,3 %
702,4
850,1
21,0 %
Besonders stark hat sich das Wachstum der Erw erbstätigen auf die Dienstleistungsbereiche ausgew irkt. Hier konnte im Durchschnitt des RV R ein Wachstum der Erwerbstätigen um 22,3 % verzeichnet w erden. Insbesondere die Kreise Wesel und
Unna, aber auch Dortmund zeichnen sich durch ein über dem Landesschnitt von
11
Die Darstellung der Erwerbstätigkeit erf olgt hier als jahresdurchschnittliche Größe nach dem Inlandskonzept (Erwerbstätige am Arbeitsort). Erf asst werden demnach alle Personen, die im jeweiligen Gebiet ihren Wohn- und Arbeitsort haben, zuzüglich der außerhalb dieses Gebietes wohnenden Personen, die als Einpendler in diese Region ihren Arbeitsort erreichen. Zu den Erwerbstätigen zählen alle
Personen, die eine auf Erwerb gerichtete Tätigkeit ausüben, unabhängig v on der Dauer der tatsächlich geleisteten oder vertragsmäßig zu leistenden Arbeitszeit. Für die Zuordnung als Erwerbstätiger
ist es unerheblich, ob aus dieser Tätigkeit der überwiegende Lebensunterhalt bestritten wird. Im Falle
mehrerer Tätigkeiten wird der Erwerbstätige nur einmal gezählt (Personenkonzept).
12
Als Arbeitnehmer zählt, wer zeitlich überwiegend als Arbeiter, Angestellter, Beamter, Richter, Berufssoldat, Soldat auf Zeit, Wehr- oder Ziv ildienstleistender, Auszubildender, Praktikant oder Volontär in
einem Arbeits- bzw. Dienstv erhältnis steht. Eingeschlossen sind auch Heimarbeiter sowie ausschließlich marginal Beschäftigte, welche sich aus den geringfügig Beschäftigten – also den geringf ügig entlohnten Beschäftigten und kurzf ristig Beschäftigten – und den Beschäftigten in ,Ein-EuroJobs’ zusammensetzen.
13
Als Selbständiger zählt, wer zeitlich überwiegend unternehmerisch oder freiberuf lich selbstständig
tätig ist. Hierzu gehören tätige Eigentümer in Einzelunternehmen und Personengesellschaften, Freiberuf ler wie Ärzte, Anwälte, Steuerberater, Architekten, aber auch alle selbstständigen Handwerker,
Handels- bzw. Versicherungsv ertreter, Lehrer, Musiker, Artisten, Hebammen, Kranken- sowie Altenpf leger. Zu den mithelf enden Familienangehörigen werden alle Personen gerechnet, die regelmäßig
und zeitlich überwiegend unentgeltlich in einem Betrieb mitarbeiten, der v on einem Familienmitglied
als Selbstständiger geleitet wird.
40
26 % liegendes Wachstum aus. Die Entw icklung der Erw erbstätigen im Bereich des
Produzierenden Gew erbes war demgegenüber im gesamten Land NRW (- 19,8 %),
insbesondere jedoch im Verbandsgebiet (-27,8 %) rückläufig (vgl. Tab.3.02).
Tabelle 3.02: Entw icklung der Erwerbstätigen nach Wirtschaftssektoren zwischen 1995 und 2008
Er werb stätige (in 1.000)
Land- und Forstwirtschaft, Fischer ei,
Fischzucht
1995
2008
19952008
Produzierend es
Gewerb e 14
1995
2008
Bochum
Bottrop
Dortmund
Duisburg
Essen
Gelsenkir chen
Hagen
Hamm
Herne
Mülheim an d er Ruhr
Oberhausen
Ennepe-Ruhr-Kreis
Kreis Recklinghausen
Kreis Unna
Kreis W esel
0,7
0,6
1,5
0,9
1,6
0,6
0,5
1,2
0,2
0,6
0,5
1,8
3,1
2,1
4,3
0,6
0,8
1,3
0,9
1,7
0,6
0,6
1,1
0,2
0,7
0,4
1,6
3,6
2,1
4,5
-14,3 %
33,3 %
-13,3 %
0,0 %
6,3 %
0,0 %
20,0 %
-8,3 %
0,0 %
16,7 %
-20,0 %
-11,1 %
16,1 %
0,0 %
4,7 %
55,8
14,7
70,1
71,4
68,3
43,6
32,6
24,8
19,2
26,2
27,7
57,4
81,0
48,7
56,8
36,9
12,5
45,5
57,5
52,9
23,7
24,0
18,9
13,0
20,0
18,7
47,6
50,2
38,0
44,6
Regionalverband Ruhr
Nordrhein-W estfalen
20,2
127,9
20,7
129,3
2,5 %
1,1 %
698,3
2.623,3
504,0
2.104,8
Dienstleistungsbereiche
19952008
-33,9
-15,0
-35,1
-19,5
-22,5
-45,6
-26,4
-23,8
-32,3
-23,7
-32,5
-17,1
-38,0
-22,0
-21,5
1995
2008
19952008
%
%
%
%
%
%
%
%
%
%
%
%
%
%
%
124,9
27,2
198,1
138,3
221,3
69,7
69,2
48,1
37,8
49,1
58,0
75,6
139,9
90,2
100,8
146,5
34,1
251,1
166,6
258,6
86,2
73,6
58,1
47,3
58,1
69,9
91,6
176,0
116,3
136,7
17,3 %
25,4 %
26,8 %
20,5 %
16,9 %
23,7 %
6,4 %
20,8 %
25,1 %
18,3 %
20,5 %
21,2 %
25,8 %
28,9 %
35,6 %
-27,8 %
-19,8 %
1.448,2
5.122,4
1.770,7
6.455,4
22,3 %
26,0 %
Quelle: Eigene Ber echnungen nach IT.NRW
Während die Entw icklung der Erw erbstätigen im Verbandsgebiet insgesamt ein
Wachstum aufw eist, zeigt sich im Detail, dass sich dies insbesondere zu Ungunsten
sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse15 vollzieht. So gingen in der
Zeit von 1995 bis 2008 6,6 % der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze im
Verbandsgebiet verloren. Auch im Landesdurchschnitt w ar diese Entw ic klung mit 0,8 % rückläufig (vgl. Abb. 3.04).
Bei einer stärkeren räumlichen Differenzierung zeigt sich, dass zwischen einzelnen
Kommunen des Verbandsgebietes deutliche Unterschiede in der Entw icklung der
sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung bestehen. Während kleinere Städte und
Gemeinden w ie Bönen, Holzw ickede, Hünxe und Alpen Wachstumsraten von deutlich
mehr als 30 % verzeichnen konnten, mussten eine Vielzahl von Städten deutlich überdurchschnittliche Beschäftigtenrückgänge von mehr als 20 % hinnehmen. Hierzu
zählen Neukirchen-Vluyn, Bergkamen, Herten Dorsten und Dinslaken (vgl. Abb.
3.04). Diese hohen Rückgänge sind insbesondere auf Zechenstilllegungen zurückzuführen. Daher ist davon auszugehen, dass die zw is chenzeitlich vollzogenen Zechen-
14
15
Zum Produzierenden Gewerbe zählen die Wirtschaftsbereiche Bergbau, v erarbeitendes Gewerbe,
Energie- und Wasserversorgung sowie das Baugewerbe
Betrachtet werden hier die sozialv ersicherungspflichtig beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Diese stellen ca. 75-80 % aller Erwerbstätigen dar. Nicht berücksichtigt sind Beamte, Selbstständige, unbezahlt mithelfende Familienangehörige und Personen mit so genannten Mini-Jobs.
41
stilllegungen in Duisburg und Hamm sow ie zukünftige Stilllegungen in Marl, Bottrop
und Kamp-Lintfort zu erheblichen Beschäftigtenverlusten führen w erden.
Bei der zeitlichen Betrachtung der Entw icklung erkennt man, dass die größten Zuund Abnahmen auf die Phase zw ischen 2000 und 2005 entfallen. Seit 2005 w ächst
die Beschäftigung im Durchschnitt des Verbandsgebietes um 3,2 %. Dieses Beschäftigtenw achstum liegt jedoch unterhalb des Landestrends von 4,4 % (vgl. Abb. 3.04).
Abb. 3.04: Entw icklung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten am
Arbeitsort zw ischen 1995 und 2008
Raums trukturty p
Entwicklung der sozialv ersichtungs pflichtig
Beschäftigten 1995 bis 2008 in %
Höher ver dichtet
- 6,9
Verdichtet
- 5,4
Geringer v erdichtet
- 8,6
RVR
- 6,6
Während die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Zeitraum von 2000 bis
2008 im Verbandsgebiet um 4,2 % abnahm, w uchs die Zahl der geringfügig Beschäftigten Arbeitnehmer um rund 22 %. Besonders hohe Zuw ächse verzeichneten Hünxe,
42
Kamp-Lintfort, Dortmund, Voerde und Dorsten. Demgegenüber w ar die Entw icklung
in Gladbeck, Witten und Oer-Erkenschw ick rückläufig (vgl. Abb. 3.05).
Abb. 3.05: Anzahl und Entw icklung der geringfügig Beschäftigten 2000 bis 2008
Raums trukturty p
Entwicklung der geringfügig Besc häftigten
2000 bis 2008 i n %
Höher ver dichtet
+ 21,3
Verdichtet
+ 20,7
Geringer v erdichtet
+ 25,5
RVR
+ 22,0
Es bleibt festzuhalten, dass die Entw icklung der Erw erbstätigen im Verbandsgebiet in
den letzten Jahren durchaus ansteigend w ar. Allerdings treten an die Stelle der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zunehmend alternative For men der Erwerbstätigkeit w ie Selbständigkeit und geringfügige Beschäftigung.
43
3.2.2 Arbeitskräfteangebot - Bestand und Prognose
Das Arbeitskräfteangebot gemessen in For m der Erw erbspersonen16 in einer Region
stellt einen bedeutsamen Standortfaktor dar. Dabei ist nicht nur die Zahl, sondern
auch die Altersstruktur sowie die Qualifikation des Erw erbspersonenpotenzials von
besonderer Bedeutung. Vor allem die demografisch bedingten Einflüsse auf Anzahl
und Altersstruktur lassen sich auf der Basis der in Kapitel 2 dargelegten Vorausberechnung der Bevölkerung bereits heute darstellen.
Im Verbandsgebiet stehen derzeit mehr als 2,4 Mio. Menschen als Arbeitskräftepotenzial zur Verfügung. Der größte Anteil (52,7 %) dieser Erw erbspersonen ist zwischen 30 und 50 Jahre alt. Die Altersstruktur liegt insgesamt unter dem Landesdurchschnitt. Vor allem Bottrop, Bochum, Dortmund und Oberhausen w eisen überdurchschnittlich viele jüngere Erw erbspersonen auf (vgl. Tab. 3.03).
Tabelle 3.03: Erwerbspersonen 2008 nach Altersgruppen
darunter im Alter von (in Prozent)
Insgesamt
Bochum
Bottrop
Dortmund
Duisburg
Essen
Gelsenkir chen
Hagen
Hamm
Herne
Mülheim an d er Ruhr
Oberhausen
Ennepe-Ruhr-Kreis
Kreis Recklinghausen
Kreis Unna
Kreis W esel
RVR
NRW
15-30
30-50
50-65
65 und m ehr
192.097
55.134
288.746
228.564
273.043
114.226
84.659
84.517
73.803
75.427
98.840
163.913
296.133
191.057
227.788
23,5
23,4
23,5
21,9
21,1
22,2
21,7
21,9
21,5
15,8
24,4
20,1
19,3
22,8
18,2
50,9
53,9
53,2
53,3
53,0
54,5
51,4
55,1
52,2
56,4
49,9
51,6
52,7
53,2
51,7
24,2
22,0
21,7
23,6
24,7
22,3
25,8
21,7
25,5
27,1
24,0
27,7
26,8
22,4
29,0
1,4
0,6
1,5
1,2
1,2
1,0
1,1
1,3
0,9
0,7
1,7
0,7
1,2
1,7
1,1
2.447.947
8.727.438
21,4
20,5
52,7
53,0
24,7
25,0
1,2
1,5
Quelle: IT.NRW
Daneben ist auch die Qualifikation der Beschäftigten17 für die regionalen Arbeitsmärkte von Bedeutung. Hierbei existieren nur geringfügige Unterschiede zw ischen dem
Verbandsgebiet und dem Land NRW. Allerdings ergeben sich innerhalb des Verbandsgebietes Unterschiede. Im Vergleich zum Landesdurchschnitt (9,5 %) ist der
Anteil der Beschäftigten mit Abschlüssen an höheren Fach-, Fachhoch- und Hochschulen, mit Ausnahme der Städte Essen, Dortmund, Mülheim an der Ruhr und Bochum, im Verbandsgebiet mit 8,7 % ger ingfügig niedriger. Generell ist der Anteil der
16
17
Zu den Erwerbspersonen zählen alle Personen mit Wohnsitz im Bundesgebiet, die während des
Erhebungszeitraumes des Mikrozensus eine unmittelbar oder mittelbar auf Erwerb gerichtete Tätigkeit ausüben oder suchen (Selbstständige, mithelfende Familienangehörige, abhängig Erwerbstätige), unabhängig von der Bedeutung des Ertrages dieser Tätigkeit f ür ihren Lebensunterhalt und ohne
Rücksicht auf die v on ihnen tatsächlich geleistete oder v ertragsmäßig zu leistende Arbeitszeit. Die
Erwerbspersonen setzen sich zusammen aus den Erwerbstätigen und den Erwerbslosen.
Gemeint sind hier sozialv ersicherungspf lichtig Beschäftigte. Daten über alle Erwerbspersonen liegen
f ür die Kreise und kreisf reien Städte nicht v or.
44
Personen ohne abgeschlossene Berufsausbildung im Verbandsgebiet mit 15,2 %
mehr als einen Prozentpunkt niedriger als im NRW- Durchschnitt (vgl. Tab.3.04). Bei
der Interpretation der Daten ist jedoch zu berücksichtigen, dass für 19 % der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten keine Angabe zum Art des Abschlusses vorliegt.
Tabelle 3.04: Art der Ausbildung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten
2008
Ohne
abgeschlossene
Berufsausbildung
Mit abgeschlo ssener Berufsau sbildung
Mit Abschlu ss
an höherer Fach-,
Fachhoch-, Hochschule
Ohne Ang abe
des
Abschlusses
in Prozent
Bochum
Bottrop
Dortmund
Duisburg
Essen
Gelsenkir chen
Hagen
Hamm
Herne
Mülheim an d er Ruhr
Oberhausen
Ennepe-Ruhr-Kreis
Kreis Recklinghausen
Kreis Unna
Kreis W esel
15,5
19,8
13,0
16,5
13,5
14,5
18,3
18,3
17,4
15,9
13,7
16,2
14,4
16,6
15,0
57,0
53,5
55,3
56,6
53,9
57,5
58,2
59,2
59,7
55,7
56,4
55,8
60,5
59,3
59,6
9,6
5,8
10,8
8,7
12,8
8,1
7,3
6,4
7,7
9,7
6,8
8,0
6,9
5,8
6,1
17,9
20,9
20,8
18,2
19,8
19,9
16,2
16,2
15,2
18,6
23,1
20,1
18,3
18,4
19,3
Regionalverband Ruhr
Nordrhein-W estfalen
15,2
16,3
57,0
56,2
8,7
9,5
19,0
18,0
Quelle: Eigene Ber echnungen nach IT.NRW
Bis zum Jahr 2030 rechnet IT.NRW damit, dass sich das Erw erbspersonenpotenzial18
in Nordrhein-Westfalen deutlich reduzieren w ird. Je nach Prognosevariante könnte
der Rückgang im Verbandsgebiet zw ischen 19 % (Konstante Variante) und 11 %
(Trendvariante) liegen. Dabei w ird sich die Entw ic klung in den Kreisen und kreisfreien
Städten des Verbandsgebietes voraussichtlich unterschiedlich darstellen, da insbesondere für die Kreise aber auch für Bochum und Bottrop ein überdurchschnittlicher
Rückgang des Erw erbspersonenpotenzials erw artet wird (vgl. Abb. 3.06).
18
Die IT.NRW-Modellrechnung zu den Erwerbspersonen basiert auf den Ergebnissen der Modellrechnung zur Bev ölkerungsentwicklung bis 2030. Berechnet wurden eine konstante Variante und eine
Trendv ariante. Die konstante Variante geht v on einer Fortschreibung der Entwicklung der Jahre 2006
bis 2008 aus. Die Trendv ariante berücksichtigt mögliche Veränderungen in der Erwerbsbeteiligung
(z.B. v erkürzte Schul- und Studienzeiten, Verschiebung des Renteneintrittsalters, v eränderte Erwerbsquoten der Frauen).
45
Abb. 3.06: Prognostizierte Entw icklung der Erwerbspersonen 2008 bis 2030
in %
1 05
1 00
Essen; 96,8
NRW; 95, 0
Gelsenkirchen; 94,8
Mülheim an der Ruhr; 94, 7
Dortmund; 94,5
Oberhausen; 93,4
95
Duisburg; 92,4
Hamm; 90,8
90
Herne; 89,4
Hagen; 89, 3
RVR; 89, 2
Kreis Wesel; 85,7
Bochum; 85,6
Bott rop; 85,6
85
Ennepe-Ruhr-Kreis; 83, 3
Kreis Unna; 83,1
Kreis Recklinghausen; 82,2
Quelle: E igene Berechnungen nach IT.NRW Modellrechnungen zur Entwicklung der Erwerbspersonen, Trendvariante
80
2008
2010
2 015
202 0
2025
2030
Die Altersstruktur der Erw erbspersonen im Verbandsgebiet w ird sich bis 2030 voraussichtlich zu Gunsten der Gruppen älterer Erw erbspersonen ändern. Dies führt
dazu, dass sich der Anteil der 50- bis unter 65-Jähr igen erhöhen w ird. Der Höhepunkt
dieser Entw ic klung w ird mit 31,4 % für das Jahr 2020 prognostiziert, bis 2030 w ird der
der 50-65-Jährigen auf 27,3 % zurückgehen (2008 = 24,7 %). Der Anteil der Altersgruppe der 30- bis unter 50-Jährigen w ird langfristig abnehmen. Den geringsten Anteil w ird diese Altersgruppe im Jahr 2020 aufw eisen. Diese Entw icklung korrespondiert stark mit der Entw icklung der 50-65-Jährigen. Als relativ stabil erw eist sich der
Anteil der 15- bis unter 30-Jährigen (vgl. Abb. 3.07).
Abb. 3.07:
Prognose der Altersanteile des Erwerbspersonen im Verbandsgebiet 2008 bis 2030
in %
100
1 ,2
1 ,0
1,1
1,3
1,5
1,8
24,7
25,8
29,0
3 1,4
29 ,9
27,2
52,7
51,3
47,1
4 4,7
46 ,7
49,5
21,4
21,8
22,8
2 2,7
21 ,9
21,5
2008
2010
2020
2025
2030
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
2015
15 – 30
30 – 50
50 – 65
6 5 un d meh r
Quelle: E igene Berechnungen nach I T.NRW Modellrechnungen zur Entwicklung der Erwerbspersonen, Trendvariante
46
3.2.3 Arbeitslosigkeit
Die Arbeitslosenquote zeigt die relative Unterauslastung des Arbeitskräfteangebotes
an, indem sie die Arbeitslosen19 in Beziehung zu den Erw erbspersonen20 setzt. Sie ist
eine w ichtige Kennzahl zur Beurteilung der Beschäftigungslage einer Region.
Im Juni 2010 lag die Arbeitslosenquote im Verbandsgebiet bei 11,0 %. Dies stellt im
Vergleich zum Vorjahresmonat einen Rückgang von 0,4 % dar. Damit liegt die
Arbeitslosenquote heute w ieder auf dem Niveau vor der Wirtschafts- und Währungskrise im Jahr 2009 (vgl. Abb. 3.08).
Abb. 3.08: Arbeitslosenquote im Juni 2010
Im Landesdurchschnitt betrug die Arbeitslosenquote im Juni 2010 8,6 %. Von deutlich
überdurchschnittlich hoher Arbeitslosigkeit besonders betroffen sind Gelsenkirchen,
Herne, Duisburg und Dortmund. Im Kreis Wesel, in Bottrop und im Ennepe- Ruhr-
19
20
Arbeitslos sind nach dem Sozialgesetzbuch Personen, die v orübergehend nicht in einem Beschäftigungsv erhältnis stehen, das 15 Wochenstunden und mehr umfasst, die eine versicherungspflichtige
Beschäftigung von mindestens 15 Wochenstunden suchen und dabei den Vermittlungsbemühungen
der Agenturen für Arbeit bzw. der Träger der Grundsicherung zur Verf ügung stehen und sich dort
persönlich arbeitslos gemeldet haben. (Vgl. Bundesagentur für Arbeit).
Die Erwerbspersonenbasis kann dabei bezogen auf alle ziv ilen oder auf die abhängigen ziv ilen Erwerbspersonen berechnet werden. Seit dem Januar 2009 wird die Statistik in Bezug auf alle ziv ilen
Erwerbspersonen gef ührt (Vgl. Bundesagentur f ür Arbeit).
47
Kreis liegt die Arbeitslosenquote unter dem Niveau des Landesdurchschnitts, in Mülheim an der Ruhr nur leicht darüber. Hervorzuheben ist, dass sich die Differenz der
Arbeitslosenquote im Vergleich zum Landesdurchschnitt seit dem Jahr 2008 um 0,2
Prozentpunkte verringert hat (vgl. Abb. 3.08).
In Bezug auf einzelne Struktur merkmale (Geschlecht, Alter, Staatsangehörigkeit)
können folgende Feststellungen getroffen w erden. Die Arbeitslosenquote der Frauen
weicht im Verbandsgebiet nur geringfügig von der der Männer ab. Diesbezüglich sind
die positiven Abw eichungen zu Gunsten geringer Arbeitslosenquoten der Frauen auf
Landesebene höher. Die Arbeitslosquote der Personen im Alter zw ischen 55 und 65
Jahren liegt mit 10,7 % unterhalb des Landesdurchschnitts von 10,9 % und auch unterhalb der allgemeinen Arbeitslosenquote von 11,0 %. Die Arbeitslosenquote der
Ausländer liegt mit 24,8 % deutlich über dem Landesdurchschnitt (vgl. Tab. 3.05).
Tabelle 3.05: Arbeitslosenquote im Juni 2010 nach ausgew ählten Strukturmerkm alen
Arbeit slosenquote (in Prozent)
Bezug
zivile
Erwerbspersonen
Männer
Frauen
15 bis
unter 20
Jahre
15 bis
unter 25
Jahre
55 bis
unter 65
Jahre
Ausländer
Bochum
Bottrop
Dortmund
Duisburg
Essen
Gelsenkir chen
Hagen
Hamm
Herne
Mülheim an d er Ruhr
Oberhausen
Ennepe-Ruhr-Kreis
Kreis Recklinghausen
Kreis Unna
Kreis W esel
9,9
8,5
13,1
13,3
12,0
14,4
11,6
10,5
13,4
8,7
11,7
8,5
11,2
10,0
7,7
10,5
9,0
13,4
12,8
12,5
14,4
12,2
10,2
13,2
8,8
11,6
8,7
11,1
9,8
7,4
9,3
7,8
12,7
13,9
11,4
14,4
10,9
10,8
13,6
8,6
11,8
8,3
11,3
10,3
7,9
6,4
6,1
8,9
6,7
5,6
8,7
6,0
5,4
7,3
0,8
8,0
3,5
6,7
4,9
3,8
9,6
9,1
11,8
11,2
10,4
12,3
9,6
8,3
11,8
3,2
11,7
6,5
10,5
8,8
6,9
9,8
7,7
12,9
10,8
11,6
13,1
10,7
12,8
12,6
10,3
10,2
9,5
11,2
9,6
7,6
22,5
23,4
27,3
25,8
28,0
28,6
23,2
24,9
27,4
24,1
26,0
19,3
28,7
24,5
18,2
Regionalverband Ruhr
Nordrhein-W estfalen
11,0
8,6
11,0
8,7
10,9
8,4
5,9
4,3
9,4
7,5
10,7
10,9
24,8
20,1
Quelle: Bundesagentur für Arbeit
3.3 Wirtschaftliche Leistung und Entwicklungsdynamik
Im Folgenden sollen anhand von ausgew ählten Indikatoren Hinw eise auf die ökonomische Leistungsfähigkeit der regionalen Wirtschaft gesammelt w erden. Hierzu dient
insbesondere ein Blick auf die Bruttow ertschöpfung und deren räumlich-zeitliche
Entw icklung, aber auch die Entw icklung des steuerbaren Umsatz sow ie der Steuereinnahmekraft der Kommunen, die sich maßgeblich aus der w irtschaftlichen Aktivität
vor Ort ergeben. Daneben soll die Analyse der Gew erbean- und -abmeldungen ein
Bild darüber vermitteln, w ie dynamisch und in w elche Richtung sich die regionale
Wirtschaftsstruktur verändert. Ableitungen auf die Qualität oder die Beschäftigtenzahl
neu entstandener bzw . zugezogener Unternehmen können mangels Verfügbarkeit
qualifizierter Indikatoren und Erhebungen nicht vorgenommen w erden.
48
3.3.1 Bruttowertschöpfung
Die w irtschaftliche Leistungsfähigkeit der Städte und Kreise, gemessen an der Bruttow ertschöpfung21 je sozialversicherungspflichtig Beschäftigten am Arbeitsort (SVB),
liegt 2007 mit durchschnittlich 79.470 € pro SVB im Verbandsgebiet nur geringfügig
unterhalb des Landesdurchschnitt von 80.790 € pro SVB (vgl. Abb. 3.08).
Abb. 3.08: Entw icklung der Bruttowertschöpfung je sozialversicherungspflichtig Beschäftigtem am Arbeitsort zwischen 1995 und 2007
in Euro
1 00.0 00
M ülheim an der Ruhr
Gelsenkirchen
90.0 00
E ssen
B ochum
Dort mund
Duisburg
K reis Recklinghausen
Nordrhei n-West falen
K reis Unna
Hagen
Ruhrgebiet
E nnepe-Ruhr-Krei s
Oberhausen
K reis Wesel
Hamm
80.0 00
70.0 00
Herne
60.0 00
B ottrop
50.0 00
Quelle: IT. NRW
40.0 00
1 99 5
1 99 6
1 99 7
199 8
19 99
20 00
20 01
2 002
2 00 3
2 00 4
2 00 5
200 6
20 07
Innerhalb der Region ergeben sich folgende Unterschiede: Die höchste Wertschöpfung mit mehr als 93.000 €/SVB w ird in Mülheim an der Ruhr generiert; es folgen
Gelsenkirchen und Essen. Hier beträgt die Bruttow ertschöpfung mehr als 90.000
€/SVB. Die Wirtschaftsleistung in Bochum, Dortmund, Duisburg und im Kreis Recklinghausen liegt über dem Landesdurchschnitt von 80.795 Euro pro Beschäftigten.
Die geringste Wirtschaftsleistung im regionalen Vergleich entfällt mit 57.656 €/SVB
pro Beschäftigten auf Bottrop, gefolgt von Herne mit ca. 63.000 €/SVB. Beide letztgenannten Werte können dadurch erklärt w erden, dass bei der Berechnung der Bruttowertschöpfung Subventionen und Vorleistungen abgezogen w erden. Aufgrund der
hohen Bedeutung des Bergbaus und den damit verbundenen Subventionszahlungen
ergibt sich insbesondere für Städte, in denen die Zahl der Sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in subventionierten Wirtschaftsbereichen besonders hoch ist, statistisch eine deutlich geringere Wertschöpfung pro Sozialversicherungspflichtig Beschäftigtem. Dies ist insbesondere in Bottrop und Herne der Fall (vgl. Abb. 3.08).
Trotz der regionalen Unterschiede bei der Höhe der Bruttow ertschöpfung verzeichnen
alle Städte und Kreise ein mehr oder w eniger stabiles Wachstum der wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit, das w eitestgehend dem Landestrend folgt und sich in der Höhe
diesem zunehmend annähern (vgl. Abb. 3.08).
21
Die Bruttowertschöpf ung ergibt sich aus dem Gesamtwert der im Produktionsprozess erzeugten
Waren und Dienstleistungen, abzüglich der Vorleistungen.
49
Handel, Gastgewerbe
und Verkehr
Finanzierung, Vermietung und
Unternehmensdienstleistungen
Öffentliche und private Dienstleistungen
Regionalverband Ruhr
0,4
Nordrhein-W estfalen
0,6
Quelle: Eigene Ber echnungen nach IT.NRW
Baugewerb e
0,2
1,1
0,2
0,2
0,2
0,3
0,2
0,2
0,7
0,2
0,2
0,5
0,8
0,5
1,2
darunter
Verarb eitendes Gewerbe
Bochum
Bottrop
Dortmund
Duisburg
Essen
Mülheim an d er Ruhr
Gelsenkir chen
Hagen
Hamm
Herne
Oberhausen
Ennepe-Ruhr-Kreis
Kreis Recklinghausen
Kreis Unna
Kreis W esel
insgesamt
Prozentualer Anteil ausgew ählter Wirtschaftszweige an der Bruttowertschöpfung 2007
Land- und Forstwirtschaft, Fischer ei, F ischzu cht
Tabelle 3.06:
18,4
10,4
20,4
34,4
23,1
29,6
35,7
32,1
23,7
15,7
19,2
38,0
23,2
29,4
20,8
16,6
13,7
13,2
32,1
10,1
27,2
25,1
28,2
20,0
15,8
18,0
36,6
20,1
26,4
20,3
3,2
6,0
3,0
3,3
3,2
3,7
3,8
2,8
4,1
7,6
6,3
3,2
4,3
3,4
5,5
29,4
19,9
20,5
19,3
20,0
21,2
14,1
19,8
17,4
18,2
16,7
13,2
15,5
19,9
18,8
22,2
30,3
31,9
21,1
32,5
29,3
22,1
21,3
26,6
28,2
31,7
24,1
28,9
24,4
27,4
26,7
32,3
24,0
21,8
20,9
15,9
24,2
23,8
27,5
30,1
25,8
21,1
27,3
22,4
26,4
25,5
26,4
21,2
23,3
3,7
3,4
19,5
18,2
27,2
29,1
23,6
22,3
Produzierend es
Gewerb e
(ohne Baugewerb e)
Der höchste Anteil an der Wertschöpfung entfiel 2007 mit 27,2 % auf den Wirtschaftsbereich ‚Finanzierung, Vermietung und Unternehmensdienstleistungen’. ‚Öffentliche und private Dienstleistungen’ generierten 23,6 % und das ‚Verarbeitende
Gew erbe’ 21,2 % der regionalen Wertschöpfung. Im Vergleich zum Landesdurchschnitt w ird deutlich, dass Unterschiede insbesondere im Bereich der ‚Unternehmensnahen Dienstleistungen’ und dem ‚Verarbeitenden Gew erbe’ existieren. Hier
liegen die Wertschöpfungsanteile im Verbandsgebiet ca. 2 % unter denen des Landes. Demgegenüber ist der Anteil der Wirtschaftszweige ‚Handel’, ‚Gastgew erbe’ und
‚Verkehr’ sow ie der ‚öffentlichen und privaten Dienstleistungen’ an der Bruttow ertschöpfung im Vergleich zum Land mehr als ein Prozentpunkt höher (vgl. Tab. 3.06).
Deutliche Unterschiede existieren hinsichtlich der räumlichen Struktur der Wertschöpfungsanteile. So liegt der Anteil der ‚Unternehmensnahen Dienstleistungen’ in Essen
und Dortmund mehr als drei Prozentpunkte über dem Landesdurchschnitt, in Hagen
hingegen liegt er mehr als sieben Prozentpunkte darunter. Mit mehr als 37 % lag der
Anteil des ‚Verarbeitenden Gew erbes’ an der Bruttow ertschöpfung des Ennepe- RuhrKreises mehr als 13 Prozentpunkte über dem Durchschnitt des Landes NordrheinWestfalen. Ähnlich hohe positive Abw eichungen ergeben sich für Duisburg, hier entfällt ca. 1/3 der Wertschöpfung auf das Verarbeitende Gew erbe (vgl. Tab. 3.06).
50
3.3.2 Entwicklung des steuerbaren Umsatzes
Die Entw icklung des steuerbaren Umsatzes 22 zw ischen 1994 und 2008 w ar in nahezu
allen Kreisen und kreisfreien Städten des Verbandsgebietes steigend. Im Durchschnitt wuchs der steuerbare Umsatz im Vergleich zum Referenzjahr 1994 um 18 %.
Im Landesdurchschnitt konnte ein Wachstum von 54 % verzeichnet w erden. Allerdings hat sich die jährliche Wachstumsrate zwischen Region und Land in den letzten
fünf Jahren angeglichen, so dass sich die Entw icklung des steuerbaren Umsatzes
derzeit in Region und Land nahezu parallel vollzieht. Eine deutlich überdurchschnittlich steigende Entw icklung des steuerbaren Umsatzes kann für die Städte Bottrop,
Hagen und Hamm sow ie für die Kreise Wesel und Unna festgestellt w erden. Hier
können Wachstumsraten von mehr als 60 % seit 1994 konstatiert w erden (vgl.
Abb. 3.09).
Abb. 3.09: Entw icklung des steuerbaren Umsatzes seit 1994
in %
2 50
Bottrop
2 00
Kreis Wesel
Kreis Unna
Hagen
Hamm
NRW
Ennepe-Ruhr-Krei s
1 50
Mülheim an der Ruhr
Gelsenkirchen
Regionalverband Ruhr (RVR)
Kreis Recklinghausen
Essen
Dortmund
Herne
Duisburg
Oberhausen
1 00
Bochum
50
Quelle: Eigene Berechnungen nach I T. NRW
0
1994
199 6
19 97
1 998
1994 = 100 %
1999
2000
2001
200 2
20 03
2 004
2005
2006
2007
200 8
Insgesamt betrug der steuerbare Umsatz 2008 im Verbandsgebiet mehr als 337 Mrd.
Euro. Dies entspricht ca. 23 % des steuerbaren Umsatzes des Landes NordrheinWestfalen. Mit ca. 94 Mrd. Euro entfallen mehr als 28 % des steuerbaren Umsatzes
der Region auf die kreisfreie Stadt Essen. Mit jew eils ca. 35 Mrd. Euro folgen die
kreisfreien Städte Duisburg und Mülheim an der Ruhr.
22
Der steuerbare Umsatz umf asst nach § 1 Umsatzsteuergesetz die „Lieferungen und Leistungen“, die
ein Unternehmer im Inland im Rahmen seines Unternehmens ausführt, und die „innergemeinschaftlichen Erwerbe“ im Inland gegen Entgelt.
51
3.3.3 Steuereinnahmekraft
Die Steuereinnahmekraft23 ist ein Indikator für die wirtschaftliche und finanzielle Lage
der Gemeinden. Die Steuereinnahmekraft stellt einen w ichtigen Maßstab zur Beurteilung der Gemeinden untereinander zu einem bestimmten Berichtszeitraum dar. Die
Steuereinnahmekraft lag im Durchschnitt der Jahre 2004 bis 2008 im Verbandsgebiet
in den meisten Kommunen unterhalb des Landesdurchschnitts von 896 Euro pro Einwohner (vgl. Abb. 3.10).
Abb. 3.10: Steuereinnahmekraft im Durchschnitt der Jahre 2004 bis 2008
Allerdings ergeben sich bei der Steuereinnahmekraft deutliche Disparitäten unter den
Städten und Gemeinden des Verbandsgebietes. Die höchste Steuereinnahmekraft
verzeichnet Ennepetal mit 1.621 €/EW. Es folgen Mülheim an der Ruhr, Wetter
(Ruhr), Sprockhövel, Bönen, Essen und Wesel (vgl. Abb. 3.10).
23
Die Steuereinnahmekraft der Gemeinden ergibt sich aus der Realsteuerauf bringungskraft (normierte
Steuereinnahmen aus der Grundsteuer A und B sowie der Gewerbesteuer) durch Subtraktion der
Gewerbesteuerumlage und durch Addition des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer sowie an
der Umsatzsteuer
52
3.3.4 Entwicklung des Unternehmensbestandes
2008 existierten im Verbandsgebiet mehr als 185.000 Unternehmen mit mehr als
194.000 Betrieben 24. Diese repräsentieren ca. 24 % des gesamten Unternehmensbestandes des Landes Nordrhein-Westfalens. Essen, Dortmund und der Kreis Recklinghausen stellen die Kommunen mit dem größten Unternehmensbesatz dar (vgl.
Tab. 3.07).
Tabelle 3.07: Unternehmen und Betriebe 2008
Unternehmen
Betriebe
Bochum
Bottrop
Dortmund
Duisburg
Essen
Gelsenkir chen
Hagen
Hamm
Herne
Mülheim an d er Ruhr
Oberhausen
Ennepe-Ruhr-Kreis
Kreis Recklinghausen
Kreis Unna
Kreis W esel
13.296
4.018
21.780
15.390
23.530
7.866
7.046
5.671
4.623
7.422
7.323
14.104
20.938
14.199
17.991
13.986
4.190
22.899
16.128
24.518
8.263
7.465
6.027
4.870
7.745
7.724
14.689
22.048
14.921
18.875
Regionalverband Ruhr
Nordrhein-W estfalen
Quelle: IT.NRW
185.197
756.731
194.348
791.593
Die absolute Anzahl der Unternehmen sow ie die Struktur des Unternehmensbestandes sind im Laufe der Zeit überaus dynamisch. Gründungen, Zuzüge, Übernahmen,
Umw andlungen, Liquidationen oder Fortzüge von Unternehmen stellen zentrale
Merkmale marktw irtschaftlich organisierter Wirtschaftssysteme dar. Die Statistik der
Gew erbean- und -abmeldungen 25 gibt hierüber einen ersten Überblick und lässt da-
24
25
Unternehmen stellen wirtschaftliche Einheiten dar. Sie können mehrere Betriebe (technischorganisatorische Untereinheiten) haben.
Die An- und Abmeldungen werden danach unterschieden, welche Gründe maßgeblich waren. Gründe f ür eine Anmeldung können die Neugründung eines Betriebes, dessen Zuzug aus einem anderen
Meldebezirk, eine Verschmelzung oder Abspaltung, der Wechsel der Rechtsf orm, Gesellschaftereintritte oder die Übernahme des Betriebes sein. Gründe f ür eine Abmeldung sind die Auf gabe des Betriebes, dessen Fortzug in einen anderen Bezirk, die Aufgabe im Zusammenhang mit einer Verschmelzung oder Spaltung, Gesellschafteraustritte, Wechsel der Rechtsform sowie die Übergabe des
Betriebes an Nachf olger. Die Gewerbeanzeigenstatistik inf ormiert zum einen über das Meldegeschehen in seiner Gesamtheit. Außerdem bildet sie Existenzgründungen und Stilllegungen von Unternehmen und Betrieben statistisch ab.
Die Gewerbeordnung bestimmt, dass Beginn und Beendigung eines Gewerbes sowie sonstige Änderungen in der Gewerbeausübung den zuständigen Behörden anzuzeigen sind. Mit Ausnahme der
Gewerbeummeldungen werden sämtliche Meldungen von den Statistischen Landesämtern ausgewertet. Nicht der Gewerbeordnung unterliegen – und sind daher auch nicht in die Statistik einbezogen – die Freien Berufe, die Urproduktion wie Land- und Forstwirtschaft oder Bergbau sowie die Versicherungen. Die Gründe für die Erstattung der Anzeigen sind zwar detailliert anzugeben; jedoch
lässt sich statistisch nicht weiter verf olgen, ob es sich nicht nur um bloße Absichtserklärungen handelt. Zudem kann die wirtschaftliche Substanz der meldenden Betriebe nur näherungsweise ermittelt
werden. (Vgl. www.destatis.de)
53
durch erste Rückschlüsse über die Dynamik der Wirtschaftsstruktur einer Region zu.
Seit 2004 ist das Saldo der Gew erbean- und -abmeldungen im Verbandsgebiet zw ar
rückläufig, nach w ie vor jedoch positiv. 2008 betrug der Überhang je 1.000 Einw ohner
0,6. Teilräumlich ergeben sich jedoch deutliche Unterschiede. Während Dortmund
einen positiven Überhang von 2,5 verzeichnen konnte, ergaben sich in Hagen und im
Ennepe- Ruhr-Kreis negative Entw icklungen (vgl. Tab. 3.08).
Tabelle 3.08: Saldo der Gewerbean- und -abmeldungen je 1.000 Einw ohner
zw ischen 2004 und 2008
Bochum
Bottrop
Dortmund
Duisburg
Essen
Gelsenkir chen
Hagen
Hamm
Herne
Mülheim an d er Ruhr
Oberhausen
Ennepe-Ruhr-Kreis
Kreis Recklinghausen
Kreis Unna
Kreis W esel
2004
1,9
2,1
4,1
2,0
2,8
2,0
1,7
2,3
1,7
2,8
3,0
2,3
2,1
2,9
2,5
Regionalverband Ruhr
2,5
Nordrhein-W estfalen
3,0
Quelle: Eigene Ber echnungen nach IT.NRW
2005
3,0
0,9
2,5
1,4
2,0
1,2
1,5
1,4
1,3
2,5
1,4
1,4
1,1
2,0
1,5
2006
0,7
0,9
3,4
1,5
1,8
1,3
-0,2
1,3
1,1
3,5
0,9
1,2
0,6
1,1
1,7
2007
0,8
0,8
3,3
0,9
0,8
1,5
-0,8
1,2
0,3
2,2
1,0
0,8
0,8
1,4
1,1
2008
0,3
1,0
2,5
0,4
0,5
0,2
-0,1
0,1
0,1
0,6
0,4
-0,3
0,3
0,7
0,2
1,7
1,9
1,5
1,7
1,2
1,5
0,6
0,9
Unternehmensdynam ik26
Bei der gezielten Betrachtung der Gründungen, Zuzüge und Übernahmen (ohne
Ummeldungen) von Gew erbebetrieben in Bezug zu den Einw ohnern im erw erbsfähigen Alter als einen Indikator für die Attraktivität einer Kommunen für neue Unternehmen zeigen sich besonders im zentralen Verbandsgebiet hohe Werte für die Großstädte Essen und Dortmund. Außerhalb der Kernstädte fallen vor allem Holzw ickede,
Sonsbeck, Schermbeck und Xanten durch eine überdurchschnittlich hohe Unternehmensdynamik auf. In allen diesen Fällen liegt die Unternehmensdynamik oberhalb
des Landesdurchschnitts von 15,7 neuen Unternehmen je 1.000 Einw ohner im erwerbsfähigen Alter. Auffällig ist eine sehr hohe Unternehmensdynamik im w estlichen
Landesteil (vgl. Abb. 3.11).
26
Für die Berechnung der Unternehmensdy namik wurde ein Indikator in Anlehnung an den vom Institut
f ür Mittelstandsf orschung in Bonn entwickelten NUI-Indikator (NUI = Neue Unternehmerische Initiativ e) berechnet (vgl. www.ifm-bonn.org). Im Gegensatz zum jährlich ermittelten NUI-Indikator wird im
Rahmen der v orliegenden Analyse der Durchschnittswert der letzten fünf Jahre gewählt, um etwaige
Ausreißerjahre zu nivellieren. Zur Berechnung der Unternehmensdynamik werden die Gründungen,
Zuzüge und Übernahmen (ohne Ummeldungen) v on Gewerbebetrieben aus der Gewerbeanzeigenstatistik in Bezug zu 1.000 Einwohnern im erwerbsf ähigen Alter zwischen 15 und 65 Jahren gesetzt.
Bedingt durch die zu Grunde liegenden Daten der Gewerbeanzeigenstatistik gibt der Indikator lediglich Hinweise auf die quantitativ e Dynamik und lässt keine Rückschlüsse auf qualitativ e Aspekte der
sog. neuen Unternehmen oder auf die Motiv e bspw. einer Gründung zu. Gerade Gründungen erfolgen v ielf ach aus der Arbeitslosigkeit heraus und stellen demnach eher konjunkturelle Phänomene
dar.
54
Abb. 3.11: Unternehmensdynam ik im Durchschnitt der Jahre 2004 bis 2008
Höher ver dichtet
Gründungen, Zuz üge und Ü bernahmen von
Gewerbebetrieben
je 1.000 Einwohner i m erwerbsfähigen Alter
15,1
Verdichtet
13,6
Geringer v erdichtet
14,4
RVR
14,7
Raums trukturty p
Bei der Unterscheidung der Gründungen, Zuzüge und Übernahmen nach Wirtschaftszweigen (WZ 2008) w ir d deutlich, dass neue Unternehmen hauptsächlich in
den Wirtschaftszweigen ‚Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kfz und Gebrauchsgütern’, im ‚Baugew erbe’, bei den ‚freiberuflichen w is senschaftlichen und
technischen Dienstleistungen’ sow ie in den ‚Sonstigen w irtschaftlichen Dienstleistungen’ entstehen (vgl. Tab. 3.09).
Von den neuen Unternehmen bei den ‚freiberuflichen w issenschaftlichen und technischen Dienstleistungen’ profitieren besonders Essen, Mühleim an der Ruhr und Dortmund. In den Kernstädten des mittleren Verbandsgebiets fällt zudem die hohe Dynamik im Bereich des Gastgew erbes auf (vgl. Tab. 3.09).
55
Energiever sorgung
Baugewerb e
Handel, In standhaltung und
Reparatur von Kfz
Verkehr und Lag erei
Gastgewerbe
Information und
Kommunikation
Finanz- und Versicherungsdienstleistungen
Grundstücks- und Wohnungswesen
Freiberufliche, wiss. und
technisch e Dien stleistungen
Sonstige wirtschaftliche
Dienstleistungen
Gesundheits- und
Sozialwesen
Kunst, Unterhaltung und Erholung
Sonstige Dien stleistungen
Bochum
Bottrop
Dortmund
Duisburg
Essen
Gelsenkir chen
Hagen
Hamm
Herne
Mülheim an d er Ruhr
Oberhausen
Ennepe-Ruhr-Kreis
Kreis Recklinghausen
Kreis Unna
Kreis W esel
Verarb eitendes Gewerb e
Tabelle 3.09: Prozentualer Anteil der Wirtschaftszweige (WZ 2008) an den Gründungen, Zuzügen und Übernahmen im Durchschnitt der Jahre
2008 und 2009
2,6
3,1
1,8
2,8
2,2
2,2
2,8
4,7
1,5
2,9
3,1
4,0
3,3
2,5
3,2
0,3
3,0
0,9
0,7
0,7
1,1
0,2
3,5
1,0
0,6
1,0
1,8
4,2
5,3
4,8
10,0
11,1
14,0
19,6
11,3
15,1
14,0
11,8
20,0
8,9
11,5
8,6
8,4
7,3
9,4
29,9
28,2
23,3
24,6
24,2
27,3
28,6
28,3
23,6
25,1
27,7
29,4
28,6
28,8
27,4
2,7
3,2
2,6
3,5
2,3
2,2
2,9
2,8
2,9
2,8
2,2
2,5
2,6
3,4
2,1
11,8
10,1
9,1
10,5
9,9
12,4
10,2
7,9
11,6
10,8
10,8
7,7
9,2
8,3
7,4
5,7
2,9
4,7
3,7
4,9
3,7
3,8
3,3
4,2
4,3
4,2
3,9
3,7
3,7
3,7
4,2
4,4
3,3
2,7
4,0
4,4
3,8
4,8
3,6
3,8
3,8
5,0
4,7
5,1
5,2
2,3
1,5
1,3
1,3
2,4
1,8
1,4
1,5
1,8
2,2
2,3
1,6
1,5
1,6
2,1
8,3
8,4
12,2
7,4
14,4
6,8
8,9
7,5
8,0
13,2
10,0
10,6
9,4
10,4
8,9
10,4
10,0
8,1
9,8
10,6
10,5
9,7
9,7
7,6
10,8
10,6
9,4
9,5
8,4
9,1
0,7
1,4
1,2
0,8
1,1
0,8
1,1
1,0
0,8
0,9
1,1
1,2
1,1
1,2
1,7
1,9
1,9
1,7
1,4
1,5
2,5
2,7
2,1
4,0
2,4
1,9
2,3
2,6
2,2
1,7
7,2
8,3
15,0
10,0
8,8
7,8
7,7
9,5
8,3
9,5
8,8
10,1
9,7
10,1
11,0
Regionalverband Ruhr 2,7 2,0 12,0 26,6 2,7 9,6
4,2 4,1
1,8
Nordrhein-W estfalen
2,9 4,5 9,8 25,8 2,7 7,6
4,3 4,4
1,9
Fehlende Zahl en an 100 = Land- und Forstwirtschaft, Fischerei s owie Bergbau
Quelle: Eigene Ber echnungen nach IT.NRW
10,1
10,6
9,5
10,1
1,1
1,1
2,0
2,0
10,1
10,2
Überproportionale Entw icklungen im Wirtschaftszweig ‚Verkehr und Lagerei’ sind in
Duisburg, im Kreis Unna sow ie in Bottrop zu verzeichnen. Die hohe Dynamik im Bereich des Baugew erbes findet vor allem in den kreisfreien Städten ihren Niederschlag. Als sehr stabil zeigt sich insbesondere die Unternehmensstruktur im Bereich
der Energieversorgung. Überdurchschnittlich viele neue Unternehmen im Bereich
Information und Kommunikation w erden in Bochum, Essen und Dortmund gezählt.
Hamm, der Ennepe- Ruhr-Kreis und der Kreis Recklinghausen w eisen eine überdurchschnittliche Dynamik an neuen Unternehmen des Verarbeitenden Gew erbes auf
(vgl. Tab. 3.09).
56
3.4 Branchenspezifische und kleinräumige Struktur- und Entwicklungsmuster
Im Folgenden w ird auf Basis der Beschäftigtenstatistik die regionale Beschäftigtenstruktur in Hinblick auf die Bedeutung und Dynamik einzelner Branchen ausgew ertet.
Dies soll zum einen dazu dienen, regionale Besonderheiten zu identifizieren, und zum
anderen lokale Spezialisierungen sichtbar machen. Zuletzt w erden die aus Sicht der
regionalen Wirtschaftsförderung strategisch bedeutsamen, regionalen Kompetenzfelder beschrieben.
3.4.1 Regionale Branchenstruktur und -dynamik
Die nachfolgenden Portfolioanalysen27 sollen dazu dienen, branchenspezifische
Strukturen und Entw icklungsprozesse darzustellen. Mit Hilfe der Portfolioanalyse lassen sich das Beschäftigungsw achstum und Bedeutung einer Branche gleichzeitig
darstellen; hier für den Zeitraum 2000-2007. Oberhalb der w aagerechten Linie w erden im Diagramm die Wirtschaftszweige des betreffenden Untersuchungsraumes mit
einem überdurchschnittlichen Beschäftigungsw achstum dargestellt. Die senkrechte
Linie trennt die Wirtschaftszweige mit geringer und hoher Bedeutung. Somit w erden
vier Felder gebildet, in die sich alle Wirtschaftszweige einordnen lassen. Im oberen
linken Feld sind die Branchen abgebildet, die im Wirtschaftsspektrum eine unterdurchschnittliche Bedeutung, jedoch gleichzeitig ein überdurchschnittliches Beschäftigungsw achstum aufw eis en. Im oberen rechten Quadranten sind die Branchen dargestellt, die sow ohl eine überdurchschnittliche Bedeutung als auch überdurchschnittliche Wachstumsraten aufw eisen – dies sind die „Stars“ der Untersuchung. Die beiden unteren Quadranten stellen unten rechts die „Basis“ und unten links die „Absteiger“ dar.
Insgesamt w aren im Jahr 2007 im Verbandsgebiet 1.488.025 Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Die größten Beschäftigtenanteile entfielen auf die Wirtschaftszweige ‚Verarbeitendes Gew erbe’ (298.625 SVB), ‚Handel’ (233.961 SVB),
‚Grundstücksw esen, Dienstleistungen überw iegend für Unternehmen’ (222.645 SVB)
und ‚Gesundheits-, Veterinär- und Sozialw esen’ (205.844 SVB). Diese Wirtschaftszw eige stellen nahezu zw ei Drittel aller sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze
(vgl. Abb. 3.12).
Im Vergleich zum Landesdurchschnitt sind einige Wirtschaftszweige im Verbandsgebiet besonders stark ausgeprägt und bilden Standortkonzentrationen aus. Zu diesen
gehören insbesondere die Bereiche ‚Bergbau/Gew innung von Steinen und Erden’
27
Hinweise zur Interpretation der Darstellung: Dargestellt sind die Entwicklung der sozialv ersicherungspf lichtig Beschäftigte in den Jahren 2000 bis 2007 sowie die Anzahl der SVB im Jahr 2007 nach
Klassif ikation der Wirtschaftszweige 2003 (WZ 2003). Auf die Darstellung aktuellerer Zahlen muss
auf Grund umf angreicher Umklassif izierungen im Rahmen der Klassifikation der Wirtschaftszweige
2008 (WZ 2008), die eine zeitliche Vergleichbarkeit erschweren, verzichtet werden.
Auf der x-Achse ist der relativ e Anteil der Beschäftigten in einer Branche im Verbandsgebiet im Vergleich zum Anteil derselben Branche im Land NRW dargestellt. Die Berechnung des Standortquotienten (SQ) erf olgt mit f olgender Formel: SQ = ((SVB einer Branche in der Region / SVB aller Branchen in der Region) / (SVB einer Branche in NRW / SVB aller Branchen in NRW)) * 100. Ein relativ er
Anteil v on 200 % bedeutet demnach, dass in der Region doppelt so v iele Beschäftigte in einer Branche arbeiten als im Landesdurchschnitt. Werte unter 100 % bedeuten eine im Vergleich zum Land
unterdurchschnittliche Beschäftigtenanzahl.
Auf der y-Achse ist die Entwicklung der Zahl der sozialv ersicherungspf lichtig Beschäftigten im Zeitraum 2000 bis 2007 dargestellt.
Im oberen rechten Quadranten finden sich dementsprechend die Branchen, die zugleich die stärksten Wachstumstendenzen auf weisen und die gleichzeitig eine hohe Konzentration in der Region aufweisen.
57
sow ie ‚Energie- und Wasserversorgung’. Die Beschäftigtenanteile dieser Bereiche
sind um mehr als 40 % höher als im Landesdurchschnitt. Mehr als 10 % höhere Beschäftigtenanteile als im Landesdurchschnitt w eisen das ‚Baugew erbe’ sowie das
‚Gesundheitsw esen’ auf. Im Vergleich zum Land ist das ‚Verarbeitende Gew erbe’ im
Verbandsgebiet unterrepräsentiert (vgl. Abb. 3.12.).
Mit dem Ausstieg aus dem subventionierten Kohlebergbau w erden bis zum Jahr 2018
mehr als 24.000 SVB, die direkt mit dem Steinkohlebergbau verknüpft sind, abgebaut. Daneben sind vielfältige Ausw ir kungen auf die Beschäftigungssituation in Zulieferindustrien und bergbaunahen Dienstleistungen zu erw arten. Hiervon w erden insbesondere die verbliebenen Bergbaustandorte Bottrop, Kamp-Lintfort und Marl betroffen sein. Ausw ir kungen sind jedoch auch an den Wohnorten der Bergbaubeschäftigten zu erw arten.
Die dynamischste Beschäftigtenentw icklung entfiel auf die ‚Unternehmensnahen
Dienstleistungen’. Die Wachstumsquote betrug hier von 2000 auf 2007 20 %. Mehr
als 5 % Wachstum verzeichnete der Bereich ‚Öffentliche Verwaltung’ sow ie das ‚Gesundheitsw esen’. Deutliche Beschäftigtenverluste ergaben sich für das ‚Baugew erbe’
(- 26,8 %) und das ‚Verarbeitende Gew erbe’ (- 20,8 %) (vgl. Abb. 3.12).
Abb. 3.12: Branchenstruktur und -dynam ik im Verbandsgebiet
Eine Schw erpunktebranche innerhalb des ‚Verarbeitenden Gew erbes’ stellt die ‚Metallindustrie’ dar. Die hierzu gehörenden Wirtschaftsbranchen ‚Herstellung von Metallerzeugnissen’ und ‚„ Metallerzeugung und -bearbeitung’ stellen zusammen mehr als
30 % der Arbeitskräfte im ‚Verarbeitenden Gew erbe’. Der Anteil der Beschäftigten in
der ‚Metallerzeugung und -bearbeitung’ ist im Vergleich zum Landesdurchschnitt doppelt so hoch. Daneben stellt der ‚Maschinenbau’ die zw eite industrielle Säule dar.
16,7 % der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten des ‚Verarbeitenden Gew erbes’
sind in dieser Branche beschäftigt. Überdurchschnittlich repräsentiert sind im Verbandsgebiet auch die Branchen ‚Recycling, Kokerei und Mineralölverarbeitung’,
‚Glasgew erbe und Keramik’ sow ie die ‚Medizin-, Mess-, Steuer- und Regeltechnik’,
die zusammen mit den Beschäftigten der ‚Gesundheitsdienstleistungen’ die Bedeutung des Verbandsgebietes als Standort der Gesundheitsw irtschaft bekräftigen (vgl.
Abb. 3.13)
58
Abb. 3.13: Branchenstruktur und -dynam ik des Verarbeitenden Gewerbes im
Verbandsgebiet
Mit mehr als 23.000 Beschäftigten ist auch die ‚Chemische Industrie’ mit bedeutenden Standorten insbesondere im nördlichen Verbandsgebiet (Emscher-Lippe-Region,
Kreis Wesel), von großer Bedeutung für die Beschäftigung. Zu den beschäftigungswirksamsten Branchen gehört auch das ‚Ernährungsgew erbe’ (vgl. Abb. 3.13).
Trotz eines allgemeinen Rückgangs bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Verbandsgebiet konnten in einigen Branchen in den letzten Jahren neue Industriearbeitsplätze geschaffen werden. Hierzu zählen insbesondere die ‚Herstellung
von Büromaschinen und Datenverarbeitungsgeräten’, das ‚Recycling’ und der ‚sonstige Fahrzeugbau’. Die stärksten Rückgänge mussten im ‚Bekleidungs- sow ie Ledergew erbe’ verzeichnet w erden (mehr als - 40 % im Zeitraum 2000 bis 2007). Ebenfalls
starke Verluste hatte die Automobilindustrie. Außerhalb des Betrachtungszeitraums
lag die Schließung des Nokia-Werkes in Bochum im Jahr 2008, so dass ein Teil der
oben noch dargestellten 6.400 Arbeitsplätze im Bereich Rundfunk-/Fernseh-/Nachrichtentechnik heute nicht mehr existieren (vgl. Abb. 3.13).
Wie oben gezeigt w urde, ist die Entw ic klung der Beschäftigten im Verarbeitenden
Gew erbe sehr eng verknüpft mit der Entw ic klung des Dienstleistungssektors. So sind
die Beschäftigtenzahlen im ‚Verarbeitenden Gew erbe’ zwar insgesamt rückläufig,
demgegenüber w ar die Beschäftigtenentw icklung vor allem bei den ‚Unternehmensbezogenen Dienstleistungen’ jedoch ansteigend. So hat vielfach ein unternehmerischer Strukturwandel zu einer Tertiärisierung ehemals statistisch dem ‚Verarbeitenden Gew erbe’ zugeordneter Arbeitsplätze (z.B. durch Outsourcing) geführt. Dieses
Wachstum der ‚Unternehmensbezogenen Dienstleistungen’ w äre ohne eine starke
industrielle Basis nicht möglich gew esen. Gleichzeitig stellen die qualifizierten Dienstleistungen heute w ichtige Standortfaktoren für die Ansiedlung w eiterer Industrie- und
Dienstleistungsunternehmen dar.
Grundsätzlich bleibt zu beachten, dass die hier zu Grunde gelegten Sozialversicherungspflichtig Beschäftigten nur eine Teilmenge aller Erw erbstätigen darstellen und
59
dass andere For men der Erw erbstätigkeit w ie Selbständigkeit aber auch geringfügige
Beschäftigung, in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gew onnen haben.
3.4.2 Größenstrukturen im Verarbeitenden Gewerbe
Die durchschnittliche Beschäftigtenzahl pro Betrieb im ‚Verarbeitenden Gew erbe’ und
im ‚Bergbau’ gibt Hinw eise auf die Größenstrukturen der Betriebe in einer Region. Die
durchschnittliche Beschäftigtenzahl pro Betrieb w ar im Jahr 2008 im Verbandsgebiet
höher als im restlichen Nordrhein-Westfalen. Dies ist nicht zuletzt auf die großindustriellen Strukturen des Bergbaus, der Stahlindustrie und der chemischen Industrie mit
Standorten z.B. in Duisburg (ThyssenKrupp), Bottrop (Bergwerk Prosper-Haniel),
Marl ( Chemiepark Marl), Herne ( RAG) sow ie Kamp-Lintfort (Bergwerk West) zurückzuführen (vgl. Abb. 3.14).
Abb. 3.14: Betriebsgrößen im Verarbeitenden Gewerbe und im Bergbau 2008
Raums trukturty p
Durchschnittliche Beschäftigtenzahl pro Betrieb
Höher ver dichtet
145
Verdichtet
135
Geringer v erdichtet
91
RVR
135
60
Heute sind in den Betrieben des ‚Verarbeitenden Gew erbes’ und des ‚Bergbaus’ des
Verbandsgebietes durchschnittlich 135 Personen beschäftigt (NRW = 126 Personen/Betrieb). 1995 w aren dies im Verbandsgebiet noch 191 Personen pro Betrieb
(NRW = 157 Personen/Betrieb). Diese Entw icklung hin zu kleineren Betriebseinheiten
hat sich im Verbandsgebiet deutlich dynamischer als im Landesvergleich dargestellt.
Demnach hat der Strukturw andel nicht nur die Branchenstruktur des Verbandsgebietes nachhaltig verändert, er hat sich auch auf die Größenstruktur der Betriebe ausgew irkt.
3.4.3 Lokale Branchenschwerpunkte
Die Betriebe der oben dargestellten Branchen verteilen sich sehr heterogen über das
Verbandsgebiet und bilden zum Teil Standortkonzentrationen in einzelnen Städten
und Gemeinden aus, die sich zum einen durch einen überdurchschnittlichen hohen
Anteil einer Branche an der lokalen Gesamtbeschäftigung und zum anderen auch
durch einen im Vergleich zum Landesdurchschnitt überdurchschnittlich hohen Beschäftigtenanteil auszeichnen. Im Folgenden sollen mittels des Indikators ,lokale
Branchenschwerpunkte’28 für die Bereiche ‚Qualifizierte Dienstleistungen’ und das
‚Verarbeitende Gew erbe’ lokale Spezialisierungen in der Wirtschaftsstruktur herausgearbeitet w erden. Zumeist existieren in den Großstädten eher ausgeglichene und
diversifizierte Arbeitsmärkte, so dass Spezialisierungen häufig eher ein Mer kmal kleinerer und mittlerer Städte und Gemeinden sind. Nicht selten w erden diese durch einzelne, Struktur prägende Unternehmen bestimmt.
Im Bereich der ‚qualifizierten Dienstleistungen’ existieren vielfältige Branchenschw erpunkte in den unterschiedlichen Dienstleistungszw eigen. Am häufigsten bestehen
diese im Bereich des ‚Gesundheits- und Sozialw esens’, gefolgt von Standortkonzentrationen im Feld ‚Erziehung und Unterricht’. Mit Ausnahme einer Konzentration des
Bereichs ‚Datenverarbeitung und Datenbanken’ im Raum Dortmund, lassen sich keine eindeutigen teilregionalen bzw . branchenspezifischen Struktur muster ausmachen
(vgl. Abb. 3.15).
28
In den lokalen Branchenschwerpunkten der Qualifizierten Dienstleistungen sind mindestens 5 % der
lokalen qualif izierten Dienstleistungsbeschäftigten beschäftigt. Gleichzeitig liegt der Beschäftigtenanteil der Branche im Verhältnis zur Gesamtbeschäftigung (Standortquotient) mehr als 25 % über dem
Landesdurchschnitt. Die Berechnung des Standortquotienten (SQ), also des relativ en Anteils der Beschäftigten im Verhältnis zu NRW erfolgt mit folgender Formel: SQ = ((SVB einer Branche in der
Kommune / SVB aller Branchen in der Kommune) / (SVB einer Branche in NRW / SVB aller Branchen in NRW)).. Ein Standortquotient von 1,25 bedeutet demnach, dass in der Region 25 % mehr
Beschäftigte in einer Branche arbeiten als im Landesdurchschnitt. Werte unter 1 bedeuten eine im
Vergleich zum Land unterdurchschnittliche Beschäftigtenanzahl. Da die Zahlen sich auf sozialv ersicherungspf lichtig Beschäftigte beziehen, ist es möglich das einzelne Kompetenzf elder, die stark
durch Erwerbstätige im Beamtenverhältnis geprägt werden (z.B. Gerichtswesen), nicht adäquat abgebildet werden.
61
Abb. 3.15: Lokale Branchenschwerpunkte im Bereich der Qualifizierten Dienstleistungen
Im Bereich des ‚Verarbeitenden Gew erbes’ existieren stärkere teilregionale Spezialisierungen. Am häufigsten existieren lokale Branchenschw erpunkte29 bei der „’Metallerzeugung und -bearbeitung’ ( Metall), der ‚Herstellung von Metallerzeugnissen’ (Metallerzeugnisse) und dem ‚Maschinenbau’. Bei diesen Branchen ergeben sich starke
räumliche Konzentrationen auf das südliche und östliche Verbandsgebiet. Im nördlichen Verbandsgebiet konzentrieren sich Branchenschwerpunkte des ‚Ernährungsgewerbes’, des ‚Glas- und Keramikgew erbes’ sow ie der ‚chemischen Industrie’ (vgl.
Abb. 3.16).
29
In den lokalen Branchenschwerpunkten des v erarbeitenden Gewerbes sind mindestens 10 % der
lokalen Gesamtbeschäftigten im Verarbeitenden Gewerbe beschäftigt. Gleichzeitig liegt die Beschäftigtenzahl der Branche im Verhältnis zur Gesamtbeschäftigung mehr als 25 % über dem Landesdurchschnitt. Die Berechnung des Standortquotienten erf olgt wie oben beschrieben.
62
Abb. 3.16: Lokale Branchenschwerpunkte im Verarbeitenden Gewerbes
3.4.4 Regionale Kompetenzfelder30
Regionale Kompetenzfelder stellen Wirtschaftsbereiche dar, die eine besondere Bedeutung für die regionale Wertschöpfung und Beschäftigung haben, die über eine
hohe Innovationskraft verfügen und die sich aus Netzw erken und Kooperationen zw ischen Forschung, Entw icklung und Unternehmen speisen. In diesen entlang der
Wertschöpfungskette organisierten Netzw erken w erden neue Anwendungen erprobt,
gemeinsame Erfahrungen gesammelt und ausgetauscht sow ie Technologien und
Produkte entw ickelt und vermar ktet.
Die zentralen regionalen Kompetenzfelder im Verbandsgebiet sind Energie, Logistik,
Chemie, Gesundheitsw irtschaft, Maschinenbau und Werkstofftechnologie ( Metallerzeugung und -verarbeitung). Daneben existieren Kompetenzen in den Querschnitts-
30
Die nachfolgenden Ausf ührungen beruhen im Wesentlichen auf Aussagen der Wirtschaftsförderung
Metropole Ruhr (http://business.metropoleruhr.de/kompetenzf elder.html), die als regionale Wirtschaftsförderungseinrichtung des Regionalverbands Ruhr die Entwicklung und Förderung regionalen
Kompetenzf elder begleitet. Durch unterschiedliche statistische Abgrenzungen der Kompetenzf elder
können sich in einzelnen Fällen Abweichungen von oben genannten Angaben zu sozialv ersicherungspf lichtig Beschäftigten bzw. Erwerbstätigen ergeben, die sich auf die Wirtschaftsabschnitte und
-unterabschnitte nach der WZ 2003 beziehen.
63
technologien Information und Kommunikation, Mikrosystemtechnik und Nanotechnologie.
Energie
Das Unternehmensspektrum Energieumw andlung, -versorgung und -technik im Verbandsgebiet umfasst derzeit mehr als 290 Unternehmen mit mehr als 50.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und einem Jahresumsatz von 47 Milliarden Euro.
Neben den führenden Energiekonzernen w ie RWE, EON Ruhrgas und Evonik existieren zahlreiche w eitere Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette. Hierzu zählen
die Gew innung von Energieträgern, die Herstellung von Anlagen und Kraftw erkstechnik, die Nutzung regenerativer Ressourcen, die Erzeugung von Strom, Wär me und
Kraftstoffen sowie die Steigerung der Energieeffizienz. Aber auch im Bereich der regenerativen Energie sind in den letzten Jahren zahlreiche neue Schw erpunkte entstanden. Bedeutende Themen sind hierbei Geothermie mit Schw erpunkten in Bochum sow ie die Nutzung und Herstellung von Wasserstoff mit Schw erpunkten in Herten und Gladbeck. Für den Bereich der Windenergie ist die Region w eltweit führender
Standort der Zulieferindustrie (Antriebssysteme und Verbindungstechnik).
Logistik
In den letzten Jahren stiegen die Warenströme bedingt durch die starke globale Vernetzung der Wirtschaft kontinuierlich an. Hinzu kommt die zentrale Lage der Region
in einem großen Absatzmarkt. Dieses hatte eine enor me Aufw ertung des Logistikbereiches zur Folge. Das Verbandsgebiet konnte dabei von mehreren zentralen Standortfaktoren profitieren. Das Verbandsgebiet stellt nach w ie vor eine der am stärksten
verdichteten und bevölkerungsreichsten Teilräume in Europa dar, die Region verfügt
über eine leistungsfähige trimodale Verkehrsinfrastruktur (Straße, Schiene und Wasser). Insbesondere der Hafen Duisburg als größter Binnenhafen Europas stellt die
Einbindung des Verbandsgebietes in die globalen Warenströme sicher. Weitere regional bedeutsame Entw icklungsschwerpunkte liegen im östlichen Verbandsgebiet
(Hamm/Bönen) in Holzw icke und im Raum Gelsenkirchen, Herne sow ie Herten (last
mile logistik). Flankiert w erden die Entw icklungen durch Forschungseinrichtungen
und Netzw erke in der Region.
Die Anzahl der Unternehmen in der Region w ird auf ca. 5.700 geschätzt. Diese beschäftigen mehr als 90.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte und erzielen
einen Jahresumsatz von 10,7 Milliarden Euro. Zahlreiche Netzw erke (z.B. LogistikRuhr, LastMileLogistik) unterstützen den Ausbau und die Entw icklung der Logistikbranche.
Chem ie
In der chemischen Industrie sow ie in der Kunststoff- und Oberflächenindustrie existieren mehr als 450 Unternehmen im Verbandsgebiet. Diese beschäftigen mehr als
30.000 Beschäftigte bei einem geschätzten Jahresumsatz von 17 Milliarden Euro.
Innerhalb der Region konzentrieren sich die Branchen vor allem im nördlichen und
westlichen Verbandsgebiet. Herausragender Einzelstandort ist dabei der Chemiepark
Marl. Er stellt den drittgrößten Verbundstandort Deutschlands dar. Neben den produzierenden Betrieben existieren zahlreiche Ausbildungs- und Forschungseinrichtungen
sow ie Branchennetzwerke, w ie z.B. ChemSite, in der Region.
Gesundheitswirtschaft
Mit mehr als 240.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten stellt die Gesundheitsw irtschaft den größten Arbeitsmarkt des Verbandsgebietes dar. Neben Krankenhäusern, Kliniken, Haus- und Fachärzten, Apotheken, Pflegeheimen und ambulanten
Diensten existieren mehr als 700 medizintechnische Betriebe. Hinzu kommen drei
medizinische Fakultäten an den Universitäten Duisburg-Essen, Bochum und Wit-
64
ten/Herdecke. Zahlreiche Netzw erke und Kooperationen (z.B. MedEcon Ruhr) unterstützen den Wissenstransfer und die regionale Vernetzung der Akteure. Mit dem Bau
des Gesundheitscampus in Bochum, der die in NRW vorhandenen Kompetenzen
bündeln w ill und sich zum zentralen Knotenpunkt der Gesundheitsw irtschaft entwickeln soll, w ird das Kompetenzfeld im Verbandsgebiet w eiter gestärkt.
Maschinenbau
Maschinenbau gehört zu den etablierten Industriezw eigen im Verbandsgebiet. Mehr
als 50.000 Menschen sind hier direkt beschäftigt. Die Leistungsträger des Maschinenbaus im Verbandsgebiet sind kleine und mittelständische Unternehmen. Etw a
84 % aller Unternehmen beschäftigen w eniger als 200 Mitarbeiter. Neben der ‚Bau-,
Papier-, Kunststoff- und Textilindustrie’ liegt ein Produktschw erpunkt im Bereich
‚Bergbau’. Hier entfallen bedeutende Marktanteile auf Erzeugnisse w ie Hebezeuge,
Förder maschinen, Pumpen und Kompressoren. Im Zuge des Strukturw andels haben
sich viele aus diesem Bereich stammende Unternehmen verstärkt an anderen Märkten orientiert. Über den heimischen Markt hinaus spielt vor allem der Export eine
wichtige Rolle für den Maschinenbau. Räumlich konzentrieren sich die Unternehmen
des Maschinenbaus stark im südlichen und w estlichen Verbandsgebiet.
Metallerzeugung und -verarbeitung
Im Bereich der metallischen Werkstoffe besteht ein großes Know-how an den klassischen Stahlstandorten. Hier können in der Region vollständige Wertschöpfungsketten
z.B. von der Roheisenerzeugung über Stahl und Halbzeug bis hin zu Bauteilen für die
Automobilindustrie abgebildet w erden. Mit Unternehmen w ie Arcelor Mittal, Hüttenwerke Krupp Mannesmann und ThyssenKrupp Steel AG gehört Duisburg zu den
Top 5-Stahlstandorten in der Welt und ist Nr. 1 in Europa. Hinzu kommen w eitere
Standorte der Metallerzeugung w ie z.B. in Witten mit der Produktion von Spezialstählen. Auch im Bereich der Metallverarbeitung findet sich eine Vielzahl von Weltmarktführern vor allem in Süden des Verbandsgebietes. Mit mehr als 90.000 direkt Beschäftigten gehört dieser Bereich zu einem der w ichtigsten regionalen Beschäftigungsfelder.
Recycling/Kreislaufw irtschaft
Nicht nur durch umw eltpolitische Vorgaben, sondern auch durch zunehmende Ressourcenverknappung w ird die Weiterentw icklung der Abfallw irtschaft zu einer wettbewerbsorientierten und nachhaltigen Kreislaufw irtschaft angestrebt. Die Hauptaufgabenstellung ist das Schonen von Ressourcen und das Schließen von Kreisläufen
durch die Nutzung von Abfällen als potentielle Rohstoff- und Energiequelle. Insbesondere im östlichen Verbandsgebiet haben sich zahlreiche innovative Unternehmen
der Kreislaufw irtschaft etabliert. Mit dem WFZ Ruhr existiert eine freiw illige Initiative
von öffentlichen und privaten Unternehmen die neue Impulse für weitere Kooperationen gibt.
Querschnittstechnologien
Querschnittstechnologien stellen integrale Bestandteile verschiedener Wertschöpfungsketten dar. Im Verbandsgebiet zählen insbesondere Information- und Kommunikation, Nanotechnologie sow ie die Mikrosystemtechnik zu den bedeutendsten Querschnittstechnologien. So stellt der Dortmunder Mikrosystemtechnologie- Cluster mit
40 Unternehmen einen der drei größten in Europa dar. Hinzu kommt mit der
‚MST.factory dortmund’ das erste europäische Kompetenzzentrum für Mikro- und
Nanotechnologie. Vier Fraunhofer-Institute arbeiten an Fragen der Querschnittstechnologien Mikrosystem- und Nanotechnologie. Daneben existieren w eitere Forschungseinrichtungen. Mit dem Thema IT-Sicherheit existiert in Bochum ein w eiterer
regionaler Schw erpunkt.
65
EXKURS
Hochschulen und Technologie- und Gründerzentren
Die Ausbildung und die Leistungsfähigkeit von regionalen Kompetenzfeldern w erden
maßgeblich durch das Vorhandensein einer leistungsfähigen Forschungs- und Entwicklungsinfrastruktur vor allem in For m von Hochschulen und Forschungseinrichtungen beeinflusst. Neben ihrer Innovationsfunktion stellen diese w ichtige Ausbildungsstätten für Fachkräfte dar, die ihrerseits zur Weiterentw icklung der Kompetenzfelder
beitragen. Daneben tragen Technologie-, Innovations- und Gründerzentren dazu bei,
den Innovationstransfer zu gew ährleisten und allgemein die Gründungsdynamik positiv zu beeinflussen.
Im Verbandsgebiet hat sich seit den 1960er Jahren eine deutschlandw eit unvergleichbare Hochschullandschaft entw ickelt. Heute existieren insg. 24 öffentliche und
private Hochschulen, darunter fünf Universitäten, mit Standorten in zw ölf Städten.
Abb. 3.17: Hochschulen und Forschungseinrichtungen im Verbandsgebiet
Quelle: Wissenschafts atlas Metropole Ruhr (http://www.stiftung- merc ator.de)
Im Wintersemester 2009/2010 w aren an den Hochschulen der Region mehr als
180.000 Studierende eingeschrieben. Die größten Universitäten sind die Ruhr Universität in Bochum mit 32.025 Studierenden, die Universität Duisburg Essen mit
31.982 Studierenden an zw ei Standorten sow ie die Technischen Universität Dortmund mit 23.643 Studierenden. Von überregionaler Bedeutung ist die Fernuniversität
Hagen. Hier sind deutschlandw eit mehr als 52.000 Studierende in Fernstudiengängen
eingeschrieben (vgl. Tab. 3.10).
Zu den 38 außeruniversitären Forschungseinrichtungen, von denen 15 in Dortmund
angesiedelt sind, zählen alleine vier Fraunhofer- und drei Max- Plank- Institute.
Daneben zählen zahlreiche Institutionen zu den renommiertesten Forschungseinrichtungen in Deutschland. Hierzu gehören insbesondere das Adolf-Grimme- Institut in
Marl (Medienkultur) sow ie das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung in Essen.
Ergänzt w ird diese Forschungslandschaft um 30 Technologie-, Innovations- und
Gründerzentren.
66
Tabelle 3.10: Studierende an den Hochschulen des Verbandsgebiets im Wintersemester
2009/2010
Studierende im WS
2009/10
Hochschule
Universität Duisburg-Essen
Fernuniversität Hagen
EBZ Business School, Bochum
Universität Bochum
Technische Universität Dortmund
Universität Witten-Herdecke
Folkwang-Universität Essen in Essen
Folkwang- Universität Essen in Bochum
Hochschule Ruhr West in Bottrop
Hochschule Ruhr West in Mülheim
Hochschule Rhein-Waal in Kamp-Lintfort
Hochschule Hamm-Lippstadt in Hamm
Fachhochschule Südwestfalen in Hagen
Int. School of Management, Dortmund (Priv. FH)
Fachhochschule Gelsenkirchen in Gelsenkirchen
Fachhochschule Gelsenkirchen in Recklinghausen
Hochschule Bochum in Bochum
Fachhochschule Dortmund
Technische Fachhochschule Georg Agricola zu Bochum
Evang. Fachhochschule Rheinland-Westfalen-Lippe Bochum
Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NW in Gelsenkirchen
Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NW in Duisburg
Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NW in Hagen
Fachhochschule für Logistik und Wirtschaft, Hamm
FOM Hochschule für Ökonomie und Management Essen
FOM Hochschule für Ökonomie und Management Duisburg
FOM Hochschule für Ökonomie und Management Marl
FOM Hochschule für Ökonomie und Management Dortmund
Studierende im Verbandsgebiet
Studierende in Nordrhein-Westfalen
31.982
52.025
245
32.025
23.643
1.056
1.278
32
37
45
33
35
1.746
1.094
4.088
1.570
4.536
8.115
1.791
2.043
501
1.152
959
251
8.984
1.124
367
392
181.149
508.534
Quelle: IT.NRW
3.5 Zusammenfassung
Strukturwandel hat die Wirtschaftslandschaft deutlich verändert
Die w irtschaftliche Struktur des Verbandsgebietes hat sich in den letzten Jahrzehnten
deutlich verändert. Hierfür verantwortlich waren neben den tief greifenden strukturellen Krisen der Montanindustrie vor allem auch Prozesse der Ausdifferenzierung der
Wirtschaftsstruktur. Im Ergebnis zeigt sich die Wirtschaftsstruktur des Verbandsgebietes heute als ein differenziertes und diversifiziertes Geflecht von industrieller Produktion, einfachen und qualifizierten Dienstleistungen, die, je nach Konfiguration der
sektoralen Strukturen, räumlich zu unterschiedlichen Schw erpunktbildungen geführt
haben. Insgesamt folgt die strukturelle Entw icklung des Verbandsgebietes der generellen w irtschaftlichen Entw icklung des Landes Nordrhein-Westfalens.
67
Steigende Zahl an Erwerbstätigen zu Ungunsten sozialversicherungspflichtiger
Beschäftigungsverhältnisse
Trotz der massiven strukturellen Einschnitte konnte die Zahl der Erw erbstätigen in
den letzten Jahren einen positiven Trend aufw eisen. Allerdings muss festgestellt w erden, dass vor allem bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ein deutlicher
Rückgang zu verzeichnen ist, w ährend selbständige Tätigkeiten und vor allem geringfügige Beschäftigungsverhältnisse eine deutliche Bedeutungssteigerung erfahren
haben. Insgesamt stellt sich die Situation im Verhältnis zum Land schw ächer dar.
Dies zeigt sich nicht zuletzt in den nach w ie vor höheren Arbeitslosenquoten in vielen
Kreisen und kreisfreien Städten der Region. Es hat sich gezeigt, dass das Arbeitskräfteangebot in Bezug auf die formelle Qualifikation und die Altersstruktur nur geringfügige Unterschiede zum Landesdurchschnitt aufweist. Allerdings ist damit zu
rechnen, dass die Anzahl der Erw erbspersonen in Zukunft schneller abnimmt als im
Landesdurchschnitt.
Positive Gesam tentw icklung trotz geringerer Dynam ik
In Bezug auf die w irtschaftliche Leistungsfähigkeit, gemessen an der Bruttow ertschöpfung, existieren kaum Unterschiede zum Landesdurchschnitt. Allerdings schlägt
sich diese Entw icklung nicht auf die steuerbaren Umsätze und die Steuereinnahmekraft der Kommunen nieder. Insbesondere die Entw icklungsdynamik bei den steuerbaren Umsätzen w ar in anderen Landesteilen deutlich höher. Generell ist der Unternehmensbestand in der Region gew achsen. Es muss jedoch festgestellt w erden,
dass diese im Vergleich zum Landesdurchschnitt schwächer ausfällt.
Hohe Bedeutung und Entw icklungsdynam ik bei den unternehmensnahen
Dienstleistungen und der Gesundheitswirtschaft
In den letzten Jahren haben sich insbesondere die unternehmensnahen Dienstleistungen im Verbandsgebiet als Wachstumsmotoren der Beschäftigung dargestellt.
Diese bilden mit der industriellen Basis eine symbiotische Beziehung und befruchten
die Neuansiedlungen in der Region. Daneben stellt die Gesundheitsw irtschaft einen
überdurchschnittlich stark w achsenden Wirtschaftszw eig für die Region dar.
Ausgeprägte lokale Spezialisierungen und regionale Kompetenzen
In vielen Kommunen existieren ausgeprägte lokale Spezialisierungen, also Branchen,
die sow ohl eine hohe Bedeutung für die lokale Beschäftigung haben, als auch in der
Kommune im Verhältnis zum Landesdurchschnitt überrepräsentativ sind. Lokale Spezialisierungen existieren für das Verarbeitende Gew erbe insbesondere in den Bereichen Maschinenbau, Chemie, Ernährungsgew erbe und in der Metallerzeugung und verarbeitung.
Zu den regionalen Kompetenzfeldern w erden die Bereiche Energie, Logistik, Chemie,
Gesundheitsw irtschaft, Maschinenbau und Werkstofftechnologie ( Metallerzeugung
und -verarbeitung) gezählt. Daneben existieren Kompetenzen in den Querschnittstechnologien Information und Kommunikation, Mikrosystemtechnik und Nanotechnologie.
68
4
Flächennutzung und Flächenwandel
Im vorliegenden Kapitel w erden die Flächennutzung und der Flächenw andel im Verbandsgebiet beschrieben. Dargestellt w erden die Flächennutzungsanteile, deren räumliche Schw erpunkte sow ie der Wandel in der Flächennutzung im Zeitraum zw ischen
1996 und 2006. Der Fokus liegt dabei auf den für Wohnen und Gew erbe genutzten
Flächen. Abschließend w erden besondere Aspekte des Flächenw andels thematisiert.
So w ird z.B. das ‚30-ha-Flächensparziel‘ der Freirauminanspruchnahme der letzten
Jahre gegenübergestellt.
4.1 Datengrundlagen
Flächennutzungskartierung – Realkartierung des RVR (FNK)
Zur Darstellung der aktuellen Flächennutzung w ird der Geodatensatz der Flächennutzungskartierung (FNK) 31 verwendet.
Abb. 4.01: Vom Orthofoto zur FNK
Quelle: Flächennutz ungskartierung (FNK), RVR
Der Regionalverband Ruhr stellt in einer Tiefe von etw a 150 Nutzungsarten die reale
Nutzung im Verbandsgebiet für eine Fläche von 4.500 km2 dar. Basierend auf der
31
Regionalv erband Ruhr, Referat Geoinf ormation und Raumbeobachtung
69
Auswertung von Orthofotos32 w ir d die FNK alle drei Jahre fortgeschrieben. Deutschlandw eit gibt es für eine vergleichbar große Region noch keinen w eiteren Datensatz in
dieser Informationstiefe33. Die hier zugrunde liegenden Daten entsprechen der Flächennutzung des Jahres 2006. Zum Zeitpunkt der Untersuchung lag die Interpretation
der Befliegung von 2009 noch nicht flächendeckend vor.
Eigene Erhebung des Wandels in der Flächennutzung von 1996 bis 2006
Da die amtliche Katasterflächenstatistik für die Analyse von flächendynamischen
Prozessen – insbesondere in einem sich stark w andelnden Raum – nicht geeignet
ist34,35, w urde für die Aufstellung des ‚Masterplans Raum- und Siedlungsstruktur‘ eine
eigene Erhebung über Orthofotovergleiche und Gegenüberstellung verschiedener
FNK-Zeitstände durchgeführt (vgl. Abb. 4.02).
Abb. 4.02: Erfassung des Flächenw andels über Geoinform ationssysteme
Quelle: Orthofotos/digitale Luftbilder 1996 und 2006, RVR
Per Geoinformationssystem w urden alle Flächen ab etw a 300 m2 erfasst, bei denen
von 1996 bis 200636 eine Änderung in der Flächennutzung erkennbar ist oder bei
gleich bleibender Flächennutzungskategorie ein Abriss und Neubau erfolgte. Insgesamt belaufen sich die identifizierten Änderungen für den RVR- Gesamtraum auf rund
35.000 Einzelflächen, w obei jeder Fläche u.a. Informationen zur historischen Nutzung
und zur aktuellen Nutzung zugeordnet sind.
32
Orthof oto = verzerrungsf reie und maßstabsgetreue f otograf ische Abbildung der Erdoberf läche.
33
Regionales Flächenmonitoring unter Einsatz Geograf ischer Informationssysteme (GIS); Eine Umfrage
der Träger der Regionalplanung in Deutschland ab einer Zuständigkeit f ür ca. 600.000 Einwohner; Verf asser: RVR, Juli 2007
34
Keine räumliche Darstellung der Flächennutzungen; Zeitreihen sind auf grund statistischer Umstellungen nicht sinnvoll; Verschiebungen von Flächennutzungen (z.B. Auf gabe eines gewerblichen Standortes zugunsten eines anderen) sind nicht darstellbar.
35
,Es wird darauf hingewiesen, dass ein Wandel behördlicher Erfassungs- und Klassifikationspraktiken
derzeit zu v erzerrten Ergebnissen f ührt (Deggau 2006). Hohe Zuwachsraten der Siedlungs- und Verkehrsf läche sind vielf ach ein statistisches Konstrukt und weniger faktisches Resultat hoher Freirauminanspruchnahme (Siedentop et al. 2007, S. 159 ff.). Die Kritik an der Qualität der Daten, aber auch die
Beschränkung der Datenverf ügbarkeit auf administrativ e Einheiten, sind überzeugende Argumente, um
die Eignung alternativ er Datenquellen für ein Monitoring der Siedlungs- und Verkehrsflächenentwicklung zu prüf en.‘(Land Use Economics and Planning – Discussion Paper, No. 2009-08, Mai 2009, ISSN
1866-6973, S. 5 ff., Klaus Einig, Andrea Jonas, Brigitte Zaspel, Bundesamt f ür Bauwesen und Raumordnung)
Die Bef liegung des Verbandsgebietes erf olgte rückblickend nicht flächendeckend innerhalb eines Jahres, daher beziehen sich die Angaben auf die Zeiträume 1995-1997 und 2005-2006. Seit 2009 erfolgt
die Bef liegung innerhalb eines Jahres flächendeckend.
36
70
Der umfangreiche Nutzungsartenkatalog der FNK w urde auf acht bzw . vierzehn Nutzungsarten37 aggregiert 38, um die dargestellten Untersuchungen durchführen zu können. Im Verschnitt mit w eiteren Geodaten (w ie ruhrAGIS39) w urden nähere Informationen z.B. über die Wirtschaftszweige bei den gew erblichen Neuentw icklungen generiert.
Die angew andte Methodik w urde für die ‚Analyse der Raum- und Siedlungsstruktur‘
entw ickelt, erstmalig angew andt und erprobt. Die Genauigkeit der Methodik ist gegenüber der Nutzung von amtlichen Geobasisdaten 40 durch die hohe Qualität und einheitliche Interpretation der FNK ver mutlich höher. Obw ohl alle Nutzungsänderungen erfasst
wurden, liegt der Schwerpunkt der nachfolgenden Darstellungen auf den Wohn- und
Gew erbeflächen. Wohnbauflächen im Sinne der Erhebung sind Flächen mit aufstehenden Dauerw ohngebäuden sow ie den dazu gehörigen Freiflächen. Gew erbeflächen sind
gew erblich und industriell genutzte Flächen mit aufstehender Bebauung sow ie den
dazu gehörigen Freiflächen.
Statistik der Baufertigstellungen und Katasterflächenstatistik
Ergänzend zu den beim RVR vorgehaltenen Daten w urden IT.NRW- Reihen zu den
Baufertigstellungen herangezogen. Sie nennen u.a. die Zahl der neuen Wohngebäude
und Wohnungen. Da im Orthofotovergleich nur zw ei Jahrgänge gegenübergestellt w urden, lassen sich mit den Landesdaten unterstützend Verläufe und Tendenzen aufzeigen. Zum Teil w urden hier, im Gegensatz zu den mit der FNK erhobenen Untersuchungen, Daten über 2006 hinaus (bis 2009) verwandt. Zur Vergleichbarkeit ist der für
dieses Kapitel signifikante Betrachtungszeitraum 1996-2006 ablesbar. Zum Vergleich
der Flächennutzung im Verbandsgebiet mit anderen Gebietseinheiten (NRW bzw . Vergleichsregionen, Großstädte) w urde trotz der v.g. Hinw eise die amtliche Katasterflächenstatistik herangezogen, da die FNK nur für das Verbandsgebiet vorliegt.
Bodenrichtwerte für Bauland
Der obere Gutachterausschuss für Grundstückswerte erstellt jährlich den Grundstücksmarktbericht NRW. Aus diesen Daten 41 w urde eine Übersicht über die Grundstückspreise für Wohnen und Gew erbe erstellt.
Fortschreibung
Nach Aktualisierung der Flächennutzungskartierung auf das Jahr 2009 w ir d das vorliegende Kapitel Flächennutzung und Flächenw andel bzw . der zugrunde liegende Datensatz zum Flächenw andel voraussichtlich im Sommer 2011 fortgeschrieben. Eine kontinuierliche Fortschreibung alle drei Jahre soll sich daran anschließen. Die Untersuchung ist neben der Erhebung der Siedlungsflächenreserven für Wohnen und Gew erbe
ein Modul des Flächeninformationssystems Ruhr (ruhrFIS) 42.
37
Aggregation der FNK f ür Flächennutzung und Flächenwandel siehe Übersicht ‚FNK-Codes‘ im Anhang
38
Aggregieren: Zusammenf assen detaillierter Daten zu Gruppen, um sie übersichtlicher zu machen
ruhrAGIS = Atlas der Gewerbe- und Industriestandorte; nähere Inf ormationen unter:
http://business.metropoleruhr.de/beratung-service/ruhragis-gewerbef laechenatlas.html
39
40
41
42
Z.B. liegen dem IÖR-Monitor des Leibnitz-Institutes (www.ioer-monitor.de) ALKIS-Daten zugrunde. Die
Verf asser des Monitors schätzen die Verlässlichkeit der Daten auf etwa 80 % ein (Dr. Gotthard Meinel,
IÖR, 2. Dresdener Flächennutzungssymposium 16.-18.06.2010). Die ALKIS-Daten liegen bundesweit
v or. Die Verlässlichkeit der FNK (nur v orliegend f ür das RVR-Verbandsgebiet) liegt erfahrungsgemäß
dagegen wesentlich höher.
Berichtsjahr 2009
http://www.metropoleruhr.de/regionalverband-ruhr/regionalplanung/f laechenmonitoring-ruhrf is.html
71
Raum strukturtypen
Die bereits im Kapitel ‚Einleitung’ erläuterten Raumstrukturtypen bilden für das Kapitel
‚Flächennutzung und Flächenw andel’ einen w ichtigen Hintergrund. Daher ist die Karte
an dieser Stelle nochmals dargestellt. Die 53 Kommunen des Verbandsgebietes sind in
drei Raumstrukturtypen gruppiert. Diese Raumstrukturtypen repräsentieren jew eils ca.
1/3 der Gesamtfläche des Verbandsgebietes. Als Kriterium der Typisierung w urde der
Anteil für Wohn- und Gewerbenutzungen in Anspruch genommenen Fläche gew ählt,
der im RVR-Schnitt bei 15 % liegt. Kommunen, deren Anteil 40 % über dem Durchschnitt liegen, w erden als ‚höher verdichtet’ und solche, deren Anteil 40 % unter dem
Durchschnitt liegen, w erden als ‚geringer verdichtet’ bezeichnet. Nachfolgend beziehen
sich die Aussagen zu ‚höher verdichteten’, ‚verdichteten’ und ‚geringer verdichteten’
Kommunen auf die in Abbildung 4.03 dargestellte Zuordnung.
Abb. 4.03: Raumstrukturtypen
Quelle: FNK, Kartographie: Regionalverband Ruhr 2011 (vgl. Tabelle 4.01 i m Anhang)
Anteil F läch e an RVR in
ha
Anteil F läch e an RVR
in %
Höher ver dichtet
151.297
34
Verdichtet
142.013
32
Geringer verdichtet
150.658
34
RVR
443.367
100
Raumstrukturt yp
72
4.2 Flächennutzung
4.2.1 Aktuelle Flächennutzung
Über zwei Drittel des Verbandsgebietes entfallen auf Freiraum nutzungen
Abbildung 4.04 stellt aggregiert auf acht Nutzungsgruppen das derzeitige Verhältnis
der Flächennutzungen im RVR-Gebiet dar. Neben der Flächennutzung nach FNK ist
auch die nach IT.NRW dargestellt. Die Differenzen resultieren neben den unterschiedlichen Eingangsdaten u.a. aus abw eichenden Definitionen der Nutzungsgruppen
und/oder in den einzelnen Ver messungsämtern nicht zeitgleich erfolgten statistischen
Umstellungen (siehe auch Fußnoten 3 und 4).
Abb. 4.04: Flächennutzung im Verbandsgebiet 2006 nach FNK und IT.NRW
Quelle: FNK, 2006, Katasterfläc henstatistik IT.NRW 2006, Kartographie: Regi onalv erband R uhr 2011 (vgl. Tab. 4.02,
4.03, 4.04, 4.05 i m Anhang)
Trotz häufig divergierender Wahrnehmung und im Vergleich mit anderen stark verdichteten Regionen in Deutschland haben Freiraumnutzungsarten43 im Verbandsgebiet ein
hohes Gew icht. Nur sechs Kommunen haben einen Freiraumnutzungsanteil von
weniger als die Hälfte ihres Gemeindegebietes. In den drei Raumstrukturtypen fällt der
Anteil der Freiraumnutzungen von 84 % bei den geringer verdichteten Kommunen über
71 % bei den verdichteten Kommunen zu 48 % bei den höher verdichteten Kommunen
ab.
43
Freiraumnutzungsarten = Freiraum (Landwirtschaftsf lächen, Wiesen und Weiden) sowie Wald- und
Wasserflächen
73
4.2.2 Bestehende Flächen mit Freiraumnutzungsarten
Im Folgenden w erden die Freiraumnutzungsarten Wald, Ackerflächen, Wiesen und
Weiden sow ie Wasserflächen untersucht. Um kleinräumige Unterschiede erkennbar zu
machen, w urde für einige Abbildungen eine Darstellung gew ählt, die sich auf Feldgrößen von 2.000 m x 2.000 m bzw . 400 ha bezieht und sich damit von den administrativen Grenzen löst. Mithilfe der so genannten Rasterbasierten Statistik 44 lassen sich z.B.
Flächennutzungsdifferenzierungen mit regionalem Maßstab aufzeigen. Aufgrund der
immer gleichen Flächengröße ist der Absolutw ert zugleich eine Relation – die direkte
Vergleichbarkeit ist so gegeben.
Es gibt zwei Schwerpunkträume m it hohen Waldanteilen
Abb. 4.05: Waldflächen nach FNK
Quelle: Eigene Ber echnung nach FNK, Kartographie: R egionalverband Ruhr 2011 (vgl.. T abelle 4.04, 4.05 i m Anhang)
Anteil W aldfläch e
in ha
Anteil W aldfläch en
in %
Höher ver dichtet
15.718
10
Verdichtet
28.964
20
Geringer verdichtet
30.670
20
RVR
75.352
17
Raumstrukturt yp
44
,Auf dem Weg zu einer rasterbasierten Regionalstatistik in Europa: Rastereinheiten sind von Verwaltungsgrenzen unabhängig und erlauben rein sachbezogene Gebietsabgrenzungen (…) die aus Statistiken auf der Basis von Verwaltungsebenen nicht erkennbar wären. Grundlage ist die Verknüpfung mit
einer georef erenzierten Datenbank. Anf ang des Jahres 2010 wurde diesbezüglich ein europaweites
Projekt gestartet. Derzeit arbeiten elf Länder mit aggregierten Daten auf Rasterbasis.‘ (u.a. Niederlande, Schweden, Schweiz, Norwegen - Deutschland gehört noch nicht dazu); 2. Dresdner Flächennutzungssy mposium, Dresden, 17./18. Juni 2010, Mag. Ingrid Kaminger, Statistik Austria, Wien
74
Insgesamt liegt der Waldanteil im Verbandsgebiet mit 17 % unterhalb des NRWDurchschnitts von 25 %. Hohe Waldanteile gibt es insbesondere im nördlichen und im
südlichen Verbandsgebiet. Oer-Er kenschw ick und Haltern am See im Kreis Recklinghausen sow ie Ennepetal im Ennepe- Ruhr-Kreis haben einen Waldanteil von über 40 %
ihres Gemeindegebietes. Die Rasterkarte Abb. 4.05 zeigt aber auch, dass Städte w ie
Hagen und selbst höher verdichte Städte w ie Essen oder Dortmund zumindest in Teilen ihres Stadtgebietes über hohe Waldanteile verfügen.
Die größten Anteile an Ackerflächen, Wiesen und Weiden gibt es im Westen und
Osten des Verbandsgebiets
Der Anteil an landw irtschaftlich genutzten Flächen liegt im Verbandsgebiet mit 48 %
unterhalb des NRW-Schnittes von 52 %.
Abb. 4.06: Ackerflächen, Wiesen und Weiden nach FNK
Quelle: Eigene Ber echnung nach FNK, Kartographie: R egionalverband Ruhr 2011 (vgl. Tabelle 4.04, 4.05 i m Anhang)
Anteil Ackerfläch en,
W iesen und W eiden
in ha
54.429
Anteil Ackerfläch en,
W iesen und W eiden
in %
36
Verdichtet
69.346
49
Geringer verdichtet
90.074
60
213.850
48
Raumstrukturt yp
Höher ver dichtet
RVR
Wie man in Abbildung 4.05 und 4.06 erkennt, decken sich die Schw erpunkträume der
Waldflächen nicht mit denen der landw irtschaftlichen Nutzungen. Während im Norden
und Süden des Verbandsgebiets die größten, zusammenhängenden Waldflächen liegen, sind dies bei den Ackerflächen, Wiesen und Weiden eher der Westen und der
Osten. Dies zeigt sich auch in den hohen Anteilen dieser Nutzungsarten im
75
Kreis Wesel sow ie im Kreis Unna. Auch im Kreis Recklinghausen, im Bottroper Norden
und im Ennepe- Ruhr-Kreis gibt es Ortsteile mit hohen Anteilen an Landw irtschaftsflächen. Über 70 % der Gemeindefläche sind in Alpen, Bönen, Fröndenberg/Ruhr, Hamminkeln, Sonsbeck und in Unna landw irtschaftlich genutzt (vgl. Tab. AT 4.05 im Anhang).
Der räum liche Schwerpunkt bei
Westen des Untersuchungsraumes
den
Oberflächengew ässern
liegt
im
Abb. 4.07: Wasserflächen nach FNK
Quelle: Eigene Ber echnung nach FNK, Kartographie: R egionalverband Ruhr 2011 (vgl. Tabelle 4.04, 4.05 i m Anhang)
Anteil W asserflächen
in ha
Anteil W asserflächen
in %
Höher ver dichtet
4.102
3
Verdichtet
2.477
2
Geringer verdichtet
5.679
4
12.259
3
Raumstrukturt yp
RVR
Im Westen des Verbandsgebietes sind insbesondere aufgrund von Abgrabungsgew ässern in Rheinnähe vergleichsw eise viele Wasserflächen zu finden (vgl. Abb. 4.07). In
Wesel und Xanten sind mehr als 10 % der Gesamtfläche Wasserflächen. Insgesamt
liegt der Wasserflächenanteil mit 3 % über dem NRW-Durchschnitt von 2 %.
Hinsichtlich der Beschreibung von qualitativen Aspekten des Freiraumes erfolgt der
Verweis auf das Kapitel 5.
76
4.2.3 Bestehende Wohnbauflächen
Trotz der Polyzentrik ist ein zusammenhängender Verdichtungskern vorhanden
In gew achsenen Großstädten ist vielfach ein zentraler Stadtkern mit hoher Dichte vorhanden, die zum Stadtrand zunehmend abnimmt. Eine derartige Stadtstruktur ist auch
bei einigen der dreizehn Großstädte im Verbandsgebiet erkennbar, aber eher nicht die
Regel.
Im regionalen Maßstab zeigt sich im Rasterbild trotz der polyzentrischen Struktur ein
zusammenhängender innerer Verdichtungskern mit z.T. fließenden Grenzen (vgl. Abb.
4.08). Erlebbar ist dies entlang der A 40 von Duisburg nach Dortmund: Stadtgrenzen
scheinen kaum vorhanden zu sein. Damit geht mehrfach ein innerstädtisches Gefälle
der Siedlungsflächendichte von Nord nach Süd oder umgekehrt einher. In Essen und
Mülheim an der Ruhr ist im Süden des Stadtgebietes eine deutlich geringere Siedlungsflächendichte vorhanden. Eine Ursache der vielfach ausgeprägten Heterogenität
innerhalb einer Kommune und auch die Abw eichung von dem o.g. Stadtmodell ist die
Gebietsreform von 1975 (Beispiel: Bottrop).
Abb. 4.08: Wohnbauflächen nach FNK
Quelle: Eigene Ber echnung nach FNK, Kartographie: R egionalverband Ruhr 2011 (vgl. Tabelle 4.04, 4.05 i m Anhang)
Anteil
Wohnbauflächen
in %
17
Wohnbauflächen
in ha
25.839
Ein wohner
2006 in
1.000
3.414
Verdichtet
9
13.225
1.349
Geringer verdichtet
4
6.193
493
10
45.256
5.257
Raumstrukturt yp
Höher ver dichtet
RVR
77
In geringer verdichteten Kommunen bestehen im Regelfall ein bis zw ei klar ablesbare
Siedlungsschwerpunkte, die meist von gering geschossigen baulichen Strukturen geprägt sind und w ie beim klassischen Stadtmodell selten an den Stadtgrenzen liegen.
Über die Hälfte der Flächen für Wohnen liegen in den höher verdichteten
Komm unen
Im Verbandsgebiet gibt es mit rund 45.000 ha deutlich mehr für Wohnen genutzte Flächen als gew erblich genutzte Flächen, die nur rund 22.000 ha Fläche in Anspruch
nehmen (vgl. Abb. 4.08). Das Verhältnis zw is chen Wohn- und Gew erbeflächen ist bei
den drei Raumstrukturtypen ähnlich, Wohnbauflächen nehmen in einem Verhältnis von
2:1 mehr Fläche in Anspruch als gew erbliche und industrielle Nutzungen. Das Übergew icht der Wohnbauflächen steigt jedoch leicht mit fallender Siedlungsdichte.
Abb. 4.09: Bestehende Flächen für Wohnen und Gewerbe nach FNK
Quelle: Eigene Ber echnung nach FNK, Kartographie: R egionalverband Ruhr 2011 (vgl. Tabelle 4.04, 4.05 i m Anhang)
Wohnbauflächen in ha
(Verhältnis in % )
Gewerb eflächen in h a
(Verhältnis in % )
Höher ver dichtet
25.839 (66 %)
13.226 (34 %)
Verdichtet
12.225 (67 %)
6.550 (33 %)
Raumstrukturt yp
Geringer verdichtet
RVR
78
6.193 (71 %)
2.540 (29 %)
45.256 (67 % )
22.316 (33 % )
In keiner der 53 Kommunen gibt es mehr gew erbliche Flächen als Wohnbauflächen.
Ein ähnliches Verhältnis zw ischen vorhandenen Wohnbauflächen und Gew erbeflächen
gibt es u.a. in Duisburg, Gelsenkirchen, Hünxe und Marl (vgl. Abb. 4.09).
Den Einw ohnerzahlen folgend liegen 57 % der für Wohnen genutzten Flächen in den
vierzehn höher verdichteten Städten, die flächenmäß ig nur etw as mehr als ⅓ der Gesamtfläche einnehmen. Hier leben 65 % der Einw ohner des Verbandsgebietes. 29 %
von allen im Verbandsgebiet vorhandenen Wohnbauflächen liegen in den verdichteten
und 14 % in den geringer verdichteten Kommunen.
Zwei Drittel der Wohngebäude im Verbandsgebiet sind Ein- und ZweiFam ilienwohnhäuser
Rund 66 % (2006) bzw . 67 % (2009) der für Wohnzw ecke genutzten Gebäude im Verbandsgebiet sind Ein- und Zw ei-Familienw ohnhäuser. Zw is chen den drei Raumstrukturtypen gibt es deutliche Unterschiede: In den höher verdichteten Kommunen sind nur
59 %, in den verdichteten Kommunen bereits 73 % (2006) bzw . 74 % (2009) und in
den geringer verdichteten Kommunen 86 % der Gebäude Ein- und Zw eiFamilienw ohnhäuser. Das Verbandsgebiet liegt unter dem NRW-Schnitt von
78 % (2006) bzw . 79 % (2009) (vgl. auch Tab. AT 4.06, 4.07 im Anhang).
Trotz der Dominanz von Ein- und Zw eifamilienw ohngebäuden befinden sich rund 70 %
der insgesamt 2,5 Mio. Wohnungen im Verbandsgebiet in Mehrfamilienhäusern. Auch
hier zeigen sich bei den drei Raumstrukturtypen große Abweichungen: In den höher
verdichteten Kommunen befinden sich 77 % (2006) bzw . 76 % (2009) aller Wohnungen
in Gebäuden mit drei und mehr Wohnungen, in den verdichteten Kommunen sind dies
62 % und in den geringer verdichteten Kommunen befinden sich mit 42 % (2006) bzw .
41 % (2009) w eniger als die Hälfte der Wohnungen in Mehrfamilienhäusern. Der Anteil
an Wohnungen in Ein- und Zw eif amilienhäusern nahm in den vergangenen Jahren
tendenziell zu.
Die durchschnittliche Wohnfläche pro Wohnung steigt mit sinkender Siedlungsflächendichte
In den höher verdichteten Kommunen beträgt die durchschnittliche Wohnfläche in Einund Zw eifamilienhäusern 98 m2, in den verdichteten 101 m2 und in den geringer verdichteten Kommunen 109 m2 (2006) bzw . 110 m2 (2009). Ähnlich verhält es sich mit
der durchschnittlichen Wohnfläche pro Wohnung in Gebäuden mit drei und mehr
Wohnungen. Hier steigt der Wert von 66 m2 in den höher verdichteten Kommunen auf
68 m2 in den verdichteten und auf 72 m2 in den geringer verdichteten Kommunen an.
Insgesamt ist eine durchschnittliche Wohnung im Verbandsgebiet mit 100 m2 in Einund Zw eif amilienhausgebäuden 7 m2 kleiner als im NRW- Durchschnitt. Der Durchschnitt von 67 m2 in Gebäuden ab drei Wohnungen entspricht in etw a dem NRWDurchschnitt von 68 m2 (vgl. auch Tab. AT 4.06, 4.07 im Anhang).
4.2.4 Bestehende Gewerbe- und Industrieflächen
Der bei den Wohnbauflächen beschriebene Verdichtungskern ist auch in der Rasterkarte zu den bestehenden Gew erbe- und Industrieflächen erkennbar (vgl. Abb. 4.10).
59 % der im Verbandsgebiet vorhandenen Gew erbeflächen liegen in den höher verdichteten Kommunen, w o zugleich 68 % der Sozialversicherungspflichtig Beschäftigten
tätig sind. In den verdichteten Kommunen liegen 29 % aller Gew erbeflächen und 25 %
der Arbeitsplätze, in den geringer verdichteten Kommunen 11 % der Gew erbeflächen
79
und 7 % der Arbeitsplätze. Die Tatsache, dass die drei Raumstrukturtypen in etw a die
gleiche Gebietsfläche einnehmen, veranschaulicht die raumstrukturellen Unterschiede
klar.
Daneben zeigt sich bei den größeren Städten eine funktionelle städtische Gliederung
deutlicher als bei kleineren Städten. Beispielsw eise liegen in Mülheim an der Ruhr,
Essen und Bochum nahezu alle gew erblich genutzten Flächen in den nördlichen
Stadtbezirken. In Duisburg komprimieren sich die gew erblichen Nutzungen entlang der
Rheinschiene. Bei kleineren 45 Städten und Gemeinden sind im Rasterbild auch Streuungen der vorhandenen Gew erbeflächen erkennbar (siehe z.B. Werne, Hamminkeln)
was auf eine größere Funktionsvermischung hindeutet. Es gibt aber auch Kommunen
mit klar abgegrenzten gew erblichen Ortslagen (siehe z.B. Hünxe, Bönen 46).
Abb. 4.10: Gewerbe- und Industrieflächen nach FNK
Quelle: Eigene Ber echnung nach FNK, Kartographie: R egionalverband Ruhr 2011 (vgl. Tabelle 4.04, 4.05 i m Anhang)
Anteil
Gewerb eflächen
in %
9
Gewerb eflächen
in ha
13.226
Beschäftigte
2006 in 1.000
Verdichtet
5
6.550
370
Geringer verdichtet
2
2.540
101
RVR
5
22.316
1.488
Raumstrukturt yp
Höher ver dichtet
1.017
45
bezogen auf die Einwohnerzahl
46
In den genannten vier Kommunen gibt es in etwa gleich v iel gewerblich genutzte Flächen absolut.
80
Geringere Verdichtung erfordert mehr Verkehrsinfrastruktur pro ha Wohn- und
Gewerbeflächen
Auf 100 ha Wohn- und Gew erbeflächen in höher verdichteten Kommunen kommen
41 ha Verkehrsflächen, in verdichteten Kommunen 44 ha und in den geringer verdichteten Kommunen 55 ha. Der in den höher verdichteten Städten geringere Erschließungsaufwand resultiert u.a. aus kompakteren Siedlungskörpern mit höheren Anteilen
an Geschosswohnungsbau. In einigen der geringer verdichteten Kommunen ist die
Flächeninanspruchnahme für Verkehrsflächen ähnlich hoch oder sogar höher als die
Flächeninanspruchnahme für die Summe der Wohn- und Gew erbeflächen (vgl. auch
Tab. AT 4.04, 4.05 im Anhang).
EXKURS
Vergleich der Flächennutzungsanteile mit ausgewählten Großstädten bzw.
Planungsregionen in Deutschland
Aufgrund seiner besonderen polyzentrischen Struktur lässt sich das Verbandsgebiet
nur eingeschränkt mit anderen Verdichtungsräumen in Deutschland vergleichen. Zur
Gegenüberstellung mit den Großstädten Berlin, Hamburg und München w urde daher
nur die die Gruppe der höher verdichteten Kommunen des Verbandsgebiets – mit etw a
3,4 Mio. Einw ohnern ein durchgängig urbaner Raum – herangezogen.
Auch wenn die absolute Einw ohnerzahl mit Berlin vergleichbar ist, haben Berlin und
München deutlich höhere Einw ohnerdichten. Die höher verdichteten Städte des Verbandsgebiets ähneln hinsichtlich der betrachteten Kriterien am ehesten der Stadt
Hamburg. Sow ohl die Einw ohnerdichtezahlen als auch die Flächennutzungsanteile
liegen nah beieinander.
Auffällig ist neben dem hohen Anteil an gew erblich genutzten Flächen auch der hohe
Anteil an Freiraum- und Waldflächen der (höher verdichteten) RVR-Kommunen.
Tabelle 4.01:
Vergleich der höher verdichteten Komm unen m it Berlin, Hamburg
und München
Fläche
Einwohnerzahl
Einwohnerdichte
Gesamtfläche
Einwohnerdichte
Wohngebiete
Flächennutzung:
Wohnen
Gewerbe
Verkehr
Freiraum + Wald
Wasser
RVR47
Hier: Höher
verdichtete
Kommunen
Berlin
Hamburg
München
151.297 ha
3.4 Mio.
89.200 ha
3.4 Mio.
75.500 ha
1.8 Mio.
31.000 ha
1.3 Mio.
23 EW/ha
38 EW/ha
24 EW/ha
42 EW/ha
117 EW/ha
166 EW/ha
116 EW/ha
170 EW/ha
19 %
7%
15 %
40 %
44 %
4%
23 %
4%
15 %
34 %
41 %
7%
21 %
5%
12 %
38 %
46 %
8%
25 %
4%
17 %
33 %
33 %
1%
Quelle: Katasterfläche nach der tats ächlichen Art der Nutzung; 31.12.2006, Regiostatis
47
Auf grund der Vergleichbarkeit wurden hier die amtlichen Daten v erwendet.
81
Bezogen auf die Einw ohnerzahl ist das RVR-Verbandsgebiet die deutschlandw eit
größte Planungsregion 48. Von den vier einw ohnerstärksten Planungsregionen in
Deutschland hat das Verbandsgebiet die größte Einw ohnerdichte, was sich in dem mit
Abstand höchsten Anteil an Flächen für Wohnen niederschlägt. Auch hier
fällt w ie oben der hohe Anteil an Gew erbeflächen auf.
Während im Vergleich der höher verdichteten Städte mit w eiteren Großstädten ein hoher Freiraumanteil vorliegt, gibt es im Vergleich des RVR- Gesamtgebiets mit anderen
Regionen einen deutlich geringeren Anteil an Freiraumflächen. Auch liegt ein höherer
Anteil an Verkehrsflächen vor.
Tabelle 4.02: Vergleich des gesamten Verbandsgebiets m it anderen Planungsregionen
Fläche
Einwohnerzahl
Einwohnerdichte
Gesamtfläche
Einwohnerdichte
Wohngebiete
Flächennutzung:
Wohnen
Gewerbe
Verkehr
Freiraum + Wald
Wasser
RVR17
Hier: Gesamtes
Verbandsgebiet
R.-Bezirk
Köln
Planungsregion
Südhessen
R.-Bezirk
Düsseldorf
(ohne WES, E,
MH, OB, DU)
443.967 ha
5.3 Mio.
736.461 ha
4.4 Mio.
744.487 ha
3.8 Mio.
386.970 ha
3.3 Mio.
12 EW/ha
6 EW/ha
5 EW/ha
9 EW/ha
103 EW/ha
83 EW/ha
95 EW/ha
90 EW/ha
12 %
4%
10 %
62 %
65 %
3%
7%
2%
7%
5%
2%
7%
9%
2%
8%
69 %
72 %
3%
74 %
2%
76 %
80 %
2%
82 %
Quelle: Katasterfläche nach der tats ächlichen Art der Nutzung, 31.12.2006
4.3 Flächenwandel
4.3.1 Neubauintensität Wohnen und Gewerbe 1996 bis 2006
Die Ausw ertung der für Neubau in Anspruch genommenen Flächen ist ein neues
Analyseinstrument. Die amtlichen Katasterdaten erlauben aus den bereits angesprochenen Gründen keine differenzierten räumlichen Erkenntnisse über gew erbliche und
wohnbauliche Entw icklungen. Auch mit den Baufertigstellungsstatistiken lässt sich die
Flächeninanspruchnahme w eder ermitteln noch verorten. Benötigt w erden aber konkrete Hinw eise auf Veränderungs- und Wachstumsprozesse, nachgefragte Ortslagen
und Wirtschaftsbranchen, nicht zuletzt um den zukünftigen Flächenbedarf genauer
einschätzen zu können. Daneben ist auch der Blick auf die vorherige Nutzung von neu
bebauten Flächen unerlässlich. Einerseits erscheint die Entw icklung von Städten und
48
Neben der unterschiedlichen Gestalt der Körperschaft öffentlichen Rechts in den Bundesländern
bestehen erhebliche Differenzen in Größe und Einwohnerzahl der Regionalplanungsregionen. Gemäß
ROG v erfügen das Saarland und die Stadtstaaten über keine Planungsregionen, da deren Gebiet die
Verf lechtungsbereiche mehrerer zentraler Orte nicht umfasst. Die Regionalplanung in SchleswigHolstein f indet bei der obersten Landesplanungsbehörde auf Landesebene statt. In Niedersachsen
sind, mit Ausnahme der Großräume Braunschweig und Hannover, grundsätzlich die Landkreise und
kreisfreien Städte die Träger der Regionalplanung. In den übrigen Bundesländern sind u.a. Regionalv erbände, Regierungsbezirke, regionale Planungsverbände oder Planungsgemeinschaften die Träger
der Regionalplanung. Erwähnenswert ist das Bestehen v on Bundesländer überschreitender Planungsregionen wie Donau-Iller (BW und BY ) und Verband Rhein-Neckar (BW, RP und HE).
82
Regionen ohne Freiflächenverbrauch bis heute nicht möglich zu sein. Andererseits ist
es ein unstrittiges Ziel, diese Inanspruchnahme w eiter zu begrenzen.
1996 bis 2006 fand im Verbandsgebiet in etw a zu gleichen Teilen Gewerbe- und
Wohnungsneubau statt
Wenn folgend von Neubau gesprochen w ird, ist damit nicht (nur) die erstmalige Inanspruchnahme von Freiraum für Siedlungszw ecke gemeint, sondern Gebäudeneubau
unabhängig von der Vornutzung des Grundstückes49.
Abb. 4.11: Neubau nach Nutzungsart 1996 bis 2006 in ha
Quelle: Abgleich v on Orthofotos und FNK 1995/97 und 2006, Kartogr aphie: Regionalverband Ruhr 2011 (v gl. Tabelle
4.08 i m Anhang)
Raumstrukturt yp
Höher ver dichtet
Verdichtet
Geringer verdichtet
RVR
Neubau
Wohnbauflächen in ha
(Verhältnis in % )
1.342 (48 %)
Neubau
Gewerbeflächen in ha
(Verhältnis in % )
1.457 (52 %)
869 (54 %)
746 (46 %)
604 (65 %)
326 (35 %)
2.816 (53 % )
2.529 (47 % )
Zu dem Gebäude gehörende Freiflächen w ie Gärten, Garagen, Stellplätze, Lagerflächen etc. w urden dann berücksichtigt, w enn auf ihnen Umgestaltungen stattfanden. Es
muss demnach nicht zwangsläufig das gesamte Flurstück bzw . Grundstück erfasst
49
Auch Abriss und Neubau
83
worden sein, w enn sich Teile des Grundstückes im historischen und aktuellen Luftbild
als unverändert darstellen. 50
Im Verbandsgebiet fand auf rund 5.300 ha Flächen Wohn- und Gew erbeneubau statt.
Davon entfallen ca. 53 % auf Wohnbauflächen und 47 % auf gew erbliche und industrielle Flächen. Innerhalb der Raumstrukturtypen zeigen sich große Unterschiede. Im
höher verdichteten Raum dominierte der gew erbliche Neubau, bedingt vor allem durch
lebhafte gew erbliche Entw icklungen in Duisburg und Dortmund. Der hohe gew erbliche
Anteil nimmt bei abnehmender Siedlungsdichte zugunsten des Wohnungsbaus ab. In
diesen Kommunen kommt dem Wohnungsbau eine steigende Bedeutung zu.
In einigen Kommunen w urde deutlich mehr Fläche (Anteil > 60%) für gew erbliche Neuentw icklungen in Anspruch genommen als für den Neubau von Wohnungen. Hierzu
gehören Duisburg, Bönen, Hünxe und Kamp-Lintfort (vgl. Abbildung 4.11).
4.3.2 Neubau Wohnen
Zw ischen 1996 und 2006 wurde im Verbandsgebiet auf rund 2.800 ha
Wohnungsneubau errichtet
Die neu entw ickelten Wohnbauflächen verteilen sich weitgehend dispers, ein zusammenhängender räumlicher Schw erpunkt der Bautätigkeit ist nicht erkennbar. Die Dichte
der Rasterpunkte (vgl. Abb. 4.12) nimmt erst im äußersten Norden und Süden des Untersuchungsraumes ab; hier liegen w ie bereits beschrieben die großen (unbebaubaren)
Waldflächen.
Er kennbar ist, dass es in den einzelnen Städten und Gemeinden im Regelfall eine
Konzentration auf nur ein bis zwei Ortslagen gab. Beispielsw eise wurde in Duisburg
vor allem an den Stadträndern mit Schw erpunkt im Süden gebaut, in Mülheim an der
Ruhr konzentrierte sich die Entw ic klung auf den Ortsteil Saarn. In Hamm entstanden
neue Wohnungen vorw iegend in der Nordhälfte des Stadtgebietes.
Die meisten
Komm unen
Wohnbauflächen
entstanden
in
den
höher
verdichteten
In den höher verdichteten Kommunen entstanden mit 1.342 ha rund 48 % aller neuen
Wohngebiete im Verbandsgebiet. Damit w eist dieser Raum, bezogen auf den Betrachtungszeitraum 1996-2006 die stärkste Bautätigkeit auf. Auffallend viel Wohnbaufläche
wurde in Dortmund entw ickelt, w o mit 294 ha fast doppelt soviel Wohnungsneubau
entstanden ist w ie in Essen, die mit 160 ha die Stadt mit dem zw eithöchsten Wert darstellt. In den verdichteten und geringer verdichteten Kommunen, entstanden 869 bzw .
604 ha Wohnungsneubau.
50
Achtung: Relevanz hat der Flächen(nutzungs)wandel nicht der Grundstücksverkauf (wie beim
Grundstücksmarktbericht).
84
Abb. 4.12: Neu bebaute Wohnbauflächen 1996 bis 2006
Quelle: Abgleich v on Orthofotos und FNK 1995/97 und 2006, Kartogr aphie: Regionalverband Ruhr 2011 (v gl. Tabelle
4.08 i m Anhang)
Raumstrukturt yp
Höher ver dichtet
Verdichtet
Geringer verdichtet
RVR
Neubau
Wohnbauflächen in ha
Neubau
ha pro 1.000 EW
1.342
0,4
869
0,6
604
1,2
2.816
0,5
Trotz eines Bevölkerungsrückgangs (vgl. Kapitel 2) von über 3 % entstanden zw ischen
1996 und 2006 rund 154.000 neue Wohnungen. Es muss jedoch berücksichtigt w erden, dass u.a. Wohnungsabgänge durch Abriss und Zusammenlegung sow ie eine
steigende Anzahl von Ein- Personen-Haushalten w ährend des Betrachtungszeitraumes
zu einem Neubaubedarf geführt haben. Die meisten neuen Wohnungen w urden in
Dortmund (20.763) gefolgt von Duisburg (12.019) und Essen (10.959) gebaut (siehe
auch Tab. AT 4.14 im Anhang).
Trotz der hohen absoluten Werte ist in den höher verdichteten Städten die Dynam ik geringer
Der Neubauflächenanteil 51 an allen Wohnbauflächen liegt in den höher verdichten
Kommunen bei 5 % und steigt mit sinkender Siedlungsdichte. In den geringer verdichteten Kommunen liegt er bei 10 %. Aufgrund der hohen Bautätigkeit in Dortmund bildet
die Stadt in der Gruppe der höher verdichteten Kommunen mit 7 % Neubauflächenan51
Anteil der Neugebäudesubstanz bzw. Neubaugebiete an allen Wohnbauflächen bzw. bezogen auf die
eingenommene Grundstücksf läche seit 1996 (bis 2006).
85
teil neben Gladbeck mit 8 % eine Ausnahme. Besonders stark gew achsen sind Sonsbeck, Xanten, Alpen und Rheinberg, die alle im Kreis Wesel liegen sow ie die Stadt
Breckerfeld im Ennepe- Ruhr-Kreis (vgl. Abb. 4.13).
Auch mit Bezug auf die Einw ohnerzahl ist die Dynamik im geringer verdichteten Raum
größer: Während im höher verdichteten Raumstrukturtyp auf 1.000 EW 0,4 ha Wohnungsneubau entstand, w urden in den geringer verdichteten Städten und Gemeinden
1,2 ha pro 1.000 EW entw ickelt. Der höchste Wert entfällt dabei auf die Gemeinde
Sonsbeck mit 3,2 ha pro 1.000 EW; Werte über 2 ha gibt es zudem in Xanten und Alpen.
Abb. 4.13: Neubauflächenanteil Wohnen 1996 bis 2006
Quelle: Abgleich v on Orthofotos und FNK 1995/97 und 2006, Kartogr aphie: Regionalverband Ruhr 2011 (v gl. Tabelle
4.08 i m Anhang)
Neubauflächen anteil an allen W ohngebieten
in %
Raumstrukturt yp
Höher ver dichtet
5
Verdichtet
7
Geringer verdichtet
10
RVR
6
86
Die höchsten Grundstückspreise gibt es in den Komm unen m it der höchsten
absoluten Bautätigkeit
Der mittlere Grundstückspreis 52 pro m2 für ein baureifes Ein- oder Zw eif amilienhausGrundstück liegt im Verbandsgebiet bei 202 €. Die Bandbreite bei den mittleren Lagen
spannt sich zw ischen 105 und 270 €, w obei die höchsten Preise in der Regel da erzielt
werden können, w o auch eine hohe absolute Bautätigkeit stattfindet.
Abb. 4.14: Preise Baureife Grundstücke Ein- und Zweifam ilienhäuser in m ittleren
Lagen 2009
Quelle: Oberer Gutachterausschuss für Grundstücksw erte i m Land NRW, Kartographie: Regionalv erband R uhr 2011
(vgl. Tabelle 4.13 i m Anhang)
Mittlerer Pr eis
Baureife Grundstücke
Ein- und Zweifamilien wohnhäu ser pro m2
Raumstrukturt yp
1996
2009
195 €
227 €
Verdichtet
142* /143 €
171 €
Geringer verdichtet
130* /142 €
168 €
Höher ver dichtet
RVR
171* /176 €
202 €
* einschl. Erschließungs beitragspflichtige
Er mittlung der Durchsc hnittsw erte mit Gewichtung nach Wohnbauflächen der Kommune auf Wohnbaufläc hen der
Gebietseinheit
In guten Lagen w erden in Mülheim an der Ruhr bis zu 370 €/m2, in Essen und Dortmund bis zu 350 €/m2 und in Duisburg bis zu 340 €/m2 erreicht. Knapp über oder bei
300 €/m2 liegen die Städte Recklinghausen und Bochum. Die an das Verbandsgebiet
52
Quelle: Oberer Gutachterausschuss für Grundstückswerte im Land NRW; der mittlere Preis bezieht
sich auf eine ‚mittlere Lage‘ nicht auf den Durchschnittswert.
87
angrenzende Stadt Düsseldorf liegt mit max. 630 €/m2 dabei deutlich über den Grundstückspreisen im Verbandsgebiet, in der Stadt Köln w ird der NRW-Spitzenw ert mit
810 €/m2 in guten Lagen erreicht (vgl. Abb. 4.14).
Das günstigste Bauland im Verbandsgebiet liegt im Kreis Wesel, w o man in einfachen
Lagen Bauland für 85 €/m2 erw erben kann. In einigen ländlichen Lagen in NRW w ird
Bauland für den individuellen Wohnungsbau bereits ab etw a 35 €/m2 angeboten (vgl.
Abb. 4.14).
Die Grundstückspreise im Wohnungsbau in m ittleren Lagen sind seit 1996 um
rund 17 % gestiegen
Bei einigen Kommunen sind die Grundstückspreise in mittleren Lagen deutlich gestiegen, mit über 50 % sind dies Castrop-Rauxel (64 %), Hamm (60 %), Selm (56 %) und
Ennepetal (52 %).
Auch 1996 gab es die höchsten Preise pro m2 in den guten Lagen in Mülheim an der
Ruhr mit 348 € und in Essen mit 320 €. Dortmund, Duisburg, Bochum und Recklinghausen lagen 1996 unter 300 €/m2.
Das durchschnittliche Grundstück und die durchschnittliche Wohnfläche pro
Wohnung sind in den geringer verdichteten Kommunen größer
Die durchschnittliche Einzelgrundstücksgröße pro Neubau-Wohngebäude beträgt
395 m2. Dabei steigt der Wert von 376 m2 in den höher verdichteten Kommunen auf
394 m2 in den verdichteten Kommunen, auf 443 m2 in den geringer verdichteten Kommunen an. Der Großteil der Neuentw icklungen erfolgte in kleineren Einzelmaßnahmen,
Baulückenschließungen und Nachverdichtungen. Größere, zusammenhängende
Wohngebiete über 10 ha machen von allen Neubauentw ic klungen bezogen auf die
Gesamtfläche in ha nur einen Anteil von 6 % aus.
Auch die Wohnfläche je neu gebauter Wohnung (im Schnitt 89 m2) steigt mit abnehmender Siedlungsflächendichte. Von 88 m2 in den höher verdichteten Kommunen, über 90 m2 in den verdichteten auf 92 m2 in den geringer verdichteten Kommunen. Gegenüber einer durchschnittlichen Wohnung im Bestand ist die Wohnfläche bei Neubauw ohnungen rund 11 m2 größer (siehe auch Tab. AT 4.10 im Anhang).
Der Geschosswohnungsbau hat beim Neubau eine geringe Bedeutung
Mit 14 % Anteil an allen neu errichteten Wohngebäuden im Zeitraum 1996-2006 hat
der Geschosswohnungsbau nur eine geringe Bedeutung (höher verdichtet 15 %, verdichtet 15 %, ger inger verdichtet 10 %). Die höchsten Werte finden sich nicht w ie zu
erw arten war im höher verdichteten Raum, sondern in den Städten Dinslaken und Bottrop (beide 26 %), die raumstrukturell zu den verdichteten Kommunen zählen.
Im zeitlichen Verlauf bis 2009 sinkt der Anteil des Geschosswohnungsbaus auffällig
weiter und liegt insgesamt im Verbandsgebiet nur noch bei 8 %. Die höher verdichteten
Kommunen haben mit 7 % in den Jahren 2007-2009 einen gleich geringen Anteil an
den Geschossw ohnungsgebäuden bei allen Neubauten w ie die geringer verdichteten
Kommunen.
88
Im gesamten Verbandsgebiet entstehen überw iegend Ein- und Zw eifamilienw ohnhäuser (vgl. Tab. AT 4.11 im Anhang).
Während sich im Gesamtw ohnungsbestand noch rund 70 % aller Wohnungen in Gebäuden mit drei und mehr Wohnungen befinden, zeigt sich dieses Verhältnis im Wohnungsneubau nicht. Nur 51 % aller neu gebauten Wohnungen befinden sich in Mehrfamilienhäusern ab drei Wohnungen. Selbst in den höher verdichteten Kommunen liegt
der Wert lediglich bei 57 % (im Gesamtbestand 76 %), in den verdichteten Kommunen
befinden sich 50 % (im Gesamtbestand 62 %) der neu gebauten Wohnungen seit 1995
in Mehrfamilienhäusern mit drei und mehr Wohnungen. Nur 35 % (im Gesamtbestand
41 %) aller Wohnungen w urden in den geringer verdichteten Kommunen als Wohnungen in Gebäuden ab drei Wohnungen errichtet.
Für Wohnungsneubau wurde überw iegend Freiraum in Anspruch genommen
Abb. 4.15: Anteil der Bestandsflächennutzung bzw. Recyclingquote beim Wohnungsneubau von 1996 bis 2006
Quelle: Abgleich v on Orthofotos und FNK 1995/97 und 2006, Kartogr aphie: Regionalverband Ruhr 2011 (vgl. Tabelle
4.09 i m Anhang)
Bestandsflächenanteil am W ohnungsneubau
in %
Raumstrukturt yp
Höher ver dichtet
39
Verdichtet
28
Geringer verdichtet
25
RVR
32
89
Der Großteil der Entw icklungen im Wohnungsbau fand auf Freiraumflächen (landw irtschaftliche Flächen) statt, dennoch gab es fast ausnahmslos einen zw eistelligen Nutzungsanteil von Bestandsflächen (vgl. Abb. 4.15).
In den höher verdichteten Kommunen ist die Flächenrecyclingquote aufgrund von
Brachflächen-Revitalisierungen erw artungsgemäß w esentlich höher als in den geringer
verdichteten Kommunen.
Mehr als die Hälfte der neuen Wohnbauflächen w urde, unter Berücksichtigung einer für
diesen Indikator noch zu schärfenden Methodik 53, in Bottrop auf Bestandsflächen realisiert. Aufgrund von strukturellen Unterschieden sind insbesondere in den geringer verdichteten Kommunen w eniger Bestandsflächen zur Wiedernutzung vorhanden.
Die Baufertigstellungen im Wohnungsbau gehen seit 1995 in allen drei Raum strukturtypen deutlich zurück
Ergänzend zu den beim RVR vorgehaltenen Daten w urden IT.NRW- Reihen zu den
Baufertigstellungen herangezogen. Da im Orthofotovergleich nur zwei Jahrgänge gegenübergestellt w urden, lassen sich mit den Landesdaten unterstützend Verläufe und
Tendenzen aufzeigen.
Die meisten Wohnungen w urden in Korrelation zur Flächeninanspruchnahme in den
höher verdichteten Städten gebaut. Im RVR-Schnitt ist der Wohnungsbau im Vergleich
der Dreijahreszeiträume 1995-1997 zu 2007-2009 um etw a 62 % zurückgegangen.
Fertiggestellte Wo hnungen [n ]
Abb. 4.16: Fertiggestellte Wohnungen 1995 bis 2009 nach Raum strukturtyp (absolut)
40.000
35.000
30.000
25.000
20.000
15.000
33.221
28.724
21.111
18. 532
16.358
16.389
12.174
11.641
10.000
5.000
9.131
7.382
8.453 9. 303
6.370 5.006
3.607
0
Höher verdichtet
1995-1997
Verdichtet
1998-2000
2001-2003
Geringer verdichtet
2004-2006
2007-2009
Quelle: Eigene Ber echnungen nach IT.NRW (vgl. Tabellen 4.12, 4.14 i m Anhang)
53
Bei dem Indikator ‚Bestandsf lächennutzung‘ ist zu berücksichtigen, dass im Luftbild bei stärkerer Vegetation nicht in jedem Fall zweif elsfrei erkennbar ist, ob es sich bei der genutzten Fläche um eine Brachf läche bzw. in den letzten Jahrzehnten bereits f ür Siedlungszwecke genutzte Fläche oder um eine Freiraumf läche handelt. Daher könnten sich bei näheren Recherche Änderungen bei der ein oder anderen
Kommune ergeben. Auf die Darstellung v on Prozent - Angaben bei den Kommunen wurde daher in der
Darstellung v erzichtet; zur ersten Einschätzung werden die Ergebnisse jedoch, auf grund der einheitlichen Methodik f ür den Gesamtraum und mangels anderer Datengrundlagen als wertv oll betrachtet. Bei
der Fortschreibung wäre an dieser Stelle eine Mitwirkung der Kommunen wünschenswert bzw. können
die Ergebnisse des Siedlungsflächenmonitorings herangezogen werden.
90
Fertiggestellte Gebäud e [n]
Abb. 4.17:
20.000
18.000
16.000
14.000
12.000
10.000
8.000
6.000
4.000
2.000
0
Fertiggestellte Gebäude nach Anzahl der Wohnungen 1995 bis 2009
im Verbandsgebiet absolut
19.175
17.091
13. 413
16.065
11.895
4.734
Wohngebäude mit 1 oder 2 Wohnungen
1995-1997
1998-2000
3.558
2.221
1.360
1.010
Wohngebäude mit 3 und mehr Wohnungen
2001-2003
2004-2006
2007-2009
Quelle: Eigene Ber echnungen nach IT.NRW (vgl. Tabellen 4.12, 4.14 i m Anhang
Im Rahmen von Fachdiskussionen w ird vereinzelt davon gesprochen, dass lediglich
Geschosswohngebäude von dem Rückgang der Bautätigkeit betroffen sind. Dies trifft
nicht zu (vgl. Abb. 4.17). Sow ohl im RV R-Schnitt als auch in allen drei Raumstrukturtypen und allen Kreisen gibt es ebenfalls einen – allerdings zeitlich verschobenen –
Rückgang im Ein- und Zw eifamilienhausbau. In einigen Kommunen fallen die Werte
unter Berücksichtigung gew isser Schwankungen im Ein- und Zw eif amilienhausbau erst
seit 2007.
Angesichts geänderter Rahmenbedingungen 54 ist langfristig nicht mit einem erneuten
Anstieg des Wohnungsbaus zu rechnen. Aufgrund spezif ischer Nachfragemärkte und
abgängiger Altbestände mit daraus resultierendem Ersatzbedarf ist jedoch zu berücksichtigen, dass im gew issen Umfang w eiterhin Wohnungen neu gebaut w erden.
Auf 225 ha w urde die aufstehende Wohnbebauung im Untersuchungszeitraum
abgerissen
Im Vergleich zum Abriss bzw . Rückbau von Gew erbeflächen (vgl. Abb. 4.24) gab es
mit 225 ha einen deutlich geringeren Abriss auf Wohnbauflächen. Dies sind w eniger
als 1 % des Bestandes von 1996.
Der größte Teil fand dabei in den höher verdichteten Kommunen statt. Vor allem in
Duisburg und Essen, aber auch in Bochum und Dortmund w urden größere, nicht sanier- oder vermarktbare Bestände abgerissen.
Auf den rückgebauten Flächen entstand überw iegend erneut Wohnungsbau: Insgesamt w urden auf etw a 65 % der Flächen w ieder Wohnungen gebaut, 13 % liegen
brach (Stand 2006) und 3 % w erden heute gew erblich genutzt. Auf 9 % der ehemaligen Wohnbauflächen entstanden Grünflächen, die verbleibenden 10 % haben heute
anderw eitige Nutzungen.
54
Demograf ische Entwicklung, Wegfall der Eigenheimzulage, Anhebung der Mehrwertsteuer, Auslauf der
degressiv en Abschreibung für Wohngebäude etc.
91
Abb. 4.18: Abriss von Wohnungsbau 1996 bis 2006
Quelle: Abgleich v on Orthofotos und FNK 1995/97 und 2006, Kartogr aphie: Regionalverband Ruhr 2011 (v gl. Tabelle
4.16 i m Anhang)
Raumstrukturt yp
Höher ver dichtet
Verdichtet
Geringer verdichtet
RVR
Abriss W ohnbauflächen
in ha
Anteil am Bestand 1996
in %
163
0,6
44
0,3
18
0,3
225
0,5
4.3.3 Neubau Gewerbe
Bei den gewerblichen Entw icklungen zeigt sich eine Konzentration in dem
Korridor zwischen A 40 und A 2
Die neu entw ickelten gew erblichen Flächen 55 treten ver mehrt nördlich der A 40 bzw . in
Duisburg w estlich der A 59 bzw. entlang des Rheins auf. Der räumliche Schw erpunkt
der Bautätigkeit deckt sich mit den Ergebnissen der Rasterkarte (Abb. 4.10), die die
gew erblichen Schw erpunkte im Bestand darstellt.
55
Gewerbliche Nutzungen in Wohngebäuden und in gemischt genutzten Gebäuden sind hier nicht enthalten.
92
Den meisten Gewerbeneubau gab es in den höher verdichteten Städten
Von rund 2.500 ha gew erblichem Neubau (Gebäude und Freiflächen) entstanden in
den höher verdichteten Kommunen 1.457 ha (58 %). In diesem Raum gab es demnach
neben dem Wohnungsbau auch bei den gew erblichen und industriellen Nutzungen die
stärkste absolute Bautätigkeit.
Eine besonders intensive Entw icklung fand mit je rund 300 ha in Duisburg und Dortmund statt. In Essen fanden 180 ha gew erblicher Neubau statt. Mit abnehmender Siedlungsdichte nehmen die gew erblichen Neubauflächen ab (vgl. Abb. 4.19).
Abb. 4.19: Neu bebaute Gewerbeflächen 1996 bis 2006
Quelle: Abgleich v on Orthofotos und FNK 1995/97 und 2006, Kartogr aphie: Regionalverband Ruhr 2011 (v gl. Tabelle
4.08 i m Anhang)
Raumstrukturt yp
Höher ver dichtet
Verdichtet
Geringer verdichtet
RVR
93
Neubau Gewerbeflächen
in ha
Neubau in ha pro 1.000
Beschäftigte*
1.457
1,4
746
2,0
326
3,2
2.529
1,7
Bei den Gewerbeflächen
Wohnungsbau
ist
die
Dynam ik
deutlich
höher
als
im
Der Anteil des Neubaus 56 an den Gew erbeflächen liegt im Verbandsgebiet bei
11 % und ist damit fast doppelt so hoch w ie beim Wohnungsbau mit 6 %. Die räumliche Verteilung des Wachstums zeichnet sich allerdings w eniger klar ab.
Abb. 4.20: Neubauflächenanteil Gewerbe 1996 bis 2006
Quelle: Abgleich v on Orthofotos und FNK 1995/97 und 2006 Kartographi e: Regionalverband Ruhr 2011 (vgl. Tabelle
4.08 i m Anhang)
Neubauflächen anteil an allen
Gewerb lich en Flächen in %
Raumstrukturt yp
Höher ver dichtet
10
Verdichtet
14
Geringer verdichtet
13
RVR
11
Bei den höher verdichteten Kommunen gibt es sow ohl Städte mit hohem Neubauanteil
(Dortmund), genauso w ie mit eher niedrigem Anteil (Bochum). Im regionalen Vergleich
bilden sich drei räumliche Schw erpunkte heraus (vgl. Abb. 4.20).
Die höchsten Neubauanteile haben Bönen, w o 53 % der vorhandenen Gew erbeflächen
seit 1996 entstanden sind, Holzw ickede und Sonsbeck mit 26 % und Alpen mit 21 %.
Bei sinkender Siedlungsdichte gibt es auch hier eine geringe Zunahme des Anteils an
56
Neu bebaute Gewerbef lächen seit 1996 unabhängig von der Flächenv ornutzung.
94
Neubauflächen an allen Gew erbeflächen, er ist aber nicht so eindeutig zu konstatieren
wie im Wohnungsbau (vgl. Abbildung 4.20).
In den höher verdichteten Kommunen ist das durchschnittliche gewerbliche
Grundstück größer als in den beiden anderen Raum strukturkategorien
Entgegengesetzt zu den Wohnbauflächen steigt die durchschnittlich neu bebaute
Grundstücksgröße57 pro Betrieb bei den gew erblichen und industriellen Nutzungen mit
zunehmender Siedlungsflächendichte. 58 Auf das Verbandsgebiet bezogen liegt der
Durchschnitt bei 4.018 m2, in den geringer verdichteten Kommunen liegt die Grundstücksgröße bei 3.160 m2, in den verdichteten Kommunen bei 3.725 m2 und in den
höher verdichteten Kommunen bei 4.463 m2.
Bezogen auf den gew erblichen Bestand insgesamt sind die durchschnittlichen Neubaugrundstücksgrößen in allen 53 Kommunen kleiner als die im Bestand.
Auch bei den Gew erbeflächen wurden vielfach kleinere Einzelmaßnahmen bzw . Gewerbegebiete entw ickelt. Insgesamt gab es 13 Gew erbegebiete oder größere, zusammenhängende Gew erbeflächen mit mehr als 15 ha, die im 10-Jahres-Zeitraum im gesamten Untersuchungsraum vermarktet w urden. Auf die gesamte Fläche bezogen
macht dies einen Anteil von nur 16 % aus.
Auch bei den gewerblichen Grundstücken liegen die höchsten Grundstückspreise in den höher verdichteten Komm unen
Der Grundstückspreis in mittleren Lagen pro m2 für ein baureifes gewerbliches Grundstück für klassisches Gew erbe liegt im Verbandsgebiet bei 53 €. Die Bandbreite bei
den mittleren Lagen spannt sich zw ischen 15 € und 105 €. In guten Lagen w erden in
Essen bis zu 105 €/m2, in Mülheim an der Ruhr, Duisburg und Dinslaken bis zu
100 €/m2 erreicht.
Die an das Verbandsgebiet angrenzende Stadt Düsseldorf liegt mit max. 220 €/m2 dabei deutlich über den Grundstückspreisen im Verbandsgebiet, die Stadt Köln – in der
der NRW-Spitzenw ert bei den Preisen für Wohnbauland erreicht w ird – liegt mit den
Gew erbeflächen nur bei 130 €/m2 in guten Lagen. Das günstigste gew erbliche Bauland
im Verbandsgebiet liegt w ie bei den Wohnbauflächen im Kreis Wesel, w o man in einfachen Lagen Bauland für 15 €/m2 erw erben kann.
57
Nicht mit dem Grundstücksabv erkauf gleichzusetzen. Die Zahl nennt die im Luftbild erkennbar veränderte Fläche (Gebäudeneubau, zugehörige Freif lächenneugestaltung)
58
Hier wurden die im Luftbild erkennbaren gewerblichen Neuentwicklungen mit dem Datensatz ruhrAGIS
v erschnitten. Die angegebenen Zahlen beziehen sich auf die im Datensatz enthaltenen Betriebe unabhängig v on ihrer Flächengröße in allen Gewerbe- und Industriegebieten und thematisch naheliegenden
Sondergebieten entsprechend ihrer Ausweisung in den rechtsgültigen Flächennutzungsplänen (z.B.
Sondergebiet großflächiger Handel, Bergbau). Ebenfalls v on ruhrAGIS erf asst werden Gebiete, die
außerhalb v on Kerngebieten liegen und größer als 3.000 m² sind und die eindeutig als gewerblich genutzte Flächen zu erkennen sind. Flächen in Kern- und Mischgebieten (hauptsächlich Handels- und
Dienstleistungsstandorte) und kleinere gewerbliche Flächen, wie die Tankstelle an der Ausfallstraße,
die kleiner als 3.000 m² sind in ruhrAGIS nicht enthalten. 10 % der im Luftbild erkannten gewerblichen
Neubauf lächen lassen sich über ruhrAGIS nicht näher qualifizieren.
95
Abb. 4.21: Preise Baureife Grundstücke für klassisches Gewerbe in m ittleren
Lagen 2009
Quelle: Oberer Gutachterausschuss für Grundstücksw erte i m Land NRW, Kartographie: Regionalv erband R uhr 2011
(vgl. Tabelle 4.13 i m Anhang)
Mittlerer Pr eis
Baureife Grundstücke
Klassisch es Gewerbe pro m2
Raumstrukturt yp
Höher ver dichtet
1996
2009
61 €
61 €
Verdichtet
33*/36 €
42 €
Geringer verdichtet
26*/37 €
34 €
RVR
47*/53 €
53 €
* einschl. Erschließungs beitragspflichtige
Er mittlung der Durchsc hnittsw erte mit Gewichtung nach Gewerbefläc hen der Kommune auf Gewerbefläc hen der
Gebietseinheit
Der Grundstückspreis in m ittleren Lagen für klassisches Gewerbe ist mit 53 €
gegenüber 1996 unverändert
Im Gegensatz zu den Wohnbaulandpreisen, die seit 1996 um rund 17 % gestiegen
sind, sind die Preise für klassisches Gewerbe im RVR-Schnitt unverändert geblieben.
Dabei sind die Preise vor allem in der Gruppe der höher verdichteten Städte gleich
geblieben, in den verdichteten Kommunen um etw a 17 % gestiegen und in den geringer verdichteten Kommunen um rund 8 % gesunken.
96
Bei neuen Gewerbeflächen dom inierte die Flächenreaktivierung59
Bei der Entw icklung neuer Gew erbeflächen lag der Anteil w ieder genutzter Flächen im
Durchschnitt des Verbandsgebiets bei 55 %. Hierbei gibt es große Unterschiede zw ischen den Raumstrukturtypen. In den höher verdichteten Kommunen liegt der Anteil
der Nutzung von Bestandsflächen, trotz des hohen finanziellen Aufwandes, im Schnitt
bei 72 %. Einige Städte w ie Oberhausen, Essen, Castrop-Rauxel und Gelsenkirchen
erreichen hohe Werte von über 80 %.
Abb. 4.22: Anteil der Bestandsflächennutzung bzw. Recyclingquote beim gewerblichen Neubau
Quelle: Abgleic h von Orthofotos und FNK 1995/97 und 2006 (Kartographi e: Regionalverband Ruhr 2011 (vgl. Tabelle 4.09 i m Anhang)
Bestandsflächenanteil
am Gewerb eneubau in %
Raumstrukturt yp
59
Höher ver dichtet
72
Verdichtet
35
Geringer verdichtet
27
RVR
55
Bei dem Indikator ‚Bestandsf lächennutzung‘ ist zu berücksichtigen, dass im Luftbild bei stärkerer Vegetation nicht in jedem Fall zweif elsfrei erkennbar ist, ob es sich bei der genutzten Fläche um eine Brachf läche bzw. in den letzten Jahrzehnten bereits f ür Siedlungszwecke genutzte Fläche oder um eine Freiraumf läche handelt. Daher könnten sich bei näheren Recherche Änderungen bei der ein oder anderen
Kommune ergeben. Auf die Darstellung v on Prozent - Angaben bei den Kommunen wurde daher in der
Darstellung v erzichtet; zur ersten Einschätzung werden die Ergebnisse jedoch, auf grund der einheitlichen Methodik f ür den Gesamtraum und mangels anderer Datengrundlagen als wertv oll betrachtet. Bei
der Fortschreibung wäre an dieser Stelle eine Mitwirkung der Kommunen wünschenswert bzw. können
die Ergebnisse des Siedlungsflächenmonitorings herangezogen werden.
97
Zum geringer verdichteten Raum fällt der Wert deutlich auf 27 %. Einige Städte des
Kreises Wesel konnten nur etw a 10 % Altflächen nutzen (vgl. Abbildung 4.22), w as im
Wesentlichen daran liegt, das hier kaum Fluktuationsflächen in nennensw erter Größenordnung vorliegen.
Mit Blick auf die Freirauminanspruchnahme verläuft die Gew erbeentw icklung im Untersuchungsraum moderat. Im Vergleich zu den Wohnbauflächen lässt sich generell eine
höhere Nutzung von Alt- und Brachflächen feststellen, w o der Anteil der Bestandsflächenaktivierung im Schnitt nur bei 32 % liegt.
Gewerblicher Neubau findet seit 1995 weitgehend konstant statt
Auch bei der Betrachtung des gewerblichen Neubaus w urden ergänzend zu den beim
RVR vorgehaltenen Daten die IT.NRW- Reihen zu den Baufertigstellungen herangezogen. Da im Orthofotovergleich nur zw ei Jahrgänge gegenübergestellt w urden, lassen
sich mit den Landesdaten unterstützend Verläufe und Tendenzen aufzeigen. Herangezogen w urde hier die errichtete Nutzfläche nach DIN 277 innerhalb der Gebäude.
Im Gegensatz zu den Rückgängen im Wohnungsbau gibt es beim gew erblichen Neubau im Verbandsgebiet keinen Rückgang. Im Gegenteil: Die errichtete Nutzfläche innerhalb der gew erblich genutzten Gebäude ist im Jahr 2009 die höchste seit 1996.
Die Gegenüberstellung zu NRW zeigt jedoch nicht den allgemein steigenden Verlauf.
Nur in der Gruppe der verdichteten Kommunen ist seit 1995 ein kontinuier licher Anstieg der errichteten Nutzfläche ersichtlich (vgl. Abbildung 4.23). Bei den höher verdichten Kommunen ist im zeitlichen Verlauf eher ein leichter Rückgang des Flächenverbrauchs beim gew erblichen Neubau er kennbar (siehe auch Tab. AT 4.15 im Anhang).
Neu bau gew. Nutzfläch e in 100 m
2
Abb. 4.23: Neubau gewerblicher Nutzfläche in Gebäuden in 100 m 2
160.000
143.890
143.361
152.674
157. 570
166.929
120.000
80.000
32.346
40.000
32.132
33.927
31.808
33.813
0
NRW
1998-2000
2001-2003
2004-2006
2007-2009
Neubau gew. Nutzfläche in 100 m
2
1995-1997
RVR
25.000
20.58119.67120.463
20.000
17.244
18.366
15.000
8.575
6.996 7. 154 7.514
10.000
9.792
5.000
5. 950 5.989 5.655
4.770 5.307
0
Höher verdichtet
1995-1997
Verdicht et
1998-2000
2001-2003
Quelle: IT.NRW Baufertigstellungen 1995 bis 2009
98
Geringer verdichtet
2004-2006
2007-2009
Auf über 2.000 ha Gewerbeflächen wurde die aufstehende Gewerbebebauung
zw ischen 1996 und 2006 abgerissen
Der Abriss bzw. Rückbau ehemaliger Gew erbeflächen ist im Untersuchungsraum fast
zehnmal höher als der Rückbau von Flächen mit aufstehender Wohnbebauung. Fluktuationen auf gew erblichen Flächen verändern das städtische Erscheinungsbild somit
deutlich stärker. Beinahe 10 % der 1996 bestehenden Gew erbeflächen gab es mit der
damaligen Bebauung und/oder Nutzung 2006 nicht mehr. Über 20 % der 1996 vorhandenen Gew erbenutzungen w urden in Neukirchen-Vluyn (56,8 %), Dortmund (22,6 %),
Hattingen (22,3 %) und Bergkamen (20,2 %) abgerissen.
Abb. 4.24: Abriss von gewerblichen Flächen 1996 bis 2006
Quelle: Abgleich v on Orthofotos und FNK 1995/97 und 2006 Kartographi e: Regionalverband Ruhr 2011 (vgl. Tabelle
4.16 i m Anhang)
Raumstrukturt yp
Höher ver dichtet
Verdichtet
Geringer verdichtet
RVR
Abriss Gewerbeflächen
in ha
Anteil am Bestand 1996
in %
1.565
12,8
384
7,9
91
5,1
2.040
9,6
Insgesamt liegt der Fluktuationsschw erpunkt eindeutig bei den höher verdichteten
Kommunen, in denen 77 % aller Rückbauflächen liegen. Absolut w urden vor allem in
Duisburg und Dortmund größere Bestände abgerissen. Sie w erden u.a. aufgrund der
Altlastenprobleme w eniger konsequent nachgenutzt als rück gebaute Flächen im Wohnungsbau, w o es im Regelfall an gleicher Stelle erneut Wohnungsneubau gab. Nur
43 % der Flächen w erden w ieder gewerblich genutzt. Auf 3 % entstand Wohnungsbau,
weitere 3 % w urden dem Freiraum zurückgegeben, auf sonstige Nutzungen entfallen
99
11 %. Die Flächen bleiben zudem oftmals länger ungenutzt: 40 % (825 ha) der seit
1996 abgerissenen Gew erbeflächen lagen 2006 noch brach (vgl. Abbildung 4.23).
Der Handel60 ist der Wirtschaftszweig mit der größten Flächeninanspruchnahme
bei den Neuentwicklungen 1996 bis 2006
Der Geodatensatz ruhrAGIS ermöglicht es, gew erbliche Entw icklungen einzelnen Wirtschaftszweigen zuzuordnen.
Der Handel entw ickelte sich von allen Wirtschaftszweigen mit 863 ha (rund 34 % Anteil
an allen neuen Gew erbenutzungen) am flächenintensivsten. Mit 563 ha (rund 22 %
Anteil) folgt das Verarbeitende Gew erbe. Innerhalb des Verarbeitenden Gew erbes stellen die Metallerzeugung und -bearbeitung mit 152 ha Flächeninanspruchnahme sow ie
der Maschinenbau mit 80 ha die flächenintensivsten Branchen dar. Nach Handel und
Verarbeitendem Gew erbe steht der Bereich Verkehr und Nachrichtenüber mittlung mit
einer Inanspruchnahme zw ischen 1996 und 2006 von 458 ha (rund 18 % Anteil) an
allen entw ic kelten Gew erbeflächen.
Abb. 4.25: Neuentw icklungen nach ausgewählten Wirtschaftszweigen 1996 bis
2006
Quelle: Abgleich von Orthofotos und FNK 1995/97 und 2006; ruhrAGIS (Kartographie: R egionalver band Ruhr 2011 (vgl.
Tabelle 4.17 i m Anhang)
60
Nach Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2003, Wirtschaftsabschnitt G: Handel; Instandhaltung und Reparatur v on Fahrzeugen (Groß- und Einzelhandel)
100
Die Entw icklung der drei in Abbildung 4.25 dargestellten Hauptw irtschaftszweige verlief
in den Kommunen anteilig nicht gleich, es gibt kein einheitliches Muster. Es gibt Kommunen, in dem der Schw erpunkt lediglich auf einem bzw . auf zwei Sektoren lag. Dies
ist in unterschiedlicher For m z.B. gut an den Städten Dortmund und Essen ablesbar.
Der Handel entw ickelte sich in fast allen Kommunen am stärksten. Auch hier gibt es
jedoch Ausnahmen: Mit Verkehr und Nachrichtenüber mittlung (maßgeblich Logistikbetriebe) haben beispielsw eise die Stadt Hamm und die Gemeinde Bönen einen anderen
gew erblichen Schw erpunkt, das Verarbeitende Gew erbe dominierte im Neubau 19962006 in Ennepetal und Hattingen.
Die errichtete Nutzfläche61 für Handel- und Lagergebäude ist 2007-2009 um 78 %
gegenüber dem Durchschnittswert von 1995-2006 gestiegen
Während die errichtete Nutzfläche für Handel- und Lagergebäude in den letzten Jahren
massiv angestiegen ist, sank die neu errichtete Nutzfläche für Büro- und Verwaltungsgebäude um 46 %. Weitgehend beständig blieb dagegen die errichtete Nutzfläche für
Fabrik- und Werkstattgebäude 62. Obw ohl sich im Schnitt der Neubau von Gew erbeflächen relativ konstant verhält, verschoben sich demnach im Betrachtungszeitraum
(1995 bis 2009) die nachgefragten Anteile einzelner Wirtschaftszweige deutlich.
Gemäß einer Studie der IHK 63 stieg die Verkaufsfläche im Einzelhandel 64 im Verbandsgebiet seit 2001 um rund 785.000 m2. Dies entspricht einer Steigerung um
15,6 %, w ährend im gleichen Zeitraum die Einw ohnerzahl um 3,5 % gesunken ist.
Ne ubau gew. Nutzfl. nac h Ar t in 1 00m
2
Abb. 4.26: Neu errichtete gewerbliche Nutzfläche nach Art im Zeitverlauf
2 0.000
1 5.000
1 0.000
5.000
0
Handels- und La ge rge bä ude
Fa br ik - und We rkstattgebä ude
199 5-1997
19 98-200 0
2 001-20 03
2004 -2 006
Büro- und Ver waltungsge bäude
200 7-2009
Quelle: IT.NRW Baufertigstellungen 1995 bis 2009, (vgl. Tabellen 4.18, 4.19, 4.20 i m Anhang)
Es bilden sich räum liche Verteilungsmuster für einzelne Wirtschaftszweige ab
Die nachfolgenden Abbildungen 4.27 bis 4.29 zeigen die räumlichen Verteilungen der
Wirtschaftszweige Handel, Verarbeitendes Gew erbe und Verkehr und Nachrichtenübermittlung für den Neubau zw ischen 1996 bis 2006 auf. Das Verarbeitende Gew erbe
als auch der Bereich Verkehr und Nachrichtenüber mittlung w eisen Schw erpunktbildungen auf: Räume, in denen sich diese Bereiche überproportional stark entw ickelt haben.
Demgegenüber zeigt sich die Entw icklung des Handels disperser.
61
62
63
64
Nutzf läche in Gebäuden nach DIN 277
IT.NRW Bauf ertigstellungen 1995 bis 2009 (F 00 IAB 03 Bauf ertigstellungen)
‚Handelsreport 2010’; weitere Inf ormationen: http://www.ihk-niederrhein.de/
Verkauf sflächen ab 650 m
2
101
Der Handel hat flächendeckend eine hohe Bedeutung, räumliche Konzentrationen bilden sich in den höher verdichteten Komm unen ab
Der Handel ist für die meisten Kommunen ein entscheidender Wirtschaftszweig – dies
drückt sich neben der Summe der entw ickelten Flächen auch darin aus, dass 34 %
aller neu bebauten gew erblichen Flächen in diesen Sektor fallen. Flächen für den Handel entstehen aber verstärkt dort, w o viele Menschen auf kurzem Weg erreicht w erden.
Abb. 4.27: Gewerbliche Entw icklungen – Handel 1996 bis 2006
Quelle: Abgleich v on Orthofotos und FNK 1995/97 und 2006 und ruhrAGIS (Kartographi e: Regionalverband Ruhr 2011
(vgl. Tabelle 4.17 i m Anhang)
Höher ver dichtet
515
Anteil an allen g ewerblich en
Entwicklung en
in %
in 35
%
Verdichtet
245
33
Geringer verdichtet
103
32
RVR
863
34
Neubau Handel
in ha
Raumstrukturt yp
Die meisten Flächen w urden in Duisburg mit 92 ha, Dortmund mit 90 ha und in Essen
mit 86 ha entw ickelt, aber auch Bochum, Gelsenkirchen, Hagen und Oberhausen w eisen hohe Werte zw ischen 48 und 31 ha auf.
Anteilig hat der Handel in allen drei Raumstrukturtypen eine ähnlich hohe Bedeutung
(vgl. Tab. unterhalb Abb. 4.27). Mehr als die Hälfte der neu bebauten Gew erbeflächen
entfällt auf den Handel in sieben Kommunen, w obei Schw elm (62 % der Fläche des
gew erblichen Neubaus sind Handelsunternehmen) und Neukirchen-Vluyn (68 %) die
höchsten Anteile aufweisen. Es ist bei der Interpretation zu beachten, dass Überschneidungen mit der (Waren-)Logistik vorkommen.
102
Das Verarbeitende Gewerbe65 hat gemessen am Anteil an allen Entw icklungen
nicht überall eine hohe Bedeutung
Gemessen am absoluten Flächenverbrauch bei den Neuentw icklungen liegt der
Schw erpunkt im Verarbeitenden Bereich in Duisburg (allein 75 ha) und im
MEO- Raum66 mit zusammen rund 133 ha. Weit ger ingere, aber dennoch hohe Werte
haben Dortmund (41 ha), Gelsenkirchen (33 ha), Bochum (31 ha), Bönen (26 ha), Hagen (24 ha) und Hamm (23 ha).
Abb. 4.28: Gewerbliche Entw icklungen – Verarbeitendes Gewerbe
Quelle: Abgleich v on Orthofotos und FNK 1995/97 und 2006 und ruhrAGIS Kartogr aphi e: Regionalverband Ruhr 2011
(vgl. Tabelle 4.17 i m Anhang)
Raumstrukturt yp
Höher ver dichtet
Neubau
Verarb eitendes Gewerb e
in ha
290
Anteil an allen g ewerblichen Entwicklungen
in %
in %
20
194
26
79
24
563
22
Verdichtet
Geringer verdichtet
RVR
Absolut w urde in den höher verdichteten Räumen mehr entw ickelt, das prozentuale
Gew icht des Verarbeitenden Gew erbes an allen gew erblichen Entw icklungen sinkt
aber mit zunehmender Dichte. Insgesamt zeigt sich, dass das Verarbeitende Gew erbe
vor allem für einige Kommunen der verdichteten und ger inger verdichteten Raumstruk65
66
Nach Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2003, Wirtschaftsabschnitt D: Verarbeitendes
Gewerbe
Mülheim an der Ruhr, Essen und Oberhausen
103
turtypen - aufgrund seines hohen Anteils bei den gew erblichen Neuentw icklungen eine hohe Bedeutung hat. Mehr als die Hälfte aller neu bebauten Gew erbeflächen entfallen auf das Verarbeitendes Gew erbe in Breckerfeld (51 %), Hattingen (53 %) und
Ennepetal (62 %), die alle kreisangehörige Städte im Ennepe-Ruhr-Kreis sind. Diese
Werte korrelieren mit der hohen Bedeutung des Verarbeitenden Gew erbes für die jeweilige lokale Wirtschaftsstruktur (vgl. auch Kapitel 3).
Im Bereich Verkehr und Nachrichtenüberm ittlung67 bilden sich Entw icklungsschwerpunkte heraus
Abb. 4.29: Gewerbliche Entw icklungen – Verkehr und Nachrichtenüberm ittlung
(m aßgeblich: Logistikbetriebe) 1996 bis 2006
Quelle: Abgleich v on Orthofotos und FNK 1995/97 und 2006 und ruhrAGIS, Kartographie: R egionalverband Ruhr 2011
(vgl. Tabelle 4.09 i m Anhang)
Raumstrukturt yp
Höher ver dichtet
Verdichtet
Geringer verdichtet
RVR
Neubau
Verkehr u. N achrichtenübermittllung in ha
274
Anteil an allen g ewerblichen Entwicklungen
in %
in %
19
137
18
48
15
458
18
Im Bereich Verkehr und Nachrichtenübermittlung zeigen sich in Duisburg mit 96 ha,
Dortmund mit 84 ha und in Hamm/Bönen mit zusammen 67 ha räumliche Schw erpunkte. Flächenintensiv sind hauptsächlich die in dem Wirtschaftszweig enthaltenen Logis67
Nach Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2003, Wirtschaftsabschnitt I: Verkehr und Nachrichtenübermittlung (maßgeblich Flächenintensiv dav on Logistik und Lagerei)
104
tikbetriebe. Insgesamt fand die Entw icklung dieses Bereichs vor allem im Raum zw ischen der A 2 und der A 40 sow ie entlang des Rheines statt. Mit dem
IKEA-Logistikzentrum in Dortmund fällt die mit 34 ha 68 flächengrößte gew erbliche Neuansiedlung im Verbandsgebiet zw ischen 1996 - 2006 in diesen Wirtschaftszweig.
Der geringer verdichtete Raum partizipierte am w enigsten an der Entw icklung dieses
Sektors.
Bei sieben Kommunen liegt der Anteil von Verkehr und Nachrichtenübermittlung an
allen neu bebauten Gew erbeflächen über 25 %. Die höchsten Anteile gibt es in Bönen
(36 %), Hamm (37 %) und Voerde (Niederrhein) (45 %).
Die betriebliche Einzelflächengröße schw ankt erw artungsgem äß stark
Mit durchschnittlich 29.000 m2 Einzelgrundstücksgröße ist Kokerei und Mineralölverarbeitung der Wirtschaftszweig mit der größten Einzelflächeninanspruchnahme. Es folgen Verkehr und Nachrichtenübermittlung mit 10.500 m2 und die Herstellung von chemischen Erzeugnissen mit 7.200 m2 Grundstücksgröße. Deutlich kleiner fällt die nachgefragte Durchschnittsgröße im Handel mit rund 3.600 m2 aus.
4.4 Weitere ausgewählte Aspekte des Flächenwandels
4.4.1 Neu entstandene Vegetationsflächen 69
Im Untersuchungsraum entstanden seit 1996 rund 560 ha neue Vegetationsflächen
Dem Verlust von etw a 4.560 ha Freiraum bzw . Vegetationsflächen (Landw irtschaftsflächen, Wiesen und Weiden) für Siedlungs- und Verkehrsflächen stehen 562 ha neue
Vegetationsflächen gegenüber. 296 ha bzw . 53 % entfallen hierbei auf die höher verdichteten Kommunen.
Der überw iegende Teil der ‚neuen’ Vegetationsflächen entstand insbesondere auf
einstigen Gew erbe- und Industrieflächen. Dies sind vor allem ehemalige Zechen- und
Haldenstandorte. Der Westpark in Bochum und der Nordsternpark in Gelsenkirchen
sind hierfür prominente Beispiele. Einige dieser Flächen boten die Möglichkeit, mit einer Landschaftsgestaltung Impulse für die Stadtentw icklung zu geben.
Viele Flächen sind zudem ehemalige Abgrabungsflächen. Diese, vor allem am Niederrhein gelegenen Flächen, w urden ,temporär‘ dem Freiraum entzogen und nach der
Rohstoffgew innung w ieder dem Freiraum zugeführt.
68
69
Zahl nicht gleichzusetzen mit dem Grundstücksbesitz des Unternehmens. Die Zahl nennt die im Luftbild erkennbar veränderte Fläche (Gebäudeneubau, zugehörige Freif lächenneugestaltung)
Im Luf tbild v on 2006 mit Pf lanzen aller Art bewachsene Flächen, in denen im Luftbild von 1996 keine
oder nur geringe Spontanv egetation erkennbar war; in gestalteten Vegetationsf lächen können darin
auch (v ersiegelte und unversiegelte) Wege und untergeordnete Bauteile enthalten sein.
105
Abb. 4.30: Neue Vegetationsflächen 2006 gegenüber 1996
Quelle: Abgleich v on Orthofotos und FNK 1995/97 und 2006, Kartogr aphie: Regionalverband Ruhr 2011
Neue Vegetationsflächen
in ha
Raumstrukturt yp
Höher ver dichtet
296
Verdichtet
162
Geringer verdichtet
104
RVR
562
4.4.2 Neu entstandene Oberflächengewässer
Im Verbandsgebiet entstanden seit 1996 etwa 620 ha neue Oberflächengew ässer
Neue Oberflächengew ässer entstanden fast ausschließlich am Niederrhein. Ursache
hierfür ist der intensive Abbau von Kiesen und Sanden. Weitere nennensw erte neue
Wasserflächen liegen im Duisburger Süden und aufgrund des Abbaus von Sanden in
Haltern am See. Die übrigen neu entstandenen Oberflächengew ässer sind in der Regel Rückhaltebecken und größere Löschw asserteiche.
Es ist zu beachten, dass in der Karte 4.31, aufgrund der Abgrabungsbereiche, auch
temporäre Wasserflächen enthalten sein können.
106
Abb. 4.31: Neu entstandene Oberflächengew ässer 1996 bis 2006
Quelle: Abgleich v on Orthofotos und FNK 1995/97 und 2006, Kartogr aphie: Regionalverband Ruhr 2011
Neue Oberfläch engewässer
in ha
Raumstrukturt yp
Höher ver dichtet
59
Verdichtet
107
Geringer verdichtet
455
RVR
620
4.4.3 Freirauminanspruchnahme 70 und 30-ha-Ziel
Das 30-ha-Ziel wurde in vielen Komm unen des Verbandsgebietes bereits
eingehalten
Unter dem Titel „ Perspektiven für Deutschland“ hat das Bundeskabinett im April 2002
als Teil seiner Strategie zur nachhaltigen Entw icklung beschlossen, die zusätzliche
Flächeninanspruchnahme bis 2020 auf 30 ha pro Tag zu reduzieren (sog. 30-ha-Ziel).
Im Koalitionsvertrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen für NRW w ird das 30-ha-Ziel
(heruntergerechnet auf NRW 71 w ären dies etw a 5 ha pro Tag) bekräftigt. Im politischen
Raum w ird diskutiert, ob langfristig gar ein „Netto-Null- Flächenverbrauch“ anzustreben
ist.
70
71
Alle Flächennutzungsarten nach Katasterflächenstatistik, die nicht in die Siedlungs- und Verkehrsf läche f allen (Siedlungs- und Verkehrsfläche = Gebäude- und Freif läche, Betriebsf läche (ohne Abbauland), Erholungsfläche, Verkehrsfläche, Friedhofsf läche). Auf Bundesebene wird diskutiert, ob die Erholungsf läche zukünftig noch zur Siedlungs- und Verkehrsf läche gezählt werden soll.
Siedlungs- und Verkehrsfläche: 47.137 km² in Deutschland (100 %); 7.577 km² in NRW (16 %);
16 % v on 30 ha = 4,8 ha
107
Bezogen auf das 30-ha- bzw . 5-ha-Ziel ergibt sich für jede Kommune ein rechnerischer
Wert, der sich auf ihre anteilige Siedlungs- und Verkehrsfläche bezieht72. Diese Größe
ist ein Richtw ert; es besteht derzeit kein rechtlicher Anspruch auf Einhaltung – Änderungen im Landesgesetz bzw. in der Landesplanung sind laut Koalitionsvertrag beabsichtigt.
Abb. 4.32: Freiraum inanspruchnahme 2002 bis 2009 und 30-ha-Ziel
Quelle: Ei gene Ber echnung nac h IT.NRW, Katas terfläc he nach Art der tatsäc hlichen Nutzung, Kartographie: Regionalverband Ruhr 2011 (vgl. Tabelle 4.22 i m Anhang)
Relation Freiraumin anspruchnahm e
und 30-ha-Ziel
Raumstrukturt yp
Höher ver dichtet
1,1
Verdichtet
1,6
Geringer verdichtet
3,0
RVR
1,5
Die 30-ha-Zielvorgabe entspricht einer jährlichen Freirauminanspruchnahme von
424 ha für das Gesamtgebiet. Zum Vergleich w urde hier entgegen des bisherigen Betrachtungszeitraumes der Zeitraum 2002-2009 gew ählt, da das Ziel erstmalig im Jahr
2002 formuliert w urde. Auch w urden die amtlichen Katasterdaten für die Berechnung
herangezogen. Die tatsächliche Inanspruchnahme 2002-2009 betrug im jährlichen Mit-
72
Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass es unterschiedliche Möglichkeiten des Herunterbrechens des 30-ha-Ziels gibt. Da sich die v om Land NRW f ormulierten 5 ha auf den Anteil der
Siedlungs- und Verkehrsfläche beziehen, wurde hier f olgend der gleiche Ansatz gewählt. Bei Bezug
auf die Gesamtf läche oder die Einwohner ergäben sich abweichende Werte.
108
tel 639 ha. Zur Einhaltung des 30-ha-Ziels müsste die Freirauminanspruchnahme bezogen auf den Gesamtraum demnach bis 2020 um 34 % sinken (NRW um 63 %).
Dennoch w urde in w eiten Teilen des Untersuchungsraumes die Z ielvorgabe bereits
erreicht. In der Gruppe der höher verdichteten Kommunen w ird die vorgeschlagene
Größe bereits annähernd erreicht. Mit abnehmender Siedlungsdichte gibt es jedoch
zunehmend höhere Abw eichungen (vgl. Abb. 4.32).73
Grundsätzlich ist festzustellen, dass das Verbandsgebiet (+2,7 % Siedlungs- und Verkehrsfläche) im Bundesvergleich (+5,9 %) und im NRW-Vergleich (+4,8 %) nicht zu
den Regionen mit hoher Freirauminanspruchnahme gezählt w erden muss, hier sind
z.B. die östlichen Bundesländer Sachsen-Anhalt (+14,1 %) oder MecklenburgVorpommern (+12,6 %) zu nennen.
EXKURS
Vergleich der Zunahme der Siedlungs- und Verkehrsfläche mit ausgewählten
Großstädten bzw. Planungsregionen in Deutschland
Den Ex kurs in Kapitel 4.2 aufgreifend, zeigt sich im Vergleich der höher verdichteten
Kommunen mit den Vergleichsgroßstädten eine unterdurchschnittliche Zunahme der
Siedlungs- und Verkehrsfläche. Die Vergleichsstädte Hamburg und München haben
deutlich mehr Freiraum für neue Siedlungs- und Verkehrsflächen in Anspruch genommen.
Tabelle 4.03: Vergleich der höher verdichteten Kommunen m it Berlin, Ham burg
und München
Siedlungs- und
Verkehrsfläche
2002
Siedlungs- und
Verkehrsfläche
2009
Zunahme der
Siedlungs- und
Verkehrsfläche
RVR74
Hier: Höher
verdichtete
Kommunen
Berlin
Hamburg
München
93.400 ha
61.800 ha
43.500 ha
22.300 ha75
95.100 ha
62.600 ha
45.000 ha
23.200 ha76
+ 1,8 %
+ 1,3 %
+ 3,4 %
+ 4,0 %
Quelle: Katasterfläche nach der tats ächlichen Art der Nutzung, Regi ostatis
73
74
75
76
In einigen Städten und Gemeinden ist nach dem 30-ha-Ziel eine Reduzierung der jährlichen Flächeninanspruchnahme um bis zu 95% notwendig.
Auf grund der Vergleichbarkeit wurden hier die amtlichen Daten v erwendet.
31.12.2001
31.12.2008
109
Tabelle 4.04: Vergleich des gesamten Verbandsgebiets m it anderen Planungsregionen
Siedlungs- und
Verkehrsfläche
2002
Siedlungs- und
Verkehrsfläche
2009
Zunahme der
Siedlungs- und
Verkehrsfläche
RVR17
Hier: Gesamtes
Verbandsgebiet
R.-Bezirk
Köln
Planungsreg.
Südhessen
R.-Bezirk
Düsseldorf
(ohne WES, E,
MH, OB, DU)
165.900 ha
166.450 ha77
139.200 ha 74
104.000 ha
170.350 ha
173.800 ha78
143.500 ha 75
111.700 ha
+ 2,7 %
+ 4,4 %
+ 3,1 %
+ 7,4 %
Quelle: Katasterfläche nach der tats ächlichen Art der Nutzung, Regi ostatis
Auch im Vergleich des Verbandsgebiets Gesamt mit den nächst größeren Planungsregionen in Deutschland bestätigt sich die vergleichsw eise geringe Flächeninanspruchnahme. Vor allem die beiden Vergleichs-Planungsregionen in NRW zeigen von 20022009 eine deutlich höhere Zunahme der Siedlungs- und Verkehrsfläche. Die statistischen Unsicherheiten der Katasterflächenstatistik, vgl. Kapitel 4.1, müssen hier jedoch
bei näheren Interpretationen berücksichtigt w erden.
4.5 Zusammenfassung
Flächennutzung
Über zw ei Drittel des Verbandsgebietes entfallen auf Freiraumnutzungen. Auch der
Wasserflächenanteil liegt über dem Durchschnitt von Deutschland und NordrheinWestfalen. Es gibt mit rund 45.000 ha Wohnbauflächen deutlich mehr für Wohnen genutzte Flächen als gew erblich genutzte Flächen, die nur rund 22.000 ha in Anspruch
nehmen. Die Einw ohnerdichte in den Wohnlagen der höher verdichteten Städte ist im
Vergleich mit anderen Großstädten geringer, w as mitunter daran liegt, dass es im Verbandsgebiet kaum flächengrößere Stadtteile mit Wohngebäuden über vier Vollgeschosse gibt. Der Anteil der Gew erbeflächen ist hoch und liegt deutlich über den Vergleichsgroßstädten und -regionen.
Trotz der ausgeprägten Polyzentrik ist ein zusammenhängender Verdichtungskern mit
kaum w ahrnehmbaren Stadtgrenzen vorhanden. Innerhalb dieses Verdichtungskernes
leben rund 65 % der Einw ohner des Verbandsgebietes. Außerhalb dieses hoch verstädterten Raumes gibt es Städte und Gemeinden, deren städtische Struktur als klassisch zu bezeichnen ist: Innerhalb des Gemeindegebietes gibt es klar abgrenzbare
Ortslagen, die Stadtränder sind von Freiraumnutzungen geprägt.
Rund 67 % aller Wohngebäude im Verbandsgebiet sind Ein- und Zw eif amilienw ohnhäuser, der Anteil der Geschosswohngebäude ist innerhalb des Verdichtungskernes
am höchsten. Neben den meisten Wohnbauflächen liegen auch die meisten gew erbli77
31.12.2001
78
31.12.2008
110
chen Flächen innerhalb der höher verdichteten Kommunen, w o dem zufolge auch die
meisten Arbeitsplätze vorhanden sind (vgl. Kap. 3). Bei den gew erblichen Flächen
zeigt sich eine funktionelle städtische Gliederung bei den einw ohnerstarken Städten
deutlicher als bei den kleineren Städten und Gemeinden, die vielfach eine größere
Funktionsvermischung aufweisen.
Er kennbar ist, dass eine geringere Siedlungsflächendichte eine höhere Verkehrsinfrastruktur mit sich bringt. Einige der gering verdichteten Kommunen haben mehr Verkehrsflächen als Wohn- und Gew erbeflächen.
Flächenw andel
Im Betrachtungszeitraum 1996 bis 2006 fand im Verbandsgebiet bezogen auf die in
Anspruch genommene Fläche in etw a zu gleichen Teilen Gew erbe- und Wohnungsneubau statt. Auf rund 2.800 ha entstand unabhängig von der Vornutzung der Fläche
Wohnungsneubau, auf rund 2.500 ha gew erblicher- und industrieller Neubau. Allein
48 % der Flächen mit Wohnungsneubau und 58 % der Flächen mit gew erblichem Neubau w urden in den höher verdichteten Städten entw ic kelt. Damit w eist dieser Raum
absolut die stärkste Bautätigkeit auf. Trotz der hohen absoluten Werte ist in den höher
verdichteten Städten die Wachstumsdynamik geringer als außerhalb des Verdichtungskerns w o teilw eise mehr als 10 % des gesamten Wohnbauflächenbestandes seit
1996 neu bebaut w orden sind. Im Schnitt liegt der Neubauanteil bei 6 %. Ähnliches gilt
auch bei den gew erblichen Flächen, w o mit 11 % insgesamt ein höherer durchschnittlicher Anteil an Neubauflächen vorliegt als bei den Wohnbauflächen. Ursache ist möglicherweise eine anfängliche Sättigung des Wohnungsmar ktes bei bisher gleich bleibendem Gew erbeflächenverbrauch.
Das durchschnittliche Grundstück und die durchschnittliche Wohnfläche pro Wohnung
sind in den geringer verdichteten Kommunen größer. Insgesamt liegt die Einzelgrundstücksgröße pro Neubau-Wohngebäude – einschließlich Geschosswohngebäuden –
bei rund 400 m2. Eine neue Wohnung ist im Schnitt 89 m2 groß. Der Geschosswohnungsbau hat beim Neubau eine geringe Bedeutung. Nur 14 % der zw ischen 1996 und
2006 errichteten Wohngebäude sind Geschossw ohngebäude. Für Wohnungsbau w urde überw iegend Freiraum umgew idmet. Etw a 32 % der Flächen w aren Bestandsflächen und w urden vorher bereits für Siedlungszw ecke genutzt. Insgesamt sinkt die Bautätigkeit flächendeckend. Da eine Trendänderung nicht zu erw arten ist (vgl. Kap. 2),
wird die Flächennachfrage künftig überall ger inger ausfallen. In einigen Kommunen
fanden vermehrt Abriss bzw. Rückbaumaßnahmen von nicht mehr vermarktbaren
Wohnungsbeständen statt. Insbesondere in Nähe von Industrieanlagen w urden ganze
Straßenzüge rückgebaut, ohne dass an gleicher Stelle eine Ersatzbebauung geschaffen wurde. Dieses Phänomen könnte künftig aufgrund zunehmender Leerstände deutlicher in Erscheinung treten.
Die gew erblichen Entw icklungen konzentrieren sich auf einen Korridor zw is chen A40
und A 2. In den höher verdichteten Kommunen ist das durchschnittliche Grundstück
größer als außerhalb des Verdichtungskernes. Insgesamt liegt die durchschnittliche
neu bebaute Grundstücksgröße pro Betrieb bei rund 4.000 m2. Bei neuen Gew erbeflächen dominierte die Flächenreaktivierung. Im Schnitt konnten für 55 % der für Gew erbe
in Anspruch genommenen Flächen Bestandsflächen genutzt w erden. Einige Kommunen erreichen dabei Werte über 80 %. Im Gegensatz zu den Rückgängen im Wohnungsbau findet gew erblicher Neubau bezogen auf die Flächeninanspruchnahme seit
1995 w eitgehend konstant statt.
111
Im Betrachtungszeitraum gab es mehr als 2.000 ha Rückbau von Gew erbeflächen.
Dies ist nicht nur auf den Strukturw andel zurückzuführen. Die Bedürfnisse von Industrie und Gew erbe sind auch einem sich beschleunigenden Wandel unterzogen. Produktionsabläufe müssen zunehmend flexibel gestaltet sein und sich den aktuellen Bedürfnissen anpassen können. Ältere Gew erbegebiete w erden diesen Anforderungen oftmals nicht mehr gerecht79, zudem erlaubt die vorhandene Bausubstanz vielfach keine
Nachnutzung.
Die Branchenzusammensetzung im Neubau von gew erblichen Flächen hat sich in den
letzten 15 Jahren aus verschiedenen Gründen verschoben. Während Anfang der 90er
Jahre Gew erbegebiete noch - in relativ kurzer Zeit - an klein- und mittelständische Unternehmen vermarktet w erden konnten, verschob sich der Trend in den letzten Jahren
in Richtung flächenintensive Logistik- und Großhandelsbetriebe. Der Handel ist der
Wirtschaftszweig mit der größten Flächeninanspruchnahme bei den Neuentw icklungen
1996 bis 2006. Rund 34 % aller in Anspruch genommenen Flächen entfallen auf den
Handel. Neue Handelsflächen entstanden vor allem in den einw ohnerstarken Kommunen, da Kundennähe eine w ichtige Standortvoraussetzung ist.
Das 30-ha-Ziel w urde in vielem Städten und Gemeinden des Verbandsgebietes bereits
erreicht. Insbesondere für neue gew erbliche Entw icklungen w urden überw iegend Bestandsflächen reaktiviert. Im Bundes- und NRW-Vergleich w ar die Neuinanspruchnahme von Freiflächen eher gering.
79
z.B. Erschließungsmängel, Abstände zur umliegenden Wohnbebauung, Gebäudesubstanz
112
5
Ausgewählte Naturpotenziale und Aspekte des Freiraumschutzes
Das folgende Kapitel soll dazu dienen, ausgew ählte Naturpotenziale und Elemente
des Freiraumschutzes im Verbandsgebiet zu beschreiben. Die vorliegende Deskription beschränkt sich auf die allgemeine Darstellung der naturräumlichen Gliederung,
der Höhenverhältnisse, der Böden, der Oberflächenflächengew ässer sowie der Rohstoffe. Darüber hinaus w erden ausgew ählte, regional bedeutsame Aspekte des Natur- und Freiraumschutzes betrachtet.
Ziel ist es, einen ersten gesamträumlichen Überblick zu geben. Eine vertiefende Analyse sämtlicher Schutzgüter 80 und ihrer Wechselw ir kungen ist integrativer Bestandteil
der bei Aufstellung von Raumordnungsplänen durchzuführenden Umw eltprüfung. Im
Rahmen der Aufstellung des Regionalplanes für das Verbandsgebiet sind w eitere differenzierte Darstellungen und Bew ertungen der rechtlichen und planerischen Vorgaben z.B. zum Naturschutz und zur Landschaftspflege, zur Land- und Forst- oder
Wasserw ir tschaft, erforderlich. Diese kann und w ill die vorliegende Raumanalyse
nicht ersetzen.
Abb. 5.01: Freiraum im Verbandsgebiet
Eine konzeptionelle Beschäftigung mit Themen der Freiraumentw icklung erfolgt im
Rahmen der Erarbeitung des Freiraumkonzepts Metropole Ruhr des RVR. Das Freiraumkonzept soll dabei die Ziele und Maßnahmen der verschiedenen kommunalen,
teilregionalen und regionalen Freiraumkonzepte vernetzen und sow eit notw endig ergänzen und in eine nach außen vermarktbare Gesamtstrategie zur Freiraumentw icklung überführen. Des Weiteren w erden Schw erpunkte für die unterschiedlichen Freiraumfunktionen dargestellt ( Naturschutz, Erholung, Gew ässerschutz, Klima etc.). Ein
80
Eine v ollständige Analyse aller relevanten Schutzgüter im Sinne der Umweltprüfung nach § 9 Abs. 1
Nr. 1-4 ROG müsste den Menschen (Gesundheit sowie Bev ölkerung insgesamt), die Tiere und Pflanzen sowie die biologische Vielfalt (auch Schutzzwecke der FFH- und Vogelschutzgebiete und gesonderte Betrachtung besonders und streng geschützter Arten), Boden und Landschaft, Wasser, Luft
und Klima, Kulturgüter und sonstige Sachgüter sowie die Wechselwirkungen zwischen den genannten Schutzgütern betrachten.
113
besonderer Fokus w ird auf die Regionalen Grünzüge gelegt. Hier w ird ein Vorschlag
zu deren räumlicher Abgrenzung entw ickelt, der vor allem für den neuen ,Regionalplan Ruhr’ eine w ichtige Grundlage sein w ird.
5.1 Naturräumliche Gliederung
Die in Anlehnung an die vom Bundesamt für Naturschutz vorgegebene Systematik
der Raumgliederung vom LANUV entw ic kelte ,Naturräumliche Gliederung des Landes NRW’ 81 fasst Teilräume zusammen, die sich vor allem aufgrund ihrer Landschaftsbeschaffenheit, der Geologie, der Boden- und Klimaverhältnisse, des Wasserhaushaltes und der potenziellen natürlichen Vegetation von angrenzenden Gebieten
abgrenzen lassen. In der Gliederungssystematik w erden die ,Großlandschaften’ und
die sie gliedernden ,Naturräumlichen Haupteinheiten’ unterschieden.
Das Verbandsgebiet hat Anteil an drei ,Großlandschaften’82: das ,Niederrheinische
Tiefland’, die ,Westfälische Bucht’ und das ,Süderbergland’.
Abb. 5.02: Großlandschaften/Naturräumliche Haupteinheiten
5.1.1 Niederrheinisches Tiefland
Im Westen des Verbandsgebietes befindet sich ein Teilraum der Großlandschaft des
Niederrheinischen Tieflandes. Es erstreckt sich östlich und westlich des Rheins. Das
Niederrheinische Tiefland grenzt im Nordosten und Osten an die Westfälische Bucht
und im Südosten an das Süderbergland an.
81
82
Die Steckbriefe der Naturräumlichen Gliederung des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW wurden dem RVR 2010 zur Verf ügung gestellt.
Vgl. Dr. Wolf gang Dinter (1999): Naturräumliche Gliederung, LÖBF
114
Es handelt sich um eine klar gegliederte Flussterrassenlandschaft, in deren ebenen,
getreppten Terrassen es verschiedene Einschaltungen, w ie Sohlentäler, Flussauen
Altstromrinnen oder den Stauchmoränenw all der Niederrheinischen Höhen gibt. Die
Höhenlage beträgt fast durchgängig w eniger als 100 m ü. NN und sinkt nach Nordwesten, zur Niederländischen Grenze, auf etw a 15 m ab.
Zumeist dominieren grundw assernahe, quartäre Sande und Kiese an der Oberfläche,
in den Auen auch Hochflutlehm und Reste ehemals ausgedehnter Nieder moore. Bei
einer mittleren Jahrestemperatur von über 9 Grad herrscht ein ausgeglichenes, atlantisch geprägtes Temperaturklima mit milden Wintern und einer langen Vegetationsperiode. Die Jahresniederschläge liegen bei 700 bis 750 mm.
In der Nutzung zeigt sich im Allgemeinen ein charakteristischer Wechsel zw is chen
Grünland in den Niederungen und Ackerland auf den trockeneren Lehm- oder Sandplatten. Größere Waldkomplexe, w ie z.B. der Hünxer Wald, sind nur lokal vorhanden.
Sechs unterschiedliche Naturräumliche Einheiten gehören zum Niederrheinischen
Tiefland:
» ,Untere Rheinniederung’,
» ,Isselebene’,
» ,Niederrheinische Sandplatten’,
» ,Niederrheinische Höhen’,
» ,Mittlere Niederrheinebene’,
» ,Bergische Heideterrasse’.
Untere Rheinniederung
Die Untere Rheinniederung erstreckt sich entlang des begradigten Rheins, nordw estlich der ,Düsseldorfer-Weseler Rheinaue’ bis jenseits der niederländischen Grenze
(Millingen a.d. Rijn) und nur zu einem kleinen Anteil bei Wesel und Xanten im Verbandsgebiet.
Auf einer Strecke von über 40 km Länge fällt sie von ca. 20 m NN auf ca. 10 m NN
und entsprechend dem Gefälle des Rheins von 0,17 Promille auf ein Gefälle von 0,09
Promille ab. Auf dem Niederterrassenrest überwiegt die ackerbauliche Nutzung, nur
stellenw eise sind auf kleineren Dünen- und Flugsandfeldern Waldflächen, hauptsächlich als Nadelforste, erhalten.
Isselebene
An den oberen Rheinverlauf östlich angrenzend durchfließt die Issel die ,Isselebene’
und die ,Niederrheinischen Sandplatten’. Die Issel ist ein Tieflandfluss mit kleineren
Zuflüssen auf dem Weseler Kreisgebiet. Das Gew ässer w ird überwiegend von landwirtschaftlich genutzten Flächen begleitet. Es gibt in geringerem Umfang Nassabgrabungen von Sanden und Kiesen.
Die von der Issel durchflossene Niederterrassenfläche der Isselebene gew innt nach
Norden nicht nur an Breite, sondern fällt auch in gleicher Richtung ab. Im Verbandsgebiet gehören Stadtgebiete von Wesel, Hamminkeln und Hünxe zu dieser Haupteinheit.
115
Es herrscht ein Reliefw echsel zwischen trockeneren Hügeln und feuchten Mulden mit
kleinen Mooren und Heidew eihern vor. Auf den höheren Sandflächen sind vorwiegend Kiefernw älder verbreitet. An die potenziellen Vegetationsstandorte eines trockenen Eichen-Birkenw aldes treten heute Mischw älder mit Eichen, Birken und Kiefern.
Niederrheinische Sandplatten
Die ,Niederrheinischen Sandplatten’ befinden sich im Nordosten der Großlandschaft
des Niederrheinischen Tieflandes, an der Grenze zur Westfälischen Bucht. Die Lippe
mit dem parallel verlaufenden Wesel- Datteln-Kanal durchfließt den nördlichen Teil.
Die Niederrheinischen Sandplatten liegen zw ischen der unteren Emscher und der
deutsch-niederländischen Grenze. Sie enthalten große, zusammenhängende Reste
der Rhein-Hauptterrasse und bilden die am w eitesten nach Nordosten reichende
Haupteinheit des Niederrheinischen Tieflandes. Der Bereich im Verbandsgebiet betrifft Flächen der Kommunen Bottrop, Oberhausen, Dorsten, Hünxe, Dinslaken,
Hamminkeln und das Gemeindegebiet von Scher mbeck.
Die sich fast 50 km w eit von Süden nach Norden erstreckenden Platten verbreitern
sich von 5 km nördlich der Emscher rasch auf 10-12 km. Die Hauptterrasse sinkt dabei von 80 m über NN im Bereich der Emscher auf etwa 40 m über NN nördlich von
Bocholt ab. Die Ablagerungen der alt-pleistozänen Hauptterrasse bestehen hauptsächlich aus Rheinsanden und -kiesen. Daneben sind Lehm und Ton beigemischt,
die von den östlichen Nebenflüssen des Rheins herantransportiert w urden.
Der starke Anteil bodenfeuchter Bereiche ist ein besonderes Kennzeichen der ,Niederrheinischen Sandplatten’. Die w eit verbreiteten Wälder zeigen mancherorts deutliche Anklänge an die, den ökologischen Bedingungen entsprechende potenzielle natürliche Vegetation, die hier w eithin durch Buchen-Eichenw älder, vor allem in der
feuchten Ausbildungsform, gekennzeichnet ist. In etw as nährstoffreicheren Teilbereichen, vor allem in einigen Tälern, sind Reste von Eichen- Hainbuchenw äldern erhalten. In den feuchtesten Partien gibt es noch Bestände des Birkenbruchs und verschiedene Erlenw aldgesellschaften. Grosse Teile der Sandplatten w aren früher
verheidet. Heute sind nur noch kleinflächige Heidereste erhalten. Die größten Teile
der Sandplatten sind heute durch ein kleinräumiges und sehr abwechslungsreiches
Mosaik von Wäldern und landw irtschaftlich genutzten Flächen mit viel Grünland gekennzeichnet. Baumgruppen und lichte Eichenhaine an den verstreut liegenden Höfen und viele Flurgehölze und Wallhecken gliedern die bäuer lich geprägten Teilbereiche. Grosse Flächen der ,Königshardter Sandplatten’ sind heute von ehemaligen Zechen, Industrieanlagen und Siedlungsflächen der Stadt Oberhausen überbaut. Lediglich am Nordrand sind kleinere, landw irtschaftlich genutzte Bereiche mit überw iegender Grünlandnutzung und größere, zusammenhängende und z. T. naturnahe Waldflächen, mit Buchen- Eichenw ald, Eichen-Hain-Buchenw ald und Erlenbruchw ald erhalten geblieben, w ie der Hiesfelder und Sterkrader Wald.
Niederrheinische Höhen
Die ,Niederrheinischen Höhen’ sind charakterisiert durch eine relativ steile Nord- und
eine sanfter abfallende Südkante. Die von Eiszeitlichen Gletschern aufgeschobenen
Stauchw älle bestehen vornehmlich aus Kiesen und Sanden der unteren Mittelterrasse des Pleistozäns mit eingelagerten Sedimenten und Geschiebemergelresten. Sie
bilden einen geschlossenen Höhenzug, der in einem kleineren Teil den w estlichen
Rand des Verbandsgebietes mit Teilen der Kommunen Sonsbeck, Alpen, Xanten und
Kamp-Lintfort, darstellt. Im Südosten befinden sich der Hees bei Xanten und die Bönninghardt.
116
Die von Trockentälern stark zergliederte Bönninghardt erstreckt sich in einer durchschnittlichen Höhe von 50 m NN über eine Länge von 12 km von NW nach SO. An
Stauchw allresten83 im SO befinden sich steile Randkanten mit Fliesserdestreifen im
Hangfußbereich. Sander 84, die von Flugdecksanden überdeckt sind, kommen im mittleren und w estlichen Teil vor. Größere Bereiche sind noch heute von Wäldern bedeckt, meist Nadelholzforsten. Teilflächen der mittleren und w estlichen Bönninghardt
sind ackerbaulich genutzt. Südlich von Xanten liegt der Stauchw allrest der Hees als
kleiner isolierter Rest des Höhenzuges. Mit durchschnittlich 70 m Höhe w ird er stark
von Kerbtälern gegliedert und von Flugdecksanden überlagert. Der Hees ist heute
stellenw eise land-, vor allem aber forstwirtschaftlich genutzt. Der überw iegende Teil
ist von Mischw äldern bedeckt. Auf dem Hees befinden sich römische Abgrabungen.
Mittlere Niederrheinebene
Die ,Mittlere Niederrheinebene’, die in ihrer gesamten räumlichen Ausdehnung im
Regierungsbezirk Düsseldorf liegt, setzt sich aus den Niederterrassenebenen beidseits des Rheins und der zentral darin eingesenkten, verbreiterten Rheinaue zusammen. Diese stellt den größten Flächenanteil des Verbandsgebietes im Niederrheinischen Tiefland dar: in Teilbereichen von Mülheim an der Ruhr, Oberhausen, Alpen,
Kamp-Lintfort, Wesel, Dinslaken, Sonsbeck, Hünxe und Duisburg und die kompletten
Stadtgebiete von Rheinberg, Moers, Neukirchen-Vluyn und Voerde (Niederrhein).
Die durchschnittlich 5 km breite ,Düsseldorf-Duisburger Rheinaue’ lässt sich in einen
periodisch überfluteten Auenbereich und eine durch Deiche vor Hochw asser geschützte Inselterrassenstufe unterteilen. Innerhalb der Aue fließt der im Mittel etw a
350 bis 400 m breite Rhein in w eit ausgezogenen Windungen und Schlingen zw ischen befestigten Ufern mit geringem Gefälle und unter Sandstrandbildung. Als Zeugen der häufigen Laufverlegungen des Rheines finden sich in der Aue zahlreiche,
abgeschnürte, heute trocken liegende Altrheinschlingen, Altw asserarme und buchtförmig in die Niederterrasse eingeschnittene alte Uferkonkaven. Nur kleinflächig sind
in der periodisch überfluteten Rheinaue Reste naturnaher Auenw älder erhalten
geblieben. Der Bereich w ird heute überw iegend landw irtschaftlich genutzt, w obei
Wiesen und Weiden, z. T. durch kleinere Pappelgehölze, Hecken, Baumreihen und
Kleingew ässer gegliedert, vorherrschen.
Höher liegende Inseln, die jedoch rechtsrheinisch einen nur geringen Flächenanteil
einnehmen, w erden auch ackerbaulich genutzt, w odurch es zu starken Bodenerosionen und Ernteausfällen bei extremen Hochw ässern kommen kann. Der Landschaftsraum innerhalb der überflutungsfreien Rheinaue w ird durch die hohe Siedlungsdichte,
z.B. in Duisburg und die intensive Ackernutzung auf den produktiven ,Braunen Auenböden’ 85 geprägt. In der fast völlig ausgeräumten Landschaft tritt die naturnahe Gehölzvegetation mit überw iegend Flattergras-Buchenw ald oder Buchen-Eichenw ald
nur noch in kleinflächigen Resten auf. Charakteristisch sind auch die ausgeprägten
Garten- und Feldkulturen. Grünlandnutzung findet lediglich im Übergang zu tiefer liegenden Einheiten oder in Hofnähe statt.
Die ,Rechtsrheinische Niederterrassenebene’ w ird bestimmt durch die ,DüsseldorfDuisburger Rheinebene’ zw ischen der Düssel und der Ruhr und dem ,Ruhr-EmscherMündungsgebiet’. Die Bereiche der Ruhr- und Emscher mündungen in Oberhausen,
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84
85
Bezeichnung f ür eine Stauchendmoräne, die beim Vorrücken des Eises (Gletscher oder Eisschild)
durch Zusammenschieben des vor dem Eisrand liegenden Materials entsteht.
Bezeichnung f ür Sand- und Schotterf lächen, die durch Schmelzwässer v or der Endmoräne von Gletschern abgelagert wurden.
Der Braune Auenboden ist ein Bodentyp (Vega), der aus sedimentiertem braunem Ausgangsmaterial
im regelmäßig überfluteten Auenbereich von Flüssen entstanden ist (v gl. 5.3); dort werden die prägenden Bodenty pen im Verbandsgebiet beschrieben und dargestellt.
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Duisburg und Mülheim an der Ruhr sind zu einem großen Teil baulich überformt. Größere Wiesen und Weiden befinden sich unmittelbar am Rhein und südlich von Alstaden als vorw iegende Überschw emmungsbereiche der Ruhr. Auch die ,DüsseldorfDuisburger Rheinebene’ ist durch einen hohen Siedlungsanteil gekennzeichnet.
Daneben fallen die zahlreichen Restseen der Kiesabgrabungen auf. Zw ischen der
großflächigen Bebauung liegen landw irtschaftlich genutzte Resträume, in denen sich
lehmige und sandige Terrassenbereiche abw echseln. In den zahlreichen grundw asserbeeinflussten Altstromrinnen, die als schw ach eingetiefte Rinnen mit ebenem Talboden die Niederterrasse zerschneiden, bzw. in den größeren und schwach reliefierten Niederungen, prägt ein oft kleinräumiger Wechsel zw ischen Grünland, Acker und
Waldparzellen das Landschaftsbild.
Bergische Heideterrasse
Die über w eite Teile von Flugsand bedeckten Kies- und Sandterrassen der ,Bergischen Heideterrasse’ erstrecken sich am Fuß des Bergischen Landes über etw a
80 km Länge von der unteren Sieg bis zur Ruhr mündung. Im Grenzbereich Mülheim
an der Ruhr/Duisburg befindet sich der kleine Anteil im Verbandsgebiet.
Die Flugsande verw ittern zu nährstoffarmen, anlehmigen Sandböden, die landw irtschaftlich w enig ergiebig sind. Daher findet man ausgedehnte Wälder, w ie den großen, zusammenhängenden Waldbereich (Duisburger Stadtw ald/Broich-Speldorfer
Wald), der mit seinen Hangquellen und Bachtälern, dem Teilraum seine besondere
Prägung gibt.
5.1.2 Westfälische Bucht
Die ,Westfälische Bucht’ deckt einen großen Teil des nördlichen, östlichen und zentralen Verbandsgebietes ab. Sie ist eiszeitlich überformt und besteht, mit Ausnahme
der Sandhügelländer der Hohen Mar k, Haard und Borkenberge, aus einer überw iegend ebenen bis flachwelligen Landschaft mit durchschnittlichen Meereshöhen zw ischen 40 und 100 m. Der kreidezeitliche Untergrund erreicht jedoch an vielen Stellen
die Oberfläche, so in den aus Halterner Sanden aufgebauten Borkenbergen, der
Haard und der Hohen Mark. Die eiszeitlichen Deckschichten w echseln zw is chen
meist grundw assernahen Sanden im Westmünsterland und mehr oder w eniger staufeuchten Lehmen im Kernmünsterland. Im Westen sind auch größere, aber entw ässerte Hochmoorkomplexe vorhanden.
Der im Westen deutlich atlantische Charakter des Klimas schw ächt sich nach Osten
hin ab. Die Jahresniederschlagssummen liegen im Allgemeinen zw ischen 700 und
800 mm. Die mittlere Jahrestemperatur beträgt über 9 Grad.
Neben den Zentren der Großstädte, die sich in dieser Großlandschaft im Kern des
Ruhrgebietes befinden, w ird die Westfälische Bucht überw iegend agrarisch genutzt.
Dabei nimmt in den Sandgebieten das Grünland noch größere Flächenanteile ein,
während in den Lehm- und Lössgebieten das Ackerland dominiert. Der Waldanteil ist
allgemein gering, das Kulturland von Feldgehölzen, Wallhecken und Ufergehölzen
durchsetzt, so dass es die typische Münsterländer Par klandschaft w iderspiegelt.
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Die Westfälische Bucht gliedert sich in fünf Naturräumliche Einheiten:
» ,Westmünsterland’,
» ,Kernmünsterland’,
» ,Emscherland’,
» ,Hellwegbörden’,
» ,Westenhellweg’.
Westm ünsterland
Aufgrund der vorherrschend sandigen Böden w ird es auch als ,Sandmünsterland’ bezeichnet. Die Landschaft ist im Wesentlichen durch sandige Talebenen und Niederungen sow ie sandreiche Geschiebelehmplatten bestimmt. Im Teilraum des Verbandsgebietes im Bereich der Städte Haltern am See, Oer- Erkenschw ic k, Datteln,
Marl und Dorsten befinden sich im Süden die Sandhügelländer der Hohen Mark,
Haard und Borkenberge. Neben einer intensiven, landw irtschaftlichen Nutzung besteht aufgrund der sandigen und nährstoffarmen Böden ein hoher Waldanteil, w ie
z.B. die Haard oder Hohe Mar k zeigen.
Eine besondere auch hydrogeologische Bedeutung haben die Halterner Sande. Die
feineren Staubablagerungen des Lösses sind nur bei Haltern großflächiger verbreitet.
Hier liegen die Sandhügelländer der Hohen Mark, der Borkenberge und der Haard.
Das zentrale Hügelland der Hohen Mark ist bis zu 146 m hoch. Es w ird durch zahlreiche Trockentäler gegliedert, läuft flachwellig aus und w ird in den Randbereichen von
Geschiebelehmen, Flug- und Dünensanden überlagert, im Randbereich in abflusslosen Senken konnten so kleine Heidew eiher oder -moore entstehen. Die flachen Rücken und trockenen Platten w erden hier durch verfestigte Bänke innerhalb der Halterner Sande bedingt. Sie ragen 10-20 m über ihr Umland auf.
Die Borkenberge mit bis zu 134 m stellen die ,bergigste’ For m der Sandhügellandschaften dar. Die auftretenden Rücken w erden teilw eise von Steilhängen mit z. T.
mehr als 20 Grad Neigungsw inkel begrenzt. Sie führen zu oft 30-50 m tief eingeschnittenen Trockentälern hinab, im Randbereich der Borkenberge bestehen auch bis
zum Grundw asserspiegel herabreichende Mulden mit Heidemooren.
Südlich der Lippe liegt die Haard, sie w eist ein grundsätzlich ähnliches Gepräge w ie
die Hohe Mark auf. Die Kuppe des Stimberges ist mit dem Stimbergquarzit mit 156 m
die höchste Erhebung des gesamten Naturraums. Im Westteil kommen Dünen vor.
Das Halterner Tal ist eine zw is chen den Sandhügellandschaften gelegene breite Talung von Lippe und Stever. Die Lippe besitzt hier eine durchschnittlich 1 km breite
Aue, in der der Fluss unter Hinterlassen von Altar men mäandriert. Die angrenzenden
Niederterrassenflächen der Lippe liegen ca. 4 m höher. Im Stevertal befinden sich die
beiden Stauseen von Haltern und Hullern. Für die Sandhügelländer und teilw eise
auch für die nicht von Grund- oder Stauw asser beeinflussten Dünenlandschaften, ist
die natürliche potenzielle Vegetation der trockene Eichen-Buchenw ald bzw . der trockene Eichen-Birkenw ald. Die dort besonders für den Bergbau angepflanzten Nadelhölzer (sog. Stempelholz) werden allmählich w ieder durch Laubbäume ersetzt. Diese
großen Waldflächen besitzen einen hohen Erholungsw ert. Weitere Wälder liegen
dort, w o die vorhandenen Böden keine landw irtschaftliche Nutzung zulassen, teilw .
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als Bruchlandschaften. Ansonsten verleihen kleinere Waldparzellen, Hecken, Gebüsche, Gehölzstreifen an Bächen und Gräben und die Baumgruppen an den verstreut
liegenden Höfen der Landschaft einen parkähnlichen Charakter.
Kernm ünsterland
Das Kernmünsterland entspricht dem nordöstlichen Teil der Westfälischen Bucht und
ist Teil der durch basenreiche Substrate geprägten Moränen- und Terrassenlandschaften in Westdeutschland. Die Naturraumeinheit w ird im Verbandsgebiet im Süden durch die Flusslandschaft der Lippe geprägt und betrifft die Städte Hamm, Werne, Lünen und Selm sow ie kleine Anteile von Waltrop und Datteln.
Die nördlich der Lippe gelegenen ,Lipper Höhen’ sind ein niedriges bis bergiges Hügelland. Nach Norden fällt es allmählich ab und geht in ein flachw elliges Hügelland
über. Im Raum Werne ist das Gelände hingegen w ieder deutlich bew egt und besitzt
stärkere Reliefenergie. Die Unterschiede ergeben sich aus den quartären Deckschichten herausragender Kreidegesteine mit härteren Kalksandsteinen.
Das ,Mittlere Lippetal’ ist ein durch den Fluss geprägter Naturraum. Im Osten ist der
Talraum deutlich eingeschränkt, die holozäne Aue w ird dort von jungpleistozänen86
Uferw ällen begleitet. Weiter östlich w ird die Lippeaue immer breiter. Der Fluss mäandriert stark und hinterlässt hierbei häufig Altarme. Streckenw eise wurde die Lippe
begradigt. Der Fluss w ird randlich von den Terrassenkörpern der Niederterrasse begleitet; besonders südlich von Hamm ist diese Terrassenfläche sehr breit. Der Terrasse sind gelegentlich Dünensande aufgelagert.
Die natür liche Vegetation des Kernmünsterlandes sind der artenreiche HainsimsenBuchenw ald, der Sternmieren-Stieleichen-Hainbuchenw ald, der Perlgras-Buchenwald, der feuchte und trockene Eichen-Buchenw ald, der Eichen-Auenw ald und der
artenarme Sternmieren-Stieleichen- Hainbuchenw ald. Die ehemals vorhandenen Wäler sind schon zum großen Teil seit alters her gerodet, an ihrer Stelle trat die für das
Münsterland so charakteristische Parklandschaft mit kleineren Waldparzellen, Hecken, Gebüschen, Gehölzstreifen an Bächen und Gräben sow ie Baumgruppen an
den verstreut liegenden Höfen der Landschaft. In den letzten Jahrzehnten ist diese
Kulturform durch agrarstrukturelle Veränderungsprozesse, wie großflächigere, landwirtschaftliche Flächen mit intensiver Bew irtschaftung, in ihrem Bestand gefährdet.
Die Hauptnutzung ist das Weide-Grünland, aber auch Ackerflächen sind verbreitet.
Em scherland
Das Gebiet des Emscherlands umfasst den südwestlichen Teil der Westfälischen
Bucht und entspricht im Wesentlichen dem Bereich zw ischen Emscher und Lippe.
Südlich grenzt das ,Emscherland’ an die Landschaft des Westenhellw egs. Viele Städte des nördlichen und mittleren Verbandsgebietes haben Anteil an beiden Naturräumen. Städte des Emscherlands sind Oberhausen, Bottrop, Dortmund, Essen, Gelsenkirchen, Herne, Waltrop, Castrop-Rauxel, Herten, Recklinghausen, Datteln, Marl,
Gladbeck, Oer- Erkenschw ick sow ie Lünen.
Der Naturraum w ird maßgeblich durch w est-ost-orientierte Strukturelemente, w ie Höhenrücken und Talniederungen, bestimmt. Das Emscherland ist eine flache, w est-ostgerichtete, bis 10 km breite, mit Niederterrassensedimenten erfüllte Talung. Die eigentliche Emscherniederung, in der die Emscher noch zu Beginn des Jahrhunderts
frei mäandrierte, ist bis 5 km w eit. Die Reste der alten Flussw indungen sind stellen86
Das Jungpleistozän (auch Oberes Pleistozän) ist der jüngste und zugleich kürzeste Abschnitt des
Pleistozäns. Es begann vor 127.000/ 126.000 Jahren und endete vor ca. 11.000 Jahren mit einer globalen Erwärmung, dem Holozän, das bis heute andauert.
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weise noch anhand kleiner Terrassenkanten erkennbar. Sie w erden von mehreren
Nebenbächen zerschnitten. Bedeutendster Nebenbach ist die Boye.
Teilw eise ist die Landschaft stark anthropogen überformt, z.B. durch die Anlage von
Bergehalden, Deponien, Aufschüttungen aus Schutt und Bodenaushub, Strassen- u.
Kanalbau. Die Entw ässerung ist im Wesentlichen auf die Emscher gerichtet, nur
nördlich des Vestischen Höhenrückens fließen die Bäche direkt der Lippe zu. Die
Emscher und ihre Nebenbäche sind seit der Gründung der Emschergenossenschaft
kanalisiert und begradigt w orden. Die vom Bergbau verursachten Geländesenkungen
haben das Vorflutersystem nachhaltig gestört, teilw eise muss das Einzugsgebiet der
Emscher durch Pumpstationen künstlich trocken gehalten w erden. Ein naturnaher
Umbau des Emschersystems w urde in Teilen bereits durchgeführt bzw . ist in der Planung und Umsetzung (vgl. Kap. 8).
Dieser Teilraum ist dichter besiedelt. Städte- und Straßenbau, Industrie- und Bergbauanlagen und zuvor die landw irtschaftliche Nutzung, haben die natürlichen Waldbestände stark reduziert. Entlang des Emschertales sind z. T. noch größere Waldkomplexe erhalten. Ein Teil der alten Bruchw älder hat die Industrialisierung als Teil
der ,Regionalen Grünzüge’ überdauert. Der Norden des Emscherlands ist vielfach
landw irtschaftlich genutzt, gelegentlich sind dort auch kleine Waldparzellen zu finden.
Forstgebiete sind überw iegend durch Buchenbestände gekennzeichnet.
Hellwegbörden
Die ,Hellw egbörden’ bilden den südlichen und südöstlichen Teil der Westfälischen
Bucht. Das Verbandsgebiet stellt mit Stadtteilen von Dortmund, Herdecke, Hamm,
Bergkamen, Fröndenberg/Ruhr und Schw erte sow ie den Kommunen Holzw ickede,
Unna, Bönen und Kamen den Teilraum der Hellw egbörden dar.
Das breit angelegte Hellw egtal ist im Westteil durch Lössaufwehungen, die bestehende Geländeunterschiede zum größten Teil nivellieren, bis auf w enige Bodenw ellen w eitgehend eben bis flachw ellig ausgebildet. Es w ird von den wasserreichen Nebenflüssen der Lippe Seseke und Ahse durchflossen.
Das im Nordw esten an das Hellw egtal anschließende ,Kamener Hügelland’ liegt ca.
20 m höher. Typische Waldart für die oberflächennah anstehenden Kreidekalke ist
der Perlgras-Buchenw ald und zum Teil in der Unterbörde Sternmieren-StieleichenHainbuchenw ald und Eichen-Buchenw ald im Wechsel und der artenar me Sternmieren-Stieleichen-Hainbuchenw ald. Diese ursprünglich natür liche Vegetation ist w eitestgehend verdrängt.
Die Lössbörden sind altes Siedlungsland mit ersten Siedlungsspuren bereits aus der
Jungsteinzeit und heute aufgrund der intensiven Landnutzung typische Agrarsteppen.
Größere Wälder sind nur noch im Bereich der ,Witten Hörder Mulde’, im Bereich des
,Haarkammes’ und der ,Unterbörde’ bei Bergkamen vorhanden. Das Hellw egtal w ird
zum größten Teil als Grünland, das Kamener Hügelland als Agrarland genutzt. Die
teilw eise salzhaltigen Hellw egquellen hatten früher eine große Bedeutung, so z.B. die
Salinen bei Unna. Das Kamener Hügelland ist ursprünglich altes Bauernland, später
wurden hier auch Bergarbeitersiedlungen errichtet. Der w estliche Teil im Bereich
Dortmund-Kamen-Unna ist altes Bergbaugebiet und entsprechend dichter besiedelt.
Westenhellweg
Der Westenhellw eg ist ein Naturraum am Südrand der Westfälischen Bucht. Er ist die
westliche Fortsetzung der Hellw egbörden und umfasst das Gebiet entlang der alten
Hellw egstädte Essen und Bochum. Anteil an diesem Naturraum haben auch die Ge-
121
biete der Städte Bochum, Dortmund, Essen, Witten, Castrop-Rauxel, Herne,
Gelsenkirchen und Mülheim an der Ruhr.
Als eine leicht gew ellte, lössbedeckte Fastebene sinkt der Westenhellw eg von Süden
nach Norden von 120 auf 60 m allmählich ab. Die Entw ässerung ist meist nach Norden zur Emscher gerichtet. Die ursprünglichen Wälder w urden früh durch bäuerliche
Neusiedlung und spätere, dichte städtische und industrielle Bebauung verdrängt. Nur
vereinzelt liegen Reste landw irtschaftlicher Nutzung im Südw esten von Essen, im
Nordw esten von Dortmund, im Osten von Herne und im Südosten von Mülheim an
der Ruhr.
5.1.3 Süderbergland (Bergisches Land, Sauerland)
Das Süderbergland prägt den südlichen Teil des Verbandsgebietes und ist durch die
Vorherrschaft von geschieferten Sand- und Tonsteinen sow ie Grauw acken gekennzeichnet. Kalke befinden sich nur in den Massenkalkzügen. Die Geländehöhen steigen vom südlichen Verbandsgebiet bis auf über 800 m Meereshöhe im Rothaargebirge an. Hohe Niederschläge von meist über 1000 mm im Jahr kennzeichnen das Klima ebenso w ie die niedrigeren Jahrestemperaturen. Das Süderbergland lässt sich als
großes, relativ einheitliches Waldgebirge charakter isieren. Die ehemals vorherrschende Buche ist hier weitgehend durch die Fichte ersetzt worden. Die Talböden
stehen, dort wo sie nicht durch Besiedelung w ie im Tal der Ennepe oder im Hagener
Talkessel charakterisiert sind, zumeist unter Grünlandnutzung.
Unter vorw iegend kulturhistorischen Gesichtspunkten erfolgte eine Untergliederung
der Großlandschaft in die Teilräume Bergisches Land und Sauerland.
Drei Naturräumliche Haupteinheiten gehören im Verbandsgebiet zur Großlandschaft
des Süderberglandes:
» ,Bergisch-Sauerländisches
Unterland’,
» ,Bergische Hochflächen’,
» ,Märkisches Oberland’.
Bergisch-Sauerländisches Unterland
Die Morphologie des ,Bergisch-Sauerländischen Unterlandes’ w ird maßgeblich durch
den geologischen Untergrund, die Tektonik des Geländes und das Vorzeitenklima
bestimmt: Hauptterrasse 100 - 120 m über heutigem Rheintal, ältere Terrassen steigen nach Osten bis auf 200 m empor. Im Verbandsgebiet befinden sich Stadtgebiete
von Bochum, Dortmund, Essen, Mülheim an der Ruhr, Herdecke, Schw erte, Witten,
Hagen, Schw elm und ganzheitlich Hattingen, Sprockhövel, Wetter (Ruhr), Gevelsberg
in dieser naturräumlichen Einheit.
Im ,Schichtrippenland’ südlich Hattingen ist die tektonisch bedingte lebhafte Gliederung in Höhenrücken und Senken besonders ausgeprägt. Es w echseln dort jew eils
lang gestreckte und schmale bew aldete Rücken (sog. ,Eggen’ aus Karbon Sandstein
bzw . -grauwacken) und dazw ischen liegende gerodete Senken mit Weideland miteinander ab. Von den Hauptbächen w erden die Eggen durchbrochen.
122
Das im Norden gelegene Ruhrtal ist ein w indungsreiches Flusstal, das in die angrenzenden Hochflächen bis zu 90 m tief eingesenkt ist. Die Talhänge sind durch Terrassen deutlich gegliedert. Die Ruhraue ist 500-800 m breit, darin hat sich der Fluss
nochmals um 2-3 m eingeschnitten. Nördlich der Ruhr liegt das Ardey-Gebirge. Die
Kuppenregion ist leicht w ellig ausgebildet und bew aldet. Nach Süden fällt der Ardey
um 150 m steil mit teilw eise mehr als 40 Grad Gefälle ab. Die Wasser führenden Nebentäler, z.B. der Ennepe und Volme, bilden den Übergang in das Bergische Land
und Sauerland.
Die natürliche potenzielle Vegetation ist durch die für Mittelgebirge typische Waldgesellschaft aus artenarmen und artenreichen Hainsimsen-Buchenw ald, stellenw eise
Per lgras-Buchenw ald, den artenreichen Sternmieren-Stieleichen- Hainbuchenw ald
und dem Flattergras-Buchenw ald vertreten. Wälder kommen heute noch besonders
an den für die Landw irtschaft ungeeigneten Steilhängen der Flüsse und Bäche vor.
Die lössbedeckten Flächen unterliegen einem intensiven Ackerbau, auch ansonsten
herrscht Felderw irtschaft und weiter östlich im Ruhrtal die Grünlandnutzung vor. Das
Bergisch-Sauerländische Unterland ist die ,Wiege’ des Steinkohlenbergbaus im Verbandsgebiet. Die ersten Abbaue folgten den in den Hängen des Ruhrtals ausstreichenden Kohleflözen, den ,Sprockhöveler Schichten’.
Bergische Hochflächen
Der gesamte Naturraum erstreckt sich über einen größeren Bereich vom Rhein hin
ins Bergische Land. Davon befindet sich ein kleiner Anteil in Schw elm und Ennepetal
im Verbandsgebiet. Die Bergischen Hochflächen stellen sich als sanft-hügelige, parkähnliche Landschaft mit einem kleinteiligen Wechsel von land- und forstwirtschaftlichen Flächen dar; zentrales Fließgew ässer ist die Wupper. Charakteristisch sind die
noch w eitgehend erhaltenen Terrassen- und Altflächenreste.
Das angrenzende Tal der Wupper ist in w eichere Tonsteine eingebettet. Die übrigen
Gew ässer insbesondere die Ennepe besitzen Kerbtäler. Die ,Bergischen Hochflächen’ gehören mit zum Bergischen Blei-Zink- Erzbezirk. Der bereits seit dem 15. Jh.
dokumentierte Bergbau w ar die Grundlage für die hiesige Metallverarbeitung und die
industrielle Entw icklung dieser Region. Ansonsten herrschen bäuerliche Streu- u.
Einzelsiedlungen vor. Zahlreiche Bergbaurelikte (Halden, Stollen, Schachtanlagen)
sow ie auch alte Hammerw erke an den Flüssen und größeren Bächen zeugen heute
noch von der ehemaligen Erzgew innung und -verarbeitung.
Märkisches Oberland
Das ,Märkische Oberland’ umfasst auch große Bereiche des Sauerlandes und stellt
sich im Verbandsgebiet in Breckerfeld, Ennepetal und Hagen dar. Entlang den tief
eingeschnittenen Tälern von Volme und Lenne mit ca. 200 bis 300 Metern, sind steile
Böschungen über 20 Grad, scharf zugeschnittene Hangsporne, flach gründige Böden, Hangschuttbildungen am Hangfuß, wechselnd breite Talsohlen mit deutlichem
Gefälle, starke Taleinengungen und ebenfalls z. T. tief eingeschnittene Seitentäler zu
finden.
Westlich der Volme liegt die ,Breckerfelder Hochfläche’. Es ist eine sanft gewölbte,
wellige Fläche, die von den Schluchttälern der Heilenbecke, Ennepe und Volme stark
aufgelöst w ird und zahlreiche Dellen und Quellmulden besitzt. Nordöstlich schließen
die ,Hagener Randhöhen’ an. Als Besonderheit findet sich bei Ennepetal- Milspe in einer Kalkeinlagerung Deutschlands größte Naturhöhle, die Kluterthöhle.
Die natürliche potenzielle Vegetation ist der artenar me und artenreiche HainsimsenBuchenw ald. Die Braunerden aus Kalkgesteinen sind Standort des nur kleinflächig
123
vertretenen Perlgras-Buchenw aldes. Die Berglandtäler w erden vom StieleichenHainbuchen-Auenw ald einschließlich Bach und Fluss begleitender Erlenw älder eingenommen. Heute sind die Laubw älder häufig durch Fichtenforste ersetzt.
Grosse Teile sind bew aldet. Jedoch sind die Hochflächen teilw eise schon seit alters
her gerodet und w erden heute zum überw iegenden Teil als Grünland, für die Futterbauw irtschaft u. Milchviehhaltung, landw irtschaftlich genutzt. Die Täler sind Standorte
der größeren Siedlungen, ebenso w ie die alten Rodungsflächen auf den Hochflächen.
Die Wasserkraft der Flüsse w ar u.a. Grundlage der Märkischen Eisenindustrie
(Hammerw erke). Ebenso stellen die Täler w ichtige Verkehrstrassen dar. Die devonischen Sandsteine und Grauw acken w erden in zahlreichen Groß-Steinbrüchen gewonnen.
124
5.2 Orografie
Als Übergangslandschaft zw is chen den Geesten im Norden und dem Rand des Rheinischen Schiefergebirges im Süden ist das Verbandsgebiet durch stark w echselnde
Höhenlagen gekennzeichnet. Der tiefste Punkt liegt mit 13 m ü. N.N. in Xanten. Von
hier aus erfolgt ein in südlicher und östlicher Richtung verlaufender, stufen weiser Geländeanstieg. Der Wengeberg (442 m ü. N.N.) in Breckerfeld markiert die höchste Erhebung des Verbandsgebiets.
Weite Teile des Verbandsgebietes sind durch die Gew ässersysteme von Rhein, Ruhr
und Lippe geprägt, die sich in die sandigen Deckschichten eingeschnitten und dort
zur Terrassenbildung beigetragen haben. Durch glaziale Überformung entstand eine
flachwellige und kuppige Oberfläche. Im nördlichen Verbandsgebiet stechen einzelne
Erhebungen hervor. Den höchsten Punkt mar kiert mit 156 m der Stimberg in der
Haard, gefolgt vom Waldbeerenberg mit 146 m in der Hohen Mark.
Dagegen hat das südliche Verbandsgebiet ein ausgeprägtes und sehr dynamisches
Geländerelief, das sich durch Höhenrücken und Kuppen entlang der Ruhr sow ie
durch die von Ennepe, Volme und Lenne geprägten Mulden- und Schluchttäler auszeichnet. Neben den Ausläufern des ‚Haarstrangs’ formt der Höhenrücken des ‚Ardey’ den Raum nördlich der Ruhr. Weiter südlich w ird das Verbandsgebiet topografisch durch die Ausläufer des Bergischen und Märkischen Landes bestimmt.
Abb. 5.03: Geländehöhen im Verbandsgebiet
125
5.3 Böden
Als Boden bezeichnet man die belebte oberste Schicht der Eroberflächen, die durch
Boden bildende Prozesse geprägt ist. Die Bodenbildung w ird durch die Faktoren
Ausgangsgestein, Relief, Edaphon (die Gesamtheit der im Boden lebenden Organismen), Wasser und anthropogene Aktivität gekennzeichnet. Die Beschaffenheit des
Bodens ist ein w esentlicher Faktor für die jew eilige natürliche Vegetation und die
anthropogene Nutzung. 87
Je nach Zusammensetzung, Entstehung und geologischem Alter w erden verschiedene Bodentypen unterschieden. Insgesamt herrschen im Verbandsgebiet vor
allem Braunerden und Parabraunerden vor, w obei durch das Kleinrelief bedingt lokal
gesehen auch andere Bodentypen (z.B. Moorböden) vorkommen. Insbesondere in
den Überschw emmungsbereichen der Flüsse und hier besonders des Rheins herrschen Auenböden (v.a. Vega) vor. Gleye, Pseudogleye und Podsole gehören zu den
vorw iegenden Bodentypen des nördlichen Verbandsgebietes. Hier finden sich auch
die anthropogen geprägten Eschböden (vgl. Abb. 5.04).
Ein Großteil der heutigen Böden ist durch eine bauliche Nutzung und Versiegelung
sow ie eine w eitgehende anthropogene Überformung (z.B. Deichbau) beeinflusst, sodass die in Tab. 501 dargestellten Merkmale nur noch in w enigen Breichen, in denen
naturnahe Böden vorkommen, vorzufinden sind.
Abb. 5.04: Vorwiegende Bodentypen
Tabelle 5.01 beschreibt die w ichtigsten Merkmale und Nutzungseigenschaften der
Bodentypen. 88
87
88
Vgl. Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes
Nordrhein Westfalen [Hrsg.] (2009): Umweltbericht 2009. Düsseldorf. S. 387.
Vgl. ebd., S. 388.
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Tabelle 5.01: Merkmale und Nutzungseigenschaften der vorwiegenden Bodentypen
des Verbandsgebietes
Name
Merkmale
Nutzungseigensch aften
Braunerde
Aus leic ht verwitterten Sillikatgesteinen, mittlerer Nährstoffreichtum
Aus entkal kten Mergeln, Lehmen oder sandigen Lehmen, nährstoffreich
Wald, Grünl and, bei ausreichender Düngung
und Wasserzufuhr auch Ac ker
Parabr aunerden
Podsole
Eschböden
Auenböden
Pseudogley
Gley
Moorböden
Fruchtbar, Ac ker bau
Aus sauren Sanden, nährstoffarm, u.a. durch Früher Heidewirtsc haft, schl echt- wüc hsige
Jahrhundertem langes Abtragen der Humus- Eichen-Bir ken-Wäl der, heute bei Düngung,
Kal kung u. z.T. künstlicher Bewässerung
schicht z ur Düngergewi nnung (Plaggenhieb)
ackerfähig
Durch Jahrhunderte l ange Bewirtsc haftung Durch den Mensc hen geschaffene Ac keraus Heideböden entstanden, tiefgründige standorte i n nährstoffar men Sandl andschafhumose Böden
ten
Periodisch überflutete Böden der Flusstäler, Ursprünglich bewaldet, s ehr gute Grünlandstandorte, nach Ei ndeichung auc h gute Anährstoffreich
ckerstandorte
Geprägt durch Wechsel von Staunäss e und Typisc he Gr ünland- und Waldstandorte
Austroc knung
Böden der Niederung mit Grundwasser- Grünland, Bruchwal d, heute nac h künstliFlurabständen z wischen 80 und 100 c m, bis cher Grundwass erabs enkung vielfach a30 c m Torfaufl age
cker baulich genutzt
Dauerhaft vernässt, geringe Nährstoffnachlie- Früher nic ht kultivi ert, heute nac h Entwäss eferung, über 30 c m T orfauflage
rung Grünland oder Moor wälder
Quelle: MUNLV
127
5.4 Oberflächengewässer
Im Folgenden w erden die bedeutenden Oberflächengew ässer im Verbandsgebiet
skizziert. Auch wenn der Schw erpunkt des Kapitels den naturräumlichen Bezügen
gilt, kann man bei der Darstellung der Fließgew ässer ihre Funktion als Wasserstraßen nicht unberücksichtigt lassen, da diese z.T. starke Auswirkungen auf das natürliche Ökosystem haben. Zu den jew eiligen Gew ässern gibt es daher neben der naturräumlichen Beschreibung kurz angerissene Hintergrundinformationen.
Auf folgende regional bedeutsame Oberflächengew ässer wird textlich eingegangen:
» Flüsse: Rhein, Ruhr, Lippe und Emscher
» Kanäle: Wesel- Datteln-Kanal, Datteln- Hamm-Kanal, Rhein- Herne-Kanal und
Dortmund- Ems-Kanal
» Stehende Gew ässer (Seen): Ruhrstauseen, Talsperren und sonstige stehende
Gew ässer (Abgrabungsgew ässer) mit einer Größe von über 90 ha
Das Verbandsgebiet verfügt über einen hohen Wasserflächenanteil
Das Verbandsgebiet hat mit 3 % im Verhältnis zum NRW-Schnitt mit 2 % einen
höheren Anteil an Wasserflächen (vgl. Kap. 4; Tab. 4.04, 4.05). Zu den Oberflächengew ässern zählen neben dem Hauptfluss Rhein u.a. die Nebenflüsse Lippe, Emscher
und Ruhr sow ie die kleineren Nebenflüsse der Ruhr, Lenne, Volme und Ennepe und
die Ahse, Seseke und Stever als Nebenflüsse der Lippe.
Während die Flüsse eine hohe Bedeutung für die Naturentw icklung und die Trinkwassergewinnung aufweisen, haben die Kanäle heute einen hohen Stellenw ert als
Freizeit- und Er holungsachsen, u.a. durch die begleitenden Rad- und Fußw ege und
den Sportboottouris mus. Weitere Nebenflüsse der Fließgew ässer, umfangreiche
Bachsysteme sow ie eine Vielzahl an stehenden Gew ässern tragen weiter zu dem
überdurchschnittlichen Anteil an Wasserflächen bei.
Flüsse: Prägende Landschaftselemente für das gesam te Verbandsgebiet
Der Siedlungsraum des Verbandsgebietes w ird durch die Fließgew ässer in w eiten
Teilen geprägt. Allein der Rhein durchzieht mit seinen angrenzenden Auen mit bis zu
2.000 m Breite als das Wesentliche lineare Element das Verbandsgebiet von Süden
nach Norden. Weitere drei Hauptnebenflüsse Lippe, Emscher und Ruhr durchziehen
mit jew eils eigener Charakteristik annähernd parallel das Verbandsgebiet von Osten
nach Westen.
Die Flüsse w erden neben ihrer Funktion als Lebensraum für Tiere und Pflanzen auch
für die Trinkw assergewinnung, die Schifffahrt, die Energiegew innung und für Freizeitaktivitäten genutzt. Auch bieten sie Raum für Erholungssuchende.
128
Abb. 5.05: Regional bedeutsame Flüsse und Kanäle
Der Rhein
Der Rhein ist der einzige Hauptfluss im Verbandsgebiet.
Er mündet in die Nordsee. Mit 1.324 km ist er der
längste w esteuropäische Strom, rund 62 km verlaufen
davon im Verbandsgebiet. Mit einer durchschnittlichen
Breite von 400 m ist er der breiteste der regionalen
Flüsse (vgl. Abb. 5.05). Ab Bonn spricht man vom
Niederrhein, im Verlauf von Duisburg bis Xanten
münden der Rhein- Herne-Kanal, der Wesel- Datteln-Kanal und die Flüsse Ruhr, Emscher und Lippe in den Rhein. Sechs Straßenbrücken überqueren im Verbandsgebiet
den Fluss, davon eine in Wesel und fünf in Duisburg. Zudem gibt es je zw ei Eisenbahnbrücken und Autofähren.
Als Bundeswasserstraße hat der Rhein für den Gütertransport kontinentale Bedeutung. Seit Ende der 1950er Jahres befuhren Schubschiffe mit bis zu 270 m Länge
den Fluss, der daraufhin mehrfach ausgebaut w erden musste. Die ,Duisburger Häfen’
machen Duisburg zum größten Binnenhafen Europas und zum w ichtigsten Hafenstandort im Verbandsgebiet. Daneben gibt es w eitere Häfen mit Güterumschlag u.a.
in Wesel, Voerde (Niederrhein) und Rheinberg.
Der Gew ässerverlauf ist überw iegend anthropogen überformt, eine natürliche Flussdynamik kaum noch vorhanden. Hochw asser hat im Laufe der vergangenen Jahrhunderte dazu geführt, dass der Fluss mehrfach seinen Verlauf geändert hat. Die
wirtschaftliche Nutzung des Flusses hat zu einer hohen Schadstoffbelastung geführt,
mit dem Bau von Kläranlagen und höheren Auflagen an die Industrie und Schifffahrt
nimmt die Schadstoffbelastung seit den 1960er Jahren kontinuierlich ab.
Während vor allem am rechten Rheinufer auf Duisburger Stadtgebiet industrielle Nutzungen und Hafenumschlag vorherrschen, dominieren im w eiteren Verlauf bis Xanten
129
eher landw irtschaftliche Nutzungen. Größere, rheinnahe Bereiche vor allem im Kreis
Wesel w erden für die Gew innung von Trinkw asser89 und den Abbau von Kiesen und
Sanden 90 genutzt. Durch bergbauliche Tätigkeiten der Bergw erke West (und Walsum)
ist am linken Niederrhein bereits ein riesiges Poldergebiet entstanden. Der Steinkohlenbergbau unter dem Rhein, seinen Deichen und Niederterrassen birgt enor me
Hochw assergefahren.
Entlang des Rheins befindet sich eine hohe Dichte geschützter Flächen, w ie FFH-/
Vogelschutzgebiete, Naturschutzgebiete und RAMSA R-Flächen (vgl. Kap. 5.6.1). Viele Flächen haben eine hohe Bedeutung für den überregionalen und europäischen Arten- und Biotopschutz sow ie den Biotopverbund. Die vielen ehemaligen Auskiesungsbereiche sind meist durch Freizeit- und Erholungsinfrastrukturen geprägt. Beispiele für renaturierte Baggerseen/Auskiesungsbereiche im Sinne des Arten- und Biotopschutzes sind der Diersfordter Waldsee oder die Bislicher Insel.
Das Rheintal ist zudem ein bedeutender Freizeitkorridor. Der Gew ässerverlauf ist
abw echslungsreich. Auen und gebaute Hafenufer, Stein-Schüttungen und Deiche,
Landw irtschaftsflächen und Industrie, Baumkulissen und Wiesen w echseln sich ab
und erzeugen spannungsreiche Freiräume. Daneben befinden sich Angebote für
Wohnen und Arbeiten im Par k sow ie vielfältige Freizeit- und Erholungsnutzungen. Im
weiteren Umfeld befinden sich zahlreiche bedeutsame Freizeitstandorte an ehemaligen Baggerseen (vgl. ‚Stehende Gew ässer’ und Abb. 5.06). Entlang des Rheins verläuft auch der international bedeutsame ,Rheinradw eg’.
Die Ruhr
Die Ruhr als Namensgeberin des Ruhrgebietes ist insgesamt etw a 219 km lang; 106 km liegen davon im
südlichen Verbandsgebiet. Von der Quelle bis zur
Mündung liegt ein Gefälle von 657 m vor. Die Ruhr hat im
Verlauf von Fröndenberg im Kreis Unna bis zur Mündung
in den Rhein in Duisburg-Ruhrort eine durchschnittliche
Breite von etw a 50 m. Aufgrund der Raum einnehmenden
Topografie des Ruhrtals prägen einige Ruhrbrücken ähnlich w ie die Brücken über
den Rhein das Landschaftsbild, beispielhaft sind hier das ‚Ruhr-Viadukt’ in Herdecke
und die ‚Mintarder Brücke’ der A 52 in Mülheim erw ähnt.
Im 18. Jahrhundert w urde die Ruhr im Zuge der Industrialisierung zu einem schiffbaren Gew ässer ausgebaut; sie w ar über 100 Jahre der w ic htigste Transportweg der
Region für Kohle, ehe sie diese Funktion an die Eisenbahn abgab. Die schiffbare
Strecke zw ischen Witten und Duisburg betrug 74 km, aufgrund des starken Gefälles
gab es zahlreiche Schleusen und Staustufen, allein 5 Schleusen 91 von Duisburg bis
Essen-Baldeneysee. Im Verlauf der Ruhr gibt es sechs Stauseen (s.u.). Heute hat die
Ruhr als Bundesw asserstraße mit den 12 km zw ischen Mülheim an der Ruhr und
Duisburg keine große Bedeutung mehr.
An den Fluss grenzen vielfach die bevorzugten Wohnlagen, die Innenstädte liegen
eher nicht direkt am Fluss. An den Ufern stehen vereinzelt Wasserschlösser, Herrensitze, Burgruinen und Befestigungsanlagen. Die Ufer sind hauptsächlich von Wiesen,
Weiden und z. T. Auenw äldern geprägt. Entlang der Ufer verlaufen auf den alten
89
90
91
u.a. Gindericher und Binsheimer Feld, Niep-Süsselheide.
z.B. Bereich NFN (Natur- und Freizeitverbund Niederrhein), Isselniederung, Bislich.
Quelle: Bezirksregierung Düsseldorf
130
Leinpfaden an vielen Stellen Rad- und Fußw ege. Es gibt auch Reste von industriellen
Nutzungen, Wirtschaftszweige deren Betriebe die Wasserkraft nutzten, in Mülheim an
der Ruhr gab es z.B. einen Schw erpunkt in der Lederherstellung.
Die Ruhr gehört heute zu den saubersten Flüssen Deutschlands. Bereits im 19. Jahrhundert diente sie der Trinkw asserversorgung der Region, Abw ässer wurden überwiegend in die Emscher geleitet. Heute w ird Trinkw asser für über 5 Mio. Einw ohner
aus der Ruhr gefördert. Der Ruhrverband unterhält zahlreiche Trinkw assergewinnungs- und Kläranlagen im Ruhrtal sow ie insgesamt sechs Talsperren, w ovon die
Ennepetalsperre im Verbandsgebiet liegt. Daneben bestehen an der Ruhr auch Wasserkraftwerke und Wehre, w ie z.B. das Kettw iger Wehr in Essen, die zur Stromversorgung genutzt w erden.
Hochw ertige, geschützte Flächen (FFH-Gebiete) im Ruhrtal liegen häufig im Vergleich zur Lippeaue isoliert (vgl. Abb. 5.09). Sie sind aber in landw irtschaftliche Nutzflächen oder andere weitgehend naturbezogene Nutzungen eingebettet. Im Zusammenhang mit der Entw icklung eines überregionalen Biotopverbundes haben sie eine
hohe Bedeutung. Mit der Zielsetzung Flussauen zu reaktivieren, trägt das
,Ruhrauenkonzept’ 92 (1998) dazu bei, durch Maßnahmen die ökologische Funktion zu
stärken und Durchgängigkeit zu schaffen, u.a. mit Fischaufstiegsanlagen und Hochwasserretentionsräumen.
Volme und Lenne sind Nebenflüsse der Ruhr, w obei die Lenne als w asserreichster
Nebenfluss von besonderer Bedeutung ist. Die Ennepe ist ein Nebenfluss der Volme.
Die Flusslandschaften der Ennepe, Volme und Lenne und ihre Zuflüsse sind durch
die bis zu 300 m tiefen Talschluchten und im Wesentlichen nach Nordw esten verlaufende Rücken zerschnitten. Diese Rücken sind ihrerseits durch Mulden, Kerben und
Kuppen stark bew egt. Die Landschaft steigt im Norden steil aus dem Ennepetal auf
und w ird durch eine Vielzahl an Kerb- und Muldentälern gegliedert.
Das gesamte Ruhrtal w ird wegen der guten freizeit-infrastrukturellen Ausstattung und
des hohen Freizeitw ertes intensiv genutzt. Neben Standorten der Industriekultur, w ie
z.B. Villa Hügel, Ruhrtalbahn und Eisenbahnmuseum, besteht hier eine Konzentration
von Infrastrukturen, w ie Camping- und Golfplätzen und gastronomischen Betrieben
sow ie wassersportlichen Angeboten (u.a. Kanu fahren, Rudern oder Segeln). Darüber
hinaus verlaufen im Ruhrtal regional bzw . überregional bedeutende Rad- und Wanderrouten, z.B. Kaiserroute, Ruhrhöhenw eg und WestfalenWanderWeg. Der bekannteste Radw anderweg ist der RuhrtalRadw eg, der von der Quelle bis zur Mündung
Städte und Landschaften miteinander verbindet (Hügellandschaften, Wälder, Felder,
Seen und Auen, Burgen, alte Städte sow ie die Frühgeschichte der Industrialisierung).
Die Lippe
Die Lippe ist ein rund 220 km langer, rechter Nebenfluss
des Rheins. Mit 110 km liegt die Hälfte des Flusses im
nördlichen Verbandsgebiet. Sie entspringt am Fuße des
Teutoburger Waldes und des Eggegebirges als Karstquelle und mündet bei Wesel in den Rhein. Hierbei
überw indet sie ein Gefälle von nur 123 Metern. Im Verlauf
von Hamm bis Wesel hat sie eine durchschnittliche Breite
von ca. 40 Metern.
92
‚Ruhrauenkonzept’, Umweltministerium NRW, 1990
131
Schifffahrt konnte sich auf der Lippe nicht dauerhaft etablieren. Durch den Bau von
Schleusen und Umgehungskanälen w urde die Lippe ab 1826 durchgängig bis Lippstadt schif fbar gemacht. Im w eiteren Verlauf verhinderte ein unzureichender Ausbau
und die Konkurrenz der Eisenbahn jedoch einen w irtschaftlichen Betrieb der Lippe.
Im 20. Jahrhundert w urde w egen des Bedarfs an Gütertransporten für die Industrie
der Schiffsverkehr w ieder aufgenommen, jedoch nicht auf der Lippe selbst, sondern
auf den dafür erbauten, parallel zur Lippe verlaufenden Kanälen ‚Wesel- DattelnKanal’ und ‚Datteln- Hamm-Kanal’.
Eine große Bedeutung hat die Lippe für die Wasserregulierung des w estdeutschen
Kanalnetzes. An der Wasserübergabestelle in Hamm w ird Lippew asser in den Datteln-Hamm- Kanal geleitet. Umgekehrt kann in Trockenzeiten der Lippe Wasser zugeführt werden, welches aus dem Rhein und der Ruhr zugeführt w ir d.
Während die Ruhr den Süden des nach ihr benannten Gebiets mit Trinkw asser versorgt, übernimmt die Lippe im Norden die Aufgabe, Brauch- und Nutzungsw asser bereitzustellen. So w ird das Wasser der Lippe von einigen Kraftw erken zur Kühlung genutzt. Hierdurch erhöht sich die Wassertemperatur w eit über das natürliche Maß hinaus. In heißen Sommern w erden gezielt Kraftw erksblöcke abgeschaltet, um eine w eitere Erhöhung der Wassertemperatur zu verhindern.
Die Lippe fließt, anders als Emscher und Ruhr, w eitgehend durch gering besiedeltes
Gebiet. Teilbereiche des Lippesystems liegen jedoch in einem Bergbaugebiet.
Die Lippe ist ein Niederungsfluss mit zahlreichen Windungen und breiter, teilw eise
feuchter Talaue. Die Lippeauen sind oft ausgew iesene Naturschutzgebiete oder w erden landw irtschaftlich genutzt und sind daher w enig zugänglich. Die Lippe ist bis heute ein sehr natürlicher Fluss mit guter Wasserqualität geblieben, der sich zumeist in
seinem alten Flussbett befindet. Die Lippe hat hohes Entw icklungspotenzial für den
Arten- und Biotopschutz und die naturbezogene Er holung. Grundlage für die Entw icklung ist das ‚Lippeauenkonzept’, dessen Ziel die durchgängige Biotop-vernetzung ist.
Die Ausrichtung ist ein naturnaher Ausbau der Lippe und ein sensibler Umgang mit
Freizeit- und Erholungsnutzungen auf und an dem Gew ässer.
Im Verbandsgebiet liegende Nebenflüsse der Lippe sind die Ahse, Seseke und Stever. Die Ahse entspringt in der Soester Börde und ist 39 km lang. Sie mündet bei
Hamm in die Lippe. Die Seseke ist 32 km lang und w ird aus mehreren Bächen im
Raum Werl und Unna gespeist. Sie mündet bei Lünen in die Lippe. Die Seseke w urde
im Zuge der Industrialisierung technisch zum offenen Abwasserkanal umfunktioniert.
Bis 2011 soll sie durch zahlreiche Maßnahmen naturnah umgebaut sein, auch mit
dem Ziel, Erholungsnutzungen zu ermöglichen. Die Stever ist 58 km lang. Die Quelle
liegt bei Nottuln im Münsterland, die Mündung bei Haltern am See.
Die Emscher
Die Emscher ist ein rund 83 km langer Nebenfluss des
Rheins und liegt in ihrem gesamten Verlauf innerhalb des
Verbandsgebiets. Sie entspringt südöstlich von Dortmund
in Holzw ickede und mündet bei Dinslaken in den Rhein.
Von der Quelle bis zur Mündung liegt eine Höhendifferenz von 123 m vor.
Der später als ‚Kloake des Ruhrgebiets’ bekannte Fluss w ar Mitte des 19. Jahrhunderts noch ein träge fließender, stark mäandrierender Flachlandfluss ohne ausgeprägtes Flussbett. Der Wasserabfluss der Emscher w urde mit der Industrialisierung,
132
der damit einhergehenden kontinuierlichen Zunahme an Abw ässern und aufgrund
zahlreicher Bergsenkungen zusehends gestört. Schon bei kleineren Hochw ässern
kam es regelmäßig zu großen, lang anhaltenden Überschw emmungen. Zur Lösung
der Entw ässerungsprobleme w urde 1904 die Emschergenossenschaft gegründet.
Diese baute den Fluss und ihre Nebengew ässer - insgesamt rund 350 Kilometer - zu
einem offenen Abwassersystem um. Die Emscher w urde um ca. drei Meter tiefer gelegt, größtenteils befestigt und begradigt; mehrfach wurde der Flusslauf reguliert.
Damit einher ging der technische Ausbau der Emscher mit zahlreichen Pumpstationen und mechanischen Kläranlagen.
Mit den Schließungen der Zechen und der Nordw anderung des Steinkohlebergbaus
ergab sich bei gleichzeitigem Abklingen der bergbaubedingten Bergsenkungen die
Chance, das Emschersystem umzubauen. 1987 entstand eine erste umfassende
Konzeption. 1990 w urde das Sanierungsprojekt zur zentralen Aufgabe der Internationalen Bauausstellung Emscherpark erklärt.
Der naturnahe Umbau des Emschersystems durch die Emschergenossenschaft wird
noch mindestens eine Dekade andauern. Zentrales Bauw erk ist dabei der Emscherkanal, der das Abw asser zu den bestehenden Kläranlagen Bottrop und Emschermündung ableitet. Grundlage hierfür ist der Masterplan Emscher-Zukunft (vgl.
Kap. 8).
Die Emscher verläuft über weite Strecken unmittelbar parallel zum Rhein-HerneKanal in einem überw iegend stark industriell geprägten und dicht besiedelten Raum.
Ausschließlich die Bereiche im Quell- und Mündungsraum sind heute noch landw irtschaftlich genutzt. Obw ohl sie durch dicht besiedelte Bereiche verläuft, finden sich
hier auch Schutzgebiete und daran angrenzende Freiräume in den Regionalen Grünzügen. Die Freizeitqualitäten liegen derzeit u.a. im Emscher- Park-Radw eg, der überwiegend parallel zur Emscher verläuft.
Der ‚Masterplan Emscher-Zukunft’ hat sow ohl für die ökologische Wertigkeit w ie für
die Freizeit- und Erholungs möglichkeiten entlang der Emscher Ziele formuliert, die
zukünftig das ökologische Potenzial nutzen, Erholungs- und Freizeitmöglichkeiten
und deren Nutzungsqualität steigern und die Vernetzung des Freiraum- und Biotopverbundes herstellen sollen (vgl. Kap. 8.1.5).
Kanäle: Das Verbandsgebiet verfügt über ein dichtes und gut ausgebautes Binnenwasserstraßennetz
Das Verbandsgebiet verfügt mit dem Rhein- Herne-Kanal, dem Wesel-Datteln-Kanal,
dem Dortmund- Ems-Kanal und dem Datteln- Hamm-Kanal über ein sehr dichtes und
gut ausgebautes Binnenw asserstraßennetz von rund 190 km Länge. Der RheinHerne-Kanal und der Wesel-Datteln-Kanal bilden zusammen mit dem Mittellandkanal
die einzige Wasserstraßenverbindung in Ost-West-Richtung. Im w eiteren Sinne sind
sie Teil einer Verbindung zw is chen Rhein und Oder. Darüber hinaus verbinden die
Kanäle das Verbandsgebiet über das Kanalnetz mit den deutschen Nordseehäfen
und über den Rhein mit den niederländischen Häfen sow ie der südlichen Rheinschiene.
Kanäle sind künstliche Gew ässer ohne bzw. nur mit geringer Strömung und mehr oder w eniger befestigten Ufern. Hauptsächliche Funktion der Kanäle ist der Transport
von Gütern, die zu einem großen Teil in den Häfen des Verbandsgebietes umgeschlagen w erden. Hierzu zählt insbesondere der Transport von Containern, Baumate-
133
rialien, Mineralölen sow ie Kohle. Vor allem die im Verbandsgebiet liegenden Kraftwerke werden über die Kanäle mit Brennstoffen versorgt.
Daneben haben die Kanäle eine hohe Bedeutung für die Erholung und Freizeitgestaltung auf dem Wasser und entlang der angrenzenden Bereiche. Vor allem der Sportboottourismus erlangt durch ein dichtes Netz an Liegeplätzen und Marinas eine zunehmende Bedeutung. Darüber hinaus bieten ausgebaute Uferw ege vielfältige Möglichkeiten für Fahrradfahrer und Spaziergänger.
Entlang der Kanäle befinden sich zahlreiche Denkmäler der Industriekultur und touristische Attraktionen und tragen neben den neuen Häfen zur positiven Entw icklung des
Freizeitverkehrs bei. Dies gilt auch für die Präsentation des Rhein- Herne-Kanals als
,KulturKanal’ (vgl. Kap. 8.1.6).
Als wertvolle Biotope haben Kanäle in der Regel keine Bedeutung. Ihre Tier- und
Pflanzenw elt ist meist sehr artenarm, da Flachw asserbereiche sowie natürliche Uferzonen fehlen.
Durch Schleusung und Verdunstung oder Versickerung verlieren alle Kanäle Wasser.
Um diese Wasserverluste zu ersetzen, werden sie in Zeiten mit genügend Niederschlägen aus der so genannten Scheitelhaltung zw ischen Herne-Ost, Datteln, Münster und Hamm gespeist. Das Wasser hierfür w ird aus der Lippe bei Hamm über ein
Überleitungsbauw erk in den Datteln- Hamm-Kanal eingeleitet. Führt die Lippe in Trockenzeiten nicht genügend Wasser, w ird die Speisung durch die Pumpw erksketten
sichergestellt. Hierbei w ird Wasser aus Rhein und Ruhr in die jew eils obere Haltung
gepumpt. Dadurch kann ein Mindestabfluss der Lippe gew ährleistet werden.
Der Rhein-Herne-Kanal
Der Rhein-Herne-Kanal w urde von 1906 bis 1914 im
einst sumpfigen Emschertal, teilw eise unter Benutzung
des alten Flussbettes erbaut und verbindet den Rhein
mit dem Dortmund- Ems-Kanal. Die Emscher w urde
damals künstlich verlegt und läuft heute über w eite
Strecken unmittelbar parallel zum Kanal. Dieser
überw indet auf 45 km Länge einen Höhenunterschied
von rund 36 Metern in fünf Gefällestufen.
Der ursprüngliche Regelquerschnitt des Rhein-Herne-Kanals genügt den heutigen
Ansprüchen nicht mehr und w ird abschnittsweise erweitert; fertig gestellt ist der Streckenausbau von Duisburg nach Gelsenkirchen. Der Ausbau von Gelsenkirchen nach
Henrichenburg w ird frühestens bis 2015 abgeschlossen sein.
Der Rhein-Herne-Kanal ist w esentliches Element des Emscher Landschaftsparks
(vgl. Kap. 8.2). Gemeinsam mit der Emscher bildet er die 34 km lange Emscherinsel
aus.
134
Wesel-Datteln-Kanal
Der Wesel- Datteln-Kanal w urde zw is chen 1915 und
1931 als Lippe-Seitenkanal erbaut; er zw eigt vom
Rhein ab und verläuft parallel der Lippe bis nach
Datteln, w o er in den Dortmund- Ems-Kanal einmündet.
Für den Bau musste die Lippe an zw ei Stellen künstlich
verlegt w erden. Der Kanal überw indet auf 60 km Länge
einen Höhenunterschied von rund 41 Metern in sechs
Schleusenstufen.
Bei der Planung stand w eniger die Anbindung örtlicher Betriebe im Vordergrund. Der
neue Kanal sollte vielmehr die vorhandenen Wasserwege besser vernetzen. Er bot
sich natürlich später als w ertvolle Infrastruktureinrichtung zur Ansiedlung neuer
Standorte an, etw a der chemischen Industrie im Raum Marl. Auch die Nordwanderung des Bergbaus profitierte von der Wasserstraße.
Das Kanalprofil w urde bis 1990 an die gestiegenen verkehrlichen und technischen
Anforderungen angepasst.
Datteln-Hamm-Kanal
Der Datteln- Hamm-Kanal w urde zwischen 1914 und
1933 fertig gestellt und überw indet auf einer Länge von
47,2 km einen Höhenunterschied von 6,75 Metern in
drei Gefällestrecken.
Der Kanal zw eigt in Datteln vom Dortmund- Ems-Kanal
ab. Von hier aus verläuft er parallel zur Lippe auf ihrer
Südseite in östlicher Richtung durch Waltrop, Lünen, Bergkamen bis nach Hamm.
Zusammen mit dem Wesel-Datteln-Kanal w ird er auch als Lippe-Seitenkanal bezeichnet.
Im Bereich von Bergkamen w ird der Datteln-Hamm- Kanal mit dem ‚Kanalband’ in
Verbindung mit der Halde ‚Großes Holz’, der ‚Wasserstadt Haus Aden’ und der ‚Marina Rünthe’ zu einem Schw erpunkt für intensive Freizeit- und Erholungs-nutzungen
ausgebaut.
Dortm und-Ems-Kanal
Zw ischen 1891 und 1899 erbaut, überw indet der Dortmund- Ems-Kanal auf einer Länge von 226 km einen
Höhenunterschied von 70 Metern in 16 Gefällestrecken.
Er bindet den ,Dortmunder Hafen’ an das Wasserstraßennetz an. Im Verbandsgebiet befinden sich die
südlichsten 21,5 km zw ischen Dortmund und Datteln mit
den Abzweigungen des Wesel-Datteln-Kanals nach
Nord-Westen, des Datteln- Hamm-Kanals nach Osten, des Rhein- Herne-Kanals nach
Süd-Westen, sow ie der Kanalstufe bei Henr ichenburg. Die Strecke zw ischen Henrichenburg und Dortmund muss für die aktuellen verkehrlichen und technischen Anforderungen noch angepasst w erden.
Stehende Gewässer: Die stehenden Gew ässer konzentrieren sich räum lich im
Niederrheintal und in Haltern am See
Näher betrachtet w erden die stehenden Gew ässer ab 1 ha Flächengröße. Diese größeren Gew ässer ergeben zusammen rund 5.000 ha Wasserfläche im Verbandsgebiet. Konzentrationen befinden sich entlang des Rheins und in Haltern am See.
135
Daneben gibt es entlang der Ruhr sechs Ruhrstauseen und im Ennepe- RuhrKreis/Hagen vier Talsperren (vgl. Abb. 5.06). Es besteht eine gew isse Dynamik bei
den stehenden Gew ässern durch anthropogene Einflüsse, w ie der Entstehung neuer
Wasserflächen durch Abgrabungen oder die Entw icklung neuer Stadtareale am Wasser, w ie z.B. durch die Flutung des Phoenixsees in Dortmund mit 24 ha Fläche, als
eine der bedeutendsten Maßnahmen in der Region.
Zum größten Teil handelt es sich bei den stehenden Gew ässern um ehemalige Kiesund Sandabgrabungen. Typisch für die Region sind auch stehende Gew ässer, die
durch Bergsenkungen entstanden sind, w ie z.B. der Beversee in Bergkamen oder
Gew ässer im Emscherbruch (Herten/Gelsenkirchen). Sie sind besonders geeignete
Standorte für den Arten- und Biotopschutz.
Abb. 5.06: Stehende Gew ässer im Verbandsgebiet über 1 ha
Ruhrstauseen
Im Verlauf der Ruhr entstanden zwischen 1929 und 1979 sechs Stauseen, die der
Wassergew innung und der Gewässerreinigung dienen. Sie haben zugleich einen hohen Freizeit- und Erholungsw ert für das Verbandsgebiet sow ie für die daran angrenzenden Kommunen. Der größte Stausee ist mit 246 ha der Baldeneysee in Essen,
gefolgt vom Harkortsee mit 137 ha, Hengsteysee mit 136 ha und vom Kemnader See
mit 125 ha. Der Kettw iger See und das Staubecken Hengsten sind mit 55 ha bzw . 19
ha deutlich kleiner.
Alle Stauseen sind für die Freizeit und Naherholung bedeutsame Standorte. Dementsprechend ist das Freizeitangebot mit Segeln, Rudern, Fahrgastschifffahrt, Freizeitbad/Naturbad, Wandern, Skaten oder Gastronomie, sehr vielfältig. Daneben haben
sich die Seen als Standorte für verschiedene Großveranstaltungen etabliert. Das Baden in den Seen ist jedoch überall ausgeschlossen.
136
Vier der Stauseen sind in das Projekt ,Das Ruhrtal’ (vgl. Kap. 8.1.4) eingebunden. In
Zusammenhang mit den angrenzenden historischen Ortskernen und den Standorten
der Route der Industriekultur ergeben sich besondere Naherholungs- und touristische
Qualitäten.
Mit Ausnahme des Kemnader Sees und des Staubeckens Hengsen w erden an allen
Stauseen im Ruhrgebiet Wasserkraftwerke zur Stromerzeugung betrieben.
Talsperren
Im Verbandsgebiet liegen vier Talsperren: Die Hasper Talsperre im Stadtgebiet von
Hagen, die Heilenbecker Talsperre in Ennepetal und die Glörtalsperre und die Ennepetalsperre in Breckerfeld. Als zw eitälteste Talsperre Deutschlands w urde die Heilenbecker Talsperre bereits zw ischen 1894 bis 1896 errichtet, alle anderen zw ischen
1901 bis 1904. Ihre Hauptfunktion besteht in der Trinkw asserspeicherung und –
bereitstellung und Wasserstandsregulierung.
Die größte Talsperre mit 10,5 Mil. m³ Stauinhalt ist die Ennepetalsperre, gefolgt von
der Glörtalsperre mit 2,1 Mil. m³ und der Hasper Talsperre mit 2,05 Mil. m³ Stauinhalt.
Obw ohl Freizeitaktivitäten auf dem Wasser überall verboten sind, haben die Talsperren neben ihrer Funktion für die Trinkw assergew innung und Wasserregulierung eine
große Bedeutung für die Freizeit und Naherholung. Insbesondere die Glörtalsperre ist
als Freizeitschw erpunkt mit Badeufer, Jugendherberge und Gastronomie ausgebaut.
Die Ennepetalsperre hat darüber hinaus die Funktion der Stromerzeugung (Kreiselektrizitätsw erk) und zur Bereitstellung von Treib- und Brauchw asser für die Industrie.
Stehende Gew ässer / Abgrabungsgew ässer über 90 ha
Bei den größten Seen mit einer Fläche über 90 ha handelt es sich im Verbandsgebiet
entw eder um Stauseen oder um Abgrabungsgew ässer.
Die größte, zusammenhängende Seefläche ist mit rund 260 ha der ‚Halterner Stausee‘ auch als ‚Talsperre Haltern‘ oder ‚Stevertalsperre Haltern‘ bezeichnet. Der Stausee w urde 1930 gebaut und dient als Trinkw assertalsperre für etw a eine Million Menschen im Münsterland und im Verbandsgebiet und ist Naherholungsgebiet mit vielfältigen Wassersportmöglichkeiten. Für die Freizeitaktivitäten, w ie Segeln, Rudern oder
Paddeln steht nahezu die gesamte Wasserfläche zur Verfügung. Das Baden ist im
Bereich des Seebades an einem Natursandstrand möglich.
Der zw eitgrößte See unter den Ruhrstauseen ist mit 246 ha der Baldeneysee. Er w urde 1933 fertig gestellt. Der Baldeneysee ist ein w ichtiges Naherholungsgebiet mit überregionalem Einzugsbereich. Baden ist aufgrund der Wasserqualität nicht erlaubt.
In Essen-Heisingen liegt am Ufer des Sees ein großes Vogelschutzgebiet als rechtsverbindlich festgesetztes Naturschutzgebiet ,Heisinger Bogen’.
Mit einer Fläche von 165 ha ist der Auesee bei Wesel das drittgrößte stehende Gewässer im Verbandsgebiet. Als Baggersee wurde er künstlich angelegt und ist heute
ein w ichtiger Naherholungsschw erpunkt der wasserorientierten Freizeit. Neben Surfen, Segeln und Tauchen ist auch das Baden möglich. Um den See befinden sich ein
Vogel- und ein Landschaftsschutzgebiet.
In der Region Wesel liegen die bedeutendsten Kieslagerstätten Deutschlands. Durch
ihren Abbau entstanden w estlich der Stadt Wesel zahlreiche Abgrabungsseen von
insgesamt über 10 km² Gesamtfläche.
137
Die stehenden Gew ässer konzentrieren sich aufgrund der Lagerstätten der oberflächennahen Rohstoffe im Verbandsgebiet entlang des Rheins und im Raum um Haltern am See (vgl. Abb. 5.07). Diese Seen haben eine w ichtige Funktion für den Naturschutz und für die Freizeit und Naherholung; vor allem als Badeseen sind einige
sehr bedeutsam.
Die für die Freizeit und Erholung w ichtigen Talsperren und Stauseen liegen an der
Ruhr, bei Haltern am See und im südlichen Ennepe-Ruhr-Kreis bzw . Hagen. Zahlreiche überw iegend kleinere Gew ässer verteilen sich dispers im Verbandsgebiet. Diese
Gew ässer und die Stauseen entlang der Ruhr sind in der Regel keine Badegew ässer.
5.5 Rohstoffe
Von besonderer Bedeutung für die w irtschaftliche und siedlungsstrukturelle Entw icklung der Region w aren die natür lich vorkommenden Bodenschätze, in erster Linie die
Steinkohle. Im Verbandsgebiet gibt es eine Vielzahl an w eiteren Rohstoffvorkommen,
wie z.B. Erze und Mineralien, die heute nicht w eiter abgebaut w erden. Dieses Kapitel
konzentriert sich auf die aktuellen Schw erpunkte der Rohstoffgew innung von Tonen,
Sanden und Kiesen, Kalk- und Sandsteinen, die oberflächennah erfolgt, sow ie Steinkohle- und Salzvorkommen, die unter der Erdoberfläche gefördert werden. Die räumliche Verteilung der Rohstoffvorkommen und bestehenden Abbaubereiche w erden in
den folgenden Karten (vgl. Abb. 5.07 und 5.08) in stark generalisierter For m dargestellt.
Auf den unbebauten und nicht versiegelten Freiräumen lastet ein Konfliktpotenzial
aufgrund unterschiedlicher Nutzungsinteressen, Anforderungen und Raumansprüchen. Neben den Erfordernissen einer naturräumlichen Entw icklung und dem Bedarf
freiraumbezogene Erholungsangebote zu schaffen, besteht die Notw enigkeit, Räume
für die Rohstoffgew innung und Sicherung der Lebensgrundlagen vorzuhalten (u.a.
Erw eiterungen von Siedlungs- und Verkehrsflächen, Versorgungstrassen, Bereiche
zur Gew innung von Bodenschätzen und zum Trinkw asserschutz, Gebiete für den Arten- und Biotopschutz).
Der Abbau der Rohstoffe hat enor me Umw eltausw irkungen und Wechselw irkungen.
Hierzu zählen insbesondere die Veränderung des topografischen Reliefs, der Böden,
der Vegetationsformen, des Naturhaushaltes und Landnutzungen sow ie der hydrologischen Verhältnisse. Beim Steinkohlenbergbau treten Bergsenkungen mit gravierenden Folgew irkungen auf, die eine dauerhafte Regelung des ober- und unterirdischen
Wasserhaushaltes (Vorflut, Polder, Deiche, Grundw asserflurabstände) erfordern. Allein durch die Pumpmaßnahmen zur ständigen Grundw asserflurabstandshaltung entstehen hohe Folgekosten ( Ew igkeitskosten). Hinzu kommen Kosten z. B. für die Rekultivierung von Halden, die Wiedernutzung alter Bergbauflächen und die Sanierung
von Bergsenkungsgebieten.
Die oberflächennahe Gew innung von Bodenschätzen (Kiese und Sande, Tone und
Steinbrüche) führt aufgrund der langfristigen Abbautätigkeit zu starken Umw eltbelastungen und verändert nach der Rekultivierung die Landschaftsräume nachhaltig. Der
Abbau führt zu einer Veränderung großer Landschaftsbereiche und hat ebenfalls
massive Ausw ir kungen auf den Wasserhaushalt.
Kiese und Sande
Die Kiese und Sande des Niederrheins und des Münsterlandes (Kreis Wesel, Kreis
Recklinghausen, Städte Duisburg und Bottrop) sind eine w ichtige natürliche Ressource. Die Gew innung von Kiesen, Sanden und Tonen erfolgt im Kreis Wesel zurzeit mit
138
einem Schw erpunkt im Bereich der Rheinaue und in rheinnahen Landschaftsräumen,
wobei hier vorrangig Kiese und in geringem Umfang Tone abgebaut w erden. Weitere
Konzentrationsbereiche insbesondere für den Abbau von Sanden befinden sich in der
Kirchheller Heide im Stadtgebiet von Bottrop und in Haltern am See (vgl. Abb. 5.07).
Abb. 5.07: Oberflächennahe Rohstoffe
Kalk- und Sandsteine
Die am Südrand des Verbandsgebietes verbreiteten Kalk- und Dolomitsteine (Karbonatgesteine) sind bis heute w ertvolle Rohstoffe zum Beispiel für die Hüttenindustrie,
die Grauw acken und Sandsteine für die Bauindustrie. Sie w erden in Steinbrüchen
abgebaut, die w esentlich zum landschaftlichen Wandel beigetragen haben. Noch bis
vor 50 Jahren überw ogen kleine Abgrabungen, w ie dies in Wetter und Herdecke der
Fall ist, w o qualitativ hochw ertiger Ruhrsandstein abgebaut w urde. Sow eit diese nicht
verfüllt bzw . gew erblich oder anderw eitig genutzt sind, hat die Sukzession sie ganz
oder teilw eise zuwachsen lassen. Einige der heute in Betrieb befindlichen Brüche
sind von ungleich größerer Dimension. In der Massenkalkzone von Hagen befinden
sich zwei solcher großflächigen Steinbrüche (Hohenlimburger Kalkw erke, Dolomitwerke/Rheinkalk) (vgl. Abb. 5.07).
Steinkohle und Steinsalz
Die Steinkohlevorkommen des Ruhrkarbons bildeten die natürliche Grundlage für die
Entstehung der größten, montanindustriellen Region Europas. Im Ruhrtal treten die
Kohle führenden Schichten zu Tage und tauchen aufgrund der geologischen Ausgangsbedingungen nach Norden hin ab. Die ursprünglich w aagerecht gelagerten
Schichten w urden dabei im Laufe der Zeit aufgefaltet. Von Süd nach Nord nimmt
gleichzeitig die Mächtigkeit des Deckgebirges zu. Analog dazu nimmt auch die Tiefe
zu, in w elcher der Kohleabbau erfolgen muss. Am Nordrand des Ruhrgebietes, im
139
Bereich der Lippe, beträgt die Mächtigkeit des Deckgebirges bereits 1.500 m, bis zur
Nordseeküste nimmt es bis auf 5.000 m zu (vgl. Abb. 5.08).
Abb. 5.08: Steinkohle und Steinsalz
Ende 2010 gibt es im Ruhrgebiet nur noch drei fördernde Bergw erke, West (KampLintfort), Prosper-Haniel (Bottrop) und Auguste Vic toria (Marl). Die Abbaugebiete befinden sich im nördlichen Verbandsgebiet in Haltern am See/Marl, in Bottrop sow ie
westlich des Rheins mit Schw erpunkt in Kamp-Lintfort/Rheinberg und Moers. Nach
einem Beschluss der Bundesregierung w ird der subventionierte Steinkohlenbergbau
2018 auslaufen (vgl. Kap. 3).
Eine Besonderheit in der Region ist das Steinsalzbergw erk in Rheinberg-Borth. In
500 - 800 m Tiefe liegt die niederrheinische Salzpfanne. Über etw a 50 km erstreckt
sich in fast waagerechter Lage von Rheinberg bis Wintersw ijk eine ca. 200 m dicke
Salzschicht (vgl. Abb. 5.08).
5.6 Aspekte des Freiraumschutzes
Seit Beginn des 20. Jahrhunderts ist Freiraumschutz ein w ichtiges Thema der Region. Mit Gründung des Siedlungsverbandes Ruhrkohlenbezirk (SV R) 1920 hat dieser
die gesetzliche Aufgabe, die Freiräume zw ischen den Städten im Ballungskern zu sichern. Durch die Aufstellung des Gebietsentw icklungsplanes von 1966 übernehmen
diese Aufgabe die Regionalen Grünzüge in den Regionalplänen.
Heute existieren vielfältige Instrumente des Natur- und Freiraumschutzes, von denen
folgende in diesem Kapitel betrachtet w erden:
140
» Naturschutzgebiete (NSG) gemäß § 23 Abs. 1 BNatSchG 93 sind rechtsverbindlich
festgesetzte Gebiete, in denen ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft
in ihrer Ganzheit oder in einzelnen Teilen erforderlich ist. Aus raumordnerischer
Sicht kommt dem Naturschutz in diesen Gebieten eine Vorrangfunktion zu.
» Vogelschutzgebiete und FFH-Gebiete 94 schaffen zum Schutz gefährdeter w ild lebender heimischer Pflanzen und Tierarten und ihrer natürlichen Lebensräume
auf europäischer Ebene ein kohärentes Netz von Schutzgebieten (Natura 2000).
Das zw eitgrößte Vogelschutzgebiet in NRW ist das VSG ,Unterer Niederrhein’,
das zu den international bedeutsamen Ramsar-Gebieten 95 gehört.
» Naturschutzgebiete, Natura-2000-Gebiete, aber auch Teile von Landschaftsschutzgebieten sind w ichtige Bestandteile für das aus Kernflächen, Verbindungsflächen und Verbindungselementen angestrebte bundesländerübergreifende Biotopverbundsystem96 (§ 21 BNatSchG). Hierunter befinden sich verschiedenartige
Biotope. 97
» Die Regionalen Grünzüge in den Regionalplänen
» Das Projekt Emscher Landschaftspark
» Der Grundw asserschutz
5.6.1 Schutzgebiete und landesweiter Biotopverbund
Zu den Schutzgebieten mit besonderer Bedeutung für den überregionalen Biotopverbund und das europäische Netz Natura 2000 zählt die gesamte Niederrheinaue. Es
befinden sich zahlreiche Naturschutzgebiete in dieser Landschaft, hauptsächlich
Rheinauen und -altar me, die z.T. international bedeutsame Überw interungsschwerpunkte für nordische Wildgänsearten und Watvögel darstellen. Als Bestandteil der
wertvollen Kulturlandschaft ,Feuchtgebiet Unterer Niederrhein’ gehört die Landschaft
Untere Rheinniederung zu den Schw erpunkträumen des landesw eiten Biotopverbundsystems und stellt einen Teil des grenzüberschreitenden Verbundkorridors zu
den Niederlanden dar.
93
94
95
96
97
Bundesnaturschutzgesetz, Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (BNatSchG vom
29.07.2009, in Kraft getreten 01.03.2010); BGBl. I S. 2542
Die Richtlinie 92/43/EWG des Rates v om 21.05.1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume
sowie der wild lebenden Tiere und Pf lanzen (FFH-Richtlinie) stellt die umf assende Rahmenv orschrift
zum Lebensraum- und Artenschutz in der Europäischen Union dar. Die Richtlinie v erfolgt das Ziel,
die biologische Vielf alt in Europa zu erhalten. Die FFH-RL bildet zusammen mit der VogelschutzRichtlinie (RL 79/409/EWG v om 02.04.1979 über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten) die
zentrale Rechtsgrundlage f ür den Naturschutz in der Europäischen Union.
Am 2. Februar 1971 wurde in der iranischen Stadt Ramsar das ,Übereinkommen über den Schutz
v on Feuchtgebieten, insbesondere als Lebensraum für Wasser- und Watvögel, v on internationaler
Bedeutung’ (Ramsar-Konvention) geschlossen. Deutschland trat der Ramsar-Konv ention 1976 bei.
Bezogen auf das Verbandsgebiet werden in der Abb. 5.09 die Bereiche dargestellt, die eine herausragende bzw. besondere Bedeutung für die Naturentwicklung auf weisen; dabei handelt es sich überwiegend um bereits rechtlich gesicherte Schutzgebiete.
Ein Biotop nach § 7 Abs. 2 Nr. 4 BNatSchG ist ein Lebensraum einer Lebensgemeinschaft wild lebender Tiere und Pf lanzen. Hierunter befinden sich sowohl natürlich entstandene Landschaftsbestandteile wie Flussauen, Bäche, Mischwald als auch vom Menschen erschaffene Landschaftsbestandteile (z.B. Brachflächen, Streuobstwiesen).
141
Die Abbildung 5.09 zeigt die vorhandenen Schutzgebiete in der Region in einer Überlagerung mit Flächen von herausragender und besonderer Bedeutung für den landesw eiten Biotopverbund.
Abb. 5.09: Schutzgebiete/Biotopverbund
Daneben verfügen die Issel und deren Niederung über eine besondere Strukturvielfalt
mit w asserführenden Gräben und mit in Teilbereichen traditionellen Strukturen der
bäuerlichen Kulturlandschaft. Dieser Raum zeichnet sich durch eine hohe Bestandsdichte an geschützten Flächen mit zentraler Bedeutung für den Arten- und Biotopschutz sowie den regionalen und landesw eiten Biotopverbund aus. Das reich strukturierte Weideland der Isselniederung ist durch mehrere Naturschutzgebiete geschützt.
Außerdem sind im Westen der Landschaft einige kleinere Dünengebiete mit Heideund Moorflächen unter Naturschutz gestellt und um landesplanerisch gesicherte Gebiete zum Schutz der Natur erw eitert.
Im Bereich der Städte Hamminkeln, Schermbeck, Hünxe und Dinslaken bilden die
vorhandenen unterschiedlichen Biotoptypen, u.a. Wälder, Moore, Feuchtheide, Grünland, Magerrasen, Birken- und Eichenw älder die w esentlichen Naturpotenziale. Im
Übergang zum Ballungskern haben große, zusammenhängende Flächen, w ie der
Hiesfelder und Sterkrader Wald in Oberhausen sow ie die angrenzender Kirchheller
Heide in Bottrop eine besondere Bedeutung.
Es gibt im nördlichen Kreis Recklinghausen in Dorsten, Haltern am See, Marl und
Oer-Er kenschw ick, eine Vielzahl von Standorten von erheblicher Bedeutung in Rahmen des landesw eiten Biotopverbundes (Natura 2000, NSG). Einzigartig ist der
Wechsel von Moor-, Heide- und Grünlandstandorten, Bachläufen sow ie die herausragende Bedeutung einiger Naturschutzgebiete, w ie z.B. die Truppenübungsplätze Borkenberge mit 1.716 ha und Weisses Venn/Geisheide mit 1.298 ha sow ie das NSG
Teiche aufgrund der Vielfalt der Biotopstandorte auf relativ kleiner Fläche mit 332 ha.
Das NSG Weißes Venn/Geisheide zum Beispiel zählt w egen seiner Größe und Aus-
142
prägung zu den fünf w ichtigsten Moor- und Heidekomplexen in NRW. Es handelt sich
um ein bedeutendes Rückzugsgebiet für hochgradig gefährdete Tier- und Pflanzenarten der Hochmoore.
Die Lippe und das Lippetal besitzen ebenfalls eine hohe Bedeutung für den Artenund Biotopschutz und den überregionalen Biotopverbund. Es besteht bereits eine hohe Dichte an geschützten Flächen mit FFH- und Vogelschutzgebieten, die die Ufervegetation, die Auen mit ihren verschiedenen Biotoptypen, z.B. Feucht- und Magerwiesen, die Auenw aldreste und die angrenzenden Fließ- und Stillgew ässer umfassen.
Das Lippetal stellt zudem einen durchgehenden Korridor im landesw eiten Biotopverbundsystem dar.
Im Ruhrtal gibt es häufig isolierte Lagen hochw ertiger Naturschutzflächen in der
Ruhraue. Aufgrund der hohen Frequentierung des gesamten Ruhrtals sind die Möglichkeiten des Arten- und Biotopschutzes eingeschränkt. Der gesamte Fluss besitzt
dennoch eine hohe Bedeutung für den überregionalen Biotopverbund.
Zu den besonderen Naturpotenzialen zählt ein ca. 500 qkm großes Vogelschutzgebiet, das nur zu einem kleinen Teil im Verbandsgebiet im Bereich Unna/Fröndenberg
liegt, aber von herausragender Bedeutung für Brutbestände seltener und als Rastplatz für durchziehende Vogelarten ist. Darüber hinaus befinden sich Waldbiotope im
Ballungskern im Stadtgebiet von Dortmund, die regional bedeutsame Bindeglieder im
landesw eiten Biotopverbund darstellen. Eine Besonderheit stellen auch die zahlreichen Bergsenkungsgew ässer dar; Hohlräume die durch den Abbau von Kohle entstanden sind und sich mit Grund- und Oberflächenw asser gefüllt haben. Sie sind ebenfalls w ertvolle Lebensräume.
Im südlichen Verbandsgebiet besteht in Mülheim an der Ruhr/Duisburg mit dem
Broich-Speldorfer Wald/Duisburger Stadtw ald ein großes Waldgebiet mit einer hohen
Bedeutung für den Arten- und Biotopschutz und den regionalen Biotopverbund. Im
angrenzenden Raum im Süden von Essen, Hattingen, Bochum, Witten und
Herdecke, in Sprockhövel, Wetter und im Norden von Hagen besteht eine geringe
Dichte an Schutzgebieten. Ausnahme ist das Lennetal mit den angrenzenden Hochflächen. Wesentliche landschaftliche Leitlinien für den Arten- und Biotopschutz und
die Biotopvernetzung bilden die Fließgew ässer Ruhr, Lenne und Volme sow ie die
Bachsysteme des Raumes. Im Bereich der Städte Hagen (Süden), Breckerfeld, Ennepetal und Gevelsberg besteht eine Vielzahl an kleinen Gew ässerläufen, die ein
dichtes Netzw erk bilden und für den Arten- und Biotopschutz als auch Biotopverbund
eine hohe Bedeutung aufw eisen. Es gibt hier insgesamt eine geringe Dichte an
Schutzgebieten, die sich häufig in isolierter Lage befinden, aber eine hohe lokale Bedeutung haben und für den überregionalen Biotopverbund w ichtig sind. Das einzige
größere Naturschutz- und FFH-Gebiet liegt im Städtedreieck von Gevelsberg, Ennepetal und Hagen.
Zentrales Fließgew ässer in Schw elm und im angrenzenden Ennepetal ist die Wupper, w obei hier das einzige größere Naturschutzgebiet in der Wupperschleife liegt,
darüber hinaus sind kleinere Naturschutzgebiete bei den zufließenden Bachabschnitten ausgew iesen.
5.6.2 Regionale Grünzüge
Durch den Landesentw icklungsplan NRW w ird die Sicherung und Entw icklung von
,Regionalen Grünzügen’ zum Ziel der Raumordnung und Landesplanung (Ziel B. III.
2.27). Die Umsetzung und zeichnerische Darstellung erfolgt in den Regionalplänen
143
und dem Regionalen Flächenutzungsplan (vgl. Abb. 5.10). Demnach sind die Regionalen Grünzüge zu sichern und zu entw ickeln und dürfen für Siedlungszw ecke nicht
in Anspruch genommen w erden.
Bei den Regionalen Grünzügen handelt es sich um Freiraumbereiche - insbesondere
in Verdichtungsgebieten -, die als Grünverbindung oder Grüngürtel w egen ihrer freiraumbezogenen Funktionen (insb. räumliche Gliederung und klimaökologischer Ausgleich, Erholung, Biotopvernetzung) zu erhalten, zu entw ic keln oder zu sanieren und
vor anderw eitiger Inanspruchnahme zu schützen sind.98
Erstmals raumplanerisch zur Freiraumsicherung angew andt wurde das Instrument im
Rahmen des Gebietsentw icklungsplanes des Siedlungsverbandes Ruhrkohlenbezirk
von 1966.
Abb. 5.10: Regionale Grünzüge in den Regionalplänen
Die in den Regionalplänen dargestellten ,Regionalen Grünzüge´ sichern w ichtige
Freiraumfunktionen und sind insbesondere im Kern des Verbandsgebietes ein w esentlicher Bestandteil des regionalen Freiraumsystems.
Im Rahmen des Emscher Landschaftsparks erfolgt die strategische Weiterentw icklung in regionaler Kooperation (vgl. Kap. 8.2). Im Zusammenhang mit der Internationalen Bauausstellung (1989-1999) w urde den bisher in nord-südlicher Richtung verlaufenden Regionalen Grünzügen A-G ein Ost-West-Grünzug hinzugefügt. Auf der
Basis des Masterplans Emscher Landschaftspark 2010 arbeiten der RVR und sieben
interkommunale Arbeitsgemeinschaften an der Weiterentw icklung und Qualifizierung
des Systems der Regionalen Grünzüge
98
Vgl. Anlage 3 zur LPlG DVO, Planzeichenv erzeichnis der Regionalpläne 2 dc; v eröffentlicht im Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westf alen Nr. 20 v om 25. Juni 2010.
144
5.6.3 Grundwasserschutz
Das Grundw asser ist ein w esentliches Element des Naturhaushaltes und als Teil des
Wasserkreislaufs erfüllt es w ichtige ökologische Funktionen. Da das Grundw asser die
wichtigste Trinkw asserressource ist, muss es w eitgehend vor Verunreinigungen geschützt und in seiner natürlichen Beschaffenheit erhalten w erden.
Insbesondere in einem Ballungsraum, w ie dem Verbandsgebiet, ist der Grundw asserschutz99 ein w ichtiges Thema, da hierdurch u.a. die Tr inkw assergew innung und versorgung sichergestellt w erden muss. Als Folgen der bergbaulichen Einw irkungen,
wie Geländesenkungen oder -brüchen, die ein geschlossenes, unterirdisches Kanalsystem nicht zuließen, muss die Vorflut in einigen Räumen künstlich durch Pumpanlagen aufrecht erhalten und der Grundw asserstand durch Sümpfungsmaßnahmen
reguliert w erden.100 Mit der sukzessiven Beendigung des Bergbaus w ird im Rahmen
der Umgestaltung der Gew ässer die offene Abwasserbeseitigung dort durch ein geschlossenes Kanalisationssystem ersetzt.
Maßnahmen, um die Qualität des Grundw assers zu erhalten und die Bevölkerung
des Ballungsraumes Ruhr mit Trinkw asser zu versorgen, bestehen darin, Bereiche
festzusetzen, die für die Trinkw assergew innung geeignet und von gefährdenden Nutzungen freizuhalten sind (Wasserschutzgebiete/Wasserschutzzonen I-III A o. B). Die
Sicherung der Trinkw asserversorgung hat Vorrang vor anderen Nutzungen.
Beim Landesamt für Natur, Umw elt und Verbraucherschutz (LANUV)
,Wasserschutzgebiete in NRW’ w erden alle festgesetzten und geplanten bzw . im Genehmigungsverfahren befindlichen Trinkw asserschutzgebiete mit ihren Schutzzonen
dargestellt. Bei Bedarf w erden auch die bei einigen Staatlichen Umw eltämtern erfassten ,Reserve- oder Vorranggebiete’101 aufgeführt. Sie haben gerade im Hinblick auf
die zunehmende Belastung der Grundw asserqualität durch Schadstoffeinträge eine
wichtige vorsorgende Funktion zum Schutz des Trinkw assers.
99
Vgl. §§ 46 Wasserhaushaltsgesetz (WHG vom 31.07.2009, in Kraft getreten 01.03.2010); BGBl. I S.
2585
100
Gilt f ür 1/3 der Ruhrgebietsf läche (LANUV: Ökologischer Fachbeitrag zum RFNP: S. 31)
Es handelt sich um ein v on den Regionalräten def iniertes ,Reserve’ - oder ,Vorranggebiet’, soweit es
nicht bereits geplantes oder f estgesetztes Trinkwasserschutzgebiet ist. Diese Gebiete haben nicht
den Status eines Wasserschutzgebietes und sind hier nur nachrichtlich dargestellt. Es handelt sich
um Gebiete, deren Rohwässer potenziell nutzbar sind, aber aus verschiedensten Gründen nicht oder
noch nicht genutzt werden, oft nach § 36a WHG (Veränderungssperre zur Sicherung von Planungen).
101
145
Abb. 5.11: Wasserschutzgebiete
In der Abbildung 5.11 sind sow ohl die festgesetzten als auch geplanten Wasserschutzgebiete und die gemeldeten Reservegebiete dargestellt:
» Der Niederrhein erfüllt w ichtige Funktionen für den Grundw asserschutz. Weite
Bereiche haben ergiebige Grundw asservorkommen mit Bedeutung für die
Trinkw asserversorgung; hier liegen die Wasserschutzgebiete dicht beieinander.
» Nördlich der Hellw egstädte liegen bedeutsame Grundw asservorkommen. Von
besonderer Bedeutung sind die Stauseen in Haltern, die Trinkw asser für rd. 1
Mio. Menschen liefern und das größte Wasserschutzgebiet NordrheinWestfalens ,Üfter Mark’ in der Kirchheller Heide.
» Im Süden entlang der Ruhr erstrecken sich ebenfalls größere Wasserschutzgebiete und die Talsperren im Ennepe- Ruhr-Kreis/Hagen tragen ebenfalls zum
Trinkw asserschutz bei.
146
5.7 Zusammenfassung
Vielfalt an Natur- und Landschaftsräumen prägt die Region
Das Verbandsgebiet zeichnet sich insgesamt durch eine Vielfalt an Natur- und Landschaftsräumen mit einer abw echslungsreichen, naturräumlichen Ausstattung aus, die
von hoher Bedeutung für die Naturentw icklung sind. Aufgrund der unterschiedlichen
geologischen Prägungen, ergeben sich Großlandschaften mit starken eigenen landschaftlichen Identitäten (Niederrheinisches Tiefland, Westfälische Bucht, Süderbergland). Vor allem der Süden ist durch bewegte Geländeverhältnisse gekennzeichnet.
Braunerden und Parabraunerden stellen den häufigsten Bodentyp dar
Insbesondere im w estlichen und südlichen Teil der Region stellen Braunerden und
Parabraunerden den vorw iegenden Bodentyp dar. Im nördlichen Verbandsgebiet
herrschen Podsole, Gleye und Pseudogleye vor. Der überw iegende Teil der Böden ist
durch Versiegelung, Bebauung oder andere anthropogene Einflüsse gekennzeichnet;
naturnahe Böden sind nur noch selten vorzufinden.
Die Flusslandschaften von Rhein, Ruhr und Lippe charakterisieren den Raum
Die Flusstäler und Auenbereiche der großen Flussläufe von Rhein, Lippe und Ruhr
stellen w ichtige Achsen mit regionaler bis überregionaler Bedeutung für den Artenund Biotopschutz sow ie den Biotopverbund dar. Gleichzeitig w erden an die Flüsse
vielfältige Nutzungsanforderungen durch den Menschen gestellt. Vor allem der Rhein
ist eine der zentralen europäischen Verkehrsachsen. Zusätzliche Ansprüche entstehen aus dem Wunsch nach freiraumbezogener Erholung. Im Zusammenhang mit
dem naturnahen Ausbau der Emscher und des Emschertals w ird in Zukunft eine neue
erlebbare Flusslandschaft entstehen (vgl. Kap. 8).
Rohstoffgew innung hat weiterhin hohe Bedeutung für die Raumentwicklung
Die Gew innung von Steinkohle hat die Region Jahrhunderte lang geprägt (vgl. Abb.
5.08). Nach w ie vor befinden sich ergiebige Lagerstätten im Verbandsgebiet, deren
Ausbeutung unter den gegeben Rahmenbedingungen nur zu hohen Kosten möglich
ist. Mit dem beschlossenen Ausstieg aus der subventionierten Kohleförderung im
Jahr 2018 w ird der Steinkohlebergbau in der Region vorerst enden.
Vor allem am Niederrhein, in Bottrop und Haltern am See stellt die oberflächennahe
Gew innung von Kiesen und Sanden eine raumprägende anthropogene Veränderung
der Landschaft dar.
Die Gew innung von Rohstoffen führt in der Region zu Ausw irkungen auf den Naturhaushalt. So ist auch künftig von Bergsenkungen und -schäden auszugehen. Die
Auswirkungen auf den Wasserhaushalt sind hoch, Regulierungs maßnahmen zukünftig erforderlich. Andererseits entstehen durch diese weiträumigen Auskiesungen und
Rekultivierungsbereiche auch Chancen für die Schaffung einer attraktiven, w asserorientierten Erholungslandschaft, die insbesondere auch für die Naherholung eine
hohe Bedeutung haben kann.
Vier Schwerpunkträume für den Arten und Biotopschutz
Von besonderer Bedeutung für den überregionalen und europäischen Arten- und Biotopschutz sowie den Biotopverbund ist die gesamte Niederrheinaue. Hier befindet
sich eine hohe Dichte an RA MSA R- und Natura 2000-Flächen, die durch Natur- und
Vogelschutzgebiete gesichert w erden. Daneben existieren im Raum Haltern am See
mehrere größere, zusammenhängende Schutzgebiete. So zählt z.B. das NSG Weißes Venn/Geisheide zu den w ichtigsten Moor- und Heidekomplexen in NRW. Im
Kreis Unna befindet sich ein Teil des 500 km² großen Vogelschutzgebietes von her147
ausragender Bedeutung für die Brutbestände seltener Vögel. Von den Flusslandschaften ist neben dem Rhein vor allem die Lippe für den überregionalen Biotopverbund von hoher Bedeutung. Hier existiert eine hohe Dichte an geschützten Flächen,
die aufgrund ihrer linearen Struktur eine starke Vernetzungsfunktion haben (vgl. Abb.
5.12).
Die Bergsenkungsgew ässer stellen besondere Räume für den Arten- und Biotopschutz dar. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Flächen von lokaler Bedeutung, aber
von hoher Bedeutung für den Biotopverbund.
Regionale Grünzüge gliedern den Raum und verbessern die Freiraum qualität
Für den Freiraumschutz stellen die Regionalen Grünzüge im verdichteten Kernraum
ein bedeutendes Element dar. Sie w erden durch die Regionalpläne und den regionalen Flächennutzungsplan gesichert. Der Emscher Landschaftspark stellt ein w ichtiges
regional bedeutsames Projekt zur Freiraumentw icklung dar (vgl. Abb. 5.12).
Grundw asserschutz sichert die Trinkw asserversorgung
Größere Wasserschutzgebiete befinden sich am Niederrhein, entlang des Ruhrtals
und im nördlichen Verbandsgebiet. Sie haben eine w ichtige Funktion zum Schutz des
Grundw assers vor Verunreinigungen und tragen dazu bei, Grundw asser und Oberflächengew ässer als Lebensgrundlage der Bevölkerung und als Bestandteil des Naturhaushaltes zu erhalten, und die ökologische Funktionsfähigkeit der Gew ässer zu
wahren oder w ieder herzustellen (vgl. Abb. 5.12).
Abb. 5.12: Ausgewählte Instrumente und Strategien des Freiraumschutzes und
der -entw icklung
148
6
Verflechtungen im Verbandsgebiet
Die Analyse der Verflechtungen soll einen Gesamtüberblick bezüglich der ‚Beziehungen’ zw ischen den Kommunen er möglichen. Sie betrachtet alle Fahrten im Motorisierten Individualverkehr ( MIV) und im öffentlichen Verkehr (ÖV) an einem durchschnittlichen Werktag ( Montag bis Freitag) in beiden Richtungen.
Dabei w erden alle Fahrten berücksichtigt, die
» sow ohl zwischen den Städten und Gemeinden innerhalb des RVR-Gebietes als
auch über die Verbandsgrenzen hinaus (ð Außenverflechtungen) oder
» innerhalb der einzelnen Städte und Gemeinden des Verbandsgebiets (ð Binnenverflechtungen) stattfinden.
Die Betrachtung vermittelt einen Eindruck der Beziehungen unter den Städten und
zeigt, w ohin die Einw ohner regelmäßig fahren. Obw ohl keine Differenzierung nach
Verkehrszw ecken (die Verkehrszwecke Arbeiten, Bildung, Einkaufen, Erholung etc.
liegen dem Datenbestand zugrunde) erfolgt, bilden sich stadttypische Orientierungsmuster ab.
Datengrundlage
Die Verflechtungsanalyse beruht auf den Daten des Informationssystems Verkehr
Ruhrgebiet ( IVR), dessen Datenbestand aus
» einem Raumbezugssystem in For m eines Verkehrszellenrasters,
» dem Verkehrsanalyse- und -simulationssystem für Wirkungsanalysen, Prognosen
und Szenarien,
» einer Datenbank mit Siedlungsstruktur-, Struktur-, Verkehrsinfrastruktur- und
Verkehrsflussdaten besteht.
Der Datenbestand des IVR w urde zuletzt im Jahr 2000 umfassend aktualisiert und an
die Daten, die in die „ Integrierte Gesamtverkehrsplanung“ des Landes NordrheinWestfalen (NRW 2005) eingeflossen sind, angepasst. In den Folgejahren erfolgte eine
kontinuierliche Aktualisierung bei relevanten strukturellen sow ie verkehrsinfrastrukturellen Änderungen w ie beispielsw eise Wohn- und Einzelhandelsstandorten, Industrie- und
Gew erbestandorten, Schulen und Hochschulen, den Pendlerbew egungen sow ie relevanten Veränderungen im regionalen Straßen- und Schienennetz, so dass die Analyse
der Verflechtungen die derzeitige Situation hinreichend genau w iderspiegelt.
Außenverflechtungen
Die Darstellung der Außenverflechtungen der Städte, Kreise und Gemeinden des Verbandsgebietes erfolgt teilraumbezogen, um die Strukturen vor Ort besser abbilden zu
können. Im Rahmen der Betrachtung w urde das Verbandsgebiet in folgende Teilräume
unterteilt:
» Kreis Wesel
» Kreis Recklinghausen/Bottrop
» Kreis Unna/Hamm
» Mittleres Verbandsgebiet (mit den Städten Bochum, Dortmund, Duisburg, Essen,
Gelsenkirchen, Hagen, Herne, Mülheim an der Ruhr, Oberhausen)
» Ennepe- Ruhr-Kreis.
Die Stadt Bottrop w urde als Teil des nördlichen Verbandsgebietes dem Teilraum Kreis
Recklinghausen/Bottrop zugeordnet. Die Stadt Hagen w urde im Rahmen der Analyse
dem mittleren Verbandsgebiet zugeordnet, da entlang der Ruhrachse relevante Verflechtungen bestehen.
149
Die am östlichen Rand des Verbandsgebietes gelegene Stadt Hamm w urde in den
Teilraum Kreis Unna/Hamm integriert, da sie aufgrund ihrer Lage, Struktur und Funktionalität klar dem nordöstlichen Teilraum zuzuordnen ist.
Die Außenverflechtungen über die Verbandsgrenzen hinaus zu den angrenzenden
Regionen w urden ebenfalls betrachtet. Zu diesen zählen:
» Düsseldorf/Niederrhein ( Düsseldorf, Krefeld, Mönchengladbach, Kreis Kleve,
Kreis Viersen, Rheinkreis Neuss)
» Ost-/Südw estfalen (Märkischer Kreis, Kreis Soest, Hochsauerlandkreis, Kreis Olpe, Kreis Siegen-Wittgenstein, Kreis Paderborn, Kreis Höxter, Kreis Gütersloh,
Bielefeld, Kreis Minden-Lübbecke, Kreis Lippe)
» Kreis Mettmann/Bergisches Städtedreieck (Kreis Mettmann, Wuppertal, Solingen,
Remscheid)
» Münsterland (Münster, Kreis Borken, Kreis Steinfurt, Kreis Coesfeld, Kreis Warendorf)
» Rheinland (Bonn, Köln, Leverkusen, Städteregion Aachen mit Stadt Aachen, Oberbergischer Kreis, Rhein-Sieg-Kreis, Rheinisch-Bergischer-Kreis, Kreis Euskirchen, Kreis Heinsberg, Kreis Düren).
Binnenverflechtungen
Neben den regionalen Verkehren w erden auch Verkehre erfasst, die sich auf das Gebiet der einzelnen Kommune beschränken. Dies sind die so genannten Binnenverflechtungen. In der Regel kann bei Städten mit einer hohen Binnenverflechtung davon ausgegangen w erden, dass diese Städte viele Funktionen für ihre Bürgerinnen und Bürger
im eigenen Stadtgebiet erfüllen und eine hohe Zentralität besitzen. Bei Städten mit
hohen Außenverflechtungen ist dieses w eniger der Fall.
Verflechtungsanalyse
Im Folgenden w erden auf Basis der Analysedaten des Informationssystems Verkehr
Ruhrgebiet die
» regionalen Verflechtungen des Verbandsgebietes,
» Binnenverflechtungen der Städte und Gemeinden im Verbandsgebiet,
» Verflechtungen der kreisfreien Städte des mittleren Verbandsgebietes,
» Verflechtungen des Teilraums Kreis Wesel,
» Verflechtungen des Teilraums Kreis Recklinghausen/Bottrop,
» Verflechtungen des Teilraums Kreis Unna/Hamm,
» Verflechtungen des Teilraums Ennepe- Ruhr-Kreis dargestellt.
Die regionalen Verflechtungen im Verbandsgebiet (Kapitel 6.1) beinhalten
» die Darstellung der teilräumlichen bzw . regionalen Orientierung der Städte, Gemeinden und Kreise innerhalb des Verbandsgebietes
» in absoluten Zahlen die Außenverflechtungen in Personenfahrten je Werktag.
Die Analyse der Binnenverflechtungen (Kapitel 6.2) stellt den Anteil der Binnenverflechtungen an den Gesamtverflechtungen der einzelnen Städte und Gemeinden des
Verbandsgebietes dar.
Im Rahmen der Verflechtungsanalyse des m ittleren Verbandsgebietes (Kapitel 6.3)
werden die stärksten Außenverflechtungen auf kommunaler Ebene sow ie die fünf
stärksten Verflechtungen zu anderen Teilräumen bzw . Regionen abgebildet. Die grafische Darstellung stellt sow ohl die Anzahl der Personenfahrten je Werktag als auch den
prozentualen Anteil (gerundet) der einzelnen Außenverflechtungen an den gesamtem
Außenverflechtungen (100 %) einer Kommune dar.
150
Bei den Teilräumen des nördlichen Verbandsgebietes (Kapitel 6.4, 6.5, 6.6) konzentriert sich die Darstellung auf die fünf stärksten Verflechtungen zw ischen den Teilräumen Kreis Wesel, Kreis Recklinghausen/Bottrop sow ie Kreis Unna/Hamm und anderen Teilräumen bzw . Regionen. Die grafische Darstellung stellt sow ohl die Anzahl
der Personenfahrten je Werktag als auch den prozentualen Anteil (gerundet) der einzelnen Außenverflechtungen an den gesamtem Außenverflechtungen (100 %) einer
Kommune dar. Bei den Städten Bottrop und Hamm erfolgt darüber hinaus eine Darstellung der stärksten Außenverflechtungen auf kommunaler Ebene.
Die Verflechtungsanalyse des Ennepe-Ruhr-Kreises (Kapitel 6.7) bietet ebenfalls
einen Überblick über die fünf stärksten Verflechtungen zu anderen Teilräumen bzw .
Regionen.
Die Verflechtungsanalysen der kreisangehörigen Städte und Gemeinden befinden
sich im Anhang. Die regionalen Verflechtungen der Kommunen im Kreis Wesel, im
Kreis Recklinghausen, im Kreis Unna und im Ennepe-Ruhr-Kreis w erden dort jew eils in
alphabetischer Reihenfolge beschrieben. Dabei erfolgt eine Unterscheidung nach Binnenverflechtungen, Außenverflechtungen und Nennung der stärksten regionalen Orientierungen.
Die Kategorien in den Abbildungen orientieren sich an den unterschiedlichen Brüchen innerhalb der einzelnen Schw erpunkte der Verflechtungsanalyse. Aus diesem
Grunde variieren die Prozentkategorien in den einzelnen Abbildungen.
6.1 Regionale Verflechtungen im Verbandsgebiet – ein zusammenfassender Überblick
Die Städte der mittleren und nördlichen Ballungskernzone w eisen eine klare Orientierung zum mittleren Verbandsgebiet auf, w ährend die ‚Flügelstädte’ am Rande des mittleren Verbandsgebietes (Duisburg, Dortmund, Hagen) sow ohl bedeutsame Verflechtungen zum mittleren Verbandsgebiet als auch zu benachbarten Teilräumen aufw eisen
(vgl. Abbildung 6.01).
Abb. 6.01: Regionale Orientierung der kreisfreien Städte im Ballungskern
Quelle: Infor mationssystem Verkehr R uhrgebiet
151
Die regionale Or ientierung des nördlichen und südlichen Verbandsgebietes ist in der
Abbildung 6.02 dargestellt.
Im Osten des Verbandsgebietes w eist Hamm aufgrund der Funktionalität starke Verflechtungen zu den Nachbarstädten sow ohl im Kreis Unna als auch in den Kreisen
Soest, Warendorf und Coesfeld auf. Die Verflechtungen zum mittleren Verbandsgebiet
sind allerdings auch hier von Bedeutung.
Der Kreis Unna orientiert sich annähernd gleichw ertig innerhalb des Teilraums sow ie
zum mittleren Verbandsgebiet. Darüber hinaus haben die nordw estlichen Kommunen
des Kreises auch relevante Verflechtungen zum benachbarten Kreis Recklinghausen.
Der Kreis Recklinghausen w eist starke Verflechtungen zum mittleren Verbandsgebiet
auf, die sich insbesondere auf die südlichen Städte des Kreisgebietes konzentrieren,
während sich die nördlichen Städte interkommunal innerhalb des Teilraums orientieren.
Die Stadt Bottrop w eist starke Verflechtungen mit dem w estlichen Kreis Recklinghausen auf, ist aber klar zum mittleren Verbandsgebiet hin orientiert.
Der Kreis Wesel w eist sow ohl starke Verflechtungen auf der interkommunalen Ebene
zw is chen den kreisangehör igen Kommunen auf, ist aber auch stark zum mittleren Verbandsgebiet hin orientiert. Dies gilt insbesondere für die südöstlichen Kommunen im
Kreisgebiet, die eine klare Ausrichtung zu den westlichen Städten des mittleren Verbandsgebiets aufw eisen. (vgl. Abbildung 6.02)
Abb. 6.02:
Regionale Orientierung des nördlichen und südlichen Verbandsgebiets
Quelle: Infor mationssystem Verkehr R uhrgebiet
Einen Gesamtüberblick über die regionale Orientierung auf Basis der Verflechtungsdaten bietet die folgende Abbildung 6.03. Sie zeigt, w ohin die stärksten Bezüge einer
Kommune bestehen. Dies können z. B. Verflechtungen innerhalb des eigenen Teilraums oder zu angrenzenden Teilräumen / Regionen sein (vgl. Abbildung 6.03).
152
Abb. 6.03: Regionale Orientierung der Städte und Gemeinden im Verbandsgebiet
Bezüglich der absoluten Ausprägung der regionalen Verflechtungen, die in Abbildung
6.04 dargestellt ist, ist festzustellen, dass die beiden einw ohnerstärksten Städte Dortmund und Essen (über 689.000 Personenfahrten/Tag) die höchsten regionalen Verflechtungen aufweisen. Dies liegt primär in ihrer Funktion als relevanter Arbeitsplatz-,
Dienstleistungs- und Hochschulstandort begründet.
Doch auch die Hochschulstandorte Bochum und Duisburg haben mit mehr als jew eils
540.000 Personenfahrten/Tag ein bedeutendes regionales Verkehrsaufkommen. Dies
gilt in der Summe auch für die übrigen kreisfreien Städte des mittleren Verbandsgebietes, aber ebenso für Witten und Moers mit ihrer Orientierung zu den kreisfreien Städten
des mittleren Verbandsgebietes sow ie Hamm mit seiner zentralen Funktion für die angrenzenden Kommunen der Kreise Unna, Coesfeld, Soest und Warendorf. (vgl. Abbildung 6.05)
153
Abb. 6.04: Regionale Verflechtungen (absolut) der Städte und Gemeinden im
Verbandsgebiet
Einen Gesamtüberblick über die relevanten regionalen Verflechtungen der einzelnen
Kommunen im Verbandsgebiet und deren Orientierung gibt die folgende Abbildung
6.05.
154
Abb. 6.05: Die regionalen Verflechtungen der Komm unen
6.2 Binnenverflechtungen der Städte und Gemeinden im Verbandsgebiet
Die Analyse der Binnenverflechtungen gibt Aufschluss darüber, ob die Bew ohner einer
Stadt bzw . Gemeinde sich eher lokal, d. h. innerhalb der Kommune oder regional orientieren. Ein hoher Anteil
» des Binnenverkehrs an den Gesamtverflechtungen
» der täglichen Personenfahrten je Einw ohner im Binnenverkehr
lässt auf eine starke Binnenorientierung schließen (vgl. Tabelle 6.01).
Dies trifft sow ohl auf Duisburg, Essen, Dortmund und Hamm, aber auch auf Bochum
und Hagen zu. Da Bochum insbesondere aufgrund seiner Funktion als Hochschul- und
Wissenschaftsstandort starke regionale Verflechtungen aufw eis t, sind die Binnenverflechtungen prozentual schwächer ausgeprägt. In Kombination mit dem Indikator der
täglichen Personenfahrten je Einw ohner lässt sich jedoch feststellen, dass Bochum
neben Essen, Dortmund und Duisburg einen Durchschnittsw ert von ca. 1,8 Personenfahrten/Einw ./Tag und somit ebenfalls eine starke Ausprägung der Binnenverflechtungen aufw eist. Auch Hagen w eist mit 59 % einen hohen Anteil der Binnenverflechtungen
an den Gesamtverflechtungen (1,8 Personenfahrten je Einw . und Tag) eine ähnlich
hohe Binnenor ientierung w ie die übrigen Oberzentren des mittleren Verbandsgebiets
auf.
Die am östlichen Rand des Verbandsgebietes gelegene Stadt Hamm w eist ebenfalls
einen hohen Anteil an Binnenverflechtungen auf, der sich auf einen Anteil von 66 %
(1,69 Personenfahrten/Einw ./Tag) an den Gesamtverflechtungen beläuft. Die kreisfreien Städte Oberhausen, Bottrop und Herne w eisen anteilig niedrigere Binnenverflechtungen auf. Dies gilt, w enn auch nicht in gleichem Maße für Mülheim an der Ruhr und
Gelsenkirchen.
155
Tabelle 6.01: Anzahl der Personenfahrten/Tag im Binnen- und Regionalverkehr
(MIV und ÖV)
Verflechtungen – Person enfahrten des motorisierten Ver kehr s (MIV und ÖV)
Kommune
Binnenverkehr
absol ut
Anteil [%]
Dortmund
1.111.744
61,16
Essen
1.056.587
60,52
Bochum
688.108
55,90
Hagen
346.028
59,43
Duisburg
884.631
60,12
Hamm
308.782
66,35
Gelsenkir chen
445.868
54,34
Mülheim an d er Ruhr
280.012
55,75
W itten
160.448
52,31
Sch wert e
73.383
48,13
W etter
42.731
42,95
W esel
88.423
45,72
Oberhausen
301.894
47,68
Bottrop
162.088
50,49
Sch welm
39.155
42,54
Recklinghausen
158.798
43,56
Marl
116.505
48,57
Herne
218.194
48,07
Hattingen
71.989
42,96
Herdecke
31.649
38,18
Gevelsb erg
40.028
38,63
Datteln
44.354
43,62
W erne
37.333
42,18
Breckerfeld
11.412
38,55
Dorsten
94.269
47,96
Fröndenberg
26.949
41,30
Ennepetal
37.700
38,71
Selm
32.669
44,10
Moers
126.307
41,18
Kamp-Lintfort
45.668
43,14
Sprockhövel
29.114
36,40
W altrop
33.688
40,69
Neukirch en-Vlu yn
30.679
37,73
Lünen
96.437
42,18
Herten
67.921
38,61
Sonsbeck
9.072
40,61
Bergkam en
53.686
35,61
Holzwickede
18.202
33,98
Haltern am See
38.948
44,40
Oer-Erkensch wick
30.812
38,70
Dinslaken
71.211
38,25
Kamen
45.349
34,24
Hamminkeln
27.913
39,42
Castrop-Rauxel
75.556
41,37
Unna
65.088
34,17
Xanten
20.529
40,90
Schermb eck
12.921
36,25
Gladbeck
70.174
36,33
Voerde
33.288
33,52
Alpen
10.942
33,74
Hünxe
11.224
31,34
Rheinberg
25.631
34,67
Bönen
13.583
29,63
Quelle: Infor mationssystem Verkehr R uhrgebiet
Regionalverkehr
je Einwohner
1,89
1,82
1,80
1,79
1,78
1,69
1,68
1,66
1,62
1,50
1,50
1,44
1,39
1,38
1,34
1,32
1,31
1,30
1,28
1,26
1,25
1,24
1,23
1,22
1,21
1,21
1,21
1,20
1,18
1,17
1,14
1,13
1,10
1,09
1,08
1,06
1,05
1,05
1,02
1,02
1,02
1,01
1,00
0,99
0,97
0,95
0,94
0,93
0,88
0,85
0,82
0,80
0,73
156
absol ut
704.646
689.272
542.944
236.960
586.906
156.592
374.624
222.282
146.306
79.094
56.768
104.972
331.322
158.950
52.892
205.712
123.362
235.718
95.574
51.242
63.580
57.330
51.176
18.194
102.298
38.306
59.692
41.404
180.408
60.202
50.860
49.104
50.630
132.218
107.984
13.266
97.076
35.366
48.774
48.802
114.968
87.100
42.894
107.074
125.420
29.660
22.724
122.988
66.074
21.488
24.590
48.296
32.256
Anteil [%]
38,84
39,48
44,10
40,67
39,88
33,65
44,66
44,25
47,69
51,87
57,05
54,28
52,32
49,51
57,46
56,44
51,43
51,93
57,04
61,82
61,37
56,38
57,82
61,45
52,04
58,70
61,29
55,90
58,82
57,86
63,30
59,31
62,27
57,82
61,39
59,39
64,39
66,02
55,60
61,30
61,75
65,76
60,58
58,63
65,83
59,10
63,75
63,67
46,48
66,26
68,66
65,33
70,37
Binnen-/
Regionalverkehr
absol ut
1.816.390
1.745.859
1.231.052
582.988
1.471.537
465.374
820.492
502.294
306.754
152.477
99.499
193.395
633.216
321.038
92.047
364.510
239.867
453.912
167.563
82.891
103.608
101.684
88.509
29.606
145.418
65.255
97.392
74.073
306.715
105.870
79.974
82.792
81.309
228.655
175.905
22.338
150.762
53.568
87.722
79.614
186.179
132.449
70.807
182.630
190.508
50.189
35.645
193.162
99.362
32.430
35.814
73.927
45.839
Die Binnenverflechtungen der kreisangehörigen Städte und Gemeinden sind vielfach
schwächer ausgeprägt (vgl. Abbildung 6.06). Dies liegt an der Funktion als Wohnstandort, dessen Bew ohner häufig zur Arbeit aber auch zw ecks Einkaufs oder Freizeitgestaltung in die benachbarten Zentren des mittleren Verbandsgebietes fahren oder
auch daran, dass auf Grund der Arbeitsplatzstruktur der Anteil der einbrechenden regionalen Verkehre eine w ichtige Rolle spielt und somit anteilig von größerer Bedeutung
ist.
Allerdings gibt es auch hier Städte, die, analog zu den kreisfreien Städten im mittleren
Verbandsgebiet, ein höheres Aufkommen an Binnenverkehren aufw eisen. Hierzu zählt
z. B. die Stadt Witten, deren Binnenverflechtungen (Anteil 52 %; 1,62 Personenfahrten/Tag) auch die Zugehörigkeit zum Ballungskern belegen.
Abb. 6.06: Anteil der Binnenverflechtungen der Städte und Gemeinden im Verbandsgebiet an den Gesam tverflechtungen
Quelle: Infor mationssystem Verkehr R uhrgebiet
157
6.3 Die regionalen Verflechtungen der kreisfreien Städte im m ittleren Verbandsgebiet
Zusammenfassend werden im Folgenden zunächst für die kreisfreien Städte im mittleren Verbandsgebiet die regionalen Verflechtungen erläutert, bevor die neun kreisfreien
Städte im Einzelnen in alphabetischer Reihenfolge hinsichtlich ihren stärksten Außenverflechtungen und ihren stärksten Verflechtungen zu anderen Teilräumen bzw . Regionen abgebildet w erden.
Die regionalen Verflechtungen des mittleren Verbandsgebietes, d.h. die Summe der
Außenverflechtungen aller kreisfreien Städte des mittleren Verbandsgebiets, belaufen
sich auf 3.067.334 Personenfahrten/Werktag. Hinzu kommen 5.333.066 Personenfahrten/Werktag, die innerhalb der Städte Duisburg, Oberhausen, Mülheim an der Ruhr,
Essen, Gelsenkirchen, Bochum, Herne, Dortmund und Hagen verbleiben. Somit w erden an einem durchschnittlichen Werktag 8.400.400 Fahrten mit Quelle und/oder Ziel
‚Mittleres Verbandsgebiet’ durchgeführt.
Der größte Anteil dieser Verkehre, nämlich 6.190.406 Personenfahrten/Tag, verbleibt
innerhalb des mittleren Verbandsgebiets. Dies bedeutet, dass 74 % aller Verkehre innerhalb der einzelnen kreisfreien Städte des mittleren Verbandsgebietes bzw . zwischen den einzelnen Städten des mittleren Verbandsgebiets stattfinden.
Die Außenverflechtungen der kreisfreien Städte des mittleren Verbandsgebietes sind in
Abbildung 6.07 dargestellt. Die stärksten Verflechtungen über die Grenzen des mittleren Verbandsgebiets hinaus bestehen mit 520.178 Personenfahrten/Tag zum Teilraum
Kreis Recklinghausen/Bottrop (Anteil an den Gesamtverflechtungen 6 %). Relevante
Verflechtungen bestehen mit 292.658 Personenfahrten/Tag auch zum Teilraum Kreis
Unna/Hamm (Anteil an den Gesamtverflechtungen 4 %). Diese fokussieren sich allerdings auf die östlichen kreisfreien Städte des mittleren Verbandsgebiets.
Die Verflechtungen zum Ennepe-Ruhr-Kreis belaufen sich auf 272.390 Personenfahrten/Tag die sich schw erpunktmäßig auf das mittlere und östliche Ruhrgebiet konzentrieren. Dies entspricht einem Anteil von 3 % an den Gesamtverflechtungen.
Am w estlichen Rand des mittleren Verbandsgebiets bestehen relevante Verflechtungen mit dem Kreis Wesel. Ihr Anteil an den Gesamtverflechtungen beläuft sich auf 3 %
(269.998 Personenfahrten/Tag). Schw erpunktmäßig w eisen diese Verflechtungsrelationen Duisburg sow ie Oberhausen als Ziel bzw . Quelle auf.
Die Beziehungen zw ischen dem mittleren Verbandsgebiet und der Region Düsseldorf/Niederrhein sind von ähnlicher Bedeutung w ie die mit dem Kreis Wesel. So w erden w erktäglich 264.152 Personenfahrten zw is chen dem mittleren Verbandsgebiet und
Düsseldorf/Niederrhein durchgeführt, was einem Anteil von 3 % an den Gesamtverflechtungen entspricht.
Die Verflechtungen zum Münsterland sind mit einem Anteil von unter 1 % an den Gesamtverflechtungen des mittleren Verbandsgebiets (78.938 Personenfahrten/Tag) nur
schwach ausgeprägt.
Die kreisfreien Städte des mittleren Verbandsgebietes Oberhausen, Mülheim an der
Ruhr, Essen, Gelsenkirchen und Bochum sind bezüglich ihrer Verflechtungen klar zum
mittleren Verbandsgebiet or ientiert.
Die Städte Dortmund, Hagen und Duisburg verfügen ebenfalls über starke Verflechtungen zum mittleren Verbandsgebiet, w eisen aber auch relevante Verflechtungen zum
158
angrenzenden Umland auf. Dies betrifft u. a. die Relationen Duisburg 1 Kreis Wesel,
Duisburg 1 Düsseldorf/Niederrhein, Dortmund 1 Kreis Unna/Hamm, Hagen 1 EnnepeRuhr-Kreis oder auch Hagen 1 Märkischer Kreis.
Abb. 6.07: Die Außenverflechtungen der kreisfreien Städte des m ittleren Verbandsgebietes
Quelle: Infor mationssystem Verkehr R uhrgebiet
Die kreisfreien Städte des mittleren Verbandsgebiets verfügen über intensive Verflechtungen untereinander und zu den Kreisen des Verbandsgebiets. Über das Verbandsgebiet hinaus bestehen relevante Beziehungen zur Region Düsseldorf/Niederrhein, die
sich größtenteils auf die westlic hen Kommunen des mittleren Verbandsgebietes konzentrieren.
Im Folgenden w erden die neun kreisfreien Städte des mittleren Verbandsgebietes einzeln hinsichtlich ihrer Verflechtungen analysiert. Die grafischen Darstellungen stellen
sow ohl die Anzahl der Personenfahrten je Werktag als auch den prozentualen Anteil
(gerundet) der einzelnen Außenverflechtungen an den gesamtem Außenverflechtungen (100 %) einer Kommune dar. Die erste Grafik zeigt jew eils die stärksten Außenverflechtungen auf kommunaler Ebene w ährend die zw eite Grafik die regionalen Verflechtungen, d.h. die regionale Orientierung, darstellt.
Bochum
Das Personenverkehrsaufkommen der Stadt Bochum beläuft sich an einem Werktag
auf 1.231.052 Personenfahrten, von denen 688.108 (56 %) innerhalb des Stadtgebietes verbleiben. Die regionalen Verflechtungen der Stadt Bochum sind anteilig im Vergleich zu den Binnenverflechtungen sehr stark und belaufen sich auf 542.944 Personenfahrten/Tag.
Die Außenverflechtungen (vgl. Abbildung 6.08, 6.08) fokussieren sich auf die unmittelbaren Nachbarstädte des mittleren Verbandsgebietes, des Ennepe- Ruhr-Kreises und
des Kreises Recklinghausen und belaufen sich auf 330.410 Personenfahrten/Tag (61
%).
Bochum ist außerdem Quelle bzw . Ziel der zwei stärksten Verflechtungsrelationen des
gesamten Verbandsgebietes. Hierbei handelt es sich um die Korridore
159
» Bochum - Dortmund (70.900 Personenfahrten/Tag)
» Bochum - Essen (70.400 Personenfahrten/Tag).
Abb. 6.08: Stadt Bochum : Die stärksten Außenverflechtungen
Quelle: Infor mationssystem Verkehr R uhrgebiet
Auf regionaler Ebene ist eine klare Konzentration der Verflechtungen auf die Städte
des mittleren Verbandsgebietes (vgl. Abbildung 6.09) vorhanden 283.360 Personenfahrten/Tag = 52 %).
Als Besonderheit w eist Bochum die stärksten Verflechtungen aller Städte des mittleren
Verbandsgebietes mit dem Ennepe- Ruhr-Kreis auf (82.390 Personenfahrten/Tag =
15 %). Darüber hinaus verfügt Bochum auch über relevante Verflechtungen zum Teilraum Kreis Recklinghausen/Bottrop (72.388 Personenfahrten/Tag = 13 %)
Abb. 6.09: Stadt Bochum : Die regionalen Verflechtungen
Quelle: Infor mationssystem Verkehr R uhrgebiet
Unter den Oberzentren des Verbandsgebiets nimmt Bochum allerdings eine Sonderstellung ein. So w eist die Stadt den zw eithöchsten Anteil (44 %) regionaler Verflechtungen an den Gesamtverflechtungen auf. Bei der Summe der regionalen und der Binnenverflechtungen nimmt Bochum Platz vier unter den Städten des mittleren Ver-
160
bandsgebietes ein, w ährend sich der Anteil der Binnenverflechtungen an den Gesamtverflechtungen auf 56 % beläuft.
Dortm und
Dortmund w eist mit 1.816.390 Personenfahrten je Werktag das höchste Mobilitätsaufkommen des Verbandsgebietes auf. Der Anteil der Verkehre, die im Binnenbereich
verbleiben, beläuft sich auf 1.111.744 Personenfahrten/Tag (61 %). Dortmund w eist mit
704.646 Personenfahrten/Tag (39 %) die höchsten regionalen Verflechtungen aller
kreisfreien Städte des Verbandsgebietes auf.
Durch die hohen Verflechtungen zu den direkt angrenzenden Nachbarstädten sow ie
Herne, Gelsenkirchen, Essen, Hamm und Bergkamen (479.418 Personenfahrten/Tag =
68 %) verfügt Dortmund über die stärksten Umlandverflechtungen aller kreisfreien
Städte des mittleren Verbandsgebiets (vgl. Abbildung 6.10).
Abb. 6.10: Stadt Dortmund: Die stärksten Außenverflechtungen
Quelle: Infor mationssystem Verkehr R uhrgebiet
Aufgrund seiner Lage am östlichen Rand des mittleren Verbandsgebiets verteilen sich
die regionalen Verflechtungen (vgl. Abbildung 6.11) annähernd gleichstark auf den
» Teilraum Kreis Unna/Hamm (221.388 Personenfahrten/Tag = 31 %) und
» die Städte des mittleren Verbandsgebiets (192.810 Personenfahrten/Tag = 27 %).
Dortmund verfügt somit über die stärksten Verflechtungen aller kreisfreien Städte des
mittleren Verbandsgebietes zum Teilraum Kreis Unna/Hamm.
Die Verflechtungen zu den w estlichen Städten des mittleren Verbandsgebietes sind im
Vergleich zu den Kommunen des Mittleren Ruhrgebiets schw ächer ausgeprägt. Allerdings w eist Dortmund auch starke Verflechtungen zum
» Teilraum Kreis Recklinghausen/Bottrop (84.048 Personenfahrten/Tag = 12 %)
und zum
» Ennepe- Ruhr-Kreis (61.156 Personenfahrten/Tag = 9 %) auf.
Darüber hinaus ist Dortmund neben Hagen die einzige kreisfreie Stadt im Verbandsgebiet mit relevanten Verflechtungen zum Märkischen Kreis (28.854 Personenfahrten/Tag
= 4 %).
161
Abb. 6.11: Stadt Dortmund: Die regionalen Verflechtungen
Quelle: Infor mationssystem Verkehr R uhrgebiet
Die Verflechtungen zu den Landkreisen des Münsterlandes sow ie zur Stadt Münster
sind nur von geringer Bedeutung.
Auf regionaler Ebene w eist Dortmund die höchsten Außenverflechtungen auf (Tabelle
6.01).
Duisburg
Die Stadt Duisburg verfügt mit 1.471.537 Personenfahrten je Werktag über ein hohes
Mobilitätsaufkommen. Während sich der Anteil der Verkehre, die im Binnenbereich
Duisburg verbleiben, auf 884.631 Personenfahrten/Tag (60 %) beläuft, summieren sich
die regionalen Verflechtungen auf 586.906 Personenfahrten/Tag (40%). Nur Dortmund
und Essen w eisen stärkere regionale Verflechtungen auf (Tabelle 6.01).
Dabei ist eine Konzentration der Verflechtungen (344.444 Personenfahrten/Tag = 59 %)
auf die benachbarten Städte Oberhausen, Moers, Düsseldorf, Dinslaken, Mülheim an
der Ruhr und auch Krefeld festzustellen (vgl. Abbildung 6.12).
Abb. 6.12: Stadt Duisburg: Die stärksten Außenverflechtungen
Quelle: Infor mationssystem Verkehr R uhrgebiet
162
Duisburg w eist aufgrund seiner Lage am w estlichen Rand des mittleren Verbandsgebiets annähernd gleichstarke Verflechtungen zu den kreisfreien Städte des mittleren
Verbandsgebiets und dem Kreis Wesel auf, so dass die Beziehungen zu den Städten
des mittleren Verbandsgebietes und zum Kreis Wesel annähernd gleich stark sind (vgl.
Abbildung 6.13):
» Duisburg – Städte des mittleren Verbandsgebietes (199.750 Personenfahrten/Tag = 34 %)
» Duisburg – Kreis Wesel (168.022 Personenfahrten/Tag = 29 % )
Darüber hinaus ist Duisburg das einzige Oberzentrum im Verbandsgebiet mit ausgeprägten Verflechtungen (112.174 Personenfahrten/Tag = 19 %) zur Nachbarregion
Düsseldorf/Niederrhein.
Abb. 6.13: Stadt Duisburg: Die regionalen Verflechtungen
Quelle: Infor mationssystem Verkehr R uhrgebiet
Essen
Das Personenverkehrsaufkommen in Essen beläuft sich an einem Werktag auf
1.745.859 Personenfahrten, von denen 1.056.587 (Binnenverflechtungen = 61 %) innerhalb des Stadtgebietes verbleiben. Die regionalen Verflechtungen der Stadt Essen
sind sehr stark ausgeprägt. Mit 689.272 Personenfahrten/Tag (Außenverflechtungen =
39 %) w eist Essen das zweithöchste regionale Verkehrsaufkommen aller Städte im
Verbandsgebiet auf.
Die regionalen Verflechtungen fokussieren sich mit 404.626 Personenfahrten/Tag
(= 59 %) auf den Nahbereich (vgl. Abbildung 6.14) mit den angrenzenden Städten sowie auf Duisburg, den Kreis Mettmann und auf Düsseldorf. Die stärksten regionalen
Einzelverflechtungen konzentrieren sich auf die Relationen Essen 1 Bochum (10 %)
und Essen 1 Gelsenkirchen (10 %).
163
Abb. 6.14: Stadt Essen: Die stärksten Außenverflechtungen
Quelle: Infor mationssystem Verkehr R uhrgebiet
Essen ist als Arbeitsplatzstandort und als Einzelhandelsstandort von großer Bedeutung. So w eist Essen das höchste Einpendleraufkommen (206.832 Personenfahrten/Tag) innerhalb des Verbandsgebietes auf.
Im regionalen Kontext (vgl. Abbildung 6.15) ist eine klare Konzentration der Verflechtungen auf die Städte des mittleren Verbandsgebietes festzustellen (341.076 Personenfahrten/ Tag = 49 %). Darüber hinaus bestehen bedeutsame Verflechtungen in der
Relation Essen 1 Teilraum Kreis Recklinghausen/Bottrop (96.246 Personenfahrten/Tag
= 14 %). Darüber hinaus w eist Essen im Vergleich zu den anderen Städten des mittleren Verbandsgebietes die stärksten Verflechtungen zur Region Kreis Mettmann/Bergisches Städtedreieck auf (60.112 Personenfahrten/Tag = 9 %). Die Verflechtungen zum Ballungsrand sind im Vergleich zu Duisburg und Dortmund schw ächer
ausgeprägt, so dass sich die regionale Bedeutung Essens primär aus dem mittleren,
westlichen und nördlichen Ballungskern des Verbandsgebiets zusammensetzt.
Die Verflechtungen zur Region Düsseldorf/Niederrhein sind mit 54.252 Personen- fahrten/Tag bzw . einem Anteil von 8 % im Vergleich zu den übrigen kreisfreien Städten des
Verbandsgebietes mit Ausnahme der Stadt Duisburg ebenfalls von Bedeutung.
Abb. 6.15: Stadt Essen: Die regionalen Verflechtungen
Quelle: Infor mationssystem Verkehr R uhrgebiet
164
Gelsenkirchen
Die Stadt Gelsenkirchen ist w erktäglich Quelle bzw . Ziel von 820.492 Personenfahrten.
Von diesen verbleiben 445.868 (54 %) im Stadtgebiet w ährend 374.624 (46 %) über
die Stadtgrenze hinausgehen.
Die stärksten Außenverflechtungen (vgl. Abbildung 6.16) bestehen mit einem Anteil
von 75 % (280.478 Personenfahrten/Tag) zu den direkt angrenzenden Städten sow ie
zu Dortmund und Recklinghausen. Dabei sind die Nachbarstädte Bochum und Essen
für die beruflichen Auspendler von besonderer Bedeutung. Auf regionaler Ebene ist mit
einem Anteil von 52 % eine klar feststellbare Konzentration der Verflechtungen auf die
Städte des mittleren Verbandsgebietes festzustellen (193.350 Personenfahrten/Tag).
Abb. 6.16: Stadt Gelsenkirchen: Die stärksten Außenverflechtungen
Quelle: Infor mationssystem Verkehr R uhrgebiet
Gelsenkirchen hat nur geringe Verflechtungen zum w estlichen Ruhrgebiet und nach
Düsseldorf, dafür jedoch starke Verflechtungen (vgl. Abbildung 6.17) mit dem Teilraum
Kreis Recklinghausen/Bottrop, deren Anteil sich auf 33 % beläuft (124.678 Personenfahrten/ Tag). Insbesondere der Stadtbezirk Buer ist für die benachbarten Kommunen
Marl und Herten von Bedeutung (z. B. Einzelhandel/ Dienstleistungen).
Abb. 6.17: Stadt Gelsenkirchen: Die regionalen Verflechtungen
Quelle: Infor mationssystem Verkehr R uhrgebiet
165
Hagen
Die Stadt Hagen w eist unter den kreisfreien Städten des mittleren Verbandsgebiets mit
weniger als 200.000 Einw ohnern bei insgesamt 582.988 Personenfahrten/Tag (Binnenund Außenverflechtungen Quelle/Ziel Hagen) einen hohen Anteil an Binnenverkehren
auf, der sich auf 59 % (346.028 Personenfahrten/Tag) beläuft. Die regionalen Verflechtungen sind mit 236.960 Personenfahrten/Tag schw ächer ausgeprägt.
Die Außenverflechtungen konzentrieren sich mit einem Anteil von 64 % (150.332 Personfahrten/Werktag) auf das Oberzentrum Dortmund sow ie die benachbarten Kommunen des Mär kischen Kreises und des Ennepe- Ruhr-Kreises (vgl. Abb. 6.18).
Die stärksten Verflechtungen bestehen mit 30.698 Personenfahrten pro Tag zum Oberzentrum Dortmund und mit 22.794 Personenfahrten pro Tag zur Nachbarstadt Iserlohn.
Abb. 6.18: Stadt Hagen: Die stärksten Außenverflechtungen
Quelle: Infor mationssystem Verkehr R uhrgebiet
Auf regionaler Ebene (vgl. Abb. 6.19).sind die Verflechtungen zum Ennepe- Ruhr-Kreis
mit 78.800 Personenfahrten/Tag (33 %) stark ausgeprägt. Doch auch die Verflechtungen zum Märkischen Kreis sind mit 49.192 Personenfahrten/Tag (21 %) für Hagen von
Bedeutung.
Dagegen sind die Verflechtungen zwischen Hagen und den Städten des mittleren Verbandsgebiets im Vergleich zu den übrigen Städten des mittleren Verbandsgebiets insgesamt schw ächer ausgeprägt und belaufen sich auf 45.942 Personenfahrten/Tag
(20 %). Darüber hinaus ist Hagen neben Dortmund die einzige Stadt im mittleren Verbandsgebiet mit starken Verflechtungen zum Teilraum Kreis Unna/Hamm (22.084 Personenfahrten/Tag = 9 %).
166
Abb. 6.19: Stadt Hagen: Die regionalen Verflechtungen
Quelle: Infor mationssystem Verkehr R uhrgebiet
Herne
Das Verkehrsaufkommen der Stadt Herne beläuft sich auf 453.912 Personenfahrten je
Werktag (Quelle/Z iel). Während 218.194 dieser Personenfahrten im Bereich der Stadt
verbleiben Binnenverflechtungen = 48 %), gehen 235.718 über die Stadtgrenzen hinaus (Außenverflechtungen = 52 %).
Die interkommunalen Verflechtungen zu den angrenzenden Nachbarstädten sow ie zu
Essen und Dortmund haben mit 71 % (166.130 Personenfahrten/Tag) den größten
Anteil an den Gesamtverflechtungen (vgl. Abbildung 6.20). Die Nachbarstadt Bochum
ist von herausragender Bedeutung.
Abb. 6.20: Stadt Herne: Die stärksten Außenverflechtungen
Quelle: Infor mationssystem Verkehr R uhrgebiet
Auf regionaler Ebene (vgl. Abbildung 6.21) sind die Verflechtungen zu den Städten des
mittleren Verbandsgebiets mit 141.534 Personenfahrten/Tag (60 %) am stärksten ausgeprägt. Darüber hinaus w eist Herne die drittstärksten Verflechtungen aller kreisfreien
Städte des mittleren Verbandsgebiets zum Teilraum Kreis Recklinghausen/Bottrop
(53.950 Personenfahrten/Tag = 23 %) auf.
167
Abb. 6.21: Stadt Herne: Die regionalen Verflechtungen
Quelle: Infor mationssystem Verkehr R uhrgebiet
Mülheim an der Ruhr
Die Stadt Mülheim an der Ruhr verfügt mit 502.294 Personenfahrten je Werktag über
ein hohes Mobilitätsaufkommen. Während sich der Anteil der Verkehre, die im Binnenbereich von Mülheim an der Ruhr verbleiben, auf 280.012 Personenfahrten/Tag (56 %)
beläuft, summieren sich die regionalen Verflechtungen auf 222.282 Personenfahrten/Tag (44 %).
Im Nahbereich ist eine Konzentration der Verflechtungen auf die benachbarten Städte
Essen, Duisburg und Oberhausen festzustellen, deren Anteil an den regionalen Verflechtungen sich auf 57 % (126.002 Personenfahrten/Tag) beläuft (vgl. Abbildung
6.22).
Abb. 6.22: Stadt Mülheim an der Ruhr: Die stärksten Außenverflechtungen
Quelle: Infor mationssystem Verkehr R uhrgebiet
Insgesamt konzentrieren sich die Verflechtungen der Stadt Mülheim an der Ruhr, w ie
in Abbildung 6.23 dargestellt, mit einem Anteil von 64 % (142.722 Personenfahrten/Tag) auf die Städte des mittleren Verbandsgebietes. Es bestehen jedoch auch relevante Verflechtungen in der Relation Mülheim an der Ruhr 1 Düsseldorf (14.460
168
Personenfahrten/Tag = 7 %) sow ie zw ischen Mülheim an der Ruhr und dem Kreis
Mettmann (9.938 Personenfahrten/Tag = 5 %).
Abb. 6.23: Stadt Mülheim an der Ruhr: Die regionalen Verflechtungen
Quelle: Infor mationssystem Verkehr R uhrgebiet
Die Verflechtungen zu den Teilräumen Kreis Wesel (5 %) und Kreis Recklinghausen/Bottrop (4 %) sind dagegen schw ächer ausgeprägt.
Oberhausen
Das Personenverkehrsaufkommen in Oberhausen beläuft sich an einem Werktag auf
633.216 Personenfahrten, von denen 301.894 innerhalb des Stadtgebietes verbleiben.
Die Stadtgrenzen überschreitende Verflechtungen mit Quelle oder Z iel Oberhausen
belaufen sich auf 331.322 Personenfahrten/Tag. Hervorzuheben ist der im Vergleich zu
den übrigen Städten des mittleren Verbandsgebietes geringe Anteil der Binnenverflechtungen an den Gesamtverflechtungen, der sich auf 48 % beläuft. Andererseits
verfügt Oberhausen über einen hohen Anteil der Außenverflechtungen (52 %).
Von besonderer Bedeutung sind die Außenverflechtungen zu den Nachbarstädten
Duisburg, Essen, Mülheim an der Ruhr, Bottrop und Dinslaken (vgl. Abbildung 6.24).
Ihr Anteil an den regionalen Verflechtungen beläuft sich auf über 50 % (194.616 Personenfahrten/Tag).
Abb.6.24: Stadt Oberhausen: Die stärksten Außenverflechtungen
Quelle: Infor mationssystem Verkehr R uhrgebiet
169
Auf regionaler Ebene sind die Verflechtungen zu den Städten des mittleren Verbandsgebietes mit einem Anteil von 52 % (173.136 Personenfahrten/Tag) am stärksten ausgeprägt (vgl. Abbildung 6.25). Relevante Verflechtungen bestehen jedoch auch zum
Nordraum des Verbandsgebiets. So belaufen sich die Verflechtungen zw is chen Oberhausen und dem Teilraum Kreis Recklinghausen/Bottrop auf 53.460 Personenfahrten/Tag (16 % der Außenverflechtungen) und dem Kreis Wesel auf 40.850 Personenfahrten/Tag (12 % der Außenverflechtungen).
Darüber hinaus bestehen, w enn auch nicht in ähnlich starkem Maße, ausgeprägte Verflechtungsstrukturen zur benachbarten Region Düsseldorf/Niederrhein (23.650 Personenfahrten/Tag = 7 %).
Abb.6.25: Stadt Oberhausen: Die regionalen Verflechtungen
Quelle: Infor mationssystem Verkehr R uhrgebiet
6.4 Die regionalen Verflechtungen des Teilraums Kreis Wesel
Die 13 Städte und Gemeinden im Teilraum Kreis Wesel w eisen sow ohl eine Orientierung zum mittleren Verbandsgebiet als auch zu den Kommunen innerhalb des Teilraums auf (vgl. Abbildung 6.26).
Die regionale Orientierung der 13 Kommunen im Kreis Wesel lässt sich in vier Kategorien einteilen:
1. Inter kommunale Or ientierung innerhalb des Kreises Wesel
2. Regionale Orientierung zum mittleren Verbandsgebiet
3. Inter kommunale Orientierung innerhalb des Kreises Wesel, aber auch regionale
Orientierung zum mittleren Verbandsgebiet.
4. Regionale Orientierung zum Teilraum Kreis Recklinghausen/Bottrop
Zu den Kommunen (Kategorie 1), die sich schw erpunktmäßig interkommunal innerhalb
des Kreisgebietes orientieren, zählen Alpen, Hamminkeln, Hünxe, Kamp-Lintfort,
Rheinberg, Sonsbeck, Voerde (Niederrhein), Wesel und Xanten. Dabei nimmt Wesel
eine Sonderrolle ein, da sich hier regionale Verflechtungen aus den Nachbarkommunen bündeln. Auch Moers ist Konzentrationspunkt regionaler Verflechtungen, insbesondere aus den benachbarten Kommunen.
Die an das mittlere Verbandsgebiet angrenzenden Kommunen Dinslaken und Moers
(Kategorie 2) orientieren sich auf regionaler Ebene klar zum mittleren Verbandsgebiet,
170
während Neukirchen-Vluyn (Kategorie 3) annähernd gleichw ertig zum Kreis Wesel und
zum mittleren Verbandsgebiet orientiert ist.
Einzige Kommune mit starken Verflechtungen zum Teilraum Kreis Recklinghausen/Bottrop (Kategorie 4) ist die Gemeinde Scher mbeck, deren Orientierung zum Vest
historisch gew achsen ist.
Abb. 6.26: Teilraum Kreis Wesel: Die regionalen Verflechtungen
Quelle: Infor mationssystem Verkehr R uhrgebiet
Insgesamt w eist der Teilraum Kreis Wesel eine Or ientierung zum mittleren Verbandsgebiet auf (Anteil an den regionalen Verflechtungen 44 %), w ährend die interkommunalen Verflechtungen innerhalb des Teilraums nur einen Anteil von 26 % aus machen.
Darüber hinaus ist der südlich angrenzende Raum Düsseldorf/ Niederrhein mit einem
Anteil von rund 17 % ebenfalls von regionaler Bedeutung.
6.5 Die regionalen Verflechtungen des Teilraums Kreis Recklinghausen/Bottrop
Die elf Städte im Teilraum Kreis Recklinghausen/Bottrop w eisen sowohl eine Orientierung zum mittleren Verbandsgebiet als auch zu den Kommunen innerhalb des Teilraums auf (vgl. Abbildung 6.27).
Die regionale Orientierung der elf Kommunen im Teilraum Kreis Recklinghausen/ Bottrop lässt sich in drei Kategorien einteilen:
1. Inter kommunale Orientierung innerhalb des Teilraums Kreis Recklinghausen/
Bottrop
2. Regionale Orientierung zum mittleren Verbandsgebiet
3. Sow ohl interkommunale Orientierung innerhalb des Teilraums Kreis Recklinghausen/Bottrop als auch regionale Orientierung zum mittleren Verbandsgebiet.
Zu den vier Kommunen der Kategor ie 1, die sich schw erpunktmäßig interkommunal
innerhalb des Teilraums orientieren, zählen Datteln, Haltern am See, Marl und OerEr kenschw ick. Dabei nimmt Marl als bedeutender Arbeitsplatzstandort eine Sonderrolle
ein, da sich hier regionale Verflechtungen aus den Nachbarkommunen bündeln.
171
Die südlichen Städte im Kreis Recklinghausen ( Castrop-Rauxel, Gladbeck und Herten)
sow ie die Stadt Bottrop sind Bestandteil der Kategorie 2 und orientieren sich klar zum
mittleren Verbandsgebiet.
Dorsten, Recklinghausen und Waltrop (Kategorie 3) sind sow ohl innerhalb des Teilraums als auch zum mittleren Verbandsgebiet hin orientiert. Die Kreisstadt Recklinghausen ist dabei von besonderer Bedeutung, generiert diese doch die höchsten regionalen Verflechtungen innerhalb des Teilraums. Die liegt primär in ihrer Funktion als
bedeutender Verw altungs-, Dienstleistungs-, Arbeitsplatz- und Fachhochschulstandort.
Abb. 6.27: Teilraum Kreis Recklinghausen/Bottrop: Die regionalen Verflechtungen
Quelle: Infor mationssystem Verkehr R uhrgebiet
Insgesamt w eist der Teilraum Kreis Recklinghausen/Bottrop eine deutliche Orientierung zum mittleren Verbandsgebiet auf (Anteil an den regionalen Verflechtungen
57 %), w ährend die interkommunalen Verflechtungen innerhalb des Teilraums nur einen Anteil von 23 % aus machen.
172
Bottrop
Die Stadt Bottrop w eist an einem Werktag 321.038 Personenfahrten auf, von denen
162.088 (Binnenverflechtungen = 50 %) innerhalb des Stadtgebietes verbleiben. Die
regionalen Verflechtungen belaufen sich auf 158.950 Personenfahrten/Tag (Außenverflechtungen = 50 %).
Der Fokus der Außenverflechtungen (vgl. Abbildung 6.28) liegt auf den vier Nachbarstädten Essen, Oberhausen, Gladbeck und Gelsenkirchen. Ihr Anteil an den regionalen
Verflechtungen beläuft sich in der Summe auf 61 %.
Abb. 6.28: Stadt Bottrop: Die stärksten Außenverflechtungen
Quelle: Infor mationssystem Verkehr R uhrgebiet
Insgesamt ist eine klare Konzentration der regionalen Verflechtungen auf das mittlere
Verbandsgebiet (Anteil regional 63 %) sow ie, allerdings schw ächer ausgeprägt, auf die
benachbarten Kommunen des Kreises Recklinghausen (Anteil regional 20 %) feststellbar. Die Verflechtungen mit dem Kreis Wesel sind hingegen nur schw ach ausgeprägt
(vgl. Abbildung 6.29).
Abb. 6.29: Stadt Bottrop: Die regionalen Verflechtungen
Quelle: Infor mationssystem Verkehr R uhrgebiet
173
6.6 Die regionalen Verflechtungen des Teilraums Kreis Unna/Hamm
Die elf Städte und Gemeinden im Teilraum Kreis Unna/Hamm w eisen sow ohl eine Orientierung zum mittleren Verbandsgebiet als auch zu den Kommunen innerhalb des
Teilraums auf (vgl. Abbildung 6.30).
Dabei sind folgende Verflechtungskategorien erkennbar:
1. interkommunale Orientierung innerhalb des Teilraums Kreis Unna/Hamm
2. Orientierung zum mittleren Verbandsgebiet
3. Orientierung innerhalb des Teilraums, zum mittleren Verbandsgebiet und zu
den angrenzenden Kreisen Warendorf, Soest, Coesfeld
Zu den Kommunen der ersten Kategorie, die sich schwerpunktmäßig interkommunal
orientieren, zählen Bergkamen, Bönen, Fröndenberg/Ruhr, Kamen, Selm, Unna und
Werne an der Lippe. Dabei nimmt Unna als Kreisstadt eine Sonderrolle ein, da sich
hier regionale Verflechtungen aus den Nachbarkommunen bündeln.
Holzw ickede, Lünen und Schw erte (Kategorie 2) orientieren sich klar zum mittleren
Verbandsgebiet hin, w ährend Fröndenberg/Ruhr sow ohl innerhalb des Teilraums als
auch zum angrenzenden Südw estfalen hin orientiert ist.
Die Stadt Hamm, als einzige Kommune im Teilraum der Kategorie 3 zuzuordnen, w eist
als östlichste Kommune des Verbandsgebiets sow ohl starke Verflechtungen innerhalb
des Teilraums (zentrale Bedeutung für die östlichen Kommunen des Kreises Unna),
zum mittleren Verbandsgebiet ( insbesondere Dortmund) und den angrenzenden Kreisen Warendorf, Soest, Coesfeld auf (zentrale Bedeutung für die angrenzenden Kommunen).
Abb. 6.30: Teilraum Kreis Unna/Hamm : Die regionalen Verflechtungen
Quelle: Infor mationssystem Verkehr R uhrgebiet
Insgesamt w eist der Teilraum Kreis Unna/Hamm eine Orientierung zum mittleren Verbandsgebiet auf (Anteil an den regionalen Verflechtungen 43 %), während die interkommunalen Verflechtungen innerhalb des Teilraums nur einen Anteil von 27 % ausmachen. Darüber hinaus sind die südöstlich angrenzenden Kreise (SO, HSK, MK) mit
einem Anteil von 11 % ebenfalls von regionaler Bedeutung.
174
Ham m
Die östlichste Stadt des Ruhrgebiets w eist an einem Werktag etw a 465.374 Personenfahrten auf, von denen 308.782 (66 %) innerhalb des Stadtgebietes verbleiben. Der
höchste Anteil von Binnenverflechtungen beruht auf der Struktur des Stadtgebietes und
dessen flächenhafter Ausdehnung, die zu einem verhältnis mäßig hohen Verkehrsaufkommen im motorisierten Verkehr führen.
Die regionalen Verflechtungen belaufen sich auf 156.592 Personenfahrten/Tag (34 %).
Die stärksten regionalen Verflechtungen bestehen mit einem Anteil von 16 % am regionalen Verkehrsaufkommen zw ischen Hamm und dem Oberzentrum Dortmund. Darüber hinaus ist Hamm für die Nachbarstädte Werne an der Lippe, Ahlen, Bergkamen
und Bönen (jew eils 6 %) als Arbeitsplatz-, Ausbildungs- und Dienstleistungsstandort
von Bedeutung. Die Verflechtungen in die benachbarten Kommunen des Kreises Soest
haben einen zehnprozentigen Anteil an den regionalen Verflechtungen (17.500 Personenfahrten/Tag), konzentrieren sich aber primär auf Werl (4.012 Personenfahrten/Tag)
und Welver (4.336 Personenfahrten/Tag). Das Oberzentrum Münster ist mit einem Anteil von 5 % an den regionalen Verflechtungen ebenfalls von Bedeutung.
Abb. 6.31: Stadt Ham m : Die stärksten Außenverflechtungen
Quelle: Infor mationssystem Verkehr R uhrgebiet
Insgesamt verteilen sich die regionalen Verflechtungen nahezu gleichmäß ig auf den
benachbarten Kreis Unna (30 %), das mittlere Verbandsgebiet (23 %) und das angrenzende Münsterland (19 %) sow ie die angrenzenden Kreise der Regionen Ostw estfalen/Südw estfalen (18%), da Hamm aufgrund seiner Lage w ichtige Funktionen für die angrenzenden Teilräume und Regionen aufw eist (vgl. Abbildung 6.32).
175
Abb. 6.32: Stadt Ham m : Die regionalen Verflechtungen
Quelle: Infor mationssystem Verkehr R uhrgebiet
6.7 Die regionalen Verflechtungen des Teilraums Ennepe-Ruhr-Kreis
Der Ennepe-Ruhr-Kreis zeichnet sich durch eine heterogene Struktur der Verflechtungen aus. Zw ar w eis en sow ohl die Kommunen des nördlichen als auch des südlichen
Kreisgebietes relevante interkommunale Verflechtungen auf, doch sind auf regionaler
Ebene die Kreisgrenze überschreitenden Verkehre zu den Oberzentren der benachbarten Ballungsräume von größerer Bedeutung.
Die regionale Orientierung der neun Kommunen im Ennepe- Ruhr-Kreis (vgl. Abbildung
6.33) lässt sich in vier Kategorien einteilen:
1. primär interkommunale Orientierung innerhalb des Ennepe- Ruhr-Kreises
2. primär regionale Orientierung zum mittleren Verbandsgebiet
3. Inter kommunale Orientierung innerhalb des Ennepe-Ruhr-Kreises, aber auch
regionale Orientierung zum mittleren Verbandsgebiet.
4. Inter kommunale Orientierung innerhalb des Ennepe-Ruhr-Kreises, sowie regionale Or ientierung zum Teilraum Kreis Mettmann/Bergisches Städtedreieck
Die Kommunen im südlichen Kreisgebiet, w ie Gevelsberg, Ennepetal, Sprockhövel,
sind der Kategorie 1 zuzuordnen und w eisen sowohl untereinander als auch zur Kreisstadt Schw elm starke Verflechtungen auf. Hierbei nehmen die
» Kreisstadt Schw elm in ihrer Funktion als Verwaltungs- und Dienstleistungsstandort sow ie die
» Stadt Ennepetal als Standort international bedeutsamer, mittelständischer Unternehmen, des Metall verarbeitenden Gew erbes sow ie des Wirtschaftszweiges Automotive und dem damit verbundenen Einpendlerüberschuss eine besondere
Rolle ein.
Die Zuordnung zur Kategorie 2 trifft insbesondere auf die Städte Hattingen, Witten,
Wetter (Ruhr) und Herdecke zu, die eine starke regionale Orientierung zum mittleren
Verbandsgebiet mit Schw erpunkt Bochum, Dortmund, Essen und Hagen aufw eisen,
aber auch im Nachbarortsverkehr miteinander verbunden sind. Eine Sonderrolle innerhalb dieser Kategorie nimmt die Stadt Breckerfeld ein, deren regionale Bezüge sich mit
annähernd 50 % auf die Nachbarstadt Hagen konzentrieren.
176
In der Kategorie 3 w eist die Stadt Wetter (Ruhr) w eist sow ohl eine interkommunale
Orientierung innerhalb des Ennepe- Ruhr-Kreises, aber auch eine regionale Orientierung zum mittleren Verbandsgebiet auf.
Als einzige Stadt in der Kategorie 4 verfügt Schw elm neben relevanten Verflechtungen
zu den benachbarten kreisangehörigen Kommunen innerhalb des Ennepe- RuhrKreises auch über eine starke Orientierung zum Bergischen Städtedreieck und dort
insbesondere zum Oberzentrum Wuppertal.
Auf regionaler Ebene ist eine klare Dominanz der Außenverflechtungen über die Kreisgrenze hinw eg festzustellen, w ährend sich der Anteil der interkommunalen Verkehre
zw is chen den Städten des Ennepe- Ruhr-Kreises auf einen Anteil von ca. 20 % beläuft:
So finden auf interkommunaler Ebene zw ischen den Kommunen des Ennepe- RuhrKreises 101.000 Personenfahrten statt, die sich auf die Relationen Schw elm – Ennepetal, Gevelsberg 1 Ennepetal, Sprockhövel 1 Hattingen, Witten 1 Wetter (Ruhr),
Schw elm 1 Gevelsberg und Witten 1 Hattingen fokussieren (vgl. Abbildung 6.33).
Abb. 6.33: Ennepe-Ruhr-Kreis – Die regionalen Verflechtungen
Quelle: Infor mationssystem Verkehr R uhrgebiet
Insgesamt w eist der Ennepe-Ruhr-Kreis eine deutliche Orientierung zum mittleren Verbandsgebiet auf (Anteil an den regionalen Verflechtungen 55 %), während die interkommunalen Verflechtungen innerhalb des Kreises nur einen Anteil von 20 % ausmachen. Darüber hinaus ist der südw estlich angrenzende Raum Kreis Mettmann/Berg.
Städtedreieck mit einem Anteil von rund 12 % ebenfalls von regionaler Bedeutung.
Die Verflechtungsanalysen der einzelnen kreisangehörigen Städte und Gemeinden befinden sich im Anhang.
177
178
7 Städtesystem
Städte sind sow ohl mit ihrem jew eiligen Umland als auch mit anderen Städten funktional verflochten. Unter dem Begriff des Städtesystems w erden im Folgenden die räumliche Verteilung und Größe der Städte sow ie die Beziehungen und Verflechtungen zwischen den Städten im Verbandsgebiet analysiert. Hierbei w erden sow ohl hierarchische
als auch funktionsräumliche Aspekte betrachtet.
Ziel der Analyse ist es, Eindrücke über normative und funktionale Bedeutungsüberschüsse (Zentralitäten) und deren Ausprägungen zu erlangen. Hierzu erfolgt eine Betrachtung und Differenzierung der Kommunen anhand ausgew ählter ökonomischer
Kriterien. Im Blickpunkt steht die Stadt in ihrer Funktion als Wohn- und Arbeitsort sow ie
ihre Bedeutung für den Einzelhandel. In diese Analyse fließen außerdem Merkmale der
Einkommensstruktur ein. Betrachtet w ird auch die Charakteristik aufgrund der Entw icklung der Städte. Die Ergebnisse w erden mit der Verflechtungsanalyse verknüpft (vgl.
Kapitel 6). Abschließend erfolgt eine zusammenfassende Betrachtung der Indikatoren
zum Städtesystem (7.3.4) sow ie der Raumstrukturtypen (7.4) mit Bezug zu Kap. 1.
Hierbei w erden die Analyseergebnisse der Kapitel 2, 3, 4, 6 und 7 zusammengefasst.
Begriffe
Wenn im Kapitel ‚Städtesystem’ von ‚Ballungskern’, ‚Ballungsrand(zone)’ oder ‚ländlicher Zone’ gesprochen wird, beziehen sich diese Begriffe auf die landesplanerische
Zuordnung, die unter 7.2.2 näher beschrieben w ird. Die Begriffe ‚Großstädte’, ‚Mittelstädte’ und ‚Kleinstädte’ w erden unter 7.2.1 erläutert. Sofern von ‚höher verdichteten
Kommunen’, ‚verdichteten Kommunen’ und ‚geringer verdichteten Kommunen’ gesprochen w ird, sind die im Kapitel 1 definierten Raumstrukturtypen gemeint, die sich auf
den Anteil der Wohn- und Gew erbeflächen im Gemeindegebiet beziehen.
Die räumliche Abgrenzung zu Begriffen wie ‚Hellw egzone’ oder ‚Emscherzone’ ist in
Abbildung 7.01 dargestellt.
Abb. 7.01: Zonale Gliederung des Verbandsgebietes
Quelle: Regionalk unde Ruhrgebiet, in Anlehnung an Buchholz, Hei neberg, Mayr und Sc höller 1971
179
7.1 Historische Siedlungsentwicklung
Bereits die Römer hinterließen im heutigen Verbandsgebiet erste Spuren von Z ivilisation, w ie z.B. in Xanten und Haltern am See. Zw is chen dem 5. und 8. Jahrhundert w ar
die Region Grenzland zw ischen den Franken im Westen und den Sachsen im Osten.
An w ic htigen Straßenkreuzungen w urden karolingische Königshöfe angelegt, die militärische Stützpunkte und Verw altungszentren und die Keimzellen späterer Städte w aren.
Zum Abstecken ihres Territoriums ließen Adlige im Mittelalter zahlreiche Burgen bauen. Bevorzugte Region w aren dabei die Höhen entlang der Ruhr zw is chen Hagen und
Essen. Hier standen sich die Erzbischöfe von Köln, seit 1180 Landesherren in Westfalen, und die Grafen von der Mark gegenüber. 102
Bestimmend für die w eitere Entw icklung des Gebietes w ar die frühmittelalterliche Kolonisation unter den Karolingern. Mit der Besiedelung einher gingen vom 9. bis 13. Jahrhundert umfangreiche Rodungen, die zu einem erheblichen Waldrückgang führten. Mit
zunehmender Bevölkerung ab dem 16. Jahrhundert w urden die Siedlungsgebiete und
die landw irtschaftlichen Flächen aber mals ausgedehnt.
Als erste große Handelsstraße vom Rhein zur Elbe entstand der Hellw eg. An ihm entwickelten sich zahlreiche Städte w ie Duisburg, Essen, Bochum, Dortmund und Unna.
Im Lippetal w urden Wesel, Dorsten, Haltern am See und Lünen gegründet. Zw ischen
Hellw eg und Lippe gab es mit Ausnahme von Recklinghausen und Kamen Jahrhunderte lang kaum nennensw erte Städtegründungen. 103
Im 14. Jahrhundert w urde zum ersten Mal die im Ruhrtal bis an die Erdoberfläche stoßende Kohle abgebaut. Der vor allem südlich der Ruhr betriebene Bergbau gehörte als
nördlicher Ausläufer zum bergisch-märkischen Kleineisengebiet als Hauptkohlenabnehmer. Das Gesamtgebiet w ar vorrangig agrarisch strukturiert. Die Emscherregion
blieb dünn besiedelt und besaß mit Recklinghausen nur eine größere Stadt.
Der Schw erpunkt der gew erblichen Wirtschaft lag noch um 1840 südlich der Ruhr. Von
besonderer Bedeutung w ar die Metallverarbeitung. Hier existierten zw ei Verdichtungszonen: Der Raum an Ennepe, Lenne und Volme und der Bereich um Steele, Hattingen
und Velbert mit an Wasserkraft gebundene Kleineisengew erbe. Die Orte nördlich der
Ruhr w aren Anfang des 19. Jahrhunderts vorwiegend Handw erker- und Agrarstädte,
die sich an den Bedürfnissen der Agrargesellschaft orientierte. Der Bergbau gew ann
jedoch, beschleunigt durch eine immer stärker mechanisierte Abbautechnik und durch
neue Absatzmärkte, zusehends an Bedeutung. So konnte die schnell w achsende Montanindustrie mit ihren Raumansprüchen und ihre Folgew irkungen das heutige Verbandsgebiet maßgeblich gestalten und eine industriell geprägte Kulturlandschaft, ein
Gemenge urbaner, suburbaner und ländlicher Freiräume herausbilden. Sie entstand in
ihren konkreten For men und Strukturen meist ungeplant durch das Wechsel- und Gegenspiel von w irtschaftlichen und kommunalen sow ie übergeordneten staatlichen Interessen. Erst später fand ein geplanter siedlungsstruktureller Wandel statt. So haben
sich verschiedene Muster urbaner und suburbaner Besiedelung ergeben. 104
102
103
104
Vgl. Polenz, H. (2005): Von Grafen; Bischöf en und feigen Morden. Essen. S. 8 f.
Vgl. Prossek, A. u.a. (2010): Atlas der Metropole Ruhr. Köln.
ebenda, Seite 58 f.
180
Während der Jahre von 1870 bis 1873 ‚w anderte’ der Ruhrkohlenbergbau w eiter nach
Norden in die Emscherzone. Die Zechen und Hochöfen bildeten die Kerne für schnell
wachsende Städte w ie Gelsenkirchen, Bottrop und Herne. 105 Mit dem funktionalen Bedeutungszuw achse der Hellw egstädte als industrielle und zunehmend auch als administrative Verw altungszentren sow ie als Standorte des w achsenden Einzelhandels verstärkte sich ab 1890 der systematische Aufbau der Basisinfrastrukturen. Deshalb unterscheiden sich die Emscher- von den Hellw egstädten im strukturellen und funktionalen Aufbau bis heute.
Um die Jahrhundertw ende überschritt der Bergbau die Lippe nach Norden und den
Rhein nach Westen. Die geringere Verdichtung dieses Raumes erklärt sich durch die
Mechanisierung der Großzechen. Städte bzw . neue Stadtteile w urden gebaut, um vor
allem die Beschäftigten der Zechen und der chemischen Industrie aufzunehmen. Während die Städte der Hellw eg- und der Emscherzone durch die dichte Durchmischung
verschiedenartigster Nutzungen geprägt sind, bleibt in den Städten der Lippezone
Raum für landw irtschaftliche Nutzung.
In der Region zw ischen Emscher und Lippe sind auch heute noch einige der Eisen
schaffenden Industrien in Betrieb, da sie den Zechen aufgrund hoher Investitionskosten und der Nähe zu den großen Wasserstraßen nicht w eiter nach Norden gefolgt sind.
Auch die chemische Industrie prägt die Emscherzone. Wo früher die flüchtigen Bestandteile der Kohle verarbeitet w urden, liefert heute Erdöl Ausgangsstoffe für die Produktion: Petrochemie hat die klassische Kohlechemie w eitgehend ersetzt.
Das rasante Wachstum in dieser Zeit führte aber auch zu tief greifenden Problemen.
Die Bevölkerungszahl stieg zw ischen 1850 und 1925 von einer halben auf fast vier
Millionen, so dass das ‚Ruhrgebiet’ ungeordnet anw uchs. U.a. durch den Siedlungsverband Ruhrgebiet (SVR) w urde nachträglich versucht, dieses Wachstum zu ordnen
und zu kontrollieren. 106
Mit Beginn des 2. Weltkrieges w urden die Zechen nicht weiter ausgebaut. Vielmehr
ging es einzig um die Sicherstellung der Kohleförderung. Das Verbandsgebiet w ar aufgrund seiner strategischen Bedeutung als größte und w ichtigste Industrieregion des
deutschen Reiches, w egen seiner Bevölkerungszahl von ca. fünf Millionen Menschen
und w egen seiner geringen Entfernung zu den englischen Flughäfen ein Hauptziel der
alliierten Bombenangriffe. Ziel der Luftangriffe w aren nicht nur die kriegsw ichtigen Industriew erke, sondern ab 1942 auch die dicht besiedelten Wohngebiete. Zuletzt w urden auch Klein- und Mittelstädte und ein Großteil der Zechen im Ruhrgebiet schwer
beschädigt. Neben den Industrieanlagen w aren auch Verkehrswege, Versorgungssysteme und Energieleitungen zerstört.107
Die Kriegszerstörungen gehen nirgends sow eit, dass der Umbau der Städte zw angsläufig ist. Bis 1945 bestehen teilw eise noch die mittelalterlichen Straßenzuschnitte.
Dennoch w ird in den Jahren des Wiederaufbaus aus heutiger Sicht w ertvolle Bausubstanz zerstört und gew achsene Strukturen in den Stadtkernen ‚modernisiert’, da die
105
106
107
Vgl. Günter, R. (1994): Im Tal der Könige. Essen. S. 95ff.
In dieser Zeit entstanden neben dem Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk (1920) u.a. die Emschergenossenschaft (1899/1904) und der Ruhrv erband (1899/1913).
Vgl. Prossek, A. u.a (2010): Atlas der Metropole Ruhr. Köln. Seite 94 f.
181
Kriegszerstörungen die einmalige Gelegenheit w eitgehender baulicher Auflockerung
bot. So entstehen neue Straßennetze und Achsen.108
Daneben musste zw ischen 1950 und 1970 möglichst viel Wohnraum in kurzer Zeit geschaffen w erden. Hierzu entstanden vor allem in den 1960er, 1970er und teilw eise
auch in den 1980er Jahre zahlreiche Großw ohnsiedlungen. Sie entw ickelten sich dort,
wo die einzigen Siedlungs möglichkeiten in dieser Zeit bestanden; in den Randgebieten
der vorhandenen Siedlungskerne. 109
Einige Städte hatten das Problem, ein ausgew ogenes Verhältnis zw is chen Zentralität
und Dezentralisation herzustellen, w eil durch die Eingemeindungen historisch unterschiedliche Gebietskörperschaften zusammengeschlossen w urden. Die Aufgabe aus
polyzentrischen Strukturen einen Mittelpunkt zu schaffen, hat die Städte in den 1960er
Jahren zu radikalen Konzepten des Stadtumbaus bew egt (Castrop-Rauxel, Marl). Für
neue Industriestandorte entstehen ‚Muster-Städte’ w ie die ‚Neue Stadt Wulfen’.
Zu den größten Leistungen der Nachkriegszeit zählt der Aufbau eines Hochschulsystems, das im europäischen Vergleich als Aufbauleistung einzigartig dasteht. In rascher
Folge w urden seit den 60er Jahren in Bochum, Dortmund, Essen, Duisburg und Hagen
Universitäten errichtet.
Nach der Prosperität in den 1960er Jahren entstanden mit den Phasen des massiven
Rückgangs der Montanindustrie neue Herausforderungen für die ökonomische und
strukturelle Entw icklung der Region. So entw ickelte sich mit den damit verbundenen
Folgen eine neue Wirtschaftsstruktur. Ein hoher Technikstandard sorgte für neue Wirtschaftsbranchen w ie Chemie, Autoindustrie, Hochschulw esen, Energieerzeugung,
Umw elttechnologien. Das Verbandsgebiet befindet sich bis heute durch diese enorme
Dynamik im stetigen Wandel. In der Region ist im Zuge des w irtschaftlichen Wandels
eine einzigartige Kultur landschaft entstanden, die den Städten ebenfalls neue Chancen
für ihre Entw icklung bietet.
Seit den 1970er Jahren w erden zunehmend Wohnungen in Einfamilien- oder Reihenhaussiedlungen gebaut. Dieser Wohnungsbau w urde auf Grund preisw erter Baulandangebote oft in den Gemeinden um die Großstädte befriedigt.
7.2 Struktur der Städte und Teilräume
7.2.1 Stadtgrößen nach Einwohnern
Über zw ei Jahrhunderte w ar das heutige Verbandsgebiet durch seine montanindustrielle Entw icklung, die mit der Nordw anderung des Bergbaus verbunden w ar und von einer starken Bevölkerungsdynamik begleitet w urde, geprägt.
Die in dieser Region liegenden Großstädte sow ie auch viele kleinere und mittlere Städte w aren enormen Wachstums- und Schrumpfungsprozessen ausgesetzt.110 Notw endi-
108
109
110
Vgl. Günter, R. (1994): Im Tal der Könige. Essen. Seite 94 ff.
Düwel, J. u. N. Gutschow (2001): Städtebau in Deutschland im 20. Jahrhundert. Wiesbaden.
Durch frühere Gebietsreformen sowie die Kommunalref orm 1975 v eränderten sich mehrfach die
Stadtgrenzen und Zuschnitte der Städtelandschaft. Dies erschwert Zeitreihen zur Bevölkerungsentwicklung der Kommunen. Einen Eindruck zur Dy namik lief ert der Gebietsentwicklungsplan 1966 des
182
ge Anpassungsprozesse im Strukturw andel der Region gingen stets mit veränderten
Einw ohnergrößen der Städte einher. Diese Entw icklungsdynamik setzt sich heute unter
den Rahmenbedingungen des demografischen Wandels fort und stellt die Städte und
Gemeinden erneut vor Herausforderungen (vgl. Kapitel 2).
Im Verbandsgebiet leben heute rund 5,2 Millionen Menschen, davon 3,34 Millionen in
den elf kreisfreien Städten. 1,86 Millionen Menschen – mehr als ein Dr ittel der Bevölkerung – leben in den 42 kreisangehör igen Städten und Gemeinden der vier Kreisgebiete
(vgl. Tab. 7.01 im Anhang).
Abb. 7.02: Städte nach Größenkategorien der Einwohnerzahl 2008
Raumstrukturt yp
Ein wohnerzahl (2008)/
Anzahl an Gesamtbevölkerung in %
Höher verdichtet
3.379.982 ( 65 % )
Verdichtet
1.333.098 ( 26 % )
Geringer verdichtet
490.020
RVR
5.203.100 (100 % )
(9 % )
Siedlungsv erbandes Ruhrkohlenbezirk (SVR). Hier ist „Wachstum der Städte zwischen 1871 und
1964“ beispielhaft für das mittlere Verbandsgebiet dargestellt (GEP 1966, Seite 11).
183
Charakteristisch für die Region ist insbesondere die hohe Zahl an Großstädten:
13 Großstädte ab 100.000 Einw ohner, 33 Mittelstädte 111 und sieben Kleinstädte/Gemeinden bilden das Verbandsgebiet. Für die funktionale Betrachtung w erden hier
die Mittelstädte zw ei Größenklassen zugeordnet: “Kleinere Mittelstädte“ (20.000 bis zu
50.000 Einw ohner) und „größere Mittelstädte“ (50.000 bis 100.000 Einw ohner) (vgl.
Abb. 7.02).
Im Verbandsgebiet sind Essen und Dortmund mit über 500.000 Einw ohnern die größten Großstädte, Duisburg, Bochum und Gelsenkirchen liegen zw ischen 250.000 und
500.000 Einw ohnern. Zu den Großstädten zw ischen 100.000 und 250.000 Einw ohnern
gehören die kreisfreien Städte Oberhausen, Hagen, Hamm, Herne, Mülheim an der
Ruhr und Bottrop sow ie die kreisangehörigen Großstädte Moers und Recklinghausen.
Die insgesamt zw ölf , größeren Mittelstädte’ liegen vor allem im nördlichen Verbandsgebiet. Die größte Gruppe der Mittelstädte stellen jedoch die 21, kleineren Mittelstädte’.
Sie liegen vorw iegend im Westen und Nordosten sow ie im Ennepe- Ruhr-Kreis. Die
sieben Kleinstädte bzw . Gemeinden unter 20.000 Einw ohnern liegen vor allem im Kreis
Wesel und im Südosten des Verbandsgebiets. Die kleinsten Kommunen mit w eniger
als 10.000 Einw ohnern sind die Gemeinde Sonsbeck im w estlichen und die Stadt Breckerfeld im südöstlichen Verbandsgebiet (vgl. Abb. 7.02).
7.2.2 Landesplanerische Einordnung
Nach den allgemeinen Zielen der Raumordnung und Landesplanung 112 soll die angestrebte Entw icklung des Siedlungsraumes die unterschiedliche Art und Dichte der Besiedlung berücksichtigen. Dementsprechend ist Nordrhein-Westfalen in Verdichtungsgebiete sow ie in Gebiete mit überw iegend ländlicher Raumstruktur eingeteilt. 113
Das Landesentw ic klungsprogramm (LEPro) und der Landesentw ic klungsplan (LEP
NRW) beinhalten eine nor mative Ausw eisung von Gebieten mit unterschiedlicher
Raumstruktur und Dichte – Ballungskern, Ballungsrandzone, Ländliche Zone – sow ie
ein hierarchisches System der zentralörtlichen Gliederung des Raumes mit einer Einstufung der Städte und Gemeinden in Ober-, Mittel- und Grundzentren. Diesen Ober-,
Mittel- und Grundzentren sind Versorgungsbereiche mit unterschiedlichen Reichw eiten
und Ausstattungsgraden entsprechend ihrer Definition (Grundbedarf bis gehobener
Bedarf) zugeordnet. Des Weiteren erfolgt im LEP NRW eine mehrstufige Ausweisung
von Entw icklungsachsen (vgl. Abb. 7.03).
Für das Verbandsgebiet besteht nach den Zielen und Vorgaben der Landesplanung im
LEP folgende raumstrukturelle Zuordnung und zentralörtliche Gliederung der Kommunen: 15 der 53 Kommunen gehören zum ‚Ballungskern‘. Mit Ausnahme von Moers und
Hamm gehören alle Großstädte zum Ballungskern, daneben die ‚größeren Mittelstädte’
Gladbeck, Herten, Castrop-Rauxel, Lünen und Witten. 114 Zur ‚Ballungsrandzone‘ gehören 29 der 53 Kommunen, zur ‚Ländlichen Zone‘ zählen neben Breckerfeld im Ennepe-
111
112
113
114
Als Mittelstädte werden Städte v on 20.000 bis 100.000 Einwohnern und als Kleinstädte/Gemeinden
solche unter 20.000 Einwohner definiert.
Sie f inden ihren Niederschlag im Gesetz zur Landesentwicklung und im Landesentwicklungsprogramm (LEPro) NRW v om 5. Okt. 1989 (zuletzt geändert 19.06.2007) im Abschnitt II und III.
§ 21, Abs. 1-3 LEPro
§ 22, Abs. 1-3 LEPro
184
Ruhr-Kreis und Haltern am See im Kreis Recklinghausen sechs Städte und Gemeinden im Kreis Wesel (vgl. Abb. 7.03).
Oberzentren sind Duisburg, Essen, Bochum, Dortmund und Hagen. Ihnen sind landesplanerisch die oberzentralen Funktionen zugeordnet. Mittelzentren sind insgesamt 39
Städte, die mit Ausnahme von Xanten und Hamminkeln im Ballungskern bzw . in der
Ballungsrandzone des Verbandsgebiets liegen (vgl. Abb. 7.03).
Abb. 7.03: Landesplanerische Einordnung
Quellen: LEP NRW 1995, IT.NRW, Kartographie: R egionalverband Ruhr 2011
n Abbildung 7.03 ‚Landesplanerische Zuordnung’ ist in Anlehnung an Abbildung 7.02
zusätzlich die Kategorie Einw ohnerzahl der Städte/Gemeinden aufgenommen w orden,
da die Darstellungselemente Grund-, Mittel- und Oberzentrum die bestehenden Größenunterschiede nicht w iedergeben. So sind z.B. die Großstadt Gelsenkirchen mit
mehr als 250.000 Einw ohnern und die Stadt Xanten mit 21.000 Einw ohnern nach LEP
beide Mittelzentren.
Die ‚Entw icklungsachsen’ stellen für die Landesplanung das Grundgefüge der räumlichen Verflechtungen dar, nach dem sich Art, Leistungsfähigkeit und räumliche Bündelung der Verkehrswege und Versorgungsleitungen richten sollen. Sie zeigen Achsen
für bedarfsgerechte Verbindungen über die Landesgrenzen hinaus auf, um die räumlich-funktionale Arbeitsteilung für den regionalen und überregionalen Leistungsaustausch gew ährleisten zu können. Als Mer kmale für die Mindestausstattung sind Straßen und Schienenw ege zugrunde gelegt.
Die funktionale Bedeutung der Entw icklungsachsen ist durch eine Stufenbildung im
LEP kenntlich gemacht. Die höchste Kategorie „Großräumige Achsen von europäi185
scher Bedeutung“ 115 wurde in Abb. 7.03 aufgenommen; als besonders w ic htige Verkehrsinfrastruktur zeigt sie vorhandene Anbindungen und angestrebte Verknüpfungen
zu überregionalen Zielen auf.116 Die Anordnung der Achsen im Verbandsgebiet mit
einem parallelen Verlauf in Ost-West- und Nord-Süd-Richtung macht gleichzeitig die
Anbindungsqualität vieler Städte und Gemeinden an das deutsche und europäische
Netz deutlich. Die Entw icklungsachsen entsprechen heute w eitgehend den vorhandenen Autobahnen und Schienenw egen (vgl. Abb. 7.06).
7.2.3 Einwohnerdichte und Flächennutzungsintensität
Unter ‚Einw ohnerdichte’ w ird in der Regel die vorhandene Anzahl der Einw ohner innerhalb der Gesamtfläche einer Gebietseinheit verstanden (z.B. Einw ohner pro ha der
Gesamtfläche). Die Einw ohnerdichte des Verbandsgebiets ist mit 12 EW/ha im Vergleich zu anderen Regionen vergleichsw eise hoch (vgl. auch Kapitel 4.2).
Wie in mono strukturierten Verdichtungsräumen (hoch verdichteter Kern und gering
verdichtetes Umland) schw ankt auch im polyzentrisch strukturierten Verbandsgebiet
die Einw ohnerdichte zwischen den Gebietskörperschaften: Sie liegt zw ischen 1 und
32 EW/ha. Für differenzierte Analysen und strukturelle Fragestellungen sind diese
Dichtew erte mit Bezug zur Gesamtfläche nicht geeignet, da die unterschiedlichen Flächennutzungsanteile in den Gebietskörperschaften die Dichtew erte zum Beispiel durch
höhere Freiraum- und Waldanteile einzelner Kommunen mit beeinflussen.
Die ‚Einw ohnerdichte in der Siedlungs- und Verkehrsfläche’ ist demgegenüber ein
Kennw ert, der die Anzahl der Bevölkerung auf die zu definierende Siedlungsfläche
einer Stadt bzw . Gemeinde bezieht und differenziertere Vergleichsmöglichkeiten für
strukturelle Aussagen bietet. Als Siedlungsfläche w ird üblicherw eise die ‚Siedlungsund Verkehrsfläche’ herangezogen, die sich aus der amtlichen Katasterflächenstatistik
ableitet. Diese beinhaltet neben den Flächen für Siedlung und Verkehr auch die Erholungs- und Friedhofsflächen, deren Zuordnung zur Siedlungsfläche zu einer anderen
Interpretation führt.117 Die Berechnung der Einw ohnerdichte in der Siedlungs- und Verkehrsfläche basiert nachfolgend auf der Flächennutzungskartierung ( FNK) des RVR.
Die höchsten Dichtew erte im Verbandsgebiet mit 50 oder mehr Einw ohnern pro ha
Siedlungs- und Verkehrsfläche haben Herne, Essen, Oberhausen und Bochum (vgl.
Tab. 7.01, Anhang). In der Kategor ie 40-50 EW pro ha Siedlungs- und Verkehrsfläche
befinden sich alle w eiteren Kommunen des höher verdichteten Raumstrukturtyps sow ie
Dinslaken, Oer-Erkenschw ick, Schwelm, Hagen, Herdecke und Witten, die zu den verdichteten Kommunen zählen.
Auch die übrigen Städte- und Gemeinden der Ballungsrandzone (gemäß Abb. 7.03)
haben relativ hohe Dichtew erte, die größtenteils im mittleren Bereich von im Schnitt 36
Einw ohner pro ha Siedlungs- und Verkehrsfläche liegen. Dieses gilt sow ohl für die
Kommunen in den Kreisen Recklinghausen und Unna, als auch für die Kommunen im
115
LEP NRW (Teil A)
116
Daneben werden im LEP ‚Großräumige Oberzentren v erbindende Achsen’ und ‚Überregionale Achsen’ benannt (v gl. zeichnerische Darstellung Teil A, LEP NRW).
117
Statistisch wird die „Siedlungs- und Verkehrsfläche“ bei IT.NRW erf asst. In der amtlichen Katasterf lächenstatistik werden zur „Siedlungs- und Verkehrsfläche“ f olgende Flächen gezählt: Gebäude- und
Freif lächen, Betriebsflächen ohne Abbauland, Erholungsf lächen, Verkehrsf lächen und Friedhöfe.
186
Ennepe- Ruhr-Kreis. Der Ennepe- Ruhr-Kreis w eist mit 38 Einw ohnern pro ha Siedlungs- und Verkehrsfläche die höchste Dichte von den vier Kreisen auf (vgl. Abb. 7.04).
In der Kategorie mit den geringsten Dichtew erten der Einw ohnerdichte in der Siedlungs- und Verkehrsfläche, befinden sich vier Kommunen im Kreis Wesel sow ie Haltern
am See im Kreis Recklinghausen. Diese Gemeinden bzw . kleineren Städte am nordbzw . westlichen Rand des Verbandsgebiets zeichnen sich durch einen hohen Anteil an
Freiraum sow ie landw irtschaftlicher Fläche aus (vgl. Abb. 7.04).
Abb. 7.04: Einw ohnerdichte in der Siedlungs- und Verkehrsfläche 2008
Raumstrukturt yp
Ein wohnerdichte
[EW /ha]
Höher verdichtet
22
Ein wohnerdichte in der
Siedlungs- und Verkehrsfläche [EW /ha]
49
Verdichtet
9
36
Geringer verdichtet
3
24
RVR
12
41
187
Ein differenziertes Bild zur Intensität der Flächennutzung zeigt die im Kapitel 4 kleinteilig gerasterte Darstellung der Wohn- und Gew erbeflächenintensität nach FNK. Die gerasterte Darstellung ( Feldgröße 400 ha) löst sich von den administrativen Grenzen. Auf
diese Karte und ihre Aussagen soll im Folgenden Bezug genommen w erden, um die
räumlichen Ausprägungen und Nutzungsintensitäten, die meist mit der Einw ohnerdichte in der Siedlungs- und Verkehrsfläche korrespondieren, für das Städtesystem herauszustellen (vgl. Kap. 4.2.3 und Abb. 4.08 sow ie 4.10).
Die stärksten Flächennutzungsintensitäten beim Wohnen und Gew erbe konzentrieren
sich im hoch verdichteten Ballungskern und nehmen zum südlichen bzw . nördlichen
Ballungsrand hin deutlich ab. Dieses Kern-Rand-Gefälle zeigt sich auch innerhalb der
Stadtgebiete durch unterschiedliche Intensitäten. In den Ballungskernstädten treten
hotspots’ mit besonders hoher Nutzungsintensität hervor und deuten die Zentrenstruktur der Städte – Stadtmitten bzw . Siedlungsschw erpunkte – an (vgl. Kap. 4).
7.2.4 Siedlungsstruktur
Die Städtelandschaft zeigt auch aufgrund der Topografie und der siedlungsstrukturellen Entw icklung unterschiedliche Siedlungs muster.
Abb. 7.05: Siedlungsstruktur nach Flächennutzungskartierung
Quelle: Fläch ennutzungskartierung (FNK), Kartographie: Regionalverband Ruhr 2010
Besonders im Ennepe- Ruhr-Kreis und in Hagen prägt das Relief mit Tälern und Höhenrücken die Besiedlung und die Struktur der Städte. Es entstanden im Gegensatz zu
einer eher flächenhaften Siedlungsstruktur der Ballungskernstädte markante Siedlungskorridore. Auffällig ist das durchgängige, von Ost nach West verlaufende Siedlungsband entlang der B 7 von Wuppertal über Schw elm, Gevelsberg bis nach Hagen.
188
Der Ballungskern liegt überw iegend in der stark überformten Hellw eg- und Emscherzone. Diese bildet sich mit einem nahezu flächendeckenden, auch gew erblich durchzogenen Siedlungsgefüge ab, w elches sich im Zuge der Entw icklung der Montanindustrie
sow ie des Strukturw andels herausgebildet hat. Deutlich treten die großen Industrieund Gew erbeflächenareale (dunkelgrau) entlang der Erschließungsachsen und Wasserstraßen hervor (vgl. Abb. 7.05).
Regional betrachtet erzeugen die Siedlungsstrukturen unterschiedliche Raumqualitäten. Hoch verdichtete urbane Räume stehen im Gegensatz zu ländlich geprägten
Strukturen. In den Übergangsbereichen finden sich vielfach zwischenstädtische Strukturen. Im Ballungskern konzentrieren sich die gew erblichen Nutzungen insbesondere
an den Verkehrsachsen A40 und A43 sow ie in Duisburg entlang des Rheins. In den
Übergangsbereichen zu den landschaftlich reizvollen Lagen z.B. entlang der Ruhr befinden sich größtenteils hochwertige Wohnlagen; sie grenzen unmittelbar an die regional bedeutsamen Erholungsbereiche des nördlichen und südlichen Verbandsgebietes
an (vgl. Kapitel 4 und Kapitel 5).
Der Norden des Verbandsgebietes w ird von regional bedeutsamen Er holungsbereichen insbesondere im Raum Haltern am See, Scher mbeck und Hünxe geprägt. Die
Siedlungsbereiche der Städte und Gemeinden sind hier z.T. von Wäldern, Seen und
Flüssen umgeben und gehen zum Süden hin in den höher verdichteten, gew erblich
durchsetzten Siedlungsraum an Lippe und Emscher über. Beidseits des Rheins und
der Lippe befinden sich ebenfalls geringer besiedelte Teilräume. Hier befinden sich
teilw eise kompakte Klein- und Mittelstädte mit großen Freiraumanteilen.
7.2.5 Polyzentrisches Gefüge
Das Verbandsgebiet ist ein Verdichtungsraum mit stark polyzentrischem Gefüge.
Polyzentrische Räume bestehen aus mindestens zw ei Kernstädten, die aneinandergrenzen bzw. räumlich sehr dicht beieinander liegen. In Bezug auf ihre Wertigkeit können diese Kernstädte qualitativ und funktional gleichw ertig oder unterschiedlich sein.
Im Verbandsgebiet bilden die fünf Oberzentren Duisburg, Essen, Bochum, Dortmund
und Hagen das Rückgrat des Städtesystems. Weitere benachbarte Großstädte mit
mittelzentraler Funktion ergänzen dieses System. Insgesamt zählt das Verbandsgebiet
mit 13 Städten über 100.000 Einw ohner mehr Großstädte als andere Metropolregionen
in Deutschland. Neben der Anzahl der Zentren gehören die suburbanen und zw ischenstädtischen Räume zu einer polyzentrischen Metropolregion, so dass die Stadtlandschaft durch sehr unterschiedliche Dichtew erte gekennzeichnet ist und ein Nebeneinander von urbanen, suburbanen und ländlichen Gebieten den Gesamtraum ausmacht. 118
Trotz der relativ hohen Einw ohnerdichte (vgl. Kap. 7.2.3: 12 EW/ha), die z.B. der monozentrischen Metropolenregion Hamburg ähnlich ist (vgl. Tab. 4.01 in Kap. 4), unterscheidet sich das Verbandsgebiet im Siedlungsgefüge w esentlich von den monostrukturierten Verdichtungsräumen, denn selbst im höher verdichteten Raum w eist
das Verbandsgebiet keinen dichten Siedlungskern, sondern ein Nebeneinander von
urbanen und w eniger verdichteten Siedlungsstrukturen auf. Eine urban geprägte Mitte
wie in Berlin, Hamburg oder München existiert nicht. Stattdessen w ird die Region durch
118
Blotev ogel, H.-H. (2005), Metropolenregionen. In: ARL (Hrsg.): Handwörterbuch der Raumordnung.
S. 652 sowie Herrschel/Newman (2003): Die Governance europäischer Stadtregionen. In: Inf ormationen zur Raumentwicklung, H. 8/9. S. 544.
189
eine Vielzahl von Zentren geprägt; sie fußen auf unabhängig voneinander gew achsenen Städten bzw . Stadtmitten.
Auch innerhalb der Kommunen ergeben sich z.T. ausgeprägte polyzentrische Strukturen, die z.T. historisch gew achsen sind, Ergebnis der Verw altungsstrukturreformen der
1970er Jahre oder aber durch städtebaulich Leitprojekte entstanden sind.
Neben der siedlungsstrukturellen Betrachtung w erden in den w is senschaftlichen Diskursen über mono- und polyzentrische Regionen die regionale Zusammenarbeit und
Fragen von regional governance thematisiert. Ein Mer kmal der polyzentrischen Struktur im Verbandsgebiet ist eine hohe Kooperations- und Kommunikationsdichte (vgl.
Kap.8).
7.2.6 Verkehrsinfrastruktur
Ein w ichtiges Merkmal des Verbandsgebiets ist sein dichtes Verkehrsnetz. Sow ohl das
Netz des motorisierten Verkehrs, als auch das Schienennetz und die Kanal- und Hafeninfrastruktur sind sehr engmaschig.
Straßenverkehr
Das Verbandsgebiet verfügt über ein in dieser Größe einzigartiges Netz an Bundesautobahnen. Fast 13 Prozent des überörtlichen Netzes der insgesamt ca. 4.700 km Bundesfern-, Landes- und Kreisstraßen im Verbandsgebiet sind Bundesautobahnen. Die
Hauptachsen des motor isierten Verkehrs bilden die A 2, A 42 und A 40 in Ost-WestRichtung und die A 1, A 45, A 43, A 59 und A 3 in Nord-Süd-Richtung. Die Polyzentralität des Raumes ermöglicht hierbei vergleichsw eise kurze Wege. Die w ichtigste Achse
in Ost-West-Richtung ist die A 40. Hier überlagern sich in besonderem Maße die
Stadt-, Regional- und Fernverkehre.
Schieneninfrastruktur
Das Ruhrgebiet w urde, wie kein anderer Ballungsraum in Europa, durch ein
engmaschiges Netz von Eisenbahnstrecken geprägt. Die Bedeutung der Eisenbahn als
Leitsektor für die industrielle Entw ic klung gilt auch heute noch in besonderer Weise. Mit
einem Streckennetz von über 2.200 km, von denen etw a 1.600 km zum Netz der
Deutschen Bahn AG ( DB AG) gehören, w eist das Ruhrgebiet eine hohe Netzdichte auf.
Dieses Netz bietet ein hervorragendes Potenzial für eine umw eltverträglichere
Verkehrsabw ic klung im dicht besiedelten Ballungsraum Ruhr. Das Ruhrgebiet ist
Knoten bedeutender nationaler und internationaler Bahnachsen, z denen u. a. die
Relationen Niederlande – Rhein-Ruhr - Rhein- Main – Schw eiz, Hamburg – Rhein-Ruhr
- Rhein- Main – Süddeutschland sow ie die Ost-West-Achse Rhein- Ruhr – Berlin /
Sachsen zählen.
Wichtiges Rückgrat für überregionale Verkehre ist das vertaktete Fernverkehrsangebot
der DB AG. 13 Fernverkehrslinien bieten von elf ICE/IC-Systemhalten schnelle und
attraktive Direktverbindungen in die übrigen Metropolregion Deutschlands und die
Niederlande. Ein dichtes Netz des schnellen Regionalverkehrs mit über 70 Stationen
sorgt für die Erschließung der Metropolregion und die Anbindung an benachbarte
Ballungsräume sow ie das Umland.
Im Bereich des schienengebundenen Güterverkehrs gibt es fünf größere
Zugbildungsbahnhöfe. Zusätzlich stehen sechs Containerterminals für den
kombinierten Ladungsverkehr zur Verfügung.
190
Wasserstraßen
Kein anderer Verkehrsträger transportiert mit so w enig Energie so viele Güter w ie die
Binnenschifffahrt. Das Verbandsgebiet hat eines der dichtesten Kanal- und Hafensysteme Europas. Bedeutende Häfen und Schnittstellen für die Binnenschifffahrt in der
Region sind der größte Binnenhafen Europas in Duisburg und der Dortmunder Hafen,
Deutschlands größter Kanalhafen. Darüber hinaus verfügt die Region über w eitere
leistungsfähige Häfen, die den Zugang zu vier Schifffahrtskanälen mit einer direkten
Verbindung zur Nordsee er möglichen: Der Wesel-Datteln-Kanal, der Datteln- HammKanal, der Rhein- Herne-Kanal und der Dortmund- Ems-Kanal. Zudem sind auch Teile
der Ruhr sow ie der Rhein schiffbar.
Flugverkehr
Der internationale Flugverkehr w ird hauptsächlich von den Flughäfen Düsseldorf International und Dortmund Airport abgew ickelt. Der Düsseldorfer Flughafen spielt dabei für
die Erreichbarkeit der Region aufgrund seiner Größe und guten Erreichbarkeit per
Bahn und Pkw eine entscheidende Rolle.
Im Bereich Touristik ist daneben der Dortmund Airport von Bedeutung. Zubringerfunktion außerhalb des Verbandsgebietes haben die Flughäfen Münster/Osnabrück, Paderborn und der Airport Weeze.
Der Flughafen Essen/Mülheim w ickelt im Rahmen der Allgemeinen Luftfahrt Bedarfsluftverkehr ab und dient vor allem dem Geschäftsreiseverkehr. Privatflugverkehr findet
außerdem auf dem Marler Verkehrslandeplatz Loemühle statt. Darüber hinaus existieren im Verbandsgebiet Flugplätze für Segel- und Motorflugbetrieb (Verkehrslandeplatz
Schw arze Heide in Hünxe, Sonder landeplatz Hamm- Lippew iesen).
Abb. 7.06: Verkehrsinfrastruktur
Quelle: Flächennutz ungskartierung (FNK) und Stadtplanwerk, Stand 2010, Kartographie: Regionalverband Ruhr 2011
191
Die planerische Sicherung von vorhandener Verkehrsinfrastruktur und Korridore für
zukünftige Verkehrsinfrastruktur im Verbandsgebiet gehörte früher zu den Aufgaben
des Siedlungsverbandes Ruhrkohlenbezirk. Derzeit stellt die Landesverkehrplanung
mit dem Integrierten Gesamtverkehrsplan (IGVP) 119 und der ihm zugrunde liegenden
Analyse zu allen Mobilitätsarten im Land NRW auch für das Verbandsgebiet die Planungsgrundlage dar.
Eine aktuelle Analyse zur Verkehrsinfrastruktur im Verbandsgebiet mit Fragen zur Erschließungsqualität seiner Städte, Gemeinden und Kreise durch verschiedene Verkehrsträger (u.a. Öffentlicher Personenverkehr) sow ie zum Freizeit- und Gew erbeverkehr 120 w urde im Rahmen dieser Raumanalyse daher nicht neu erstellt.
7.3 Funktionen im Städtesystem
Die Funktionen der Städte und Gemeinden w erden anhand verschiedener Merkmale
dargestellt. Der Fokus w ird dabei auf die Zusammenhänge und Wechselw irkungen von
gesellschaftlichen und ökonomischen Aspekten gelegt. Betrachtet w erden:
» Einzelhandel, Kaufkraft und Einkommen
» Arbeitsplatzzentralität und Arbeitsplatzdichte
» Verflechtungen
Anschließend erfolgt eine zusammenfassende Darstellung der Funktionen und Zentralitäten der Städte und die Analyse der Raumstrukturtypen.
7.3.1 Einzelhandel, Kaufkraft und Einkommen
Zur Charakter isierung der Bedeutung des Einzelhandels in den Städten des Verbandsgebietes w ird der Einzelhandelsumsatz betrachtet. Im Anschluss daran werden die
Einzelhandelszentralität und die Kaufkraft definiert und vergleichend dargestellt; sie
steht im Verhältnis zur jew eils vorhandenen Kaufkraft der Stadtbevölkerung und differiert in den Teilräumen. Parallelen zur unterschiedlichen Kaufkraft in den Teilräumen
zeigen sich auch in der Ausprägung der Einkommensstruktur.
Einzelhandelsumsatz
Der regionale Einzelhandelsumsatz gibt den Anteil des Umsatzes im Einzelhandel bezogen auf das Verbandsgebiet w ider. Mit den höchsten Einzelhandelsumsätzen treten
Essen und Dortmund hervor (vgl. Abb. 7.07). Ferner haben, neben Duisburg und Bochum mit hohen Einzelhandelsumsätzen, auch Oberhausen, Gelsenkirchen und Hagen
relativ hohe Umsätze. Insgesamt entfällt auf den Raumstrukturtyp ‚höher verdichteter
Raum’ und seine Großstädte der höchste Einzelhandelsumsatz mit 18,8 Mrd. €, das
sind 68 % des regionalen Umsatzes im Verbandsgebiet bzw . 20% des Einzelhandelsumsatzes in NRW (vgl. Tab. 7.02 im Anhang). Damit liegt dieser Anteil w eit über den
regionalen Umsatzanteilen der Raumstrukturtypen ‚verdichtete Kommunen’ mit 25 %
(insgesamt 6,8 Mrd. € Einzelhandelsumsatz) und ‚geringer verdichtete Kommunen’ mit
7 % (2,1 Mrd. €) im Verbandsgebiet.
119
120
Ministerium für Bauen und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen [jetzt: MWEBWV NRW)] (2005):
Integrierte Gesamtverkehrsplanung NRW. Szenarienbericht. Stand 2005. Düsseldorf.
Bezüge sind: die „Landesinitiative Logistik“; der Initiativkreis Ruhr: Strategiepapier 2007.
192
Abb. 7.07 Regionaler Einzelhandelsumsatz 2009
Raumstrukturt yp
Einzelhand elsum satz in
1.000 Euro
Höher verdichtet
18.805.063
Anteil am r egionalen
Einzelhand elsum satz in
%
67,9
Verdichtet
6.829.883
24,6
Geringer verdichtet
2.076.420
7,5
RVR
27.711.367
100
Verkaufsfläche121
Grundsätzlich besteht eine deutliche Abstufung bei der Verkaufsflächenkonzentration
vom Kern zu den Verbandsgebietsrändern. Die Angebotsschw erpunkte konzentrieren
sich deutlich im Kernraum. Die größte Verkaufsfläche verzeichnet Dortmund mit
655.000 m² in Einzelhandelsbetrieben mit mehr als 650 m² Verkaufsfläche. Es folgen
121
Dargestellt werden Verkaufsflächen in Betrieben mit mehr als 650 m² Verkaufsfläche. Vgl.
Industrie- und Handelskammern im Ruhrgebiet (2010) [Hrsg.]: Handelsreport Ruhr 2010.
Duisburg.
193
Essen (596.000 m²), Duisburg (471.000 m²), Bochum (462.000 m²) und Oberhausen
(321.000 m²) (vgl. Abb. 7.08).
Bei den Verkaufsflächen mit Bezug zur Bevölkerungszahl besteht ein eher umgekehrtes Verhältnis zw is chen Kernraum und dem Umland. In den dünner besiedelten Räumen, hier insbesondere im Kreis Wesel, ist eine höhere Verkauffläche pro Einw ohner
vorhanden. Insgesamt schw ankt die Verkaufsfläche je Einw ohner im regionalen Vergleich zw ischen 0,25 m² in Breckerfeld und 2,41 m² in Xanten. Neben Xanten w eisen
die Städte Dorsten, Sonsbeck, Witten, Wesel und Unna erhebliche Konzentrationen an
Verkaufsflächen pro Einw ohner auf. Bei der Interpretation ist zu beachten, dass sich
vor allem in kleineren Kommunen die Realisierung flächenintensiver Betriebsformen,
wie Baumärkte, Gartencenter und Möbel-/Einrichtungshäuser, aber auch die Versorgung mit „Vollsortimentern“ stark positiv auf die Verkaufsfläche pro Einw ohner ausw irkt
(vgl. Abb. 7.08).
Abb. 7.08 Verkaufsfläche je Einw ohner 2009
Einzelhandelszentralität und Kaufkraft
Nachfolgend w ird als zentrenrelevanter Indikator die Einzelhandelszentralität der Städte und Gemeinden dargestellt; sie beinhaltet die jew eilige Kaufkraft der Kommune und
den - bereits dargestellten - Einzelhandelsumsatz.
194
Die Einzelhandelszentralität 122 ist ein Indikator für die Kaufkraftbindung einer Stadt. Der
Zentralitätsindex misst das Verhältnis von Einzelhandelsumsatz und lokaler Kaufkraft:
Werte über 100 stehen für Kaufkraftbindung und zeigen, dass in einer Stadt mehr Umsatz erfolgt als an lokaler Kaufkraft zur Verfügung steht. Werte unter 100 verdeutlichen,
dass die vorhandene Kaufkraft abfließt. Die dargestellten Kategorien zur einzelhandelsrelevanten Kaufkraft drücken das Verhältnis zur Kaufkraft im Bundesdurchschnitt
(= 100 %) aus.
Abb. 7.09: Einzelhandelszentralität und Kaufkraft 2009
Quelle: IT.NRW; Kartographie: Regi onalverband R uhr 2011
122
Raumstrukturt yp
Einzelhand elsz entralität
Kaufkraft
Höher verdichtet
111,26
97,26
Verdichtet
101,04
98,91
Geringer verdichtet
84,08
101,92
RVR
106,08
98,12
Bei diesen Werten ist zu berücksichtigen, dass bereits ein großes Möbelhaus in einer Kleinstadt eine
hohe Zentralität auslösen kann. Derartige Effekte sind bei der Interpretation zu beachten.
195
In der Gruppe der höher verdichteten Kommunen liegt die geringste Kaufkraft im Vergleich der drei Raumstrukturtypen vor, und zw ar verbunden mit der überw iegend höchsten Einzelhandelszentralität. In den verdichteten Kommunen liegen beide Durchschnittswerte um 100, was für ein ausgeglichenes Verhältnis der lokalen Kaufkraft und
Einzelhandelsstruktur spricht. In den geringer verdichteten Kommunen liegt die höchste Kaufkraft vor, während die Einzelhandelszentralität der kleineren Städte und Gemeinden die geringste Ist.
Deutlich w ird, dass insbesondere in einigen Kommunen im nordw estlichen und südlichen Verbandsgebiet eine relativ hohe Kaufkraft vorhanden ist, während in den meisten höher verdichteten Städten sow ie in den Kreisen Recklinghausen und Unna sow ie
der Stadt Hamm tendenziell eine unterdurchschnittliche Kaufkraft vorherrscht. Ausnahmen sind Essen und Mülheim an der Ruhr (vgl. Abb. 7.09).
Bei der ‚Einzelhandelszentralität’ hatten im Jahr 2009 neben den drei Großstädten
Oberhausen, Essen und Hagen die Mittelstädte Kamen und Schw erte die höchsten
Zentralitätsw erte. Daneben zeichnen sich folgende Ergebnisse ab:
» Im Kreis Wesel haben die Kreisstadt Wesel, Voerde ( Niederrhein) und Moers überdurchschnittliche Einzelhandelszentralitäten.
» Im Kreis Recklinghausen haben die Kreisstadt Recklinghausen, Datteln, CastropRauxel und Oer- Erkenschw ic k jew eils überdurchschnittliche Zentralitätsw erte bei
unterdurchschnittlicher Kaufkraft, Dorsten einen überdurchschnittlichen Zentralitätsw ert bei hoher Kaufkraft.
» Im Kreis Unna w eisen die Kreisstadt Unna, Lünen und Kamen, überdurchschnittliche Einzelhandelszentralitäten bei niedriger Kaufkraft auf und auch Holzw ickede
und Schw erte treten bei durchschnittlicher Kaufkraft hervor (Abb. 7.09 und Tab.
7.03 im Anhang).
» Fast alle Mittelstädte des Ennepe- Ruhr-Kreises haben eine hohe Kaufkraft. Witten
und die Kreisstadt Schw elm erreichen daneben auch hohe Einzelhandelszentralitäten. Im Gegensatz dazu erzielt Hattingen als zw eitgrößte Stadt im Kreis nur einen
unterdurchschnittlichen Zentralitätsw ert.
Es gibt also eine Reihe von kleineren Städten, in denen eine hohe Zentralität auftritt,
die mit einer niedr igen bis durchschnittlichen Kaufkraft zusammen fällt. Das ist dann
der Fall, w enn ortsspezif ische Angebote dazu führen, dass neben der eigenen Kaufkraft auch die Kaufkraft aus dem Umland bzw . den Nachbarkommunen gebunden w ird.
Dies ist in den kleineren Städten im w eniger verdichteten Raum häufig dort der Fall, w o
sich flächenintensive Betriebsformen angesiedelt haben, w ie in Schw erte, Holzw ickede
und Kamen (vgl. auch Abb. 7.08 oben). So kann die hohe Zentralität der Stadt Kamen
beispielsw eise auf die überdurchschnittlich hohe Kaufkraftbindung eines Möbelhauses
zurückgeführt werden.
Verfügbares Einkommen
Die Höhe des Einkommens in den Kommunen kann über das „verfügbare Einkommen
pro Einw ohner“ abgebildet w erden. Das ist der Betrag, der den privaten Haushalten für
Konsum, Wohnen und Sparzw ecke nach Abzug aller anderen Ausgaben verbleibt (vgl.
Abb. 7.10).123
123
Das Verfügbare Einkommen berücksichtigt über die einzelhandelsrelevante Kaufkraft hinaus noch weitere Aspekte der Lebenshaltung und stellt somit einen erweiterten Indikator
für die sozio-ökonomische Betrachtung dar.
196
Mit 18.220 € liegen die Einkommen im Verbandsgebiet deutlich unterhalb des
NRW- Durchschnitteinkommens mit 19.840 €/Einw ohner124. Es gibt bei den Einkommensniveaus der Städte große Unterschiede zw ischen den höher verdichteten Städten
mit einem Durchschnittseinkommen von 17.687 € und den Kommunen der Gruppe der
verdichteten und geringer verdichteten Kommunen, die beide oberhalb von 19.000 €
liegen.
Abb. 7.10 Verfügbares Einkommen je Einwohner 2008
Quelle: IT.NRW, Kartographie: Regi onalverband R uhr 2010
Raumstrukturt yp
Verfügbares Ein kommen je Ein wohner in €
Höher verdichtet
17.687 €
Verdichtet
19.066 €
Geringer verdichtet
19.592 €
RVR
18.220 €
Über die höchsten Einkommen im Verbandsgebiet verfügen die Einw ohner in Hünxe,
Ennepetal, Schw elm, Sprockhövel, Herdecke sow ie Wetter (Ruhr) (vgl. Tab. 7.03 im
Anhang).
124
nach IT.NRW
197
Insgesamt zeigen gerade die sozioökonomischen Indikatoren ein Rand-Kern-Gefälle
im Verbandsgebiet auf. Viele Städte der Emscherzone w eisen Pro-Kopf-Einkommen
unterhalb des RVR-Schnitts auf. Auffallend ist die Ballung von Kommunen mit hohen
Pro-Kopf-Einkommen im Ennepe-Ruhr-Kreis.
7.3.2 Arbeitsplatzzentralität und Arbeitplatzdichte
Nachfolgend w erden die Städte/Gemeinden in ihrer Bedeutung als Arbeitsorte betrachtet. Dafür w erden die Indikatoren Arbeitsplatzzentralität und Arbeitsplatzdichte herangezogen, die sich auf die von der Bundesagentur für Arbeit ermittelten Zahlen der Sozialversicherungspflichtig Beschäftigten (SVB) beziehen; die Anzahl der SVB betrifft im
Verbandsgebiet immerhin rund 75-80 % aller Erw erbstätigen am Arbeits markt.
Der Indikator ‚Arbeitsplatzzentralität’ misst die Bedeutung einer Stadt als Arbeitsort.
Nach der Definition setzt der Wert die Anzahl der in einer Stadt arbeitenden Beschäftigten SVB ins Verhältnis zu den dort w ohnenden sozialversicherungspflichtig Beschäftigten:
» Ist der Wert über 1, so arbeiten mehr SVB in der Stadt als dort w ohnen. Die Stadt
hat als Arbeitsort einen Bedeutungsüberschuss und ein positives Pendlersaldo.
» Ein Wert unter 1 zeigt, dass die Zahl der SVB am Arbeitsort der Stadt niedriger als
die Anzahl der sozialversicherungspflichtigen Bew ohner der Stadt ist. Die Stadt besitzt dann als Arbeitsort eine geringe Anziehungskraft und hat einen negativen
Pendlersaldo.
Die Arbeitsplatzdichte setzt die Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten
am Arbeitsort ins Verhältnis zu den Einw ohnerzahlen (SVB pro 1.000 EW).
In Abbildung 7.11 sind sow ohl die Arbeitsplatzzentralität und die Arbeitsplatzdichte in
einer Grafik dargestellt. Die Großstädte entlang der Hellw egzone, von Duisburg über
Dortmund und Hagen, treten sehr deutlich mit ihrer zentralen Bedeutung als Arbeitsorte bei gleichzeitig hohen Arbeitsplatzdichten von über 300 hervor (vgl. Tab. 7.04 im
Anhang).
Die Großstädte der Emscherzone und Hamm haben eine Arbeitsplatzzentralität, die
unter 1,00 liegt, sow ie eine mittlere Arbeitsplatzdichte. Während die Zentralitätsziffern
in Hamm und Gelsenkirchen nur leicht unter 1,00 liegen und es damit ein annähernd
ausgeglichenes Verhältnis der Beschäftigten am Arbeitsort zu denen am Wohnort gibt,
liegen sie in Oberhausen und Bottrop nur bei 0,86 (vgl. Tab. 7.04 im Anhang). Hier gibt
es entsprechend mehr Arbeitsauspendler als Einpendler.
Die Mittelstädte Wesel, Kamp-Lintfort, Marl und Unna sind Arbeitsorte mit hoher Zentralität und Arbeitsplatzdichte. Auch Ennepetal und Wetter (Ruhr) im südlichen Verbandsgebiet haben hohe Zentralitätsw erte; Recklinghausen, Witten und Schw elm w eisen Werte knapp unter 1,00 auf (vgl. Abb. 7.11).
In allen w eiteren Städten und Gemeinden erreicht die Arbeitsplatzzentralität einen geringeren Wert. Diese Kommunen besitzen neben ihrer Funktion als Arbeitsort eine hohe Bedeutung als Wohnstandorte. Bei der Beschäftigungsentw ic klung gab es insbesondere im Kreis Wesel in den letzten zehn Jahren eine positive Dynamik (vgl. Kapitel 3).
Bezogen auf die drei Raumstrukturtypen geht eine abnehmende Arbeitsplatzzentralität
und Arbeitsplatzdichte mit abnehmender Siedlungsflächendichte einher. Die höchsten
198
Werte liegen in den höher verdichteten Kommunen vor. Von diesem generellen Muster
weichen einige Kommunen, z.B. Mar l und Wesel deutlich ab (vgl. Abb. 7.11).
Abb. 7.11 Arbeitsplatzzentralität und -dichte 2008
Quellen: Ei gene Berec hnung nac h Bundes agentur für Ar beit und IT.NRW, Kartographi e: Regionalverband Ruhr 2011
Raumstrukturt yp
Arbeit splatzzentralität
Arbeit splatzdichte
Höher verdichtet
1,04
306
Verdichtet
0,92
285
Geringer verdichtet
0,66
207
RVR
0,97
292
7.3.3 Verflechtungen
In der Betrachtung der Wechselbeziehungen der Städte untereinander und ihrer daraus resultierenden Funktion für die Region w ird das Städtesystem des Verbandsgebietes im Folgenden dargestellt. Dabei liefert die Verflechtungsanalyse für das Städtesystem w ic htige Ergebnisse zur räumlich-funktionalen Arbeitsteilung in der Region sow ie
ihrer jew eiligen Verflechtungsbeziehung und Konzentration im Raum (vgl. Kap. 6).
199
Diese Verflechtungsanalyse betrachtet alle Fahrten im Individualverkehr und öffentlichen Verkehr eines durchschnittlichen Werktages in beide Richtungen. Die Ausw ertung der Verkehrsfahrten ermöglicht dabei quantitative Aussagen zu den Verkehrsbeziehungen der Städte und verdeutlicht die jew eilige Binnen- und Außenverflechtungen
bzw . die Verflechtungen untereinander. Für das Verbandsgebiet haben sich charakteristische Verflechtungsmuster herausgebildet, die in den Abbildungen zu den Städten
und Teilräumen im Kapitel 6 dargestellt sind.
Zu den Großstädten ver mittelt die Verflechtungsanalyse folgende Zusammenhänge:
Die stärksten regionalen Verflechtungen bestehen in den Kernstädten der Hellw egzone
und konzentrieren sich auf Duisburg, Essen, Bochum und Dortmund. Diese Großstädte
weisen das höchste regionale Verkehrsaufkommen auf und sind untereinander stark
verflochten. Hier bestehen die engsten funktionalen Beziehungen. Bei den regionalen
Verflechtungen nehmen die Städte Duisburg und Dortmund eine Sonderrolle ein, indem sich ihre regionalen Verflechtungen gleichmäßig sow ohl auf die Ballungskernzone
als auch auf den benachbarten Kreis Wesel und die Region Düsseldorf/Niederrhein im
Falle von Duisburg bzw . auf den Teilraum und Kreis Unna/Hamm und den Raum südöstlich von Dortmund r ichten. Die Städte Mülheim an der Ruhr, Oberhausen, Gelsenkirchen und Herne haben schw erpunktmäß ig eine Orientierung zum Ballungskern. In
geringem Umfang bestehen Verflechtungen zu den benachbarten Städten der angrenzenden Kreise.
Die w eiteren Groß- und Mittelstädte der Kernzone w ie Bottrop, Gladbeck, Herten,
Recklinghausen, Castrop-Rauxel und Lünen haben starke Verkehrsbeziehungen mit
den anderen Ballungskernstädten, aber auch nennensw erte Verflechtungen mit den
Kommunen der angrenzenden Kreisgebiete. Aufgrund ihrer Lage ist insbesondere die
Stadt Hagen vielfältig verflochten: Die Verflechtungen mit der Kernzone sind hier
schwächer ausgeprägt und orientieren sich auf den Ennepe-Ruhr-Kreis und den Märkischen Kreis. Vielfältige Verflechtungsbeziehungen hat auch Hamm, insbesondere mit
einer starken Orientierung zur Kernstadt Dortmund.
Alles in allem machen die Außenverflechtungen der Ballungskernstädte etw as mehr als
ein Drittel der gesamten Personenfahrten/Werktag aus; zwei Drittel der Fahrten sind
Binnenverflechtungen, d.h. Fahrten in und zw ischen den Ballungskernstädten. Ferner
ist der eigene Anteil der Binnenverflechtungen in den Kernstädten (vgl.
Kapitel 6) ein Indikator für die vielfältigen Funktionen, die in den Großstädten erfüllt
werden.
Sieht man von den Hauptor ientierungen zum Ballungskern ab, konzentrieren sich in
den vier Kreisgebieten die Verflechtungsbeziehungen auf solche Mittelstädte, die sich
bereits als starke Arbeits- oder Einzelhandelsorte mit Zentralität herausgehoben haben. Aufgrund ihrer vielfältigen Funktionen gehören auch jew eils die Kreisstädte dazu.
Verflechtungskonzentrationen in diesem Sinne bestehen für die Städte Wesel, KampLintfort, Moers, für Recklinghausen und Marl sow ie für Unna und Hamm; Im EnnepeRuhr-Kreis bestehen sie für Witten und in der Talachse (B 7) mit Ennepetal und
Schw elm. Die Städte des südlichen Ennepe-Ruhr-Kreises sind stärker auf Hagen und
Wuppertal orientiert.
Alle, auch die kleineren Städte und Gemeinden der Ballungsrandzone des Verbandsgebietes, haben hauptsächlich Verflechtungsbeziehungen zum Ballungskern und abgeschwächter zum Raum außerhalb des Verbandsgebietes.
200
7.3.4 Zusammenfassung
Die Analyse des Städtesystems hatte zum Ziel, neben der Betrachtung strukturellen
Merkmalen zur Charakterisierung der Städtelandschaft, auch Aussagen zur funktionalen Bedeutung der Städte als Arbeits- und Einzelhandelsstandorte zu machen. Die
räumlich-funktionalen Zusammenhänge zw ischen den einzelnen Städten des Verbandsgebietes w urden in der Verflechtungsanalyse aufgezeigt.
Die industrielle Entw icklung hat die Strukturen der Städte und das Städtesystem
m aßgeblich geprägt
Den Kern der Region bildet die stark überformte Hellw eg- und Emscherzone. Er stellt
ein nahezu flächendeckendes, von großen Gew erbearealen durchzogenes Siedlungsgefüge dar, w elches sich im Zuge der Entw icklung der Montanindustrie ausgebildet
hat. Vor allem die Siedlungsstrukturen des südlichen Verbandsgebietes w erden maßgeblich durch die bew egte Topographie beeinflusst. Nach Norden, Westen und Osten
werden die Siedlungsmuster zunehmend disperser.
In keiner anderen Planungsregion Deutschlands gibt es mehr Großstädte als im
Verbandsgebiet
Das Verbandsgebiet ist w ie keine andere Region durch ihr dichtes Nebeneinander von
Großstädten geprägt. Die hierdurch ausgebildete polyzentrische Struktur prägt die Region: Sie führt zu einer starken funktionalen Verflechtung und räumlichen Arbeitsteilung
aber auch - im verdichteten Raum - zur Überlappung von Einzugsbereichen (z.B. im
Einzelhandel) und vielfältigen räumlichen Konkurrenzen. Sie hat zu vielfältigen Kooperations- und Kommunikationsformen beigetragen.
Das Verbandsgebiet verfügt über ein überaus dichtes Netz an Verkehrsinfrastruktur
Die innere und äußere Erschließung des Verbandsgebietes w ird über zahlreiche Bundesautobahnen, ein dichtes Schienennetz im Personen- und im Güterverkehr sow ie die
Nähe zu internationalen Flughäfen sichergestellt. Mit den Duisburger Häfen stellt Duisburg darüber hinaus den größten Binnenhafen Europas und übernimmt damit w ichtige
Funktionen im europäischen Güterverkehr. Diese Funktion w ird durch ein dichtes Netz
an Bundesw asserstraßen unterstützt.
Im Ballungskern werden die höchsten Einzelhandelsumsätze erzielt
Mit den höchsten regionalen Einzelhandelsumsätzen und höchsten Zahlen ihrer Verkaufflächen haben allen voran Essen und Dortmund Gew icht. Insgesamt entfallen auf
den höher verdichteten Raum 68 % des regionalen Umsatzes. Mehr als 18,8 Mrd. €
Umsatz w erden hier jährlich erzielt. Insgesamt w erden im Verbandsgebiet mit
27,7 Mrd. € nahezu 30 % des nordrhein-westfälischen Gesamtumsatzes im Einzelhandel erw irtschaftet.
Die meisten Verkaufsflächen finden sich in den Dortmund, Essen, Duisburg und
Bochum . Die meisten Verkaufsflächen pro Einw ohner weisen Xanten und
Dorsten auf
Die Ballungskernzone w eist die meisten Verkaufsflächen auf. Insgesamt stehen in
Dortmund, Essen, Duisburg und Bochum jew eils mehr als 450.000 m² Verkaufsfläche
zur Verfügung. Bezogen auf die Einw ohnerzahl findet sich die höchste Verkaufsfläche
pro Einw ohner mit mehr als 1,5 m² in Xanten, Dorsten, Sonsbeck, Witten, Wesel und
Unna.
201
Die Verteilung der Kaufkraft und der Einkommen im Verbandsgebiet zeigt sich
sehr differenziert
Während die Kaufkraft mit Ausnahme w eniger Städte – Mülheim an der Ruhr und Essen – im Ballungskern, im nördlichen Verbandsgebiet sow ie in den meisten Städten
des Kreises Unna eher gering ist, nimmt sie in den kleineren Städten und Gemeinden
im w eniger verdichteten Raum zu. Die höchste Kaufkraft besteht in Kommunen des
Ennepe- Ruhr-Kreises. Die Verteilung der Einkommen zeigt ein ähnliches, aber noch
differenzierteres Bild.
Insgesamt weist das Verbandsgebiet eine überdurchschnittliche Einzelhandelszentralität auf, w obei die größte regionale Ausstrahlung als Einzelhandels- und
Arbeitsstandorte die großen Städte der Hellwegzone sowie Hagen haben.
Hier heben sich die Städte Essen, Mülheim an der Ruhr, Dortmund, Bochum und die
Stadt Hagen mit Einzelhandels- und sogleich Arbeitsplatzzentralitäten hervor. Dieser
Bedeutungsüberschuss deckt sich mit der zentralörtlichen Bedeutung dieser Städte.
Hohe Einzelhandelszentralitäten sind nicht auf den Ballungskern beschränkt
Oberhausen hat die höchste Einzelhandelszentralität im Verbandsgebiet. Ferner treten
neben Gelsenkirchen, Recklinghausen und Castrop Rauxel auch außerhalb der Ballungskernzone die Städte Wesel, Voerde (Niederrhein) und Moers mit Einzelhandelszentralitäten hervor. Im Norden und Osten besitzen Dorsten, Datteln und OerEr kenschw ick sow ie Lünen, Unna, Kamen und Schw erte eine überdurchschnittlich hohe Einzelhandelszentralität und im Süden sind dies Witten und Schw elm.
Viele Städte weisen eine hohe Arbeitsplatzzentralität auf
Zahlreiche Städte sind bedeutende Arbeitplatzstandorte. Hierzu gehören die Städte
Duisburg bis Unna mit Bönen und Holzw ickede. Im südlichen Verbandsgebiet haben
neben Hagen, die Städte Ennepetal und Wetter an der Ruhr überdurchschnittliche Arbeitsplatzzentralitäten. Diese Funktionen übernehmen im Norden Marl sow ie im Westen Kamp-Lintfort und Wesel.
Die Verflechtungen konzentrieren sich auf der zentralen Achse Duisburg bis
Dortm und
Die Verflechtungsanalyse bildet dieses Städteband quasi als funktionale „ Mitte“ mit
engem Funktionsaustausch ab. Alle genannten Städte haben eine hohe Binnenverflechtung von über 60% der Personenfahrten und sind darüber hinaus eng miteinander
verflochten. Auch die regionalen Verkehrsanteile (Außenverflechtung) der umliegenden
Groß-, Mittel- und Kleinstädte orientieren sich hauptsächlich auf diesen bandartigen
Verflechtungsraum mit seinen vielfältigen, über das Arbeiten und Versorgen hinausgehenden Funktionen. Aber auch im w eniger verdichteten Raum heben sich Städte mit
Zentralitäten heraus und zeigen dies in ihren Verkehrsbeziehungen.
7.4 Analyse der Raumstrukturtypen
Im Folgenden w erden die Analyseergebnisse der Kapitel 2, 3, 4 sow ie 7 und 8 in Hinblick auf die Raumstrukturtypen (vgl. Kap. 1.3.3) zusammengefasst. Im Ergebnis verhalten sich die meisten untersuchten Indikatoren in den drei Raumstrukturtypen signifikant anders. Im Regelfall ist ein Gefälle von höher zu gering verdichtet oder umgekehrt
gegeben. Lediglich bei den w irtschaftlichen Indikatoren ist der Maximal- bzw . Minimalwert häufig bei der Gruppe der verdichteten Kommunen vorhanden, w as für eine besondere Bedeutung dieses Raumes in w irtschaftlicher Hinsicht spricht.
202
Darüber hinaus ist die Einteilung der Raumstrukturtypen vorrangig unter siedlungsstrukturellen Kriter ien erfolgt. Bei den sozi-ökonomischen Kriterien bilden die Raumtypen – insbesondere beim Typ ‚höher verdichteter Raum’ die Durchschnittsw erte ab, die
dann in sich bzw. für einzelne Teilräume (innerhalb des Raumtyps) eine hohe Varianz
aufweisen können. 125
Höher verdichtete Komm unen
Die Gruppe der höher verdichteten Kommunen zeichnet sich neben einem bezogen auf das gesamte Verbandsgebiet überdurchschnittlich hohen Anteil an Siedlungsfläche und einem unterdurchschnittlich geringem Anteil an Freiraumnutzungen durch
mittlere bis hohe Einw ohnerzahlen aus (im Schnitt 235.000 Einwohner, in der Varianz 64.000 bis 590.000 Einw ohner). 65 % der Bevölkerung lebt hier.
Es liegen kompakte Siedlungskörper sow ie eine funktionale innere Differenzierung vor;
Wohn- und Gew erbegebiete sind eher voneinander getrennt als vermischt.
Der Anteil der Ein- und Zw eif amilienhäuser ist mit 59 % am geringsten. Die Einw ohnerzahl ist, bezogen auf das Verbandsgebiet, zwischen 1975 und 2008 überdurchschnittlich um rund 11 % gesunken. Der Ausländeranteil liegt mit 13 % über dem RVRDurchschnitt von 12 %. Laut Pr ognose w ird die Bevölkerung bis 2030 um 6,7 % abnehmen, w as unterhalb des RVR-Durchschnitts von - 7,7 % liegt. Auch w ir d der Anteil
der > 65-Jährigen in der Gruppe der höher verdichteten Kommunen mit + 16 % nur
unterdurchschnittlich (Schnitt 22 %) ansteigen. Die Alterungsdynamik ist also im Vergleich der drei Raumkategorien eher gering.
In der Gruppe der höher verdichteten Kommunen liegen 68 % aller sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze. Der Rückgang der Arbeitsplätze zwischen 1995 und
2008 von 6,9 % fällt leicht überdurchschnittlich aus (Schnitt - 6,6 %). Der Anteil des
produzierenden Gew erbes an allen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen ist
hier am geringsten, dagegen haben die ‚Qualifizierten Dienstleistungen’ mit über 50 %
eine hohe Bedeutung. Die Arbeitsplatzdichte sow ie die Arbeitsplatzzentralität sind hier
am höchsten. Es gibt mehr Arbeitsplätze als sozialversicherungspflichtig Beschäftigte
die hier w ohnen. Der Umsatz im Einzelhandel liegt deutlich über dem der anderen beiden Raumtypen. Das verfügbare Einkommen liegt hier mit durchschnittlich 17.687 €
pro Einw ohner klar unterhalb des RVR-Schnitts von 18.220 €. Mit 9 % Gew erbe- und
Industrieflächen an der Gesamtgebietsfläche nehmen gew erbliche Nutzungen insgesamt einen gew ichtigen Anteil ein. Dieses zeigt sich auch im Neubau zw ischen 1996
und 2006. Es w urde mehr Fläche für Gewerbliche Nutzungen als für Wohnungsbau in
Anspruch genommen.
Dennoch fand hier absolut auch der meiste Wohnungsbau statt. Auf 1.340 ha Fläche
entstanden hier trotz des Bevölkerungsrückgangs rund 112.000 neue Wohnungen.
Gleichzeitig ist der Anteil der Neugebäudesubstanz (gebaut seit 1996) mit 5 % von
allen Wohnbauflächen am geringsten. Die Grundstückspreise für Wohnen und Gew erbe sind in den höher verdichteten Kommunen am höchsten, liegen aber dennoch deutlich unter den Spitzenw erten in Nordrhein-Westfalen. 72 % der neu bebauten Gew erbeflächen w aren Recyclingflächen. Der Anteil ist damit mehr als doppelt so hoch w ie in
125
Solche sozio-ökonomischen Unterschiede herrschen zwischen dem Emscherraum und den
Kommunen des Ennepe-Ruhr-Kreises, die beide dem ‚höher verdichteten Raumtyp’ zugeordnet sind.
203
der Gruppe der verdichteten Kommunen. Entsprechend steht dazu auch der umfangreiche Abriss gewerblicher Flächen von annähernd 1.600 ha von 1996 bis 2006.
Verdichtete Komm unen
Die Gruppe der verdichteten Kommunen zeichnet sich neben einem durchschnittlichen Anteil an Siedlungsfläche und einem
durchschnittlichen Anteil an Freiraumnutzungen durch mittlere bis
hohe Einw ohnerzahlen (im Schnitt 61.000 Einw ohner, in der Varianz 17.000 bis 196.000 Einw ohner) aus. 26 % der Bevölkerung
lebt hier. Der Anteil der Ein- und Zw eif amilienw ohnhäuser ist mit 73 % deutlich größer
als in der Gruppe der höher verdichteten Kommunen. Von 1975 bis 2008 veränderte
sich die Einw ohnerzahl kaum. Der Ausländeranteil liegt mit 10 % unter dem Durchschnitt von 12 %. Laut Prognose w ird die Bevölkerung bis 2030 um 9,6 % abnehmen,
was oberhalb des Durchschnittes von - 7,7 % liegt und den höchsten Wert der drei
Raumkategorien darstellt. Der Anteil der > 65-Jährigen w ird bis 2030 mit + 27 % leicht
überdurchschnittlich (Schnitt 22 %) ansteigen.
In der Gruppe der verdichteten Kommunen liegen 25 % aller sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze. Der Rückgang der Arbeitsplätze zw is chen 1995 und 2008 von
5,4 % fällt unterdurchschnittlich aus (Schnitt - 6,6 %). Das produzierende Gew erbe hat
hier den höchsten Anteil, was sich auch in der Höhe der Industriedichte von 75,6
(RVR-Schnitt 59,5) niederschlägt. Dennoch liegt die Industriedichte damit unterhalb
des Landesdurchschnitts von 78,8. Bei den Qualifizierten Dienstleitungen gibt es in der
Gruppe der verdichteten Kommunen den geringsten Wert der drei Raumstrukturtypen.
Die Arbeitsplatzdichte und Arbeitsplatzzentralität liegt hier in Höhe des RVR-Schnitts.
Die Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten die hier w ohnen und die hier
arbeiten halten sich in etw a die Waage. Das verfügbare Einkommen ist mit durchschnittlich 19.066 € pro Einw ohner gegenüber dem RVR-Schnitt von 18.220 € deutlich
höher. Mit 5 % Gew erbe- und Industrieflächen an der Gesamtgebietsfläche liegen die
gew erblichen Nutzungen im RVR- Durchschnitt.
Im Neubau zw ischen 1996 und 2006 halten sich die Inanspruchnahme für Wohnungsbau und Gew erbeneubau in etw a die Waage. Seit 1995 entstanden rund 65.000 neue
Wohnungen. Der Anteil der Neugebäudesubstanz (gebaut seit 1996) liegt mit 7 % von
allen Wohnbauflächen etw as über dem RVR-Schnitt von 6 %. Im gew erblichen Neubau
erkennt man an dem Neubauflächenanteil die bereits beschriebene Bedeutung der
Wirtschaft für diesen Raumstrukturtyp: Mit 14 % Neubauanteil an allen Gew erbeflächen gab es hier die größte gewerbliche Wachstumsdynamik. 35 % der neu bebauten
Gew erbeflächen waren Recyclingflächen. Während im Gegensatz zum flächendeckend
abnehmenden Wohnungsneubau gew erblicher Neubau im Verbandsgebiet seit 1996
weitgehend konstant stattfand, ist die Gruppe der verdichteten Kommunen die einzige,
in der die Inanspruchnahme von Flächen für gew erblichen Neubau bis 2009 kontinuierlich gestiegen ist.
Geringer verdichtete Komm unen
Die Gruppe der geringer verdichteten Kommunen zeichnet sich
neben einem unterdurchschnittlichen Anteil an Siedlungsfläche
und einem überdurchschnittlichem Anteil an Freiraumnutzungen
durch geringe bis mittlere Einw ohnerzahlen aus (im Schnitt
29.000 Einw ohner, in der Varianz 9.000 bis 80.000 Einw ohner).
9 % der Bevölkerung leben hier. Die einzelnen Siedlungen sind im Verhältnis zu den
höher verdichteten Kommunen eher klein, die funktionale innere Differenzierung ist
vielfach geringer ausgeprägt; Wohn- und Gew erbebereiche sind häufig eng verzahnt.
204
Der Anteil der Ein- und Zw eifamilienw ohnhäuser ist mit 74 % nur unw esentlich höher
als in der Gruppe der verdichteten Kommunen. Die Einw ohnerzahl ist zw ischen 1975
und 2008 um rund 18 % gestiegen, obw ohl es im Schnitt des Verbandsgebiets einen
Verlust von etw a 6 % gab. Der Ausländeranteil liegt mit 6 % w eit unter dem Durchschnitt von 12 %. Laut Prognose w ird die Bevölkerung bis 2030 um 9,2 % abnehmen,
was oberhalb des Durchschnittes von - 7,7 % liegt. Der Anteil der > 65-Jährigen w ird
bis 2030 mit + 45 % insbesondere im Vergleich mit den beiden anderen Raumkategorien (Schnitt 22 %) stark ansteigen, die Alterungsdynamik ist in diesen Städten und
Gemeinden besonders hoch.
In der Gruppe der verdichteten Kommunen liegen 7 % aller sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze. Der Rückgang der Arbeitsplätze zw ischen 1995 und 2008 von 8,6 %
war hier am stärksten (Schnitt - 6,6 %), zugleich ist die Zahl der geringfügig Beschäftigten jedoch am stärksten gestiegen. Mit einem Anteil von 33,2 % hat das produzierende
Gew erbe zwar eine höhere Bedeutung als in den höher verdichteten Kommunen, der
Wert liegt jedoch nahe dem der verdichteten Kommunen. Die Arbeitsplatzdichte und
Arbeitsplatzzentralität liegt hier unterhalb des RVR-Schnitts. Die Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten die hier w ohnen ist w esentlich höher als die die hier
arbeiten. Das verfügbare Einkommen ist mit durchschnittlich 19.592 € pro Einw ohner
am höchsten. Mit nur 2 % Gew erbe- und Industrieflächen an der Gesamtgebietsfläche
liegen die gew erblichen Nutzungen deutlich unterhalb des RVR- Durchschnitts. Dies
zeigt sich auch im Neubau zw ischen 1996 und 2006. Es w urde w esentlich mehr Fläche
für Wohnungsbau in Anspruch genommen als für gewerblichen Neubau.
Seit 1995 entstanden rund 33.000 neue Wohnungen. Der Anteil der Neugebäudesubstanz (gebaut seit 1996) liegt mit 10 % von allen Wohnbauflächen deutlich über dem
RVR-Schnitt von 6 %, die Wachstumsdynamik ist hier am größten. Die Grundstückspreise für Wohnen und Gew erbe sind in den geringer verdichteten Kommunen am
niedrigsten, im Vergleich mit den niedrigsten Preisen in Nordrhein-Westfalen aber immer noch relativ hoch. Im gew erblichen Neubau gab es mit 13 % Neubauanteil an allen
Gew erbeflächen eine hohe gew erbliche Wachstumsdynamik. 27 % der neu bebauten
Gew erbeflächen waren Recyclingflächen.
205
Tab. 7.07 Ausgewählte Indikatoren nach Raumstrukturtypen
Raumstrukturt yp
Höher
verdichtet
Bevölkerungsent wicklung und -vorausberechnung
Ein wohner 2008
3.379.982
Anteil an Gesamtbevölkerung (%)
(65)
Veränd erung 1975 – 2008 (%)
- 11,0
Veränd erung 1995 – 2008 (in %)
- 4,4
Durchschnittlich es Saldo 2004 – 2008
- 3,9
(in ‰)
Durchschnittlich es W anderungssaldo
- 0,4
2004 – 2008 (in ‰)
Überschuss der Zu- bzw. Fortgezogenen
- 5.230
2008
Überschuss der Gebor enen bz w. Ge- 14.398
storbenen 2008
Altenquotient 2008 (in % )
34,6
Entwicklung d er Alter sgruppe über 65
+ 14,3
Jahre 1995-2008 (% )
Wohnfläche je Ein wohner (m2)
+ 38,3
Entwicklung d er W ohnfläche je Ein woh+ 4,5
ner 1995 bis 2008 (m2)
Anteil d er Ausländer an der Gesamtbe13,3
völkerung (% )
Entwicklung d es Ausländer anteils
+ 0,1
1995 – 2008 (in % )
Entwicklung 2008 - 2030 (n)
- 254.912
Entwicklung 2008 - 2030 (% )
- 7,5
Entwicklung d er Alter sgruppen
2008 - 2030 ( % )
< 18
- 16,0
Verdichtet
Geringer
verdichtet
Regionalverband
Ruhr
1.333.098
(26)
+ 0,3
- 5,5
490.020
(9)
+ 18,2
- 3,6
5.203.100
(100)
- 6,1
- 4,4
- 3,4
- 2,7
- 3,6
- 1,8
+ 0,4
- 0,7
- 3.910
- 225
- 9.365
- 5.196
- 1.560
- 21.154
34,4
32,5
34,4
+ 25,5
+ 42,9
+ 19,1
+ 39,1
+ 40,8
+ 38,8
+ 5,2
+ 5,4
+ 4,8
10,0
+ 5,5
+ 11,7
- 1,5
- 1,5
- 0,5
- 142.052
- 10,6
- 49.410
- 10,0
- 446.374
- 8,5
- 26,4
- 31,0
- 20,3
18 - 25
- 25,5
- 32,6
- 33,4
- 28,0
25 - 30
- 12,8
- 19,4
- 19,5
- 14,9
30 - 50
- 16,9
- 25,4
- 31,8
- 20,5
50 - 65
- 3,4
- 3,3
- 1,3
- 3,2
+ 16,4
+ 27,1
+ 44,7
+ 21,6
> 65
Altenquotient 2030 (% )
46,4 %
53,3 %
58,9 %
49,2 %
Veränd erung des Altenquotienten z wi+11,9 %
+ 19,3 %
+ 26,9 %
+ 15,1 %
schen 2008 und 2030 (% )
W irtschaftliche Ent wicklung
Industriedichte* 2007
55,0
75,6
47,6
59,5
Anteil SvB: Produzierendes Gewerbe [% ]
25,6
36,1
33,2
28,7
Anteil SvB: H andel, Gastgewerbe, Verkehr
23,4
24,0
25,0
23,7
[%]
Anteil SvB: Qual. Dienstleistungen [% ]
50,9
39,7
40,4
47,4
Entwicklung d er SvB 1995 bis 2008 [%]
- 6,9
- 5,4
- 8,6
- 6,6
Entwicklung d er ger ingfügig Besch äftig+ 21,3
+ 20,7
+ 25,5
+ 22,0
ten 2000 bis 2008 [% ]
Gründungen, Zuz üge und Ü bernahmen von
Gewerbebetrieben je 1.000 Einw ohner i m
15,1
13,6
14,4
14,7
erwerbsfähigen Alter
Durchschnittliche Beschäftigtenzahl pro
145
135
91
135
Betrieb [n]
* Industriedichte = Rel ation der in der Indus trie sozialv ersicherungspflichtig Beschäfti gten zu 1.000 Einw ohnern.
Die sozialversicher ungs pflichti g Beschäftigten werden am Arbeits ort gezählt.
206
Raumstrukturt yp
Höher
verdichtet
Flächennutzung und Fläch en wand el
Anteil F läch e an RVR [ha]
Anteil F läch e an RVR [%]
Anteil W aldfläch e [ha]
Anteil W aldfläch en [%]
Anteil Ackerfläch en, W iesen & W eiden
[ha]
Anteil Ackerfläch en, W iesen & W eiden
[%]
Anteil W asserflächen [ha]
Anteil W asserflächen [% ]
Wohnbauflächen [ha]
Anteil W ohnbauflächen [% ]
Ein wohner 2006 in 1.000
Wohnbauflächen [ha] (Verhältnis) [%]
Gewerb eflächen [ha]
(Verhältnis) [%]
Anteil Gewerbeflächen [%]
Gewerb eflächen [ha]
Beschäftigte 2006 in 1.000
Neubau W ohnbauflächen in ha
(Verhältnis) [% ]
Neubau Gewerbeflächen in ha
(Verhältnis) [% ]
Neubau W ohnbauflächen in ha
Neubau [ha pro 1.000 EW]
Neubauflächen anteil an allen W ohngebieten [%]
Mittlerer Pr eis ‚Baureife Grundstücke’
Ein-/Zweifam ilien wohnh äuser pro m2
1996 [€]
Mittlerer Pr eis ‚Baureife Grundstücke’
Ein-/Zweifam ilien wohnh äuser pro m2
1996 [€]
Bestandsflächenanteil am W ohnungsneubau [%]
Abriss W ohnbauflächen [ha]
Anteil am Bestand 1996 [%]
Neubau Gewerbeflächen [ha]
Neubau in ha pro 1.000 Beschäftigte**
Neubauflächen anteil an allen
Gewerb lich en Flächen in [%]
Mittlerer Pr eis ‚Baureife Grundstücke’
Klassisch es Gewerbe pro m2 1996 [€]
Mittlerer Pr eis ‚Baureife Grundstücke’
Klassisch es Gewerbe pro m2 2009 [€]
Bestandsflächenanteil am Gewerb eneubau in [% ]
Abriss Gewerbeflächen [ha]
Anteil am Bestand 1996 [% ]
Neubau Handel [ha]
Anteil an allen g ewerblich en Ent wicklungen [%]
Neubau Ver arbeitendes Gewerbe [ha]
Anteil an allen g ewerblich en Ent wicklungen [%]
Neubau Ver kehr und Nachrichtenübermittlung [ha]
Regionalverband
Ruhr
Geringer
verdichtet
Verdichtet
151.297
34
15.718
10
142.013
32
28.964
20
150.658
34
30.670
20
443.367
100
75.352
17
54.429
69.346
90.074
213.850
36
49
60
48
4.102
3
25.839
17
3.414
25.839 (66)
2.477
2
13.225
9
1.349
12.225 (67)
5.679
4
6.193
4
493
6.193 (17)
12.259
3
45.256
10
5.257
45.256 (67)
13.226 (34)
6.550 (33)
2.540 (29)
22.316 (33)
9
13.226
1.017
5
6.550
370
2
2.540
101
5
22.316
1.488
1.342 (48)
869 (54)
604 (65)
2.816 (53)
1.457 (52)
746 (46)
326 (35)
2.529 (47)
1.342
0,4
869
0,6
604
1,2
2.816
0,5
5
7
10
6
195
142* /143
130* /142
171* /176
227
171
168
202
39
28
25
32
163
0,6
1.457
1,4
44
0,3
746
2,0
18
0,3
326
3,2
225
0,5
2.529
1,7
10
14
13
11
61
33**/36
26**/37
47**/53
61
42
34
53
72
35
27
55
1.565
12,8
515
384
7,9
245
91
5,1
103
2.040
9,6
863
35
33
32
34
290
194
79
563
20
26
24
22
274
137
48
458
207
Anteil an allen g ewerblich en Ent wicklungen [%]
Neue Vegetationsflächen [ha]
Neue Oberfläch engewässer [ha]
19
18
15
18
296
59
162
107
104
455
562
620
1,1
1,6
3,0
1,5
Relation Freiraumin anspruchnahm e und
30-ha-Ziel
*
Einschließlich Ersc hließungsbeitrags pflichtige
Er mittlung der Durchsc hnittsw erte mit Gewichtung nach Wohnbauflächen der Kommune auf Wohnbauflächen der Gebiets einheit
** Einschließlich Ersc hließungsbeitrags pflichtige
Er mittlung der Durchsc hnittsw erte mit Gewichtung nach Gewerbefläc hen der Kommune auf Gewerbeflächen der Gebiets einheit
Städtesystem
Raumstrukturt yp
Höher
verdichtet
Ein wohner 2008
Anteil an Gesamtbevölkerung [% ]
Ein wohnerdichte [EW/ha]
Ein wohnerdichte in der Siedlungs- und
Verkehrsfläche [EW/ha]
Einzelhand elsz entralität
Kaufkraft
Verfügbares Ein kommen je Ein wohner
[€]
Arbeit splatzzentralität
Arbeit splatzdichte
Regionalverband
Ruhr
Geringer
verdichtet
Verdichtet
3.379.982
(65)
22
1.333.098
(26)
9
490.020
(9)
3
5.203.100
(100)
12
49
36
24
41
111,26
97,26
101,04
98,91
84,08
101,92
106,08
98,12
17.687
19.066
19.592
18.220
1,04
306
0,92
285
0,66
207
0,97
292
208
8
Regional Governance
Die Internationale Bauausstellung ( IBA) Emscher Park veränderte die Planungs- und
Kooperationskultur in der Region nachhaltig. 17 Städte und zw ei Kreise des Verbandsgebiets kooperierten von 1989 bis 1999. Mit neuen Ideen und Projekten in städtebaulichen, sozialen, kulturellen und ökologischen Bereichen gab die IBA Emscher Par k der
Region w ic htige Impulse. An rund 120 Projekten in Themenfeldern w ie Emscherumbau, Industriekultur oder neues Wohnen w urden neue Denk- und Planungsansätze
erprobt.
In den Jahren nach der IBA fand im Planungssektor ein stetiger Wandel der Steuerungsformen statt: Weg von den hierarchischen Ansätzen hin zu kooperativen Verfahrensweisen. ‚Regional Governance’, also die Selbststeuerungsfähigkeit einer Region,
spielt seither eine immer bedeutendere Rolle und unterstützt eine erfolgreiche Regionalentw icklung. ‚Regional Governance’ ist gekennzeichnet durch eine Kombination von
staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren, w eichen und harten Steuerungsformen,
Aushandlungs- und Kommunikationsprozessen. Die Stärkung der ‚Regional Governance’ ist ein ganz w esentliches Ziel einer regionalen Entw icklungsstrategie.
Die Ausgangslage in monozentrischen Regionen gestaltet sich hierbei anders als in
polyzentrischen Regionen w ie dem Verbandsgebiet. Die polyzentrische Struktur und
die starken Verflechtungen der Kommunen untereinander erfordern ein hohes Maß an
Abstimmung und gleichberechtigter Zusammenarbeit. In vielen Themenbereichen ist
eine regionale Klammer aufgrund der großen Anzahl der Akteure und der vielfältigen
Interessen sinnvoll.
Wie es aktuell um die Selbststeuerungsfähigkeit innerhalb des Verbandsgebiets bestellt ist, soll anhand der vorhandenen regional oder teilregional bedeutsamen interkommunalen Kooperationen dargestellt w erden. Die Umsetzung von Kooperationsaktivitäten in Form von regional bedeutsamen Projekten ist ebenfalls ein Anhaltspunkt für
eine positive regionale Entw icklung. Einige solcher Projekte w erden beispielhaft genannt.
8.1 Regional bedeutsame Kooperationen
Für die Zukunftsfähigkeit einer Region ist die Ausprägung einer Kooperationskultur von
großer Bedeutung. Vielzahl, For men und Dauer von interkommunalen Kooperationen
lassen Rückschlüsse auf den Selbststeuerungsgrad einer Region zu.
Die im Folgenden skizzierten Kooperationen sind überlokal ausgerichtet und/oder w irken von ihrer geplanten Ausw irkung deutlich über eine Kommune hinaus. Auf Basis
gemeinsamer Zielvereinbarungen entstehen bzw . bestehen in der Regel räumliche
Konzepte, insbesondere im Bereich der Planung. Die nachfolgende Auflistung der Kooperationen stellt keinen Anspruch auf Vollständigkeit dar; Vielmehr soll sie einen Eindruck über die Vielfalt und Gleichzeitigkeit der bestehenden Aktivitäten, der Kooperationsebenen und die Intensität des Bemühens im Verbandsgebiet vermitteln, den ökonomischen, sozialen und räumlichen Strukturw andel erfolgreich zu begleiten.
Im Folgenden w erden Kooperationen
» im Bereich Planung,
» im Bereich Gew erbe,
» im Bereich Wohnen und Einzelhandel,
» im Bereich Freiraum/Freizeit,
209
» institutionelle Kooperationen und
» Kooperationen im Zusammenhang mit der Kulturhauptstadt 2010 aufgeführt.
Die Reihenfolge der Nennung der einzelnen Kooperationen impliziert hierbei keine
Wertung der Kooperation für die Region.
8.1.1 Kooperationen im Bereich Planung
Städteregion Ruhr 2030
2001 als Modellvorhaben ‚Stadt 2030’ des Bundes ministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gestartet, umfasste die Städteregion Ruhr ursprünglich die Städte
Duisburg, Oberhausen, Mülheim an der Ruhr, Essen, Gelsenkirchen, Herne, Bochum
und Dortmund. Seit 2007 sind mit Bottrop, Hagen und Hamm alle kreisfreien Städte im
RVR-Gebiet vertreten. 2003 w urde ein Stadtregionaler Kontrakt geschlossen, in dem
die Fortführung der Kooperation durch gemeinsame Leitprojekte beschlossen wurde,
u.a. mit den Themen Regionaler Flächennutzungsplan ( RFNP) und Masterplan Ruhr.
Diese Themen w erden ebenso fortgeführt wie die regelmäßigen Treffen der Planungsdezernent/innen und der Arbeitsebene.
Regionaler Flächennutzungsplan der Städteregion Ruhr
2002 haben Essen, Gelsenkirchen und Bochum mit der Erstellung eines gemeinsamen
Flächennutzungsplanes begonnen. Hieraus entw ickelte sich der Regionale Flächennutzungsplan. 2005 meldeten die Städte Oberhausen, Mülheim an der Ruhr, Essen,
Gelsenkirchen, Herne und Bochum ihre Kooperation als Planungsgemeinschaft ‚Städteregion Ruhr’ beim Land an. 2007 w urde der RFNP-Vorentw urf erarbeitet. Der fertig
gestellte RFNP w urde 2009 dem Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Energie
(MWME) als Landesplanungsbehörde zur Genehmigung vorgelegt. Er w urde im November 2009 mit Auflagen genehmigt und ist nach seiner Überarbeitung seit dem
03.05.2010 durch Bekanntmachung im Gesetz- und Verordnungsblatt NRW und den
ortsüblichen Bekanntmachungen nach BauGB rechtskräftig (siehe GV. NRW. 2010, S.
261). Der RFNP der Städteregion Ruhr behält bis zum Inkrafttreten eines neuen Regionalplans Ruhr, spätestens jedoch Ende 2015, seine Gültigkeit und kann von den
Städten der Planungsgemeinschaft im Benehmen mit dem RVR geändert und ergänzt
werden.
Planernetzwerk des RVR
Das Netzw erk der Planungsdezernentinnen und Planungsdezernenten im Verbandsgebiet ist ein Diskussionsforum für die Kommunen und den RV R. Seit 2006 dient es
dem fachlichen Gedankenaustausch in der Region und der Abstimmung von regionalen Planungen des RVR.
Aus regionaler Sicht ist das Haushalten mit den räumlichen Ressourcen ein w ichtiges
planerisches Prinzip. Um die Zukunft gestalten zu können, müssen alle planerischen
Handlungsoptionen offen gehalten w erden. Dies beansprucht zwangsläufig Raum und
bindet Ressourcen. In der Begegnung und dem Austausch zw is chen der kommunalen
und der regionalen Herangehensw eise von Planung liegt das Wesen des Planernetzwerkes. Es ist eine Plattform, um bedeutsame regionale planerische Fragestellungen,
aktuelle Tendenzen und zukünftige Entw icklungen zu diskutieren und eine interkommunale und regionale Abstimmung zw ischen den Beteiligten vorzubereiten.
Masterplan Ruhr
Die Partner der ‚Städteregion Ruhr 2030’ haben gemeinsam das Projekt ‚Masterplan
Ruhr’ erarbeitet. Dieser beinhaltet u.a. regional ausgehandelte Leitlinien und Z iele zu
den Themen Wohnen, Städtebau und Stadtentw icklung sow ie Region am Wasser. Ers-
210
te Berichte w urden 2006 und 2009 veröffentlicht. Gegenw ärtig beschäftigt er sich mit
dem Thema Wirtschaftsflächen aus Sicht der Stadtentw icklung.
Konzept Ruhr
Mit dem ‚Konzept Ruhr’ hat die Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Regionalverbands Ruhr (w mr) einen Prozess initiiert, in dem zahlreiche Kommunen und drei Kreise
des Verbandsgebiets, koordiniert durch die Stadt Bottrop, ihre Anträge im Rahmen der
EU-Ziel 2-Förderung bündeln. Unter der Überschrift ‚ruhrbasics’ w erden fünf Bündelungsfelder definiert, darunter ‚ruhrlines’ und ‚ruhrcities’ In diesem Rahmen w urden
zum Jahresende 2007 in einer ersten Projekt-Bestandsaufnahme noch ohne Priorisierung 274 Einzelanträge gesammelt und thematisch gegliedert. Die Pr ojektliste mit
Stand Oktober 2010 enthält insgesamt 350 Projekte, zu denen w eitere 122 Untervorhaben hinzukommen. 72 Projekte sind interkommunal angelegt. 36 Vorhaben sind vollständig oder mit w ichtigen Bauabschnitten abgeschlossen, 242 w erden derzeit umgesetzt.126
Mobilitätsband A40|B1
Mit dem Regionalen Masterplan A40|B1 w erden über die städtebauliche Betrachtung
des Stadt- und Verkehrsraumes hinaus stadt- und regionalentw icklungsrelevante Strategien und Projekte zu dem Zw eck formuliert, eine ( Neu-) Programmierung von Räumen entlang dieser ‚regionalen Passage’ und eine bessere Vernetzung mit dem angrenzenden Umfeldern herbeizuführen. Unter Federführung der Stadt Bochum erarbeiten die Städte Moers, Duisburg, Mülheim an der Ruhr, Essen, Bochum, Dortmund und
Unna Lösungen zur regionalen Profilierung und verbesserten
IKZ – Interkommunale Zusammenarbeit Östliches Ruhrgebiet
Seit 2000 besteht die ‚Inter kommunale Zusammenarbeit der Planungs- und Baudezernenten von Städten und Gemeinden im östlichen Ruhrgebiet (IKZ)’. Ziel ist der Informationsaustausch sow ie die Abstimmung von Konzepten und Projekten unterschiedlicher Planungsthemen. Die Geschäftsstelle liegt seit der Gründung der IKZ bei der Planungsverwaltung der Stadt Dortmund.
Arbeitskreis Standortvorsorge der Kohlestädte (Wandel als Chance)
Der Arbeitskreis Wandel als Chance besteht aus 17 kreisfreien und kreisangehörigen
Städten, vier Kreisen, der Zukunftsaktion Kohlegebiete e.V. (ZAK) und der w mr. Im
Rahmen des Arbeitskreises w urde ein Positionspapier erarbeitet, dass als Diskussionsgrundlage zur Entw ic klung eines abgestimmten Maßnahmenpakets dient.
Aus den Zielen, Rahmenbedingungen und Grundsätzen leiten sich drei Handlungsfelder ab: 1) Neu nutzen und entw ickeln (Flächensicherung und nachhaltige Stadtentwicklung), 2) Erneuern und erfinden (Koordinierte Forschungs- und Technologieförderung) und 3) Fördern und begleiten (Bildungsregion Ruhr 2018) 127
126
127
Konzept Ruhr 2010 – Umsetzung und Perspektiven, wmr, Mülheim an der Ruhr, 10/2010
Wandel als Chance – Positionspapier, wmr, Mülheim an der Ruhr 10/2008
211
8.1.2 Kooperationen im Bereich Gewerbe
Interkommunale Gewerbeflächenkooperation
2007 kooperierten Essen und Gelsenkirchen erstmals bei der Ver mittlung von Unternehmen, die im Ruhrgebiet einen neuen Standort suchten. Die Zusammenarbeit benachbarter Städte im Verbandsgebiet w uchs mit dem Beitritt von Bottrop, Mülheim,
Oberhausen, Duisburg, Herne und Gladbeck im Jahre 2008.
Last Mile Logistik
Die Städte Gelsenkirchen, Herne und Herten gründeten 2002 die ‚last mile logistik
netzw erk gmbh’, um die Stärken der Ballungskernzone für Logistik w eiter zu entwickeln. Zentrales Projekt ist die inter kommunale Standortentw icklung rund um den ‚Last
Mile Logistik Park’. Die Hauptaufgaben des Netzw erks sind das Regional- und Flächenmarketing, die interkommunale Koordination, die Entw icklung von Logistikflächen
und die Initiierung von Projekten.
Chem Site
Die ChemSite- Initiative ist eine 1997 gegründete Partnerschaft zwischen der Chemieindustrie, dem Land Nordrhein-Westfalen und den örtlichen Kommunen im Verbandsgebiet und w eiteren Mitgliedern aus der ‚öffentlichen Hand’. Als Dachmarke bündelt Sie
im Kompetenzfeld ‚Chemie’ alle Aktivitäten in den chemierelevanten Wertschöpfungsketten des Verbandsgebiets. Im Verbandsgebiet bietet sie sieben Produktionsstandorte
mit freien Industrieflächen von ca. 240 ha für Investoren aus der chemischen, chemienahen und w eiterverarbeitenden Industrie an.
Darüber hinaus bestehen branchenorientiert zahlreiche w eitere Netzw erke und Kooperationen, z.B. LogistikRuhr, Netw orker Westfalen (IT), Netzw erk Industrie Ruhr Ost
(Maschinenbau), Wirtschaftsförderungszentrum Ruhr für Entsorgungs- und Verw ertungstechnik e.V., h2-netzw erk-ruhr (Wasserstoff).
Kooperation der Häfen Dortm und und Duisburg
Seit 2004 kooperieren die Duisburger Hafen AG (Duisport) und die Dortmunder Stadtwerke, 2009 w urde ein Managementvertrag unterzeichnet. Duisport hat verschiedene
Geschäftsführungsaufgaben für die Dortmunder Hafen AG übernommen, um die Wettbew erbsfähigkeit der Standorte zu festigen.
New Park
Auf einer ehemaligen LEP-VI-Fläche mit einer Größe von mehr als 450 ha ist ein auf
flächenintensive Großvorhaben ausgerichteter interkommunaler Industriepark geplant.
Das Gelände w ird derzeit landw irtschaftlich genutzt. Das Land hat Interesse an der
Vorhaltung großer Industrie- und Gew erbestandorte auf denen Unternehmen im Verbund produzieren können und unterstützt das Vorhaben.
Die Realisierung ist noch nicht völlig geklärt. Die Stadt Waltrop w ill nur Großvorhaben
zulassen; Datteln, auf dessen Gebiet der größere Anteil liegt, befürw ortet eine flexiblere Entw icklung. Zw ingend für die Erschließung ist der Bau der B 474n, deren Trasse
umstritten ist. Auch muss ein Zugang zur Bahnlinie südlich des Datteln-Hamm-Kanals
gefunden w erden.
Graftschafter Gewerbepark/Wir 4
Der ‚Grafschafter Gewerbepark Genend’ ist eine Gemeinschaftsinitiative der Städte
Moers, Kamp-Lintfort, Neukirchen-Vluyn und Rheinberg. Parallel zur Entw icklung des
interkommunalen Gew erbegebietes w urde von den vier Städten eine gemeinsame
Wirtschaftsförderung aufgebaut. Erster Meilenstein w ar dabei die öffentliche Vereinbarung zum Grafschafter Gew erbepark Genend, die von den vier beteiligten Städten e-
212
benfalls im Jahr 1996 getroffen wurde und Details der hoheitlichen Aufgabenteilung im
gemeinsamen Gew erbegebiet zum Gegenstand hatte. Daraus erw uchs 2001 die gemeinsame Wirtschaftsförderung ‚Wir4’, die sich heute um die Förderung der Wirtschaft
in den vier Städten kümmert.
Inlogparc
Das Gew erbegebiet Inlogparc ist ein interkommunales Industriegebiet der Stadt Hamm
und der Gemeinde Bönen, w elches zum Logistikstandort ausgebaut w erden soll. Insgesamt bietet das ‚Regionale Industriegebiet’ eine Fläche von rund 185 ha, w ovon 85
ha von der Stadt Hamm und ca. 100 ha von der Gemeinde Bönen zur Verfügung gestellt w erden. Als Projekt der Landesinitiative Logistik NRW besitzt das Projekt eine
regionale Bedeutung für den Logistikstandort östliches Ruhrgebiet.
8.1.3 Kooperationen im Bereich Wohnen und Einzelhandel
Regionale Wohnungsm arktbeobachtung Städteregion Ruhr
Im Januar 2009 hat eine aus Vertretern der elf 2030-Städte gebildete Arbeitsgruppe
‚Regional Wohnungs marktbeobachtung Städteregion Ruhr’ unter fachlicher Unterstützung der NRW.Bank/Team Wohnungs marktbeobachtung einen ersten regionalen
Wohnungs marktbericht vorgestellt. Die Zusammenarbeit mit der Wohnungsw irtschaft
(W.I.R. e.V.) w ird gegenwärtig intensiviert.
Regionale Wohnungsm arktbeobachtung östliches Ruhrgebiet
Seit 1998 w ird die Regionale Wohnungs marktbeobachtung östliches Ruhrgebiet im
Rahmen eines Modellvorhabens mit der ‚NRW.Bank’ durchgeführt. Ihren Ursprung
fand sie im ‚Arbeitskreis Östliches Ruhrgebiet’, dem sich mit Bochum, Dortmund, Hagen und Hamm, Castrop-Rauxel, Datteln und Waltrop, Herdecke, Wetter und Witten
auch alle Kommunen des Kreises Unna angeschlossen haben. Ziel der regionalen
Wohnungs marktbeobachtung ist die Beschreibung und Bew ertung des Wohnungsmarktes anhand ausgew ählter Indikatoren, ein Erfahrungs- und Informationsaustausch
und die Politikberatung.
Regionales Einzelhandelskonzept für das östliche Ruhrgebiet und angrenzende
Bereiche (REHK)
Die Kooperation von nun 24 Kommunen sow ie Industrie- und Handelskammern, Kreisen, Bezirksregierungen und Einzelhandelsverband besteht seit 2000. Das REHK ist
ein Beitrag zur Sicherung und Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der Region.
Ziel ist die Steuerung des großflächigen Einzelhandels und die Abstimmung konfliktträchtiger Vorhaben. Das Konzept w ird kontinuierlich fortgeschrieben und aktualisiert.
Es ist mittels Ratsbeschlüssen abgesichert und entfaltet für die Kommunen Rechtskraft.
Regionales Einzelhandelskonzept für das westliche Ruhrgebiet und Düsseldorf
2004 unterschrieben Duisburg, Düsseldorf, Essen, Mülheim an der Ruhr, Oberhausen
(unter Vorbehalt) und der Kreis Wesel für die kreisangehörigen Gemeinden die regionale Vereinbarung des ‚Regionalen Einzelhandelskonzeptes Westliches Ruhrgebiet
und Düsseldorf’. Daneben unterzeichneten die Industrie- und Handelskammern. Es
bestehen Ratsbeschlüsse aller beteiligten Gemeinden. Angestoßen und begleitet w urde die Kooperation durch die Bezirksregierung Düsseldorf.
213
8.1.4 Kooperationen im Bereich Freiraum/Freizeit
Viele planerische Ansätze und Kooperationen entstanden in den letzten Jahren auch
zu den Themen Freiraum und Freizeit/Erholung. Die aktuellen, regionalbedeutsamen
Konzepte und Strategien für den Freiraumschutz, Gew ässerumbau, die Freiraumentwicklung sow ie den Ausbau der Erholungslandschaft bilden heute die Grundlage für
Kooperationen zw ischen den Kommunen sow ie mit regionalen Akteuren, dem Land bis
hin zu Kooperationspartnern auf der europäischen Ebene. Dabei dienen die Konzepte
und strategischen Ansätze zur Abstimmung der w esentlichen Strukturelemente und zur
(Weiter-) Entw icklung und Konkretisierung von kooperativen, regionalen Projekten in
der Region.
NFN - NaturFreizeitverbund Niederrhein GmbH
Im Nordw esten der Stadt Wesel entsteht in Folge von Abgrabungen in den nächsten
25 Jahren ein rheinnaher Seenbereich mit ca. 1.600 ha Wasserfläche, von denen ca.
1.200 ha Seefläche bereits vorhanden sind. Zur Entw icklung dieses Seengebietes
wurde 2003 die ‚NaturFreizeitverbund Niederrhein GmbH’ gegründet.
Gem einschaftsinitiative ‚Das Ruhrtal’
Die Gemeinschaftsinitiative ‚Das Ruhrtal’ hatte im Bereich Freizeit eine große Bedeutung für die Entw icklung des Ruhrtals, darunter die Entw icklung der RuhrtalBahn und
des RuhrtalRadw eges. Aufgrund fehlender Projekte ruht die Initiative derzeit. Die Koordinierungsstelle liegt beim Ennepe- Ruhr-Kreis und kann bei neuen Projekten jederzeit auf den eingespielten Strukturen aufsetzen.
Initiative.Kemnade
Die Städte Bochum, Witten und Hattingen sow ie der Ennepe- Ruhr-Kreis und der RVR
erarbeiten als ,Initiative.Kemnade’ gemeinsam ein Entw icklungskonzept für den Kemnader See – die ,Perspektive.Kemnade’. In einer ersten Stufe w urde 2008 ein Rahmenplan erstellt und räumliche und thematische Schw erpunkte erarbeitet. Seit November 2010 liegt die ,Perspektive. Kemnade II’ vor. Hier w erden erste Realisierungserfolge und w eitere geplante Schritte vorgestellt
Röm er-Lippe-Initiative
2006 startete die Initiative mit Beteiligung der Kreise Wesel, Recklinghausen und Unna
sow ie dem Lippeverband und dem RV R. Ziel ist eine gemeinsame Entw icklung des
Römer-Lippe-Radw eges, für den im Ziel-2-Wettbew erb ‚Erlebnis.NRW-Touris mus’ erfolgreich Mittel eingew orben w urden. Die Federführung hat die Ruhr-Tour ismus GmbH
(RTG) übernommen.
Vier Städte – zwei Seen – ein Erlebnis
Die vier Anrainerstädte Herdecke, Wetter (Ruhr), Dortmund und Hagen von Har kortund Hengsteysee w ollen das touristische Potenzial der beiden Ruhrseen herausarbeiten. Die Tourismusangebote sollen gebündelt w erden. Erstes Ergebnis ist die Ergänzung des Hagener Freizeitinformationssystems W.I.L.L.I.
IKAG - Interkommunale Arbeitsgemeinschaften zu den Regionalen Grünzügen
Die interkommunalen Arbeitsgemeinschaften der Regionalen Grünzüge arbeiten seit
der IBA Emscher Park an der Realisierung des Emscher Landschaftsparks. Vertreten
sind die anliegenden Städte der jew eiligen Grünzüge. Beteiligt sind Vertreter aus den
Planungs- und/oder Grünflächenämtern und aus den Unteren Landschaftsbehörden.
Ziel der IKAG sind die gemeinsame Projektentw icklung, Öffentlichkeitsarbeit, Informationsaustausch und die Sicherung der Regionalen Grünzüge. Die einzelnen IKAG tauschen sich regelmäßig im Großen Arbeitskreis aus.
214
8.1.5 Institutionelle Kooperationen
Im Rahmen der Wirtschaftsförderung, des Verkehrs- und Transportsektors, der Wohnungsw irtschaft, aber auch im Bildungs- und Kulturbereich nehmen die institutionellen
Kooperationen zu. Vielfach sind es nicht nur ‚lose’ Netzw erke, sondern konkrete Zusammenschlüsse bis hin zur Schaffung neuer Organisationen. Diese For m der Kooperation findet sich unabhängig von der Stadtgröße im gesamten Verbandsgebiet. Beispielhaft w erden sowohl einzelne größere Kooperationsverbünde als auch zu einer
Themengruppe zusammengefasste Kooperationen genannt.
Ruhr Tourism us Gm bH
Die Ruhrgebiet Tourismus GmbH (RTG) w urde 1998 gegründet mit dem Ziel der Bündelung von Produktentw icklung, Marketing und Vertrieb und der Entw icklung eines
eigenständigen touristischen Regionalprofils für das Verbandsgebiet. Seit April 2009
firmiert die Gesellschaft als Ruhr Touris mus GmbH. Als Informations- und Koordinierungsstelle für das Verbandsgebiet ist die RTG zentraler Ansprechpartner – auch bei
der Vernetzung der touristischen Partner in der Region. Die RTG ist ein Tochterunternehmen des RVR.
Wirtschaftsförderungsgesellschaft der Metropole Ruhr (wmr)
Die w mr ist die regionale Wirtschaftsförderungsgesellschaft des RVR. Sie w urde auf
Beschluss der Verbandsversammlung 2007 gegründet. Sie bietet eine gemeinsame
Plattform für Flächen- und Immobilienprojekte, soll Standortanfragen koordinieren und
stellt den Atlas der Gew erbe- und Industriestandorte (ruhrAGIS) sow ie die Immobilienbörse ruhrsite zur Verfügung.
Teilregionale Wirtschaftsförderungsgesellschaften
Teilregionale Wirtschaftsförderungsgesellschaften haben sich in den Kreisen des Verbandsgebietes etabliert und erfüllen w ic htige Koordinierungs- und Mar ketingfunktionen
für die kreisangehörigen Städte und Gemeinden. Sie sind ergänzende Einrichtungen
zu den kommunalen Wirtschaftsförderungsämtern bzw . -gesellschaften und zu den
Kammern. Zu den teilregionalen Wirtschaftsförderungsgesellschaften gehören die WIN
Emscher-Lippe (Kreis Recklinghausen sow ie die kreisfreien Städte Bottrop und Gelsenkirchen), die Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Kreises Unna, die EN-agentur
(Ennepe-Ruhr-Kreis) und die ‚w ir4’ (Kamp-Lintfort, Moers, Neukirchen-Vluyn und
Rheinberg)
W.I.R. e.V. Wohnen im Ruhrgebiet
Die Kooperation besteht aus acht kommunal(nah)en Wohnungsunternehmen aus Bochum, Bottrop, Dortmund, Duisburg, Essen, Gelsenkirchen, Herne und Mülheim an der
Ruhr, die Eigentümer von insgesamt über 80.000 Wohnungen sind. Sie erstellen gemeinsam Konzepte und betreiben ein gemeinsames Internetportal.
Verkehrskooperationen
Im Bereich des Öffentlichen Personennahverkehrs sind in den vergangenen Jahren
ebenfalls zahlreiche Kooperationen entstanden. Ziele der Kooperationen sind u. a. die
Verbesserung des Angebots bei gleichzeitiger Ressourcenbündelung. Zu den Kooperationen gehören u. a. die 2001 ins Leben gerufene Kooperation Östliches Ruhrgebiet
(KÖR), mit den Partnern Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG (BOGESTRA),
Straßenbahn Herne-Castrop-Rauxel GmbH (HCR), Vestische Straßenbahnen GmbH
(Vestische), die Dortmunder Stadtw erke AG (DSW21), sow ie seit 1.7.2010 die viaVerkehrsgesellschaft mbH (via) als gemeinsames Unternehmen der Duisburger Verkehrsgesellschaft AG, der Essener Verkehrs-AG und der Mülheimer VerkehrsGesellschaft mbH.
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Stadtm arketing Forum Ruhr
Seit Mitte des Jahres 2002 arbeiten einige Stadtmarketinggesellschaften des Verbandsgebiets im ‚Stadtmarketing Forum Ruhr’ zusammen. Die Städte Bochum, Bottrop, Duisburg, Essen, Gelsenkirchen, Herne, Mülheim an der Ruhr, Oberhausen,
Recklinghausen und Velbert haben das Ziel formuliert, die Region und ihre Städte
nachhaltig im überregionalen, nationalen und internationalen Wettbew erb zu stärken.
Naturpark Hohe Mark
Der Naturpark Hohe Mar k - Westmünsterland existiert seit 1963. Gleichzeitig w urde als
Träger des Naturparks der Verein gegründet. Als Mitglieder sind der Regierungspräsident Münster, die Kreise Borken, Coesfeld, Recklinghausen und Wesel und die Städte
und Kommunen im Naturpark eingetragen. Darüber hinaus gehören Bottrop, der RVR,
die Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe sow ie w eitere Verbände und
Vereine zu den Mitgliedern. Inhaltlich w erden vier Themenlandschaften (Park-, Wald,
Wasser- und Folgelandschaft) definiert und w eiterentw ickelt.
8.1.6 Kooperationen im Zusammenhang mit der Kulturhauptstadt 2010
Im Rahmen der Europäischen Kulturhauptstadt ‚Essen für das Ruhrgebiet’ 2010, bei
der die 53 Kommunen des Verbandsgebiets u.a. in den Programmschw erpunkten Architektur, Stadtentw icklung und Bildende Kunst, Darstellende Künste, Migration, Literatur und Geschichtskultur sow ie Kreativw irtschaft zusammengearbeitet haben, w urden
eine Vielzahl von regionalen Kooperationsprojekten durchgeführt. U.a. folgende Projekte w irken über das Kulturhauptstadtjahr hinaus:
Parkautobahn A 42
Das Projekt Parkautobahn beschreibt einen neuen Umgang bei der Gestaltung von
Autobahnen. Pflege- und Unterhaltungskosten können langfristig reduziert, die Parkautobahn in die urbane Kulturlandschaft der Region integriert w erden. Das Wort ‚Park’
steht dabei für den Emscher Landschaftspark als w ichtiger grüner Infrastruktur in der
Metropole Ruhr.
In Verbindung mit den anstehenden Sanierungsarbeiten an der A 42 durch Straßen.NRW hat sich in 2010 die einmalige Chance für eine weitergehende Neugestaltung der Autobahn ergeben. Ziel der Neugestaltung ist die Verbindung der funktionalen
Verbesserung mit einer gestalterischen Aufwertung und möglichst nachhaltigen Bew irtschaftung.
KulturKanal
Der ‚KulturKanal’ ist eine Zusammenarbeit von zehn Anrainerkommunen des RheinHerne-Kanals mit dem Ziel, den Kanal zu inszenieren und für Mensch, Kultur und Freizeit erlebbar zu gestalten. Durch Kunst, Kultur und langfristige Zusammenarbeit soll die
Aufenthaltsqualität entlang der rund 70 km langen Wasserachse von Duisburg bis Datteln aufgezeigt und gestaltet w erden. Projektträgerstadt ist die Stadt Herne.
Kreativ.Quartiere
Die Kommunen Bochum, Dinslaken, Dortmund, Essen, Mülheim an der Ruhr, Oberhausen und Unna arbeiten gemeinsam mit der Ruhr.2010 GmbH und der WMR an der
Förderung der Kreativw irtschaft im Ruhrgebiet. An ausgew ählten, überw iegend industriekulturellen Standorten sollen moderne Lebens- und Arbeitsräume für Kreative aus
ganz Europa entstehen. Ein Schw erpunkt ist dabei die Einrichtung von ,Runden Tischen’ mit Vertreter/innen aller zuständigen Ressorts der Verw altung und aus der loka-
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len Kreativw irtschaft. Ziel ist eine gemeinschaftliche Entw icklung urbaner Areale zu
Kreativquartieren, die Nutzung von Leerständen und die Aufwertung und Vermarktung
geeigneter Areale.
Ruhrlights: Tw ilight Zone
‚Ruhrlights: Tw ilight Zone’ w ar im Rahmen der Kulturhauptstadt Ruhr 2010 als zeitlich
begrenztes Lichtkunstfestival konzipiert, w elches zeitversetzt an sieben Orten entlang
der Ruhr stattgefunden hat. Dieses Festival w ird in den nächsten Jahren mit w eiteren
Kommunen als Biennale fortgesetzt w erden.
8.2 Umsetzung durch regional bedeutsame Projekte
Die zuvor dargestellten, vielfältigen Kooperationsaktivitäten w erden in der Region
durch konkrete Pr ojekte umgesetzt und gestalten die Region nachhaltig mit. Die Generierung, Aushandlung und Umsetzung regional bedeutsamer Projekte enthält eine
wichtige Steuerungsfunktion von Regionalentw icklung.
Legt man für die regionale Bedeutsamkeit eines Projektes die Kriterien Flächeninanspruchnahme (Größe), Alleinstellungsmerkmale, regionale Ausstrahlungskraft bzw.
Imagegew inn und interkommunale Kooperation zugrunde, so w ird deutlich, dass nicht
alle im Konzept Ruhr aufgeführten Projekte regional bedeutsam sind. Nichtsdestotrotz
ist insbesondere bei knapper w erdenden Investitions mitteln eine Gesamtübersicht geplanter Projektvorhaben in der Region w ichtig. Interkommunal w ird darüber hinaus
auch das regionale Radw egesystem w eiterentw ic kelt. Auch im Rahmen des Emscherumbaus, des neuen Emschertals oder der Industriekultur und -natur gibt es eine Vielzahl an regional abgestimmten Projekten unter Beteiligung des RVR, die hier beispielhaft aufgeführt werden.
Em scher Landschaftspark
Der Emscher Landschaftspark ist eine von den regionalen Akteuren gemeinsam verabschiedete Strategie. 20 Städte des Verbandsgebiets, zw ei Landkreise, die Bezirksregierungen, das Land NRW, die Emschergenossenschaft und der RVR arbeiten an
seiner Entw icklung.
Mit der Neufassung des RV R-Gesetzes im Jahr 2004 hat der RVR die Trägerschaft für
den Emscher Landschaftspark übernommen. Die konkreten Aufgaben, die damit verbunden sind, w urden in einem Vertrag mit dem Land NRW festgelegt.
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Abb. 8.01: Em scher Landschaftspark
Die w esentlichen Leitlinien und Entw icklungsperspektiven für den Emscher Landschaftspark sind im ‚Masterplan Emscher Landschaftspark 2010’ formuliert: Neues
Emschertal, Standort, Ökologie, Infrastruktur, Kultur, urbane Land- und Forstw irtschaft,
Entw icklungs- und Vegetationsmanagement. Er bildet die Grundlage für die Planung
der Budgetierung von zukünftigen Investitions maßnahmen und Förderprogrammen. Das zentrale Entw icklungsprojekt der kommenden zehn Jahre ist die städtebauliche und landschaftliche Entw icklung des Neuen Emschertals. Dabei ist der Umbau des
Emschersystems die Basis für die künftige räumliche und städtebauliche Entw icklung.
Bedeutsame Schritte zur Entw icklung des Emscher Landschaftsparks waren bisher
u.a. die Einrichtung von drei Parkstationen und eines regionalen Parkpflegemanagements. Insgesamt w erden zuerst vierzehn exponierte Standorte und der Emscher Park
Radw eg optimiert und als repräsentative Orte überregional und international für den
Touris mus entw ickelt.
Die Halden sind eine Besonderheit der Region. Sie dienen der Natur, der Erholung und
Freizeit und als Landmar ken.
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Neues Emschertal
Die Arbeitsgemeinschaft Neues Emschertal ist eine Kooperation zw ischen Emschergenossenschaft und RVR. Sie hat das Ziel, neue Perspektiven für eine nachhaltige
Entw icklung der Region zu schaffen. Hauptaufgabe ist die Entw icklung des Neuen Emschertals.
Abb. 8.02: Neues Emschertal
Als Basis der Zusammenarbeit dienen die beiden Masterpläne Emscher-Zukunft (Emschergenossenschaft) und Emscher Landschaftspark 2010 (Projekt Ruhr), die mehr als
200 gemeinsame regionale Projekte zur Entw icklung des Neuen Emschertals enthalten. Durch die Umsetzung der beiden Masterpläne w erden die städtebaulichen, w asserw ir tschaftlichen und landschaftlichen Entw ic klungspotenziale sinnvoll miteinander
verknüpft, mit dem Ziel, eine neue grüne Mitte in der Metropole Ruhr entstehen zu lassen. Die AG Neues Emschertal ist hierfür die gemeinsame Plattform.
Arbeitsfelder sind u.a. die Entw icklung eines räumlichen Konzeptes, um die EmscherInsel attraktiv und erlebbar zu gestalten, und die landschaftliche Gestaltung und Erschließung des Neuen Emschertals, um vorhandene regionale Wegesysteme zu verknüpfen und einen Emschertal- und Inselw eg zu schaffen.
Route der Industriekultur
Ziel der Route der Industriekultur ist es, die industriekulturellen Besonderheiten im Verbandsgebiet zu vernetzen und als touristische Attraktion zu ver markten. 25 Ankerpunkte der industriekulturellen Vergangenheit und Gegenw art des Verbandsgebiets kooperieren in der Route der Industriekultur. Dazu gehören u.a. Industrieanlagen, Arbeitersiedlungen, Museen und Panoramen. Sie w erden durch Themenrouten, Radrouten und
ein Besucherzentrum auf Zollverein ergänzt. Der RVR unterstützt die bauliche Sicherung und Instandsetzung von sechs Großstandorten: Gasometer Oberhausen, Land-
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schaftspark Duisburg-Nord, Welterbe Zollverein mit Zeche und Kokerei, Jahrhunderthalle Bochum und Kokerei Hansa in Dortmund.
In der Abbildung 8.03 w erden die Panoramen der Industrielandschaft, die Ankerpunkte
der Route, das zentrale Besucherzentrum und die Visitorcenter dargestellt.
Abb. 8.03: Route der Industriekultur
Quelle: RVR
Route der Industrienatur
Viele große Industrieflächen w aren über Jahrzehnte nicht für die Öffentlichkeit zugänglich. Auf diesen entstand nach der Aufgabe der industriellen Nutzung z.T. eine große
Naturvielfalt. Diese Vielfalt w ird über die ‚Route der Industriekultur’ nach Stilllegung und
Sanierung der Zechen und Industrieanlagen öffentlich zugänglich. Als eigenes Themenfeld der ‚Route der Industriekultur’ w urden 19 Standorte mit ihrer einzigartigen Naturvielfalt zur ,Route der Industrienatur ’ zusammengefasst.
Regional bedeutsame Radwege
Mit über 800 km regionaler Radw ege ist das Verbandsgebiet der am dichtesten per
Rad erschlossene Ballungsraum in Deutschland. Die Radw ege verlaufen oft auf ehemaligen Werksbahntrassen bzw . Wirtschaftsw egen entlang der Emscher und sind ein
mittlerw eile unverzichtbares Element der Lebensqualität im Verbandsgebiet. Meist
werden sie vom RV R mit Landes mitteln gebaut und von den Belegenheitskommunen
unterhalten. Sie erschließen auch die Standorte der Industriekultur und haben sich im
Kulturhauptstadtjahr als touristisches Highlight erw iesen.
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Abb 8.04: Regional bedeutsame Radwege
Quelle: Regionalv erband R uhr, 2010; Stand: Febr uar 2010
Eine Besonderheit des Radw egesystems stellen die Wegenetze auf ehemaligen Bahntrassen w ie z.B. der ,HOAG-Bahn’ oder ,Erzbahn’ dar.
8.3 Zusammenfassung
Inter kommunale und regionale Kooperationen sow ie die Zusammenarbeit möglichst
vieler Akteure im Verbandsgebiet w ird für die Erarbeitung zukunftsorientierter Entw icklungsstrategien immer w ichtiger, um unterschiedliche endogene Kräfte und Ressourcen zu bündeln, sow ie um Synergieeffekte zugunsten der Gesamtentw icklung der Region zu ermöglichen. Neben der großen Vielzahl von interkommunalen Kooperationen
gibt es kaum regionale, konzeptionelle Ansätze, die das gesamte Verbandsgebiet fassen. Die skizzierten, langjährigen und teilw eise institutionalisierten Kooperationsformen
und Projekte beziehen sich vor allem auf den Ballungskernraum oder auf die Kreisgebiete.
Die Kooperationstätigkeit w urde in den letzten zehn Jahren insbesondere in den
kreisfreien Städten deutlich intensiviert. Dies zeigt sich auch bei der Selbststeuerungsfähigkeit der Region. So w ird z.B. die ‚Städteregion Ruhr’ der kreisfreien Städte nicht
nur durch gemeinsame Publikationen w ie den Masterplan Ruhr oder den ersten regionalen Wohnungsmar ktbericht getragen, sondern auch durch institutionalisierte For men
wie gemeinsame Geschäftsstellen oder die Gründung einer landesplaner isch anerkannten Planungsgemeinschaft. Auch die institutionellen Kooperationen haben in den
letzten zehn Jahren deutlich zugenommen.
Im Vergleich zu den Aktivitäten der kreisfreien Städte, deren Kooperationen sich stark
auf den planerischen und kulturellen Bereich beziehen, liegen die Kooperationsaktivitäten in den kreisangehörigen Städten und Kreisen deutlicher, w enn auch nicht ausschließlich, in den Bereichen Gew erbe, Einzelhandel und Freiraum. Die auch in diesen
Räumen vielfältigen Kooperationsansätze besitzen häufiger eine teilregionale Bedeut-
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samkeit und befinden sich nicht so stark im Fokus der Öffentlichkeit w ie die Kooperationen in den kreisfreien Städten.
Der eingeschlagene Weg zu verstärkter interkommunaler Kooperation sollte aus regionaler Sicht fortgeführt und in allen Teilräumen w eiter ausgebaut w erden. Diese Querschnittsaufgabe kann durch einen w eiteren Auf- und Ausbau von Kooperationsnetzwerken weiter gestärkt w erden. Hierfür bietet der RVR eine geeignete regionale Plattform an.
Im Bereich der informellen und der formellen Planung bieten kooperative und kommunikative Planungsprozesse die Chance für engen Austausch und konstruktive Abstimmungen relevanter Themenfelder und Teilraumkonzepte. Damit gew innen übergeordnete Projekte eine höhere Akzeptanz. Sie können zu Bausteinen einer erfolgreichen
Regionalentw icklung w erden. Förderlich w äre es, w enn Entscheidungen, an w elchen
Standorten und in w elcher Höhe öffentliche Mittel investiert w erden, auch in regionalen
Aushandlungsprozessen geklärt w erden können, um eine schnellere Umsetzung zu
gew ährleisten. Denn angesichts der kommunalen Haushaltslagen w erden solche Projekte auch in Zukunft nur mit Hilfe von Fördermitteln zu realisieren sein. Wichtig ist
deshalb eine gemeinsame Beratung und Abstimmung der Förderlisten für das Verbandsgebiet.
Künftig stellen regionale Kooperationen eine w ichtige Voraussetzung für die Gestaltung
des Verbandsgebiets dar. Zum einen w erden Regionen im europäischen Wettbew erb
zunehmend als konkurrierende Raumgrößen w ahrgenommen, so dass aus diesem
Blickw inkel regionale Kooperationen eine zunehmend w ichtige Rolle spielen. Darüber
hinaus nehmen die w echselseitigen Verflechtungen zw ischen den Städten und Gemeinden und ihrem Umland w eiter zu. Besonders deutlich w erden diese wechselseitigen Beziehungen im Bereich von Wohnen und Arbeiten, aber auch in vielen anderen
Handlungsfeldern. Städte, Kreise und Kommunen müssen verantw ortungsbew usst an
diesen stetig w achsenden regionalen Aufgaben mitw irken. Die Entw icklung einer regionalen Identität und die Pflege und der Aufbau entsprechender Gestaltungspartnerschaften fördert die Lösung von Konflikten, die Behandlung auch kontroverser Themen
und schafft Handlungsspielräume für die Zukunft. Insofern sollten die Potenziale und
Chancen einer guten regionalen Zusammenarbeit gemeinsam genutzt w erden.
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