Daten
Kommune
Bochum
Dateiname
Beschlussvorlage der Verwaltung.pdf
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Erstellt
14.03.16, 00:49
Aktualisiert
30.01.18, 12:18
Stichworte
Inhalt der Datei
Beschlussvorlage der Verwaltung
Nr.: 20160479
Status: öffentlich
Datum: 23.02.2016
Verfasser/in: Andreas Borchardt / Katja Hüskes
Fachbereich: Stadtplanungs- und Bauordnungsamt
Bezeichnung der Vorlage:
Grundsatzbeschluss zur Gewerbeflächenentwicklung in Bochum
Beschlussvorschriften:
Beratungsfolge:
Gremien:
Sitzungstermin:
Zuständigkeit:
Haupt- und Finanzausschuss
10.03.2016
Vorberatung
Rat
17.03.2016
Entscheidung
Beschlussvorschlag:
1. Der Rat der Stadt Bochum stellt fest,
1) dass die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt Bochum in den letzten Jahren
hinter derjenigen vergleichbarer Gebietskörperschaften - auch im Ruhrgebiet zurückgefallen ist,
2) dass der vom Regionalverband Ruhr (RVR) für die Stadt Bochum bis zum Jahr
2034 ermittelte Bedarf an Gewerbeflächenreserven (230,4 ha) der quantitativen
Gewerbeflächenentwicklung als Zielgröße zugrunde gelegt wird,
3) dass die planungsrechtlich gesicherten Reserven (175,7 ha) mit
a) ihrem geringen Anteil an unmittelbar zur Vermarktung zur Verfügung
stehenden Reserveflächen (54,9 ha)
b) und dem hohe Anteil an überwiegend mit erheblichen Restriktionen belasteten
Flächenreserven (120,8 ha)
c) sowie der geringen Verfügbarkeit von Flächen < 2 ha
ein gravierendes Hemmnis für die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt Bochum
darstellen,
4) dass zur Deckung der Bedarfslücke (54,7 ha netto/82,0 ha brutto) bis 2034 auch
neue Flächen im Freiraum aktiviert werden müssen,
5) und dass eine aktive Gewerbeflächenentwicklung neben der Erschließung neuer
Flächenreserven auch die qualitative Weiterentwicklung des Bestandes
beinhaltet.
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2. Der Rat der Stadt Bochum beauftragt die Verwaltung eine langfristige Strategie (15 bis
20 Jahre) für die Gewerbeflächenentwicklung zu erarbeiten, die die folgenden vier
Bausteine beinhaltet:
1) Eine möglichst weitgehende und zügige Aktivierung der restriktionsbelasteten,
planungsrechtlich bereits ausgewiesenen Flächenreserven.
2) Die Prüfung und politische Diskussion von potenziellen, planungsrechtlich bisher
nicht gesicherten neuen Flächenreserven für den Regionalplan Ruhr bis zu den
Sommerferien 2016 zur Vorbereitung der Stadtgespräche mit dem RVR.
3) Eine zeitnahe Ansprache des Landes Nordrhein-Westfalen, um aufgrund der
besonders stark restriktionsbelasteten Gewerbeflächensituation in Bochum über
die Möglichkeiten einer zusätzlichen Förderung zu verhandeln.
4) Perspektivische Handlungsstrategien zur thematischen Profilierung der neuen
Flächenreserven und zur Weiterentwicklung der bestehenden Gewerbegebiete
sowie zum Umgang mit Gemengelagen.
Für die Gesamtstrategie mit ihren vier Bausteinen ist von der Wirtschaftsentwicklung
Bochum in Zusammenarbeit mit der Verwaltung eine Zeit- und Ressourcenplanung
(notwendiges Personal und Finanzen) aufzustellen und der Politik vorzulegen.
Begründung:
Ende 2015 wurden der Stadt Bochum vom Regionalverband Ruhr neue Bedarfszahlen für
den in der Vorbereitung befindlichen Regionalplan Ruhr mitgeteilt. Danach hat sich der
Bedarf an Gewerbeflächenreserven bis 2034 auf 230,4 ha erhöht (vgl. Vorlage Nr.
20160199).
Parallel wurden im Rahmen des Gewerbeflächenkonzeptes Bochum (Modul I) die im
Regionalen Flächennutzungsplan (RFNP) dargestellten Reserveflächen aktualisiert. Danach
beläuft sich der Bestand an planerisch ausgewiesenen Gewerbeflächenreserven im RFNP
auf insgesamt 175,7 ha1.
Der Stadt Bochum fehlen damit 54,7 ha2 Gewerbeflächen, um den rechnerischen Bedarf bis
zum Jahr 2034 abzudecken. Bei einer vertieften Betrachtung der Gewerbeflächensituation ist
ein weiterer Aspekt besonders problematisch: Von den 175,7 ha an planungsrechtlich
gesicherten Reserven stehen lediglich 54,9 ha ohne Restriktionen zur Ansiedlung von
Unternehmen zur Verfügung. Das heißt umgekehrt, dass mehr als 2/3 aller im RFNP
dargestellten Flächenreserven aktuell nicht vermarktbar sind. Zusammengefasst stellt sich
die Situation wie folgt dar:
Bedarf RVR = 230,4 ha
Flächenreserven GEK I = 175,7 ha
Fehlbedarf
1
In den 175,7 ha sind die freigezogenen Flächen der Adam Opel AG und von Outokumpu enthalten.
Um die Größe der benötigten Flächen zu vergegenwärtigen, die zurzeit in Entwicklung befindliche
gewerblich genutzte Fläche des Opelwerk I beträgt netto ca. 45 ha, davon werden ca.15 ha von DHL
genutzt.
2
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ohne Restiktionen
54,9 ha (netto)
mit Restriktionen
120,8 ha (netto)
(davon schwerwiegend: 95,3 ha)
54,7 ha (netto)
(= 82,0 ha brutto)
Flächenreserven und Bedarf für gewerbliche und industrielle Nutzungen der Stadt Bochum, eigene Grafik
3
Der Fehlbedarf von 54,7 ha ist die rechnerische Differenz zwischen dem ermittelten Bedarf
(230,4 ha) und den vorhanden Flächenreserven (175,7 ha). Die Berechnungen des RVR
beziehen sich zunächst auf die reinen gewerblich nutzbaren Grundstücke. Durch pauschale
Faktoren werden die Erschließungsanteile und eine Flexibilitätsreserve hinzugerechnet, so
dass für die Darstellung im Regionalplan Ruhr ein Fehlbedarf von 82,0 ha (brutto)
anzusetzen ist.
Betrachtet man die vom RVR kalkulierten Zahlen und gleicht diese mit den von den
Gutachtern im Rahmen des ersten Moduls des Gewerbeflächenkonzeptes ermittelten
Ergebnissen ab, so ergeben sich die folgenden Schlussfolgerungen:
I.
Die Stadt Bochum hat mit 230,4 ha einen erheblichen Bedarf an
Gewerbeflächenreserven bis zum Jahr 2034. Die eingeschränkte Verfügbarkeit von
vermarktbaren Fläche hat in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass die Stadt
Bochum mit ihrer wirtschaftlichen Entwicklung hinter ihren Möglichkeiten zurück
geblieben ist. Sowohl bei der Ansiedlung von Unternehmen, bei der
Arbeitsplatzentwicklung als auch bei der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (z. B.
Bruttoinlandsprodukt und Bruttowertschöpfung) liegt Bochum signifikant hinter dem
Durchschnitt des Ruhrgebiets. Nach den Gutachtern des Modul I des
Gewerbeflächenkonzept Bochum hat in der Langzeitbetrachtung die
Gesamtbeschäftigung in Bochum abgenommen; in vergleichbaren Kommunen und auf
Landesebene hingegen teils deutlich zugenommen.4 Die gewerblichen Flächen sind ein
wichtiger Faktor für die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung des Standortes Bochum.
Zukünftig brachfallende Gewerbeflächen müssen wieder gewerblich genutzt werden, um
die wegfallende wirtschaftliche Leistung, die von dem Betrieb auf der Fläche erzeugt
wurde, zu kompensieren. Diese können nicht als Ersatz für die zusätzlich
auszuweisenden Flächen herangezogen werden.
II. Von den 175,7 ha im RFNP gesicherten Flächenreserven sind 120,8 ha mit Restriktionen
belastet. „Der Anteil restriktionsbelasteter Flächenpotentiale liegt in Bochum - im
Vergleich zur Metropole Ruhr - exorbitant hoch: Dies zeigt sich besonders deutlich bei
den schwerwiegenden Restriktionen (Bochum 54%; Metropole Ruhr 29%). Der Aufwand
für die Bereitstellung gewerblich-industrieller Bauflächen am Markt ist also in Bochum
deutlich höher als im Durchschnitt der Metropole Ruhr“5. Vor diesem Hintergrund ist eine
konsequente Strategie zu erarbeiten, diese an den Markt zu bringen.
III. Des Weiteren sind innerhalb der 54,9 ha restriktionsfreier Flächenreserven kaum Flächen
> 2 ha vorhanden. Gerade Flächen > 2 ha werden in der Metropole Ruhr jedoch
besonders nachgefragt. Während in der Stadt Bochum zwischen 2005 und 2013 keine
einzige Fläche > 2 ha vermarktet wurde, machen diese Flächen nach den Erkenntnissen
3
netto = vermarktbare Fläche ohne Erschließung, brutto = Darstellung im RFNP/Regionalplan inkl.
Erschließung
4
Quelle: Präsentation „Gewerbeflächenanalyse für die Stadt Bochum“, vorläufige Ergebnisse, Folie 9,
Veranstaltung am 16.12.2015
5
Quelle: Präsentation „Gewerbeflächenanalyse für die Stadt Bochum“, vorläufige Ergebnisse, Folie
33, Veranstaltung am 16.12.2015
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der Gutachter die Hälfte aller neu vermarkteten Flächen in der Region aus. Deren
Vermarktung trägt insofern wesentlich zur wirtschaftlichen Entwicklung des Ruhrgebiets
bei. Es müssen schnellstmöglich Flächen > 2 ha für die Ansiedlung und
Weiterentwicklung von Unternehmen in Bochum an den Markt gebracht werden.
IV. In den Jahren 2005 bis 2013 wurden in Bochum für gewerbliche Zwecke durchschnittlich
lediglich 4,3 ha unbebaute Flächen in Anspruch genommen. Zu 78 % handelte es sich
dabei um Brachflächen. „Gemessen an den durchschnittlichen Vermarktungsraten in der
Metropole Ruhr könnte die Vermarktungsrate für unbebaute Flächen in Bochum auf rund
10 ha pro Jahr gesteigert werden. Voraussetzung dafür ist, das in hohem Maße
bestehende Nutzungsrestriktionen abgebaut werden“6. Dies wäre eine Vermarktungsrate,
die ungefähr dem Anteil der genutzten Bochumer Gewerbeflächen im Ruhrgebiet
entspräche. Betrachtet man den Bedarf von 230,4 ha verteilt auf den Planungszeitraum
des RVR von 19 Jahren (bis 2034) ergibt sich eine ähnliche Größenordnung.
Rechnerisch könnten dann jährlich ca. 12,1 ha vermarktet werden.
V. Die Aktivierung und Mobilisierung von planerisch bereits ausgewiesenen Flächen und die
Ausweisung von neuen Gewerbeflächen ist eine ressourcenintensive Aufgabe. Die Stadt
Bochum kann diese Aufgabe finanziell nicht alleine leisten. Deshalb ist es notwendig,
dass die Stadtverwaltung und die Wirtschaftsentwicklung Bochum mit dem Land
Nordrhein-Westfalen in Verhandlungen für eine gesonderte Förderung eintreten.
VI. Die Berechnungen des RVR für Gewerbe haben einen über die im RFNP bereits
gesicherten Flächenreserven hinausgehenden Bedarf ergeben. Die Regionalplanung trifft
eine planerische Vorsorge für zukünftige, mögliche Entwicklungen. Deshalb muss die
Ausweisung neuer Flächenreserven - auch im Freiraum - für eine gewerbliche
Entwicklung geprüft werden. Nach der Sommerpause 2016 stehen informelle Gespräche
der Stadtverwaltung und der Wirtschaftsentwicklung mit dem RVR über die
Flächenkulisse des Regionalplanes Ruhr an. Dies ist der richtige Zeitpunkt, um dem RVR
konkrete Flächenvorschläge für potenzielle neue Gewerbeflächenreserven zu
unterbreiten und zu diskutieren. Für diese Gespräche braucht die Verwaltung ein erstes
politisches Meinungsbild über konkrete Flächenvorschläge. Entsprechende Vorschläge
werden aktuell von dem Stadtplanungs- und Bauordnungsamt gemeinsam mit der
Wirtschaftsförderung Bochum GmbH für die politische Diskussion vorbereitet. Ziel ist es,
einen ersten wegweisenden Beschluss in der Ratssitzung am 30.06.2016 zu den Flächen
herbeizuführen.
Um einen Handlungsspielraum in den Gesprächen mit dem RVR zu haben, wird die
Verwaltung mehr als die vom RVR errechneten 82,0 ha in die Diskussion einbringen. Im
Rahmen der nachfolgenden Qualifizierung der Flächen und des weiteren
Regionalplanverfahrens können Flächen wegfallen. Ebenfalls ist zu berücksichtigen,
dass eine Aufnahme in den Regionalplan Ruhr nicht automatisch bedeutet, dass jede
Fläche unmittelbar entwickelt wird. Der Regionalplan Ruhr stellt den Handlungsrahmen
bis 2034 dar. Die tatsächliche Entwicklung einer im Regionalplan neu aufgenommen
Fläche bedarf weiterhin der städtischen Bauleitplanung. Neben einer Änderung des
(gemeinsamen) Flächennutzungsplanes ist auch ein Bebauungsplan aufzustellen. Das
heißt, die Politik hat im Nachgang zum Regionalplan Ruhr die Entscheidungsgewalt
darüber ob, wann und in welchem Umfang welche neuen Reserveflächen tatsächlich
angegangen werden.
VII. Die Betrachtung des RVR im Rahmen der Regionalplanung ist rein quantitativ. Welche
Qualität die neuen aber auch die bestehenden Gewerbegebiete aufweisen sollen, ist
nicht Bestandteil der Regionalplanung. Sowohl für die Impulse auf den Arbeitsmarkt als
6
Quelle: Präsentation „Gewerbeflächenanalyse für die Stadt Bochum“, vorläufige Ergebnisse, Folie
36, Veranstaltung am 16.12.2015
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auch für die zu erwartenden Gewerbesteuereinnahmen ist es jedoch entscheidend, was
auf den Flächen geschieht. In einem nachgelagerten Schritt ist es für die wirtschaftliche
Entwicklung der Stadt Bochum insofern von zentraler Bedeutung, auch die qualitativen
Aspekte zu betrachten. Bei den neu zu entwickelnden Gewerbegebieten gilt es
marktgängige Standortprofile zu schaffen, die hinreichend flexibel konzeptioniert sind, um
auch heute noch nicht absehbare Entwicklungstrends im Bereich der
Gewerbeflächenentwicklung mit aufnehmen zu können.
Ergänzend ist es erforderlich, die bestehenden Gewerbegebiete zu betrachten und deren
Entwicklungsperspektiven darzustellen. Zum Vergleich: dem ermittelten Bedarf von 230,4
ha an Gewerbeflächenreserven stehen 1058 ha an gewerblich genutzten Flächen (ohne
Erschließung) gegenüber. Die Weiterentwicklung und Qualifizierung der bestehenden
Gewerbegebiete ist ein wichtiger ergänzender Baustein der gesamtstädtischen
Gewerbeflächenentwicklung. Aus den vielfach bestehenden Gemengelagen ergeben sich
dabei besondere Herausforderungen, die ebenfalls vertieft zu betrachten sind.
Für die Positionierung der Stadt Bochum gegenüber dem RVR ist bis zu den Sommerferien
eine politische Auseinandersetzung mit potenziellen neuen Flächenreserven vordringlich. Die
Verwaltung plant ihre Flächenvorschläge wie folgt formal in die Gremien einzubringen:
Ausschuss für Strukturentwicklung
Ausschuss für Umwelt, Sicherheit und Ordnung
Haupt- und Finanzausschuss
Rat
01.06.2016
09.06.2016
22.06.2016
30.06.2016
Um eine frühzeitige Auseinandersetzung mit den vorgeschlagenen Flächen in der Politik zu
ermöglichen, bieten die Wirtschaftsentwicklung zusammen mit dem Stadtplanungs- und
Bauordnungsamt erneut eine gemeinsame Diskussionsveranstaltung - vergleichbar mit der
Veranstaltung am 16.12.2015 zu den ersten Ergebnissen des Modul I des
Gewerbeflächenkonzeptes - für die Mitglieder der Ausschusses für Strukturentwicklung an.
Auch die weiteren aufgezeigten Fragestellungen und Bausteine müssen zeitnah und parallel
angegangen werden. Ein solcher offensiver Umgang mit der zukünftigen
Gewerbeflächenentwicklung erfordert Ressourcen. Die Wirtschaftsentwicklung und die
Verwaltung haben sich als Ziel gesetzt, in der oben genannten Beratungsfolge auch
weitergehende Einschätzungen dazu zu geben, wie sich die identifizierten weiteren
Bausteine leisten lassen und welche finanziellen und personellen Erfordernisse dafür
erforderlich sind.
Finanzielle Auswirkungen:
Mittelbedarf für die Durchführung der Maßnahmen:
ausstehend
Jährliche Folgelasten (gemäß beiliegender Berechnung):
ausstehend
Anlagen:
Anlage 1: Neue Bedarrfszahlen des RVR bis 2034
Anlage 2: PPP der Gutachter zum GEK I
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