Daten
Kommune
Wuppertal
Dateiname
Bericht.pdf
Größe
196 kB
Erstellt
08.04.16, 10:35
Aktualisiert
29.01.18, 19:37
Stichworte
Inhalt der Datei
Bericht
Sitzung am
Geschäftsbereich
Stadtentwicklung, Bauen, Verkehr, Umwelt
Ressort / Stadtbetrieb
Ressort 106 - Umweltschutz
Bearbeiter/in
Telefon (0202)
Fax (0202)
E-Mail
Henrike Mölleken
563 5547
563 8049
henrike.moelleken@stadt.wuppertal.de
Datum:
23.03.2016
Drucks.-Nr.:
VO/0255/16
öffentlich
Gremium
19.04.2016 Ausschuss für Umwelt
Beschlussqualität
Entgegennahme o. B.
Baumschutz in Wuppertal seit Aufhebung der Baumschutzsatzung
Grund der Vorlage
Zehn Jahre nach Abschaffung der Baumschutzsatzung wird über den Baumschutz in
Wuppertal berichtet.
Beschlussvorschlag
Der Bericht wird ohne Beschluss zur Kenntnis genommen.
Unterschrift
Meyer
Begründung
Durch den Ratsbeschluss vom 19.12.2005 wurde die Baumschutzsatzung in Wuppertal zum
01.07.2006 abgeschafft. Wuppertal war damit eine der ersten Großstädte, die sich von
dieser Regelung zum Schutz der Bäume verabschiedete. Gleichzeitig mit dem Beschluss zur
Abschaffung der Baumschutzsatzung wurde die Verwaltung beauftragt, das Verzeichnis der
Naturdenkmale im Stadtgebiet fortzuschreiben. In Zusammenarbeit mit den
Bezirksvertretungen sollten schützenswerte Solitärbäume, die bislang nicht gelistet waren,
auf eine Ausweisung als Naturdenkmal geprüft und bis zum 30.06.2006 entsprechend
geschützt werden. Durch Beschluss des Umweltausschusses vom 17.10.2006 wurde das
Ressort Umweltschutz außerdem beauftragt, ein Baumförderprogramm einzurichten.
In den vergangenen Jahren wurde Personal in diesem Bereich abgebaut und Aufgaben
verlagert.
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Das Baumförderprogramm
Das Ressort Umweltschutz richtete das Baum-Förderprogramm ein mit dem Ziel, die
Bürgerinnen und Bürger für Pflanzung, Pflege, Schutz und Fällung von Bäumen zu beraten.
Besonders für die Baumpflanzung ist eine grundlegende Beratung nötig, weil gerade hier
sehr frühzeitig Rahmenbedingungen geschaffen werden, die sich später sehr negativ
auswirken können: Die falsche Wahl der Baumart, des Standortes oder zu geringe Abstände
von Gebäuden, Leitungen, konkurrierenden Gehölzen und Grenzen sind wichtige Merkmale.
In vielen Fällen werden die Fragen schon am Telefon geklärt. Für alle anderen Fälle, wo es
erforderlich ist den Baum in Augenschein zu nehmen oder die Gesamtsituation der Bäume
und Gehölze zu beurteilen, werden mit den Antragstellern Ortstermine vereinbart. Die
telefonische und die Beratung vor Ort sind kostenfrei.
In einigen Ausnahmefällen wird keine Beratung im Sinne des Baumförderprogramms
vorgenommen:
-
-
Wenn Bürgerinnen und Bürger nicht nur für die auf ihrem Grundstück befindlichen
Bäume einen Beratungsbedarf haben sondern auch Anträge stellen, die ein
Nachbargrundstück betreffen.
Gelegentlich kommt es vor, dass Einzelpersonen einer Eigentümergemeinschaft
gerne einen Baum beseitigen wollen, ohne die Gemeinschaft zu informieren.
Auch bei Nachbarschaftsstreitigkeiten sind die Mitarbeiter gerne gefragte Fachleute.
In solchen Fällen werden keine juristischen Aussagen gemacht, sondern nur
Hilfestellungen geleistet zur gärtnerischen Einschätzung des Sachverhalts. Einmal
waren die Mitarbeiter dann doch als Zeugen vor Gericht geladen, um einen als zu
erhalten festgesetzten Baum, zu dem es zwei widerstreitende Gutachten gab, zu
bewerten.
Zur Beurteilung der Standsicherheit von Bäumen ist das Baumförderprogramm nicht
vorgesehen. Dies ist eine kostenpflichtige Aufgabe des Berufsstandes der
Baumsachverständigen. Es erfolgt lediglich eine augenscheinliche Ersteinschätzung.
Aus unten stehender Tabelle ist die Statistik des für das Baumförderprogramm zuständigen
Mitarbeiters ablesbar. Nicht dargestellt sind unzählbare Anrufe zu allen anderen Fragen des
Baumschutzes, die vor allem das Bundesnaturschutzgesetz (besonders den § 39 (5)
Fällungen in der Sperrfrist) betreffen.
2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Summe
Vor Ort
18
44
32
39
25
29
25
40
11
263
Telefon
215
247
530
1015
797
711
479
381
519
4894
Weitere Informationen zum Baumförderprogramm, einschließlich mehrerer Listen geeigneter
Baumarten sind erhältlich über www.wuppertal.de/baumförderprogramm. Dieses
Baumförderprogramm kann eine Baumschutzsatzung nicht ersetzen, aber in Teilen
kompensieren. Aufgrund der überwiegend positiven Erfahrungen mit diesem
Förderprogramm rät das Ressort Umweltschutz derzeit von einer Wiedereinführung einer
Baumschutzsatzung ab. Bei einer Wiedereinführung der Baumschutzsatzung ist zu
befürchten, dass viele Bäume gefällt werden, die ansonsten erhalten geblieben wären.
Darüber hinaus ist nicht mit einer Aufstockung des Personals zu rechnen, die für diese
Aufgabe notwendig wäre.
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Naturdenkmale
Darstellung des Verfahrens seit 2006
Naturdenkmale in Wuppertal sind zum einen in den vier Landschaftsplänen festgesetzt und
zum anderen - außerhalb der Geltungsbereiche der Landschaftspläne - durch eine
ordnungsbehördlichen Verordnung.
Zum Stand April 2016 sind in Wuppertal in 99 Objekten 498 Bäume als botanisches, 20
Objekte als geologisches und 18 Objekte mit 22 Quellen als Naturdenkmal festgesetzt.
Der oben genannte Ratsbeschluss aus dem Jahr 2005 hatte zur Folge, dass rund 2.500
Vorschläge von Bürgerinnen und Bürgern und von den Bezirksvertretungen eingereicht
wurden. Aufgrund des Umfangs der Meldungen und anschließender Prüfung wurden ab dem
01.07.2006 in drei Chargen Naturdenkmale einstweilig sichergestellt und am 16.12.2008
eine endgültige ordnungsbehördliche Verordnung zum Schutz von Naturdenkmalen vom Rat
der Stadt beschlossen. Zu den geschützten Naturdenkmalen gehören vorrangig Linden,
gefolgt von Blutbuchen, Platanen und Eichen; das Alter dieser Naturdenkmale liegt zwischen
90 und 250 Jahren.
Unter diesen schon besonderen Bäumen sind einige noch besonders herauszustellen, weil
z.B. Alleen in Wuppertal Seltenheitswert haben oder andere in den letzen Jahren
Gegenstand des Medieninteresses wurden: dazu gehören z.B
- die Lindenallee („Lindendom“) am Friedhof Uellendahl
- die Lindenallee in den Barmer Anlagen (114 Bäume).
- Blutbuche Schöppenberg
- Tanzlinden Sondern,
- Roteichen am Steinhauser Berg
- Galgeneiche auf der Hardt
Kriterien zur Unterschutzstellung von botanischen Naturdenkmalen
Allgemein
Naturdenkmale sind natürliche (Bäume), belebte (Quellen) und unbelebte (geologische)
Objekte, die einzigartig und deshalb schützenswert sind. In dieser Vorlage werden nur die
botanischen Naturdenkmale behandelt. Nach dem Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG
§28 (1)) können Naturdenkmale „Einzelschöpfungen der Natur“ oder „entsprechende
Flächen bis zu fünf Hektar“ sein. Naturdenkmale können in dicht bebautem Gebiet und in der
Landschaft ausgewiesen werden. Sie gelten insbesondere als „Botschafter“ des
Umweltgedankens, da sie Schutzgut in seiner Vielfalt sehr eindrücklich darstellen. Im
Unterschied etwa zu einem Natur- oder Landschaftsschutzgebiet oder einem Naturpark tritt
der Erholungsgedanke in den Hintergrund, der didaktische Zweck in den Vordergrund.
Weitere Informationen dazu liefert die Broschüre „Bäume in der Stadt“, die derzeit
überarbeitet und aktualisiert wird.
Diese Objekte werden „aus wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen oder landeskundlichen
Gründen“ oder „wegen ihrer Seltenheit, Eigenart und Schönheit“ festgesetzt. Die gesetzliche
Grundlage dafür war bis 2010 das Landschaftsgesetz (LG) NRW und danach das
Bundesnaturschutzgesetz (BNatschG). Bei der Einzelschöpfung ist es wesentlich, dass sich
das Objekt, ein Baum, eine Baumgruppe oder –reihe, von anderen seiner Art deutlich und
erkennbar abhebt (s.o.: Tanzlinden) oder aber selten ist (z. B. Araukarien, Cronenberg). Bei
flächenhaften Naturdenkmalen handelt es sich meistens z. B. um geologische Aufschlüsse
(z. B. „Silberkuhle“, Wuppertal-Nächstebreck) oder Sicker- und Sumpfquellen (z. B. am
Brüggen Bach, Dönberg) aber es gibt auch einzelne botanische flächenhafte Naturdenkmale
wie z.B. der Kalkbuchenwald in Vohwinkel südlich von Schloss Lüntenbeck.
In den Schutz mit einbezogen wird auch die Umgebung, um Beeinträchtigungen des
eigentlichen Schutzobjektes zu vermeiden z. B. der Kronendurchmesser eines Baumes
erweitert um einen Radius von 2 Metern.
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Die Schutzgründe im Einzelnen
- Ein wissenschaftlicher Grund liegt vor, wenn das Naturdenkmal Gegenstand
naturwissenschaftlicher oder historischer Betrachtungen ist. Das betreffende Objekt
muss noch nicht konkret Gegenstand der Forschung sein. Es genügt, wenn es sich
dafür eignet. Bäume sind in Wuppertal nicht aus wissenschaftlichen Gründen
festgesetzt.
- Aus naturgeschichtlichen oder landeskundlichen Gründen sind Bäume mit lokaler
geschichtlicher Bedeutung festgesetzt: z.B. die Galgeneiche auf der Hardt,
Tanzlinden auf Hof Sondern, vier Eiben an der ehem. Zollstation in einem ehem.
Bauerngarten in Schöllerheide, div. Hofbäume oder die Kaisereiche am Hans-OttoBilsteinplatz.
- Aus Gründen der Seltenheit, Einzigartigkeit und Schönheit sind z. B. Bäume wie die
Rosskastanie im Deweerthschen Garten, die prägend für das Wohnquartier ist oder
die ungewöhnlich mächtige, imposante und einen Kreuzungsbereich in der Siedlung
an der Kriegerheimstraße in Elberfeld markierende Sommerlinde festgesetzt.
Unterhaltung und Pflege:
Für den Unterhalt und die Pflege dieser botanischen Naturdenkmale ist viel
Fingerspitzengefühl gefragt, weil die Folgen umfangreicher Maßnahmen bedacht sein
müssen: Bei Pflegeeingriffen in Naturdenkmalen ist die Verhältnismäßigkeit zu wahren, es
geht nicht um einen Erhalt um jeden Preis. Wenn z.B. Zweifel an der Standfestigkeit eines
Baumes durch Pilzbefall, Bruchgefahr von Starkästen etc. bestehen, werden hierzu externe
Gutachten in Auftrag gegeben und entsprechend der Handlungsempfehlungen Maßnahmen
durchgeführt oder dem Baumeigentümer (Verkehrssicherungspflicht) mitgeteilt. Das kann
aber auch bis zur Fällung führen, wie es in Wuppertal beispielsweise bei der Rosskastanie
Heidt leider erforderlich war.
Weitere Möglichkeiten zum Baumschutz
Schutzgebiete
In den Natur und Landschaftsschutzgebieten gibt es einen grundsätzlichen Schutz von
Bäumen und Gehölzen. Gemäß der Regelungen in den Landschaftsplänen sind insbesondere verboten „… Bäume, Sträucher, Hecken, Gebüsche, Feldgehölze, Ufergehölze,
Gehölzstreifen, Obstwiesen oder sonstige Pflanzen zu beschädigen, auszureißen,
auszugraben oder Teile davon abzutrennen …“ Als Beschädigung gelten auch das Verletzen
des Wurzelwerkes und jede andere Maßnahme, die geeignet ist, das Wachstum und das
Erscheinungsbild zu beeinflussen,
Ausgenommen von dem Verbot ist die ordnungsgemäße Forstwirtschaft auf Waldflächen.
Bebauungspläne
Eine weitere Möglichkeit zum Baumschutz ist die Festsetzung in einem Bebauungsplan. Von
dieser Möglichkeit wird regelmäßig Gebrauch gemacht. Bei diesen Bäumen, die als zu erhalten festgesetzt werden sollen, sind vorrangige Entscheidungskriterien deren städtebauliche
Bedeutung, der Gesundheitszustand und der Baumstandort, der so beschaffen sein sollte,
dass der Baum weiterhin Entwicklungsmöglichkeiten hat.
Es besteht jedoch auch die Möglichkeit bei unerwarteten Entwicklungen die Festsetzungen
eines Bebauungsplanes anzupassen. Im Rahmen einer Dispensierung können Baumfällung
zugelassen werden. In Wuppertal werden durchschnittlich etwa zehn Dispensanträge mit
jährlich etwa 20 zu fällenden Bäumen eingereicht 3/5 dieser Bäume sind Gefahrenbäume
gewesen, bei 1/5 handelt es sich um Bäume, die z.B. zu dicht an Gebäuden standen und 1/5
der Anträge wurde abgelehnt.
Zukunft des Baumschutzes
Über die Änderungsverfahren der Landschaftspläne gibt es die Möglichkeit, weitere Bäume
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als Naturdenkmale zu schützen. Die Mitarbeiter der Unteren Landschaftsbehörde führen eine
Liste mit Bäumen, die bisher noch nicht geschützt wurden: Dazu gehört z.B. eine
sogenannte „Olympiaeiche, die 1936 gepflanzt wurde. Während der Habitus dieses
Gehölzes noch nicht in die Kriterien des Schutzstatus gewachsen ist, könnte jedoch die
landeskundliche Bedeutung mehr Gewicht erlangen.
Sofern der Unteren Landschaftsbehörde im bauplanungsrechtlichen Innenbereich Bäume als
Naturdenkmale - vielleicht noch mehr mit dem Schutzgrund „landeskundliche Gründe“ von
den Bürgerinnen und Bürgern gemeldet werden – können nach einer Prüfung solche Bäume
per Erlass einer ordnungsbehördlichen Verordnung durch den Rat der Stadt geschützt
werden.
Fazit
Wie in anderen Städten hat auch in Wuppertal die Abschaffung der Baumschutzsatzungen
zunächst einen geringen Anstieg der Fällungen bewirkt. In den folgenden Jahren ist die Zahl
wieder zurück gegangen, es sind nur wenige markante Bäume bekannt geworden, die
beseitigt wurden. Es hat sich gezeigt, dass das Baumförderprogramm gut angenommen wird
und der verwaltungsseitige Aufwand reduziert werden konnte. Die erneute Einführung einer
Baumschutzsatzung würde unweigerlich dazu führen, dass Bäume gefällt werden.
Demografie-Check
Auf den Demografie Check wird in dieser Drucksache verzichtet.
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