Daten
Kommune
Bochum
Dateiname
Anlage 3: Gestaltungshandbuch mit Satzungstext in der Entwurfsfassung.pdf
Größe
9,9 MB
Erstellt
05.05.16, 02:22
Aktualisiert
30.01.18, 12:33
Stichworte
Inhalt der Datei
1
DENKMALBEREICH LANGENDREER ALTER BAHNHOF
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GESTALTUNGSHANDBUCH
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TW
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EN
KONTAKT FÜR RÜCKFRAGEN
Eckart Kröck | Burkhard Huhn | Linda Elaine Buresch
Stadtplanungs- und Bauordnungsamt Bochum | Untere Denkmalbehörde
Fon:
+49 (0)234.9102532
E-Mail: amt61@bochum.de
Internet: www.bochum.de
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BEARBEITUNG
sds_utku
Büro für Städtebau, Denkmalpflege, Stadtforschung
Am Knappenberg 32, 44139 Dortmund
Katja Schlisio | Yasemin Utku | mit Unterstützung von Kathrin Nentwich und Melanie Rüting
www.sds-utku.de
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HERAUSGEBER
Stadt Bochum
Die Oberbürgermeisterin
Baudezernat
Willy-Brandt-Platz 2-6
44787 Bochum
Druck: Zentrale Dienste der Stadt Bochum
ISBN 978-3-8093-0302-2
Bochum, August 2015
Wenn nicht anders angegeben, stammen alle Abbildungen vom Büro sds_utku. Quelle Titelbild: Stadt Bochum
EN
Der Inhalt dieses Druckwerkes enstpricht dem Stand der Drucklegung. Änderungen bleiben vorbehalten. Die aktuelle Fassung des Gestaltungshandbuches ist beim Stadtplanungs- und Bauordnungsamt
einzusehen. Die Veröffentlichung erfolgt im Internet unter http://www.bochum.de.
DENKMALBEREICH LANGENDREER ALTER BAHNHOF
GESTALTUNGSHANDBUCH
INHALT
VORWORT
7
DENKMALBEREICH
LANGENDREER ALTER BAHNHOF
HISTORIE - ENTWICKLUNG UND AKTEURE
DER DENKMALBEREICH
ZIELE FÜR DEN ERHALT UND DIE WEITERENTWICKLUNG
9
11
19
23
QUARTIERSGRUNDRISS
25
STRASSENRASTER UND QUARTIERSEINGÄNGE
STÄDTEBAULICHE STRUKTUR
GEBÄUDESTRUKTUR
GRÜNSTRUKTUR UND FREIFLÄCHEN
BESONDERHEIT ALTE BAHNHOFSTRASSE
27
29
31
33
35
GEBÄUDEBESTAND
37
39
41
EN
NEUBAUTEN AUS DER ZEIT ZWISCHEN 1860 UND 1918 SOWIE AN DIE KAISERZEITLICHEN
KONZEPTIONEN ANKNÜPFENDE NEUBAUTEN AUS DER ZEIT ZWISCHEN 1920 UND 1930,
DIE WEITGEHEND BAUZEITLICH ERHALTEN SIND
NEUBAUTEN AUS DER ZEIT ZWISCHEN 1860 UND 1918, DIE STARK ÜBERFORMT UND/
ODER VERÄNDERT SIND
WIEDERAUFBAUTEN UND NEUBAUTEN NACH 1945, DIE SICH AN DER HISTORISCHEN
BAUFLUCHT ORIENTIEREN
WIEDERAUFBAUTEN UND NEUBAUTEN NACH 1945, DIE MIT STARK VERÄNDERTER
BAUFLUCHT UND/ODER AUF EHEMALS UNBEBAUTEN GRUNDSTÜCKEN ERRICHTET
WURDEN
SONDERBAUTEN UND SOLITÄRE
FASSADEN
FASSADENGESTALTUNG
4
43
45
47
49
49
INHALT
ARCHITEKTONISCHE DETAILS UND ORNAMENTIK
BALKONE UND TERRASSEN
FASSADENÖFFNUNGEN
HAUSEINGÄNGE
FENSTER UND ROLLLÄDEN
DACHLANDSCHAFT
DACHEINDECKUNG UND ENTWÄSSERUNG
DACHAUFBAUTEN
DACHFLÄCHENFENSTER
TECHNISCHE ANLAGEN AUF DÄCHERN
BESONDERHEIT GESCHÄFTSHÄUSER
EINFRIEDUNGEN
ANBAUTEN UND NEBENGEBÄUDE
MATERIALIEN UND FARBGESTALTUNG
ZU VERWENDENDE MATERIALIEN
ZU VERWENDENDE FARBEN
DENKMALGERECHTE SANIERUNG
RAUMSTRUKTUR
81
BAUFLUCHT UND ECKBETONUNGEN
SICHTBEZIEHUNGEN UND BLICKACHSEN
STÄDTEBAULICHE DOMINANTEN
SILHOUETTE
81
87
91
91
DENKMALBEREICHSSATZUNG „LANGENDREER ALTER BAHNHOF“
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6
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GRUSSWORT
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INHALT
53
55
57
57
59
63
63
65
67
67
69
71
73
75
75
77
79
ALLGEMEINE FRAGEN ZUM DENKMALSCHUTZ
108
GLOSSAR
112
LITERATUR UND QUELLEN (AUSWAHL)
116
5
GRUSSWORT
VORWORT
GLÜCK AUF!
ANDREA BUSCHE
BEZIRKSBÜRGERMEISTERIN BOCHUM-OST
6
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ca. 1.800 Zeichen mit Leerzeichen
+ ein aktuelles Foto,
+ digitale Unterschrift
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„Welch ein wunderschönes Stadtquartier.“
EN
ES IST SO WEIT, SIE HABEN DAS GESTALTUNGSHANDBUCH ZUM
DENKMALBEREICH LANGENDREER ALTER BAHNHOF IN DEN HÄNDEN.
UNTER ENGER EINBEZIEHUNG DER ANWOHNER, GEWERBETREIBENDEN UND
HAUSBESITZER IST DIESES WERK ENTSTANDEN UND DAS IST GUT SO, DENN
NATÜRLICH GIBT ES ERST EINMAL VIELE ÄNGSTE UND SORGEN, GERADE BEIM
THEMA DENKMALSCHUTZ.
IM LAUFE DES PROZESSES KONNTEN SICH ABER IMMER MEHR MENSCHEN FÜR
DAS THEMA BEGEISTERN UND HABEN SICH AKTIV EINGEBRACHT. DAS FINDE
ICH WUNDERBAR, DENN GESTALTEN KÖNNEN WIR NUR GEMEINSAM UND MIT
VIELEN MENSCHEN, DIE EINE IDEE MIT TRAGEN.
WIR HABEN MIT DEM „ALTEN BAHNHOF“ EIN WAHRES SCHMUCKSTÜCK AUS
DER WILHELMINISCHEN KAISERZEIT, DAS GILT ES ZU BEWAHREN, SO GUT ES
MÖGLICH IST. EINE DENKMALBEREICHSSATZUNG IST DIE WEICHSTE FORM
DES DENKMALSCHUTZES MIT DEN GERINGSTEN EINSCHRÄNKUNGEN UND
AUFLAGEN. ICH BIN MIR SICHER, DASS WIR LANGFRISTIG ETWAS GUTES FÜR
DEN STADTTEIL TUN UND EINE AUFWERTUNG STATTFINDEN WIRD, VON DER
WIR ALLE GEMEINSAM NUR PROFITIEREN KÖNNEN.
WAS FÜR DEN „ALTEN BAHNHOF“ ERARBEITET WURDE, KÖNNEN SIE HIER
NACHLESEN.
Hier folgt ein Vowort von einem Vertreter der Stadt Bochum:
TW
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LIEBE MITBÜRGERINNEN UND MITBÜRGER,
„Wir haben mit
dem Alten Bahnhof ein wahres
Schmuckstück
aus der wilhelminischen Kaiserzeit
(...).“
N.N
Funktion
7
DENKMAL
BEREICH
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DENKMALBEREICH
LANGENDREER ALTER BAHNHOF
EN
TW
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as Quartier Langendreer Alter Bahnhof liegt im Bochumer Osten, süd-westlich
von Dortmund-Lütgendortmund. Das Quartier ist gut an das Autobahnnetz
und an den ÖPNV angebunden. Im Norden grenzt es an den Stadtteil Werne,
südlich liegt der Stadtteil Ümmingen und westlich grenzt Bochum-Laer an. Das
Quartier umgeben einige Naherholungsgebiete wie der östlich angrenzende Park
Langendreer, der Ümminger See und die umliegenden Bäche als Bestandteil des
regionalen „Grünzug E“ mit Bedeutung für die ökologische Vernetzung und die
Erholung im Ruhrgebiet und der Stadt Bochum.
Der Denkmalbereich umfasst ca. 30 ha, ist durch eine dichte und nutzungsgemischte Bebauung geprägt und daher sehr städtisch und urban. Die Alte
Bahnhofstraße ist das geschäftige Zentrum des Quartiers, die angrenzenden
Bereiche zwischen Ümminger-, Mansfelder-, Lünsender Straße und der Straße
Im Uhlenwinkel dienen fast ausschließlich dem Wohnen. Ausnahmen bilden die
gemeinnützig genutzten Gebäude wie die Kirchen, die Gemeindehäuser, die
Schulen und der Kindergarten. Bochum-Langendreer Alter Bahnhof kann auf
eine 150 jährige Geschichte zurückblicken; die städtebaulichen und räumlichen
Qualitäten sind ebenso wie die historische Bausubstanz erhalten und ablesbar.
Das Quartier ist früher wie heute ein beliebter Wohnstandort und ist durch die
gute Nahversorgung ein selbstständiger Stadtteil Bochums.
„Die städtebaulichen
und räumlichen
Qualitäten sind ebenso wie die historische
Bausubstanz erhalten
und ablesbar.“
Urbanes Zentrum des Quartiers: die Alte Bahnhofstraße
linke Seite: Luftbild mit Abgrenzung des Denkmalbereiches
Quelle: Stadt Bochum
9
1892
Historie - Entwicklung und Akteure
1913
DENKMAL
BEREICH
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Preußische Landesaufnahme 1892/94, M 1:25000
Quelle: Archiv Karsten Höser
Auszug aus der Datensammlung HistoriKa25, 1913
Quelle: Landesvermessungsamt NRW
1930
„Das Quartier
Langendreer Alter
Bahnhof entstand zur Zeit der
Hochindustrialisierung
ab ca. 1860 an einem
strategisch günstigen
Ort.“
EN
1920
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as Quartier Langendreer Alter Bahnhof entstand zur Zeit der
Hochindustrialisierung ab ca. 1860 an einem strategisch günstigen Ort, der
für diese Zeit zwei wichtige Voraussetzungen verband: Einen Bahnhof und mehrere Zechen. Diese Faktoren waren im Zeitalter der Industrialisierung treibende
Kräfte für Stadtwachstum und Expansion. Die Siedlungskerne am bestehenden historischen Wegenetz bildeten die Bebauung rund um den ehemaligen
Bahnhof am nördlichen Entree des Quartiers sowie die Bebauung nahe der
Hauptzuwegung der ehemaligen Zeche „Colonia“, die westlich der Kreuzung
Ümminger-/Mansfelder Straße lag. Die Ümminger Straße als Hauptstraße wurde
zur Chaussee ausgebaut, kurz darauf folgte der Ausbau der Alten Bahnhofstraße
als „Communalstraße“ vom Bahnhof Langendreer bis in das „Dorf“ Langendreer.
Der befestigte Ausbau der Mansfelder Straße erfolgte erst einige Jahre später.
Ausgehend von den Siedlungskernen und befestigten Straßen wurden in geometrischem Raster neue Straßen angelegt, Flächen parzelliert und bebaut. Die heutige Eislebener Straße entstand als eine der ersten Nebenstraßen des geplanten
Rasters Anfang der 1890er Jahre. Östlich der Alten Bahnhofstraße entwickelte
sich zunächst die Straße Leifacker und wenige Jahre danach folgten die Straßen In
den Langenstuken und An den Lothen. 1902 wurde die heutige Wartburgstraße,
die Straße Am Küsterland und der Ambergweg rund um die nun auch befestigte
Mansfelder Straße angelegt und bebaut. Die Anlage der Wittenbergstraße folgte
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Übersichtsplan der Gemeinde Langendreer 1920
Quelle: Stadt Bochum
Grundkarte 1930
Quelle: Stadt Bochum
Urmesstischblatt 1840,
Das rote Dreieck zeigt das historische Wegenetz zwischen Ümminger Straße, Alte Bahnhofstraße und Mansfelder Straße
Quelle: Stadt Bochum
11
1910
mit architektonisch und ornamental reich ausgestalteten Bauten im Jahre 1904.
Neben der typischen Bebauung, verwirklicht durch Einzeleigentümer, entstanden ab den 1880er Jahren auch Werkswohnungbauten als zusammenhängende
Kolonien südlich der Mansfelder Straße und entlang der Coloniastraße. Diese
enwickelten sich unabhängig und ohne städtebaulichen Kontext zum Quartier.
DENKMAL
BEREICH
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Der kaiserzeitliche Städtebau ab der sogenannten Gründerzeit und den
Folgejahren zielte auf eine geometrische, kompakte, kleinparzellierte und
nutzungsgemischte Blockrandbebauung mit einer reichen architektonischen
und ornamentalen Ausstattung der Fassaden zum öffentlichen Raum ab. Mit
der steigenden Nachfrage nach Wohnraum in den Städten durch wachsende
Bevölkerungszahlen entstand ein neuer Wohntypus: das Mietshaus. Die neu
entwickelten Quartiere entstanden auf „der grünen Wiese“ und so besaß man
Freiheiten bei der Planung und Gestaltung. Geschmack dieser Zeit war der sogenannte Historismus, der sich auf vergangene Stile stützte. Man plante steinerne und repräsentative Städte, die durch Motive wie Achsen, Sichtbeziehungen,
räumliche Aufweitungen und betonte Ecken geprägt sind.
EN
1916
Mit dem Wachstum der Bevölkerung wurde die Infrastruktur ausgebaut und um
1870 entstand die erste Schule an der Lünsender Straße; bis zum Jahre 1903
folgten zwei weitere. 1893 wurden ein Kindergarten in der Eislebener Straße
und 1894 ein Postamt an der Ecke Alte Bahnhofstraße/Leifacker realisiert. Mit
dem Erwerb eines Grundstücks für die katholische Kirche im Jahre 1887 sowie der Einrichtung einer evangelischen Pfarrstelle 1893 definierten sich erste
Bereiche für das öffentliche Leben im noch unbebauten Quartier entlang der
Alten Bahnhofstraße. Durch die Planung des Amtshauses als verbindendes
Element zwischen dem Alten Bahnhof und dem Langendreer Dorf wurde die
Alte Bahnofstraße von immer größerer Bedeutung. Es siedelten sich zahlreiche
Geschäfte an und es entstand die für das Quartier typische lineare Zentralität.
Entlang der Alten Bahnhofstraße als Geschäftsstraße entwickelten sich repräsentative öffentliche Räume in Form von unterschiedlichen platzartigen und räumlichen Aufweitungen.
Durch den wirtschaftlichen Aufstieg und dem für den Güterumschlag strategisch günstigen Standort siedelten sich neben großen Gesellschaften wie dem
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Historische Aufnahmen aus Bochum Langendreer Alter Bahnhof
linke Seite: das Haus des Bauunternehmers Maiweg an der Alte
Bahnhofstraße 165 (oben) und der Quartiersplatz „Stern“ (unten)
rechte Seite:
oben: Vogelschau vom Quartierseingang an der ev. Kirche
Mitte: Ümminger Straße mit Blick in Richtung Bahnhof, 1937
unten: Blick in die Alte Bahnhofstraße vom Bahnhof aus
Quelle: Stadt Bochum
13
Eisenwerk von Heinrich Herbertz auch kleinere Handwerks- und mittelständische Betriebe des Bausektors an. Für die Quartiersentwicklung bedeutsam
war die 1859 von Friedrich Wilhelm Maiweg gegründete Bauunternehmung.
Das Unternehmen realisierte zahlreiche Fördertürme und Schächte, aber auch
zahlreiche Wohn- und Geschäftshäuser, die erste Schule, den Kindergarten,
das Postamt sowie beide Kirchen und prägte damit die Infrastruktur und das
Stadtgefüge im Quartier maßgeblich. Der Unternehmer Maiweg wurde auch
überregional geschätzt und baute unter anderem 1878 die Oberpostdirektion
Münster, 1879 das Landgericht in Dortmund und 1885 den Düsseldorfer
Hauptbahnhof.
DENKMAL
BEREICH
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1952
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Bis in die 1910er Jahre ist eine sich rasch und unregelmäßig entwickelnde
Verdichtung des Quartiers erkennbar. Die wirtschaftlichen Perspektiven in
dieser Zeit waren gut und Erweiterungen des Quartiers in südlicher- und östlicher Richtung waren projektiert. Mit dem Ende der dynamischen Siedlungsentwicklung in den 1910er Jahren blieben großflächige Parzellen unbebaut.
Einzelne Nachverdichtungen und Überformungen der 1920er Jahre folgten der
strukturellen Grundidee des wilhelminischen Städtebaus. Auf fast allen historisch unbebauten Freiflächen entstanden nach 1945 Neubauten, insbesondere
zusammenhängende und für das Quartier untypische Ensembles, die sich nicht
an der historischen Bauflucht oder gestalterischen Aussagen der vorhandenen
Bauten orientierten. Beispiele hierfür sind hauptsächlich im Süden des Quartiers
entlang der Mansfelder Straße, In der Schuttenbeck und an der Hohen Eiche zu
finden.
14
Durch den Zweiten Weltkrieg waren geringe Schäden an der Bausubstanz zu verzeichnen, sodass bis heute die Altbauten in der Gesamtzahl der Gebäude des
Quartiers überwiegen. Auf den Fotos (rechte Spalte) aus dem Jahr 1976 ist zu
erkennen, dass die Substanz bis weit in die Nachkriegszeit weitestgehend unverändert war. Die Fotos zeigen einen unsanierten Gebäudebestand sowie das
aus der kaiserzeitlichen Bebauung stammende Trennsystem des Straßenraumes:
einen erhöhten Bürgersteig abgetrennt vom fahrenden Verkehr. Einem stetigen
Wandel jedoch sind die Erdgeschosszonen der Geschäftshäuser unterworfen:
Eine Verbreiterung der Schaufensterflächen ist seit der Nachkriegzeit im Quartier
flächendeckend zu erkennen.
Historische Aufnahmen aus Bochum Langendreer Alter Bahnhof
linke Seite: Luftbild aus dem Jahr 1952
rechte Seite: Ansichten aus dem Jahr 1976:
oben: der Quartiersplatz „Stern“
Mitte: die Alte Bahnhofstraße Ecke Hohe Eiche
unten: Blick entlang der Alten Bahnhofstraße in Richtung Süden
15
R
F
Anfang der 1980er Jahre wurde im Zuge von Stadterneuerungsmaßnahmen
das Quartier Langendreer Alter Bahnhof stärker durchgrünt und die Alte
Bahnhofstraße verkehrsberuhigt. Die Geschäftsstraße wurde baulich verändert
und erhielt eine einheitliche Pflasterung ohne Bordstein. Auch der Stern als öffentliche Platzanlage wurde vom fahrenden Verkehr befreit und als Stadtraum
zum Verweilen gestaltet. Sichtbeziehungen, städtbauliche Dominanten und
Eckbetonungen des kaiserzeitlichen Städtebaus wurden durch die Begrünung
an vielen Stellen unsichtbar. Im Jahre 1989 wurde mit der Aufstellung eines
Bebauungsplanes die typische Nutzungsdurchmischung im Quartier gesichert:
An der Alten Bahnhofstraße, in Teilen an der Ümminger Straße und an wenigen
Nebenstraßen wie der Hohen Eiche und der Eislebener Straße ist eine gewerbliche Nutzung in den Erdgeschosszonen festgeschrieben, in den Nebenstraßen
wird reines Wohnen festgesetzt.
EN
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Auch heute ist der Quartiersgrundriss, die Gebäudesubstanz und die komplexe Raumstruktur des zwischen 1860 und 1918 gewachsenen städtebaulichen
Ensembles in wesentlichen Teilen erhalten. Einige Gebäude haben jedoch durch
eine Sanierung ihre typischen Merkmale wie architektonische Details in der
Fassade und im Dach sowie die zierende Ornamentik verloren.
16
Im Zuge der Sensibilisierung für das historisches Erbe, beginnend mit dem
Denkmalschutzjahr 1975 und der Einführung des Denkmalschutzgesetzes im
Jahre 1980 in NRW fand eine landesweite Welle der Begutachtung der vorhandenen Substanz statt. Schon in diesem Zuge wurden die Qualitäten des Quartiers
Langendreer Alter Bahnhof von der Stadt Bochum entdeckt und herausragende
Einzelobjekte im Quartier unter Denkmaschutz gestellt. Im Jahre 1997 verfasste der
Landschaftverband Westfalen-Lippe als unabhängige Fachbehörde ein Gutachten,
dass die Qualitäten des Quartiers beschrieb. Das Thema Denkmalbereich nahm
wieder Fahrt auf, nachdem das Deutsche Nationalkomitee für Denkmalschutz
im Jahr 2013 einen Workshop mit Studierenden verschiedener Disziplinen und
Universitäten durchführte. Neben der Erstellung eines Umnutzungskonzeptes für
die evangelische Kirche war auch das gesamte Quartier ein Thema: Man untersuchte die Qualitäten der Bausubstanz und entwicklete erste Ideen zum Schutz.
Die Stadt Bochum griff die Ergebnisse des Workshops als Anreiz auf und entwickelte mit vielen Unterstützern und Akteuren den Denkmalbereich „Langendreer
Alter Bahnhof“.
DENKMAL
BEREICH
„Auch heute ist der
Quartiersgrundriss,
die Gebäudesubstanz
und die komplexe
Raumstruktur aus
der wilhelminischen
Bebauung in weiten
Teilen erhalten.“
linke Seite: städtebaulich prägnante Bereiche im
Quartier: die Grünfläche vor der evangelischen Kirche,
die räumliche Aufweitung vor dem „Maiweg-Haus“ und
der Quartiers- und Marktplatz „Stern“
17
Räumlicher Geltungsbereich
Der Denkmalbereich
DENKMAL
BEREICH
A
R
F
ufgrund der städtebaulichen, baugeschichtlichen sowie stadt- und sozialgeschichtlichen Bedeutung des Quartiers Langendreer Alter Bahnhof besteht ein
öffentliches Interesse am Schutz des Erscheinungsbildes. Trotz einiger Verluste
der Substanz durch Kriegsschäden und Umbau in den letzen Jahrzehnten sowie
baulichen Ergänzungen in Form von zeilenartigen Ensembles der Nachkriegszeit
ist das Quartier aus der wilhelminischen Kaiserzeit in seinem Zusammenhang
erhalten und ablesbar. Das Leitbild der dichten, kompakten, nutzungsgemischten und repräsentativen Stadt ist auch heute noch im Quartiersgrundriss, im
Gebäudebestand und in der Raumstruktur dokumentiert und ist prägend für das
Erscheinungsbild des Quartiers.
EN
TW
U
Neben dem architektonischen und räumlichen Zeugniswert manifestiert sich
im Quartier auch die bauliche Entwicklung einer Stadterweiterung zur Zeit der
Hochindustrialisierung und damit zusammenhängend die sozialen Verhältnisse
in einem bürgerlich geformten Stadtquartier zur Zeit einer florierenden
Wirtschaft. Das Quartier Langendreer Alter Bahnhof ist geprägt durch eine
Quartiersentwicklung, die durch Einzeleigentümer getragen und realisiert wurde. Es ist das Repräsentationsbedürfnis des sozial aufgestiegenen Bürgertums
sowie die bauliche Umsetzung dieser Anforderung zu erkennen. Daher ist das
Quartier von besonderer Bedeutung für die Geschichte der Stadt Bochum und
des Ruhrgebiets. Es zeigt sich darüber hinaus, wie sich das gesamte Ruhrgebiet
zur Zeit der Industrialisierung in seinen Teilräumen städtebaulich entwickelte
und die Region prägte. Aus sozialgeschichtlichen Gründen, insbesondere für
die Entwicklung der Wohn- und Lebensverhältnisse im Zusammenhang mit
den Arbeits- und Produktionsverhältnissen ist das Quartier Langendreer Alter
Bahnhof bedeutend für die Geschichte des Menschen.
Legende
räumlicher Geltungsbereich
zu schützender historischer
Gebäudebestand
Neubauten mit Bedeutung für die
Ablesbarkeit der historischen Strukturen
„Aufgrund der städtebaulichen, baugeschichtlichen
sowie stadt- und
sozialgeschichtlichen Bedeutung
des Quartiers
Langendreer Alter
Bahnhof besteht ein
öffentliches Interesse
am Schutz des
Erscheinungsbildes.“
D
er räumliche Geltungsbereich der Satzung umfasst eine Fläche von ca. 30 ha.
Die nördliche Begrenzung verläuft entlang der Straße Im Uhlenwinkel einschließlich der Flurstücke 1218 und 1374 bis zum Flurstück 1187, welches an
die Lünsender Straße grenzt. Das Flurstück 151 berücksichtigend verläuft der
Bereich weiter zu den östlich gelegenen Flurstücken 146 und 134 der Straße An
den Lothen. Die östliche Grenze verläuft entlang der Grünanlage (ehemaliger
19
Die fett gedruckten Hausnummern kennzeichnen die in der Denkmalliste eingetragenen Gebäude, die Bestandteil des nach § 4, Absatz 2 DSchG NRW zu schützenden Gebäudebestandes sind.
Diese Denkmalbereichssatzung „Langendreer Alter Bahnhof“ befindet sich mit
den Anlagen im Anhang des vorliegenden Gestaltungshandbuches.
EN
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Alte Bahnhofstraße: 159, 161 (1), 161 (2), 165, 167, 169, 170, 170 (N)
(Kirche), 170 (Schule), 171, 172, 173, 174, 174a, 174b, 175, 176, 177, 178,
179, 180, 180a, 181, 182 (N) (Kirche), 182a, 183, 184, 185, 186, 187, 188, 189,
190, 191, 192, 193, 194, 195, 196, 197, 198, 199, 200, 201, 202, 203, 204, 205,
206, 207, 208, 209, 211, 212, 213, 214
Ambergweg: 3, 7, 9, 10, 12, 13, 14, 15, 17, 19, 21
Am Küsterland: 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 8a, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20,
20a, 21, 22, 23, 24, 25, 27, 29
An den Lothen: 1, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 9a, 10, 11, 11a, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19,
20, 21, 22, 24, 25, 26, 27, 28, 29, 30, 31, 32, 34, 36, 38, 40, 42
Auf dem Helwe: 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 11a, 12, 12a, 13, 14, 15, 16, 17, 18,
19
Coloniastraße: 1a, 1, 2, 2a, 3, 4, 6, 8
Eislebener Straße: 1, 2, 3 (Kindergarten), 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14
(Schule), 15, 16 (Schule), 19a, 19, 21
Hohe Eiche: 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 20, 21, 23, 24, 25, 25a,
26, 27, 28, 30
Im Uhlenwinkel: 1a, 1, 3, 5, 6, 7, 8, 10
In den Langenstuken: 4, 5, 6, 8, 9, 11, 13, 23, 25
In der Schuttenbeck: 4, 5, 6, 7, 9, 14, 17, 19, 21
Leifacker: 1, 3, 8, 10, 12, 14, 20
Lünsender Straße: 3, 4, 5, 7, 9, 10, 19, 21, 21a, 23, 24, 25, 26
Mansfelder Straße: 2, 2a, 2b, 10, 12, 12a, 14, 16, 16a, 18, 20, 22, 46, 54, 56, 58,
DENKMAL
BEREICH
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Der Bereich der Satzung umfasst die Gebäude mit folgenden Hausnummern:
60
Ümminger Straße: 2, 2a, 2b, 3a, 4, 5, 5a, 6, 7, 8, 9, 11, 13, 15, 16, 17, 18, 19, 20,
21, 22, 23, 24, 26, 27, 28, 29, 30, 32, 33, 35, 39, 40, 41, 42, 43, 44
Wartburgstraße: 1, 2, 3, 5, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 12a, 13, 14, 14a, 15, 16, 17, 17a,
19
Wittenbergstraße: 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 10, 11a, 11b, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18,
19, 20, 20a, 20b-d, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 28, 29, 30
R
kath. Friedhof) einschließlich dem Flurstück 254 und 235 weiter entlang der
Maiwegstraße in Richtung Süden. Die südliche Begrenzung des Geltungsbereichs
wird durch die Mansfelder Straße einschließlich der im Westen liegenden
Grünfläche in Dreiecksform gebildet. Im Westen verspringt die Begrenzung vom
östlichen Straßenrand der Ümminger Straße ab dem Flurstück 205 auf die westlichen Grundstücksgrenzen bis zum ehemaligen Hotel „Burghof“ im Norden.
Die südliche Coloniastraße (bis Flurstück 1093 und 942) sowie die Grundstücke
der Straße Auf dem Helwe (bis Flurstück 898 und 45) liegen ebenfalls im
Geltungsbereich.
20
Mit der Unterschutzstellung durch den Rat der Stadt Bochum unterliegt der
Denkmalbereich den Vorschriften dieses Gesetzes. Ziel der Unterschutzstellung
ist eine langfristige Sicherung und Erhaltung des Quartiers in seinem
Gesamtzusammenhang. Als Grundlage der Unterschutzstellung gilt der jeweils
aktuelle Zustand des Gebäudes. Somit besteht für den aktuellen (genehmigten
und ordnungsgemäßen) Zustand aller Gebäude Bestandsschutz. Niemand
ist verpflichtet, an seinem Haus Veränderungen vorzunehmen, insofern die
Verkehrssicherheit nicht beeinträchtigt ist.
Veränderungen sind unter Berücksichtigung der geschützten Merkmale möglich,
bedürfen jedoch der Erlaubnis der Unteren Denkmalbehörde der Stadt Bochum.
Bei der Durchführung von Maßnahmen ohne denkmalrechtliche Erlaubnis wird
eine Ordnungswidrigkeit (§ 8 Denkmalbereichssatzung, § 41 DSchG NRW) begangen. Jeder Denkmaleigentümer hat bei Durchführung von denkmalgerechten
baulichen Maßnahmen einen Rechtsanspruch auf Steuervergünstigungen. Die
Untere Denkmalbehörde der Stadt Bochum steht für Auskünfte, Fragen und
Beratungen rund um den Denkmalschutz zur Verfügung.
21
Prägende Bereiche im Quartier
Ziele für den Erhalt und die Weiterentwicklung
DENKMAL
BEREICH
D
R
F
ie Denkmalbereichssatzung hat den Schutz des zusammenhängenden
Erscheinungsbildes des Quartiers Langendreer Alter Bahnhof zum Ziel.
Mit Hilfe der Beschreibung schützenswerter Bestandteile und der prägenden
Bereiche soll für das historische Erbe in Langendreer Alter Bahnhof sensibilisert
werden. Künftige bauliche Maßnahmen können mit Hilfe der Satzung im Einklang
mit dem charakteristischen Erscheinungsbild des gesamten Stadtquartiers durchgeführt werden. Schützenswerte Elemente umfassen den Quartiersgrundriss und
den Gebäudebestand ebenso wie die Raumstruktur.
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Die schützenswerten Elemente spannen den Rahmen für das Handbuch auf.
Daraus lassen sich Ziele für den Erhalt und die behutsame Weiterentwicklung des
Quartiers ableiten, die im Folgenden aufgezeigt werden. Das Handbuch gibt neben der Darstellung der Qualitäten im Grundriss, der Bausubstanz und der stadträumlichen Prägungen auch konkrete Vorschläge wie dieser Zusammenhang, der
für das typische Erscheinungsbild maßgeblich ist, auch in Zukunft erhalten und
weiter qualifiziert werden kann.
Die Ziele für den Erhalt und die Weiterentwicklung nehmen Bezug auf:
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Legende
historischer Gebäudebestand
Neubauten
Geschäftsstraße
prägnante Grünflächen
raumwirksame Gebäude
städtebaulich prägnante Bereiche
Baulinie
Sichtbeziehung
Einzeldenkmal
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den Erhalt des Quartierszusammenhangs
den behutsamen Umgang mit der äußeren Gestalt des
vorhandenen Gebäudebestandes
den Erhalt der komplexen Raumstruktur in städtebaulich
prägnanten Bereichen mit ihren Baufluchten, Eckbetonungen,
Sichtbeziehungen und städtebaulichen Dominanten
Das vorliegende Gestaltungshandbuch ist ein begleitender Leitfaden zur
Denkmalbereichssatzung.
Vorschläge zur Weiterentwicklung des Bestandes sind im vorliegenden Handbuch durch eine farbige Hinterlegung der jeweiligen
Themenfarbe hervorgehoben.
Qualitäten wilhelminischer Bebauung:
architektonische und ornamentale Details,
Eckbetonungen und Sichtbeziehungen
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QUARTIERSGRUNDRISS
QUARTIERSGRUNDRISS
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as Quartier Langendreer Alter Bahnhof grenzt sich durch seine kompakte und
dichte Bebauung deutlich von seinem Umfeld ab. Die bauliche Abgrenzung
ist im Norden durch die Bahngleise gegeben, im Westen durch das Gelände
der ehemaligen Zeche Mansfeld. Den südliche Abschluss bildet die Bebauung
an der Mansfelder Straße, weiter südlich grenzen andere Wohntypologien
wie Werkswohnungs- und Zeilenbauten in aufgelockerter Bauweise an. Eine
klare, bauliche Quartiersabrenzung in Richtung Osten gibt es nicht; die dichte
Bebauung bricht abrupt ab und geht in parkähnliche Grünstrukturen über. An
den Eingängen in das Quartier bilden sich städtebaulich prägnante Situationen,
die das Ankommen im Quartier baulich erlebbar machen.
Das historische Wegenetz bestehend aus Ümminger Straße, Mansfelder Straße
und der Alten Bahnhofstraße ist innerhalb des Quartiers prägend. Das geometrische Straßenraster der Nebenstraßen und die sich dadurch ergebenden einzelnen Baublöcke prägen das Ortsbild im Quartier Langendreer Alter Bahnhof.
Typisch ist der direkt an der Straße stehende repräsentative Baukörper. Im
Grundriss lassen sich vereinzelt von der Bauflucht rückversetze Solitäre mit besonderer Funktion als Aufweitung des Straßenraumes finden. Die prägenden
Grün- und Freiflächen im Quartier liegen meist an Kreuzungspunkten der historischen Wege mit dem geplanten Raster oder im Innenbereich eines Baublocks
wie beispielsweise vor der katholischen Kirche.
Eingänge in das Quartier
oben: nördlich, am ehemaligen Hotel Burghof
Mitte: süd-östlich, an der evangelischen Kirche
unten: süd-westlich, an der Grünfläche Ümminger Straße
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Straßenhierarchien
Straßenraster und Quartierseingänge
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as Gerüst für das Quartier spannt die historische Wegebeziehung zwischen Ümminger-, Mansfelder- und der Alten Bahnhofstraße auf. Entlang
diesem Gerüst als Haupterschließung hat sich das Quartier „in einem Guss“
entwickelt. In der Gründungsphase des Quartiers war die Ümminger Straße
Hauptverkehrsachse mit Geschäften im Erdgeschoss, später wurde die Alte
Bahnofstraße von immer größerer Bedeutung und bildet heute das lineare
Zentrum des Quartiers. In der wilhelminischen Kaiserzeit wurde über das historische Wegenetz zur Erschließung ein geometrisches Raster aus gradlinig verlaufenden Straßen gelegt. Diese Nebenstraßen sind dem historischen Wegenetz als
Haupterschließung untergeordnet und besitzen einen geringeren Querschnitt.
Die Eislebener Straße, eine der ersten realisierten Nebenstraßen, ist als Achse
auf die katholische Kirche zulaufend mit Sichtbeziehung geplant. Das Raster teilt
das Quartier in unregelmäßig große Blöcke, die wiederum in kleine, einzelne
Parzellen segmentiert sind. Die Gebäude stehen in der Mehrzahl direkt an der
Straße und die Straßenräume sind im Trennsystem mit Fahrbahn und Fußweg
mit Bordsteinen angelegt. Diese Struktur aus Haupt- und Nebenstraßen kennzeichnet den Grundriss des Quartiers Langendreer Alter Bahnhof.
Legende
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historischer Gebäudebestand
Neubauten
Hauptverkehrsstraßen
Straßenraster - Nebenstraßen
Quartierseingänge
An den Eingängen in das Quartier bilden sich städtebaulich prägnante
Situationen, die das Ankommen im Quartier baulich erlebbar machen. Diese
Eingänge befinden sich im Norden an den Kreuzungen der Alten Bahnhofstraße
mit der Ümminger Straße, im Südosten an der Kreuzung der Alten Bahnhofstraße
mit der Mansfelder Straße und der Maiwegstraße sowie im Südwesten an der
Kreuzung der Ümminger Straße mit der Mansfelder Straße.
Die Hierachisierung und die Profilierung der Straßen sind ortsbildprägend und zu erhalten. Die historische Wegeverbindung als
Haupterschließung und Gerüst des Quartiers ist ebenso wie die
Quartierseingänge zu schützen. Bei baulichen Erweiterungen ist im
Sinne einer behutsamen Weiterentwicklung darauf zu achten, dass
die städtebaulichen Kennzeichen erhalten werden.
Straßenquerschnitte
oben: Hauptverkehrsachse,
unten: Wohnstraße
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Städtebauliche Struktur
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Die Gebäude im Quartier sind in einer Bauflucht am Rand der Blöcke unmittelbar
zum öffentlichen Raum hin platziert. So bilden sich dichte, enge Straßenräume,
die nur an wenigen Stellen aufgeweitet werden. Wichtige profane und sakrale
Bauten wie Schulen und Kindergärten, die Kirchen und gemeinschaftliche
Einrichtungen sind als Solitäre im Stadtgefüge mit Rücksprüngen aus der Bauflucht
realisiert. Mit den Platzierungen der katholischen und evangelischen Kirche werden räumliche Aufweitungen mit vorgelagerten Grünanlagen entlang der Alten
Bahnhofstraße gebildet. In direkter Nähe dazu befindet sich auch der sogenannte
„Stern“, ein dreieckiger Quartiersplatz, der sich durch das Aufeinandertreffen der
Straßenzüge Alte Bahnhofstraße mit der Hohe Eiche und der Wartburgstraße ergibt. An einigen Stellen im Quartier lassen sich Straßenraumaufweitungen durch
das Abschrägen von Gebäudeecken finden. So erhalten beispielsweise die spitzwinkelig zusammenlaufenden Straßenkreuzungen der Alten Bahnhofstraße mit
der Wittenberg- und der Lünsender Straße räumliche Weite. Im Zusammenspiel
mit der zurückversetzten evangelischen Kirche entsteht ein Entree in das Quartier
Langendreer Alter Bahnhof von Süd-Osten. Die reich ausgestattete, monumentale Südfassade der Kirche manifestiert den Eintritt in das Quartier und ist schon
von Weitem sichtbar. An prägnanten Straßenkreuzungen wie an der Wittenberg-/
Wartburgstraße, In der Schuttenbeck/Eislebener Straße und Lünsender Straße/
An den Lothen wird der Straßenraum durch das Abschrägen der Ecken aufgeweitet und betont. Eine weitere Besonderheit lässt sich am nördlichen Eingang
des Quartiers entdecken: Dort steht das ehemalige Hotel Burghof schräg zur
Bauflucht und und bildet eine Entreesituation.
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Städtebaulich prägnante Bereiche
Legende
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historischer Gebäudebestand
Neubauten
städtebaulich prägnante Bereiche
Dem Erhalt der räumlichen Aufweitungen in ihren unterschiedlichen Typen und Qualitäten kommt eine besondere Bedeutung
zu. An der Positionierung und Abfolge dieser Stadträume in
Verbindung mit dem historischen Wegenetz und dem geometrischen Straßenraster ist der historische Grundriss ablesbar;
bei der zukünftigen Weiterentwicklung des Quartiers sind diese
Freiflächen von ergänzender Bebauung freizuhalten und als gestaltete Grünanlagen zu pflegen.
Städtebaulich prägnante Bereiche
oben: der Quartiersplatz „Stern“
unten: die Grünfläche vor der katholischen Kirche
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Gebäudestruktur
Nutzungen
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Das Quartier Langendreer Alter Bahnhof wurde im Zweiten Weltkrieg kaum zerstört
und daher sind wesentliche Strukturen der wilhelminischen Bebauung bis heute
ablesbar. Wiederaufbauten in der Formensprache der Nachkriegszeit lassen sich
im Quartier finden, diese orientieren sich überwiegend jedoch an der historischen
Kubatur und Bauflucht. Die Gebäude sind in einer Blockrandbebauung straßenbegleitend errichtet und orientieren sich in der Regel mit der Hauptfassade
zum öffentlichen Raum. Die rückwärtigen Gebäudebereiche sind zu privaten
und halböffentlichen Bereichen im Blockinnenbereich gerichtet. Die Gebäude
besitzen überwiegend Putzfassaden, vereinzelt lassen sich Ziegelfassaden finden. Wichtige profane und sakrale Bauten wie Schulen und Kindergärten, die
Kirchen und gemeindliche Einrichtungen sind als Solitäre im Stadtgefüge mit
Rücksprüngen aus der Bauflucht realisiert.
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An der Alten Bahnhofstraße als Hauptverkehrsachse, an der nördlichen Ümminger
Straße und vereinzelt in den Nebenstraßen wie an der Eislebener Straße befinden sich viele mischgenutzte Gebäude. Die Gebäude in den Nebenstraßen werden bis auf wenige Ausnahmen ausschließlich zu Wohnzwecken genutzt. Auf einigen größeren Parzellen stehen Gebäude mit einer gemeinschaftlichen Nutzung,
Gewerbe gibt es im Quartier nur vereinzelt in Blockinnenbereichen. Die heutige
Nutzungsverteilung entspricht in Teilen noch der wilhelminischen Zeit.
Legende
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Mischnutzung
Wohnen
Gemeinschaftliche Nutzung
Die vorhandene Substanz sowie der räumliche Zusammenhang
ist bei baulichen Ergänzungen zu respektieren, da hierdurch
das Erscheinungsbild maßgeblich geprägt wird. Bauliche
Veränderungen und Ergänzungen sind prinzipiell möglich;
Vorschläge hierfür sind im Kapitel Gebäudebestand zusammengetragen. Zukünftige Neubauten müssen sich in ihrer Kubatur und
Geschossigkeit am historischen Bestand orientieren und sich in
die historische Bauflucht einreihen. Neue Gebäude müssen sich in
ihrer architektonischen Ausformulierung an ihre kleinparzellierte
Umgebung anpassen.
Gebäude in einer Bauflucht
oben: die mischgenutze Alte Bahnhofstraße
unten: die Wittenbergstraße, eine Wohnstraße
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Grünstruktur und Freiflächen
Prägende Freiräume
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rün- und Freiflächen sind in unterschiedlicher Prägung im Quartier vorhanden: Neben der platzartigen Anlage des sogenannten „Sterns“ und
der räumlichen Aufweitung an der Kreuzung der Alten Bahnhofstraße mit der
Wittenbergstraße sind insbesondere die Grünanlage (ehemaliger kath. Friedhof)
östlich der Lünsender Straße sowie die Grünflächen im Umfeld der Kirchen und
an den südlichen Eingängen in das Quartier zu nennen.
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Der „Stern“ dient heute als Quartiersplatz. In der historischen Ausprägung übernahm er lediglich Repräsentationszwecke als umzäunte Rasenfläche, heute ist er
Mittel- und Treffpunkt des Quartiers und wird rege genutzt. Der Wochenmarkt,
aber auch anliegende Cafés bespielen den Platz. Der frühere Friedhof ist heute eine Grünanlage. Die Grünflächen vor den Kirchen bilden im steinernen
Städtebau eine Ausnahme und lockern den sonst sehr dichten und engen
Stadtraum auf. An den südlichen Eingängen des Quartiers lassen sich weitere
prägende Grünflächen finden. An der Ümminger Straße leitet die Grünfläche in
das Quartier ein. Die Grünfläche vor der evangelischen Kirche war früher eine
Rasenfläche und gab der Südfassade Raum um zu wirken.
Legende
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Eine besondere Rolle kommt der Pflege der vorhandenen Grün- und
Freiflächen zu. So kann beispielsweise die Qualität der Grünanlage
hinter der katholischen Kirche durch eine Wiederherstellung des
verlorenen Baumbestandes und der Erneuerung des Mobiliars
sowie einer attraktiven Anbindung an die dahinter gelegenen
Grünflächen gewinnen. Eine Reduzierung der Baumbestände am
südöstlichen Eingang wäre wünschenswert, um den Blick auf die
städtebauliche Dominante wieder freizugeben.
Grünstrukturen im Quartier
oben: Grünfläche vor der katholischen Kirche
Mitte: Grünanlage an der Lünsender Straße
unten: Grünfläche an der Ümminger Straße
prägende Grünflächen
prägende Freiflächen
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Besonderheit Alte Bahnhofstraße
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ine Besonderheit des Quartiers ist die Alte Bahnhofstraße, die durch eine
hohe Konzentration von mischgenutzten Gebäuden die Funktion einer
Geschäftsstraße übernimmt. Über die komplette Länge der Straße haben sich
Geschäfte in den Erdgeschoss- und teilweise in den Obergeschosszonen angesiedelt. Die Gebäude in der Straße sind sehr vielfältig in ihrer Gestaltung.
Die Fassaden sind in der Farbgebung und Ornamentik sehr unterschiedlich,
die Erdgeschosszonen verspringen in der Höhe und ragen durch Markisen und
Werbeträger unterschiedlich weit in den öffentlichen Raum hinein.
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Die Alte Bahnhofstraße im Querschnitt: lebendig, geschäftig, vielfältig
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Die Erdgeschosszonen sind auch zukünftig gewerblich zu nutzen.
Bei einer Umnutzung zu Wohnzwecken ist die Ablesbarkeit der ursprünglichen Mischnutzung zu erhalten, großformatige Fenster in
Anlehnung an den historischen Bestand sind beizubehalten.
„Eine Nutzung des
Straßenraumes für
gastronomische Zwecke ist wünschenswert,
da sie die Lebendigkeit
im Quartier stärkt.“
Werbeanlagen an Gebäuden sowie im öffentlichen Raum haben sich – ungeachtet der Verkehrssicherheit – dem Gesamterscheinungsbild unterzuordnen. Um den öffentlichen Raum nicht
durch Werbung zu dominieren, ist von massiven und weit vorkragenden Vordächern sowie selbstleuchtenden Werbeanlagen
abzusehen. Empfehlenswert sind Beschriftungen in nicht leuchtenden Einzelbuchstaben an der Fassade bzw. innerhalb der
Schaufensteranlagen sowie Ausleger von geringer Ausdehnung, die
unterhalb der Brüstung des 1. OG anzubringen sind. Eine Nutzung
des Straßenraumes für gastronomische Zwecke ist wünschenswert,
da sie die Lebendigkeit im Quartier stärkt.
Die Erarbeitung eines abgestimmten Konzepts – unter Berücksichtigung des historischen Erscheinungsbildes – für Werbeanlagen
sowie Möblierungen für den öffentlichen Raum wird empfohlen
und sollte in Zusammenarbeit mit der Werbemeinschaft erfolgen.
Das Kaufhaus an der Alten Bahnhofstraße 211 in seinen Entwicklungsphasen: links im originalen Zustand mit Verkaufsfläche im Obergeschoss, mittig nach der Umnutzung der Obergeschosszone
zu Wohnzwecken in den 1950er Jahren und rechts in seinem heutigen Zustand; Quelle der historischen Abbildungen: Stadt Bochum
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Einzeldenkmäler
GEBÄUDEBESTÄNDE
GEBÄUDEBESTÄNDE
Neubauten aus der Zeit zwischen 1860 und 1918 sowie an die
kaiserzeitlichen Konzeptionen anknüpfende Neubauten aus der
Zeit zwischen 1920 und 1930, die – abgesehen von gewerblich
genutzten Erdgeschossen – weitgehend bauzeitlich erhalten sind;
Neubauten aus der Zeit zwischen 1860 und 1918, die stark überformt und/oder verändert sind;
Wiederaufbauten und Neubauten nach 1945, die sich an der historischen Bauflucht orientieren;
Wiederaufbauten und Neubauten nach 1945, die mit stark veränderter Bauflucht und/oder auf ehemals unbebauten Grundstücken
errichtet wurden. Diese sind nicht Bestandteil des zu schützendes
Gebäudebestandes.
Sonderbauten und Solitäre.
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Im Geltungsbereich befinden sich 353 aufstehende Gebäude. Die Bebauung ist
überwiegend zwei- bis viergeschossig und lässt sich in Kategorien einteilen:
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Legende
zu schützender historischer Gebäudebestand
Neubauten mit Bedeutung für die Ablesbarkeit der historischen Strukturen
Einzeldenkmal
Mit der vorgenommenen Darstellung der vorhandenen Gebäudekategorien
ist eine erste Zuordnung der Substanz erfolgt. Nach einer kurzen Erläuterung
prägnanter Merkmale dieser Kategorien werden in den folgenden Kapiteln
Bestandteile thematisiert, die für den Gesamtzusammenhang im Quartier
Langendreer Alter Bahnhof maßgeblich sind. Dabei sollen nicht nur zu wahrende
architektonische Elemente herausgestellt, sondern auch Bedingungen baulicher
Ergänzungen sowie Ansätze für eine Weiterentwicklung des Bestands aufgezeigt
werden.
Einzelne Gebäude des Denkmalbereichs Langendreer Alter Bahnhof sind
Baudenkmäler und unterliegen gesonderten Bestimmungen (vgl. blau gefärbte
Gebäude im Plan auf der linken Seite sowie Denkmalbereichssatzung § 3 Abs. 3).
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Neubauten aus der Zeit zwischen 1860 und 1918 sowie an die kaiserzeitlichen Konzeptionen anknüpfende Neubauten aus der Zeit zwischen 1920 und 1930,
die weitgehend bauzeitlich erhalten sind
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as typische Stadthaus der wilhelminischen Kaiserzeit zeichnet sich durch
eine unmittelbar entlang der Straße verlaufende Bauflucht aus. Unterstützt
durch die Reihung und Anordnung der einzelnen Gebäude zu Blöcken mit
großen, ursprünglich teils gewerblich genutzten Innenhöfen entsteht eine
deutliche Differenzierung zwischen öffentlichen und privaten Bereichen. Die
Fassade – das Gesicht des Hauses – ist zur Straße gerichtet und mit ihrer reichen Ornamentik sowie den vielen architektonischen Details Zeugnis eines für
diese Zeit typischen Repräsentationsbedürfnisses. Die einzelnen Gebäude des
Quartiers Alter Bahnhof sind sehr unterschiedlich ausgeprägt; dennoch lassen
sich typische Merkmale und Elemente herausstellen. Charakteristisch für alle
Gebäude der entsprechenden Zeitspanne ist die gut erkennbare Einteilung in
einen unteren Sockelbereich, Erd- und Obergeschoss sowie die abschließende
Dachzone. Zudem ist stets eine senkrechte Gliederung ablesbar, die besonders
durch in Achsen übereinander platzierte, hochformatige, in sich ebenfalls senkrecht unterteilte Fenster und Türen sowie architektonische Elemente erzeugt
wird. Diese senkrechte Gliederung der Fassaden ist häufig symmetrisch um eine
architektonisch oder ornamental betonte, senkrechte Mitte angeordnet. Die
Dächer der überwiegend traufständigen, sprich mit der Traufe bzw. Regenrinne
zur Straße gerichteten Gebäude, sind geneigt und sowohl in ihrer Form als auch
durch verschiedenartige Aufbauten vielfältig gestaltet.
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GEBÄUDEBESTÄNDE
„Die Fassade – das
Gesicht des Hauses –
ist zur Straße gerichtet
und mit ihrer reichen
Ornamentik sowie
den vielen architektonischen Details Zeugnis
eines für diese Zeit
typischen Repräsentationsbedürfnisses.“
An städtebaulich prägnanten Bereichen im Siedlungsgrundriss, etwa an
Straßenkreuzungen oder als Blickfänger am Ende von Sichtachsen, finden sich
individuell gestaltete Gebäude. Ihnen ist eine Orientierung zum öffentlichen
Raum und eine starke Betonung, etwa durch das Hervorheben der Ecke, gemein.
Intensiviert wird diese Betonung oftmals durch reichen Bauschmuck in Form von
ornamentalem Stuck, Zierfachwerk und aufwendige Ziegelarbeiten.
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Neubauten aus der Zeit zwischen 1860 und 1918, die
stark überformt und/oder verändert sind
GEBÄUDEBESTÄNDE
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erschiedene, vor allem energetischen Verbesserungsmaßnahmen geschuldete Umbauten haben das historische Erscheinungsbild vieler Gebäude aus
der wilhelminischen Kaiserzeit stark oder weniger stark verändert.
So hatten Sanierungsmaßnahmen – insbesondere die nachträgliche externe
Wärmedämmung vieler Hausfassaden – einen Verlust der Ornamentik und den
Rückbau architektonischer Details zur Folge. Durch die zusätzliche Dämmschicht
ergeben sich zudem wesentlich tiefere Laibungen von Fenstern und Türen und
somit ein verändertes Verhältnis von Wandfläche und Öffnungen. Darüber hinaus stören nachträglich angebrachte Rollläden die ursprüngliche Gestalt der
Fassaden.
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Die Gebäude zeugen durch einzelne erhaltene Elemente der wilhelminischen
Architektur trotz Überformungen von ihrem historischen Ursprung und setzen sich von den Wiederaufbauten und Neubauten des Quartiers deutlich ab.
Weiterhin ablesbar ist vor allem die typische vertikale Fassadengliederung. Sie
wird trotz fehlender Rahmungen durch erhaltene stehende Fensterformate sowie durch Dachaufbauten, Überhöhungen an Gebäudeecken, Erker und weitere
architektonische Elemente definiert. Auch der Fassadenaufbau ist durch eine
meist farblich abgesetzte Sockelzone sowie eine klar abgegrenzte Dachzone weiterhin deutlich.
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„Die Gebäude zeugen durch einzelne
erhaltene Elemente
der wilhelminischen
Architektur trotz Überformungen von ihrem
historischen Ursprung
und setzen sich von
den Wiederaufbauten
und Neubauten des
Quartiers deutlich ab.“
Erneuerte Fenster und Türen orientieren sich in der Regel in meist vereinfachter Form und Einteilung an den historischen Vorbildern und sind überwiegend
aus Kunststoff gefertigt, seltener aus Holz. Viele aufwendig gearbeitete, originale Haustüren sind erhalten, ebenso einige aufgearbeitete ursprüngliche
Holzfensterrahmen.
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Wiederaufbauten und Neubauten nach 1945, die
sich an der historischen Bauflucht orientieren
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ach dem Zweiten Weltkrieg wurden auf den durch zerstörte historische
Gebäude entstandenen Freiflächen in den 1950er und 1960er Jahren
Wiederaufbauten errichtet, die sich in die historische Bauflucht einpassen und
sich in ihren Maßen an der Kubatur, der Höhe sowie den Proportionen der historischen Gebäude orientieren. Darüber hinaus nehmen sie durch ihre überwiegend traufständige Ausrichtung Bezug auf die historische Umgebungsbebauung.
„Bei den Wiederaufbauten lassen sich
trotz der Bezüge zur
Bebauung der wilhelminischen Kaiserzeit
deutliche Unterschiede
erkennen, vor allem in
Bezug auf Material und
Ausgestaltung.“
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Bei den Wiederaufbauten lassen sich trotz der Bezüge zur Bebauung der wilhelminischen Kaiserzeit deutliche Unterschiede erkennen, vor allem in Bezug auf
Material und Ausgestaltung. So stehen die Gebäude der Nachkriegszeit vor allem
durch ihre quadratischen oder längsrechteckigen Fensterformate, die durch
ihre dichte Aneinanderreihung optisch oftmals waagerechte Fensterbänder
bilden, im Kontrast zu den senkrecht ausgerichteten historischen Bauten. Auch
sind die Fassaden der Wiederaufbauten der 1950er und 1960er Jahre schlicht
verputzt oder geklinkert und weisen keine Ornamentik auf. Die Fassaden der
Nachkriegsbauten werden jedoch oftmals durch architektonische Elemente in
zeittypischen Materialien und Formen, wie etwa Balkone mit Brüstungen aus
Sichtbeton, aufgelockert.
GEBÄUDEBESTÄNDE
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Wiederaufbauten und Neubauten nach 1945, die mit
stark veränderter Bauflucht und/oder auf ehemals
unbebauten Grundstücken errichtet wurden
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ährend die Wiederaufbauten nach 1945 als Randbebauungen und durch
raumbildende Elemente wie Eckbetonungen oder erkerartige Vorsprünge
gründerzeitlichen städtebaulichen Prinzipien folgen, sind die nach dem Zweiten
Weltkrieg auf historisch unbebauten Freiflächen entstandenen Neubauten
Ausdruck eines gänzlich anderen städtebaulichen Leitbildes und somit kein
Bestandteil des zu schützenden Gebäudebestandes.
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In Teilen als Ensembles sind die Neubauten aus der Bauflucht zurückversetzt,
wodurch sich zwischen Gebäuden und Straße Grünstreifen – das sogenannte
„Gemeinschaftsgrün“ – ergeben. Mehrere offen gestaltete, meist vorgelagerte
Balkonbänder bestimmen das Gesicht der Gebäude und demonstrieren eine
Abkehr von repräsentativen Ansprüchen hin zum „gesunden Wohnen“ mit „Licht,
Luft und Sonne“ für jedermann. Auch die häufig liegenden oder quadratischen,
meist zu horizontalen Bändern angeordneten Fenster, die pragmatischen
Flachdächer oder flachen Satteldächer sowie teils für Garagen oder Durchfahrten
verwendete Erdgeschosszonen zeugen von dieser gewandelten Auffassung.
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GEBÄUDEBESTÄNDE
„Die Neubauten sind
das Ergebnis des in
den 1950er Jahren vorherrschenden Leitbilds
der „gegliederten und
aufgelockerten Stadt“,
das im weitesten Sinne
als Gegenstück zum
kaiserzeitlichen Städtebau bezeichnet werden
kann.“
Die Neubauten sind das Ergebnis des in den 1950er Jahren vorherrschenden
Leitbilds der „gegliederten und aufgelockerten Stadt“, das im weitesten Sinne
als Gegenstück zum kaiserzeitlichen Städtebau bezeichnet werden kann. Es etablierte sich in den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg und veränderte
das Erscheinungsbild vieler deutscher Städte und Stadtquartiere nachhaltig– so
auch das des Quartiers Langendreer Alter Bahnhof.
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Sonderbauten und Solitäre
GEBÄUDEBESTÄNDE
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inzelne Bauten des Quartiers bilden durch ihre individuelle Gestalt
Besonderheiten und sind als solitäre Objekte im städtischen Gefüge zu
betrachten.
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Einige Gebäude, wie zum Beispiel der Kindergarten an der Eislebener Straße
sowie insbesondere die beiden Kirchen stellen schon aufgrund ihrer aus der
Flucht der geschlossenen Randbebauung zurückspringenden oder völlig freien
Position Solitäre dar. Darüber hinaus setzen sich der eingeschossige, von zwei
Anbauten flankierte Kindergarten und die Kirchen mit ihren hohen Westtürmen
und Langhäusern sowohl von der Höhenentwicklung als auch der Bautypologie
der weitgehend dreigeschossigen Wohn- und Geschäftshäuser des Quartiers
ab. Die Kirchen dienen zudem – wie auch das ehemalige Hotel Burghof – als
sogenannte „Points de Vues“, als Blickfänger am Ende von geraden Straßen.
So ist beispielsweise die katholische Kirche St. Marien bereits vom westlichen
Anfang der Eislebener Straße zu sehen und rahmt diese zusammen mit der
Randbebauung optisch ein.
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Das ehemalige Hotel Burghof weist beispielsweise mit einer Reihe von säulenflankierten Loggien sowie einem hohen Turm und stellenweise eingesetztem
Rustika-Mauerwerk Anklänge an eine wehrhafte Burg- oder Palastarchitektur
auf.
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Die Solitärbauten des Quartiers weisen häufig Fassaden aus Ziegelmauerwerk
auf oder sind verputzt und mit auffallend vielfältiger Ornamentik versehen.
Zudem haben sie oftmals nicht nur eine als „Schauseite“ aufwendig ausgebildete
Fassade, sondern sind zu mehreren oder allen Seiten repräsentativ gestaltet.
Quelle historische Abbildung: Stadt Bochum
„Einzelne Bauten des
Quartiers bilden durch
ihre individuelle Gestalt Besonderheiten
und sind als solitäre
Objekte im städtischen
Gefüge zu betrachten.“
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Fassadenschema
Fassaden
GEBÄUDEBESTÄNDE
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Fassadengestaltung
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ine typische Fassade der wilhelminischen Kaiserzeit weist sowohl eine bestimmte horizontale als auch vertikale Gliederung auf. Sie besteht in ihrem
Aufbau aus einer materiell oder farblich abgesetzten Sockelzone, über der sich
das Erdgeschoss als Hochparterre erstreckt. Oftmals optisch unterteilt durch ein
Gesims folgen die Obergeschosse sowie die Dachzone. Die vertikale Gliederung
der Fassade wird durch den Einsatz unterschiedlicher architektonischer Elemente
sowie vor allem durch stehende Fenster- und Türformate erzeugt. So sind beispielsweise zwei einfache Fensterachsen symmetrisch um einen mittigen, geschossübergreifenden Erker angeordnet. Historisierende Gestaltungselemente
wie Lisenen, Rustizierungen, Rahmungen, Sprossen sowie figürliche und ornamentale Reliefs betonen die architektonischen Elemente sowie die horizontale und vertikale Gliederung der Fassade (zu den Fachbegriffen vgl. Glossar am
Ende der Broschüre).
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2. Obergeschoss
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Dachzone
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Zwerchhaus
ie Wahrung des zusammenhängenden Erscheinungsbildes des gründerzeitlich bzw. wilhelminisch geprägten Quartiers ist wesentlich von der äußeren
Gestaltung der Einzelbauten abhängig. Daher liegt ein besonderes Gewicht auf
den Materialien der Oberflächen und der Farbgebung der Fassaden sowie der
plastischen Details.
Erker
1. Obergeschoss
Gesims
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Erdgeschoss
Sockelzone
vertikale
Fensterachse
vertikale
Mittelachse
Die historische Gliederung der Fassaden ist zu erhalten. Sockelund Dachzone sind folglich farblich oder plastisch abzusetzen,
weitere waagerechte Elemente wie Gesimse sind beizubehalten.
Die senkrechte Betonung der Fassade ist durch die Fensterformate
sowie vorhandene architektonische Elemente zu erhalten.
Achsensymmetrie
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GEBÄUDEBESTÄNDE
Architektonische Details und Ornamentik
GEBÄUDEBESTÄNDE
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ichtige Faktoren für das Erscheinungsbild der Fassaden und somit des gesamten Quartiers sind die architektonischen Details sowie die Ornamentik,
die sich an vielen Gebäuden in unterschiedlichem Maße erhalten haben. Zu den
architektonischen Details sind Elemente wie etwa Erker, verschiedene Arten von
Giebeln, Fensterformen oder Risalite zu zählen (zu den Fachbegriffen s. Glossar).
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architektonische Details: Erker
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Als Ornamentik werden hingegen Muster oder Einzelformen bezeichnet, die sich
plastisch oder farblich von ihrem Untergrund absetzen und auf die Fassade und
deren architektonische Details aufgebracht sind. Sie lassen sich schemenhaft einerseits in schmückende Ornamente wie Friese, Girlanden und Blendmaßwerk,
andererseits in gliedernde Ornamente wie Lisenen, Halbsäulen, Pilaster und
Gesimse teilen, wobei die Übergänge zwischen den beiden Kategorien fließend
sind. In ihrer Ausgestaltung variiert die Ornamentik zwischen geometrischen,
vegetabilen sowie figürlichen Formen. Oftmals stehen die Formen in engem
Zusammenhang zum verwendeten Material. So lassen etwa Ziegelsteine eher
starre geometrische Formen zu, Ornamente aus flexibel formbarem Stuck weisen
hingegen oft freiere, detailreiche pflanzliche Formen auf.
Architektonische Details sowie jegliche Ornamentik sind zu erhalten, da sie typische Merkmale wilhelminischer Architektur darstellen und das gründerzeitliche Erscheinungsbild des Quartiers prägen. Nachbildungen architektonischer Details und Ornamente sind
nur zulässig, wenn sie historisch belegt und dokumentiert sind.
ornamentale Details
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Balkone und Terrassen
GEBÄUDEBESTÄNDE
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ie Gebäude der wilhelminischen Kaiserzeit öffnen sich im Quartier Alter
Bahnhof durch Fenster und die beschriebenen architektonischen Elemente
wie Erker und Risalite zum Straßenraum. In seltenen Fällen finden sich zudem
Loggien – überdachte und etwa durch hohe Brüstungen sowie auf kräftigen
Säulen platzierte Bogen weitgehend geschlossene Räume. Aus dem Stockwerk
eines Gebäudes herausragende, offene Balkone weisen die historischen
Gebäude hingegen nicht auf. Balkone, Terrassen und Gartenzugänge beschränken sich auf die Gebäuderückseiten. Ganze den Gebäuden auf der Straßenseite
vorgelagerte Balkonreihen, wie sie etwa die Neubauten der Nachkriegszeit häufig aufweisen, sind für die Gebäude der wilhelminischen Kaiserzeit untypisch,
ebenso Dacheinschnitte, in denen Terrassen angelegt sind.
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Erker und Loggien sind an vom öffentlichen Raum einsehbaren
Gebäudeseiten nur zulässig, wenn sie historisch belegt und für eine
Nachbildung ausreichend dokumentiert sind. Auf rückwärtigen
Gebäudeseiten können Balkone, Loggien und Dacheinschnitte
angebaut bzw. vorgenommen werden, wenn sie vom öffentlichen Raum nicht sichtbar sind. Sie sind daher in einem ausreichenden, mit der Denkmalbehörde abzustimmenden Abstand zu
Gebäudeecken bzw. Dachrändern zu platzieren. Ihre Breite ist auf
die Fassadengliederung abzustimmen.
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Schema einer Haustür
Fassadenöffnungen
GEBÄUDEBESTÄNDE
P
rägend für die Fassaden sind Öffnungen (Hauseingänge und Fenster) in ihrer
historischen Gestalt. Durch senkrechte Formate gliedern sie die Fassaden vertikal, ihre Platzierung bewirkt oder betont oftmals die Symmetrie der Fassade .
Hauseingänge
Oberlicht mit Sprossen
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Lichtausschnitt
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Türblatt
Eingangsstufen
56
ie Eingangsbereiche sind meist als Einbuchtungen ausgebildet, in denen
Haustür und Eingangsstufen wettergeschützt untergebracht sind. Sie beziehen sich in Form und Ausgestaltung oftmals auf die Fassaden und weisen
folglich unterschiedliche Gestaltungen auf. Die eigentliche Haustür ist ursprünglich meist aus dunklem Holz gefertigt und setzt sich aus einem Rahmen, einem
Türblatt, einem Oberlicht sowie teilweise einem oder mehrerer Seitenteile zusammen. Die Haustüren sind nicht selten mit reicher Ornamentik in Form von
Schnitzarbeiten ausgestattet; Oberlichter sowie oftmals mit Lichtausschnitten
versehene Türblätter weisen in der Regel eine teils farblich abgesetzte Sprossung
auf. Viele Türen sind im Laufe der Zeit jedoch saniert oder ausgetauscht worden.
Dabei wurde nicht immer Rücksicht auf den historischen Bestand oder bauzeitliche Vorbilder genommen, wodurch heute die ursprüngliche Erscheinung einiger gründerzeitlicher Fassaden beeinträchtigt ist.
TW
U
Türrahmen
F
architektonische oder ornamentale Rahmung
Die ursprünglichen, historischen Haustüren sind zu erhalten. Ist
der Erhalt technisch nicht möglich, ist die neue Tür in Material,
Farbe, Aufteilung und Proportion an historische Vorbilder anzulehnen und mit der Unteren Denkmalbehörde abzustimmen. Neue
Türen sind demnach in der Regel aus dunklem Holz zu fertigen
oder in dunklen Farbtönen einzufassen und mit mindestens einem
Lichtausschnitt zu versehen – entweder in Form eines Oberlichtes
und/oder als Lichtausschnitt im Türblatt. Die Lichtausschnitte
in den Türblättern dürfen jedoch nicht mehr als 40 Prozent des
Blattes einnehmen und sollen in der oberen Hälfte der Tür liegen.
57
Schema eines Fensters
Fenster und Rollläden
GEBÄUDEBESTÄNDE
D
Brüstungsfeld
58
EN
Flügel mit Sprossen
Da die historischen Fenster mit ihrer Einfachverglasung heutigen energetischen
Ansprüchen vielfach nicht mehr gerecht werden, ist der Großteil der ursprünglichen Fenster mit der Zeit durch moderne Varianten ersetzt worden. Dabei griff
man oft auf kostengünstigere Kunststofffenster zurück und vernachlässigte vor
allem die historische Einteilung der Fenster. Auch wurden vielfach Rollläden
deutlich sichtbar außen an den Fassaden angebracht.
TW
U
Oberlicht mit Sprosse
Fensterrahmen
F
R
architektonische oder ornamentale Rahmung
ie ursprünglich ebenfalls weitgehend aus dunklem Holz gefertigten oder
weiß gefassten Fenster der historischen Bebauung setzen sich in der Regel
aus einem Oberlicht und zwei beweglichen Fensterflügeln zusammen und sind
häufig mit einer schmuckvollen architektonischen oder ornamentalen Rahmung
versehen. Das als Fensterbrüstung bezeichnete Feld unterhalb der Fenster ist
oftmals ebenfalls mit aufwendiger Ornamentik ausgestattet. Neben den vielfach
vertretenen Fenstern mit rechteckiger Form finden sich vereinzelt Fenster, die
von einem Rundbogen oder einem Spitzbogen abgeschlossen werden sowie verhältnismäßig große Fenster mit aufwendiger Unterteilung in Form von Sprossen.
Bei einer Sanierung ist die Originalsubstanz der Fenster zu erhalten. Ist ein Erhalt technisch nicht möglich, ist das neue Fenster in
Material, Farbe, Einteilung und Proportion an den historischen
Bestand anzupassen. Neue Fenster sind folglich mindestens mit
einer senkrechten Unterteilung in zwei Flügel bzw. – wo historisch vorgegeben – einer kreuzförmigen Unterteilung mit einem
Oberlicht und zwei Flügeln zu versehen. Erstrebenswert sind weiß
oder in dunklen Farbtönen gefasste Holzrahmen, Abweichungen
sind im Einzelfall nach Absprache mit der Unteren Denkmalbehörde
möglich.
Rollläden dürfen an den Hauptfassaden, die vom öffentlichen
Raum aus sichtbar sind, nicht von außen aufgesetzt werden. Ein von
außen nicht sichtbarer Einbau in das Innere der Wand ist möglich
und im Einzelfall mit der Unteren Denkmalbehörde abzustimmen.
59
EN
TW
U
R
F
GEBÄUDEBESTÄNDE
Dachlandschaft
Vielfältige Dachlandschaft im Stadtquartier,Luftbildausschnitt
Quelle: Stadt Bochum
GEBÄUDEBESTÄNDE
F
F
ür das Erscheinungsbild eines Gebäude und den Zusammenhang im Quartier
ist das Dach von großer Bedeutung. Die Bebauung im Quartier ist insgesamt
traufständig orientiert, nur vereinzelt finden sich giebelständige Häuser. Durch
verschiedene Dacharten und -formen weist das Quartier eine sehr vielfältige
Dachlandschaft auf.
R
Dacheindeckung und Entwässerung
D
EN
TW
U
ie Gebäude stehen unter geneigten Dächern mit geringem Dachüberstand, die
als Sattel-, Walm-, Krüppelwalm- oder Mansarddach ausgebildet und sowohl
mit dunklen als auch mit roten Pfannen eingedeckt sind. Kamine dienten nur
funktionalen Anforderungen und waren in der Regel verputzt und ungestaltet.
Die Entwässerung erfolgt über unauffällige, farblich abgestimmte Traufen bzw.
Regenrinnen, die das Regenwasser in Fallrohre – platziert an den Außenseiten
oder Gebäudeecken – leiten.
62
Die Sanierung von Dächern ist in Anlehnung an die historische
Dachlandschaft auszuführen. Dachflächen sind einheitlich einzudecken, erstrebenswert ist eine Eindeckung mit nicht glänzenden Dachziegeln in Form und Farbe der Bestandsziegel. Die
Entwässerung ist unauffällig zu integrieren; Fallrohre sind daher
an den Außenseiten der Fassaden zu platzieren und – etwa durch
einen Anstrich – farblich an diese anzupassen. Material und
Farbigkeit von Brandwänden sind ebenfalls den entsprechenden
Hauptfassaden anzupassen.
gelungenes Beispiel für eine Dachentwässerung:
Das Fallrohr ist durch seine Position und Farbe
in die Fassade unauffällig integriert.
Kamine sind als Bestandteile der Dachlandschaft zu behandeln und möglichst unauffällig in diese einzufügen. Platzierung,
Material und Farbe sind so auszuwählen, dass die Kamine keine
eigene Wirkung entfalten. Sollten Kaminabdeckungen nötig sein,
sind flache Ausführungen zu wählen.
63
Schema eines Dachaufbaus
Dachaufbauten
GEBÄUDEBESTÄNDE
D
F
TW
U
Gaube
R
Türmchen
urch vielgestaltige Dachaufbauten ist eine heterogene Dachlandschaft entstanden, die sich aus Zwerchhäusern, Türmchen und Gauben in unterschiedlichen historisierenden Stilen zusammensetzt. Die Positionierung der Gauben
und Zwerchdächer ist in der Regel auf die Achsen der Fassadengliederung bezogen. Türmchen befinden sich hingegen oftmals raumwirksam an städtebaulich prägnanten Bereichen, etwa oberhalb besonders betonter Gebäudeecken.
Teilweise sind diese einst sehr aufwendig und schmuckvoll gestalteten Aufbauten
nur fragmentarisch erhalten; häufig fehlen beispielsweise die einstigen, aufwendigen Bedachungen, die die Türmchen ursprünglich abschlossen und aus
Kostengründen durch einfache, flache Dachlösungen ersetzt wurden. Generell
zeigen sich zerstörte, wieder aufgebaute Dachaufsätze meist schlicht und auf ihre
Grundzüge reduziert.
Zwerchdach
Dachaufbauten sind in ihrem Bestand zu erhalten und dürfen nicht
durch einfachere Dächer oder eine Verminderung der Ornamentik
verändert werden. Die senkrechten Bauteile der Aufbauten sind in
Material und Farbigkeit der Fassade anzupassen, ihre Eindeckung
ist abgestimmt auf die Dachlandschaft auszuführen.
EN
Aufbauten in Weiterführung der vertikalen Fensterachsen
64
Sollten Dachgeschosse ausgebaut werden, ist die Öffnung des
Dachs durch nachträgliche Aufbauten in Form von Gauben möglich. Sie sind als Einzelgauben auszuführen sowie in der vertikalen Fensterachse der Fassaden zu positionieren. Ihr Format ist
dem der vorhandenen Fenster anzupassen, aber in der Größe
unterzuordnen.
65
Dachflächenfenster
GEBÄUDEBESTÄNDE
I
F
n das Dach integrierte Fenster sind historisch nur vereinzelt und in sehr kleinen Formaten belegt. Sie dienten ursprünglich der Belichtung und Belüftung
der nicht ausgebauten Dachböden und sind nicht als gestalterische Elemente zu
betrachten.
TW
U
R
Der Einbau von Dachflächenfenstern ist nur auf der rückwärtigen,
vom öffentlichen Raum nicht einsehbaren Seite der Dächer zulässig. Sie sollten auch dort den vertikalen Fensterachsen folgen und
als Einzelfenster ausgebildet sein.
Technische Anlagen auf Dächern
rsprünglich waren die Dachflächen frei von technischen Anlagen wie beispielsweise Antennen, Satellitenanlagen oder thermischen bzw. Solaranlagen. Da
die Dachflächen durch Aufbauten bereits gestaltet sind, ist die sensible Einfügung
technischer Anlagen erforderlich.
EN
Dachlandschaft mit kleinen, versteckten Dachflächenfenstern, frei von Antennen- und Satellitenanlagen
U
Beispiel einer „Indachanlage“
66
Antennen- und Satellitenanlagen sind an Stellen anzubringen, die
vom öffentlichen Raum aus nicht einsehbar sind. Einzelfalllösungen
sind mit der Denkmalbehörde abzustimmen.
Je nach Ausrichtung des Daches können bei traufständigen
Gebäuden Solaranlagen auf der rückwärtigen Seite des Daches
angebracht werden. Sind die entsprechenden Gebäude giebelständig, ist die Installation einer Anlage im hinteren Drittel der
Dachfläche denkbar. Die Dimensionierung und die Standorte der
Anlagen im Einzelnen sind mit der Denkmalbehörde abzustimmen.
Grundsätzlich sind in die Dachfläche integrierte (Indachanlagen)
und farblich an die Dachfläche angepasste Anlagen zu verwenden.
67
Fassadenschema eines Geschäftshauses
Besonderheit Geschäftshäuser
GEBÄUDEBESTÄNDE
E
R
F
ine Besonderheit ist der Typus des Geschäftshauses, insbesondere entlang
der Alten Bahnhofstraße. Hier dominieren Bauten, die in den Erdgeschossen
– ursprünglich oft auch im ersten Obergeschoss – mit Geschäftsflächen für
Einzelhandel, Gastronomie oder anderen Dienstleistungen ausgestattet sind.
Die Erdgeschosse werden von großen Schaufenstern bestimmt, die die Gebäude
als mischgenutzt ausweisen und das Bild der Alten Bahnhofstraße bestimmen.
Auch in einigen ersten Obergeschossen befanden sich einst Schaufenster, diese
wurden jedoch mit der Zeit zurückgebaut und durch kleinere Fenster ersetzt.
TW
U
Durch nachträglich angefügte, großformatige Werbeanlagen und überdimensionierte Vordächer wird eine optische Trennung der Erd- und Obergeschosse
erzeugt, die das ehemals zusammenhängende Erscheinungsbild der historischen
Gebäude beeinträchtigt.
Die Ablesbarkeit der ursprünglichen Mischnutzung ist zu erhalten.
Daher sind Schaufensteranlagen – auch bei auslaufender gewerblicher Nutzung – nicht durch kleinformatige Fenster zu ersetzen.
Sollten sich Geschäftsflächen über mehrere Gebäude erstrecken,
ist die Erkennbarkeit der einzelnen Gebäude auch im Erdgeschoss
zu bewahren – etwa durch unterschiedliche farbliche Fassungen
und entsprechend unterteilte Fensterflächen.
Wohnbereich
Geschäftsname
EN
Geschäftszone
beweglicher
Sonnenschutz
barrierefreier
Zugang
Auch im Erdgeschoss Deutlichkeit der
einzelnen Baukörper
68
gelungenes Beispiel für eine
an der Fassade angebrachte Werbung
Sämtliche Maßnahmen zum Umbau der Geschäftszonen sollen
das historische Erscheinungsbild respektieren und sind mit der
Denkmalbehörde abzustimmen. Dies betrifft die Herstellung von
barrierefreien Zugängen ebenso wie das Anbringen von Vordächern
und Werbeanlagen. Wünschenswert sind geringe Eingriffe und
Lösungen, die sich weder durch ihre Materialität noch durch ihre
Farbigkeit stark vom historischen Bestand absetzen. Ziel ist es ein
harmonisches und gestalterisch einheitliches Erscheinungsbild des
Gesamtgebäudes vom Erdgeschoss bis zum Dach.
69
Einfriedungen
GEBÄUDEBESTÄNDE
T
R
F
ypisch für die gründerzeitliche und wilhelminische Bebauung ist deren unmittelbar entlang der Straße verlaufende Bauflucht. Die Häuser standen somit
in direkter Verbindung zum öffentlichen Raum, halböffentliche bzw. halbprivate Flächen in Form von eingefriedeten Vorgärten waren daher kaum gegeben. Dennoch gab es vereinzelte Flächen zwischen Gebäude und Straßenraum.
Diese in der Regel gärtnerisch gestalteten Flächen wurden meist durch halbhohe
Mäuerchen und gusseiserne Zaunanlagen eingegrenzt.
TW
U
Neue Einfriedungen sind im Quartier möglich, dürfen jedoch
eine Höhe von 1,40 m nicht überschreiten und sind mit der
Unteren Denkmalbehörde abzustimmen. Erstrebenswert sind
Kombinationen aus einem niedrigen Sockel – in Ziegelmauerwerk
oder verputztem Mauerwerk – und einem sichtdurchlässigen
Gitterwerk aus Gusseisen oder mattem bzw. gestrichenem Stahl.
EN
Historische Einfriedungen sind zu erhalten bzw. in ihrer ursprünglichen Form wiederherzustellen.
70
71
Anbauten und Nebengebäude
GEBÄUDEBESTÄNDE
N
R
F
ebengebäude entstanden während der wilhelminischen Kaiserzeit oftmals
in den Hinterhöfen der Gebäudeblöcke als ein- bis zweistöckige gewerblich
genutzte Bauten, meist ohne direkten Anschluss zum der Straße zugewandten
Hauptgebäude. Anbauten wurden hingegen als mehrgeschossigen Bauten
direkt an das Hauptgebäude angefügt – ebenfalls auf der von der Straße abgewandten Seite. Sie dienten aufgrund wohnlicher Engpässe der schnellen
Wohnraumvergrößerung und weisen folglich keine eigene architektonische
Gestaltung auf.
TW
U
Während neue Anbauten im Laufe der Zeit weniger wurden und sich meist auf
kleinere Ergänzungen wie Wintergärten beschränkten, entstanden infolge der
großen Automobilisierung der Nachkriegszeit immer mehr Nebengebäude zur
Unterbringung des ruhenden Verkehrs. Die meisten dieser Anbauten sowie
Nebengebäude wurden jedoch ebenfalls in rückwärtigen, nicht einsehbaren
Bereichen errichtet.
EN
Anbauten, etwa in Form von Wintergärten, sowie Nebengebäude,
etwa Garagen, Gartenhäuser und Schuppen, sind in rückwärtigen,
vom öffentlichen Raum nicht einsehbaren Bereichen zu errichten.
72
Seitliche Anbauten und Nebengebäude sind im Einzelfall möglich, Standorte und Dimensionierung sind dabei jedoch unabhängig von bauordnungsrechtlichen Zulässigkeiten und mit der
Denkmalbehörde abzustimmen. Im Falle einer Genehmigung
sind sie in Farbe, Material und Gestalt an das Hauptgebäude
anzupassen.
73
Materialien und Farbgestaltung
GEBÄUDEBESTÄNDE
D
R
F
ie Fassaden der Gebäude aus der wilhelminischen Kaiserzeit sind überwiegend glatt verputzt sowie vereinzelt in rotem Ziegelmauerwerk ausgeführt.
Der feinkörnige Putz ist ursprünglich meist in hellen Tönen mit einem hohen
Weißanteil durchgefärbt. Von diesem Grundton sind architektonische Elemente
oder Ornamente kontrastarm in helleren oder dunkleren Tönen der gleichen
Farbfamilie oder weiß abgesetzt. Die Ziegelbauten weisen meist eine gleichmäßige farbliche Beschaffenheit auf, da auch Ornamente und architektonische
Details oftmals aus dem gleichen Material in gleicher Farbe gefertigt sind. In einigen Fällen sind einzelne Flächen hell verputzt oder in helleren oder dunkleren
Ziegelmauersteinen angelegt.
Materialien
Akzentuierungen
74
TW
U
Zu verwendende Materialien
EN
Materialien Fassaden
Werden Gebäude umgebaut oder neu errichtet, sind für die
Wandflächen entweder Glattputz oder glattes bis leicht aufgerautes,
unglasiertes Ziegelmauerwerk zu verwenden. Die Materialwahl ist
an das ursprüngliche Material des entsprechenden Gebäudes anzupassen. Bestehendes Ziegelmauerwerk ist sichtbar zu belassen.
Wärmedämmverbundsysteme sind an den Fassaden der historischen Bauten nicht zulässig, die vom öffentlichen Raum aus
sichtbar sind. Das Gleiche gilt für Holzverschalungen oder reflektierende Materialien wie etwa Metallverkleidungen.
An vielen historischen Gebäuden finden sich zudem Akzentuierungen aus anderen Materialien, wie etwa Schiefereindeckungen von Dachaufbauten und
Zierfachwerk an Giebelflächen.
Von den oben genannten empfohlenen Materialien für
Wandflächen sind abweichende Materialien wie Schiefer oder
Holzfachwerk nur zur Akzentuierung zulässig. Dies gilt nur dort, wo
sie historisch belegt sind.
75
Zu verwendende Farben
GEBÄUDEBESTÄNDE
D
F
ie Farbgebung ist von großer Wichtigkeit für ein abgestimmtes
Erscheinungsbild des Denkmalbereichs. In grellen Farbtönen oder kontrastreichen Farbkombinationen angestrichene Gebäude setzen sich zu sehr von der
gesamten Bebauung ab und stören das historische Bild des Quartiers.
TW
U
R
Die Farbgebung verputzter Außenwände ist – sofern bekannt – an
die historische Farbgebung des jeweiligen Gebäudes anzupassen.
Ist der ursprüngliche Zustand unklar, ist die Farbgebung an die vorhandenen Farben der angrenzenden Gebäude sowie die Bebauung
des entsprechenden Straßenzugs anzugleichen. Für den Anstrich
zu empfehlen sind diffusionsfähige Mineralfarben in Farbtönen
mit hohem Weißanteil. Geeignete Farbtöne sind Lichtgrau, Beige,
Elfenbein, Creme- und Grauweiß, Hellrosa sowie helle, gedeckte
Gelb-, Grün- und Blautöne. Glänzende Farben sowie grelle oder
stark gesättigte Farbtöne sind nicht zulässig. Farblich abgesetzte
Details sind in Tönen der gleichen Farbfamilie oder ggf. altweiß
zu fassen.
EN
Für Ziegelmauerwerk sind dunkle Rottöne zu wählen, die Fugen
sind dabei farblich kontrastarm an die Ziegel anzupassen. Das
Mauerwerk darf nicht gestrichen werden.
76
Bei der Auswahl der Materialien und Farben unterstützt die
Denkmalbehörde der Stadt Bochum.
77
Denkmalgerechte Sanierung
GEBÄUDEBESTÄNDE
B
TW
U
R
F
ehutsam geplante und auf die historische Bausubstanz abgestimmte
Sanierungskonzepte können sowohl zeitgemäßen energetischen Maßstäben
als auch Ansprüchen an den Erhalt historischer Bausubstanz gerecht werden und
zudem – bei guter Beratung und möglicher Förderung – bezahlbar sein. Da die
historischen Gebäude vielfach bereits durch ihre Mauerwerksstärke einen guten
Dämmwert aufweisen, sind oftmals bereits durch kleine Maßnahmen, wie beispielsweise die Dämmung der Kellerdecke, die Erneuerung der Heizungsanlage
und/oder die Sanierung von Fenstern, beträchtliche Energieeinspar-Effekte
möglich. Werden die historischen einfachverglasten Holzfenster bei einer
Sanierung etwa nicht durch mehrfachverglaste Kunststofffenster ersetzt, sondern
aufgearbeitet und in Form von Kastenfenstern mit dämmendem Hohlraum wieder eingesetzt, können die ursprüngliche Bausubstanz und somit das historische
Erscheinungsbild gewahrt werden. Alternativ kann bei dem aufgearbeiteten und
mit einer zusätzlichen Dichtung versehenen Holzfenster eine Vorsatzscheibe oder
ein neues Isolierglas eingebaut werden.
Die städtische Denkmalbehörde ist auch Ansprechpartner für energetische Sanierungen und berät zudem begleitend
im Rahmen folgender Programme und Fördermöglichkeiten (Auswahl, Stand 05/2015):
Allgemeine Beratung
„Gebäude-Check-Energie“ und Startberatung durch die EnergieAgentur NRW:
www.energieagentur.nrw.de/themen/start-beratung-energie-2149.asp
Energieberatungen vor Ort durch die Verbraucherzentrale NRW:
www.vz-nrw.de/energieberatung
Förderungsmöglichkeiten für denkmalgerechte Sanierungen
EN
Umfangreiche energetische Gebäudegutachten durch Energieberater sowie Informationen zu Förderungsmöglichkeiten:
www.vor-ort-energieberatung-nrw.de
Allgemeine Förderungen baulicher Maßnahmen durch die KfW-Bank:
https://www.kfw.de/inlandsfoerderung/Privatpersonen/Bestandsimmobilien/Energetische-Sanierung/
https://www.kfw.de/inlandsfoerderung/Privatpersonen/Bestandsimmobilien/Barrierereduzierung/
Gebäudesanierungsprogramm der NRW-Bank:
www.nrwbank.de/de/foerderlotse-produkte/nrwbankgebaeudesanierung/15603/nrwbankproduktdetail.html
Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen,
Förderung von investiven Maßnahmen im Bestand:
http://www.mbwsv.nrw.de/service/downloads/Wohnen/F__rderung/5-RLBestandsInvest_2015.pdf
78
Schwieriger gestalten sich Umbaumaßnahmen von Gebäuden der wilhelminischen
Kaiserzeit unter dem Aspekt der Barrierefreiheit. Durch große Geschosshöhen
sind die Treppen der Gebäude häufig steil, die Treppenhäuser hingegen oftmals
beengt. Ein Einbau von Aufzügen erweist sich dadurch als schwierig, zudem ist
meist bereits der Eingangsbereich nur über eine Treppe zugänglich. Dennoch finden sich im Einzelnen durch fundierte Prüfung und Beratung oftmals Lösungen
oder Kompromisse, die eine Minderung der Barrieren im historischen Bestand
ermöglichen.
„Behutsam geplante
und auf die historische Bausubstanz
abgestimmte Sanierungskonzepte können
sowohl zeitgemäßen
energetischen Maßstäben als auch Ansprüchen an den Erhalt
historischer Bausubstanz gerecht werden.“
Jeder geplanten energetischen Sanierung sowie barrierefreien
Umbaumaßnahme sollten zunächst eine gründliche, fachliche
Prüfung des historischen Bestandes hinsichtlich seiner Eignung für
die entsprechende Maßnahme und eine umfangreiche Beratung
vorausgehen. Hierfür stehen die Denkmalbehörde sowie zahlreiche Beratungsangebote und Förderprogramme zur Verfügung.
79
Raumstruktur
RAUMSTRUKTUR
RAUMSTRUKTUR
D
EN
TW
U
R
F
ie repräsentative Ausgestaltung und Hierarchisierung der Straßenräume als
städtebauliche Leitidee ist im Quartier Langendreer Alter Bahnhof ablesbar.
Verschiedene gestalterische Motive zur Umsetzung sind im Quartier zu finden
und es gibt städtebaulich prägnante Bereiche, in denen die Motive Bauflucht,
Eckbetonung, Sichtbeziehungen und städtebauliche Dominanten zusammenspielen und öffentliche Räume mit komplexer Raumstruktur bilden. Diese städtebaulich prägnanten Räume lassen sich unter anderem im Bereich des ehemaligen Hotels „Burghof“ an der Ümminger Straße/Alte Bahnhofstraße, vor der
katholischen Kirche Eislebener-/Alte Bahnhofstraße, am Quartiersplatz Hohe
Eiche/Wartburgstraße/Alte Bahnhofstraße und der Kreuzung Lünsender Straße/
Alte Bahnhofstraße/Wittenbergstraße und der evangelischen Kirche finden.
An prägnanten Straßenkreuzungen wie an der Wittenberg-/Wartburgstraße,
In der Schuttenbeck/Eislebener Straße und Lünsender Straße/An den Lothen
finden sich ebenfalls durch Eckbetonungen und Sichtbeziehungen besonders
prägende Stadträume im Quartier. Diese Bereiche bedürfen einer besonderen
Aufmerksamkeit und stehen für die besondere Gestaltqualität des Quartiers.
Legende
80
raumwirksame Gebäude
städtebaulich prägnante Bereiche
Einzeldenkmal
Bauflucht und Eckbetonungen
B
is an den Rand des Blockes geschoben, stoßen die Gebäude nach außen
direkt an die Straße und differenzieren öffentliche und private Räume. Die
Gebäude präsentieren ihre Hauptfassade zum öffentlichen Raum und prägen
ihn damit maßgeblich. Die Straßenzüge sind durch die Bauflucht und ähnliche
Traufhöhen einheitlich, dennoch machen verschiedene Vor- und Rücksprünge in
den Fassaden eine Vielfalt aus. Durch hervorspringende Vorbauten wie Risalite,
Erker, Gesimse und Einrahmungen um Fassadenöffnungen ist jedes einzelne
Gebäude einzigartig und individuell gestaltet. Wie im Kapitel Gebäudebestände
beschrieben, reagiert die Bebauung mit unterschiedlichen architektonischen
„Verschiedene gestalterische Motive zur
Umsetzung sind im
Quartier zu finden und
es gibt städtebaulich
prägnante Bereiche, in
denen die Motive Bauflucht, Eckbetonung,
Sichtbeziehungen und
städtebauliche Dominanten zusammenspielen und öffentliche
Räume mit komplexer
Raumstruktur bilden.“
81
Eckbetonungen
Details auf den Raum und gerade in städtebaulich prägnanten Bereichen wie
beispielsweise dem Quartiersplatz und den Eingängen sind diese raumwirksam
platziert.
RAUMSTRUKTUR
EN
TW
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F
Ein typisches und immer wiederkehrendes Motiv im Quartier sind die
Eckbetonungen der Gebäude. Diese wird durch das Abschrägen und Überhöhen
der Ecke bis ins Dach erreicht. Weiter betont werden sie durch das Einsetzen
architektonischer Elemente wie Erker und Dachaufbauten. Bei besonders
wichtigen Stadträumen sieht man sehr häufig aufgesetzte Zwerchgiebel oder
Türmchen. Gekrönt werden diese Eckbetonungen durch eine reiche ornamentale
Ausgestaltung. So ist die Wichtigkeit des jeweiligen Elements im städtebaulichen
Kontext nicht zu übersehen. Die Ecken haben auch eine Erschließungsfunktion
und repräsentieren das Gebäude nach außen. Dies ist gut erkennbar an verschiedenen Einzeldenkmalen wie beispielsweise an der Wartburgstraße 3 und
der Alten Bahnhofstraße 176.
Legende
82
raumwirksame Eckgebäude
Position der architektonischen Details zum öffentlichen Raum
Einzeldenkmal
Die historische Bauflucht ist zu erhalten und bei einer
Nachverdichtung müssen sich die neuen Gebäude in diese einfügen. Auf eine Orientierung der Neubauten am historischen
Gebäudebestand in Bezug auf Kubatur, Traufhöhe und Gestaltung
ist zu achten. Die typischen Eckbetonungen und die architektonischen Details und Ornamente an den historischen Fassaden
und im Dach müssen erhalten bleiben. Bei einer Umnutzung des
Gebäudes ist die ursprüngliche Funktion der Ecke als Erschließung
und Repräsentation des Gebäudes zum öffentlichen Raum zu bewahren. Dies gilt besonders an den prägnaten Bereichen rund um
den Quartiersplatz „Stern“, an den Eingangssituationen im Norden
und Süden, sowie an den auf der Karte rosa gekennzeichneten
Straßenkreuzungen im Quartier.
83
EN
TW
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R
F
RAUMSTRUKTUR
Sichtbeziehungen und Blickachsen
Sichtbeziehungen
RAUMSTRUKTUR
E
TW
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R
F
in weiteres städtebauliches Motiv im Quartier Langendreer Alter Bahnhof ist
das der Blickbeziehungen. Gerade verlaufende Straßen werden durch einen
sogenannten „Point de Vue“ am Ende der Straße eingefangen und gerahmt. Der
Blick des Betrachters wird entlang der in einer Bauflucht stehenden Fassaden
geleitet und endet mit Sicht auf aufwendig gestaltete Repräsentationsbauten.
Dieses Motiv wird im Quartier vor allem eingesetzt, um den Blick vom äußeren
Rand auf wichtige Repräsentationsbauten im Inneren zu lenken. Die Blickachse
von der äußeren Ümminger Straße über die Eislebener Straße auf die katholische Kirche und der Blick von der Mansfelder Straße durch die Straße In der
Schuttenbeck auf das architektonisch aufwendig gestaltete Nebengebäude der
Schule sind Beispiele für dieses gestalterische Motiv. Auch bestehen wechselseitige Blickbeziehungen innerhalb des Quartiers wie bespielweise entlang der
Wittenbergstraße zwischen der evangelischen Kirche und dem katholischen
Schwesternwohnhaus. Auch die Sichtbeziehungen beim Betreten des Quartiers
im Süden auf die evangelische Kirche und am nördlichen Eingang auf den Turm
des ehemaligen Hotels „Burghof“ sind Teil dieses räumlichen Motivs.
„Gerade verlaufende
Straßen werden durch
einen sogenannten
„Point de Vue“ am
Ende der Straße eingefangen und gerahmt. “
EN
Durch die Baumbepflanzungen im Rahmen der Stadterneuerungsmaßnahme in
den 1980er Jahren sind viele dieser Sichtbeziehungen und Blickachsen verklärt
und teilweise gänzlich unsichtbar. Dennoch sind die Sichtbeziehungen auch heute noch in ihrer historischen Qualität vorhanden.
Legende
86
„Point de Vue“
Sichtbeziehungen
Einzeldenkmal
Die bestehenden Sichtbeziehungen und Blickachsen im Quartier
sind als prägendes räumliches Motiv zu bewahren. Der Erhaltung
und der Bewahrung der Repräsentationsbauten am Ende der
Blickachse in Ihrer Substanz, aber auch in Ihrer Funktion als
Bau für die Gemeinschaft, kommt eine hohe Bedeutung zu. Eine
Wiederherstellung der Sichtbeziehungen und Blickachsen durch
den Rückschnitt der Bäume in einigen Teilen des Quartiers ist
wünschenswert.
87
EN
TW
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F
RAUMSTRUKTUR
Städtebauliche Dominanten
RAUMSTRUKTUR
I
TW
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F
m Quartier Langendreer Alter Bahnhof gibt es städtebauliche Dominanten,
die das typische Erscheinungsbild des Quartiers maßgeblich prägen. Diese
Dominaten sind vor allem an den Eingängen des Quartiers, aber auch im Inneren
entlang der Alten Bahnhofstraße zu finden. Sie prägen durch ihre Lage im städtischen Gefüge, ihre Kubatur, ihre Höhenentwicklung und das Herauspringen
aus der Bauflucht den Stadtraum maßgeblich. Durch ihre prominente und solitäre Stellung lockern sie das stadträumliche Gefüge auf und leiten das Auge des
Betrachters innerhalb des Bereiches oder in das Quartier hinein. Das ehemalige
Hotel „Burghof“ am nördlichen Eingang in das Quartier ist ein gutes Beispiel
dafür: Der überhöhte Turm in der Hauptfassade ist sichtbar beim Eintritt in
das Quartier, aber auch von den Hautpverkehrsachsen Ümminger Straße und
Alte Bahnhofstraße. Er zeigt weithin sichtbar die Begrenzung des Quartiers an.
Gleiches gilt auch für die Südfassade der evangelischen Kirche: Der Eintritt in das
Viertel ist von Weitem sichtbar und im Quartiersinneren laufen repräsentative
Blickachsen auf den hohen Turm zu. Die katholische Kirche ist auch eine städtebauliche Dominante innerhalb des Quartiers. Sie bildet den „Point de Vue“ der
Blickachse der Eislebener Straße und es bestehen Sichtbeziehungen innerhalb
des Quartiers von vielen verschiedenen Standpunkten aus.
„Städtebauliche Dominanten prägen durch
ihre Lage im städtischen Gefüge, ihre
Kubatur, ihre Höhenentwicklung und das
Herauspringen aus der
Bauflucht den Stadtraum maßgeblich. “
EN
Silhouette
D
ie ortstypische Silhouette wird geprägt durch die beiden Kirchtürme
und ist weit über das Quartier hinaus sichtbar. Sie hat einen hohen
Wiedererkennugswert und prägt das Erscheinungbild. Auch gibt die Silhouette
einen Hinweis auf den historischen Wert des Quartiers: Sie suggeriert schon
von Weitem den Fortbestand historischer Bausubstanz und städtebaulicher
Dominanten im Grundriss.
Bei der Nachverdichtung innerhalb des Denkmalbereiches ist
darauf zu achten, dass die Gebäude sich an der durschnittlichen
Traufhöhe orientieren und die historische Silhouette nicht stören.
91
Denkmalbereichssatzung
„Langendreer Alter Bahnhof“
geschützt. Die Satzung soll Eigentümer, Bürger, Planer und andere Fachleute für
das historische Erbe sensibilisieren. Künftige bauliche Maßnahmen können mit
Hilfe der Satzung im Einklang mit dem historischen Erscheinungsbild des gesamten Stadtquartiers durchgeführt werden.
Der Rat der Stadt Bochum hat in seiner Sitzung am ..... aufgrund des § 5 des
Gesetzes zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler im Lande Nordrhein Westfalen
(Denkmalschutzgesetz – DschG NRW) in der Fassung der Bekanntmachung vom
11. März 1980 (GV.NRW. S. 226) in der jetzt geltenden Fassung (SGV.NRW. 224)
in Verbindung mit § 7 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen
in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Juli 1994 (GV.NRW. S.666), in der
jetzt geltenden Fassung (SGV.NRW. 2023) folgende Satzung beschlossen:
§ 3 Räumlicher Geltungsbereich
Der im beigefügten Lageplan – Anlage 1 – ausgewiesene räumliche Bereich
„Langendreer Alter Bahnhof“ wird als Denkmalbereich gemäß § 5 DSchG NRW
festgesetzt und unter Schutz gestellt. Die Anlage 1 ist Bestandteil dieser Satzung.
§ 2 Ziel der Denkmalbereichssatzung
EN
Ziel der Denkmalbereichssatzung ist es, das im Geltungsbereich liegende räumliche und bauliche Stadtgefüge in seiner städtebaulichen Gestalt, seiner baulichen Typologie sowie der räumlichen Ausprägung als Zeugnis der Geschichte
des Menschen in Bochum und im Ruhrgebiet zu erhalten. Das Quartier
„Langendreer Alter Bahnhof“ in Bochum ist ein Beispiel für ein Siedlungsgefüge
der gründerzeitlichen bzw. wilhelminischen Stadterweiterungen zur Zeit der
Hochindustrialisierung, das im Wesentlichen im Zeitraum zwischen 1860 und
1918 entstanden ist. Es besitzt einen herausragenden Zeugniswert in städtebaulichen, baugeschichtlichen sowie stadt- und sozialgeschichtlichen Belangen.
Die Satzung beschreibt die zu schützenden Bestandteile des Stadtquartiers:
Quartiersgrundriss, Gebäudebestand und Raumstruktur.
Der gesetzlichen Verpflichtung zur Bewahrung des historischen Erbes wird mit der
Festsetzung des Denkmalbereichs nachgekommen und das spezifische Ortsbild
92
F
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§ 1 Anordnung der Unterschutzstellung
Der räumliche Geltungsbereich der Satzung umfasst eine Fläche von ca. 30
ha. Die nördliche Begrenzung verläuft entlang der Straße Im Uhlenwinkel einschließlich der Flurstücke 1218 und 1374 bis zum Flurstück 1187, welches an
die Lünsender Straße grenzt. Das Flurstück 151 berücksichtigend verläuft der
Bereich weiter zu den östlich gelegenen Flurstücken 146 und 134 der Straße An
den Lothen. Die östliche Grenze verläuft entlang der Grünanlage (ehemaliger
kath. Friedhof) einschließlich dem Flurstück 254 und 235 weiter entlang der
Maiwegstraße in Richtung Süden. Die südliche Begrenzung des Geltungsbereichs
wird durch die Mansfelder Straße einschließlich der im Westen liegenden
Grünfläche zur Ümminger Straße gebildet. Im Westen verspringt die Begrenzung
vom östlichen Straßenrand der Ümminger Straße ab dem Flurstück 205 auf die
westlichen Grundstücksgrenzen bis zum ehemaligen Hotel „Burghof“ im Norden.
Die südliche Coloniastraße (bis Flurstück 1093 und 942) sowie die Grundstücke
der Straße Auf dem Helwe (bis Flurstück 898 und 45) liegen ebenfalls im
Geltungsbereich.
Der räumliche Geltungsbereich dieser Denkmalbereichssatzung ergibt sich aus
dem als Anlage 1 dieser Satzung beigefügten Plan und ist darin mit einer roten
Linie abgegrenzt. Der Plan ist Bestandteil dieser Satzung. Im Denkmalbereich
liegen folgende Flurstücke sowie Gebäude mit Hausnummern:
(1) Flurstückkataster
Der Denkmalbereich „Langendreer Alter Bahnhof“ liegt in der Germarkung
Bochum und umfasst
in Flur 4 die Flurstücke: 106, 107, 112, 115, 116, 122, 123, 124, 125, 130, 131,
134, 135, 136, 137, 138, 139, 140, 141, 145, 146, 147, 148, 149, 150, 151, 196,
235, 237, 243, 245, 246, 254, 283 (tlw.), 327 (tlw), 336 (tlw.), 352, 353, 365, 366,
386, 392 (tlw.), 432, 433, 434, 435, 438, 451, 452, 453, 454
93
R
F
(2) Hauskataster
Alte Bahnhofstraße: 159, 161 (1), 161 (2), 165, 167, 169, 170, 170 (N)
(Kirche), 170 (Schule), 171, 172, 173, 174, 174a, 174b, 175, 176, 177, 178,
179, 180, 180a, 181, 182 (N) (Kirche), 182a, 183, 184, 185, 186, 187, 188, 189,
190, 191, 192, 193, 194, 195, 196, 197, 198, 199, 200, 201, 202, 203, 204, 205,
206, 207, 208, 209, 211, 212, 213, 214
Ambergweg: 3, 7, 9, 10, 12, 13, 14, 15, 17, 19, 21
Am Küsterland: 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 8a, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20,
20a, 21, 22, 23, 24, 25, 27, 29
An den Lothen: 1, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 9a, 10, 11, 11a, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19,
20, 21, 22, 24, 25, 26, 27, 28, 29, 30, 31, 32, 34, 36, 38, 40, 42
Auf dem Helwe: 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 11a, 12, 12a, 13, 14, 15, 16, 17, 18,
19
Coloniastraße: 1a, 1, 2, 2a, 3, 4, 6, 8
Eislebener Straße: 1, 2, 3 (Kindergarten), 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14
(Schule), 15, 16 (Schule), 19a, 19, 21
Hohe Eiche: 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 20, 21, 23, 24, 25, 25a,
26, 27, 28, 30
Im Uhlenwinkel: 1a, 1, 3, 5, 6, 7, 8, 10
In den Langenstuken: 4, 5, 6, 8, 9, 11, 13, 23, 25
In der Schuttenbeck: 4, 5, 6, 7, 9, 14, 17, 19, 21
Leifacker: 1, 3, 8, 10, 12, 14, 20
Lünsender Straße: 3, 4, 5, 7, 9, 10, 19, 21, 21a, 23, 24, 25, 26
Mansfelder Straße: 2, 2a, 2b, 10, 12, 12a, 14, 16, 16a, 18, 20, 22, 46, 54, 56, 58,
60
Ümminger Straße: 2, 2a, 2b, 3a, 4, 5, 5a, 6, 7, 8, 9, 11, 13, 15, 16, 17, 18, 19, 20,
21, 22, 23, 24, 26, 27, 28, 29, 30, 32, 33, 35, 39, 40, 41, 42, 43, 44
Wartburgstraße: 1, 2, 3, 5, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 12a, 13, 14, 14a, 15, 16, 17, 17a,
19
Wittenbergstraße: 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 10, 11a, 11b, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18,
19, 20, 20a, 20b-d, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 28, 29, 30
EN
TW
U
in Flur 5 die Flurstücke: 36, 37, 38, 42, 43, 45, 46, 47, 48, 49, 50, 51, 52, 53, 57,
60, 61, 62, 63, 65, 66, 67, 68, 69, 77, 78, 79, 80, 84, 85, 92, 93, 94, 95, 96, 97,
98, 99, 100, 101, 102, 103, 104, 109, 110, 116, 118, 119, 120, 121, 123, 124,
128, 129, 131, 132, 133, 135, 146, 147, 148, 150, 151, 152, 153, 155, 156, 157,
158, 159, 160, 161, 162, 163, 164, 167, 168, 169 (tlw.), 170, 171, 172, 173, 174,
175, 176, 177, 178, 181, 182, 183, 184, 185, 187, 188, 189, 190, 191, 192, 193,
194, 195, 196, 197, 198, 199, 200, 201, 202, 203, 204, 205, 206, 207, 208, 209,
210, 211, 212, 213, 215, 216, 218, 219, 220, 221, 224, 225, 227, 228, 229, 230,
231, 232, 233, 234, 235, 242, 243, 244, 245, 246, 248, 250, 252, 254, 255, 262,
263, 264, 265, 266, 269, 270, 271, 272, 274, 275, 276, 277, 278, 279, 280, 281,
282, 284, 285, 292, 295, 296, 297, 299, 300, 301, 302, 305, 306, 307, 308, 309,
310, 311, 312, 313, 314, 317, 318, 324, 325, 326, 327, 328, 329, 331, 333, 334,
335, 336, 337, 340, 342, 343, 345, 346, 347, 348, 349, 350, 353, 354, 355, 358,
359, 360, 362, 363, 364, 365, 366, 367, 368, 369, 370, 371, 372, 373, 374, 375,
378, 381, 382, 383, 384, 385, 386, 387, 388, 389, 390, 391, 392, 393, 394, 395,
396, 397, 998, 399, 400, 401, 402, 403, 404, 405, 408, 409, 410, 411, 412, 413,
414, 415, 416, 417, 419, 420, 421, 422, 423, 424, 425, 426, 427, 428, 429, 430,
431, 432, 433, 434, 436, 437, 438, 439, 440, 441, 442, 443, 444, 445, 446, 450,
451, 454, 455, 458, 459, 460, 461, 462, 463, 464, 465, 466, 619, 621, 622, 626,
627, 628, 630, 631, 632, 633, 634, 635, 638, 639, 640, 642, 681, 682, 712, 794,
795, 807, 809, 825, 826, 827, 830, 831, 832, 833, 834 (tlw.), 837, 838, 839, 845,
846, 854, 863 (tlw.), 869, 897, 898, 904, 935, 942, 943, 944, 954, 955, 956, 980,
983, 984, 998, 999, 1000, 1001 (tlw.), 1002, 1047, 1048, 1053, 1054, 1055, 1056,
1057, 1058, 1059, 1067, 1074 (tlw.), 1075, 1081, 1082, 1083, 1084, 1085, 1086,
1087, 1088, 1091, 1092, 1093, 1094, 1118, 1161, 1162, 1163, 1167, 1168 (tlw.),
1175, 1176 (tlw.), 1180, 1184 (tlw.), 1186, 1187, 1189, 1190, 1191, 1200, 1201,
1205, 1206, 1218, 1220, 1221, 1238, 1239, 1244, 1245, 1246, 1247, 1253, 1254,
1256, 1257, 1258, 1259, 1265, 1266, 1267, 1268, 1269, 1270, 1353, 1354, 1355,
1356, 1357, 1358, 1359, 1360, 1371, 1372, 1373, 1374, 1375 (tlw.), 1376 (tlw.),
1380, 1381, 1382, 1383, 1386 (tlw.), 1387 (tlw.), 1407 (tlw.)
in Flur 6 die Flurstücke: 85, 86, 87, 88, 90, 91, 92, 93, 94, 95, 96, 97, 98, 99, 100,
101, 102, 103, 104, 108, 109, 204, 205, 221 (tlw.), 222 (tlw.), 223, 224, 226, 336,
337, 338, 600, 766 (tlw.), 816, 817, 818, 828, 829, 892 (tlw.)
94
Die fett gedruckten Hausnummern kennzeichnen die in der Denkmalliste eingetragenen Gebäude, die Bestandteil des nach § 4, Absatz 2 DSchG NRW zu schützenden Gebäudebestandes sind.
95
F
Eine Besonderheit des Quartiers ist die Alte Bahnhofstraße, die im frühen
20. Jahrhundert zur Hauptgeschäftsstraße des Viertels ausgebaut wurde. Die
Straße ist durch nutzungsgemischte Gebäude geprägt und fungiert als lineares
Zentrum des Quartiers. In der Ümminger Straße, die im 19. Jahrhundert lange Zeit die prägende Geschäftsstraße war, finden sich insbesondere im nördlichen Abschnitt ebenfalls zahlreiche ursprünglich nutzungsgemischte Gebäude,
deren Geschäftslokale allerdings teilweise nicht mehr in ursprünglicher Form
genutzt werden. Die Gebäude an den übrigen Straßen werden bis auf wenige
Ausnahmen ausschließlich zu Wohnzwecken genutzt. Gewerbliche Nutzungen
sind im Quartier nur vereinzelt, dann insbesondere in Blockinnenbereichen,
zu finden. Historisch befanden sich in den rückwärtigen Bereichen bzw. im
Blockinneren vielfach Bauten und Nebenanlagen für unterschiedliche gewerbliche Tätigkeiten. Diese historischen Strukturen sind vereinzelt noch vorhanden
(z.B. Alte Bahnhofstraße 197-199; An den Lothen 1, Ümminger Straße 17/19)
und werden heute in der Regel für andere Zwecke genutzt.
TW
U
Im sachlichen Geltungsbereich dieser Satzung wird das historische
Erscheinungsbild und die überlieferte städtebauliche Struktur des Quartiers
„Langendreer Alter Bahnhof“ in Bochum geschützt. Das äußere Erscheinungsbild
besteht aus folgenden zu schützenden Elementen: Quartiersgrundriss,
Gebäudebestand und Raumstruktur. Den historischen Quartiersgrundriss und
die erhaltene Raumstruktur prägen insbesondere die Anordnung der historischen Bauten und ihr Bezug zu den Verkehrs- und Grünflächen. Die dadurch
entstehenden Straßen- und Platzräume sowie historische Grünräume und
Sichtbeziehungen sind konstituierende Elemente des Denkmalbereichs. Die
schützenswerten Bauten sind im Plan Anlage 1 markiert. Der Plan Anlage 2 hebt
zusätzlich die Bereiche besonders hervor, in denen sich die schützenswerten
Elemente besonders verdichten.
Straßenraumaufweitungen entstanden. So erhalten beispielsweise die spitzwinkelig zusammenlaufenden Straßenkreuzungen Alte Bahnhofstraße, Wittenbergund Lünsender Straße räumliche Weite; im Zusammenspiel mit der zurückversetzen evangelischen Kirche entsteht ein Entree in das Quartier „Langendreer
Alter Bahnhof“ von Südosten. Den nördlichen Eingang in das Quartier bildet das
solitäre Gebäude des ehemaligen Hotels „Burghof“ mit der gegenüberliegenden
Bebauung.
R
§ 4 Sachlicher Geltungsbereich
(1) Quartiersgrundriss
Die historische Wegebeziehung, bestehend aus Ümminger Straße, Mansfelder
Straße und Alte Bahnhofsstraße, bildet das Gerüst des Quartiers. In der
Gründerzeit bzw. der wilhelminischen Kaiserzeit wurde darüber ein geometrisches Raster aus gradlinig verlaufenden Straßen gelegt. Diese Struktur kennzeichnet den Grundriss des Quartiers „Langendreer Alter Bahnhof“. Der historische
Straßenraum folgte dem Prinzip der vom Verkehrsweg getrennten Bürgersteige,
die im Straßenprofil mittels einer Bordsteinkante abgesetzt waren. Dieses Prinzip
ist in großen Teilen des Quartiers heute noch ablesbar.
EN
Die Gebäude sind in einer Blockrandbebauung straßenbegleitend errichtet und orientieren sich in der Regel mit der Hauptfassade zum öffentlichen
Raum. Wichtige profane und sakrale Bauten wie Schulen und Kindergärten,
die Kirchen und gemeindliche Einrichtungen sind als Solitäre im Stadtgefüge
mit Rücksprüngen aus der Bauflucht realisiert. Mit den Platzierungen der katholischen und evangelischen Kirche werden räumliche Aufweitungen mit vorgelagerten Grünanlagen entlang der Alten Bahnhofstraße gebildet. Der einzige
Quartiersplatz ist der sogenannte „Stern“, der durch das Aufeinandertreffen der
Straßenzüge Alte Bahnhofstraße mit Hohe Eiche und Wartburgstraße gebildet
wird und ursprünglich als Grünfläche gestaltet war.
Durch das Abschrägen von Gebäudeecken in Kreuzungsbereichen sind vielfach
96
Grün- und Freiflächen sind in unterschiedlicher Prägung im Quartier vorhanden:
Neben der platzartigen Anlage des so genannten „Sterns“ befinden sich östlich
der Lünsender Straße eine historische Grünanlage (ehemals kath. Friedhof) sowie im Umfeld der Kirchen und im Einmündungsbereich der Mansfelder Straße
in die Ümminger Straße weitere Grünflächen.
(2) Gebäudebestände
Im Geltungsbereich befinden sich 353 aufstehende Gebäude. Die Bebauung ist
überwiegend zwei- bis viergeschossig und lässt sich in vier Kategorien einteilen:
- Neubauten aus der Zeit zwischen 1860 und 1918 sowie an die kaiserzeitlichen
Konzeptionen anknüpfende Neubauten aus der Zeit zwischen 1920 und 1930, die
– abgesehen von gewerblich genutzten Erdgeschossen – weitgehend bauzeitlich
97
F
Die Bebauung im Quartier ist insgesamt traufständig orientiert, nur vereinzelt finden sich giebelständige Häuser. Die Gebäude stehen unter geneigten und pfannengedeckten Dächern, die als Sattel-, Walm-, Krüppelwalm- oder Mansarddach
ausgebildet sind. Neben den Pfannendeckungen haben sich in einigen Fällen
historisch bedeutsame Verschieferungen bzw. Verschindelungen erhalten (z.
B. Metallschindeln beim Nebengebäude zum Objekt Leifacker 20). Durch vielgestaltige Dachaufbauten auf den Bauten aus der Zeit von 1860 bis 1918 ist
eine heterogene Dachlandschaft mit Zwerchhäusern, Türmchen und Gauben in
unterschiedlichen historisierenden Stilen entstanden. Die Positionierung der
Dachaufbauten ist in der Regel auf die Achsen der Fassadengliederung bezogen und befindet sich vielfach an städtebaulich prägnanten Bereichen. Teilweise
sind diese Aufbauten nur fragmentarisch erhalten; Veränderungen beziehen
sich auf Gestalt und Materialität. Die Wiederaufbauten stehen in der Regel unter Pfannen gedeckten Satteldächern oder unter Flachdächern. Vereinzelt sind
Aufbauten wie Zwerchgiebel oder Gauben vorhanden.
EN
TW
U
Für die Bauten aus der Zeit zwischen 1860 und 1918 ist der Aufbau der Gebäude
in Sockel-, Erdgeschoss-, Obergeschoss-, und Dachzone gestaltgebend. Die typische Fassade weist eine Achsensymmetrie und eine vertikale Gliederung
durch den Einsatz unterschiedlicher architektonischer Elemente wie Mittel- und
Eckrisalite, Erker sowie stehende Fenster- und Türformate auf. Historisierende
Gestaltungselemente und architektonische Details wie Lisenen, Rustizierungen,
Gesimse und Gebälke, Faschen und Sprossen, Einrahmungen und Ornamente
kennzeichnen die Fassadengestaltung. Prägend für den Denkmalbereich
sind zudem die bauzeitlich erhaltenen Gebäude aus den 1920er Jahren, die
am Einmündungsbereich Lünsender Straße/Alte Bahnhofstraße sowie In
der Schuttenbeck entstanden sind. Die Wiederaufbauten, die sich in Höhe,
Proportion und Bauflucht an der historischen Bebauung orientieren, tragen in ihrer Aufrissgestalt zur Wahrung der historischen, städtebaulichen
Grundrissstruktur bei.
Anhand des in der Alten Bahnhofsstraße überlieferten Bestandes an
Geschäftshäusern, lässt sich die bautypologische Entwicklung dieser
Funktionsgebäudes an der Wende von 19. zum 20. Jahrhundert nachvollziehen. Hier dominieren die Bauten, deren Erdgeschoss- und teilweise
Obergeschosszonen mit Schaufenstern für Einzelhandel, Dienstleistung oder
Gastronomie ausgestattet sind.
Im Quartier sind Gebäude mit Putzfassaden vorherrschend. Die Fassaden der
gründerzeitlichen Putzbauten sind kontrastarm in hellen Tönen gestaltet, die
Details und Ornamente setzen sich vom Grundton heller oder dunkler ab.
Vorhandene Ziegelbauten aus der Zeit zwischen 1860 und 1918 weisen gegliederte und akzentuierte Fassaden auf. Sie sind homogen in ihrer Materialität
und Farbgestaltung. Bauten aus der Zeit des Wiederaufbaus sind überwiegend
mit schlichten Putzfassaden versehen, die im Vergleich zu dem historischen
Gebäudebestand in ihrer Wirkung zurücktreten.
R
erhalten sind.
- Neubauten aus der Zeit zwischen 1860 und 1918, die stark überformt und/oder
verändert sind.
- Wiederaufbauten und Neubauten nach 1945, die sich an der historischen
Bauflucht orientieren.
- Wiederaufbauten und Neubauten nach 1945, die mit stark veränderter
Bauflucht und/oder auf ehemals unbebauten Grundstücken errichtet wurden.
Diese sind nicht Bestandteil des zu schützendes Gebäudebestandes.
98
Einzelne Bauten wie z.B. das ehemalige Hotel „Burghof“ bilden in Anlehnung an
eine wehrhafte Burgarchitektur eine typologische Besonderheit und sind als solitäre Objekte im städtischen Gefüge zu betrachten. Solitäre wie beispielsweise
die Kirchen, die sich in ihrer Höhenentwicklung, ihrer Fassadengliederung, ihrer
Materialität und ihrer Farbigkeit vom übrigen Gebäudebestand unterscheiden,
sind ebenfalls objektbezogen zu behandeln.
(3) Raumstruktur
Die repräsentative Ausgestaltung der Straßenräume als städtebauliche Leitidee
ist im Quartier „Langendreer Alter Bahnhof“ ablesbar. Dies wurde mit verschiedenen gestalterischen Motiven im Quartier umgesetzt:
An Straßenkreuzungen und in städtebaulich bedeutsamen Bereichen sind die
gründerzeitlichen Gebäude mit starker Eckbetonung ausformuliert. Dies wird
durch das Abschrägen und Überhöhen der Ecke bis ins Dach sowie durch das
Einsetzen architektonischer Elemente wie Erker und turmartige Aufbauten erreicht. Darüber hinaus wird die besondere städtebauliche Bedeutung durch eine
reiche ornamentale Ausgestaltung der Fassaden unterstützt.
99
F
Für die Festsetzung eines Denkmalbereiches nach § 5 DSchG NRW liegen die
denkmalrechtlichen Voraussetzungen vor. Auf Grund der städtebaulichen, baugeschichtlichen sowie stadt- und sozialgeschichtlichen Bedeutung des Quartiers
„Langendreer Alter Bahnhof“ besteht ein öffentliches Interesse am Schutz des
Erscheinungsbildes.
(1) Historische Entwicklung
Das Quartier „Langendreer Alter Bahnhof“ entstand zur Zeit der
Hochindustrialisierung ab ca. 1860 an einem strategisch günstigen Ort, der für
diese Zeit zwei wichtige Voraussetzungen verband: Einen Bahnhof und mehrere
Zechen. Diese Faktoren waren im Zeitalter der Industrialisierung treibende Kräfte
für Stadtwachstum und Expansion. Die Siedlungskerne am bestehenden historischen Wegenetz bildeten die Bebauung rund um den ehemaligen Bahnhof am
nördlichen Entree des Quartiers sowie der Bebauung nahe der Hauptzuwegung
der ehemaligen Zeche „Colonia“, die westlich der Kreuzung Ümminger-/
Mansfelder Straße lag. Die Ümminger Straße wurde zur Chaussee ausgebaut;
kurz darauf folgte der Ausbau der Alten Bahnhofstraße als „Communalstraße“
vom Bahnhof Langendreer bis in das Dorf Langendreer. Der befestigte Ausbau
der Mansfelder Straße erfolgte erst einige Jahre später. Ausgehend von den
Siedlungskernen und den befestigten Straßen wurden in geometrischem Raster
neue Straßen angelegt, Flächen parzelliert und bebaut. Die heutige Eislebener
Straße entstand Anfang der 1890er Jahre; östlich der Alten Bahnhofstraße entwickelte sich zunächst die Straße Leifacker und wenige Jahre danach folgten
die Straßen In den Langenstuken und An den Lothen. 1902 zweigten die heutige Wartburgstraße, die Straße Am Küsterland und der Ambergweg von der
Mansfelder Straße ab. Die Anlage der Wittenbergstraße folgte im Jahre 1904 mit
herausragend gestalteten Bauten.
EN
TW
U
Im Quartier gibt es städtebaulich prägnante Bereiche, in denen die erwähnten
Motive Eckbetonung und Blickbeziehung zusammenspielen und öffentliche
Räume mit komplexer Raumstruktur bilden. Diese städtebaulich prägnanten
Räume lassen sich unter anderem im Bereich des ehemaligen Hotels „Burghof“
an der Ümminger Straße/Alte Bahnhofsstraße, vor der katholischen Kirche
Eislebener-/Alte Bahnhofstraße, am Quartiersplatz Hohe Eiche/Wartburgstraße/
Alte Bahnhofsstraße sowie der Kreuzung Lünsender Straße/Alte Bahnhofsstraße/
Wittenbergstraße und der evangelischen Kirche finden. Straßenkreuzungen wie
beispielsweise Wittenberg-/Wartburgstraße, In der Schuttenbeck/Eislebener
Straße und Lünsender Straße/An den Lothen sind ebenfalls durch Eckbetonungen
und Blickbeziehungen prägnant akzentuiert. Diese Bereiche bedürfen einer besonderen Aufmerksamkeit und stehen bildgebend für die Gestaltqualität des
Quartiers. In der Anlage 2 der Satzung sind die besonders prägnanten Bereiche
dargestellt.
§ 5 Begründung zur Unterschutzstellung des
Denkmalbereichs
R
Ein weiteres städtebauliches Motiv ist das der Blickbeziehungen. Gerade verlaufende Straßen werden durch einen so genannten „Point de Vue“ am Ende der
Straße eingefangen und gerahmt. Die Blickachse von der Ümminger Straße über
die Eislebener Straße auf die katholische Kirche und der Blick von der Mansfelder
Straße durch die Straße In der Schuttenbeck auf das architektonisch aufwendig
gestaltete Nebengebäude der Schule sind Beispiele für dieses gestalterische
Motiv. Auch bestehen wechselseitige Blickbeziehungen innerhalb des Quartiers
wie beispielsweise entlang der Wittenbergstraße zwischen der evangelischen
Kirche und dem katholischen Schwesternwohnhaus. Auch die Blickbeziehungen
beim Betreten des Quartiers auf städtebauliche Dominanten wie die evangelische Kirche im Süd-Osten oder den Turm des ehemaligen Hotels „Burghof“ im
Norden sind Teil dieser räumlichen Ausformulierung.
Ziel der Denkmalbereichssatzung ist es, die erhaltenen städtebaulichen und baulichen Zeugnisse aus der Zeit um 1900 im Sinne der beschrieben Raumstruktur
zu erhalten und im Einzelfall wieder herauszuarbeiten (vgl hierzu auch Anlage 2).
Die ortstypische Silhouette des Quartiers Langendreer Alter Bahnhof wird in der
Fernwirkung durch die beiden Türme der evangelischen und der katholischen
Kirche geprägt.
100
Mit dem Wachstum der Bevölkerung wurde die Infrastruktur im Quartier ausgebaut und um 1870 entstand die erste Schule an der Lünsender Straße, bis zum
Jahre 1903 folgten zwei weitere. 1893 wurden ein Kindergarten in der Eislebener
Straße und 1894 ein Postamt an der Ecke Alte Bahnhofstraße/Leifacker realisiert.
101
R
F
städtebaulichen und räumlichen Qualitäten der in dieser Zeit üblichen urbanen
Stadterweiterungen bis heute prägend für das Erscheinungsbild des Quartiers.
Es grenzt sich aufgrund seiner Kompaktheit und seiner städtebaulichen Motive
von der Umgebung ab. Das Quartier „Langendreer Alter Bahnhof“ dokumentiert
mit seinem Grundriss (§ 4 Absatz 1), seinem Gebäudebestand (§ 4 Absatz 2)
sowie seiner Raumstruktur (§ 4 Absatz 3) die bauliche Entwicklung und damit
zusammenhängend die sozialen Verhältnisse in einem vor allem in der Alten
Bahnhofstraße bürgerlich geprägten Stadtquartier zur Zeit einer florierenden
Wirtschaft. Für den Erhalt des Quartiers liegen städtebauliche Gründe vor:
Die historische Raumstruktur im Quartier ist ein bedeutsames Beispiel für den
Städtebau der wilhelminischen Kaiserzeit.
Dieser ist in seiner geometrischen, kompakten, kleinparzellierten und nutzungsgemischten Blockrandbebauung mit einer reichen architektonischen und
ornamentalen Ausstattung der Fassaden zum öffentlichen Raum im Quartier
„Langendreer Alter Bahnhof“ anschaulich und deutlich ablesbar. Die in § 4 (3)
beschriebene städtebauliche Komposition aus einzelnen Motiven wie Bauflucht
und Eckbetonungen, den damit einhergehenden Orientierungen der Architektur
in den Raum, platzartigen Aufweitungen, Blickbeziehungen und städtebaulichen
Dominanten zeigen sich in einer komplexen Raumstruktur. Diese Strukturen machen das Spezifische des Quartiers „Langendreer Alter Bahnhof“ aus. Sie sind zu
sichern und vor gestaltverändernden Maßnahmen zu schützen.
TW
U
Mit dem Erwerb eines Grundstücks für die katholische Kirche im Jahre 1887 sowie der Einrichtung einer evangelischen Pfarrstelle 1893 definierten sich erste
Bereiche für das öffentliche Leben entlang der Alten Bahnhofstraße. Die Alte
Bahnhofstraße (ehemals Kaiserstraße) als Verbindung zwischen dem ehemaligen
Bahnhof und dem Dorf Langendreer entwickelte sich zur Hautverkehrsachse und
zum zentralen öffentlichen Raum mit unterschiedlichen platzartigen und räumlichen Aufweitungen. Es siedelten sich zahlreiche Geschäfte an und es entstand
die für das Quartier typische lineare Zentralität entlang der Alten Bahnhofstraße.
Durch den wirtschaftlichen Aufstieg und dem für den Güterumschlag strategisch günstigen Ort siedelten sich neben großen Gesellschaften auch kleinere
Handwerks- und mittelständische Betriebe an. Für die Quartiersentwicklung
bedeutsam war die 1859 von Friedrich Wilhelm Maiweg gegründete
Bauunternehmung. Das Unternehmen realisierte zahlreiche Wohn- und
Geschäftshäuser für Einzeleigentümer, die erste Schule, den Kindergarten, das
Postamt sowie beide Kirchen und prägte damit das Stadtquartier maßgeblich.
EN
Bis in die 1910er Jahre ist eine sich rasch und unregelmäßig entwickelnde
Verdichtung des Quartiers erkennbar. Die wirtschaftlichen Perspektiven in dieser Zeit waren gut und Erweiterungen des Quartiers in südlicher und östlicher
Richtung waren projektiert. Mit dem Ende der dynamischen Siedlungsentwicklung
in den 1910er Jahren blieben großflächige Parzellen unbebaut; nur vereinzelt
entstanden Bauten in den 1920er Jahren. Durch den Zweiten Weltkrieg waren geringe Schäden an der Bausubstanz zu verzeichnen, sodass bis heute die
Altbauten in der Gesamtzahl der Gebäude des Quartiers überwiegen. Auf fast
allen historisch unbebauten Freiflächen entstanden nach 1945 Neubauten, insbesondere zusammenhängende und für das Quartier untypische, zeilenartige
Ensembles, die sich nicht an der historischen Bauflucht oder Gestaltung der vorhandenen Bauten orientierten. Beispiele hierfür sind an der Mansfelder Straße,
an der Straße In der Schuttenbeck, an der Hohen Eiche, an der Wartburgstraße
sowie an der Straße In den Langenstuken zu finden. Diese Bauten sind nicht
Gegenstand des schützenswerten Bestandes im Denkmalbereich.
102
(2) Schutzstatus und Begründung
Das Quartier „Langendreer Alter Bahnhof“ ist im Wesentlichen innerhalb weniger Jahrzehnte im Übergang vom 19. zum 20. Jahrhundert entstanden. Trotz
baulicher Veränderungen der Substanz und baulicher Ergänzungen sind die
Die Wiederaufbauten nach dem 2. Weltkrieg sind bei Orientierung an der historischen Bauflucht und zum öffentlichen Raum Bestandteil des zu schützenden
Gebäudebestandes. Da die Gesamtstruktur als flächenwirksames historisches
Dokument ablesbar ist, besteht an der Erhaltung ein öffentliches Interesse.
Das Quartier „Langendreer Alter Bahnhof“ ist durch eine von Einzeleigentümern
getragene Stadterweiterung geprägt. Das Repräsentationsbedürfnis des sozial
aufgestiegenen Bürgertums sowie die bauliche Umsetzung dieser Anforderung
werden an den vielgestaltigen Fassaden deutlich. Das Quartier ist aus städtebaulichen Gründen von herausragender Bedeutung für die Geschichte der
Stadt Bochum und des Ruhrgebiets, weil es ein anschauliches Beispiel für
eine quartiersbezogene Stadterweiterung zur Zeit der Industrialisierung darstellt. Aus sozialgeschichtlichen Gründen, insbesondere für die Entwicklung der
103
Wohn- und Lebensverhältnisse in der Zeit zwischen ca. 1860 bis 1918 (mit den
an die kaiserzeitliche Konzeption angepassten Erweiterungen der 1920er Jahre)
ist das Quartier „Langendreer Alter Bahnhof“ bedeutend für die Geschichte des
Menschen.
§ 7 Verhältnis zu anderen Vorschriften
§ 6 Erlaubnispflichtige Maßnahmen
Die Genehmigungspflicht für Maßnahmen des § 6 dieser Denkmalbereichssatzung
besteht auch für solche Vorhaben, die nach baurechtlichen Bestimmungen genehmigungsfrei sind.
F
R
§ 8 Ordnungswidrigkeiten
Ordnungswidrig im Sinne von § 41 DSchG NRW handelt, wer vorsätzlich oder
fahrlässig eine Maßnahme, die nach § 6 dieser Satzung der Erlaubnis bedarf,
ohne Erlaubnis oder abweichend von ihr durchführt oder durchführen lässt.
Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu der in § 41 Abs. 2 DSchG
NRW genannten Höhe geahndet werden.
TW
U
Innerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieser Satzung bedürfen alle
Maßnahmen, die das Erscheinungsbild des Quartiers „Langendreer Alter
Bahnhof“ berühren, der Erlaubnis der Unteren Denkmalbehörde der Stadt
Bochum gemäß § 9 DSchG NRW. Die Unterschutzstellung berücksichtigt den
Zustand des Quartiers „Langendreer Alter Bahnhof“ zum Zeitpunkt des In-KraftTretens und empfiehlt im Rahmen von Maßnahmendurchführungen den Erhalt
der überlieferten, historischen Strukturen und die Berücksichtigung historischer
Gestaltungen. Begleitend ist ein Gestaltungshandbuch erarbeitet worden, in
dem Vorschläge gemacht und Hinweise zur Weiterentwicklung der baulichen
Bestände sowie der Freiflächen innerhalb des Quartiers „Langendreer Alter
Bahnhof“ gegeben werden.
Weitergehende Genehmigungspflichten für Maßnahmen im Denkmalbereich,
insbesondere nach baurechtlichen Vorschriften, bleiben unberührt.
Dies gilt unabhängig von baurechtlichen Genehmigungen. Die Denkmalbereichssatzung gilt bei Vorhaben aller Art, die Auswirkungen auf die äußere Gestaltung
baulicher Anlagen und deren Freibereiche mit Sichtbarkeit im öffentlichen Raum
haben.
EN
Der Erlaubnis bedarf, wer:
- bauliche Anlagen in diesem Bereich beseitigen, verändern, an einen anderen
Ort verbringen oder die bisherige Nutzung ändern will,
- in der engeren Umgebung von baulichen Anlagen innerhalb dieses Bereichs
Anlagen errichten, verändern oder beseitigen will, wenn hierdurch das
Erscheinungsbild des Denkmalbereichs beeinträchtigt wird,
- bauliche Maßnahmen in den bestehenden Sichtbeziehungen sowie mit Einfluss
auf die Silhouette des Quartiers „Langendreer Alter Bahnhof“ durchführen will,
die zur Beeinträchtigung dieser Sichtbezüge führen.
Für die Baudenkmäler im Satzungsbereich gelten die Bestimmungen des § 9
DSchG NRW.
104
§ 9 In-Kraft-Treten
Diese Satzung tritt am Tage der Bekanntmachung ihrer Auslegung in Kraft.
Anlagen zur Denkmalbereichssatzung „Langendreer
Alter Bahnhof“
1
Räumlicher und sachlicher Geltungsbereich
2
Verdichtungsbereiche zu schützender Elemente und Ziele für den
Denkmalbereich
3
Fotodokumentation (kann bei der Unteren Denkmalbehörde der Stadt
Bochum eingesehen werden)
105
Denkmalbereich Langendreer Alter Bahnhof
Denkmalbereich Langendreer Alter Bahnhof
Anlage 2 - Verdichtungsbereiche zu schützender Elemente und Ziele für den Denkmalbereich
EN
TW
U
R
F
Anlage 1 - Räumlicher und sachlicher Geltungsbereich
Legende
106
räumlicher Geltungsbereich
historischer Gebäudebestand
Neubauten mit Bedeutung für die
Ablesbarkeit der historischen Strukturen
Legende
historischer Gebäudebestand
Neubauten
Geschäftsstraße
prägnante Grünflächen
raumwirksame Gebäude
städtebaulich prägnante Bereiche
Baulinie
Sichtbeziehung
Einzeldenkmal
107
D
Warum steht das Quartier Langendreer Alter Bahnhof unter
Denkmalschutz?
E
EN
inige Gebäude im Quartier stehen aufgrund ihrer historischen Bedeutung
bereits als Objekte unter Denkmalschutz, im Jahr 2015 wurde dann das gesamte Quartier Langendreer Alter Bahnhof als Denkmalbereich unter Schutz
gestellt. Mehrere Gründe sprachen für die Unterschutzstellung: Das Quartier
Langendreer Alter Bahnhof ist ein anschauliches Beispiel für eine gründerzeitlich
bzw. wilhelminisch geprägte Stadterweiterung zur Zeit der Hochindustrialisierung
in Bochum und es besitzt einen herausragenden Zeugniswert in städtebaulichen,
baugeschichtlichen sowie stadt- und sozialgeschichtlichen Belangen.
Liegt mein Grundstück innerhalb des Denkmalbereichs
Langendreer Alter Bahnhof?
108
D
Muss ein Haus im Denkmalbereich wieder in seinen Urzustand
zurück versetzt werden?
N
ein, grundsätzlich gilt als Grundlage einer Unterschutzstellung der jeweils aktuelle Zustand des Gebäudes. Somit besteht für den aktuellen (genehmigten
und ordnungsgemäßen) Zustand aller Gebäude Bestandsschutz. Niemand
ist verpflichtet, an seinem Haus Veränderungen vorzunehmen, insofern die
Verkehrssicherheit nicht beeinträchtigt ist.
TW
U
enkmalbereiche werden als Ortsrecht durch eine Satzung der Gemeinde
unter Schutz gestellt. Mit der Unterschutzstellung durch den Rat der Stadt
unterliegt der Denkmalbereich den Vorschriften dieses Gesetzes. Nach dem
Stadtparkviertel und dem Siedlungsbereich Stahlhausen ist das Quartier
„Langendreer Alter Bahnhof“ der dritte Denkmalbereich in der Stadt Bochum.
Die Satzung zum Denkmalbereich Langendreer Alter Bahnhof umfasst
Aussagen zum Schutzgegenstand hinsichtlich Quartiersgrundriss, dem äußeren Erscheinungsbild der Gebäudebestände sowie der Raumstruktur. Ziel der
Unterschutzstellung ist eine langfristige Sicherung und Erhaltung des Quartiers
in seinem Gesamtzusammenhang.
F
Was ist ein Denkmalbereich?
liegenden Grundstückstücken an der Straße An den Lothen, der Grünablage, dem
Schulgelände sowie entlang der Maiwegstraße gefasst. Die Mansfelder Straße
begrenzt den Denkmalbereich im Süden und im Westen verläuft die Fassung zunächst westlich der Grundstücke an der Ümminger Straße und weiter in Richtung
Norden befinden sich die Gebäude entlang der südlichen Coloniastraße sowie
entlang der Straße auf dem Helwe ebenfalls im Geltungsbereich. Der genaue
Zuschnitt des Denkmalbereichs ist dem der Satzung beiliegenden Lageplan
zu entnehmen, eine Auflistung sämtlicher Flurstücke und Hausnummern im
Denkmalbereich findet sich in § 3 der Satzung.
R
Allgemeine Fragen zur
Denkmalbereichssatzung
Sind Veränderungen an meinem Haus und innerhalb meines
Grundstücks möglich?
V
eränderungen sind unter Berücksichtigung der geschützten Merkmale möglich, bedürfen jedoch der Erlaubnis der Unteren Denkmalbehörde der Stadt
Bochum. Veränderungen sind beispielsweise auch die Erneuerung von Türen,
Fenstern und Hauszugängen. Ebenso ist die Erneuerung von Fassadenanstrichen,
Dacheindeckungen und das Aufbringen von Solaranlagen erlaubnispflichtig. Das
vorliegende Gestaltungshandbuch dient hierbei als erste Orientierung für geplante bauliche Maßnahmen und beinhaltet Regeln und Hinweise für denkmalgerechte Veränderungen.
Es ersetzt jedoch keinen Erlaubnisantrag der Eigentümer bzw. die Genehmigung
durch die Stadt Bochum. Daher ist bei geplanten baulichen Maßnahmen eine
frühzeitige Kontaktaufnahme mit der Denkmalbehörde empfehlenswert.
ie Begrenzung des Denkmalbereichs Langendreer Alter Bahnhof verläuft im
Norden entlang der Straße Im Uhlenwinkel und wird im Osten von den östlich
109
Kann ich Maßnahmen ohne denkmalrechtliche Erlaubnis
durchführen?
Verbesserungen im Gebäudeinneren, wie beispielsweise die Erneuerung der
Heizungsanlage, sind jederzeit realisierbar.
S
Welche Vorteile habe ich als Denkmaleigentümer?
D
EN
enkmaleigentümer können besondere steuerliche Vorteile in Anspruch nehmen. Steuervergünstigungen bei der Einkommenssteuer ergeben sich durch
erhöhte Absetzungen bei denkmalgerechten baulichen Maßnahmen. Wenn
Maßnahmen zur Erhaltung der Denkmäler vorgenommen wurden, stellt die
Denkmalbehörde Bochum Bescheinigungen zur Vorlage beim Finanzamt aus.
Je nach Programmlage besteht die Möglichkeit der Bezuschussung von baulichen
Maßnahmen durch die Stadt Bochum (ohne Rechtsanspruch). Zudem gewährt
das Land NRW zinsgünstige Darlehen für denkmalgerechte Modernisierungen
und energetische Optimierungen. Für Fragen und Beratungen steht Ihnen die
Untere Denkmalbehörde der Stadt Bochum zur Verfügung.
Kann ich an meinem Haus energetische Verbesserungen
durchführen?
E
F
Habe ich als Denkmaleigentümer besondere Pflichten?
W
TW
U
Bekomme ich finanzielle Unterstützungen bei Maßnahmen, die
ich an meinem Haus durchführe?
J
eder Denkmaleigentümer hat einen Rechtsanspruch auf Steuervergünstigungen
(s. „Finanzielle Unterstützungen“). Zudem wird jeder Denkmaleigentümer rund
um den Denkmalschutz und bei geplanten Baumaßnahmen kostenfrei von der
Denkmalbehörde beraten. Ein weiterer Vorteil ist die mit dem Denkmalschutz
verbundene qualitätsvolle Entwicklung des räumlichen Umfeldes im Quartier
Langendreer Alter Bahnhof.
R
ämtliche baulichen Maßnahmen können – ungeachtet baurechtlicher
Vorschriften – nur in Abstimmung mit der Denkmalbehörde der Stadt Bochum
durchgeführt werden. Bei der Durchführung von Maßnahmen ohne denkmalrechtliche Erlaubnis wird eine Ordnungswidrigkeit (§ 8 Denkmalbereichssatzung,
§ 41 DSchG NRW) begangen, die mit einem Bußgeld geahndet wird. Nicht denkmalgerecht ausgeführte Maßnahmen kann die Untere Denkmalbehörde auf
Kosten des Verursachers beseitigen und den ursprünglichen Zustand wieder
herstellen lassen.
enn an dem Aussehen der geschützten Bauten und Anlagen bzw. in deren
Umfeld Veränderungen bzw. Erneuerungen vorgenommen werden sollen,
ist eine Erlaubnis der Denkmalbehörde der Stadt Bochum erforderlich. Hierfür
ist ein schriftlicher Erlaubnisantrag zu stellen. Daneben sind Denkmaleigentümer
verpflichtet, der Denkmalbehörde der Stadt Bochum den Verkauf von denkmalgeschützten Gebäuden und Anlagen mitzuteilen.
An wen kann ich mich bei Fragen wenden?
D
ie Untere Denkmalbehörde der Stadt Bochum steht Ihnen für Auskünfte,
Fragen und Beratungen rund um den Denkmalschutz zur Verfügung. Zudem
ist die Denkmalbehörde ihr Ansprechpartner wenn Sie bauliche Maßnahmen
beabsichtigen und eine denkmalrechtliche Erlaubnis beantragen möchten. Die
Kontaktdaten finden Sie in der vorderen Innenklappe dieser Broschüre.
nergetische Verbesserungen sind grundsätzlich möglich, wenn die geschützten Merkmale und Details der Bauten und Anlagen erhalten bleiben. Außen
liegende Wärmedämmungen an den Gebäudefassaden der Nachkriegszeit
sind unter Wahrung der Eigenarten in der Regel möglich, demgegenüber sind
an den Bauten aus der Vorkriegszeit alternative Maßnahmen vorzunehmen.
110
111
Brüstung
Als Brüstung werden einerseits massive, meist geschlossene Absturzsicherungen,
andererseits die zwischen unterer Fensterkante und Bodenebene liegende
Wandfläche bezeichnet (auch Fensterbrüstung).
Fries
Ein Fries ist ein schmaler, ornamentierter oder glatter Streifen zur Abgrenzung
oder Teilung von Flächen.
Gesims
Mit Gesims wird ein aus der Mauer hervortretender horizontaler Streifen, meist
zur Gliederung von Gebäuden bzw. Gebäudeabschnitten bezeichnet.
TW
U
Dachformen
> Satteldach: klassische Dachform aus zwei entgegengesetzt geneigten
Dachflächen, deren schräge Seiten zusammen mit dem oberen Wandabschluss
das typische Giebeldreieck bilden.
> Walm-/Krüppelwalmdach: im Gegensatz zum Satteldach weist das Walmdach
vier geneigte Seiten auf; die zwei zusätzlichen Seiten ersetzen den Giebel. Beim
Krüppelwalmdach sind die zwei zusätzlichen geneigten Seiten nicht vollständig
gewalmt, d. h. ein oberer Teil ist geneigt, darunter befindet sich ein trapezförmiger Giebel.
> Mansarddach: weist wie das Satteldach zwei geneigte Seiten auf, je
doch sind diese Seiten jeweils abgeknickt und somit im unteren Bereich oberhalb der Traufe steiler geneigt als unterhalb des Firstes.
First
Der First ist die oberste Dachlinie bzw. der oberste, in der Regel horizontal verlaufende, Dachabschluss bei geneigten Dachflächen.
F
Bauflucht
Eine Bauflucht beschreibt die Grenze, über die hinaus eine Bebauung nach dem
Bebauungsplan der Gemeinde verboten ist.
Fasche
Ein in Struktur und / oder Farbe abgesetzter Streifen bzw. die gestalterische
Rahmung um Fassadenöffnungen (Fenster, Türen) wird als Fasche bezeichnet.
R
Glossar
EN
Einfriedung
Als Einfriedung wird die Eingrenzung einer Fläche bzw. eines Grundstücks, das
durch ein Tor bzw. eine Öffnung betretbar ist, bezeichnet. Einfriedungen können
beispielsweise mit einem Zaun oder einer Mauer hergestellt sein.
Erker
Mit Erker wird eine geschlossene und mit Fenstern versehene Ausbuchtung an
der Fassade oder Hausecke bezeichnet, die in den oberen Geschossen, teils geschossübergreifend, angelegt ist.
112
Giebel
Der obere Abschluss der Fassade, der im Bereich des Daches liegt, wird als
Giebel bezeichnet. Bei einem Satteldach entsteht das typische Giebeldreieck.
Vielfach werden diese Bereiche besonders geschmückt, z.B. mit Zierfachwerk,
Verbretterungen u.ä. Ein Gebäude steht giebelständig, wenn es mit der
Giebelseite parallel zur Straße platziert ist.
Girlande
Die Girlande ist ein Dekorationsmotiv in Form eines bogenförmigen Gewindes
aus Laub, Blumen, Früchten, mit schmückenden Bändern u.ä., Girlanden an
Fassaden sind in der Regel in Stuck hergestellt, seltener in Stein oder Metall.
Halbsäule / Säule
Eine Säule ist ein Stützelement mit runder bzw. halbrunder oder gerundeter
Grundfläche. Säulen werden auch als vorspringendes Dekorationselement ohne
Stützfunktion verwendet. Eine Säule ist gewöhnlich gegliedert in eine Basis (unterer Abschluss, z.B. als quadratische Platte), den Schaft und in einen oberen
Abschluss, das Kapitel.
113
Risalit
Ein Risalit bezeichnet ein aus der Bauflucht vorspringendes Bauteil, das auch höher sein kann als der Hauptbaukörper und häufig auch ein eigenes Dach hat. Je
nach Lage am Gebäude unterscheidet man in Mittel- bzw. Seiten- oder Eckrisalit.
Ein nicht durch alle Geschosse reichendes vorgezogenes Bauteil wird Vorbau
genannt.
TW
U
Lisene
Mit Lisene wird ein senkrechter, leicht hervortretender Mauerstreifen zur
Gliederung der Fassade bezeichnet.
Relief
Mit Relief wird eine plastisch herausgearbeitete Komposition bezeichnet, die jedoch immer mit dem Maueruntergrund verbunden ist.
F
Kämpfer
Mit Kämpfer wird das Querholz zur Unterteilung eines Fensters (bzw. Tür) bezeichnet, das zusätzlich mit dem Setzholz das Fensterkreuz bildet.
Point de Vue
Als point de vue („Blickpunkt“, aus dem Französischen) wird in der Architektur
und dem Städtebau ein als Blickfang dienendes Objekt am Ende eines Weges
oder einer Straße bezeichnet. Eine Sichtachse kann einen point de vue zum visuellen Ziel haben.
R
Laibung / Leibung
Die Laibung / Leibung ist die senkrechte Schnittfläche in einem Mauerwerk,
die die seitliche Begrenzungen der Fenster- und Türöffnungen bildet. Der
obere Abschluss dieser Öffnungen wird mit Sturz bezeichnet. Gestalterische
Rahmungen von Fenster- und / oder Türöffnungen werden auch mit Fasche
bezeichnet.
Maßwerk
Ein Maßwerk ist ein geometrisches Bauornament, das sowohl in Fensteröffnungen
über der Kämpferlinie als auch in Fassaden als Blendmaßwerk zur
Flächengliederung bzw. -gestaltung angelegt ist. Vielfach handelt es sich um flächenfüllende Steinmetzarbeiten.
EN
Ortgang
Mit Ortgang wird der seitliche Abschluss der Dachfläche am Giebel bezeichnet. Der Ortgang verbindet die Traufe mit dem First des Daches. Er ist häufig
mit einem besonderen Schmuck versehen. In jüngerer Zeit werden vielfach
Ortgangziegel für einen einheitlichen Dachabschluss verwendet.
Piano Nobile
Die sogenannte „Belle Etage“, das 1. Obergeschoss von größeren Gebäuden,
wird auch als Piano Nobile bezeichnet.
Pilaster
Ein Pilaster ist ähnlich einer Lisene, jedoch wie eine Säule in Basis, Schaft und
Kapitell gegliedert.
114
Rustika / Rustizierung
Mit Rustika werden in die Fassaden eingearbeitete Steinquader bezeichnet, deren Ansichtsflächen in der Regel unbehandelt bleiben. Alternativ zur Verwendung
von Naturstein werden Rustizierungen im Verputz nachgeahmt.
Silhouette
Eine Silhouette („Umriss“, aus dem Französischen) ist das Panorama der höchsten Gebäude und Strukturen einer Stadt, dass sich am Horizont abzeichnet.
Sprosse
Mit Sprosse wird ein Unterteilungsholz am Fenster bezeichnet.
stehende Fenster / liegende Fenster
Die Ausrichtung der Fensteröffnung wird in liegend (Querformat) und stehend
(Hochformat) unterschieden.
Sturz
Der Sturz ist der obere waagerechte Abschluss von Fenster- bzw. Türöffnungen.
115
Clemes Kreuzer (Hrsg.): Langendreer-Werne zwischen Steinzeit und Gegenwart.
Eine Siedlungsgeschichte des Bochumer Ostens. Studien zum Werden und Wandel
von Langendreer, verbunden mit einer Organisation von Werne und einem vom
Verlag angefügten firmengeschichtlichen Anhang. Bochum-Langendreer, 1999
F
Zwerchhaus / Lukarne
Das Zwerchhaus bezeichnet einen Dachaufbau, der in der Flucht des Gebäudes
steht (im Gegensatz zur Gaube, die zurück versetzt angeordnet ist) und vielfach
einen gestalteten Giebel sowie einen quer zur Hauptfirstrichtung verlaufenden
First aufweist.
Clemens Kreuzer (Hrsg.): Bauernzeit und Bergmannszeit in Bochum-Ost.
Langendreer und Werne, Laer, Ümmingen und Havkenscheid in Geschichte und
Geschichten, Erinnerungen und Erzählungen. Ein Heimatbuch des Stadtbezirks
Bochum-Ost. Bochum Langendreer, 1990.
Hansi Hungerige: Langendreer-Werne wie es früher war. Gudensberg-Gleichen,
2001
R
Traufe
Geneigte Dachflächen werden unten in der Regel von einer Traufe mit einer
Dachrinne abgeschlossen. Die Traufhöhe bezeichnet den Abstand zwischen der
Geländehöhe und der Traufe bzw. dem unteren Dachabschluss. Traufständig
ist ein Gebäude dann, wenn es mit der Traufe parallel zur Straße steht. Der
Dachfirst verläuft dann in der Regel ebenfalls parallel zur Straße.
TW
U
Norbert Meier, Hans-Jürgen Lewer, Förderverein Bergbauhistorischer Stätten
Ruhrrevier e.V. (Hrsg.): Zeche Masfeld. Wie Urbanus und Colonia zu Mansfeld
wurden. o.O., 2012
Literatur und Quellen (Auswahl)
Karl Albers, Gemeinschaft Freunde für die Erhaltung und Pflege heimatlicher
Geschichte und Kultur (Hrsg.): Heimatbuch Langendreer-Werne. BochumLangendreer, 1964
Stadt Bochum, Planungsamt – Untere Denkmalbehörde (Hrsg.): Denkmal-Info.
Tag des offenen Denkmals 2002. Ein Denkmal steht selten allein: Straßen, Plätze
und Ensembles. Bochum, 8. Sept. 2002
Stadt Bochum (Hrsg.), Romantik, Realismus, Revolution. Das 19. Jahrhundert,
Tag des offenen Denkmals. Bochum, 11. September 2011
EN
Dr. Herbert Dierkes, Verkehrs- und Geschichtsverein Langendreer/Werne
e.V. (Hrsg.): Langendreer im 19. Jahrhundert. Der Weg vom Dorf zur
Industriegemeinde. Studien zur Siedlungs- und Sozialgeschichte der Gemeinde
Langendreer, o.O., o.J.
E. Tetzlaff (Hrsg.), Langendreer Heimatbuch. Langendreer 1923
Dr. Herbet-Dierkes, 100 Jahre Amtshaus Langendreer. Bochum 2001
Eberhard Franken (Text): 1859–1984. 125 Jahre Bauunternehmung Maiweg.
Klaus Maiweg. Hoch-, Tief-, Stahlbetonbau. Bochum Langendreer, o.O., o.J.
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118
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F
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KONTAKT
Stadt Bochum
Stadtplanungs- und Bauordnungsamt Bochum | Untere Denkmalbehörde
Technisches Rathaus | Hans-Böckler-Straße 19 | 44787 Bochum
www.bochum.de
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