Daten
Kommune
Berlin Tempelhof-Schöneberg
Dateiname
Tätigkeitsbericht 2015.pdf
Größe
67 kB
Erstellt
01.06.16, 16:48
Aktualisiert
27.01.18, 11:12
Stichworte
Inhalt der Datei
BA Tempelhof-Schöneberg
- Rechtsamt RA Ltg - 12/11 F99
Bearbeiter: Herr Dr. Discher
20.05.2016
(9277) 2207
(9277) 2482
D6/1298
Tätigkeitsbericht des Rechtsamtes für das Jahr 2015
Das Rechtsamt des Bezirkes Tempelhof-Schöneberg ist zuständig für
1. die rechtliche Beratung der Bezirksbürgermeisterin und der Bezirksamtsmitglieder,
2. die rechtliche Beratung der Bezirksverordnetenversammlung und ihrer Ausschüsse
in bezirksverwaltungsrechtlichen Rechtsfragen,
3. die rechtliche Beratung der Ämter, Serviceeinheiten und sonstigen
Organisationseinheiten der Bezirksamtes in grundsätzlichen und bzw. oder
rechtlich bedeutsamen Angelegenheiten,
4. die Führung von Rechtsstreitigkeiten in Angelegenheiten des Bezirks, soweit diese
nicht anderen Organisationseinheiten vorbehalten ist,
5. die Betreuung von Anwaltsprozessen in Angelegenheiten des Bezirks, soweit diese
nicht anderen Organisationseinheiten vorbehalten ist,
6. die Ermittlungsleitung und Entscheidung in Haftpflichtsachen des Bezirks,
7. Namensänderungsangelegenheiten,
8. die Erledigung besonderer Personaleinzelangelegenheiten,
9. die Bereitstellung juristischer Informationssysteme für das Bezirksamt,
10.Sonderaufgaben im Auftrag des Bezirksamtes oder der Bezirksbürgermeisterin in
besonders bedeutsamen Angelegenheiten,
11.die Ausbildung von Rechtsreferendar(inn)en und Rechtspraktikant(inn)en und
12.die Anleitung von Regierungsrät(inn)en z.A.
Das Rechtsamt wirkt in allen Phasen seiner beratenden oder prozessführenden Tätigkeit
darauf hin, dass die Organe des Bezirks recht- und gesetzmäßig handeln. Die beratende
Tätigkeit des Rechtsamtes beschränkt sich auf rechtliche Aspekte. Fachliche oder
politische Bewertungen obliegen den zuständigen Bezirksamtsmitgliedern, Ämtern,
Serviceeinheiten und sonstigen Organisationseinheiten des Bezirksamtes und der
Bezirksverordnetenversammlung. Das Rechtsamt nimmt grundsätzlich keine eigenen
Sachverhaltsermittlungen vor. Deshalb sind Grundlage für die rechtliche Beratung und für
die Prozessführung durch das Rechtsamt die Sachverhaltsdarstellungen der fachlich
zuständigen Organisationseinheiten. Abweichendes gilt nur für die Tätigkeit des
Rechtsamtes in Haftpflichtsachen und in Namensänderungsangelegenheiten.
Dem Rechtsamt angegliedert ist die Zentrale Widerspruchsstelle.
-2Im Rechtsamt (ohne Widerspruchsstelle) waren im Berichtszeitraum vier Volljuristen (3
Vollzeitäquivalente), drei Mitarbeiter des gehobenen Dienstes (2,5 Vollzeitäquivalente)
sowie 2 Mitarbeiterinnen im Vorzimmer (1,6 Vollzeitäquivalente) beschäftigt. Zur
Ausbildung zugewiesen waren dem Rechtsamt insgesamt 13 Rechtsreferendare und
zeitweise ein Regierungsrat z.A. Die Ausbildung fand auch in der Widerspruchsstelle statt.
Eine Übersicht über die Personalausstattung aller Rechtsämter der Berliner Bezirke gibt
es nicht. Sie wäre auch nur mit großem Aufwand zu erstellen, weil zur Herstellung von
Vergleichbarkeit Bezüge zu den zum Teil abweichenden Aufgaben und Anforderungen der
verschiedenen Rechtsämter hergestellt werden müssten.
Die Belastung des Rechtsamtes hat sich insgesamt erneut erhöht. Die Zahl der zu
bearbeitenden verakteten Vorgänge betrug 2078 gegenüber 1981 im Vorjahr und 1773 im
Vorvorjahr.
Im Laufe des Berichtsjahres wurden 642 (Vorjahr: 645) Streitverfahren geführt,
davon vor den Gerichten der
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Arbeitsgerichtsbarkeit
Sozialgerichtsbarkeit
Zivilgerichtsbarkeit
446 (Vorjahr: 456)
28 (Vorjahr: 19)
56 (Vorjahr: 57)
112 (Vorjahr: 113)
Im Laufe des Berichtsjahres sind 205 (Vorjahr: 226) Verfahren neu eingegangen.
Eine Feinaufstellung der Verteilung ist aus der beigefügten Tabelle (Anlage 1) ersichtlich.
Dabei ist zu beachten, dass jede Akte den jeweils gesamten Instanzenzug erfasst.
Beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg waren im Berichtsjahr 96 (Vorjahr: 96)
Verfahren anhängig, beim Kammergericht 14 (Vorjahr: 12), beim Landesarbeitsgericht 3
(Vorjahr 5) und beim Landessozialgericht 9 (Vorjahr: 8) Verfahren. Beim
Bundesverwaltungsgericht war 1 Verfahren (Vorjahr 1) anhängig.
In den Verwaltungs-, Sozialgerichts- und Arbeitsrechtsstreitverfahren ist das Bezirksamt
fast ausschließlich auf der Beklagten- bzw. Antragsgegnerseite vertreten. In den
Zivilrechtsverfahren ist Berlin in etwa der Hälfte der Fälle Kläger bzw. Antragsteller.
Die durchschnittliche Verfahrensdauer betrug 1,69 (Vorjahr 1,71) Jahre, die längste
allerdings ca. 10 Jahre. Die Dauer der Verfahren wird maßgeblich durch eine Vielzahl von
Fremdfaktoren bestimmt, die das Rechtsamt grundsätzlich nicht beeinflussen kann. Dabei
stehen im Vordergrund die Verfahrensgestaltung durch das Gericht und die Belastung des
jeweiligen Spruchkörpers. Das Rechtsamt kann, wenn gewichtige Gründe vorliegen, zwar
bei den Gerichten auf eine beschleunigte Erledigung eines Verfahrens drängen, bleibt
aber dabei auch oft ohne Erfolg und wird von den Gerichten auf eine bestimmte Anzahl
gleich bedeutsamer, aber zeitlich vorrangiger Verfahren hingewiesen. Die manchmal
überlange Verfahrensdauer bei schwierigen Prozessen erfüllt das Rechtsamt mit großer
Sorge. Sie führt in einer Vielzahl von Fällen zu großen finanziellen Risiken für den Bezirk.
Das gilt insbesondere für Verfahren, an die bei Prozessverlust Amtshaftungs- oder
Entschädigungsansprüche geknüpft werden könnten, in denen Verzugszinsen geltend
gemacht werden, oder wenn während des Verfahrens laufend Leistungen zu erbringen
sind, denen keine Gegenleistung für den Bezirk gegenübersteht. Angaben zur
-3Verfahrensdauer der Berliner Gerichte können im Internet beim Statistischen Bundesamt
Deutschland
unter
https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/Rechtspflege/GerichtePersonal/Zivil
gerichte.html abgerufen werden.
Von den 310 im Berichtsjahr (Vorjahr: 250) abgeschlossenen Verfahren hat das
Bezirksamt in 225 Fällen (73 %, Vorjahr: 77 %) obsiegt, in 49 Fällen (15 %, Vorjahr: 11 %)
ist es unterlegen, in 36 Fällen (12 %, Vorjahr: 10 %) kam es zur Kostenteilung.
Im Berichtsjahr wurden 45 (Vorjahr: 30) Verfahren durch Rechtsanwälte geführt. Die
Anwaltsprozesse werden vom Rechtsamt betreut. Die Zahl der Prozesse, die von
Rechtsanwälten geführt werden, lässt sich nicht verringern, da in den Verfahren vor dem
Landgericht, dem Kammergericht, dem Landesarbeitsgericht, dem Bundesgerichtshof und
dem Bundesarbeitsgericht Anwaltszwang herrscht. Außerhalb des Anwaltszwanges
werden Rechtsanwälte allenfalls in besonderen Ausnahmefällen beauftragt.
Nicht ermittelt werden kann die Zahl der rechtlichen Stellungnahmen des Rechtsamtes.
Ursache dafür ist, dass ein großer Teil der Beratungsvorgänge mündlich, insbesondere
telefonisch erfolgt, nicht veraktet und damit nicht statistisch erfasst wird. Zudem enthält ein
Vorgang oft mehrere rechtliche Stellungnahmen. Neben den Streitverfahren bearbeitete
das Rechtsamt aktenmäßig im Berichtsjahr 1131 (Vorjahr: 1070) Stellungnahmen,
Haftpflichtermittlungen und sonstige rechtliche Vorgänge sowie 299 (Vorjahr: 266,
Vorvorjahr: 229) Namensänderungsangelegenheiten.
Eine Übersicht über die im Zusammenhang mit der Prozessführung des Rechtsamtes
entstandenen
Verfahrenskosten
(Gerichtskosten,
Rechtsanwaltsgebühren
und
Sachverständigenkosten) liegt als Anlage 2 an.
Die Einschätzung, ob ein Verfahren von besonderer Bedeutung ist, obliegt dem Rechtsamt
grundsätzlich ebenso wenig wie die Einschätzung, ob ein Gesetzesvorhaben von
besonderer Bedeutung für den Bezirk ist. Es handelt sich dabei um fachliche oder
politische Einschätzungen, die alleine den jeweils zuständigen Bezirksamtsmitgliedern
bzw. Fachabteilungen obliegen. Entsprechend ist es dem Rechtsamt verwehrt, über
einzelne Verfahren zu berichten – zumal Grundlage der Zusammenarbeit zwischen dem
Rechtsamt und den einzelnen Organisationseinheiten strikte Vertraulichkeit ist.
Entsprechend ist auch ein Ausblick auf Verfahren des kommenden Jahres nicht möglich.
Aus
rechtlicher
Sicht
besonders
bedeutsam
war
die
Befassung
des
Oberverwaltungsgerichtes Berlin-Brandenburg mit dem sogenannten „Laufhaus“ an der
Potsdamer Straße. Das Bundesverwaltungsgericht hatte, nachdem es die Auffassung des
Rechtsamtes in zwei grundsätzlichen Rechtsfragen zum Bauplanungsrecht bestätigt hatte,
den Rechtsstreit wegen noch offener tatsächlicher Fragen an das Oberverwaltungsgericht
zurückverwiesen. Dieses hat nunmehr die Versagung der Baugenehmigung für das
Laufhaus
durch
das
Bezirksamt
bestätigt.
Den
dagegen
gerichteten
Revisionszulassungsantrag
hat
das
Bundesverwaltungsgericht
zwischenzeitlich
abschlägig beschieden.
Im Übrigen beobachtet das Rechtsamt mit großer Sorge die beständig zunehmende
Ausdifferenzierung und Komplexität der Rechtsordnung durch Gesetzgebung und
Rechtsprechung.
Diese
geht
zu
Lasten
von
Rechtssicherheit
und
Verwaltungspraktikabilität. Das zeigt plastisch das eben skizzierte Laufhaus-Verfahren
-4über mehrere Instanzen mit sehr divergierenden Rechtsauffassungen der Gerichte und
unterschiedlichen rechtlichen Schwerpunktsetzungen, darunter auch die Feststellung der
Unwirksamkeit zweier Bebauungspläne und das Offenlassen der Wirksamkeit des
aktuellen Bebauungsplanes. Bleibt dieser Trend ungebrochen, wird dies in Verbindung mit
der steigenden Anspruchsmentalität der Bürger und der Personalknappheit in den Berliner
Verwaltungen zwangsläufig zu erheblichen Problemen führen, die auch durch
Maßnahmen der Verwaltungsmodernisierung nicht aufgefangen werden können.
Als Anlage 3 liegt der Bericht der Widerspruchsstelle an. Die für die Widerspruchsstelle
erbetenen Daten sind, soweit verfügbar, aus der beigefügten Tabelle (Anlage 4)
ersichtlich.
Dr. Discher