Daten
Kommune
Berlin Friedrichshain-Kreuzberg
Dateiname
Anlage zur VzK DS/0471/V.pdf
Größe
1,6 MB
Erstellt
20.09.17, 14:20
Aktualisiert
28.01.18, 02:37
Stichworte
Inhalt der Datei
Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin
Abt. für Bauen, Planen und Facility Management
Bezirksverordnetenversammlung
Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin
Drucksache Nr.
Vorlage – zur Kenntnisnahme –
über
Fortschreibung der Regelung einer sozialorientierten Wohnraumversorgung mit
öffentlich gefördertem Wohnraum über das bezirkliche Belegungsmanagement
Friedrichshain-Kreuzberg
Wir bitten, zur Kenntnis zu nehmen:
Das Bezirksamt hat in seiner Sitzung vom 19.09.2017 beschlossen:
Fortschreibung der Regelung einer sozialorientierten Wohnraumversorgung mit
öffentlich gefördertem Wohnraum über das bezirkliche Belegungsmanagement
Friedrichshain-Kreuzberg (Anlagen 1 bis 2).
A).
Begründung:
Die Begründung ist der Anlage 1Punkt A und B zu entnehmen.
B).
Rechtsgrundlage:
Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen zur Modernisierung und
Instandsetzung von Altbauten – Programmteil „Soziale Stadterneuerung“:
Modernisierungs- und Instandsetzungsrichtlinie 1990 – ModInstRL 90 vom
05.04.1990
Modernisierungs- und Instandsetzungsrichtlinie 1995 – ModInstRL 95 vom
21.09.1994
§ 180 Baugesetzbuch ( BauGB )
§ 147 Baugesetzbuch ( BauGB ) in Verbindung mit
§ 54 Verwaltungsverfahrensgesetz ( VwVfG ).
C).
Auswirkungen auf den Haushaltsplan und die Finanzplanung:
a) Auswirkungen auf Einnahmen und Ausgaben:
keine
b) Personalwirtschaftliche Ausgaben:
keine
Berlin, den 19.09.2017
Monika Herrmann
Bezirksbürgermeisterin
Florian Schmidt
Bezirksstadtrat
Fortschreibung der Regelung einer sozialorientierten Wohnraumversorgung
mit öffentlich gefördertem Wohnraum über das bezirkliche Belegungsmanagement in Friedrichshain – Kreuzberg
A) Prinzipien einer sozialorientierten Wohnraumversorgung mit öffentlich geförderten
Wohnungen:
Im Rahmen des Programms Soziale Stadterneuerung (ModInstRL90 bzw. -95) wurde die Durchführung städtebaulich gebotener Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen im Sinne
§ 177 BauGB umfangreich gefördert. Zuwendungszweck war die sozialverträgliche und weitestgehend einvernehmliche Durchführung umfangreicher Maßnahmen, die zur Erreichung der Ziele
der Stadterneuerung erforderlich waren und ohne die Förderung nicht in dem gebotenen Umfang durchführbar gewesen wären.
Für die Dauer der sich aus der Förderung ergebenden Bindungszeit obliegt dem Land Berlin das
Belegungsrecht. Wünschenswert sind dem Grundsatz nach einvernehmliche Lösungen zwischen
den Fördernehmern und dem Land Berlin / dem Bezirk im Belegungsverfahren des geförderten
Wohnraums.
Innerhalb der Förderverträge ist unter § 8 geregelt, dass ab Vertragsabschluss bis zum Ablauf
des Bindungszeitraumes (§ 10) freie und freiwerdende Wohnungen dem Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg zu melden sind. Der Eigentümer ist verpflichtet, diese Wohnungen nur mit vorheriger Zustimmung des Bezirksamtes an Sanierungsbetroffene, sonstige Wohnungssuchende
mit WBS gemäß § 5 WoBindG oder für begründeten Eigenbedarf, soweit er gemäß § 2 Nr. 11
des Vertrages vereinbart wurde, zu überlassen. Auf Verlangen des Bezirks sind einzelne Wohnungen auch Benutzergruppen (Wohngemeinschaften oder betreutes Wohnen) mit besonderen
sozialen, psychischen und gesundheitlichen Problemen zu überlassen.
Zur Sicherung der Belegungsrechte verpflichtete sich der Eigentümer eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit im Grundbuch eintragen zu lassen (§ 6 Absatz 8 Fördervertrag).
Die nachfolgend dargestellten Prinzipien bilden die Grundlagen für den Bezirk FriedrichshainKreuzberg zur Wahrnehmung seiner vereinbarten Verpflichtungen zur Wiederbelegung geförderten Wohnraums ab. Zugleich wird damit der Beschluss Nr. III/120/09 des Bezirksamtes vom
18.08.2009 fortgeschrieben.
Das Bezirksamt beschließt:
1. Zielgruppen, die mit Priorität mit belegungs- und mietengebundenem Wohnraum versorgt werden sollen
Belegungsgebundene Wohnungen sollen primär an Bewerber*innen vermittelt werden, die am
stärksten auf preisgünstige Wohnungen in der Innenstadt angewiesen sind. Haushalte mit einem
Einkommen innerhalb der Einkommensgrenze nach § 9 Absatz 2 des Wohnraumförderungsgesetzes (WoFG) sind damit vorrangig zu berücksichtigen. Dabei strebt das Bezirksamt eine sozial ausgewogene Belegung der geförderten Häuser im Einvernehmen mit den Eigentümern an.
Zielgruppen:
• Vorrang haben Sanierungsbetroffene aus Sanierungs- und Untersuchungsgebieten ( § 136
BauGB ff.) oder in Gebieten mit Erhaltungsverordnung ( § 172 BauGB ) bei denen der Bezirk
eine Ersatzwohnraumversorgung im Sinne § 180 BauGB für notwendig erachtet,
• Versorgt werden sollen WBS-Inhaber*innen aus dem Bezirk, die in besonderer Weise auf die
soziale Infrastruktur angewiesen und in unterstützende soziale Netzwerke eingebunden
sind, (z. B. Familien, deren Kinder eine Kita/ Schule im Einzugsbereich besuchen). Dies si-
chert auch perspektivisch, dass die soziale Infrastruktur auf entsprechende Bedarfe trifft und
ausgelastet wird.
• Aufgrund des vordringlichen Bedarfs sollen 20% der Wohnungen der jeweiligen Häuser mit
Geflüchteten, mit Personen aus Nutzergruppen mit besonderen sozialen, psychischen oder
gesundheitlichen Problemen aus betreuten Einrichtungen bzw. aus Nachsorgeeinrichtungen
sowie mit Wohnungslosen belegt werden.
• Übrige WBS-Inhaber*innen aus Berliner Bezirken können darüber hinaus versorgt werden.
2. Grundregeln für eine sozialorientierte Wohnungsvergabe
2.1
Kein Ablehnungsgrund für eine Wohnraumversorgung im öffentlich geförderten
Wohnungsbestand besteht in folgenden Fällen:
•
•
•
•
•
2.2
Geringes eigenes Einkommen: Bei der Beurteilung einer angemessenen Mietbelastung
für Haushalte, die ausschließlich von eigenem Einkommen leben, bieten die im Wohngeldrecht zugemuteten Belastungen eine Orientierung. Eine prozentuale Grenze der
Mietbelastung ist keine allgemeingültige Beurteilungsbasis für die Zugänglichkeit zu öffentlich gefördertem Wohnraum. Unter Einbeziehung von Wohngeld geht die Mietbelastung für die einkommensschwächsten Haushalte bis zu 50% des verfügbaren Nettoeinkommens. Warmmietbelastungen zwischen 40 und 50% sind jedoch nur Richtwerte
und keine starr gezogenen Grenzwerte. Wohnungsbewerber*innen mit geringem Einkommen dürfen, ohne Ansehen der konkreten Personen, nicht von der Wohnraumversorgung ausgegrenzt werden.
Kostenübernahme durch Leistungsträger: Bewerbungen von Haushalten, bei denen eine Kostenübernahme der Wohnkosten durch Leistungsträger erfolgt (ALG II- Bezug über
Jobcenter, Bezug von Grundsicherung) sind bei Vorlage der Bestätigung der Kostenübernahme gleichberechtigt zu berücksichtigen.
Schufa-Eintragungen: Schufa-Eintragungen, die nicht über eine Bagatellgrenze hinausgehen, die nachwirkend auf bereits beglichene Verbindlichkeiten hinweisen oder mit
Rückzahlungsvereinbarungen beglichen werden stellen allein keinen Ablehnungsgrund
von Wohnungsbewerber*innen dar.
Mitwirkung Dritter: Sollten Unterlagen nicht beigebracht werden können, für deren
Ausstellung die Mitwirkung Dritter erforderlich ist, die jedoch nicht zur Mitwirkung bereit sind, besteht kein Ablehnungsgrund. Es ist ausreichend, wenn Bewerber*innen diese geforderten Nachweise dem Inhalt nach auch anderweitig belegen können, sofern
möglich. Sollten Unterlagen in einer Frist von 14 Tagen aus Gründen nicht vorliegen, die
nachweisbar nicht der Bewerber zu vertreten hat, so ist eine einmalige Nachfrist von einer Woche zu gewähren.
Aufenthaltserlaubnis: Eine nach §7 und §26 AufenthG befristete Aufenthaltserlaubnis
allein, stellt keinen Ablehnungsgrund von Wohnungsbewerber*innen aus dem Kreis anerkannter Flüchtlinge mit WBS dar.
Ablehnungsgründe von Bewerber*innen
Für die Ablehnung von Bewerber*innen um öffentlich geförderte Wohnungen werden dem Wesen nach folgende Gründe akzeptiert, sofern nicht einzelfallbezogen eine andere Entscheidung
des Bezirksamtes begründet werden kann:
• Die Übernahmebestätigung des Jobcenters oder Sozialamtes zur Zahlung der Miete liegt
nicht vor.
• Eine Ablehnung von Bewerber*innen, die Nutzergruppen mit besonderen sozialen, psychischen oder gesundheitlichen Auffälligkeiten angehören, wird nur dann akzeptiert,
wenn in der Person des Bewerbers weitere, über rein äußerlich auffällige Erscheinungs-
•
•
formen hinausgehende Ablehnungsgründe glaubhaft gemacht werden können, oder
wenn die soziale Gesamtsituation der Mieterschaft im Haus dies rechtfertigt.
Für den Mietvertragsabschluss erforderliche Unterlagen werden nicht fristgerecht beigebracht. Der Vermieter hat dem Bewerber nach seiner Benennung durch den Bezirk eine angemessene Frist von zwei Wochen zu gewähren, um die nötigen Unterlagen für
den Mietvertragsabschluss beizubringen.
Wenn sich der / die Bewerber*in zwecks Vertragsabschluss nicht meldet oder mangels
anderweitiger Mitwirkung ein zügiger Mietvertragsabschluss dadurch in Frage gestellt
wird, kann der/die Bewerber*in abgelehnt werden. Hierzu ist beim Bezirk bzw. dessen
Beauftragten innerhalb von 14 Tagen nach der Benennung – jedoch noch vor Ablehnung
des Bewerbers - eine telefonische oder schriftliche Information abzugeben, um die Ursache mangelnder Mitwirkung zu ergründen und ggf. Abhilfe, z.B. durch Nachbenennung eines weiteren Mietinteressenten*in zu organisieren.
2.3 Vorgehensweise zur Sicherung der sozialorientierten Wohnraumversorgung
•
•
•
•
Die Feststellung, ob für eine Person oder einen Personenkreis eine Berechtigung nach §
8 Förderungsvertrag vorliegt, obliegt ausnahmslos dem Land Berlin bzw. seinen Vertretern und kann nicht ersatzweise durch den Fördernehmer bzw. dessen Bevollmächtigte
vorgenommen werden.
Wohnungen, für die Mieter*innen durch das Belegungsmanagement benannt wurden,
die aber durch die Hausverwaltungen abgelehnt wurden, werden künftig nur durch das
Bezirksamt zur eigenständigen Vermietung an Mieter*innen mit WBS frei gegeben. Je
nach Sachlage kann eine Verlängerung der Belegungsfrist erfolgen.
Die Gründe einer Ablehnung von Bewerber*innen sind durch den Fördernehmer spätestens 14 Tage nach der Benennung des Bewerbers gegenüber dem Bezirk einzelfallbezogen konkret und nachvollziehbar darzulegen.
Im Einzelfall wägt der Bezirk ab, die im Grundbuch verankerte Dienstbarkeit gemäß § 6
Absatz 8 des Fördervertrages in Anspruch zu nehmen und von einer Besetzung von
Wohnungen mit benannten Bewerber*innen Gebrauch zu machen.
B) Begründung
Der Wohnungsmarkt ist in Berlin zunehmend angespannt. Alleine in den beiden letzten Jahren
haben sich die Mieten fast doppelt so stark verteuert wie in den vergangenen Jahren, im Durchschnitt um 9,4%.1 Auf allen Teilmärkten des Berliner Wohnungsmarktes einschließlich des Sozialen Wohnungsbaus sinkt das Angebot preiswerter Wohnungen2. Die Wohnungsnot in Berlin erreicht nicht nur Geringverdienende sondern bereits den Mittelstand.
In Berlin sind 51% aller Haushalte3, das sind gut 1 Million Haushalte, sozialwohnungsberechtigt
und haben aufgrund ihres Einkommens die Zugangsberechtigung zu Wohnungen des Sozialen
Wohnungsbaus, 1. Förderweg. Dem stehen zurzeit nur noch weniger als 220.000 Wohnungen
gegenüber, die nach Wohnungsbindung, Belegungsbindung oder ModInstRL für die Versorgung
der sozialwohnungsberechtigten Haushalte zur Verfügung stehen4. Diese Zahl wird sich durch
Auslaufen von Bindungsfristen weiter reduzieren.
Die Regierungskoalition sieht in bezahlbarem Wohnen ein Grundrecht für alle Berliner*innen.
Sie sieht in der sozialen Wohnraumversorgung, in der Bekämpfung von Wohnungslosigkeit und
Verhinderung sozialer Ausgrenzung eine Schlüsselaufgabe und hat in der Koalitionsvereinbarung
eine Reihe von Maßnahmen zur Dämpfung der Mietpreisentwicklung beschlossen. Damit soll die
zunehmende Verdrängung und immer stärkere Gentrifizierung innerstädtischer Quartiere eingedämmt und der soziale Zusammenhalt in Berlin gestärkt werden.
Die von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen erarbeiteten Förderprogramme für die Neuerrichtung von Sozialwohnungen werden nicht ausreichen, um den jährlichen
Wegfall von Sozial- und Mietenbindungen im vorhandenen Bestand zu kompensieren. Man kann
davon ausgehen, dass der Bedarf an Wohnungen, die für breitere Bevölkerungsschichten bezahlbar und zugänglich sind, kurz und mittelfristig nicht gedeckt werden kann. Neubau kann dieses Problem nur bedingt lösen. Mit Mieten von teilweise mehr als 10 €/m² netto-kalt ist er für
untere bis mittlere Einkommensgruppen nicht finanzierbar. In Berlin entstehen derzeit viele Eigentumsobjekte, jedoch zu wenige Wohnungen für Durchschnittsverdiener.
In der Regel funktionieren auch erwartete „Sickereffekte“ nicht, wonach gutsituierte Haushalte
aus preiswerteren Wohnungen in teurere Neubauten ziehen und die leergezogenen Wohnungen
preiswert bleiben. In der Konkurrenz um preisgünstigen Wohnraum setzen sich einkommensstärkere Gruppen in Innenstadtlagen durch.
Unter den gegebenen Umständen stellen daher öffentlich geförderte Altbauwohnungen mit Belegungsbindungen und noch niedrigeren Mieten für die Versorgung von Haushalten mit unterdurchschnittlichen Einkommen ein nicht zu ersetzendes Angebot dar.
Von den derzeit berlinweit 21.000 Wohnungen, die nach den ModInstRL des Landes Berlin gefördert wurden, entfallen rund 5.200 belegungs- und mietengebundene Wohnungen auf den
Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, deren Bindungen noch bis ca. 2025, in Einzelfällen bis 2032
wirken.
Diese Wohnungen will der Bezirk fördervertragskonform unter Berücksichtigung der verfassungsgemäßen Aufgabe, die Bevölkerung mit angemessenem Wohnraum zu versorgen, an die
unter Punkt 1 genannten Zielgruppen vergeben.
1
Mieter Magazin 6/17
Vgl. IBB Wohnungsmarktbericht 2016, S. 44 sowie 57 ff.
3
Vgl. IBB Wohnungsmarktbericht 2016, S. 45 ff.
4
Vgl. IBB Wohnungsmarktbericht 2016, S. 44
2
Die Anzahl der Bewerber*innen in der ersten Kategorie (Sanierungsbetroffen ) ist auf Grund der
Einstellung der ModInst-Förderung stark rückläufig, so dass sich die Vermittlung des belegungsgebundenen Wohnraums auf Kategorie 2 ( WBS-Inhaber) und Kategorie 3 ( besondere Bewohnergruppen) konzentriert.
Im praktischen Vermittlungsgeschehen zur sozialorientierten Wohnraumversorgung einkommensschwächerer oder sozial benachteiligter Bevölkerungsgruppen mit geförderten Wohnungen zeigen sich Schwierigkeiten, wie:
•
•
•
•
die Reduktion des Angebots frei werdender Wohnungen bei steigender Nachfrage;
die ungenügende Eignung frei werdender Wohnungen hinsichtlich des mittlerweile erreichten Mietpreisniveaus für die berechtigten Personengruppen;
divergierende Interessen von Eigentümern, ein sozialorientiertes Wohnraumkonzept in Berlin
mitzutragen und daraus resultierenden Tendenzen zur Umgehung vereinbarter Bindungen;
begrenzte subjektive Mitwirkungsmöglichkeiten eines Teils der Wohnungsbewerber*innen
am zügigen Belegungsverfahren.
•
Diese Probleme zeigen die Dringlichkeit des Bezirksamtsbeschlusses zur Sicherung der Belegrechte des Landes Berlin, vertreten durch das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg auf.
Die ausführliche Analyse des Belegungsmanagements im Ortsteil Friedrichshain, die für die Jahre
2014/2015 erstellt wurde, verdeutlicht die vorgenannten Schwierigkeiten in aller Einzelheit.
Belegungsmanagement öffentlich geförderter Wohnungen
im Ortsteil Friedrichshain des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg
Analyse für 2014/2015
Inhalt
1.
Umfang und Größenstruktur geförderter Wohnungen ........................................................................4
2.
Bindungsdauer.......................................................................................................................................4
3.
Fluktuation ............................................................................................................................................5
4.
Bewerber/innen ....................................................................................................................................8
5.
Angebotspraxis ................................................................................................................................... 12
6.
Vermittlungspraxis ............................................................................................................................. 13
7.
6.1
Vermittlung der Wohnungen ..................................................................................................... 13
6.2
Vermittlung der Bewerber/innen ............................................................................................... 15
Schlussfolgerungen für die Belegungspraxis ...................................................................................... 17
Die nachfolgende Analyse richtet sich auf die Nutzung und Wirksamkeit des Wohnungsmarktsegments
umfassend öffentlich geförderter Altbauwohnungen im Berichtszeitraum der Jahre 2014/2015 im Ortsteil Friedrichshain des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin. Sie setzt die Analysen der Jahre 2011,
2012 und 2013 in vergleichbarer Struktur fort.
1.
Umfang und Größenstruktur geförderter Wohnungen
In den Ende des Jahres 2015 noch 259 vertraglich gebundenen Objekten kamen öffentliche Mittel aus
verschiedenen Förderprogrammen zum Einsatz (2014: 267 Häuser). Es bestanden zu diesem Zeitpunkt in
4.443 Wohnungen, die mit Hilfe dieser Förderprogramme in Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen einbezogen wurden, Bindungen hinsichtlich Mieten und Belegung (2014: 4.557 WE). Das
sind gut 6 % der 70.854 Wohnungen1 im Ortsteil Friedrichshain.
Tabelle 1:
Eingesetzte Förderprogramme (Stand Dezember 2015)
Förderprogramm
2
Wohnungen
Anteil in %
Objekte
ModInstRL90 (SOST 90)
898
20%
55
ModInstRL95 (SOST 95)
3.321
75%
188
Selbsthilfeprogramm96
224
5%
16
4.443
100%
259
Insgesamt
Innerhalb der letzten beiden Jahre sind besonders diejenigen Wohnungen aus der Bindung gelaufen, die
im Rahmen der ModInstRL90 gefördert worden waren.
2.
Bindungsdauer
Gegenüber dem Jahr 2015 wird sich der belegungsgebundene Wohnungsbestand in den kommenden
acht Jahren um mehr als die Hälfte reduzieren (vgl. blaue Linie in Abb. 1). In zehn Jahren werden nur
noch 20 % der jetzt belegungsgebundenen Wohnungen verfügbar sein (868). Die letzten Wohnungen
werden voraussichtlich im Jahr 2030 ihre Bindungen verlieren.
Diese Entwicklung gilt dann, wenn die Bindungen nicht vorzeitig abgelöst werden. Derzeit ist aber angesichts niedriger Kapitalmarktzinsen und einer anhaltend hohen Wohnungsnachfrage der Anreiz hoch,
Kredite vorzeitig abzulösen. Aus diesem Grund wurde zusätzlich berechnet, wie sich der belegungsgebundene Wohnungsbestand entwickeln würde unter der Hypothese, dass die Kredite nach 20 Jahren
abgelöst werden würden (vgl. rote Linie in Abb. 1). Unter dieser Annahme würde sich der verbleibende
Wohnungsbestand bereits in den kommenden sechs Jahren mehr als halbieren.
Aller Voraussicht nach wird sich die reale Entwicklung innerhalb des schraffierten Korridors abspielen.
1
Vgl. IBB Wohnungsmarktbericht 2015, Tabellenband, Tabelle 10, S. 13 (Stand: 2014)
2
Quelle: Belegungsdatenbank Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg, Stadtplanung
Abbildung 1:
Entwicklung der Anzahl belegungsgebundener Wohnungen (ohne Selbsthilfeprogramm) ab 2015
Verbleibende Wohnungen (hypothetisch: bei Ablösung nach 20 Jahren)
Verbleibende Wohnungen
4500
4000
3500
3000
2500
2000
1500
1000
500
0
2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030
3.
Fluktuation
Die Zahl der durch Auszug frei gewordenen und zur Vermittlung verfügbaren Wohnungen geht mit leichten Schwankungen zurück. Nach einem leichten Anstieg im Jahr 2014 auf 275 freigemeldete3 Wohnungen (von 243 in 2013) sank die Anzahl im Jahr 2015 auf 221 WE, was einer Fluktuationsrate von 5,0 %
entspricht. Damit hat sich die Fluktuationsrate in den letzten acht Jahren ungefähr halbiert.
Abbildung 2:
Entwicklung der Fluktuationsrate im geförderten Bestand (Anteil von Freimeldungen/Neubezügen
an allen Wohnungen) 2007-2015
12,0
10,7%
10,0
10,0%
9,3%
8,0
7,6%
6,6%
6,0
6,5%
6,0 %
5,0 %
5,2%
4,0
2,0
0,0
2007
3
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
Freimeldung meint: Die Hausverwaltung teilt dem Bezirk oder der asum die Kündigung einer Wohnung sowie die Konditionen der Wiedervermietung mit (Mietpreis, Mietbeginn, Besichtigungsmodalitäten).
Innerhalb der Jahre 2014 und 2015 gab es Konzentrationen der Kündigungszeitpunkte insbesondere am
Jahresanfang sowie vor und nach der Sommerferienzeit. Dabei schwankte die Fluktuation in den zweiten
Jahreshälften in beiden Jahren deutlich stärker als in den ersten Jahreshälften.
Abbildung 3:
Fluktuation im geförderten Bestand nach Monaten in den Jahren 2014 und 2015
40
Freimeldungen
35
30
25
20
15
10
5
0
Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez
14 14 14 14 14 14 14 14 14 14 14 14 15 15 15 15 15 15 15 15 15 15 15 15
Eine signifikant stärkere Fluktuation bestand auch im Jahr 2015 in Kleinwohnungen mit nur 1 Zimmer.
Familiengeeignete 3- und 4-Zimmer-WE wurden weiterhin wesentlich weniger gekündigt, als anteilig im
Gesamtbestand vorhanden. Kleinhaushalte weisen allgemein eine größere Mobilität auf als beispielsweise Familien mit Kindern.
In 1 % aller 3-Zimmer-Wohnungen und in 2 % aller 4-Zimmer-Wohnungen wohnten Ende 2015 Wohngemeinschaften mit 3 und mehr Personen, von denen die meisten nach einer Freigabe ohne Vermittlung
über das Belegungsmanagement direkt über den Vermieter angemietet haben. Ein Wechsel von Mieter/innen in Wohngemeinschaften führt in aller Regel nicht zu Kündigungen größerer Wohnungen. Hier
werden lediglich die Personen ausgetauscht, was dazu führt, dass größere Wohnungen, die von Wohngemeinschaften belegt wurden, in aller Regel für Familien kaum noch zur Verfügung stehen. Allerdings
ist der WG-Anteil gering und im Vergleich zu den letzten Jahren rückläufig.
Tabelle 2:
Wohnungsgrößenstruktur – Vergleich zwischen Bestand und Fluktuation 2015
WE gesamt in %
Frei in 2015
In %
darunter: ungünstig vermittelbar
1 Zimmer
18 %
57
26%
3
2 Zimmer
49 %
104
47%
10
3 Zimmer
26 %
49
22%
6
4+ Zimmer
7%
11
5%
2
Gesamt
100 %
221
100%
21 (9 %)
Darüber hinaus zeigte sich 2015 gegenüber 2013 ein deutlicher Rückgang des Anteils „ungünstig vermittelbarer Wohnungen“ von 22 % auf 9 %. Das sind Wohnungen mit ungünstigen Grundrissen (z.B. Durchgangszimmer, teilweise Maisonette), nachteiligen Lagemerkmalen (z.B. Lage an verkehrsbelasteter Straße, EG Nordseite) oder einem ungünstigen Verhältnis zwischen Zimmerzahlen und Wohnfläche (z.B. ein
Zimmer mit 50 m² oder 2 Zimmer mit 86 m²). Der starke Rückgang dieses Wohnungsanteils macht deutlich, dass auf einem angespannten Wohnungsmarkt auch Nachteile eher in Kauf genommen werden
bzw. die Bereitschaft steigt, länger mit Nachteilen zu leben.
Das Mietniveau der freien Wohnungen besitzt im Vergleich zum allgemein erreichten bzw. nach Wohnlage zulässigen Fördermietniveau keine auffälligen Unterschiede.
Gemäß Berliner Mietspiegel 2013 lagen 45 % aller geförderten Wohnungen in einfacher, 54 % in mittlerer und 1 % in guter Wohnlage. Mit dem aktuellen Mietspiegel 2015 wurden 338 Wohnungen, die ehemals der einfachen Wohnlage zugeordnet wurden, in die Kategorie mittlere Wohnlage eingestuft. Wegen des jeweils unterschiedlichen Wegfalls der Bindungen, Teilkündigungen oder vorzeitiger Ablösung
von Krediten stellt sich das gemäß aktuellem Mietspiegel 2015 so dar: Wohnungen in mittlerer Wohnlage nehmen mit 51 % immer noch den Hauptteil ein. Der Anteil in einfacher Wohnlage hat leicht auf 48 %
zugenommen, und bei Wohnungen in guter Wohnlage ist die Zuordnung unverändert bei 1 % geblieben.
Abbildung 4:
Wohndauer in Wohnungen mit Mieterwechseln 2015
35%
Wohndauer bei Kündigung
30%
25%
20%
15%
10%
5%
0%
unter 1 Jahr
bis 3 Jahre
bis 5 Jahre
bis 8 Jahre
bis 10 Jahre
über 10 Jahre
Die durchschnittliche Wohndauer der Haushalte, die in den freigemeldeten Wohnungen wohnten, betrug 7,9 Jahre. In fast der Hälfte wohnten die Mieter/innen acht und mehr Jahre in der Wohnung, in fast
einem Drittel sogar mehr als 10 Jahre, bevor die Wohnung gekündigt wurde. Damit hat sich die Wohndauer bis zu einer erneuten Freimeldung der Wohnungen gegenüber den Vorjahren weiter deutlich
erhöht. Hierin spiegelt sich der enger werdende Wohnungsmarkt in Berlin wider, insbesondere im Segment der preisgünstigeren Wohnungen.
Große Anteile an Freimeldungen haben die Wohnungen der Factor GmbH (29 %) und der WBM (21 %).
Der Rest verteilt sich auf kleinere Wohnungsmengen unterschiedlicher Hausverwaltungen.
Bei der Factor GmbH fällt darüber hinaus auf, dass der Anteil der Freimeldungen deutlich überproportional zu ihrem Wohnungsbestand ist: Während 18 % aller belegungsgebundenen Wohnungen von der
Factor GmbH verwaltet werden, liegt der Anteil an den Freimeldungen bei 29 % – die Fluktuation in diesen Wohnungen ist also besonders hoch.
Abbildung 5:
Anteile der freigemeldeten Wohnungen in 2015 nach Hausverwaltungen
5%
5%
Königstadt
40%
Schauerte
21%
WBM
Factor
übr. HV (alle unter 10 WE)
29%
n=221
4.
Bewerber/innen
Zwischen dem 01.01.2015 und dem 31.12.2015 wurden im Belegungsmanagement 378 Neuaufnahmen
von Wohnungsbewerber/innen realisiert. Die telefonische bzw. persönliche Nachfrage nach einer
Wohnung ist in den Betrachtungsjahren deutlich angestiegen: Waren es 2013 noch 2.557 Nachfragen
gewesen, so stieg diese Zahl sprunghaft auf 3.596 im Jahr 2014 und blieb im Jahr 2015 mit 3.219 Nachfragen auf hohem Niveau.
Tabelle 3:
Entwicklung von Nachfrage und Aufnahme von Bewerber/innen in das bezirkliche Belegungsmanagement 2011 bis 2015
2011
2012
2013
2014
2015
Neue Aufnahme als Bewerber/in
470
442
371
419
378
Nachfragen darüber hinaus
1.208
1.504
2.557
3.596
3.219
Verhältnis von Beratungen und Aufnahme
2,6
3,4
6,9
8,6
8,5
Freigemeldete Wohnungen
308
298
243
275
221
Verhältnis von Nachfrage und Angebot
5,4
6,5
12,0
14,6
16,3
Seit 2011 klafft zwischen der Nachfrage und den Möglichkeiten der Aufnahme in das Belegungsmanagement und der Versorgung mit Wohnraum eine immer größer werdende Lücke. Die Nachfrage übersteigt das Angebot deutlich. Während im Jahr 2011 durchschnittlich noch gut 5 Nachfragen (Neuaufnahme + Nachfrage darüber hinaus) auf jede freigemeldete Wohnung kamen, ist seitdem ein deutlich
wachsender Nachfrageüberhang festzustellen: 2015 kamen 16 Nachfragen auf eine freigemeldete Wohnung.
Die steigende Nachfrage signalisiert einen wachsenden Bedarf an bezahlbaren Wohnungen (in der Innenstadt). Im Jahr 2015 wurden in Berlin 27.800 Wohnberechtigungsscheine ausgestellt, die Zahlen sind
jährlich gestiegen. Gut 90 % dieser Haushalte verfügen über ein Einkommen unterhalb der Einkommensgrenze des Bundes. Bei einer berlinweiten Neuvermietungsquote von 6,5 % können aber nur etwa
6.200 WE neu vermietet werden. Damit hat nicht mal jeder vierte Berliner, der auf Grund seines geringen Einkommens einen WBS erhalten hat, die Chance, eine Sozialwohnung anmieten zu können4. Berechtigt zum Bezug eines WBS sind in Berlin aufgrund des Einkommens rund 51 % aller Haushalte5.
Insgesamt spiegelt das Verhältnis von Nachfrage der Bewerber/innen und Angebot freigewordener
Wohnungen den tatsächlichen Wohnungsmarkt nicht adäquat wider. Nachfragende werden nicht unbegrenzt als Wohnungssuchende aufgenommen, sondern zeitnah passend zu den aktuell verfügbaren
Wohnungsgrößen der freien Wohnungen und nicht nach insgesamt vorhandenem Bedarf. Auf eine Bewerbung, die berücksichtigt werden kann, kommen derzeit acht bis neun Beratungen weiterer Bewerber/innen, die aufgrund von Wohnungsengpässen abgelehnt werden müssen. Infolge des abnehmenden
Angebots und der deutlich gestiegenen Nachfrage müssen immer mehr Anfragende abgelehnt werden.
Konnte im Jahr 2011 noch mehr als jede dritte nachfragende Person in die Bewerberdatei aufgenommen werden, so gilt das im Jahr 2015 nur noch für gut jede achte. Die anderen müssen abgelehnt werden. Eine spätere Bewerbung ist, in Abhängigkeit vom Angebot, weiterhin möglich.
Tabelle 4:
Haushaltsstruktur der neuaufgenommenen Wohnungsbewerber/innen 2011 bis 2015 in %
Haushaltsgrößen
2011
2012
2013
2014
2015
Neuaufnahmen gesamt
470
442
371
419
378
Davon 1-Personen-Haushalte
45 %
42 %
43 %
42 %
38 %
Davon 2-Personen-Haushalte
34 %
35 %
33 %
34 %
32 %
Davon 3-Personen-Haushalte
13 %
15 %
17 %
17 %
22 %
Davon 4-Personen-Haushalte
7%
6%
6%
6%
7%
Davon 5+-Personen-Haushalte
1%
2%
1%
1%
1%
Die Haushaltsstruktur der neuaufgenommenen Wohnungsbewerber/innen wird weiterhin von Kleinhaushalten dominiert. Allerdings zeigen sich im Zeitverlauf eine leichte Abnahme der Anteile von Einund Zweipersonenhaushalten und eine leichte Zunahme der Anteile der Dreipersonenhaushalte. Darin
könnte ein Trend zum verstärkten ‚Zusammenrücken‘ zum Ausdruck kommen.
Die Nachfrage der aufgenommenen Wohnungsbewerber/innen wird im Wesentlichen von den Vorgaben für eine angemessene Wohnungsgröße determiniert, die im WBS gemacht werden. In diesem Rahmen gibt es jedoch einen begrenzten Spielraum für differenzierte Wünsche der Bewerber/innen nach
bedarfsgerechter Versorgung.
Die Nachfrage von Ein-Personen-Haushalten konzentriert sich zu 84 % auf eine Wohnung mit nur einem
Zimmer und ist damit deutlich im Vergleich zu den Vorjahren angestiegen; 1,5- bis 2-ZimmerWohnungen werden von den Single-Haushalten kaum noch gesucht. Dies hängt vor allem mit veränderten Regelungen zur Festlegung der Wohnungsgrößen in geförderten Wohnungen seit September 2013
zusammen (AV zu § 27 Absatz 4 WoFG), wonach das Prinzip ‚pro Person ein Wohnraum‘ wieder gilt. In
mehr als 80 % aller Fälle werden Wohnungen bis zu maximal 40 m² gewünscht.
Zwei-Personen-Haushalte favorisieren zu 95 % 2-Zimmer-Wohnungen, zu 60 % Wohnungen zwischen
50 und 60 m², zu einem Viertel zwischen 65 und 70 m². Sehr selten sind größere Wohnungen mit mehr
Zimmern (nur 4 % dieser Haushalte) bzw. mehr Fläche (12 %) erwünscht.
4
Vgl. Bericht der Expertengruppe zur Reform des Sozialen Wohnungsbaus in Berlin, Bd. I, Berlin 2016, S. 6
5
Vgl. IBB Wohnungsmarktbericht 2015, S. 71
Drei-Personen-Haushalte suchen zu drei Vierteln auch 2,5/3-Zimmer-Wohnungen, 20 % allerdings auch
2-Zimmer-Wohnungen – letzteres überwiegend Alleinerziehende mit 2 Kindern oder Paarhaushalte mit
sehr kleinem Kind. Von zwei Dritteln werden Wohnungen bis maximal 80 m², von einem weiteren Viertel auch noch bis zu 90 m² gesucht.
Drei Viertel der Vier-Personen-Haushalte suchen 3,5/4-Zimmer-Wohnungen, ein Fünftel nur 3-ZimmerWohnungen. Bei der Hälfte sollen die Wohnungen nicht mehr als 90 m², bei insgesamt 92 % nicht mehr
als 100 m² Wohnfläche haben.
Insgesamt zeigt sich gegenüber den Vorjahren, dass der Trend zur Reduzierung der nachgefragten
Wohnflächen und Zimmerzahlen bei allen Haushaltsgrößen auf Grund gestiegener Nettokaltmieten,
gestiegener Nebenkosten, damit verbunden höheren Mietbelastungen der WBS-Berechtigten sowie des
insgesamt schwindenden Angebots freier Wohnungen weiter anhält.
Abbildung 6:
Wohnraumnachfrage nach Haushaltsgrößen 2015
Auffallend ist ein stark angestiegener Anteil aufgenommener Bewerber/innen mit Leistungsbezug
ALG II im Jahr 2015. Dieser war nach 2010 stark angestiegen, lag dann bis 2014 bei gut 40 %. Im Jahr
2015 stieg dieser Anteil sprunghaft auf nunmehr 62 % an. Dies ist Ausdruck der gewachsenen Schwierigkeiten dieses Personenkreises, auf einem zunehmend angespannten Wohnungsmarkt eine Wohnung zu
finden, die hinsichtlich der übernahmefähigen Wohnkosten geeignet ist.
Unter den aufgenommenen Bewerber/innen mit Leistungsbezug ALG II dominieren Ein-PersonenHaushalte längst nicht mehr so deutlich wie in den zurückliegenden Jahren. 38 % dieser Bewerber/innen
(90 von 235) sind Haushalte mit Kindern, dominant Alleinerziehende. Diese Entwicklung spiegelt eine
deutliche Bedarfssteigerung nach angemessenem Wohnraum bei Transferleistungsempfängern mit Kindern wider. Mit Hilfe des Belegungsmanagements wird im Ergebnis einer gezielten Aufnahmepraxis
auch der Anspruch verfolgt, die belegungsgebundenen Wohnungen bei immer knapper werdendem
Angebot vorrangig an diejenigen Bewerber/innen zu vermitteln, die am stärksten auf preisgünstigere
Wohnungen in der Innenstadt und die Aufrechterhaltung von bereits genutzter familienorientierter
Infrastruktur angewiesen sind.
Abbildung 7:
160
140
120
100
80
60
40
20
0
Wohnungsbewerbungen nach Haushaltstyp und ALG II-Leistungsbezug 2015
111
34
27
27
33
41
63
7
32
3
ohne ALG II-Bezug
mit ALG II-Bezug
Ein Viertel aller Wohnungsbewerbungen hat mittlerweile eine besondere Dringlichkeit. Dieser Anteil ist
in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen.
Abbildung 8:
6
Anteil der Wohnungsbewerbungen mit besonderer Dringlichkeit (WBS-D) 2011-2015
30
25,0
25
20,0
19,0
20
15
16,0
12,0
10
5
0
2011
2012
2013
2014
2015
Bewerbungen von Menschen in besonderen Problemsituationen machen mit mehr als der Hälfte einen
hohen Anteil aus. Im letzten Jahr ist besonders die Aufnahme anerkannter Geflüchteter wichtiger geworden. Die Vermittlungsquote entsprach etwa ihrem Anteil an Neuaufnahmen. Während Wohnungslo-
6
Für den WBS mit Dringlichkeitsvermerk („besonderer Wohnbedarf“) ist die Zugehörigkeit zu einer von neun Berechtigungsgruppen erforderlich. Zu ihnen gehören beispielsweise Alleinerziehende sowie Familien und Lebensgemeinschaften mit Kindern, die in unzureichenden Wohnverhältnissen leben, ohne eigene Wohnung sind oder nach einer erheblichen Mietsteigerung ausziehen müssen. Ebenso dazu gehören Menschen ab dem 65. Lebensjahr, die ihre unterbelegte Wohnung aufgeben müssen.
se überproportional vermittelt werden konnten, konnten Menschen aus betreuten Wohnsituationen
und mit negativer Schufa, Mietschulden oder Räumung nur unterproportional vermittelt werden.
Tabelle 5:
Struktur der Wohnungsbewerber/innen (nach sozialen Problemsituationen)
7
Soziale Problemlagen/Härtefälle
Neuaufnahmen
In %
Vermittlungen
In %
Neuaufnahme/Vermittlungen gesamt, darunter:
378
100 %
188
100 %
Anerkannte geflüchtete Menschen
52
14 %
28
15 %
Aus betreutem Wohnen/Wohnheimen, über Träger
52
14 %
21
11 %
Wohnungslos
33
9%
28
15 %
Negative Schufa/Mietschulden/Räumung
33
9%
12
6%
Aus häuslichen Gewaltsituationen, über Träger
25
7%
12
6%
Schwerbehinderung
15
4%
1
1%
5.
Angebotspraxis
Zwischen dem 1. Januar und dem 31. Dezember 2015 wurden für die in diesem Zeitraum freigemeldeten
Wohnungen insgesamt 1.283 Angebote erstellt (1.774 in 2012, 1.736 in 2013, 1.653 in 2014). Der Rückgang der Angebote entspricht dem Rückgang der freigemeldeten Wohnungen. Im Durchschnitt wurden
in den Jahren 2014 und 2015 jeweils 6 Angebote je Freimeldung erstellt.
Tabelle 6:
Struktur der Wohnungsangebote nach Vermittlungsergebnissen 2014 und 2015
2014
2015
Anzahl
In %
Anzahl
In %
Angebot führte zu einer Vergabe
224
22 %
188
24%
Angebot noch laufend am Jahresende
33
3%
28
4%
Ablehnung durch die Mieter/innen
278
28 %
223
28%
Ablehnung der Mieter/innen durch HV
85
8%
57
7%
Keine Rückmeldung / Fristablauf des Angebots
300
30 %
248
31%
Angebote für vorzeitig gelöschte Bewerber/innen
83
8%
47
6%
Angebote nach Freigabe an HV hinfällig
7
1%
3
0%
Insgesamt
1.010
100 %
794
100 %
darunter Überschussangebote
Wegen Vergabe an andere Bewerber/innen hinfällig
403
349
Vorangegangene Angebote für versorgte Haushalte
236
140
Insgesamt
1.653
1.283
Den Vermittlungsprozess im Jahr 2015 direkt beeinflusst haben 794 Angebote, die eine tatsächliche
Vermittlungschance hatten. Davon wurde ein gutes Viertel von den Bewerber/inen aus unterschiedlichen Gründen abgelehnt. Dieser Anteil ist gegenüber 2014 konstant geblieben, wohingegen der Anteil
der Angebote leicht angestiegen ist, die zu einer Vergabe führen.
7
Häufig überschneidet sich die Härte-Situation bei einzelnen Bewerber/innen in mehrfacher Hinsicht.
Bei Ablehnungen spielten Lagemerkmale der Wohnungen (Kiez gefällt nicht, fehlende Nähe zu Familieninfrastruktur), Ausstattungsmängel (z.B. keine Wanne, zu kalt), die Lage innerhalb des Haus (oft EG),
Lärmbelastungen (meist durch Verkehr) und der Grundriss (Maisonette, Wendeltreppen für Familien
ungeeignet, Durchgangszimmer, zu klein) ein zentrale Rolle. Bei 20 % der abgelehnten Angebote wurden
keine Gründe genannt.
Abbildung 9:
Struktur der Ablehnungen von Wohnungsangeboten in 2015 (Mehrfachnennungen) in %
0%
5%
10%
15%
20%
25%
Lage / Gegend
Ausstattungsmängel
Lage im Haus (oft EG)
Zu laut (oft durch Verkehrsbelastung)
Wohnungsgrundriss ungünstig
Zu dunkel
Nicht termingerecht zu besichtigen
Vormieter hat Kündigung zurückgezogen
Zu spät / zu früh frei
Sonstiges
Ohne Angabe
6.
Vermittlungspraxis
6.1
Vermittlung der Wohnungen
Im Jahr 2015 konnten 188 Wohnungen an Bewerber/innen über die asum vermittelt werden (2014:
224). Darunter waren 178 Wohnungen, die im gleichen Jahr 2013 freigezogen wurden sowie 10 Wohnungen noch aus dem Vorjahr. Im Jahr 2015 wurden 221 Wohnungen freigemeldet (2014: 275), 15 davon waren am Jahresende noch nicht vermittelt (7 %). 25 Wohnungen wurden ohne Vermittlung nach
Ablauf der Angebotsfrist an die Hausverwaltungen zur eigenständigen Vergabe freigegeben (11 %)8.
Damit war bis Jahresende 2015 eine Vermittlungsquote der freigewordenen Wohnungen von 82 %, ohne die noch laufenden Wohnungen von 88 % erreicht. Dies ist eine geringfügige Steigerung gegenüber
den beiden Vorjahren.
Das Verhältnis der Zahl vermittelter Wohnungen zu nicht vermittelten, freigegebenen Wohnungen hat
sich weiter leicht zugunsten der Vermittlungen verändert. Auch die Freigabequote ist zurückgegangen.
8
Freigabe: Wohnungen werden nach Ablauf der Belegungsfrist (i.d.R. 6 Wochen) an den Eigentümer/Hausverwaltung zurückgegeben ohne
Benennung eines Wohnberechtigten. Die Hausverwaltung kann dann selbst Bewerber/innen mit Wohnberechtigungsschein suchen, an diese
vermieten und muss dem Bezirk deren Wohnberechtigung nachweisen.
Abbildung 10: Wohnungsvermittlungen 2007 bis 2015
600
100%
500
90%
81%
78%
28
88%
87%
85%
75%
80%
74%
18
70%
30
64%
400
59%
60%
31
300
101
159
191
12
50%
16
69
41%
54
76
18
35
36%
200
20
34
Überhang zum Folgejahr
40%
15
25
30%
26%
25%
Freigabe von WE an HV
Vermittelte WE
Vermittlungsquote
22%
19%
100
20%
15%
13%
Freigabequote
12%
10%
273
285
296
249
220
228
203
224
188
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
0
0%
Während 2014 die Größenstruktur der an Hausverwaltungen freigegebenen Wohnungen, die zur eigenständigen Vermittlung an WBS-Bewerber/innen zur Verfügung standen, in etwa derjenigen der freigemeldeten Wohnungen entsprach, wurden im Jahr 2015 überproportional viele größere Wohnungen mit
vier und mehr Zimmern und weniger Einraumwohnungen an die Hausverwaltungen freigegeben (allerdings bei sehr geringen Fallzahlen insgesamt).
Tabelle 7:
Struktur der Freigaben nach Wohnungsgrößen 2014 und 2015
2014
2015
Freimeldungen
Freigaben an HV
Freimeldungen
Freigaben an HV
Bestand
N
In %
N
In %
N
In %
N
In %
In %
1 Zimmer
76
28 %
10
29 %
57
26%
4
16 %
18 %
2 Zimmer
138
50 %
17
50 %
104
47%
13
52 %
49 %
3 Zimmer
50
18 %
5
15 %
49
22 %
4
16 %
26 %
4+ Zimmer
11
4%
2
6%
11
5%
4
16 %
7%
Gesamt
275
100 %
34
100 %
221
100 %
25
100 %
100 %
Freigaben von Wohnungen konzentrierten sich 2014 und 2015 im Wesentlichen auf drei Komplexe von
Gründen:
Gründe, die in der Beschaffenheit der angebotenen Wohnung liegen (Lage, Lärmbelastung, ungünstige Grundrisse, zu groß, zu teuer),
Ablehnungen von benannten Mieter/innen durch Hausverwaltungen mit Gründen, die in der
Person der Bewerber/innen liegen (mangelnde Mietzahlungsfähigkeit, nicht rechtzeitiges und
vollständiges Einreichen von Unterlagen für einen Vertragsabschluss, Forderungen nach mehrfach abgesicherter Bonität u.a.). Dieser Grund ist im Jahr 2015 rückläufig gewesen.
Die Mitwirkung der Bewerber/innen nach der Benennung ist unzureichend. Unterlagen werden
nicht vollständig bzw. rechtzeitig vom Mieter bzw. der Mieterin beigebracht (Mietschuldenfreiheit/Schufa/Einkommensnachweis/Kostenübernahme des Jobcenters) oder benannte Mieter/innen treten von der Benennung und dem Mietvertragsabschluss zurück, nachdem die Belegungsfrist bereits abgelaufen war.
Tabelle 8:
Freigabegründe 2014 und 2015 insgesamt
Gründe für eine Freigabe von Wohnungen
2014
2015
Ablehnungen/Verzögerungen durch HV
6
1
Absage/Mitwirkung Bewerber/innen nach Benennung
5
4
Ungünstiger Schnitt (Familien, WGs)
6
3
WE-Lage EG
5
3
WE-Lage Lärmbelastung
3
7
WE-Verhältnis Größe zu Preis (zu teuer)
5
2
Sonstiges
4
5
Gesamt
34
25
Freigabequote (in % der Freimeldungen)
12 %
11 %
Ø Angebote je freigegebene WE
9,8 (334 Angebote)
7,6 (190 Angebote)
6.2
Vermittlung der Bewerber/innen
Von den 378 neu aufgenommenen Bewerber/innen im Jahr 2015 wurden 179 versorgt (Vermittlungsquote 47 %). 58 Bewerber/innen waren am Jahresende noch nicht versorgt (15 %). 135 Bewerber/innen
wurden ohne Wohnungsvergabe aus dem Bewerberkreis gelöscht (36 %). Von letzteren haben 4 Haushalte sich selbst versorgt und die Bewerbung zurückgezogen.
Tabelle 9:
Struktur der Wohnungsbewerber/innen nach Wohnberechtigung und Versorgungsgrad 2014 und
2015
2014
2015
Insgesamt
Mit WBS-D
Mit WBS
Insgesamt
Mit WBS-D
Mit WBS
Neuaufnahme gesamt
419
81
330
378
95
281
davon Ende d. Jahres noch laufend
52
16
34
58
21
37
Versorgt mit WE
205
39
160
179
38
139
Gelöscht aus Datenbank
147
26
121
135
34
101
-
-
-
6
2
4
Rückstellung des Datums
Die belegungsgebundenen Wohnungen haben insbesondere die Funktion, einkommensschwächeren
Haushalten und solchen, die sich am Wohnungsmarkt in der Konkurrenz mit anderen Nachfragern nach
Wohnraum weniger behaupten können, einen Zugang zu preisgünstigerem Wohnraum zu ermöglichen.
Dazu gehören insbesondere Haushalte mit Bezug von Transferleistungen. Aber auch Familien mit Kindern, deren Bindung an gebietliche soziale Infrastruktur, Kinderbetreuungseinrichtungen und soziale
Netze eine eingeschränktere Mobilität bedingt.
Tabelle 10:
Struktur der Wohnungsbewerber/innen (Haushaltstypen) und Versorgungsgrad 2014 und 2015
Darunter
Insgesamt
Transferempfänger/in ALG II
Haushalte mit
Kind(ern)
darunter
Alleinerziehende
Jahr
2014
2015
2014
2015
2014
2015
2014
2015
Neuaufnahme gesamt
419
378
173
(41%)
235
(62%)
47
(11%)
100
(26%)
35
(8%)
63
(17%)
Davon Ende d. Jahres noch laufend
52
58
29
41
7
22
5
10
Versorgt mit WE
205
179
78
103
14
38
10
26
147
135
63
88
26
40
20
27
58%
57%
55%
54%
35%
49%
33%
49%
12%
15%
17%
17%
15%
22%
14%
16%
Gelöscht aus Datenbank
Vermittlungsquote
9
Überhangsquote ins Folgejahr
Die Vermittlungsquoten der Transferleistungsbeziehenden sind ein wenig niedriger als die der übrigen
Bewerber/innen. Haushalte mit Kindern weisen schwankende Vermittlungsquoten auf, wobei sie im
Durchschnitt der Jahre 2014/2015 unter den übrigen Haushalten liegen, sich allerdings im Jahr 2015
verbessert haben. Allerdings zeigt sich bei diesen Bewerbergruppen eine etwas längere Verweildauer im
Versorgungsprozess. Der Anteil von Bewerber/innen, die angesichts des begrenzt verfügbaren Angebots
in das nächste Jahr übernommen werden (müssen) ist steigend. Insbesondere auf Familien mit Kindern
trifft das zu.
Die Aufnahme- wie auch Versorgungsmöglichkeiten von Transferleistungsempfängern orientieren sich
stark an den durch die Jobcenter vorgegebenen Miet- und Heizkostenobergrenzen. Auch im Jahr 2015
waren die Mieten der freien Einzimmerwohnungen noch mehrheitlich im Rahmen der Übernahmefähigkeit der Wohnkosten durch die Jobcenter. Von den freigemeldeten Zweizimmerwohnungen ist nur
knapp die Hälfte für Transferhaushalte übernahmefähig. Wohnungen mit drei und mehr Zimmern, die in
der Regel durch Familien mit Kindern belegt werden sollen, waren jedoch für Familien mit ALG II-Bezug
in der Regel nicht mehr finanzierbar. Die Grenzen der übernahmefähigen Wohnkosten werden meist
überschritten, was auch – gerade in den heizungsintensiveren Altbauwohnungen – mit den Grenzwerten
der übernahmefähigen Heizkosten zusammenhängt. Während bei den Bruttokaltmieten i.d.R. gewisse
Überschreitungen akzeptiert werden, wenn die gesamten Wohnkosten unterhalb der Richtwerte liegen,
werden höhere Heizkosten vom Jobcenter nicht akzeptiert. Insgesamt war 2015 nur noch knapp die
Hälfte der freigemeldeten Wohnungen überhaupt für ALG-II-Beziehende Haushalte bezugsfähig.
Tabelle 11:
9
Freigemeldete Wohnungen und deren Tauglichkeit für die Wohnkostenübernahme von ALG II –
Empfängerhaushalte 2015
Freimeldungen
insgesamt
Über Richtwert
bruttokalt
Über Grenzwert
Heizkosten
ALG IIgeeignet
Anteil ALG II-geeigneter
WE an allen Freimeldungen
1 Zimmer
57
2
7
49
86%
2 Zimmer
104
43
42
46
44%
3 Zimmer
49
31
29
9
18%
4+ Zimmer
11
8
9
2
18%
Insgesamt
221
84
87
106
48%
Verhältnis Versorgte zu aufgenommenen Bewerber/innen, bereinigt um nicht mitwirkungsbereite Bewerber/innen
7.
Schlussfolgerungen für die Belegungspraxis
Die wichtigsten Schlussfolgerungen und Probleme bei der Nutzung frei werdender geförderter Wohnungen für die sozialorientierte Wohnraumversorgung einkommensschwächerer Bevölkerungsgruppen
bestehen in Folgendem:
Defizite – Probleme:
–
Die Abnahme der Anzahl der gebundenen Wohnungen und der Rückgang der Fluktuation führen zu einem abnehmenden Angebot vermittelbarer Wohnungen bei gleichzeitig steigender
Nachfrage. Immer mehr Bewerber/innen müssen abgewiesen werden, auch wenn sie die formalen Voraussetzungen für eine Vermittlung erfüllen.
–
Die Eignung der geförderten Wohnungen für die berechtigten Personengruppen hinsichtlich
ihres Preisniveaus nimmt ab.
–
‚Normale‘ ALG II-Empfänger-Haushalte, insbesondere Familien, haben nahezu keine Chance
mehr auf die Vermittlung einer Wohnung. Dafür gibt es vor allem zwei Gründe: Zum einen gibt
es nur sehr wenige Wohnungen, die aufgrund der Richtwerte des Jobcenters für die Kosten
der Unterkunft für sie beziehbar sind (3 oder mehr Zimmer nur 5 % – das waren 11 Wohnungen im Jahr 2015). Zum anderen werden vermehrt besondere Dringlichkeitsfälle prioritär versorgt, wie z.B. Frauen mit Gewalterfahrungen oder Flüchtlinge, die über institutionelle Träger
kommen.
–
Die Regelungen zur Heizkostenübernahme stellen sich gerade im Altbaubereich als Vermittlungshindernis für KdU-Haushalte dar, da diese nicht – auch nicht geringfügig – überschritten
werden dürfen. Seit dem 1.7.2015 werden Bruttokaltmiete und Heizkosten gesondert geprüft.
Während es bei der Überschreitung der Bruttokaltmiete gewisse Spielräume gibt, ist eine
Heizkostenüberschreitung um wenige Euro bereits ein Ausschlussgrund – auch wenn die gesamten Wohnkosten unterhalb der Übernahmeschwelle liegen.
–
Abnehmende Unterstützung für ein sozialorientiertes Wohnungsversorgungskonzept durch
einige Hausverwaltungen, die Bewerber/innen nach verwaltungsintensiven, sozial besonders
benachteiligten und ‚pflegeleichteren‘ Bewohnergruppen unterscheiden, wodurch Vermittlungen nach Dringlichkeit behindert werden. Härte- oder besondere Problemfälle haben immer geringere Chancen bei der Vermittlung. Auch Menschen mit einer negativen SchufaAuskunft haben mittlerweile nahezu keine Vermittlungschance mehr.
–
Auffällige und verstärkte Tendenzen, Bewerber/innen mit nichtdeutscher Herkunft und
Sprachproblemen bei einer Kontaktaufnahme mit den Hausverwaltungen von Besichtigungsmöglichkeiten angebotener Wohnungen auszuschließen (Diskriminierungstendenzen).
–
Rechtlich begrenzte Möglichkeiten in den Förderverträgen, Strategien der Umgehung von
Bindungen und der Selektion zwischen Wohnungsbewerber/innen bei der Wohnraumvergabe
zu beeinflussen. Das Land Berlin verfügt nicht über ein Besetzungsrecht, d.h. die Hausverwaltungen können ihre Mieter/innen immer wählen. Auch geben die Förderverträge zum Umgang mit dem WBS (§ 9 WoFG) nicht vor, dass die geringeren Mieten bereits vom ersten Tag
an zu zahlen sind. Bewerber/innen mit geringerem Einkommen müssen daher die höheren
Mieten zahlen bzw. die Jobcenter erkennen nur diese an.
–
Erweiterte Zugangsberechtigung zum Wohnberechtigungsschein durch die Berliner Einkommensgrenzen (140 %-WBS), wodurch für die geförderten Altbauwohnungen in der Innenstadt
Berlins die Konkurrenz zwischen unterschiedlich zahlungskräftigen Bewerber/innen verschärft
wird.
Positive Veränderungen:
–
Die Möglichkeiten zur Wohnraumversorgung einkommensschwacher oder sozial benachteiligter Bevölkerungsgruppen wurden von Jahr zu Jahr zunehmend besser ausgeschöpft, trotz ungünstigerer Rahmenbedingungen. Die Vergabequoten haben zugenommen, die Freigabequoten abgenommen.
–
Zur Effektivierung der Belegungspraxis ist verstärkt mit Sozialen Trägern kooperiert worden,
um Menschen in sozialen Problemlagen von der Bewerbung bis zum Vertragsabschluss zu unterstützen („hestia“, „Nodrax“, „mithilfe“, „AWO“, „Caritas“, „GsbW“). Die Mitwirkung der
Träger ist unterschiedlich zuverlässig. Zum Teil können sie ihre Klienten immer weniger unterstützen, da die zur Verfügung stehenden Betreuungszeiten ständig reduziert werden. Daher
scheitern immer mehr Klienten bei der Wohnungsvergabe trotz Betreuung durch einen sozialen Träger.
–
Die Möglichkeit zu bezirksübergreifenden Angeboten zur Wohnraumversorgung wurde bei
Aufnahme in das Belegungsmanagement stärker berücksichtigt (Ausweichversorgung in Wedding, Tiergarten, Mitte). Darüber hinaus werden die Interessenten auch auf die Angebote der
landeseigenen Wohnungsgesellschaften (inberlinwohnen.de) hingewiesen.
–
Die Aufnahmepraxis im Hinblick auf Bewerber/innen mit einer negativen Schufa oder ohne
Mietschuldenfreiheit wurde mit der Information verbunden, dass die Vermittlung aller Voraussicht nach erfolglos bleiben wird, um unerfüllbare Erwartungen einzudämmen.
–
Sonderwünsche wurden nur noch bei Familien/Alleinerziehenden mit Kind akzeptiert, um die
Nähe zur schon vorhandenen Schule oder Kita zu erhalten, sowie bei Behinderten und alten
Menschen hinsichtlich der Lage und Barrierearmut.
–
In der Angebotspraxis wurde rigider als früher auch die Löschung von Bewerber/innen vorgenommen, wenn keine Mitwirkung in Form zeitnaher Rückmeldung erfolgte (in Abhängigkeit
von der Sachlage).
–
Einige Gruppen von Bewerber/innen (ALG II-Bezieher/innen, betreute Mieter/innen, Wohnungslose) haben immer geringer werdende Aussichten auf eine erfolgreiche Versorgung.
Damit verbunden war auch eine begrenzte Fähigkeit zur Mitwirkung am Vergabevorgang, die
entweder in der Person selbst lag oder aber in Abhängigkeiten von Entscheidungen Dritter.
Um daraus resultierende Freigaben von Wohnungen weiter zu reduzieren, werden mittlerweile parallel zu sozial problematischeren Haushalten auch finanzstärkere für eine Vergabe benannt. Von Nachteil ist jedoch, dass die Vermittlungschancen für einkommensschwächere
bzw. sozial problematische Bewerbergruppen bei diesen Doppelbenennungen weiter reduziert werden. Hausverwaltungen bevorzugen die solventeren und weniger problematischen
Mieter/innen.
–
Über die reinen Vermittlungsleistungen hinaus werden mittlerweile durch die asum umfangreiche Hilfeleistungen erbracht, um Bewerber/innen mit Vermittlungsproblemen gezielt im
gesamten Prozess zu unterstützen. Beispielsweise übersendet die asum die Bewerbungsunterlagen an den Eigentümer, weil die Erfahrung gemacht wurde, dass sie bei manchen Bewerbungen angeblich gar nicht ankommen. Oder die asum leistet Überzeugungsarbeit auf Seiten
der Eigentümer, die sich immer häufiger weigern, angeblich schwierige Klientel aufzunehmen;
Auseinandersetzungen nehmen dabei zu. Angesichts der Zunahme der Zahl Geflüchteter spielen auch Sprachmittlungstätigkeiten und andere Unterstützungen eine wachsende Rolle, weil
die sozialen Träger zu wenige Kapazitäten haben, die Menschen zu begleiten. Die Klienten
sind häufig überfordert und geben selbst auf. Insgesamt wird das ‚Kümmern‘ wichtiger und
deutlich aufwändiger.
asum GmbH
Angewandte Sozialforschung und urbanes Management
Sonntagstr. 21
10245 Berlin
Tel: 030 – 293 431 0
Dr. Annette Harth
Dr. Regina Jäkel
Sabine Löhr
Sabine Wagner
Kontakt: Dr. Regina Jäkel
jaekel@asum-berlin.de
Tel.: 030 – 293 431 12