Daten
Kommune
Kreis Euskirchen
Größe
96 kB
Datum
19.02.2015
Erstellt
05.03.15, 04:06
Aktualisiert
05.03.15, 04:06
Stichworte
Inhalt der Datei
BESCHLUSS
über das Ergebnis der Sitzung des Ausschusses für Soziales und Gesundheit am
19.02.2015 im Sitzungssaal 1 des Kreishauses in Euskirchen, Jülicher Ring 32
TOP 8
Gesundheitsversorgung von Flüchtlingen und
Asylsuchenden im Kreis Euskirchen
hier: Antrag der SPD-Fraktion
A 56/2015
Der Tagesordnungspunkt wurde zur weiteren Beratung in den
Kreisausschuss/Kreistag verschoben.
Sehr geehrter Herr Landrat,
die SPD-Fraktion im Kreistag Euskirchen beantragt die Aufnahme
des Punktes
Gesundheitsversorgung von Flüchtlingen und
Asylsuchenden im Kreis Euskirchen
in die Tagesordnung der kommenden Sitzung des Ausschusses
für Soziales und Gesundheit, des Kreisausschusses und des
Kreistages.
In diesem Zusammenhang beantragt die SPD-Fraktion folgenden
Konzeptentwurf zur Abstimmung zu stellen:
1. Die Kreisverwaltung tritt mit den kreisangehörigen
Kommunen sowie den entsprechenden Akteuren aus
Gesundheitshilfe und Flüchtlingsarbeit in Gespräche
und informiert sich, und anschließend die Politik, über
a)
die derzeitige Handhabung, und
b) das Interesse der Kommunen an einer
einheitlichen Regelung unter Federführung des
Kreises Euskirchen
hinsichtlich
der
Gesundheitsversorgung
von
Flüchtlingen und Asylsuchenden in den Kommunen
des Kreises Euskirchen.
Ziel ist es, die medizinische Regelversorgung für
Flüchtlinge und AsylbewerberInnen zu verbessern und
deren Krankenbehandlung in Anlehnung an das sog.
„Bremer
Modell“1
auf
eine
gesetzliche
Krankenversicherung zu übertragen. Hierbei erhalten
Leistungsberechtigte nach §§ 4 und 6 AsylbLG eine
Krankenversicherten-Chipkarte
der
gesetzlichen
Krankenversicherung,
was
nicht
nur
die
Zugangschancen der genannten Personengruppe zum
Gesundheitssystem verbessert, sondern auch eine
1
Bremen und Bremerhaven waren die ersten Kommunen, in denen 1993 ein umfassendes Konzept zur
Gesundheitsversorgung für Flüchtlinge („Bremer Gesundheitsprogramm“) auf den Weg gebracht wurde. Damit sollten
die Zugangschancen zum Gesundheitssystem und die Wohn- und Lebensbedingungen verbessert werden. Mit diesem
„Bremer Modell“ wird neben einer Absicherung der Gesundheitsleistungen über die GKV auch auf eine Vernetzung der
an der Versorgung von Flüchtlingen beteiligten Organisationen gesetzt. Im Zentr um des Gesundheitsprogramms steht
die angemessene Gesundheitsversorgung von Asylsuchenden und Flüchtlingen
erhebliche
bedeutet.
Entlastung
der
Sozialämter
vor
Ort
2. Im Zuge eines positive Bescheids der Kreiskommunen
wird die Kreisverwaltung beauftragt,
a) in Kooperation mit den entsprechenden
Akteuren
aus
Gesundheitshilfe
und
Flüchtlingsarbeit
ein
entsprechendes
Gesundheitsprogramm zu erarbeiten, und
b) Verhandlungen
mit
den
gesetzlichen
Krankenkassen
aufzunehmen,
um
eine
entsprechende Vereinbarung auf Grundlage
des § 264 Absatz 1 SGB V zu treffen.
3. Zudem wird die kommunale Gesundheitskonferenz
gebeten,
über
die
bislang
vereinbarten
Themenschwerpunkte
hinaus
das
Thema
gesundheitliche Versorgung von Flüchtlingen und
Asylsuchenden im Kreis Euskirchen mit zu bearbeiten
und hierbei auch die hieran beteiligten Akteure aus
dem
Gesundheitswesen
und
die
örtlichen
Flüchtlingsorganisationen mit einzubinden.
Begründung:
Die Gesundheitsversorgung von AsylbewerberInnen im
Krankheitsfall basiert im Kreis Euskirchen nach unseren
Informationen auf dem Vorstellig-werden der/des Betroffenen
beim zuständigen örtlichen Amt, welches einen entsprechenden
Krankenschein ausstellt oder dies verweigert. Erst im Anschluss
kann sich der/die Betroffene in ärztliche Behandlung begeben.
Grundsätzlich hält die SPD-Fraktion diese Verfahrensweise
aufgrund verschiedener Punkte für fragwürdig: sei dies mit Blick
auf die Möglichkeit eines akuten Krankheitsfalles oder dem
zusätzlichem Aufwand für die/den Betroffenen (z.B. Kosten für
den Weg zum Amt) ebenso wie für die Verwaltung (Begutachtung
und Ausstellung eines Scheines). Bezüglich Letzterem ist es
zudem schwer vorstellbar, wie MitarbeiterInnen von kommunalen
Ämtern, die nicht über eine medizinische Ausbildung verfügen,
über die Berechtigung zur Krankenbehandlung entscheiden
sollen.
Der Zugang zum Gesundheitssystem ist für AsylbewerberInnen
durch die Beantragung der medizinischen Leistungen beim
Sozialamt folglich erschwert. Zum
anderen ist der
Leistungsumfang nach §§ 4 und 6 AsylbLG erheblich
eingeschränkt2, was in der Praxis oft umstritten ist, und aufgrund
des Klärungsbedarfs nicht selten zu zeitlichen Verzögerungen der
Behandlung zu Lasten der Patienten führt.
Gemäß § 264 Abs. 1 SGB V (Übernahme der
Krankenbehandlung für nicht Versicherungspflichtige gegen
Kostenerstattung) kann die Krankenbehandlung für Flüchtlinge,
AsylbewerberInnen und Geduldete auf die Krankenkassen
2
<http://www.gesetze-im-internet.de/asylblg/__4.html>, Stand: 30.01.2015.
übertragen werden.
Durch die Ausstattung mit Krankenversicherten-Karten könnten
Flüchtlinge
und
Asylsuchende
ihre
Versorgung
mit
Gesundheitsleistungen in Anspruch nehmen, ohne in jedem Fall
zuvor erst eine Bewilligung der zuständigen Dienststellen
einholen zu müssen. Dies bedeutet nicht nur einen
gleichberechtigten Zugang zu gesundheitlichen Leistungen, wie
ihn andere Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung
auch haben, sondern würde darüber hinaus zur „Normalität“ im
Alltag der Betroffenen bei der Inanspruchnahme der Leistungen
im Gesundheitswesen beitragen. Der zusätzliche Weg über das
Sozialamt entfällt, was wiederum einen Abbau bürokratischer
Verwaltungsarbeit als positive Folge mit sich bringt3.
Der
nach
§§
4
und
6
AsylbLG eingeschränkte
Behandlungsanspruch könnte ähnlich wie im Fall der in Bremen
ausgegeben Chip-Karten gelockert werden4 und lediglich einige
besondere Leistungen (Psychotherapien, DMP (DiseaseManagement-Programm),
Zahnersatz,...)
weiterhin
unter
Vorbehalt stehen, über die das Sozialamt oder besser das
Gesundheitsamt nach Begutachtung entscheidet.
Mit freundlichen Grüßen
gez.
Andreas Schulte
Sauer
Fraktionsvorsitzender
f.d.R.
gez. Florian
Fraktionsgesch
äftsführer
3
So zeigen die Erfahrungen aus Bremen, dass sich durch das Projekt in erheblichen Umfang administrative Kosten
einsparen lassen (z.B. bei der Abrechnungsstelle, der Administration der Krankenhilfe nach AsylbLG, oder
entsprechende Amtsarztkosten). Nach den Erfahrungen der AOK in Bremen und Hamburg (die dort die Versicherung
dieses Personenkreises übernommen hat), hat die Ablösung der speziellen Genehmigungspflicht von Leistungen der
Krankenbehandlung durch den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD ) weder zur Beeinträchtigung der
Versorgungsqualität
noch
zu
Kostensteigerungen
geführt.
(<http://www.welt.de/regionales/hamburg/article136077740/Wenn-Fluechtlinge-einfach-mit-Karte-zum-Arztkoennen.html>, Stand: 30.01.2015).
4
Der Personenkreis ist nur an der Code-Nr. auf der Karte zu erkennen ebenso wie auch die Versicherten nach § 264 II
SGB V.