Daten
Kommune
Hürtgenwald
Größe
2,9 MB
Datum
03.11.2016
Erstellt
28.10.16, 16:00
Aktualisiert
28.10.16, 16:00
Stichworte
Inhalt der Datei
EUROPA. UTOPISCH. DENKEN.
Nutzungskonzept für das
Junkerhaus Simonskall
im Verbund mit konzeptionellen
Überlegungen zur weiteren
Entwicklung des Ortes Simonskall
29.04.2016
Entwickelt von der Projektgruppe Simonskall unter Mitwirkung von
•A
xel Buch, Bürgermeister der Gemeinde Hürtgenwald,
Vorsitzender des Kunst- und Kulturverein HöhenArt Hürtgenwald e. V.
•P
rof. Dr. Gertrude Cepl-Kaufmann, An-Institut „Moderne im Rheinland“,
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Mitglied des Künstlerischen Beirates
Junkerhaus Simonskall
• Dr. Renate Goldmann, Leopold Hoesch Museum & Papiermuseum, Düren
• Dr. Jasmin Grande, An-Institut „Moderne im Rheinland“,
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
• Dr. Martina Padberg, freie Kuratorin, Bonn
Die Erstellung
des Nutzungskonzeptes
wurde gefördert von:
GLIEDERUNG
I.
Zielsetzung und Leitbild 2
II.
Ausgangssituation 3
III.
Grundlagen und Methoden 5
IV.
Positionierung 6
1.
Vor Ort
2.
Im Kreis Düren, in der Region Aachen und in der EMR
3.
Bestehende Kooperationen, virtuelle Vernetzung
V.
Handlungsplan und Betriebskonzept 8
1.
Entwicklung und Realisierung einer Dauerausstellung
2. Betriebskonzept
2.1. Trägerschaft und Projektleitung
2.2. Betriebskosten
2.3. Öffnungszeiten und Eintrittspreise
2.4. Zielgruppen
2.5. Vermittlung
2.6. Marketing
VI.
Wissenschafts- und Kulturpraxiskonzept Simonskall
1.
2.
3.
4.
4.1.
4.2.
4.3.
Ausrichtung
Trägerschaft
Aktionsfelder
5.
Programmplanung und -durchführung
VI.
Erweiterung des Konzeptes unter Einbeziehung der „Burg“
13
Formate
Tagungen
Diskursrunden
Projekte
22
„Das Beste, was wir von der Geschichte haben,
ist der Enthusiasmus, den sie erregt.“ J. W. Goethe
I . ZIELSETZUNG UND LEITBILD
Ziel ist Erhalt und Weiterentwicklung des 1651 errichteten Junkerhauses
Simonskall als regional und überregional interessantes Denkmal. Damit einhergehend wird – als weitere, zukünftige Projektphase – die Entwicklung des kulturgeschichtlich interessanten Ortes Simonskall mit in den Blick genommen; insbesondere die zurzeit zum Verkauf stehende und vom Verfall bedrohte „Burg“,
ein in unmittelbarer Nähe gelegenes Gehöft.
Das hiermit vorgelegte Nutzungskonzept geht von folgenden Leitgedanken aus:
•D
as Junkerhaus Simonskall soll als Wohn- und Arbeitsstätte der Kalltalgemeinschaft (1919–1921) und somit als bedeutendes temporäres Zentrum der Moderne
im Rheinland sichtbar werden. Dazu wird eine Dauerausstellung realisiert.
•E
s gilt, die hochspannende, weit verzweigte Geschichte der jungen Künstlerinnen, Künstler und Intellektuellen anschaulich zu erzählen, die hier 1919 unter dem
unmittelbaren Eindruck des Ersten Weltkrieges in einer alternativen Lebensgemeinschaft miteinander arbeiteten und über eine neue Gesellschaft nachdachten.
Freundschaftliche Kontakte reichten von der Künstlersiedlung Simonskall nach
Köln, ins weitere Rheinland, nach München, Europa und in die USA. Die Kalltalgemeinschaft verstand sich als Teil der europäischen Bohème, der politischutopischen Bewegung, der künstlerischen Avantgarde.
•A
uf einer darüber hinausreichenden Ebene soll es um die Aufladung des Ortes
mit seinen unterschiedlichen historischen Schichten gehen (Stichworte z. B.
Frühindustrialisierung, Pilgerbewegung, Wanderbewegung, Kriegserfahrungen).
Vorstellbar sind künstlerische Interventionen, die in den Ort und die Landschaft hineinwirken, sowie weitere Formate kultureller und wissenschaftlicher
Provenienz: Tagungen, Symposien, Vorträge, Konzerte
•S
imonskall erweist sich als ein Ort gelebter Utopie. Dies soll nicht nur historisch-museal dokumentiert werden, sondern in die Zukunft reichen: Deshalb
weisen die Planungen über eine Präsentation im Junkerhaus hinaus. Die in
unmittelbarer Nachbarschaft stehende „Burg“ wird zu einem Denk-Raum,
der Menschen aus Kultur und Wissenschaft mit politisch Verantwortlichen
zusammenführt. Fernab vom Tagesgeschäft, in einer naturnahen, idyllischen
Umgebung, bieten sich hier Möglichkeiten zur nachhaltigen Reflexion über
grundsätzliche Fragen in Politik und Gesellschaft.
rundsätzlich werden bei allen weiteren Planungen Anforderungen der Barriere•G
freiheit, Partizipation und Inklusion bedacht.
2
„G eschichtsblindheit ist ein Problem,
Zukunftsblindheit ein noch größeres.“ Robert Menasse
II . AUSGANGSSITUATION
Das denkmalgeschützte Junkerhaus Simonskall, ein Gebäude aus dem 17. Jahrhundert, ist Eigentum der Gemeinde Hürtgenwald. Es diente unter verschiedenen
Namen unterschiedlichen Besitzern als Wohnhaus, zuletzt dem Lammersdorfer
Industriellen Otto Junker, der es 1958 erwarb, restaurierte und als Gästehaus
nutzte. Ihm zu Ehren trägt es heute seinen Namen.
Seit 2004 trägt der damals neu gegründete Kunst- und Kulturverein HöhenArt
Hürtgenwald e. V. die Kosten für die im Junkerhaus veranstalteten Ausstellungen,
musste dabei aber immer wieder auf private Spenden zurückgreifen. Oft konnten
Vorhaben aus finanziellen Gründen nicht oder nur eingeschränkt realisiert werden.
Der Verkehrsverein Vossenack-Simonskall e. V. nutzte das Erdgeschoss bislang
als Info-Punkt und übernahm deshalb die laufenden Betriebskosten. Der Vertrag
wurde jedoch mittlerweile gekündigt. Demzufolge sind die Betriebskosten zukünftig nicht mehr gedeckt. Zwischenzeitlich tritt die Gemeinde Hürtgenwald für
diese Kosten ein, obwohl es keinen ausgewiesenen Etat dafür im Haushalt gibt.
Die künstlerische Leitung des Hauses lag von 2003 bis zur Fertigstellung des
Nutzungskonzeptes bei Herrn Franz Tiedtke, der auch die Projektleitung zur
Erarbeitung des Konzeptes übernahm. Es handelte sich dabei um eine ehrenamtliche Tätigkeit.
Franz Tiedtke hat 2003 eine umfassende Dokumentation zur Kalltalgemeinschaft erstellt und diese in einer Gemeinschaftsausstellung – zusammen mit
Dr. Leo Messenig, der die frühindustrielle Epoche von Simonskall dokumentierte –,
an authentischer Stelle im Junkerhaus gezeigt. Diese Dokumentation wurde fortan
im Winterhalbjahr im Junkerhaus ausgestellt mit der Zielsetzung, über die höchstinteressante Geschichte der Kalltalgemeinschaft und des Ortes zu informieren
sowie die Erhaltungswürdigkeit des Junkerhauses zu demonstrieren.
3
Ergänzend fanden in den vergangenen Jahren wechselnde Kunstausstellungen,
zuletzt in Kooperation mit dem Leopold-Hoesch-Museum & Papiermuseum
Düren, statt. Zur Gewährleistung einer erfolgreichen Fortsetzung der Ausstellungstätigkeiten wurde 2010 ein künstlerischer Beirat berufen, der bei Ausstellungsprojekten beratend tätig werden sollte. Dem Beirat gehören an: Prof. Dr. Gertrude
Cepl-Kaufmann, Leiterin des Instituts „Moderne im Rheinland“ an der HeinrichHeine-Universität Düsseldorf, Dr. Iris Nestler, ehem. Leiterin des Deutschen
Glasmalerei-Museums in Linnich, jetzt Gastdozentin für Kunstgeschichte an der
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, sowie Prof. Dr. Uli Bohnen, Professor für
Kulturgeschichte und Ästhetische Theorie an der FH Darmstadt.
Seit 2006 engagiert sich das Institut „Moderne im Rheinland“ in enger Zusammenarbeit mit Franz Tiedtke und Dr. Reinhard Schilf, beide ebenfalls Mitglieder im
Arbeitskreis zur Erforschung der Moderne im Rheinland e. V., für die Einbindung
des Ortes sowie des Junkerhauses in die deutschsprachige Wissenschaftslandschaft, u. a. durch Tagungen, Reflektionen und Publikationen zum Junkerhaus und
zu Simonskall. So veranstaltete das Institut „Moderne im Rheinland“ zusammen
mit dem Kunst- und Kulturverein HöhenArt sowie dem Leopold-Hoesch-Museum
& Papiermuseum Düren im Mai 2014 das Kolloquium „Die Würde der Landschaft.
Landschaftskonstrukte in der Moderne“.
Die Dissertation von Reinhard Schilf („Die Kalltalgemeinschaft und ihre Presse
1919–1921“, Techn. Hochschule Aachen 1998, betreut von Prof. Dr. Dieter Breuer)
lieferte wichtige wissenschaftliche Erkenntnisse, die zusammen mit den Forschungen von Franz Tiedtke zur Geschichte des Ortes und denen von Louis Peters zum
Schriftsteller Ret Marut in die Ausstellung „Experiment Kalltalgemeinschaft. Die
Kölner Progressiven in Simonskall 1919–1921“ eingingen. Zuvor hatte Uli Bohnen
bereits 1976 eine Untersuchung zur rheinischen Gruppe der progressiven Künstler
vorgelegt. Simonskall als Ort einer spezifisch rheinischen Moderne und in Kontextualisierung mit Großstadtbewegungen hat Gertrude Cepl-Kaufmann u. a. in zwei
Aufsätzen beleuchtet: In „Gustav Landauer im Friedrichshagener Jahrzehnt und
die Rezeption seines Gemeinschaftsideals nach dem Ersten Weltkrieg“ (Gustav
Landauer im Gespräch. Symposium zum 125. Geburtstag, hrsg. v. Hanna Delf und
Gert Mattenklott, 1997) und „Otto Dix im Rheinland“ (Otto Dix. Der Krieg – Radierwerk 1924, hrsg. v. Verein August Macke Haus, 1999). Die Ausstellung „köln progressiv 1920–33. Seiwert – Hoerle – Arntz“ im Museum Ludwig (Köln 2008) nahm
die Mitglieder der Kalltalgemeinschaft ebenso in den Blick wie das begleitende
Symposium unter dem „Titel Form & Gesellschaft“. In den letzten Jahren ergänzten
monographische Ausstellungen und Beiträge die bisherigen Untersuchungen, zum
Beispiel „Angelika Hoerle, the Comet of Cologne Dada“ (Köln 2009) von Catherine
de Zegher und Angelika Littlefield.
4
„Kunst und Kultur können nur wirklich werden,
wenn sie Mittel der Verwirklichung sind.“ Jochen Gerz
III . GRUNDLAGEN UND METHODEN
Um das Junkerhaus Simonskall zukunftsfähig zu machen, bedarf es nach Einschätzung der Projektgruppe einer umfassenden Professionalisierung in der
Präsentation, der Entwicklung zeitgemäßer Vermittlungs- und Marketingkonzepte
sowie der Vernetzung des Hauses in der Region und darüber hinaus. Das bisherige
ehrenamtliche Engagement kann in dieser Intensität nicht fortgesetzt werden.
Das Projektteam hat daher bei der Erarbeitung des vorliegenden Nutzungskonzeptes folgende Fragen in besonderer Weise berücksichtigt:
•M
öglichkeiten der Erhaltung und des Ausbaus des Junkerhauses
unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes
•Ü
berlegungen zur musealen Vermittlung unter Berücksichtigung
weiterer kultur- und kunstwissenschaftlicher Forschung
• Entwicklungsmöglichkeiten und Chancen für den Ort
• Möglichkeiten der regionalen und überregionalen Vernetzung
Als nutzbringend erweisen sich dabei die unterschiedlichen Perspektiven und
Erfahrungen der Mitglieder des Projektteams aus Kommunalpolitik, Forschung
und Museumsarbeit.
Zur Positionierung des Junkerhauses Simonskall in der Museumslandschaft des
Kreises Düren sowie im Naturpark Nordeifel wurden die vorhandenen kulturellen
Angebote mit in den Blick genommen. Dies ermöglichte die Herausarbeitung der
spezifischen Möglichkeiten in Simonskall und diente der Schärfung des eigenen
Profils.
5
„Kultur ist ein milliongestaltiger Prozess,
durch welchen sich das naive Tun in reflektiertes Können
umwandelt.“ Jacob Burckhardt
IV. POSITIONIERUNG
1. Vor Ort
Simonskall ist ein Ortsteil der Gemeinde Hürtgenwald mit ca. 50 Einwohnern. Den
abgelegenen Weiler an der Kall, der schon seit dem 19. Jahrhundert bei Wanderern
sehr beliebt ist, erreicht man von der B 399 über eine kurvenreiche Waldstraße.
Für die jährlich 15.000 bis 20.000 Kurzurlauber und die vielen Tagestouristen,
die jährlich nach Simonskall kommen, finden sich im Ort vier Hotels/Pensionen
mit gastronomischen Angeboten.
Seit dem Sommer 2015 gibt es zwischen Vossenack und Simonskall als Baustein
des Projektes „Crossing Nature – Mountainbiken in der Eifel“ der Kreise Düren
und Euskirchen einen Bikepark mit fünf Pisten, der vom Verein „Nordeifel Gravity“
betrieben wird und von Ostern bis zum Herbst geöffnet ist. Es werden jährlich
2500 bis 3000 Nutzer erwartet. Die Installation des Bikeparks wurde in Hürtgenwald – und auch innerhalb des Projektteams Junkerhaus Simonskall – kontrovers
diskutiert. Die Befürworter erhoffen eine Belebung und Bereicherung des Ortes
und der ansässigen Gastronomie, die Kritiker befürchten eine Einschränkung des
Naturschutzes und den Verlust von Stille und Abgeschiedenheit, die den Ort bislang charakterisierten. Außerdem – und diese kritischen Anfrage kam auch aus
dem Projektteam – wird die intensive sportliche Nutzung des Waldes, in dem so
viele Soldaten im Zweiten Weltkrieg den Tod fanden, als unsensibel und unangebracht erlebt. Der Parkplatz für den Bikepark liegt unmittelbar gegenüber der
Kriegsgräberstätte.
Für die Konzeption des Junkerhauses, aber auch in Bezug auf die weitere Entwicklung des Ortes, wird es eine unverzichtbare Aufgabe sein, die unterschiedlichen
Milieus der Sportler, Wanderer und Kulturinteressierten gleichermaßen anzusprechen. Dabei bietet sich die Möglichkeit, mit den Bikern ein jüngeres Publikum
zu gewinnen. Damit dies gelingt, bedarf es einer gestalterisch wie medial ansprechenden, modernen Dauerausstellung, sowie weiterer Ankerpunkte, etwa
künstlerischer Interventionen, im Ort.
6
2. Im Kreis Düren, in der Region Aachen und in der EMR
Seit Dezember 2015 ist das Junkerhaus Simonskall Mitglied im Arbeitskreis der
Museen im Kreis Düren, zu dem sich bislang zehn durchaus unterschiedliche
Kultureinrichtungen zusammengeschlossen haben. Ziel ist eine gemeinsame
Vernetzung zur Stärkung der Öffentlichkeitsarbeit in der Region und darüber
hinaus. Es gibt gemeinsame Werbemittel (Folder, Roll-up, Website); die Institutionen können sich etwa gemeinsam auf Messen präsentieren, wechselseitig auf
das jeweilige Angebot verweisen oder sich unter thematischen Gesichtspunkten
für einzelne Vorhaben zusammenschließen. Das Junkerhaus wird sich an gemeinsamen Aktionen beteiligen, etwa dem „Internationalen Tag des Denkmals“.
Die intensive Kooperation mit dem Leopold-Hoesch-Museum & Papiermuseum
Düren soll in Bezug auf das Marketing, aber auch im Bereich der Vermittlung fortgesetzt werden.
Darüber hinaus wird es ein wichtiges Ziel sein, das Junkerhaus auch in der Region Aachen, im Naturpark Nordeifel und in der Kulturregion Euregio Maas-Rhein
zu vernetzen. Hierzu werden Kontakte mit dem Zweckverband Region Aachen
und der Nordeifel Tourismus GmbH aufgebaut. Die Ansprache der Gäste aus dem
benachbarten Ausland – in der Euregio Maas-Rhein leben 4 Millionen Menschen
– soll deshalb sowohl in allen Werbemitteln als auch auf der Website und im Haus
sowohl in englischer als auch in niederländischer Sprache erfolgen.
3. Bestehende Kooperationen, virtuelle Vernetzung
Die Kooperation mit dem Institut „Moderne im Rheinland“ soll vor allem im
Hinblick auf die Erarbeitung eines Wissenschaftsprogramms am Ort fortgeführt
werden (siehe VI.). Simonskall eignet sich aufgrund seiner abgeschiedenen Lage,
seiner Anbindung an Köln, Düsseldorf, Aachen oder Brüssel, seiner Positionierung
in einer europäischen Grenzregion, vor allem aber aufgrund seiner Geschichte als
Ort wissenschaftlicher, politischer und kultureller Transfers. Das Wissenschaftsprogramm soll eine aktivierende Rolle übernehmen, d. h. Menschen in Simonskall
zu Diskursgemeinschaften zusammenführen, unterschiedliche Institutionen und
Organisationen aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur einbinden und
Reflexionen über aktuelle interdisziplinäre Fragestellungen ermöglichen.
Stetig wachsende Zugriffe auf die Website des Junkerhauses (2010: 16.000 Besucher, 2015: 32.000 Besucher mit 230.000 Klicks) belegen ein internationales Interesse – auch und gerade von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern – an der Geschichte des Hauses bzw. der Geschichte der Kalltalgemeinschaft. Nach Besuchern
aus Deutschland (72%) nutzen vor allem Gäste aus den USA (14%), Kanada (6%) und
Frankreich (4%) die Website, gefolgt von Menschen aus Großbritannien, den Niederlanden, Italien und Schweden. Von besonderem Interesse ist der interdisziplinäre
Aspekt: Die mit dem Junkerhaus und mit Simonskall verbundenen Themen berühren die Kunstgeschichte ebenso wie die Geschichte, Literaturwissenschaften,
Kulturwissenschaften oder Politikwissenschaften.
7
„E s steht uns frei, die Welt zu verändern
und in ihr Neues anzufangen.“ Hanna Arendt
V. HANDLUNGSPLAN UND BETRIEBSKONZEPT
1. Entwicklung und Realisierung einer Dauerausstellung
Um die Geschichte der Kalltalgemeinschaft und ihre Verbundenheit mit dem
Junkerhaus auf interessante und spannende Weise sichtbar werden zu lassen,
wird eine medial gestützte, inszenatorisch intensiv durchdeklinierte Dauerausstellung erarbeitet, die barrierefrei zugänglich ist.
Der Rundgang durch das Haus erschließt dabei folgende Themenfelder:
• „ Die Welt aus den Fugen“: Ausgangssituation 1919, Untergang der „Welt von
gestern“ im Ersten Weltkrieg, politische Umbruchsituation und Besatzung,
krisenhafte Lebensverhältnisse in den Metropolen
• „ Flucht auf das Land“: Ortswechsel als Suche nach alternativen Lebensformen,
Möglichkeit eines echten Neuanfangs – auch im Hinblick auf die künstlerische
oder geistige Arbeit
• „ Tischgemeinschaft“: Vorstellung der Akteure der Kalltalgemeinschaft und
ihrer wechselvollen, oft schicksalsschweren Lebenswege, sowie der Freundinnen
und Freunde, die hierher zu Besuch kamen und zeitweise miteinander lebten
• „ Experiment Kalltalgemeinschaft“: Pazifistische Grundhaltung, Überwindung
klassischer Rollenbilder, Kunst als Möglichkeit der Gestaltung von Gesellschaft
und Welt, Ausgestaltung der Lebenspraxis auf dem Land
• „ Künstlerische Spuren“: Entwicklung der Kunst zwischen expressionistischem
Menschenbild, Dada, Konstruktivismus, Neuer Sachlichkeit, Werkkunstbewegung und Bauhaus, Fotografie und Grafik
• „ Das gedruckte Vermächtnis“: Die Kalltalpresse, Zeitschriften, Texte, Auflagendrucke
8
Die Ausstellung präsentiert Dokumente, Filme, Fotografien, Projektionen, Hörstationen
und eine interaktive Bibliothek. Sie lädt mit unterschiedlichen Zugangstiefen dazu ein,
in ein offenes und produktives Verhältnis zu den angesprochenen Themen zu treten und
darüber hinaus nach der heutigen Bedeutung der Geschichte der Kalltalgemeinschaft
sowie nach Imaginations- und Realisierungsmöglichkeiten neuer Praktiken zu fragen:
• Welche Wirkkraft hat utopisches Denken?
• Wie lassen sich alternative Lebensmöglichkeiten finden und realisieren?
•W
elche Bedeutung hat das experimentelle Arbeiten für die persönliche Entwicklung?
• In welchem Verhältnis stehen privates Leben und öffentliche Wirkung?
Daneben werden einzelne ausgewählte Originale als Semiophore für das Leben und
Wirken der Kalltalgemeinschaft präsentiert. Diese sind als Dauerleihgaben aus verschiedenen öffentlichen und privaten Sammlungen einzuwerben.
Zur Realisierung der Dauerausstellung hat das Gestaltungsbüro Arndt und Seelig aus
Bielefeld erste Ideen und eine Kostenschätzung vorgelegt (siehe Anlage 1). Hiervon
ausgehend müssen die wissenschaftliche Konzeption, die Texte und Skripts sowie die
Wandabwicklungen erarbeitet werden. Schließlich sind ein neuer grafischer Auftritt
des Hauses, eine Erstausstattung mit Geschäftspapier und ein Relaunch der Homepage
unverzichtbar.
Zur baulichen Ertüchtigung bzw. zur Gewährleistung eines barrierefreien Zugangs
schlägt das Baubüro für Bautechnik, Toni Luysberg, die Installation eines Fahrstuhls
und eines Treppenhauses als zweiten Rettungsweg sowie Rampungen vor. Außerdem
müssen eine neue, barrierefreie WC-Anlage gebaut und eine Grundsanierung vorgenommen werden. Im Zuge dessen soll auch die Heizung überprüft und evtl. Schadstoffbelastungen ausgeschlossen werden. Eine Übersicht über alle Kosten bietet Anlage 2.
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2. Betriebskonzept
2.1. Trägerschaft und Projektleitung
Das Junkerhaus soll nach seiner Wiedereröffnung als Denkmal sowie als Ausstellungsund Veranstaltungsort durch einen Verein oder eine Stiftung getragen werden. Vorstellbar ist der örtliche Kulturverein HöhenArt Hürtgenwald e. V., der sich schon seit Jahren
für das Haus engagiert. Unterstützung erfährt der Verein dabei durch die Gemeinde
Hürtgenwald, die die Immobilie zur Verfügung stellt, sowie durch das Institut „Moderne im Rheinland“, das auf der Basis entsprechender vertraglicher Vereinbarungen für
die Erarbeitung des Wissenschaftsprogramms verantwortlich zeichnet und in diesem
Fall den urheberrechtlich geschützten Titel „Moderne im Rheinland“ als Wortmarke zur
Nutzung einbringt, als auch durch das Leopold-Hoesch-Museum & Papiermuseum Düren
sowie verschiedene Privatpersonen und Initiativen. Dieses Potential soll im obigen
Sinne strukturiert und institutionalisiert werden.
Eine Projektleitung soll die Entwicklung des Hauses begleiten, sowie Aufgaben der
allgemeinen Öffentlichkeitsarbeit, der Programmentwicklung und der musealen Vermittlung übernehmen. Dafür wird eine halbe Stelle eingerichtet. Der Arbeitsplatz könnte im
Leopold-Hoesch-Museum & Papiermuseum Düren sein. Dies fördert ganz unmittelbar
den Austausch mit einer der wichtigsten Kultureinrichtungen der Stadt Düren, des
Kreises Düren sowie der Euregio Maas-Rhein und ermöglicht Kooperationen, besonders
im Bereich der Vermittlung.
2.2. Betriebskosten
Eine Übersicht über die zu erwartenden jährlichen Betriebskosten bietet Anlage 3.
Hier sind einzelne Posten eingerechnet, die von Kooperationspartnern als geldwerte
Leistungen eingebracht werden. So wird die Gemeinde Hürtgenwald eine fachpersonelle
Unterstützung für den technischen Betrieb des Gebäudes zur Verfügung stellen; die
Aufsicht kann evtl. durch den Verkehrsverein Vossenack-Simonskall e. V. oder den Rureifel-Tourismus e.V. übernommen werden, wenn der Kellerraum als Büro und Lagermöglichkeit genutzt werden kann. Es sollte geprüft werden, ob im Leopold-Hoesch-Museum
& Papiermuseum Düren die Projektleitung installiert werden könnte, um damit die
Vernetzung mit dem Museum und der Kulturszene im Umfeld optimal zu aktivieren.
Dennoch werden die derzeit zur Verfügung stehenden Finanzmittel nebst den zu erwartenden Einnahmen voraussichtlich nicht reichen, um den Betrieb des Junkerhauses
zu gewährleisten. Deshalb wird die Einwerbung von Drittmitteln über den Kooperationspartnerkreis hinaus erforderlich sein. Dies erscheint mit Blick auf die zeithistorische
Bedeutung des Denkmals sowie nach Vorlage eines überzeugenden und zielorientierten
Konzeptes realistisch. Im Laufe der weiteren Projektentwicklung ist die Einrichtung
eines runden Tisches potentieller Unterstützer geplant. Mögliche Teilnehmer könnten
etwa die Sparkassen Kulturstiftung Rheinland, die Volkswagen Stiftung, die Sparkasse
Düren, die Interreg V-A Euregio Maas-Rhein oder „Creative Europe“ sein.
10
2.3. Öffnungszeiten und Eintrittspreise
Da Simonskall hauptsächlich von Wanderern, Touristen und Bikern besucht wird,
konzentrieren sich die Öffnungszeiten auf das Wochenende, zurzeit jeweils von 14 bis
17 Uhr. Eine erweiterte Öffnungszeit von 11 bis 17 Uhr ist nach der Neueröffnung geplant. Im Sommer kann evtl. zusätzlich Donnerstag und Freitag geöffnet werden.
Dies entspricht den Gepflogenheiten der meisten kleineren Museen im Kreis Düren.
Zusätzlich werden nach Vereinbarung Öffnungen für besondere Gruppen, etwa
Schulklassen oder Reisegruppen, angeboten.
Die Eintrittspreise orientieren sich mit 5 Euro pro Erwachsenem, ermäßigt 3 Euro
(für Schüler, Auszubildende, Studenten, Gruppen ab 10 Personen) ebenfalls an den
meisten anderen Museen im Umkreis. Auch wenn grundsätzlich freier Eintritt
wünschenswert wäre, sollte diese Einnahmequelle zur Deckung eines Teils der
Fixkosten nicht ausgeschlossen werden.
2.4. Zielgruppen
Die Ausstellung im Junkerhaus richtet sich schwerpunktmäßig an Touristen,
Wanderer und Sportler, die in ihrer Freizeit oder ihrem (Kurz-)Urlaub aus der Region
sowie aus dem benachbarten Ausland (Belgien und den Niederlanden) nach Simonskall
kommen. Sie haben überwiegend keinen Museumsbesuch geplant, sondern werden vor
Ort auf das Junkerhaus aufmerksam. Damit dies gelingt, bedarf es einer verbesserten
Beschilderung sowie der auffälligen Wortmarke („Moderne im Rheinland“), die am
Haus vorgesehen ist.
Das Publikum wird sich aus unterschiedlichen Altersgruppen und Milieus zusammensetzen. Bei der Erarbeitung der Dauerausstellung wird dies durch individuelle Wahrnehmungsangebote berücksichtigt. Alle Texte werden mehrsprachig (Deutsch/Englisch/
Niederländisch) angeboten.
Bei den Besuchern handelt es sich erfahrungsgemäß überwiegend um Einzelpersonen
oder kleinere Gruppen, was der baulichen Struktur des Hauses entgegenkommt. Für den
Besuch von Schulklassen und größeren Reisegruppen müssen möglichst Zusatzangebote
– auch außerhalb des Hauses – geschaffen werden. (siehe dazu VII.)
11
2.5. Vermittlung
Die Präsentation ermöglicht mit Hilfe eindringlicher Inszenierungen, abwechslungsreicher Medienangebote und originärer Objekte eine eigenständige Erschließung
der Geschichte der Kalltalgemeinschaft sowie aller angrenzenden Themenfelder.
Der jeweilige Zugang kann dabei in seiner Intensität individuell variiert werden.
Ein Rundgang wird ca. 1–2 Stunden dauern, kann aber auch ausgeweitet werden.
Die Mehrsprachigkeit erschließt die Inhalte für ausländische Besucher.
Im Rahmen von Veranstaltungen – Vorträge, Diskussionen, Lesungen, Symposien –
und museumspädagogischen Angeboten entwickelt sich die Erinnerungsstätte
zum Aktionsort. Thematisch stehen dabei u. a. folgende Fragen im Zentrum:
• Wie leben wir heute und wie wollen wir leben?
• Was bedeutet „Heimat“?
• Was hält Europa zusammen und wie wird das Europa von morgen aussehen?
• Gibt es heute noch utopisches Potential?
• Welche Rolle spielt die Kultur in der Ausgestaltung der Welt?
2.6. Marketing
Die Wahrnehmung des neuen Junkerhauses wird entscheidend von einer optimalen
Platzierung im kulturellen Feld abhängen. Hier müssen verschiedene Strategien der
Vernetzung und Kooperation genutzt werden. Das Haus muss etwa auf Messen u.ä.
vertreten sein. Außerdem sollen die bereits vorhandenen Kooperationspartner in der
Gemeinde, im Kreis und in der Region in die Aktivitäten des Hauses eingebunden
bleiben bzw. motiviert werden, das Junkerhaus bei ihren eigenen Planungen von Veranstaltungen etc. mit im Blick zu haben. Nicht zuletzt müssen Werbepartner gefunden
werden. Auch die Gastronomie vor Ort kann und soll hier eine wichtige Rolle spielen.
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„(...) wir glauben, hier eine kulturpolitische arbeit zu leisten,
die wir an keiner anderen stelle der erde besser leisten können (...)“
Franz Wilhelm Seiwert
VI . WISSENSCHAFTS- UND KULTURPRAXISKONZEPT SIMONSKALL
1. Ausrichtung
In, mit und über Simonskall lässt sich ein kulturpraktisches Konzept entwickeln, das
die Wissenschaftsebene mit der Kultur in der Region und ihren Institutionen verbindet.
Mit einer solchen Anlaufstelle in einer insgesamt ländlichen Region, die dennoch nicht
nur in enger Nachbarschaft zur Städtelandschaft des oberen Niederrheins bis zur südlichen NRW-Grenze in historisch immer spannungsreicher Verbindung stand, lässt sich
ein reges kulturelles Zentrum schaffen, dass auf einer Metaebene aktuelle Entwicklungen und Zukunftsfragen zusammenführt, die einzelne Häuser oder Hochschulen nicht
alleine angehen können. Grundsätzlich wird das Konzept grenzüberschreitend angelegt
und spiegelt so die historische Identität und die aktuelle europäische Entwicklung.
Nicht zuletzt erlaubt die im Titel „Europa – Utopisch – Denken“ vermittelte Dimension
eine über das Tagesgeschäft hinausgehende Perspektivierung, die wesentlicher Teil
der gesellschaftlichen Selbstreflexion und jedes politischen Handelns sein muss. Eine
solche referentielle Ausrichtung setzt die Anbindung an die besonders für Zukunftsentwicklungen zuständige Institution, die Hochschulen, voraus, und empfiehlt sich, um das
wichtige Moment planerischer Freiheiten, ohne das eine produktive Weiterentwicklung
kaum möglich ist, optimal zu nutzen.
Indem das Projekt die Erträge der aktuellen kulturwissenschaftlichen Forschung nutzt
und zugleich produktiv weiterentwickelt, auch die Fragen der Kulturinstitute konstruktiv
aufnimmt, diese in einer eigenen grenzüberschreitenden Handlungsebene und entsprechenden Formaten zusammenführt, gewinnt es sein Alleinstellungsmerkmal!
Grundsätzlich kann ein solches Konzept von jenen Hochschulen in NRW realisiert werden, die regionalorientierte Forschung betreiben und Erfahrung in transuniversitärer
Zusammenarbeit haben. Eine Bindung an NRW-Hochschulen, insbesondere ortsnahe
Institutionen, z. B. im Verbreitungsgebiet des LVR, ist zwar nicht als zwingend anzusehen, wird aber aus pragmatischen Gründen empfohlen.
Die Basis für ein Aktionsprogramm kann ein Konsortium von Hochschulen erarbeiten,
auch andere Lösungen sind denkbar.
13
Im Folgenden stellt das Institut „Moderne im Rheinland“ an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf ein Programm vor, das sich als „Bespielung“ des Kulturortes Simonskall denken lässt und das mit den Erfahrungen, die das seit 1989 interdisziplinär und in
Kultur- Netzwerken aktive Institut hat, bei entsprechender vertraglicher Vereinbarung
umgesetzt werden kann.
Das Wissenschafts- und Kulturpraxiskonzept „Simonskall“ versteht ein solches Gemeinschaftsprojekt als aktuelle Weiterentwicklung des Institutsprojektes „Das Rheinland
in Europa“. Es ist als solches als geistiges Eigentum des An-Institutes an der HeinrichHeine-Universität in deren Strukturen eingebunden und urheberrechtlich geschützt.
2. Trägerschaft
Träger des Wissenschaftsprogramms zum Junkerhaus Simonskall sind die HeinrichHeine-Universität Düsseldorf (HHU), verbunden mit dem Institut „Moderne im Rheinland“ und dem dort etablierten Kompetenzzentrum „Das Rheinland in Europa“, sowie
die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen (RWTH) mit der dortigen
Juniorprofessur für Kultur und Geschichte im Dreiländereck. Weitere Kooperationsmöglichkeiten ergeben sich mit den Kulturinstituten vornehmlich im Rheinland und den
sich im Kontext der vorgetragenen Formate an der Kooperation interessierten Partnern.
Das Programm versteht sich nicht als Addition von vielerlei Themen und Formen,
sondern möchte mit der Koordination der unmittelbar involvierten Institutionen und der
Kombination der Formate dem kulturhistorisch und kulturwissenschaftlich begründeten Konzept „Das Rheinland in Europa“ bzw. dem Forschungsschwerpunkt „TRIANGLE.
Kulturtopographie in Dreiländerecken“ zuarbeiten. Kultur- und Wissenschaftscommunity
werden darin zu gleichberechtigten Partnern und agieren grenzüberschreitend.
Das Institut „Moderne im Rheinland“ und die Partner seines Netzwerkes haben in
einer über zwanzig Jahre währenden Arbeit die theoretischen Grundlagen für die
kulturwissenschaftliche, komparatistische und interdisziplinäre Erforschung von
Regionen gelegt und praktische Erfahrungen gesammelt. Einblicke in die Fachkompetenz liefern die Publikationen und Projektberichte des Instituts
(siehe www.moderne-im-rheinland.com)
Erste Forschungsarbeiten zur Kalltalgesellschaft entstanden im Kontext der Projekte
des 1989 vom Wissenschaftsministerium NRW initiierten „Arbeitskreises zur interdisziplinären Erforschung der Moderne im Rheinland“ (vgl. den Forschungsstand unter
II. Ausgangssituation).
In toto ergibt sich eine kulturwissenschaftliche Fundierung, an die die folgenden
Aktivitäten anschließen.
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3. Aktionsfelder
Im unmittelbaren Bezug zum Junkerhaus:
•D
ie Dauerausstellung wird wissenschaftlich fundiert. Begleitende Texte und
Publikationen zur Ausstellung lassen sich mit dieser wissenschaftlichen Reflektion
aktualisieren und die Thematik kulturwissenschaftlich weiterschreiben. Hierfür
entwickelt das Institut „Moderne im Rheinland“ ein Konzept.
•D
ie wissenschaftliche Begleitung des Projektes Junkerhaus aktiviert die mit der
Thematik 1919 verbundene Themenvielfalt und sichert damit die überregionale und
transdisziplinäre Qualität. Hierzu werden im Rahmen der Dauerausstellung Einzelaspekte fokussiert und in attraktiven Formaten präsentiert sowie an die wissenschaftlichen Themenschwerpunkte angebunden, z. B. :
…A
ktion: „Semiophoren der Saison“ – hierbei werden einzelne Archivquellen
und Werke präsentiert und ihre Geschichte erzählt
… A ktion: „Kalltaler und ihre Freunde stellen sich vor – hierbei wird die Kerngruppe
in Einzelporträts gezeigt, auch z. B. durch Lesungen aus Autobiographien etc.
lebendig konnotiert
… A ktion: Kunst und Künstler vor Ort – hier setzen Künstler und Schriftsteller
im Spannungsfeld zur Kerngruppe ihre eigenen Ideen um
Im diskursiven, übergreifenden und internationalen Zusammenhang:
•N
RW, vornehmlich das Rheinland mit seiner tradierten Wissenschaftskultur und
den entsprechenden Hochschulen, findet in Simonskall ein Forum für Austausch
und Innovation.
• I m westeuropäischen Dreiländereck werden, ausgehend von Simonskall und unter
dem dort entwickelten Label, grenzüberschreitende wissenschafts- und kulturpraktische Kooperationen entwickelt.
•B
ewährte und zukunftsorientierte Formate verbinden über das engere, vom
Junkerhaus im Ort vorgegebene Thema Wissenschaft, Kultur und Wirtschaft
einerseits, Kulturtheorie und Kulturpraxis andererseits.
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4. Formate
Im Wissenschafts- und Kulturpraxiskonzept fügen sich die drei Formate zu einem
zunächst auf vier Jahre ausgelegten Programm zusammen:
• Tagungen
Dieses klassische Format stellt, erkenntnisorientiert geleitet, jeweils bestimmte
Themen zu einem übergeordneten Schwerpunkt zusammen, sucht geeignete
Referenten und ist um eine interessierte Zuhörerschaft bemüht. Auch neuere
Formen der Themengenerierung wie z. B. durch „Unkonferenzen“ werden genutzt.
Bei entsprechender personeller und finanzieller Ausstattung empfiehlt sich eine
Abfolge von je zwei Tagungen pro Jahr
• Diskurse
Während das Angebot von Tagungen auf die Aktivierung der Wissenschafts- und
Kulturpraxisebene zielt und mit neueren Fragestellungen und Methoden die bisherigen
Kenntnisse zur Kulturgeschichte des Rheinlandes zu befruchten sucht, soll dieses
Format innovativ und zukunftsorientiert wirken. Ansatz ist dabei, Meinungs-, Machtund Deutungseliten, auch sonstige „Macher“ und „Entscheider“, deren Aktionsfelder
sich nicht oder kaum überschneiden, an einen Tisch zu bringen.
• Projekte
Gegenüber den beiden ereignisorientierten Formaten wird hier die längerfristige
Beschäftigung gesucht, z. B. durch Forschungen, Recherchen etc. Die Themen ergeben
sich aus dem „Gegenstand“ Simonskall als Herausforderung für die Forschung und
für Vernetzungen der mit solchen Thematiken befassten Communitys.
4.1. Tagungen
Mit diesem bewährten Wissenschaftsformat werden thematische Schwerpunkte
gesetzt, Traditionen begründet und Standards festgeschrieben. Ein Beirat für Projektplanung und Realisierung wird Homogenität, Kontinuität und Qualität sichern. Themen
werden aus dem Gesamtprojekt Junkerhaus, dem aktuellen Forschungsstand zur Kultur
des 20. und 21. Jahrhunderts sowie den von den Kooperationspartnern benannten
Desideraten generiert.
Die thematisch und organisatorisch miteinander vernetzbaren Tagungen tragen dazu
bei, die aktuelle und historische Vielfalt, die sich an den Ort und die Region bindet, auch
an die Bedeutung des Rheinlandes als Transferort der Moderne, bewusst und durch eine
entsprechende Öffentlichkeitsarbeit bekannt zu machen.
Um das Besondere herauszustellen, das sich mit Simonskall für die Erinnerungskultur
anbietet und dieses auch zukunftsfähig macht, sind die folgenden Fokussierungen
sinnvoll:
16
NRW, Rheinland, Eifel und andere Topographien
Regionen und Kulturregionen sind keine feststehenden Räume. Dennoch lassen sie sich
z. B. in ihrer geologischen Formation, unter wirtschaftsgeographischer oder konfessioneller Identität als relativ stabile Muster sehen, vergleicht man dies mit Grenzwechseln,
die in dieser westeuropäischen Region nachweisbar sind. Im Laufe der Zeit können sich
ganz neue Topographien entwickeln. Beispielsweise sind „Krimiregionen“ erst nach dem
in den 1970er Jahren (wieder)entdeckten Reiz der Heimat entstanden.
In einem interdisziplinären Ansatz werden die Tagungen zu einer Ausdifferenzierung
der Topographien in NRW beitragen. Sie werden realisiert mit regionalen und internationalen Kooperationspartnern.
Themenschwerpunkte:
• Stadt-Land-Diskurse im 19. und 20. Jahrhundert
•T
opographie und Vernetzungen, z. B. Ausstellungaktivitäten in NRW; Kulturverbünde;
Industriedenkmale und Industriemuseen
•D
reiländerecke; den Vergleich von Dreiländerecken hat das Institut „Moderne im
Rheinland“ bereits auf der Basis eine „Large Challenge“ als EU-Projekt fundiert.
Daraus wurde 2015 in Kooperation mit der Universität Danzig das Projekt „Gedächtnistopographien in trilateralen Räumen“ entwickelt.
Beispiel 1: Landschaft und Moderne
Nicht nur der Begriff „Heimat“ hat seit dem cultural turn in Wissenschaft und kultureller
Praxis einen Wandel erfahren, sondern auch die Vorstellung von „Landschaft“. Ihr sind
alles Gestrige und Konnotationen wie Provinz, Agrarromantik oder Rückwärtsgewandtheit verloren gegangen. Heute wird Landschaft u.a. als gedächtnistopographisch relevante Größe gesehen, die zur Generierung von Kultur wesentlich beigetragen hat. Schon
zurzeit der Aktivitäten im Junkerhaus waren solche Anbindungen an die Landschaft
wichtiger Teil der Selbst- und Fremdbilder. Diese Reflexionen in Künstler- und Schriftstellerkreisen waren ausschlaggebend für Ästhetik und Werk, darüber hinaus steuerten
die Diskurse in der eigenen Gruppe die erworbene Zielvorstellung, wie man sich in der
jeweiligen Gesellschaft verorten wollte. Franz Wilhelm Seiwert, einer der Künstler in
Simonskall, hat diese Einstellung später auf den Punkt gebracht:
„wir nennen uns die rheingruppe, damit kommt zum ausdruck, dass wir mit dem rhein
als landschaft etwas zu tun haben, dass wir nicht aus zufall hier sitzen oder sitzen geblieben sind, sondern dass wir glauben, hier eine kulturpolitische arbeit zu leisten, die
wir an keiner anderen stelle der erde besser leisten können, dass zum anderen wir glauben, dass der geist dieser landschaft sich in unserer arbeit einen ausdruck sucht, und
dass unsere arbeit für den geist der landschaft zeugnis ablegt.“ (1934)
17
Für diese bewusste Sicht auf die „Landschaft“ ist Simonskall also ein sprechendes,
geradezu ideales Beispiel, analog zu den großen europäischen Entstehungsgeschichten
von „Moderne“, etwa der Schule von Barbizon nahe Fontainebleau im ländlichen Umfeld
von Paris, wo Künstler wie Corot und Millet Mitte des 19. Jahrhunderts die Pleinairmalerei erprobten, der Künstlerkolonie in Worpswede oder der lebensreformatorischen Künstlerbewegung des Monte Verità. Landschaften sind eng mit der Genese der heute hoch
gehandelten Kunst dieser klassischen Moderne verbunden. Für die heute als „Klassische
Moderne“ bezeichnete Kunstrichtung waren solche kreativen Landschaften z. B. die Moritzburger Seen für die „Brücke“, für den „Blauen Reiter“ der Kochelsee, oder Kallmünz (!)
in der Oberpfalz für Gabriele Münter und Wassily Kandinsky. Der reizvolle produktionsästhetische Horizont von Urbanität und Landschaft kann von Simonskall her bewusst
gemacht werden. Landschaft und Moderne gehören hier in besonderer Weise zusammen!
Heute ist Landschaft mehr gefragt denn je. Ein Großteil der im sozialen Web geteilten
Bilder sind nicht Selfies, sondern Landschafts-, Sonnenuntergangs- oder Architekturfotografien. Das Prägnante des Internets ist seine nur scheinbare Ortlosigkeit, tatsächlich
spielt der Ort, von dem aus der Nutzer zugreift, eine bedeutende Rolle, die auch thematisiert wird. Simonskall hat hier, anschließend an die Großstadt-Land-Reflektionen der Moderne, einen hohen Reiz, anhand dessen das Thema anschaulich reflektiert werden kann
und mit dem auch über die Wissenschaftscommunity hinausgehende, neu entstehende
Reflektorgruppen erreicht werden können.
Die Suche nach einem angemessenen Landschaftsverständnis hat die Kulturarbeit des
LVR in den letzten Jahren durchaus mitgeprägt, z. B. nachvollziehbar an der Neukonzeptionierung des Siebengebirgsmuseums in Königswinter.
Einen Einstieg in die Thematik hat das Institut „Moderne im Rheinland“ in Kooperation mit dem Leopold-Hoesch-Museum & Papiermuseum Düren, das zur selben Zeit im
Kontext der Landesgartenschau ein Projekt Landschaft anbot, schon 2014 in Simonskall
realisiert. Die Tagung stand unter dem Thema „Die Würde der Landschaft“. Dort wurden
neben der Geschichte des Ortes auch übergreifende Themen in Kunst, Literatur und
Gesellschaft vorgestellt und diskutiert.
Die Veranstaltung kann als Nachweis gelten für die optimalen Möglichkeiten, die die
Infrastruktur des Ortes für solche Tagungskonzepte bietet.
Beispiel 2: Europa – Utopisch – Denken
Der Titel des Simonskall-Projektes wird zum eigenen Schwerpunktthema gemacht, um
die Leistungsfähigkeit des Denkbildes „Simonskall. Europa – Utopisch – Denken“ öffentlich im Format Tagung zu vertreten.
„Utopie“ wird verstanden als Produktivkraft im Denken und Vorstellen in Vergangenheit
und Gegenwart, fruchtbar gemacht für die Zukunft. Utopie ist die paradoxale Gegenläufigkeit zu allem, was gerade unsere Gegenwart belastet. Im Gegensatz zur lähmenden
Unsicherheit der Topie, also unserem Lebensumfeld, baut Utopie auf die konstruktive
Kraft vor allem des Denkens und künstlerischen Tuns.
Simonskall war 1919 ein Ort der Utopie. Legitimität und Kraft der Utopie finden heute
dort einen „Denkort“!
18
Themenbeispiele für Tagungen:
•S
imonskall als utopischer Ort des frühen 20. Jh.
… Geschichte des Ortes und seine Macher
… Glaubenssachen:
Die Familie Jatho und die Liturgische Bewegung in
Katholizismus und Protestantismus (mit Brückenschlägen z. B. zum „Weißen Reiter“
in Neuss und zu Maria Laach)
… Simonskall als Bewältigungsstrategie zum Ersten Weltkrieg
• Orte der Utopie im 20. Jahrhundert
… Netzwerke der Moderne im Rheinland, z. B. Industrie und Literatur im 1912 in Bonn
begründeten Nyland-Bund, Aachener Expressionisten
… T heaterutopien, z. B. Eller, Freilichttheater; Hippodrom Schloss Benrath, Monte Verità
… Mäzene und Sammler: Hoesch, von der Heydt; Carl Ernst Osthaus‘ Folkwang-Utopie
• Utopie- und Modernediskurs:
… Vergleichsregionen, Fundierung in den Kulturwissenschaften, in Geographie und
Kunstgeschichte
… Avantgarde und Utopie. Ihre Träger in Kunstkritik, Galerien, Medien
… Denkbilder der Utopie und Denkmale der Moderne, z. B. Architektur, Photographie
Ort(e) der Tagungen
Zielorientierung ist es, die „Burg“ zu einem angemessenen Zentrum für das Gesamtprojekt zu entwickeln (siehe Punkt VI.). Da politische Entscheidungswege, Kauf, Planung
und Finanzierung erfahrungsgemäß einige Zeit in Anspruch nehmen, sollte eine Interimslösung gesucht werden. Diese bietet sich bereits jetzt im Ort, sodass die Praxis, mit
der in Simonskall Kulturarbeit betrieben wird, schon zur nötigen Bekanntheit und öffentlichen Akzeptanz beitragen kann. Dies ist ein wichtiges Argument, um die Gesamtkonzeption zu erreichen.
Simonskall bietet quantitativ und qualitativ vorzügliche Voraussetzungen für Tagungen
bis zu einer Teilnehmerzahl von 50 Personen. Bei eintägigen Veranstaltungen lässt sich
die Teilnehmerzahl auf bis zu 120 Personen erhöhen. Angebote in Form eines separaten,
mit der nötigen Infrastruktur ausgestatteten Vortragsraumes finden sich in mehreren
Hotels am Ort.
Die Beherbergungsbetriebe in Simonskall stehen der Möglichkeit, Tagungen im Ort zu
realisieren, sehr positiv gegenüber. Sie sind bereit, Sonderkonditionen zu gewähren und
werden die Veranstaltungen in jeder Hinsicht unterstützen, z. B. durch Bekanntmachung
in ihren Jahresprogrammen und Werbebroschüren.
19
4.2. Diskursrunden
Die Erfahrungs-, Gesprächs- und Denkkreise erlauben die Intensivierung laufender
Diskurse und/oder die Kombination und Inszenierung eher ungewöhnlicher bis provokativer aktueller Themen.
Etabliert werden feste Diskurselemente:
•H
erbstrunde „Simonskall im September“
Hier treffen sich einmal jährlich Vertreter aus Politik, Kultur, Wissenschaft und
Öffentlichkeit.
•H
ochschulen zu Gast in Simonskall
Hier werden sich für die Gesamtthematik interessierende Forscherteams und/oder
Ausstellungsmacher etc. eingeladen, ihre Projekte vorzustellen. Damit ergibt sich
Simonskall als topographisch markantes Aushängeschild für Zukunftsgestaltung.
• Einmischungen
Simonskall kann gerade als der stille, beschauliche Ort ein ideales Forum bieten
für die kritische Reflektion aktueller gesellschaftlicher Ereignisse, Abläufe oder
Tendenzen; z. B. die aktuelle Migrations- und Religionsthematik, Angst als Argument
in Politik und Gesellschaft …
4.3. Projekte
Hier geht es um ausgewählte Forschungsprojekte und Ausstellungen: Einen
Themenfundus bietet z. B. die von Franz Tiedtke erarbeitete Geschichte des Ortes.
Darüber hinaus sind gerade mit der neueren Entwicklung der Kulturwissenschaften
reizvolle Arbeitsbereiche planbar.
Folgende Themen gehören zu den Desideraten:
• Simonskall. Ein Ort und seine Überschreibungen im Kontext rheinischer
und westeuropäischer Geschichte
Inhalte (nach F. Tiedtke): Historische Schichten – Geologie und Naturgeschichte
Gründungsphase ab 1600
lashütte und Seifensiederei, Eisenhütte
•G
•Ä
ra Hoesch ab 1711 bis zur Kontinentalsperre in der Zeit Napoleons
•A
bwanderung ins Ruhrgebiet
• Ende
der frühindustriellen Epoche um 1866
Verkehrstechnische Erschließung, Tourismus, Entdeckung der Landschaft
• Bahnstrecke
• Wanderwege
• Naturkult
20
Entdeckung der Künstler
•F
amilie Jatho; Gemeinschaftsdenken im Sinne Landauers
•C
hristus in der Moderne
•A
ktualität (Geschichte des Ausstellungshauses Junkerhaus)
Kriege
•E
rster Weltkrieg
•Z
weiter Weltkrieg, Hemingway
• Metropole Rheinland. Mikrokosmos Simonskall
Grenzen und Dreiländerecke
• Regionendiskurse
•V
ergleichsregionen (z. B. Danzig), Komplementärregionen
Transferwege
In unterschiedlichen Zeiten mit den jeweils wechselnden (oder wiederkehrenden)
Motivationen, den Ort zu queren, hin- und wegzuziehen z. B.:
•L
ebensformen, z. B. Anlage von Industrie und entsprechenden Handelswegen
•P
ilgern (in Verbund mit Langerwehe und Aachen), Wandern als säkulares Pilgern;
Heilssuche und alternative Siedlungen
• K riegswege
Landschaftskonzepte
•F
rühindustrie und andere ausgewanderte Lebensformen
rinnerungslandschaften: z. B. Kalltalgemeinschaft;
•E
Moratorium Erinnerungslandschaft Hürtgenwald
• „ Bikerparadies“
5. Programmplanung und -durchführung
Das Institut „Moderne im Rheinland“ entwickelt ein Programm für den Planungszeitraum von vier Jahren unter Einbeziehung von Vorschlägen der Kooperationspartner.
Das endgültige Projekt wird gemeinsam mit dem Beirat für einen Zeitraum von je zwei
Jahren festgelegt. Basis für die Realisierung ist ein Kooperationsvertrag mit dem
Institut „Moderne im Rheinland“ an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.
21
„E s genügt nicht, dass da Dinge zu sehen sind. (...)
Es kommt vielmehr darauf an, was wir dort machen (...)“
Hans Belting über das Museum als Medium.
VII . ERWEITERUNG DES KONZEPTES MIT BLICK AUF DIE „ BURG“
Die in unmittelbarer Nachbarschaft zum Junkerhaus gelegene „Burg“, ein ehemaliges
Gehöft aus dem 17. Jahrhundert, steht zum Verkauf. Da der Hof vor allem in den letzten
Jahrzehnten verschiedene Um- und Einbauten erlebt hat und nun schon längere Zeit
unbewohnt ist, sind umfangreiche Sanierungsmaßnahmen zwingend nötig.
Zwei Studentinnen des Fachbereichs Architektur (Lehrstuhl Prof. Willem-Jan Beeren)
der Alanus Hochschule Alfter bei Bonn, Liz Feinen und Julia Brügmann, erarbeiten im
Rahmen ihrer Abschlussarbeit ein architektonisches Konzept für den Umbau, um das
Potential des Anwesens erkennbar werden zu lassen.
Mit der „Burg“ steht ein Raumangebot zur Verfügung, das die Angebote des Junkerhauses perfekt ergänzen würde. So könnten hier das Wissenschaftsprogramm (siehe VI.)
wie auch museumspädagogische Aktivitäten stattfinden, die im Junkerhaus keinen Platz
finden. Verschiedene Ateliers könnten darüber hinaus ermöglichen, dass Simonskall
wieder ein Ort für Künstlerinnen und Künstler wird, die hier für eine bestimmte Zeit
miteinander arbeiten – möglichst im Verbund und im Austausch mit Wissenschaftler/
innen, Politiker/innen oder Intellektuellen, die für Tagungen oder Diskursrunden nach
Simonskall kommen.
So ließe sich reaktivieren, wofür Simonskall bis heute steht: ein Ort mitten in Europa,
der als Treffpunkt utopisch gesinnter Geister ein wegweisendes Nachdenken über die
Zukunft in Gang gebracht hat.
22
ANLAGEN
1. Entwurf des Gestaltungsbüros Arndt + Seelig, Bielefeld
2. Ü
bersicht über die Kosten für Umbau, Entwicklung
und Einrichtung der Dauerausstellung
3. Übersicht über die jährlichen Betriebskosten
Anlage 1
Grobkonzeption & Kostenschätzung für
eine Dauerausstellung im Junkerhaus
alternative Darstellungen zur Ausrichtung des Fahrstuhls | Ansicht Nordost
arndt und seelig
arndt und seelig | gbr
markgrafenstraße 5
33602 bielefeld
www.arndt-seelig.de
fon +49 (0)5 21.9 66 67-7 | fax - 89
post@arndt-seelig.de
24
Moderne im Rheinland
Anlage 1
Junkerhaus mit Fahrstuhl | Ausrichtung zum Kalltal | Ansicht Nordost
26
Erlebnis
Fahrstuhl
Ausstellung II
Ausgang
Ausstellung I
Erlebnis
Fahrstuhl
Einführung
Toiletten
Empfang
Ausgang
Tourismusbüro
Bewegungsflächen im Junkerhaus durch Intergration eines Fahrstuhls
27
Anlage 1
Fahrstuhl A
Flucht aufs Land
3.00
Inzenierung „Die Welt aus den Fugen“ mit synchronistierten Split-Monitoren
Einführung in die Zeit
Leben in in Köln / im Rheinland 1919
3.75
offene Gardrobe
Rampe II
Empfang / Kasse / Info
Empfang
Shopbereich
Rampe I
600
Erdgeschoss | Empfang & Einführung in die Zeit
28
Frühe Weimarer Republik
Revolutionäre Tendenzen
Krisenhafte Lebensumstände in den Metropolen
Britische Besatzung / Einschränkung
der Pressefreiheit /
Inszenierungsansatz „Welt aus den Fugen“
Synchronisierte Split-Monitore
29
Anlage 1
Fahrstuhl A
3.50
3.00
Spurensuche
Experiment Kalltalgemeinschaft
4.35
Ausgang
WC
Tischgemeinschaft
WC
6.85
3.18
1. Obergeschoss | Experiment Kalltalgemeinschaft
30
Experiment Kalltalgemeinschaft
Stadtflucht / Leben am Existenzminimum
Überwindung klassischer Rollenbilder
Pazifistische Grundhaltung
Von der Gesellschaft zur Gemeinschaft
Kunst zur Weltverbesserung
Vorstellung der Akteure (Fotos Sander)
Kontrast Stadt / Land
Tischgemeinschaft
siehe Rautenstrauch-Joest-Museum
Akteure
Kalltalgemeinschaft
Otto Freundlich
Marta Hegemann
Angelika Hoerle
Heinrich Hoerle
Carl Oskar Jatho
Käthe Jatho-Zimmermann
Franz Nitsche
Anton Räderscheidt
Franz Wilhelm Seiwert
B. Traven
31
Anlage 1
Fahrstuhl A
Verglaste Vitrinen für Originale etc.
Künstlerische Spuren
9.00
Netzwerke
Ausgang
Das gedruckte Vermächtnis
Grafik / Auflagen
Kalltalpresse
Inszenierung Bibliothek / Bücherwand
6.85
2. Obergeschoss | Das künstlerische Vermächtnis
32
Objekte in Faden-Vitrinen
Künstlerische Spuren
Der neue Mensch
DADA-Gruppe Stupid
Konstruktivismus / Neue Sachlichkeit
Werkkunstbewegung / Bauhaus
Fotografie + Grafische Werke
Interaktive Bücher
siehe Rautenstrauch-Joest-Museum
Auflagendrucke = Kunst für alle
Netzwerke im Rheinland / Deutschland
Ausgaben der Kalltalpresse
33
Anlage 1
KOSTENSCHÄTZUNG
Dauerausstellung Junkerhaus
Ausstattung 2.000 Euro pro qm / Entwurf 500 Euro pro qm
EG [ca. 20 qm] = Empfang der Besucher
exkl. Anschaffung Kassen-EDV-System / Videoüberwachung
ca. 45.000 Euro
Funktionsmöbel für EG [Counter/Gardobe/Shop]
ca. 20.000 Euro
EG [ca. 20 qm] = Aus den Fugen …
Monitore und Rauminszenierung =
Politische und Gesellschaftliche Verhältnisse um 1920
ca. 45.000 Euro
Film = Aus den Fugen …
Skript / Ankauf filmisches Rohmaterial /
Sprecherhonorare / Filmschnitt etc.
ca. 30.000 Euro
Fahrstuhl = Inszenierung als Erlebnis
Flucht ins Kalltal / Wechselspiel damals und heute
ca. 20.000 Euro
1. OG [ca. 40 qm] = Experimentfeld Kalltalgemeinschaft
Stadtflucht, Politische Verfolgung, Interaktive TischGemeinschaft, Vorstellung der Akteure etc.
ca. 100.000 Euro
ca. 145.000 Euro
Elektro Beleuchtung, Verstromung aller Mediensysteme,
Serverlösung im EG für alle AV-Medien
ca. 25.000 Euro
2. OG [ca. 60 qm] = Künstlerisches Vermächtnis
Inszenierung Bibliothek, 1 bis 3 Interaktive Bücher,
Vitrinen für Originale, Künstlerporträts etc.
INSGESAMT
ca. 430.000 Euro
34
Anlage 2
Kostenübersicht Junkerhaus Simonskall:
Umbaumaßnahmen und Neueinrichtung
Position Maßnahmen
Kosten
Baukosten lt. Baubüro Luysberg
Anbau Fahrstuhl
Anschlüsse/Überbrückungen
Podesttreppe als 2. Rettungsweg
80.000 Euro
40.000 Euro
70.000 Euro
Allgemeine Instandsetzung des Gebäudes lt. Baubüro Luysberg
Grundsanierung des Gebäudes
50.000 Euro
Neue WC-Anlage
30.000 Euro
Außenanlage/ Zugang Fahrstuhl/Rampen
für barierrefreien Zugang
20.000 Euro
Dämmungsarbeiten auf Speicherboden / Sonstiges 10.000 Euro
Einrichtung der Dauerausstellung nach Konzept Arndt und Seelig
Empfang Besucher
Funktionsmöbel für EG
EG 2, Monitore und Rauminszenierung
Film „Aus den Fugen“
Fahrstuhl = Inszenierung als Erlebnis
1. OG [ca. 40 qm] = Experimentfeld Kalltalgem.
2. OG [ca. 60 qm] = Künstlerisches Vermächtnis
Elektro
45.000 Euro
20.000 Euro
45.000 Euro
30.000 Euro
20.000 Euro
100.000 Euro
145.000 Euro
25.000 Euro
Wissenschaftliche Erarbeitung der Ausstellung
Konzeption, Recherche, Texterstellung,
Skripterstellung, Begleitung in der Umsetzung
40.000 Euro
Generelles Marketing
INSGESAMT
Relaunch der Homepage
Entwicklung eines graphischen Auftritts
Erstausstattung Geschäftspapier
5.000 Euro
4.000 Euro
1.000 Euro
780.000 Euro
35
Anlage 3
Kostenübersicht Junkerhaus Simonskall:
Laufende Betriebskosten p.a.
Position
Grundsteuer / Abfallentsorgung / Straßenreinigung
Entfällt, da gemeindeeigenes Objekt
Schornsteinfeger
Gebäudeversicherung
Nebenkosten
Strom (Kosten werden durch vermehrten Stromverbrauch steigen)
Wasser
Heizöl
Telefon/Internetanschluss
Abwasser
Gebäudeunterhaltung (Erfahrungswert)
TFA: Alarmanlage
Gärtnerarbeiten
Wartungskosten Aufzug
Kosten
120 Euro
300 Euro
370 Euro
170 Euro
1.350 Euro
600 Euro
140 Euro
700 Euro
400 Euro
600 Euro
500 Euro
Personal
Projektleitung, halbe Stelle
35.000 Euro
6.000 Euro
Vermittlung
Aufsichtskraft
18.000 Euro
(kann evtl. durch Kooperationen eingespart werden)
Reinigung
4.000 Euro
5.000 Euro
Hausmeisterservice
(kann evtl. durch Fachpersonal der Gemeinde ersetzt oder ergänzt werden)
Allgemeiner Bürobedarf
Marketing
Technisches Zubehör
3.000 Euro
5.000Euro
2.000 Euro
Zusätzliche Kosten
Honorare für Gastdozenten
800 Euro
(unabhängig vom Wissenschaftsprogramm)
Veranstaltungsbudget
1.200 Euro
Weiterbildungskosten/Schulungskosten
500 Euro
INSGESAMT
85.750 Euro
36