Daten
Kommune
Hürtgenwald
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479 kB
Erstellt
16.12.10, 15:18
Aktualisiert
16.12.10, 15:18
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Gutachten:
Rechtliche Anforderungen an
die vorteilsgerechte Erhebung des Fremdenverkehrsbeitrags
in der Gemeinde Hürtgenwald
erstellt von
Richard Elmenhorst,
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Bochum
Inhaltsübersicht:
Seite:
A. Anlass und Grundlagen für die Begutachtung
2
B. Beitragserhebungsgebiet und -zweck
3
I. Erhebungsgebiet
3
II. Die beitragsfähigen Maßnahmen
4
III. Deckungsgrad und Gemeindeanteil
6
C. Die Beitragspflicht dem Grunde nach
I. Beitragssubjekt
II. Beitragspflichtige Tätigkeit
7
8
1. Selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit
2. Sonderverbindung zum Fremdenverkehr
9
9
10
III. Örtlicher Bezug zum Gemeindegebiet
17
D. Der Beitragsmaßstab
18
I. Messbetrag für objektive Gewinnmöglichkeit
19
II. Maßstabskomponente Umsatz
21
III. Maßstabskomponente Vorteilssatz
23
23
24
1. Normative Vorteilsschätzung, Typisierung, Pauschalierung
2. Schätzungskriterien und -methoden
IV. Maßstabskomponente Gewinnsatz
1. Die Reingewinnsätze lt. BMF-Richtsatzsammlung
2. Ergänzende Ermittlungsquellen
33
34
38
E. Der Beitragssatz
39
F. Übrige Regelungen
41
G. Ergebnis
42
Anlagen:
Tab. 1: Fremdenaufenthalte und Tourismusquoten
Tab. 2: Tagesausgaben der Gäste
Tab. 3: Touristischer Primärumsatz nach Bedarfssparten
Tab. 4: Touristische Sekundärumsätze
Tab. 5: interkommunaler Umsatzvergleich
Tab. 6: Betriebsergebnisse lt. BWA-Vergleich, geordnet nach Wirtschaftszweigen
Tab. 7: Gewinnsatz-Ermittlungsquellen Niveauvergleich
Tab. 8: Erläuterungen zu den Einzel-Maßstäben (Vorteilssätze / Gewinnsätze)
Synoptische Übersicht „FVB-Satzung, bisherige Fassung / Gutachter-Entwurf d. FVB-Satzung ab
01.01.2011“
2
RA R. Elmenhorst · Fachanwalt für Verwaltungsrecht · Bochum
Erneuerung der Fremdenverkehrsbeitragssatzung in der Gemeinde Hürtgenwald
A. Anlass und Grundlagen für die Begutachtung
Die Gemeinde Hürtgenwald hat den Unterzeichner beauftragt, einen gutachtlich begründeten Entwurf für eine neue Fremdenverkehrsbeitragssatzung zu erarbeiten.
Anlass der Begutachtung ist das Alter desjenigen Satzungsmusters, dem die bestehende
Hürtgenwalder FVB-Satzung nachempfunden wurde, sowie der Umstand, dass die benachbarten Gemeinden (Stadt) Monschau und Simmerath ebenfalls eine grundlegende
Überprüfung ihrer FVB-Satzungen vornehmen. Hintergrund ist eine strenge gewordene
Verwaltungsrechtsprechung, die seit Entstehen des NRW-Satzungsmusters zahlreiche
neue Anforderungen entwickelt hat.
Im Rahmen dieser Begutachtung ist ferner zu prüfen, wie weit der Kreis der Beitragspflichtigen gezogen werden muss. Dies ist vor allem deshalb bedeutsam, weil in
Hürtgenwald nicht schlechthin Massentourismus herrscht, sondern lediglich für einen bestimmten Teil des Gemeindegebietes – den Ortsteil Simonskall und einen Teil des Ortsteils Vossenack – eine staatliche Anerkennung als Erholungsort erteilt ist. Auf dieses
Anerkennungsgebiet konzentriert sich, auch aus Gründen historischer Ereignisse im Zweiten Weltkrieg, das touristische Interesse; demgegenüber sind die übrigen Ortsteile, mit
Ausnahme nur des außerhalb des Anerkennungsgebiets gelegenen Teils des OT
Vossenack und des im malerischen Kallbachtal gelegenen Ortsteils Zerkall, vom Tourismus weitgehend unberührt. Aufgrund dieser Situation stellt sich die Frage, ob das Erhebungsgebiet des Fremdenverkehrsbeitrags auf das Anerkennungsgebiet konzentriert
werden kann oder ob zwingend das Erhebungsgebiet mit dem Gemeindegebiet zusammenfallen muss.
Als Beurteilungsgrundlagen wurden von der Auftraggeberin vorgelegt: a) eine Liste sämtlicher potentiell beitragspflichtiger Betriebe, b) das Ergebnis einer im Sommer 2010 im
Ortsteil Simonskall durchgeführten Verkehrszählung sowie c) eine Zusammenstellung der
festgestellten Gästezahlen bei bestimmten touristischen Einrichtungen im Gemeindegebiet. Herangezogen wurden vom Gutachter zudem: die Gäste- und Übernachtungsstatistik
der Jahre 2006-2009 des Landesbetriebes Information und Technik NRW, dessen amtliche Umsatzsteuerstatistik 2008 für Hürtgenwald sowie für die Gemeinden/Städte Aldenhoven, Langerwehe, Linnich, Niederzier, Swisttal, Weilerswist, die veröffentlichten Ergebnisse von in 2008/9 durchgeführten Gästebefragungen des Deutschen Wirtschaftswissenschaftlichen Instituts für Fremden- verkehr (DWIF), München, über die touristischen Ausgaben der Übernachtungs- und Tagesgäste im Reisegebiet „Eifel und Region Aachen“,
die Richtsatzsammlung 2009 des Bundesfinanzministeriums und die BWA-Vergleiche der
Jahre 2004 bis 2009 der Datev e.G., Nürnberg.
RA R. Elmenhorst · Fachanwalt für Verwaltungsrecht · Bochum
Erneuerung der Fremdenverkehrsbeitragssatzung in der Gemeinde Hürtgenwald
3
Der Unterzeichner hat im Juni 2010 an zwei hintereinander folgenden Tagen das
Hürtgenwalder Gemeindegebiet, insbesondere die Ortsteile Gey, Großhau, Kleinhau,
Vossenack und Simonskall, besichtigt.
B. Beitragserhebungsgebiet und -zweck
I. Das Beitragserhebungsgebiet
Zunächst ist zu prüfen, welches Beitragserhebungsgebiet vom Satzungsgeber gewählt
werden muss bzw. darf. Die eingangs unter A. dargelegte besondere Situation
Hürtenwalds mit ihrem bloßen Schwerpunkt-Tourismus in gebietlicher Hinsicht legt die
Frage nahe, ob die Möglichkeit besteht, das Erhebungsgebiet auf das ErholungsortAnerkenn-ungsgebiet zu beschränken.
Als maßgebliches höherrangiges Recht zu beachten ist zum einen die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage des Kommunalabgabengesetzes NRW, zum anderen das Prinzip
der Beitragsgerechtigkeit, welches sich aus Artikel 3 Abs. 1 des Grundgesetzes ergibt und
somit noch gegenüber dem Kommunalabgabengesetz übergeordnet ist.
Gemäß § 11 Abs. 6 KAG „wird“ der Fremdenverkehrsbeitrag von „den“ Personen und
„den“ Unternehmen erhoben, denen durch den Fremdenverkehr unmittelbar oder mittelbar
wirtschaftliche Vorteile geboten werden. Der zweite Satz dieser Vorschrift stellt für die
„Beitragspflicht“ darauf ab, dass die Personen bzw. Unternehmen „in der Gemeinde erwerbstätig sind“.
Hieraus ergibt sich zwar kein ausdrückliches Verbot, das Erhebungsgebiet für den Fremdenverkehrsbeitrag auf einen Teil des Gemeindegebietes zu beschränken. Jedoch ist die
Gesetzesvorschrift verfassungskonform unter Berücksichtigung des Beitragsgerechtigkeitsprinzips auszulegen. Danach darf die Umgrenzung des Erhebungsgebietes nicht gegen das Willkürverbot verstoßen. Ein solcher Verstoß liegt vor, wenn tatsächlich gleich
gelagerte Sachverhalte rechtlich ungleich behandelt werden ohne sachlich rechtfertigenden Grund. Der sachlich rechtfertigende Grund ergibt sich aus dem spezifischen Rechtfertigungsgrund der jeweiligen Abgabenart1.
Beim Fremdenverkehrsbeitrag besteht der Rechtfertigungsgrund, wie sich aus § 11 Abs. 6
Satz 1 KAG ergibt, in besonderen wirtschaftlichen Vorteilen, die – objektiv – vom Fremdenverkehr „geboten“ werden, also unabhängig von einer konkreten (Aus-)Nutzung im
Einzelfall bestehen2.
1
So für den Kurbeitrag: BVerwG, Urt. v. 27.9.2000 - 11 CN 1.00 -, KStZ 2000, S. 76 [77] = juris, Rdnr. 23
sowie 28-30.
2
So VG Arnsberg, Urt. v. 7.9.2009 - 13 K 2166/08 - (rechtskräftig), juris Rdnr. 23, 24; Urt. v. 15.12.2006 - 13 K
2577/05 - (rechtskräftig), juris Rdnr. 31; ebenso z.B. OVG Schleswig, Urt. v. 4.10.1995 - 2 L 220/95 -, KStZ
1997, S. 93 [93], m.z.w.N.
4
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Erneuerung der Fremdenverkehrsbeitragssatzung in der Gemeinde Hürtgenwald
Da wirtschaftliche, zumal auch noch mittelbare (!) Vorteile auf wirtschaftlichen Auswirkungen des örtlichen Tourismus’ beruhen und diese noch weniger engräumig begrenzbar
sind als z.B. – beim Kurbeitrag – die Nutzungsmöglichkeit der Gäste an den Erholungseinrichtungen3, ist es grundsätzlich nicht sachlich zu rechtfertigen, Teile des Abgaben(hoheits-) Gebiets einer Gemeinde von der Erhebung des Fremdenverkehrsbeitrags auszunehmen4, sofern nicht das (Kommunalabgaben-)Gesetz ausdrücklich zur Beschränkung
auf ein Teilgebiet ermächtigt5.
Da eine solche Ermächtigung in § 11 Abs. 5 und 6 KAG NRW, im Unterschied zu den
entsprechenden KAG-Vorschriften anderer Bundesländer (Niedersachs.: § 9 Abs. 4 S. 3
NKAG; Schl.-Holst: § 10 Abs. 5 S. 3 KAG), fehlt, kann nicht davon ausgegangen werden,
einer Gemeinde wäre Ermessen zur gemeindegebietsabweichenden Festlegung des
FVB-Erhebungsgebietes eröffnet. Sie kann vielmehr ausschließlich das gesamte Gemeindegebiet zum Erhebungsgebiet bestimmen6.
II. Die beitragsfähigen Maßnahmen
Unter Fremdenverkehrswerbung sind sämtliche Marketingmaßnahmen wie Werbeprospekte, Anzeigenwerbung in Presse, Funk und Fernsehen, Internetpräsentationen, Präsentationen bei Tourismusmessen, Gästebegrüßungen, Gästeehrungen sowie den Personalund Sachaufwand der Touristinformation7 zu verstehen.
Unter Fremdenverkehrseinrichtungen und -anlagen werden die für den Fremdenverkehr
geschaffenen Sachgesamtheiten (Promenaden- und Wanderwege, Bootsanlegestege,
Fahrradwege, Ruhebänke, Blumenrabatten, Informationstafeln, Aussichtsplattformen und
-türme, Museen, Büchereien, Gästeaufenthalts-, Ausstellungsräume, öffentliche Toiletten
usw.) verstanden8.
3
Vgl. BVerwG, Urt. v. 27.9.2000 a.a.O.
4
Vgl. OVG Schleswig, Urt. v. 21.5.2008 - 2 KN 1/07 -, juris Rdnr. 47 (Kurbeitrag): „Erfordern danach die örtli-
chen Verhältnisse unter Vorteilsgesichtspunkten eine Differenzierung der Kurabgabe innerhalb des Stadtgebietes, so verbietet aber der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, der vom Satzungsgeber im
Geltungsbereich seiner Normsetzungskompetenz zu beachten ist, die von der Antragsgegnerin vorgenommene Begrenzung des Erhebungsgebietes und die völlige Freistellung der außerhalb dieses Gebietes (der
Zone I) quartiernehmenden Gäste von der Kurabgabe. Auch jenen Gästen werden mit der Bereitstellung
öffentlicher Einrichtungen zu Kur- und Erholungszwecken Vorteile geboten, die mit der Kurabgabe abzugelten sind. Wenn die Antragsgegnerin von der Möglichkeit, diese Abgabe zu erheben, Gebrauch macht,
hat dies aus Gründen der Gleichbehandlung im gesamten Bereich der Anerkennung als Kur- oder Erholungsort zu geschehen, gegebenenfalls - wie ausgeführt - mit Differenzierung in der Höhe der Abgabe.“
5
vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 23.3.2009 - 9 LC 257/07 -, veröffentl.: www.dbovg.niedersachsen.de = juris Rdnr.
43-45 für den Fall der gesetzl. Beschränkung des Erhebungsrechts auf das Anerkennungsgebiet.
6
Ebenso Thomas in Hamann/Lenz u.a. KAG Nordrhein-Westfalen, Kommentar, § 11 Rdnr. 27.
7
So m. E. erschöpfend: Höhlein in Bellefontaine/Flach u.a. KAG RP, § 12 Rdnr. 31; vgl. ferner Lichtenfeld in
Driehaus Kommunalabgabenrecht, § 11 Rdnr. 72.
8
Lichtenfeld in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 11 Rdnr. 72; Gössl in Gössl/Reif, KAG Bad.-Wü., § 44
Anm. 3.3.2.
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Über die zu Fremdenverkehrszwecken durchgeführten Veranstaltungen gibt es, soweit
ersichtlich, keine Definition oder erschöpfende Kasuistik9, jedenfalls sind damit diejenigen
Maßnahmen gemeint, die für die Unterhaltung der zu Erholungszwecken anwesenden
Fremden gedacht sind, wie z.B. spezielle, nicht für der bloßen Lebensbedarfsdeckung
dienende Märkte, Konzerte, Theater- und sonstige Kulturdarbietungen.
Die Rechtsprechung anderer Bundesländer verlangt, die Aufwandkalkulation zu untergliedern in Fremdenverkehrswerbung, -einrichtungen und -veranstaltungen, damit der Satzungsgeber sein Ermessen ausüben kann und die im Streitfall eingeschalteten Gerichte
die Gesetzmäßigkeit des Verwendungszweckes des Fremdenverkehrsbeitrags überprüfen
können10, und zwar insbesondere hinsichtlich
- der Zugehörigkeit der Aufwendungen zu dem gesetzlichen Finanzierungszweck des
Fremdenverkehrsbeitrags,
- der Angemessenheit dieser Aufwendungen und
- der Frage des Ob und ggf. der Höhe eines pflichtigen Gemeindeanteils (dazu näher sogleich zu II.).
An die Genauigkeit, mit der die Aufstellung zu untergliedern ist, sind umso geringere Anforderungen zu stellen, je geringer der auf den Fremdenverkehrsbeitrag entfallende Deckungsgrad – bei entsprechend hoch angesetztem Anteil nicht zweckgebundener Finanzmittel der Gemeinde (sog. Gemeindeanteil) – ist11.
Die von der Auftraggeberin vorgelegte Kostenübersicht, die vom Gutachter im Rahmen
des Auftrags inhaltlich nicht des Näheren zu hinterfragen und zu prüfen war, lässt zwar
keine offensichtlich zweckfremden Aufwendungen erkennen. Allerdings lässt sich hieraus,
abgesehen von den Kostenarten, nicht ersehen, welche im Sinne von § 11 Abs. 5 KAG
relevante Einrichtungen, Anlagen, Veranstaltungen für Fremdenverkehrszwecke in welcher Größenordnung finanziert werden sollen. Es lässt sich auch nicht erkennen, inwieweit daneben Maßnahmen zur Fremdenverkehrswerbung berücksichtigt werden sollen.
Es muss daher in Anbetracht der oben referierten Anforderungen der Rechtsprechung
davon ausgegangen werden, dass im Streitfalle beanstandet wird, der die Satzung be-
9
Vgl. Lichtenfeld in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 11 Rdnr. 10 und Rdnr. 72 sowie auch die gesamt
einschlägige Rechtsprechung zum Kurbeitragsrecht.
10
VGH Mannheim, Urt. v. 11.12.1997 - 2 S 3247/96 -, KStZ 1998, S. 196 = juris Rdnr. 41/42; VG Oldenburg,
Urt. v. 22.6.2006 - 2 A 3746/02 -, juris Leitsatz 2 und Rdnr. 33-38 (rekr.); dem Grunde nach bestätigt im Urt.
v. 4.12.2003 - 2 S 2669/02 -, ZKF 2005, 20 = juris Rdnr. 32-38; vgl. ferner OVG Schleswig, Urt. v. 23.8.2000
- 2 L 226/98 -, NordÖR 2001, S. 221 = juris Rdnr. 49-59; VG Arnsberg, Urt. v. 15.12.2006 -13 K 2577/05 -,
juris Rdnr. 74.
11
VGH Mannheim, Urt. v. 4.12.2003 - 2 S 2669/02 -, ZKF 2005 S. 20 = juris Rdnr. 37/38; vgl. ferner – als
Beisp. für mutmaßlich überhöhten Deckungsgrad – OVG Lüneburg, Urt. v. 17.10.2007 - 9 LA 377/05 -, juris
Rdnr. 8.
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schließende Gemeinderat habe nicht über hinreichende Informationen über den umzulegenden Aufwand verfügt.
Nach alldem wird angeraten, die Aufstellung der für 2011 zu veranschlagenden Aufwendungen für „Tourismusförderung“ im Sinne der klassischen Kostenstellenübersicht dergestalt zu untergliedern, dass erkennbar wird, welcher Teil des Aufwands auf a) Tourismuswerbung, b) Veranstaltungen und c) Einrichtungen für Gäste entfällt. Diese Kostenstellenübersicht ist tunlichst der Vorlage zum Satzungsbeschluss beizufügen, damit der Gemeinderat seine Ermessensentscheidung über die Satzungsvorschriften, welche die Höhe
des beabsichtigten FVB-Aufkommens betreffen (also insbesondere betreffend Deckungsgrad und Beitragssatz) in hinreichend vollständiger Sachkenntnis ausüben kann. Fehlt es
hieran, so stellt das in Anbetracht der einschlägigen Rechtsprechung (vgl. oben zu Fußn.
5) ein Risiko für die Wirksamkeit der Satzung insgesamt dar.
Der Aufwand für Herstellung, Anschaffung und Erweiterung im Sinne von § 11 Abs. 5
KAG ist, da es sich um einen jährlich wiederkehrenden Beitrag handelt, wie bei der Gebührenberechnung lediglich in Form von Abschreibungen und Zinsen – sowohl Fremd- als
auch Eigenkapitalzinsen – beitragsfähig.
Nach alldem wird für den Beginn der Satzung dieser Wortlaut vorgeschlagen:
§1
Erhebungszweck
(1) Die Gemeinde erhebt zum Ersatz ihres Aufwandes für die Fremdenverkehrswerbung und für
die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung und Unterhaltung der zu Fremdenverkehrszwecken bereitgestellten Einrichtungen und Anlagen sowie für die zu diesem Zwecke durchgeführten Veranstaltungen einen jährlichen Fremdenverkehrsbeitrag (im folgenden Beitrag genannt) nach Maßgabe dieser Satzung.
II. Deckungsgrad und Gemeindeanteil
Die Satzung muss ferner bestimmen, welcher Teil des oben angesprochenen Aufwands
(Deckungsgrad) gerade vom Fremdenverkehrsbeitrag – neben anderen Einnahmen, z.B.
aus direkten Entgelten für Anzeigenwerbung im offiziellen Gastgeberverzeichnis und welcher demgegenüber aus allgemeinen Deckungsmitteln des gemeindlichen Haushalts
(Gemeindeanteil) – übernommen werden soll12. Das ist zwar nicht vom Gesetzgeber – in
§ 11 oder in § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG – ausdrücklich verlangt13, ist aber in der veröffentlichten Rechtsprechung anderer Bundesländer unumstrittene Anforderung an den Mindestin12
VGH Mannheim, Urt. v. 11.12.1997 - 2 S 3247/96 -, KStZ 1998, S. 196 [197]; OVG Lüneburg, Urt. v.
13.11.1990 - 9 K 11/89 -, NVwZ-RR 1992, S. 40 ff.
13
Demgegenüber verlangt in Niedersachsen der Gesetzgeber, dass die Satzung das Verhältnis des Fremdenverkehrsbeitrags zur Deckung desselben Aufwands durch andere „Abgaben“ bestimmen muss: § 9 Abs.
6 Satz 2 NKAG.
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halt von Kur- und Fremdenverkehrsbeitragssatzungen14. Da der Deckungsgrad von tragender Bedeutung für die Höhe des Beitragssatzes ist und da letzterer gemäß § 2 Abs. 1
Satz 2 KAG durch Satzung geregelt sein muss, ist es unverzichtbar, den Deckungsgrad
für den Fremdenverkehrsbeitrag in Satzungsform mit zu beschließen, und zwar für jede
Kalkulationsperiode erneut, d.h. grundsätzlich vor jedem neuen Erhebungsjahr.
Nicht verlangt hingegen ist es – selbst in den Entscheidungen der Gerichte mit den
„strengsten“ Standpunkten –, auch den sog. Gemeindeanteil in der Satzung selbst festzulegen, sofern er jedenfalls Gegenstand des (Mit-)Beschlusses des Rates über die zugrunde liegende Kalkulation ist15. Es handelt sich denjenigen Aufwandsanteil, der – mit Rücksicht auf die bloß allgemeinen Vorteile der nicht beitragspflichtigen Einwohnerschaft – aus
allgemeinen Deckungsmitteln getragen werden muss. Er ist bei der Berechnung des FVBDeckungsgrades zwingend mit zu kalkulieren und in der Kalkulation auszuweisen.
Was oft verkannt wird: dieser vom FVB-Deckungsgrad neben sonstigen Entgelten und
Erlösen auszusparende Aufwandsanteil ist nicht etwa bloß auf den Netto-Aufwand – d.h.
auf den nach Abzug spezieller Entgelte ungedeckt verbleibenden Teil –, sondern auf den
Gesamtaufwand zu beziehen16. Würde er hingegen auf die Netto-Aufwand-Summe (als
100%) bezogen, die erst nach Abzug der speziellen Entgelte und Erlöse verbleibt, so ließe sich seine Berechnungsgrundlage, die jedenfalls hinsichtlich der Fremdenverkehrseinrichtungen zumindest in dem Grad der Nutzung durch die Einwohnerschaft besteht, nicht
schlüssig belegen.
Somit wird folgende Formulierung für § 1 Abs. 2 FVBS vorgeschlagen:
(2) Bei der jährlichen Berechnung der Höhe der Aufwendungen (Kalkulation) wird für jede Fremdenverkehrsmaßnahme der Anteil, den die Gemeinde Hürtgenwald wegen des Vorteils für
die Allgemeinheit selbst trägt, sowie aufwandsmindernde Entgelte in Anrechnung gebracht.
Der sich daraus für den Fremdenverkehrsbeitrag ergebende Deckungsgrad beträgt __% vom
Gesamtaufwand für die Maßnahmen gemäß Abs. 1.
C. Die Beitragspflicht dem Grunde nach
14
Grundlegend OVG Lüneburg, Urt. v. 13.11.1990 - 9 K 11/89 -, NVwZ-RR 1992, S. 40 ff = juris Leitsatz 1.;
dem folgend: VGH Mannheim, Urt. v. 11.12.1997 - 2 S 3247/96 -, KStZ 1998, S. 196 = juris Rdnr. 43 sowie
Urt. v. 4.12.2003 - 2 S 2669/02 -, ZKF 2005 S. 20 = juris Rdnr. 38; OVG Schleswig, Urt. v. 23.8.2000 - 2 L
226/98 -, juris Rdnr. 50, sowie Urt. v. 25.8.1999 - 2 L 223/96 -, KStZ 2000, S. 55 = juris, 4. Leitsatz; VG
Arnsberg, Urt. v. 15.12.2006 - 13 K 2577/05 -, juris Rdnr. 76-81.
15
Vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 13.11.1990 - 9 K 11/89 -, NVwZ-RR 1992, S. 40 ff = juris Rdnr. 20/21; Urt. v.
17.10.2007 - 9 LA 377/05 -, juris (passim); OVG Schleswig, Urt. v. 17.3.2008 - 2 LB 40/07 -, juris (passim);
Urt. v. 21.11.2007 - 2 LB 31/07 -, juris Rdnr. 28.
16
VG Göttingen, Urt. v. 12.10.2005 - 3 A 177/04 -; mangels Entscheidungserheblichkeit offen gelassen vom
OVG Lüneburg, Beschl. v. 17.10.2007 - 9 LA 377/05 -, juris.
8
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Zunächst ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG in der Satzung der „die Abgabe begründende
Tatbestand“ zu regeln. Dieser besteht, wie sich durch jahrzehntelange Rechtsprechung
zum Fremdenverkehrsbeitragsrecht herausgebildet hat, aus drei Elementen:
I. Beitragssubjekt
Die Frage, unter welchen Voraussetzungen einer bzw. einem potentiell Beitragspflichtigen
fremdenverkehrsbeitragsrechtlich überhaupt Rechtsfähigkeit zukommen soll, ist im Gesetz, § 11 Abs. 6 KAG, mit der Formel „Personen und Unternehmen“ beantwortet. Mit
dem Begriff „Unternehmen“ sind „unabhängig von der zivilrechtlichen Organisationsform
und Rechtspersönlichkeit Wirtschaftsgebilde aller Art“ 17 erfasst. Dem entsprechend hat
die Verwaltungsrechtsprechung in den letzten Jahren insbesondere für die Gesellschaft
Bürgerlichen Rechts geklärt, dass sie, infolge ihrer Anerkennung als eigenständiges
Rechtssubjekt durch den Bundesgerichtshof, selbst rechtsfähig für den Fremdenverkehrsbeitrag18, also kurz gesagt FVB-Subjekt ist19.
Dem trägt die bestehende FVB-Satzung mit ihrem § 2 Abs. 1 noch nicht vollauf Rechnung, scheint sie doch den Pflichtigenkreis ihrem Wortlaut nach auf „natürliche und juristische Personen“ zu beschränken. Für die Praxis der Beitragsveranlagung folgen hieraus
erfahrungsgemäß Diskussionen mit den Pflichtigen – und letztlich auch unnötige Klageverfahren – über die Frage, ob Beitragsbescheide zu recht an eine X u. Y GbR gerichtet
werden können. Immer wieder kommen Fälle vor, in denen durch Einwände der Herangezogenen (und deren Rechtsberater) FVB-Sachbearbeiter verunsichert und Bescheide umoder gar von Anfang an rechtlich unzutreffend adressiert werden20.
Daher sollte in der Satzung vollständig geklärt werden, dass in die FVB-Pflicht einbezogen sind:
a) der Einzelunternehmer bzw. die Einzelunternehmerin mit dem Wort „natürliche Personen“,
b) die Aktiengesellschaft, GmbH, der rechtsfähige Verein, die rechtsfähige Stiftung sowie
die Körperschaft und die rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts mit dem Wort „juristische Personen“,
c) die handelsrechtliche (OHG, KG) oder freiberufsrechtliche (Partnerschaft) Personengesellschaft mit dem Wort „teilrechtsfähige Personenvereinigungen“ und schließlich
17
Tipke/Kruse, AO-/FGO-Kommentar, § 33 Rdnr. 53.
So z. B. VGH Mannheim, Urt. v. 25.8.2003 - 2 S 2192/02 -, juris Rdnr. 33; VG München, Urt. v. 19.3.2009 10 K 08.1509 -, juris Rdnr. 31.
19
Vgl. bereits Bayer/Elmenhorst, Das System des gemeindlichen Fremdenabgabenrechts, KStZ 1995., S. 141
[148].
20
Letzteres z.B. bei einer bloßen Praxisgemeinschaft, wenn sie mit einer Gemeinschaftspraxis verwechselt
wird, vgl. dazu VG Arnsberg, Urt. v. 10.3.2008 - 13 K 2920/06 -, n.v.
18
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Erneuerung der Fremdenverkehrsbeitragssatzung in der Gemeinde Hürtgenwald
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d) die oder privatrechtliche Personengesellschaft (GbR = BGB-Gesellschaft) und der
nichtrechtsfähige Verein mit dem Wort „nichtrechtsfähige Personenvereinigungen“.
Daher wird insoweit, in Ergänzung des bisherigen Satzungstextes, für die Regelung des §
2 Abs. 1 vorgeschlagen:
§2
Kreis der Beitragspflichtigen
(1) Der Beitrag wird von allen natürlichen und juristischen Personen und nicht- oder teilrechtsfähigen Personenvereinigungen erhoben, denen vom Fremdenverkehr im Erhebungsgebiet
unmittelbar oder mittelbar besondere wirtschaftliche Vorteile geboten werden.
II. Beitragspflichtige Tätigkeit
Für die Satzungsvorschriften über die sachlichen Entstehungsvoraussetzungen der Beitragspflicht gibt § 11 Abs. 6 KAG, konkretisiert durch die Rechtsprechung, im Wesentlichen zwei Merkmale vor:
1. Selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit
Zum einen muss das oben zu II. bezeichnete Beitragssubjekt, wie sich aus der Gesetzesvorschrift § 11 Abs. 6 Satz 2 KAG ergibt,
- „tätig“ sein
- und diese Tätigkeit „selbstständig“ ausüben21, womit die Erwerbstätigkeit von im Tourismus beschäftigten Arbeitnehmern ausgeschieden wird22.
Verfassungsrechtliche, auf den Gleichheitssatz gestützte Einwände gegen die gesetzliche
Voraussetzung „selbstständig“ sind von der Rechtsprechung verworfen worden aus der
Erwägung, dass man sich wirtschaftliche Vorteile nur aufgrund eigener unternehmerischer
Entscheidung verschaffen könne23.
Des Weiteren wird die Tätigkeit, in erkennbarer Anknüpfung an den Gesetzesbegriff des
„wirtschaftlichen“ Vorteils, umschrieben mit „wirtschaftlicher Betätigung“24 und mit im wei-
21
VG Arnsberg, Urt. v. 15.12.2006 - 13 K 2577/05 -, juris Rdnr. 29; Urt. v. 7.9.2009 - 13 K 2166/08 -, juris
Rdnr. 21, m.w.N.
22
Lichtenfeld in Driehaus (Hrsg.), KommAbgR, § 11 Rdnr. 80.
23
OVG Koblenz, Urt. v. 5.11.2002 - 6 C 11072/02 -, UrtAbdr. S. 7, V.n.b.; bestätigt durch Urt. v. 27.6.2003 - 6
A 10170/03 -, juris Rdnr. 15.
24
OVG Koblenz, Urt. v. 27.6.2003 - 6 A 10170/03 -, UrtAbdr. S. 6.
10
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testen Sinne unternehmerischer Tätigkeit 25 , was auch durch die Gesetzesformulierung
„Unternehmen“ in § 11 Abs. 6 Satz 1 KAG indiziert wird.
2. Sonderverbindung zum Fremdenverkehr
Zu der selbstständigen wirtschaftlichen Tätigkeit muss gemäß § 11 Abs. 6 KAG hinzukommen, dass dem Unternehmen besondere wirtschaftliche Vorteile durch den Fremdenverkehr geboten werden.
Diese Gesetzesformulierung, die mit den entsprechenden Bestimmungen fast aller anderen Landeskommunalabgabengesetze übereinstimmt, wird von der Rechtsprechung wie
folgt konkretisiert: „Besondere wirtschaftliche Vorteile, welche die Erhebung eines Fremdenverkehrsbeitrages rechtfertigen, bestehen in erhöhten Verdienst- und Gewinnmöglichkeiten durch den Fremdenverkehr in einer Gemeinde“ 26. Der Ausdruck Verdienst- und
Gewinnmöglichkeiten bedeutet, dass schon ein abstrakter27, ein objektiver 28 Vorteil die
Beitragserhebung rechtfertigt. Daher ist unmaßgeblich, ob und inwieweit diese Möglichkeiten im Einzelfall tatsächlich ausgeschöpft werden29. Hieraus wiederum folgt: „Vorteile
aus dem Fremdenverkehr werden nicht dadurch ausgeschlossen, dass ein Unternehmer
erhöhte Gewinne nicht tatsächlich erwirtschaftet oder überhaupt nicht zu erzielen beabsichtigt.“30 Deshalb muss „auch derjenige Fremdenverkehrsbeitrag zahlen, der ihm vom
Fremdenverkehr gebotene Verdienstmöglichkeiten nicht ausnutzt“31.
Hiernach sind im Einzelnen die beiden folgenden Voraussetzungen zu unterscheiden:
a) Fremdenverkehr
Die Rechtsprechung hebt hervor, dass die Beitragspflicht nicht durch Vorteile aus bestimmten Maßnahmen zur Fremdenverkehrsförderung, sondern bereits durch Vorteile aus
25
OVG Lüneburg, Urt. v. 11.9.2007 - 9 ME 119/07 -, juris Rdnr. 13; Bayer/Elmenhorst, Das System des
gemeindlichen Fremdenabgabenrechts, KStZ 1995., S. 141 [149].
26
So wörtlich VG Arnsberg, Urt. v. 7.9.2009 - 13 K 2166/08 - (rechtskräftig), juris Rdnr. 23; Urt. v. 15.12.2006
- 13 K 2577/05 - (rechtskräftig), juris Rdnr. 31; ebenso z.B. OVG Schleswig, Urt. v. 4.10.1995 - 2 L 220/95 -,
KStZ 1997, S. 93 [93] m.z.w.N.
27
OVG Koblenz, Urt. v. 27.6.2003 - 6 A 10170/03 -, UrtAbdr. S. 8; OVG Bautzen, Urt. v. 29.1.2003 - 5 D 11/01
-, juris Rdnr. 64.
28
VG Arnsberg, Urt. v. 7.9.2009 - 13 K 2166/08 - (rechtskräftig), juris Rdnr. 24, sowie Urt. v. 15.12.2006 - 13
K 2577/05 - (rechtskräftig), juris Rdnr. 31.
29
OVG Koblenz, Urt. v. 13.10.1992 - 6 A 12282/91 -, V.n.b.: „… ohne daß es darauf ankäme, ob und inwieweit diese Möglichkeiten tatsächlich ausgeschöpft werden.“; vgl. ferner Urt. v. 6.7.1982 - 10 C 9/82 -, KStZ
1983, S. 116 [118]: „… sind dies nicht die im konkreten Einzelfall tatsächlich erzielten Mehreinnahmen,
sondern die objektiv gegebenen Gewinn- und Verdienstmöglichkeiten aus dem Fremdenverkehr.“.
30
VG Arnsberg, Urt. v. 7.9.2009 - 13 K 2166/08 - (rechtskräftig), juris Rdnr. 24, sowie Urt. v. 15.12.2006 - 13
K 2577/05 - (rechtskräftig), juris Rdnr. 31/32 m.z.weiteren Nachweisen.
31
OVG Koblenz, Urt. v. 15.2.1971 - 6 A 18/70 -, KStZ 1971, S. 167 [168]..
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11
dem Fremdenverkehr als solchem ausgelöst wird32. Nicht zuletzt deshalb kommt für die
Beitragspflicht zunächst dem Begriff „Fremdenverkehr“ eine wesentliche Bedeutung zu.
Fremdenverkehr im Sinne des Fremdenverkehrsbeitragsrechts wird – in der Rechtsprechung anderer Bundesländer – definiert als: jeder Reiseverkehr mit vorübergehendem Aufenthalt an fremden Orten zur Erholung, Heilung, Bildung, zum Vergnügen oder
beruflicher Betätigung ortsfremder Personen 33 . Ob das gerade auch in NordrheinWestfalen ohne Einschränkungen gilt, wird des Näheren zu prüfen sein:
aa) Ortsfremdheit
Das Merkmal der Ortsfremdheit bestimmt sich nach dem Ansässigkeitsprinzip, d.h. nach
dem Wohnsitz34 im Sinne der Hauptwohnung, so dass zum Fremdenverkehr auch diejenigen zählen, die im Erhebungsgebiet eine Zweitwohnung haben35 und evtl. mit Nebenwohnung gemeldet sind. Stellt man also im Rahmen der Vorteilsbemessung die Menge der
Einwohner-Aufenthalte den Fremdenaufenthalten gegenüber, so hat man ausschließlich
die mit Hauptwohnung gemeldeten Personen den Einwohnern, die mit Nebenwohnung
gemeldeten dagegen den Fremden zuzurechnen.
bb) Aufenthalt im Gemeindegebiet zu typisch touristischen Zwecken
Hinzukommen muss nach obiger Definition ein Aufenthalt der Fremden im Beitragserhebungsgebiet. Die für den Beitragscharakter der Fremdenverkehrsabgabe notwendige
Verbindung des Abgabetatbestandes zum Finanzierungszweck „… Unterhaltung der zu
Fremdenverkehrszwecken bereitgestellten Einrichtungen und Anlagen“ (§ 11 Abs. 5
KAG)36 käme abhanden, hielte man (geschäftlichen) Verkehr mit Ortsfremden unabhängig
von deren Aufenthalt in der beitragserhebenden Gemeinde für vorteilsrelevant37. Praktische Bedeutung hat das Aufenthaltserfordernis z.B. für den Internet-Handel oder für den
(sonstigen) Versandverkauf von Waren – wie z.B. Haushaltsgeräte des ortsansässigen
Herstellers – an auswärtige Besteller: hier scheiden Vorteile aus dem Fremdenverkehr
aus.
32
OVG Lüneburg, Urt. v. 13.11.1990 - 9 K 11/89 -, NVwZ-RR 1992, S. 42 = juris Rdnr. 17; OVG Schleswig,
Urt. v. 22.12.1999 - 2 L 134/98 -, ZKF 2000, S. 89 = juris Rdnr. 14.
33
VGH Mannheim, Urt. v. 4.12.2003 - 2 S 2669/02 -, ZKF 2005, 20 = juris Rdnr. 27; Urt. v. 13.5.1987 - 14 S
1539/85 -, ZKF 1987, 252; VGH München, Urt. v. 27.3.2003 - 4 B 98.2772 -, juris Rdnr. 21; VG Schleswig,
Urt. v. 26.1.2006 - 14 A 78/04 -, UrtAbdr. S. 6; VG Arnsberg, Urt. v. 7.9.2009 - 13 K 1814/09 -, UrtAbdr. S.
13.
34
Vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 30.11.2000 - 2 S 2061/98 -, KStZ 2001, S. 78 [79] = juris Rdnr. 28 („ …, die
nicht Einwohner der Beklagten sind (ortsfremde Personen)“.
35
Vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 13.12.2006 - 9 KN 180/04 -, juris Rdnr. 43: „…Inhaber von Zweitwohnungen …
sind als Ortsfremde bei ihrem Aufenthalt im Erhebungsgebiet selbst Touristen …“.
36
Vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 30.11.2000 - 2 S 2061/98 -, KStZ 2001, S. 78 [79] = juris Rdnr. 31; Urt. v.
13.5.1987 - 14 S 1539/85 -, ZKF 1987, 252 = BWVPr 1987, S. 231 [232].
37
Vgl. OVG Koblenz, Urt. v. 16.5.1974 - 6 A 8/73 -, KStZ 1974, S. 194 [195]: „… Fremdenverkehrsbeitrag soll
den Vorteil abgelten, der dadurch entsteht, daß die Beklagte … für den Fremdenverkehr, also dafür wirbt,
daß Fremdenverkehrsgäste nach R. kommen.“.
12
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Soweit es aber zum Aufenthalt im Gemeindegebiet kommt, stellt sich ferner die Frage, ob
dieser bestimmten Zwecken dienen muss, um vorteils- und somit beitragsrelevant zu sein.
Daran könnte es z.B. bei denen fehlen, die nur deshalb nach Hürtgenwald kommen, weil
es dort bestimmte Waren zu kaufen gibt oder weil sie beruflich bzw. geschäftlich dort zu
tun haben.
Zu dieser Frage sind neuerdings in der Rechtsprechung zwei gegenläufige Standpunkte
anzutreffen: Einerseits wird der grundsätzliche Standpunkt vertreten, dem Aufenthaltszweck könne aus Gründen der Praktikabilität der Beitragserhebung nicht nachgegangen
werden 38 . Andererseits werden aber von diesem Grundsatz durchaus Ausnahmen gemacht: der erforderliche konkrete Zusammenhang zwischen Fremdenverkehr und (erhöhten) Verdienstmöglichkeiten fehle hinsichtlich derjenigen ortsfremden Personen, für deren
Aufenthalt im Erhebungsgebiet die gemeindlichen Fremdenverkehrsförderungsmaßnahmen nicht wenigstens mitursächlich sind39. So wird im Fall von Kliniken geprüft, ob „zwischen der Auswahlentscheidung zugunsten des … [örtlichen Betriebes, d. Unterz.] und
den Einrichtungen und Veranstaltungen, die die Beklagte zur Förderung ihres Kurbetriebs
und des Fremdenverkehrs unterhält, ein konkreter Zusammenhang“ besteht40. Ebenfalls
verneint wird dieser Zusammenhang im Falle derjenigen auswärtigen Personen, bei denen der Aufenthaltszweck in reiner Deckung des täglichen Bedarfs – Lebensmitteleinkauf,
Arztbesuch etc. – im Rahmen der zentralörtlichen Mitversorgung der Einwohner benachbarter Gemeinden liegt41.
Das Oberverwaltungsgericht NRW scheint, soweit anhand der wenigen vorhandenen
Rechtsprechung ersichtlich, eher der einschränkenden Sichtweise zuzuneigen: In einer
Entscheidung zum Begriff „Fremdenübernachtungen“ im Sinne des § 11 Abs. 6 KAG wurde hervorgehoben, dass der Begriff einschränkend auszulegen sei im Hinblick auf die
Rechtfertigung des Beitrags durch Vorteile aus der Fremdenverkehrswerbung und aus
den Fremdenverkehrseinrichtungen. Die Übernachtungen seien für § 11 Abs. 5 und 6
KAG nur dann relevant, wenn dabei auch „natürliche Heilfaktoren (etwa Heilquellen, besonderes Klima, Höhenlage) oder besondere Erholungseinrichtungen in Anspruch genommen werden sollen; das sei bei Ortsfremden, die in den Fremdenverkehrsort hinein38
VGH Mannheim, Urt. v. 4.12.2003 - 2 S 2669/02 -, ZKF 2005, 20 = juris Rdnr. 27; Beschluss vom 10.8.1998
- 2 S 2753/97 -, juris Rdnr. 7; VGH München, Urt. v. 27.3.2003 - 4 B 98.2772 -, juris Rdnr. 21; VG Schleswig, Urt. v. 26.1.2006 - 14 A 78/04 -, UrtAbdr. S. 6; VG Arnsberg, Urt. v. 7.9.2009 - 13 K 1814/09 -, UrtAbdr.
S. 13.
39
VGH Mannheim, Urt. v. 15.1.2009 - 2 S 875/08 -, juris Rdnr. 23; Urt. v. 13.5.1987 - 14 S 1539/85 -, ZKF
1987, 252 = BWVPr 1987, S. 231 [232]; OVG Lüneburg, Urt. v. 13.12.2006 - 9 KN 180/04 -, juris Rdnr. 44.
40
VGH Mannheim, Urt. v. 30.11.2000 - 2 S 2061/98 -, KStZ 2001, S. 78 [79] = juris; vgl. auch OVG Münster,
Urt. v. 17.5.1999 - 15 A 6907/95 -, juris; OVG Lüneburg, Beschl. v. 10.10.2007 - 9 LA 407/04 -, juris.
41
VGH Mannheim, Urt. v. 15.1.2009 - 2 S 875/08 -, juris Rdnr. 23; VG München, Urt. v. 10.5.2006 - 10 K
05.5969 -, juris Rdnr. 22/23; besonders deutlich: OVG Lüneburg, Urt. v. 13.12.2006 - 9 KN 180/04 -, juris
Rdnr. 44: „Denn E. zieht als zentraler Ortsteil der Antragsgegnerin mit (am 31. Dezember 2002) 6.406 Einwohnern … auch Ortsfremde aus dem Umland an, die das Erhebungsgebiet nicht wegen der Kureinrichtungen aufsuchen, sondern allein deshalb, weil in E. bessere oder zusätzliche Dienstleistungen bzw. Einkaufsmöglichkeiten angeboten werden.“.
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13
kommen, um dort in einem Krankenhaus bettlägerig oder jedenfalls weitgehend immobil
behandelt zu werden, nicht der Fall42.
Dem entsprechend können auch solche Ortsfremden, die aus benachbarten Gemeinden,
nach Hürtgenwald kommen um dort ihrer Berufstätigkeit nachzugehen oder lediglich im
Rahmen der zentralörtlichen Funktion Hürtgenwalds ihren Bedarf an Waren und Dienstleistungen decken, nicht dem Fremdenverkehr im beitragsrechtlichen Sinn zugeordnet
werden.
b) Sonderverbindung: Leistungsangebot zur Deckung des Bedarfs der Fremden
Die eingangs erwähnten Verdienstmöglichkeiten aus dem Fremdenverkehr werden von
der Rechtsprechung angenommen bei denjenigen „Berufsgruppen …, bei denen eine –
nicht nur vereinzelte – Verbindung zum Fremdenverkehr typisch oder nach der allgemeinen Lebenserfahrung offensichtlich ist“43. Diese Verbindung zum Fremdenverkehr sei im
Folgenden, mit Blick auf den Gesetzesbegriff des „besonderen“ Vorteils, kurz als Sonderverbindung zum Tourismus bezeichnet.
Wie der Begriff „Berufsgruppen“ zeigt, kommt es für das Bestehen der Sonderverbindung
zum Tourismus nicht etwa auf das jeweilige Unternehmen im Einzelfall an, sondern lediglich darauf, ob der Wirtschaftszweig, dem das Unternehmen angehört, typischerweise
Leistungen anbietet, die von Touristen nachgefragt zu werden pflegen. Die Vorteilsprüfung ist also auf die Art der ausgeübten wirtschaftlichen Tätigkeit – kurz: auf die Betriebsart – zu beziehen. – Es können daher Betriebe keineswegs deshalb von der Beitragspflicht frei kommen, weil sie in ihrem individuellen Einzelfall Geschäftsbeziehungen zu
Fremden nicht haben.
Auf das Leistungsangebot stellt die Rechtsprechung bereits für die Frage des örtlichen
Bezuges der potentiell beitragspflichtigen Tätigkeit ab 44 . Das Leistungsangebot ist es
nämlich, welches die Touristen in den Ort zieht und somit die Verdienstmöglichkeit (!) gewährleistet. Mit dem Leistungsangebot wird darum bereits die Verbindung zum örtlichen
Tourismus geknüpft. Und nur die tatbestandliche Anknüpfung bereits an das Leistungsangebot passt dazu, dass auch anschließend bei der Vorteilsbemessung unmaßgeblich ist,
wie groß bei dem Einzelnen der Anteil mit Touristen geschlossener Geschäfte an seinem
42
OVG Münster, Beschl. v. 17.5.1999 - 15 A 6907/95 -, juris Rdnr. 4 u.5.
So wörtlich: VG Arnsberg, Urt. v. 15.12.2006 - 13 K 2577/05 -, juris Rdnr. 31; Urt. v. 7.9.2009 - 13 K
2166/08 -, juris Rdnr. 23; OVG Koblenz, Urt. v. 27.9.1983 - 6 A 1/83 -, Amtl.Slg. Bd. 18, S. 261 [262]; ständ.
RSpr. seit Urt. v. 15.2.1971 - 6 A 18/70 -, KStZ 1971, S. 167 [167].
44
OVG Koblenz, Urt. v. 27.6.2003 - 6 A 10170/03 -, UrtAbdr. S. 9 = juris Rdnr. 14; ebenso – zu dem mit § 12
Abs. 1 KAG RP fast wortgleichen § 9 NKAG – OVG Lüneburg, Urt. v. 17.3.1997 - 9 K 1912/95 -, NST-N
1997, S. 218 [218]; Beschl. v. 17.1.1990 - 9 L 262/89 -, KStZ 1991, S. 19.
43
14
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erzielten Gesamtumsatz tatsächlich im Beitragsjahr gewesen ist (vgl. unten zu GldPkt. C.
IV. eingangs).
Die Sonderverbindung zum Fremdenverkehr wird dadurch zum Ausdruck gebracht, dass
– wie in der Rechtsprechung geläufig – eine Zwecktauglichkeit des Leistungsangebotes
zur Bedarfsdeckung für den Fremdenverkehr45 zum Ausdruck gebracht wird. Zwar ist der
Aspekt der Bedarfsdeckung zwischen den Oberverwaltungsgerichten umstritten, was die
Definition des mittelbaren Vorteils angeht46, dem kann jedoch in der Satzung an der diesbezüglichen Stelle (dazu sogleich unter bb) durch eindeutige Formulierung Rechnung
getragen werden.
Vorgeschlagen wird daher folgender Einführungssatz zur Vorteilsdefinition:
(2) Besondere wirtschaftliche Vorteile aus dem Fremdenverkehr erwachsen denen, die im Rahmen
selbstständiger Erwerbstätigkeit im Gemeindegebiet entgeltliche Leistungen anbieten, die unmittelbar oder mittelbar der Bedarfsdeckung des Fremdenverkehrs dienen.
Im Anschluss an diesen einführenden Satz zur Vorteilsdefinition ist sodann die von § 11
Abs. 6 KAG vorgegebene Differenzierung nach unmittelbaren und mittelbaren Vorteilen,
ebenfalls anhand der dazu herrschenden Rechtsprechung, näher zu regeln wie folgt:
aa) Unmittelbarer Vorteil
Unmittelbare Vorteile im Sinne von § 11 Abs. 6 KAG erwachsen nach der Rechtsprechung denen, deren Leistungsangebot direkt von den Fremdenverkehrsgästen in
Anspruch genommen wird und die mit ihnen Geschäfte tätigen47.
Aufgrund der oben referierten Rechtsprechung zum Erfordernis typischer, berufsgruppenoder gewerbezweig-bezogener Sonderbeziehung zum Tourismus (siehe oben eingangs
zu b, vor aa) und der Irrelevanz von Abweichungen im Einzelfall muss allerdings im Auge
behalten werden, dass es darauf, ob der jeweils Herangezogene (im Erhebungsjahr) direkte Geschäftsbeziehungen zu Touristen hat oder nicht, gerade nicht ankommt. Somit
sind die soeben zitierten Formulierungen von geschäftlichen Beziehungen der „Betreffenden“ dahin zu verstehen, dass es für den unmittelbaren Vorteil nur auf typischerweise
bestehende, nach der Art der Tätigkeit mögliche Direkt-Beziehungen zu Fremden ankommt. – Die Tätigkeit muss also von ihrer Art her geeignet sein, direkten geschäftlichen
45
So im Rahmen der Definition des mittelbaren Vorteils: OVG Schleswig, Urt. v. 4.10.1995 - 2 L 220/95 -,
KStZ 1997, S. 93 [93] = juris Rdnr. 17, unter Berufung auf ältere Rechtsprechung von OVG Koblenz und
OVG Lüneburg; ebenso OVG Schleswig, Urt. v. 16.6.2004 - 2 LB 76/03 - juris Rdnr. 38.
46
Vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 25.8.2003 - 2 S 2192/02 -, juris Rdnr. 36 f.; Urt. v. 15.1.2009 - 2 S 875/08 -,
BWGZ 2009, S. 404 [405]; OVG Lüneburg, Urt. v. 17.3.1997 - 9 K 1912/95 -, NST-N 1997, S. 218 [218].
47
VG Arnsberg, Urt. v. 15.12.2006 - 13 K 2577/05 -, juris Rdnr. 33 m.w.N.
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Erneuerung der Fremdenverkehrsbeitragssatzung in der Gemeinde Hürtgenwald
15
Kontakt zu den Fremden herzustellen. Das kann durch den Zusatz „im Allgemeinen“ ausgedrückt werden.
Hiernach sollte § 2 Abs. 2 FVBS folgenden Satz 2 erhalten:
(2) ... Unmittelbar ist die Bedarfsdeckung, sofern die angebotenen Leistungen im Allgemeinen von
Touristen selbst nachgefragt werden (unmittelbarer Vorteil). ...
bb) Mittelbarer Vorteil
Unter welchen Voraussetzungen der Fremdenverkehr mittelbare Vorteile bietet, ist in der
Rechtsprechung umstritten, dazu werden zwei Standpunkte vertreten:
Der erste Standpunkt sieht mittelbare Vorteile nur bei derjenigen Betriebsart als gegeben,
die unmittelbar bevorteilten Dritten Leistungen anbietet, die nicht nur dessen Unternehmen zugute kommen, sondern von ihm „an den Fremden weitergegeben“ werden48. Hiernach wurde bislang der mittelbare Vorteil bejaht für die Verpachtung von Gästeunterkünften49, für Installateurbetriebe50, für Architektur-51 und Baustatikbüros52, verneint hingegen
für Steuer- 53 oder Rechtsberatung 54 , Wirtschaftsprüfung, Notariat 55 und für Vermietung
von Verkaufsräumen für den Einzelhandel56.
Der zweite Standpunkt sieht kritisiert das Weiterreichungskriterium als zu eng57, neuerdings mit der Begründung, für den mittelbaren Vorteil komme es nicht auf den Vorteil der
Fremden aus Unternehmen(sleistungen), sondern – umgekehrt – auf den Vorteil der Unternehmen aus dem Fremdenverkehr an58. Vielmehr könne lediglich verlangt werden, die
48
So ausdrücklich OVG Koblenz, Urt. v. 5.11.2002 - 6 A 11072/02 -, V.n.b., UrtAbdr. S. 7; Urt. v. 29.03.2000 6 A 10086/00 -, ZKF 2001, 256 [257]; Urt. v. 22.9.1998 - 6 A 10679/98 -, KStZ 1999, S. 155 [156]; Urt. v.
27.9.1983 - 6 A 1/83 -, Amtl.Slg. Bd. 18, S. 261 [263]; genauso, in offensichtlicher Anlehnung an die Koblenzer Rechtsprechung formuliert vom VGH Mannheim, Urt. v. 12.1.1995 - 2 S 505/93 -, juris Rdnr. 24.
49
OVG Koblenz, Urt. v. 22.9.1998 - 6 A 10215/98 -, NVwZ-RR 1999, S. 270; hier ausdrücklich konkretisiert
auf „Raumbedarf“.
50
OVG Koblenz, Urt. v. 22.9.1998 - 6 A 10679/98 -, KStZ 1999, S. 155 [156]; hier nicht konkretisiert, vielmehr
ist lediglich allgemein von „Bedarf“ die Rede.
51
OVG Koblenz, Urt. v. 3.6.1980 - 6 A 64/79 -, ZKF 1981, S. 214.
52
VG NeuGemeinde adW., Urt. v. 26.8.2009 - 1 K 1342/08 -, n.v., UrtAbdr. Seite 5; ohne Erwähnung des
Weiterreichungsaspekts.
53
OVG Koblenz, Urt. v. 27.9.1983 - 6 A 1/83 -, Amtl.Slg. Bd. 18, S. 261 ff.
54
OVG Koblenz, Urt. v. 15.2.1971 - 6 A 18/70 -, KStZ 1971, S. 167 f.
55
So ausdrücklich OVG Koblenz, Urt. v. 5.11.2002 - 6 A 11072/02 -, V.n.b., UrtAbdr. S. 7; Urt. v. 29.03.2000 6 A 10086/00 -, ZKF 2001, 256 [257]; Urt. v. 27.9.1983 - 6 A 1/83 -, Amtl.Slg. Bd. 18, S. 261 [263]; genauso,
in offensichtlicher Anlehnung an vorgenannte Rechtsprechung formuliert vom VGH Mannheim, Urt. v.
12.1.1995 – 2 S 505/93 -, juris Rdnr. 24.
56
VGH Mannheim, Urt. v. 12.1.1995 - 6 A 505/93 -, juris Rdnr. 24.
57
OVG Lüneburg, Urt. v. 17.3.1997 - 9 K 1912/95 -, NST-N 1997, S. 218 [218]; VGH Mannheim, Urt. v.
25.8.2003 - 2 S 2192/02 -, juris Rdnr. 36 f.; Urt. v. 15.1.2009 - 2 S 875/08 -, BWGZ 2009, S. 404 [405].
58
VGH Mannheim, Urt. v. 15.01.2009 - 2 S 875/08 -, BWGZ 2009, S. 404 [405].
16
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Tätigkeit müsse „im weitesten Sinne auch der Aufrechterhaltung des Fremdenverkehrs“
dienen59. Eine andere Variante des zweiten Standpunkts definiert den mittelbaren Vorteil
damit, dass „im Rahmen der Bedarfsdeckung für den Fremdenverkehr Geschäfte mit unmittelbar bevorteilten Betrieben getätigt werden“60. Die Formel „Im Rahmen …“ zieht den
Kreis der mittelbar Bevorteilten weiter und erfasst somit auch Anwälte, Steuerberater usw.
61
. Die bislang einzig erstinstanzlich vorhandenen Stellungnahmen der nordrheinwestfälischen Verwaltungsrechtsprechung – beide seitens des Verwaltungsgerichts
Arnsberg – haben sich dem zweiten Standpunkt angeschlossen: Mittelbare Vorteile „liegen für diejenigen Berufsgruppen vor, die im Zusammenhang mit dem Fremdenverkehr
Dienstleistungsangebote zu Gunsten der unmittelbar Bevorteilten zur Verfügung stellen“;
Anknüpfungspunkt sei – so wird verdeutlichend hinzugefügt – „allein eine Beauftragung
durch unmittelbar Bevorteilte“62.
Letzterem Standpunkt gebührt deshalb der Vorzug, weil das Gesetz in § 11 Abs. 6 Satz 1
KAG mit der Wendung „durch den Fremdenverkehr … wirtschaftliche Vorteile geboten“
offensichtlich nicht auf das Ziel der Leistung (Weiterreichung), sondern auf die Herkunft
der Nachfrage abstellt. Für dieses Kriterium ist es einerlei, ob die erbrachte Leistung an
den unmittelbar bevorteilten Betrieb von dort an den Touristen weitergereicht wird oder
lediglich allgemein den betrieblichen Zwecken des unmittelbar Bevorteilten dient.
Dieses letztere Kriterium der betrieblichen Zwecke des unmittelbar Bevorteilten ist wesentlich für die Abgrenzung insofern, als es – im Gegensatz zu dem vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg vorgeschlagenen Kriterium „im weitesten Sinne zur Aufrechterhaltung des Fremdenverkehrs“ – eine Ausuferung wirksam vermeidet. Denn die
aus den baden-württembergischen Definition gefolgerte Ansicht, Ärzte hätten mittelbare
Vorteile wegen der Behandlung der in der Fremdenverkehrswirtschaft beschäftigten Personen63 geht in die Privatsphäre über, vermag daher die Grenze zu bloß allgemeinen Vorteilen nicht zu markieren, eröffnet vielmehr den Weg über diese Grenze hinweg64.
Diese Grundlagen und Erwägungen führen, neben entsprechender Gestaltung der Betriebsartentabelle (Anlage zur FVBS), zu folgendem § 2 Abs. 2 Satz 3 FVBS-Entwurf:
(2) ... Mittelbar ist die Bedarfsdeckung, sofern die angebotenen Leistungen im Allgemeinen von
unmittelbar bevorteilten Beitragspflichtigen für deren betriebliche Zwecke nachgefragt werden
(mittelbarer Vorteil).
59
VGH Mannheim, Urt. v. 15.01.2009 - 2 S 952/08 -, BWGZ 2009, S. 406 [406] = juris.
OVG Schleswig, Urt. v. 4.10.1995 - 2 L 220/95 -, KStZ 1997, S. 93 [93] = juris Rdnr. 17; Urt. v. 16.6.2004 - 2
LB 76/03 -, juris Rdnr. 38.
61
OVG Schleswig, Urt. v. 4.10.1995 a.a.O., juris Rdnr. 19.
62
VG Arnsberg, Urt. v. 15.12.2006 - 13 K 2577/05 -, juris Rdnr. 35.
60
63
64
VGH Mannheim, Urt. v. 15.1.2009, a.a.O.
VGH München, Urt. v. 24.4.1985 – 4 B 83 A.2649 -, KStZ 1986, S. 38 [38] = juris (nur Leits. 2); OVG Koblenz, Urt. v. 3.6.1980 - 6 A 46/79 -, juris Rdnr. 23; Urt. v. 10.7.1978 - 6 A 77/76 -, KStZ 1979, S. 110
[110/111 u. 113]; vgl. ferner Elmenhorst, Urteilsanmerkung zu VGH Mannheim, Urt. v. 15.01.2009 - 2 S
952/08 -, BWGZ 2009, S. 407 [408].
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Fazit: Aus obigen Punkten 1. und 2. ergibt sich insgesamt folgender Formulierungsvorschlag für § 2 Abs. 2 FVBS-Entwurf:
(2) Besondere wirtschaftliche Vorteile aus dem Fremdenverkehr erwachsen denen, die im Rahmen selbstständiger Erwerbstätigkeit im Gemeindegebiet entgeltliche Leistungen anbieten,
die unmittelbar oder mittelbar der Bedarfsdeckung des Fremdenverkehrs dienen. Unmittelbar
ist die Bedarfsdeckung, sofern die angebotenen Leistungen im Allgemeinen von Touristen
selbst nachgefragt werden (unmittelbarer Vorteil). Mittelbar ist die Bedarfsdeckung, sofern
die angebotenen Leistungen im Allgemeinen von unmittelbar bevorteilten Beitragspflichtigen
für deren betriebliche Zwecke nachgefragt werden (mittelbarer Vorteil).
III. Örtlicher Bezug zum Gemeindegebiet
Eine weitere, im Fremdenverkehrsbeitragsrecht oft streitige Frage 65 ist, unter welchen
Voraussetzungen die eben charakterisierte beitragspflichtige Tätigkeit der gemeindlichen
Gebietshoheit für die FVB-Erhebung unterfällt. Sie ist durch das Gesetz in § 11 Abs. 6
Satz 2 KAG dahingehend geregelt, dass es nicht auf die Lage des Wohn- oder Firmensitzes im Gemeindegebiet ankommt (kein Ansässigkeitsprinzip), dass es vielmehr ausreicht,
dort nur vorübergehend tätig zu sein.
Gleichwohl verlangt die Rechtsprechung seit jeher für das Entstehen von FVBSatzungshoheit über die potentiell Pflichtigen einen „hinreichenden örtlichen Bezug“ 66
bzw. eine „räumliche Beziehung“67 zum Gemeindegebiet. Diese bestehe „insbesondere“68
bzw. „jedenfalls“69 dann, wenn dort eine Betriebsstätte vorhanden ist. Hiervon abstrahierend sehen einige Oberverwaltungsgerichte einen wesentlichen Gesichtspunkt darin, dass
der Betroffene seine Leistungen im Gemeindegebiet anbietet 70 . Ferner hat die Rechtsprechung klargestellt, dass solche Personen, die von einer auswärtigen Betriebsstätte
lediglich in das Gemeindegebiet hineinliefern, nicht der Beitragspflicht unterliegen71.
65
Es handelt sich eigentlich um eine Vorfrage zur beitragspflichtigen Tätigkeit, ist aber ohne Klarheit über
letztere nicht verständlich darzustellen, so dass sie (erst) hier unter III. behandelt wird.
66
OVG Koblenz, Urt. v. 27.6.2003 - 6 A 10170/03 -, UrtAbdr. S. 6 = juris Rdnr. 13.
67
OVG Koblenz, Urt. v. 10.7.1958 - 1 A 35/57 -, KStZ 1958, S. 224 224
68
OVG Koblenz, Urt. v. 10.7.1958, a.a.O. 224
OVG Koblenz, Urt. v. 27.6.2003 - 6 A 10170/03 -, UrtAbdr. S. 7 = juris Rdnr. 13.
70
OVG Koblenz, Urt. v. 27.6.2003 - 6 A 10170/03 -, UrtAbdr. S. 9 = juris Rdnr. 14; ebenso OVG Lüneburg,
Urt. v. 27.1.2003 a.a.O.; Urt. v. 17.3.1997 - 9 K 1912/95 -, NST-N 1997, S. 218 [218]; Beschl. v. 17.1.1990 9 L 262/89 -, KStZ 1991, S. 19.
69
71
OVG Koblenz, Urt. v. 10.7.1958 - 1 A 35/57 -, KStZ 1958, S. 224 224 ; für sonstige Leistungshandlungen:
OVG Lüneburg, Beschl. v. 17.1.1990 - 9 L 262/89 -, KStZ 1991, S. 19; in früherer Zeit bereits VGH München, Entsch. V. 27.7.1939 - 84 II/39 -, RVbl. 1939, S. 828 (in das Gemeindegebiet Bier hineinliefernde
Brauerei).
18
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Damit ist die in Rats- und Ausschusssitzungen immer wieder anzutreffende Frage, ob
denn die auswärtigen, innerhalb des Erhebungsgebietes „wildernden“ Konkurrenten der
ortsansässigen Betriebe (zumeist handelt es sich um Handwerksbetriebe) nicht auch herangezogen werden können, verneint72. Umgekehrt ist damit die Frage, ob solche Umsätze, die auf Leistungen in umliegenden Gemeinden entfallen, aus der Vorteilsbemessung
auszuscheiden sind, bejaht (wobei aber schon hier, vgl. unten D. II. u. III., darauf hinzuweisen ist, dass diese Ausscheidung bereits bei der Satzungsaufstellung, d.h. der Vorteilssatz-Normierung, erfolgt und somit nicht den einzelnen Pflichtigen zum Abzug dieses
Umsatzanteils bei der Umsatzerklärung berechtigt73.)
Für das „Anbieten“ der Leistungen im Gemeindegebiet bedarf es keines Geschäftslokals
mit dort anwesendem Personal, vielmehr werden z. B. Leitungen mit Anschlüssen im
Gemeindegebiet74 für ausreichend erachtet.
Daraus folgt dieser Formulierungsvorschlag für den Satzungstext, der in § 2 wegen Anknüpfung an die zuvor zu definierende beitragspflichtige Tätigkeit (Abs. 2) erst als Absatz
3 hintangestellt werden sollte:
(3) Beitragspflichtig sind auch diejenigen selbständig tätigen natürlichen und juristischen Personen, die ohne im Erhebungsgebiet ihre Wohnung oder ihren Betriebssitz zu haben, vorübergehend in dem Erhebungsgebiet erwerbstätig sind. Die Beitragspflicht bezieht sich auf den
Zeitraum der Tätigkeit.
C. Der Beitragsmaßstab
Das besondere Augenmerk der Begutachtung liegt auf einer Gestaltung des Maßstabs (=
Bemessungsgrundlage) des Fremdenverkehrsbeitrages, die den rechtsstaatlichen Prinzipien der Tatbestandsmäßigkeit und der Gerechtigkeit der Abgabenerhebung Rechnung
trägt. Aus dem Tatbestandsmäßigkeitsprinzip, welches vom Landesgesetzgeber durch § 2
Abs. 1 Satz 2 KAG konkretisiert ist, leitet die Rechtsprechung die Forderung her, dass
„eine Fremdenverkehrsbeitragssatzung … den Vorteilssatz als ein Element des Beitragsmaßstabs … - für jeden Anwendungsfall - konkret festlegt“75. Und aus dem Abgabengerechtigkeitsprinzip hat die Rechtsprechung in den letzten Jahren konkretere Vorstellungen
72
Allenfalls denkbare Ausnahme: Bauausführung im Erhebungsgebiet dauert länger als 6 Monate und fällt
somit unter den Betriebsstättenbegriff gem. § 12 AO, vgl. dazu VGH München, Urt. v. 17.5.1965 - 142 IV.64
-, VGH n.F. Bd. 18, 47 [48]; hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die bayerische Rechtsprechung
nicht auf das „Anbieten“ von Leistungen im Erhebungsgebiet abstellt; es müsste also ein Baustellenschild
mit den Kontaktdaten der dort tätigen Firmen hinzukommen, damit auch hier dem regulären Erfordernis des
Leistungsangebots im Ort entsprochen ist.
73
VG Schleswig, Urt. v. 6.8.2009 - 14 A 134/08 -, n.v., UrtAbdr. S. 6; VG Oldenburg, Beschl. v. 6.1.2005 - 2 B
4002/04 -, www.dbovg.niedersachsen.de; VG Arnsberg, Urt. v. 15.12.2006 - 13 K 2577/05 -, juris Rdnr. 48.
74
OVG Koblenz, Urt. v. 27.6.2003 - 6 A 10170/03 -, UrtAbdr. S. 8 = juris Rdnr. 14; ebenso z.B. für Versorgungsleistungen VG Oldenburg, Urt. v. 22.8.2002 - 2 A 1802/00 -, V.n.b.
75
OVG Münster, Beschl. v. 30.10.1996 - 15 A 262/96 -, KStZ 1997, 219.
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19
dazu entwickelt, welche Bemessungsgrundlage für einen Fremdenverkehrsbeitrag - im
Unterschied zu anderen Bemessungsgrundlagen - die sachgerechte, insbesondere die
vorteilsgerechte ist. Diese, sogleich im Einzelnen darzulegenden Anforderungen haben
Auswirkungen für den Anpassungsbedarf der Hürtgenwalder FVB-Satzung an das aktuell
geltende Recht.
I. Messbetrag für objektive Gewinnmöglichkeit
Die Auswahl eines gerechten Maßstabes hat sich an dem spezifischen Rechtfertigungsgrund des Fremdenverkehrsbeitrages zu orientieren. Dieser Beitrag dient nicht etwa, wie
die Einkommensteuer, der Abschöpfung individueller wirtschaftlicher Leistungskraft der
Abgabepflichtigen76, sondern er dient der Beteiligung am gemeindlichen Aufwand für die
Fremdenverkehrsförderung77. Der rechtfertigende Grund für diese Beteiligung liegt in dem
von § 11 Abs. 6 KAG unwiderleglich unterstellten – vom Bundesverfassungsgericht78 bestätigten – wirtschaftlichen Vorteil aus den dort genannten kommunalen Fremdenverkehrsförderungsmaßnahmen.
Aus dieser Rechtfertigung des Fremdenverkehrsbeitrages dem Grunde nach folgt für die
Wahl eines vorteilsgerechten Beitragsmaßstabes: Anstelle eines Wirklichkeitsmaßstabes
ist ein Wahrscheinlichkeitsmaßstab nicht nur zulässig79, vielmehr kommt sowohl aus Praktikabilitätsgründen als auch aus Gründen der Beitragsgerechtigkeit gar kein anderer als
ein Wahrscheinlichkeitsmaßstab in Betracht80.
Daher wäre ein Maßstab, der anstatt auf die Gewinnmöglichkeit aus dem Fremdenverkehr
auf den tatsächlich daraus erzielten Ertrag abstellt, wegen Verstoßes gegen das Prinzip
der Vorteilsgerechtigkeit (= Beitragsgerechtigkeit) aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz rechtswidrig81.
76
So klarstellend OVG Lüneburg, Urt. v. 13.11.1990 - 9 K 11/89 -, NVwZ-RR 1992, S. 40 [42]; ferner OVG
Schleswig, Beschl. v. 11.1.2005 - 2 LA 129/04 -, n.v., BeschlAbdr. S. 2.
77
Eingehend OVG Koblenz, Urt. v. 24.6.1968 - 6 A 16/68 -, KStZ 1968, S. 244; vgl. bereits Urt. v. 10.7.1958 1 A 35/57 -, KStZ 1958, S. 224.
78
BVerfG, Beschl. v. 26.5.1976 - 2 BvR 995/75 -, BVerfGE S. 42, 223 [227/8].
79
OVG Koblenz, Urt. v. 16.5.1974 - 6 A 8/73 -, KStZ 1974, S. 194 [194]; Urt. v. 10.7.1978 – 6 A 77/76 –, KStZ
1979, S. 110 [111]; Urt. v. 12.11.1986 - 10 C 51/85 -, AS 21, 87; Urt. v. 27.6.2003 – 6 A 10170/03 –, Amtl.
Slg. Bd. 30, S. 370 = juris Rdnr. 21.
80
VGH Mannheim, Urt. v. 6.11.2008 – 2 S 669/07 -, juris Rdnr. 36; Urt. v. 25.8.2003 - 2 S 2192/02 -, juris
Rdnr. 37; OVG Schleswig, seit Urt. v. 23.8.2000 - 2 L 226/98 -, juris Rdnr. 44, ständ. RSpr.; OVG Lüneburg,
Urt. v. 13.12.2006 - 9 KN 180/04 -, juris Rdnr. 47; ebenso bereits Elmenhorst, Die Gemeinde Schl.-Holst.
1998, S. 174 [176, zu Fußn. 26], unter Hinweis auf RSpr. u.a. des OVG Koblenz, Urt. v. 7.11.1991 - 12 A
11369/91 -, KStZ 1992, S. 31 [32] = juris Rdnr. 24 a.E., zu wiederkehrenden Beiträgen.
81
VG Arnsberg, Urt. v. 7.9.2009 - 13 K 2166/08 - (rechtskräftig), juris Rdnr. 26: „Ein Verständnis des Vorteils
dahingehend, dass er nur vorliegt, wenn die erhöhten Gewinne tatsächlich erwirtschaftet werden …, stünde
im Gegensatz zu dieser in der abgabenrechtlichen Rechtsprechung allgemein anerkannten und zuvor dargelegten Begriffsbestimmung des beitragsrechtlichen Vorteils.“; OVG Schleswig, Beschl. v. 13.10.2010 - 2
LA 33/10 -, BeschlAbdr. S. 4: „Gegen die generelle Möglichkeit des Einzelnachweises des Gewinns spricht,
20
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Da diese Erkenntnis sich in der Rechtsprechung erst seit ca. 10 Jahren82 durchgesetzt
hat, konnte sie in dem 1991 herausgegebenen Satzungsmuster des Städte- und Gemeindebundes NRW noch nicht berücksichtigt werden. Die darin vorgeschlagene, aus dem
bayerischen Fremdenverkehrsbeitragsrecht übernommene Lösung, grundsätzlich nach
dem individuell erzielten, mit einem Vorteilssatz (= fremdenverkehrsbedingten Anteil) multiplizierten Gewinn zu bemessen, und daneben als Mindestmaßstab auf den erzielten
Umsatz, multipliziert mit einem festen Mindestgewinnsatz lt. Richtsatzsammlung abzustellen, konnte damals noch als vorteilsgerecht erscheinen. Ob das angesichts der inzwischen ergangenen obergerichtlichen Rechtsprechung der Länder Schleswig-Holstein,
Niedersachsen, Baden-Württemberg (siehe oben zu Fußn. 78) sowie der erstinstanzlichen Rechtsprechung in NRW (siehe oben zu Fußn. 79) immer noch zutreffen kann83, ist
zweifelhaft.
Abgesehen von diesen Zweifeln, die für sich genommen bereits die Rechtssicherheit einer
Satzung erheblich beeinträchtigen, haftet der Bemessung nach erzieltem Gewinn bereits
für sich genommen, von dem Nebenmaßstab sogar noch abgesehen, ein Praktikabilitätsproblem an: Bereits die Bemessung nach dem tatsächlich individuell erzielten Gewinn ist
nicht „stabil“ genug, um im Rahmen der Beitragssatz-Kalkulation im voraus die Summe
aller Maßstabseinheiten veranschlagen zu können, durch die der umzulegende Aufwand
zu dividieren ist. Noch mehr erschwert wird die Veranschlagung der Messbetragssumme,
wenn neben dem primär anzuwendenden Maßstab noch ein Alternativ-Maßstab – Umsatz
x richtsatzmäßig bestimmter Mindestgewinn – gilt. Denn es lässt sich nicht im Voraus einschätzen, für welchen Anteil unter den Pflichtigen der individuelle und für welchen der
richtsatzmäßig pauschalierte Maßstab gelten wird. Dadurch wird die Zuverlässigkeit der
Beitragssatz-Kalkulation, will man eine Berechnungsformel bilden, mit mehreren Unbekannten belastet.
Wenn dann noch, wie bei der bisherigen Hürtgenwalder FVB-Satzung, sogar noch für
eine nicht unerhebliche Gruppe von Beitragspflichtigen ein dritter Maßstab, die Bettenzahl, hinzukommt, somit nicht einmal mehr einheitlich nach einer pecuniären Größe bemessen wird, dann ist die Bildung einer Messbetragssumme bereits systematisch ausgeschlossen, so dass sich ein Beitragssatz nicht einmal im Ansatz errechnen lässt.
Diese völlige Abkoppelung des Beitragsmaßstabs von dem beitragsrechtlichen Kalkulationsgebot für die Beitragssatz-Regelung lässt sich nur vermeiden, indem ein einheitlicher
dass damit … an tatsächlich gezogene Vorteile angeknüpft wird, während nach § … KAG der gebotene Vorteil für die Aufwandsverteilung und Abgabenbemessung maßgeblich ist.“
82
Beginnend mit OVG Schleswig, Urt. v. 23.08.2000 – 2 L 226/98 –, NordÖR 2001, S. 221 [223], unter Hinweis auf Elmenhorst, Die Gemeinde Schl.-Holst. 1998, S. 174 [176].
83
Bejahend, jedoch in offensichtlicher Verkennung der Inkongruenz zwischen primärer Bemessung nach
erzieltem Gewinn und dem Vorteil bereits aus bloßer Gewinnmöglichkeit: OVG Bautzen, Urt. v. 29.1.2003 5 D 11/01 -, juris Rdnr. 68 einerseits / Rdnr. 70 und 64 andererseits; entschieden bejahend, dem Problem
jedoch ausweichend: VGH München Beschl. v. 17.9.2010 - 4 CS 10.1776 -, juris Rdnr. 11.
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21
Maßstab verwendet wird. Als solcher hat sich bundesweit, mit Ausnahme Bayerns, der
gewinn-pauschalierende Umsatzbasis-Maßstab durchgesetzt. Mit ihm wird individuell nur
der erzielte Umsatz gemessen, der mit zwei von vornherein feststehenden Faktoren multipliziert wird: dem betriebsart-typischen fremdenverkehrsbedingen Anteil (sog. Vorteilssatz) und der betriebsart-typischen Gewinnspanne (sog. Gewinnsatz), jeweils in %.
Diese drei Maßstabskomponenten Umsatz x Vorteilsatz x Gewinnsatz lauten satzungstextlich formuliert wie folgt:
§3
Beitragsmaßstab
(1) Der Beitrag wird bemessen nach der vom Fremdenverkehr gebotenen Verdienstmöglichkeit,
ausgedrückt in einem Messbetrag. Der Messbetrag wird errechnet aus der Summe der vereinnahmten Leistungsentgelte aus der beitragspflichtigen Tätigkeit (im Folgenden: Umsatz),
im Falle der Umsatzsteuerpflicht abzüglich erhaltener Umsatzsteuer, multipliziert mit dem
fremdenverkehrsbedingten Anteil (Vorteilssatz, Abs. 3) und dem Gewinnsatz (Abs. 4).
Zu den einzelnen Maßstabskomponenten:
II. Maßstabskomponente Umsatz
In einem ersten Schritt ist, als Ausgangsmaß für den Umfang der Beteiligung am Fremdenverkehr, zunächst die Betriebsgröße des beitragspflichtigen Unternehmens84 zu messen. Dies geschieht, da Naturalmaßstäbe (sog. Realgrößen) wie Betten-, Sitzplätze-, Beschäftigtenzahl usw. wirtschaftlich nicht miteinander kompatibel sind, durch die Erfassung
des individuell erzielten Umsatzes. Mit Rücksicht auf diejenigen, insbesondere Vermieter
von Ferienwohnungen, bei denen der Begriff „Umsatz“ mangels Umsatzsteuerpflichtigkeit
nicht passt, muss alternativ der Begriff „Einnahmen“ hinzugefügt werden.
Ferner müssen Regelungen über die räumliche und zeitliche Erfassung des Umsatzes
getroffen werden.
Zur räumlichen Erfassung: In der Praxis kommt es immer wieder zu der Forderung von
Handwerksbetrieben und anderen auf Bestellung arbeitenden Unternehmen, die innerhalb
des Erhebungsgebietes Betriebssitz und Betriebsstätte haben, dass der auf außerhalb
dieses Gebietes ansässige Auftraggeber entfallende Teil des Umsatzes bereits im Rahmen der Umsatz-Messung abgezogen werden müsse. Diese Forderung beruht offenbar
auf dem vom Umsatzsteuerrecht her – § 3a Abs. 2 u. 3 sowie §§ 3b und 3c UStG – ge-
84
Zu dieser Funktion der Umsatzmessung: VG Schleswig, Urt. v. 6.8.2009 - 14 A 134/08 -, n.v., UrtAbdr. S. 6.
22
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prägten Verständnis, dass Umsatz nur dann „innerhalb“ des Erhebungsgebietes „erzielt“
sei, wenn dort auch die vereinbarte Leistung (Erfüllungshandlung) erbracht werde.
Dieses umsatzsteuerliche, dem sog. Verbrauchsteuercharakter der Umsatzsteuer entsprechende Verständnis ist aber auf den Fremdenverkehrsbeitrag nicht übertragbar. Denn
es passt nicht zu dem oben zu C.III. dargelegten Grundsatz, dass die gemeindliche
Fremdenverkehrsbeitragshoheit an das Angebot von Leistungen im Gemeindegebiet 85
anknüpft. Da die Beitragshoheit noch nicht eingreift, wenn innerhalb des Gemeindegebietes lediglich die Leistungshandlung – also: die Vertragserfüllung – erfolgt, so kann konsequenterweise im umgekehrten Fall, dass die Leistungshandlung außerhalb erfolgt, die
Beitragspflicht nicht entfallen. Das ergibt sich im Übrigen aus § 2 Abs. 2 FVBS-Entwurf,
wonach die Entstehung der FVB-Pflicht bereits durch das bloße Leistungsangebot entsteht. Dass, wie und wo die angebotene Leistung erbracht wird, ist auch deshalb unerheblich, weil das dem Grundsatz widersprechen würde, wonach der Vorteil unabhängig davon
erwächst, ob der einzelne Beitragspflichtige die Möglichkeit zu erhöhtem Verdienst aus
dem Tourismus tatsächlich ausgeschöpft hat (vgl. oben zu I.).
Die Ausscheidung des Umsatzanteils, der auf Leistungshandlungen in der Umgebung des
Gemeindegebietes entfällt, erfolgt sachgerecht erst im Rahmen der VorteilssatzRegelung, weil dort ohnehin sämtlicher nicht tourismusbedingter Umsatz, also auch der
auf Auftraggeber aus Nachbargemeinden entfallende, herausgefiltert wird86 (vgl. unten III.
1. sowie III. 2. b aa).
Aus diesen Gründen empfiehlt es sich, zur Vermeidung unnötiger Rechtsbehelfe einen
klarstellenden Satz in die Umsatzdefinition des § 3 Abs. 2 FVBS aufzunehmen, wonach
es für die Umsatzerzielung innerhalb des Erhebungsgebietes nicht auf die Erfüllungshandlung ankommt.
Was die zeitliche Erfassung des Umsatzes angeht, so besteht wegen der fremdenverkehrsbeitragsrechtlichen Funktion des Umsatzes als Maß für die bloße Betriebsgröße87
des jeweiligen Unternehmens kein zwingendes Erfordernis, den im Erhebungsjahr erzielten Umsatz zu messen. Daher hat die Rechtsprechung anerkannt, dass auch der Umsatz
des Vorjahres oder des Vorvorjahres zugrunde gelegt werden darf88. Das Abstellen auf
85
OVG Lüneburg, Urt. v. 19.1.1990 - 9 L 262/89 -, KStZ 1990, S. 19 (Kutschfahrten: Hindurchfahren genügt
nicht); VG Oldenburg, Beschl. v. 13.7.2004 - 2 B 762/04 -, www.dbovg.niedersachsen.de (WattführerTreffpunkt als Ort des Geschäftsabschlusses mit unmittelbar anschließender Erfüllungshandlung genügt).
86
VG Oldenburg, Beschl. v. 6.1.2005 - 2 B 4002/04 - vgl. ferner Urt. v. 22.8.2002 - 2 A 3244/99 -, beide
veröffentl.: www.dbovg.niedersachsen.de ; VG Schleswig, Urt. v. 6.8.2009 - 14 A 134/08 -,n.v., UrtAbdr. S.
6.
87
VG Schleswig, Urt. v. 6.8.2009 - 14 A 134/08 -, n.v., UrtAbdr. S. 6: „trägt dem Umstand Rechnung, dass die
Maßstabskomponente Umsatz lediglich die Ausgangsbasis der Bemessung der Fremdenverkehrsabgabe
darstellt, nämlich nur in einem ersten Schritt die Betriebsgröße, nicht jedoch bereits vollständig den fremdenverkehrsbedingten Vorteil misst“.
88
OVG Lüneburg, Urt. v. 23.3.2009 – 9 LC 257/07 –, veröffentl.: www.dbovg.niedersachsen.de = juris Rdnr.
38: „Diese Vorteile werden nicht dadurch entscheidend besser ausgedrückt, dass anstelle der umsatzsteu-
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23
den Umsatz der vorvergangenen Jahres hat den entscheidenden Vorteil, dass im Veranlagungsverfahren die eingereichte Umsatzerklärung i.d.R. sogleich mit finanzamtlichen
Unterlagen belegt werden kann, weil nicht – wie zumeist bei der Messung nach dem Vorjahresumsatz – diese Belege gerade „beim Steuerberater“ oder „beim Finanzamt“ sind.
Lediglich für diejenigen Ausnahmefälle, in denen erst im Vorvorjahr, im Vorjahr oder im
laufenden Erhebungsjahr mit der Tätigkeit begonnen wurde, müssen abweichende Regelungen getroffen werden.
Nach alldem wird zu folgender Formulierung des § 3 Abs. 2 geraten:
(2) Als Umsatz im Sinne dieser Satzung gilt der steuerbare Umsatz (ohne Umsatzsteuer) im
Sinne des § 1 des Umsatzsteuergesetzes, bei fehlender Umsatzsteuerpflicht die Summe der
Einnahmen. Im Gemeindegebiet erzielt ist der Umsatz auch, soweit Leistungspflichten außerhalb dieses Gebietes erfüllt werden. Maßgebend ist der Umsatz des vorletzten dem Erhebungsjahr vorausgegangen Kalenderjahres (Vorvorjahres). Abweichend hiervon ist der im
Erhebungsjahr erzielte Umsatz maßgeblich, wenn in diesem Jahr die beitragspflichtige Tätigkeit beendet wird oder begonnen hat. Der Umsatz des Vorjahres des Erhebungsjahres ist
maßgeblich, wenn die beitragspflichtige Tätigkeit in jenem Vorjahr begonnen hat.
III. Maßstabskomponente Vorteilssatz
Die zweite Maßstabskomponente ist der tourismusbedingte Anteil am Umsatz, seit jeher
faustformelartig als „Vorteilssatz“ bezeichnet.
1. Normative Vorteilsschätzung, Typisierung, Pauschalierung
Lt. Rechtsprechung kann der Vorteilssatz, da er die objektive Möglichkeit für alle Beitragspflichtigen gleichmäßig quantifizieren muss, nicht je für den Einzelfall ermittelt, muss
vielmehr generell-abstrakt geschätzt werden89. Bei dieser normativen Vorteilsschätzung
sind die allgemeinen beitragsrechtlichen Grundsätze der Typisierung und Pauschalierung
anzuwenden 90 , wobei dem Satzungsgeber ein weitgehendes, gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbares Einschätzungsermessen zusteht.
Aus diesen Gründen trägt der Satzungsgeber für die Sorgfalt der Schätzung von Vorteilssätzen eine besondere Verantwortung: auf konsequente Systematik und Methodik des
Vorgehens ist zu achten.
erbereinigten Einnahmen des vorvergangenen Jahres auf die tatsächlich erzielten umsatzsteuerbereinigten
Einnahmen des betreffenden Jahres abgestellt wird.“
89
VGH Mannheim, Urt. v. 6.11.2008 - 2 S 669/07 -, juris; OVG Lüneburg, Urt. v. 13.12.2006 - 9 KN 180/04 -,
www.dbovg.niedersachsen.de ; OVG Schleswig, Urt. v. 23.8.2000 - 2 L 226/98 -, juris.
90
OVG Koblenz, Urt. v. 27.6.2003 - 6 A 10170/03 -, Amtl. Slg. Bd. 30, S. 370 = juris Rdnr. 21; Urt. v. 8.9.1998
- 6 A 10809/98 -, n.v., UrtAbdr. S. 7; Urt. v. 10.7.1982 - 10 C 9/82 -, KStZ 1983, S. 116 [118].
24
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Trotz aller Ausgefeiltheit der im Folgenden beschriebenen Schätzungsansätze und ungeachtet der in einigen Berechnungsunterlagen teilweise anzutreffenden prozentpunktgenauen Zahlen sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine Vorteilssatz-Differenzierung grundsätzlich nur in einem Stufenraster von 10%-Stufen91 möglich und sinnvoll ist.
Einer hierüber hinaus gehenden Verfeinerung steht prinzipiell im Wege, dass sich eine
abstrakte und objektive Möglichkeit zur Gewinnerzielung aus dem örtlichen Fremdenverkehr nicht exakt messen lässt92. Eine Verfeinerung kann daher lediglich bei Werten unterhalb der 20%-Marke und nur dann angebracht sein, wenn eindeutige Anhaltspunkte für
nur minimalen tourismusbedingten (oder umgekehrt nicht tourismusbedingten) Anteil vorliegen und es somit in diesen Fällen offensichtlich unbillig wäre, an dem 10%-Raster festzuhalten.
2. Schätzungskriterien und -methoden
Die eingangs genannten beitragsrechtlichen Vorteilsgrundsätze sind beim hiermit erarbeiteten Entwurf der Anlage zur Satzung (Betriebsartentabelle) umgesetzt anhand folgender
Methoden und Kriterien der Schätzung der Vorteilssätze:
a) Ausgangspunkt: örtliche Tourismusquote
Den ersten Ansatzpunkt für die Schätzung bildet die allgemeine örtliche Tourismusquote,
d.h. der Anteil der jährlichen Gästeaufenthalte an der jährlichen Anwesenheit von Personen überhaupt im Erhebungsgebiet93. Sie ist in der Tabelle 1: „Fremdenaufenthalte und
Tourismusquoten …“ dargestellt. Dazu hier kurz folgende Erläuterungen:
Zunächst ist zu unterscheiden zwischen Fremdenübernachtungsquote und Fremdenaufenthaltsquote. Erstere bestimmt den Anteil der Übernachtungen von Fremden (im Sinne
des oben zu C. II. 2.a definierten Fremdenverkehrsbegriffes) an der Gesamtsumme aller
im Ort übernachtenden Personen (dazu sogleich aa), letztere den Anteil der Aufenthalte
von Fremden (im o. g. Sinne) an der Gesamtzahl aller im Ort stattfindenden Personenaufenthalte (dazu anschließend bb).
aa) Fremdenübernachtungsquote (= Tourismusquote I)
91
VG Arnsberg, Urt. v. 7.9.2009 - 13 K 2166/08 u.a. -, V.n.v., UrtAbdr. S. 20.
OVG Lüneburg, Urt. v. 13.11.1990 - 9 K 11/89 -, NVwZ-RR 1992, S. 40 [42, re. Sp. unten]; OVG Schleswig,
Urt. v. 22.12.1999 - 2 L 134/98 -, ZKF 2000, S. 89.
93
OVG Koblenz, Urt. v. 29.03.2000 – 6 A 10086/00 -, ZKF 2001, S. 256 [256]; Urt. v. 8.9.1998 - 6 A 10808/98
-, V.n.b., UrtAbdr. S. 7; ebenso OVG Bautzen, Urt. v. 29.1.2003 - 5 D 11/01 -, juris Rdnr. 74; OVG Schleswig, Urt. v. 16.6.2004 - 2 LB 76/04 -, Die Gemeinde Schl.-Holst. 2005, S. 49 [51].
92
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25
Die vom Landesbetrieb für Information und Technologie NRW ausgewiesene jährliche
Summe der Fremdenübernachtungen (für Unterkunftsbetriebe mit mindestens 9 Betten
einschließl. Camping) zeigte für Hürtgenwald jährliche Schwankungen, die keine bestimmte (auf- oder absteigende) Tendenz erkennen lassen. Daher ist die Tourismusquote
am ehesten mit einer mehrjährigen Mittelwert-Berechnung anstatt mit einer TendenzBerechnung zu ermitteln. Hiernach, d.h. im Durchschnitt der Jahre 2007-2009 und des
vorläufigen Ergebnisses bis einschließl. August 2010, ergibt sich für 2011 eine Prognose
von rd. 46.400 Übernachtungen in Unterkünften mit mindestens 9 Betten, einschließlich
Camping-Übernachtungen. Dem hinzuaddiert wurde betreffend Übernachtungen in Privatunterkünften die aus der diesbezüglich erfassten Bettenzahl und einem Auslastungsgrad von 3/4 des Hürtgenwalder Wertes von 35,7% (lt. Statistik it.nrw) abgeleitete Summe
von 5.900. Daraus ergibt sich eine Prognose der Fremdenübernachtungen in Hürtgenwald
für 2011 i.H.v. insgesamt 52.300.
Deren Anteil an der jährlichen Gesamtsumme aller Personenaufenthalte (2.920.170 Einwohner-Aufenthaltstage + 52.300 Fremdenübernachtungen = 2.972,470), d.h. die örtliche
Fremdenübernachtungsquote, beträgt 1,8% (vgl. Tabelle 1 „Fremdenaufenthalte und Tourismusquoten …“). Diese ist bereits – jedenfalls als Ausgangspunkt (vgl. unten b dd „Touristischer Nachfragegrad“) – von Relevanz für diejenigen Betriebsarten, deren Leistungsangebot den bei „wohnartigem“ Aufenthalt anfallenden Bedarf, z. B. Energie- und Wasserversorgung, Friseur-, evtl. Arztbesuch etc., bedient.
bb) Fremdenaufenthaltsquote (= Tourismusquote II)
Die Fremdenübernachtungsquote bedarf allerdings aufgrund des in Hürtgenwald erheblichen Gewichts des Tagestourismus’ der Ergänzung um ein quotales Maß auch für die
Fremdenaufenthalte ohne Übernachtung. Diese wirken sich wirtschaftlich insbesondere
auf die Umsätze der Gastronomie, der Freizeitdienstleistungen und des Einzelhandels mit
Waren außerhalb des täglichen Bedarfs aus.
(1) Schätzung der Jahressumme von Tagesgastaufenthalten
Da sich Tagesgäste, im Unterschied zu Übernachtungstouristen, nicht im Wege gesetzlicher Meldeverpflichtung erfassen lassen, kann deren Zahl nur anhand örtlich vorhandener, quantifizierbarer Indikatoren geschätzt werden.
Zum einen wurde eine von der Auftraggeberin gelieferte Aufstellung über BesucherZählungen in touristischen Einrichtungen berücksichtigt, zum anderen das Ergebnis einer
Verkehrszählung im Ortsteil Simonskall ausgewertet. Eine Hochrechnung des letzteren
Ergebnisses auf das Gesamtjahr (unter Berücksichtigung von Gewichtungen für Woche-
26
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nend-Tage
und Wochentage,
Schlechtund
Gutwettertage)
Tagesausflüglerzahl von ca. 109.000 allein in dem Ortsteil Simonskall.
ergab
eine
Dieses Ergebnis ist allerdings in zweifacher Hinsicht ergänzungsbedürftig: Zum einen
erfasst es nur die mit Pkw angereisten Touristen, lässt jedoch die mit Sicherheit erhebliche Zahl der per Bus anreisenden Touristengruppen sowie Wanderer unberücksichtigt.
Zum anderen ist mit diesem Ergebnis keine Feststellung über die Anzahl der in die übrigen Gemeindeteile kommenden Tagestouristen getroffen.
Da sich Tagestouristenzählungen zur Ergänzung der festgestellten Teilsumme mit – gemessen am Fremdenverkehrsbeitragsaufkommen – zumutbarem Aufwand nicht bewerkstelligen lassen, musste auf eine vom Deutschen Wirtschaftswissenschaftlichen Institut für
Fremdenverkehr (DWIF), München, für das Reisegebiet Eifel/Ahr ermittelte Zahl zurückgegriffen werden: Hiernach entfallen auf jede statistische (also in Quartieren mit mind. 9
Betten erfolgende!) Fremdenübernachtung (zusätzlich) 6,2 Tagesreisen94. Weil allerdings
Tagesreisen vom DWIF definiert sind als „sowohl solche mit privaten als auch mit beruflich-geschäftlichen Motiven“ 95 , somit den Rahmen des fremdenverkehrsbeitragsrechtlichen Fremdenverkehrsbegriffs (siehe oben C.II.2.a, bb) überschreiten, ist diese Zahl für
die Vorteilssatzermittlung nur unter Abzug eines Anteils für Tagesgeschäftsreisen verwertbar. Abgezogen wurde, da für Hürtgenwald kein hohes TagesgeschäftsreiseAufkommen anzunehmen ist, ein Viertel, so dass ein Faktor von 4,65 Tagesausflügen je
Übernachtung (465%) verblieb.
Aufgrund dieser Berechnung ergab sich ein Aufenthaltsquantum von (46.400 x 4,65 =) rd.
215.800 Einheiten für den Hürtgenwalder Tagestourismus. Addiert man diese Summe zu
den Fremdenübernachtungen (52.300), so ergibt sich für das Jahr 2011 eine Fremdenaufenthalte-Prognose von 268.100 Einheiten. Danach ergibt sich eine Fremdenaufenthaltsquote (Tourismusquote II) von 8,4% für das gesamte Gemeindegebiet.
cc) Differenzierung nach Ortsteilen
Diese Summe aller (Übernachtungs- u. Tagesgast-) Fremdenaufenthalte wurde sodann
für die einzelnen Ortsteile Hürtgenwalds aufgeschlüsselt, ausgehend von den aus dem
Gastgeberverzeichnis, ergänzt durch eine verwaltungsinterne Aufstellung festgestellten
Bettenzahlen. Anhand dieser Bettenzahlen wurden den Ortsteilen Tagestouristenzahlen
auf Basis des vom DWIF veröffentlichten Tagesreisen-je-Fremdenübernachtung-Faktors
6,2 (620%), von dem wegen unterdurchschnittlicher Tourismusintensität im Vergleich zu
der Tourismusregion ein Viertel abgezogen wurde, zugewiesen.
94
95
J. Maschke, Tagesreisen der Deutschen, DWIF-Schriftenreihe Nr. 50 (2005), S. 77.
J. Maschke (DWIF), a.a.O., S. 73.
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27
Hiernach ergaben sich folgende zwei Vorteilszonen mit folgenden Ortsteil-Tourismusquoten:
Vorteilszone:
Ortsteile:
Zone 1
Zone 2
Vossenack und Simonskall
Restliches Gemeindegebiet
FrÜbern.:
Tourism. II:
5,3%
0,5%
23,3%
1,8%
(vgl. Tabelle 1 „Fremdenaufenthalte und Tourismusquoten …“).
b) Differenzierung nach touristischen Wirtschaftsbereichen (Bedarfssparten)
Da der tägliche Bedarf von Touristen im Vergleich zu Einheimischen beträchtliche Unterschiede aufweist96, sind in einem zweiten Schritt die oben errechneten örtlichen Tourismusquoten zu differenzieren nach der Art der nachgefragten Leistungen97. Dabei stehen
in methodischer Hinsicht im Wesentlichen zwei Ansätze zur Verfügung: erstens die Betrachtung von der Nachfrageseite, d.h. vom Bedarf der Gäste aus (dazu zunächst aa, später auch cc und dd), zum anderen von der Leistungsseite, d.h. vom Umsatz der örtlichen
Unternehmen aus (dazu unten bb).
aa) Blickwinkel Nachfrageseite: Gästeausgaben / örtlicher Gesamtumsatz
Eine in der fremdenverkehrsbeitragsrechtlichen Rechtsprechung mehrerer Bundesländer
für geeignet befundene98 Methode zur Vorteilssatz-Ermittlung besteht darin, Ergebnisse
regional durchgeführter Umfragen über die Reiseausgaben der Gäste zu verwerten. Das
Deutsche Wirtschaftswissenschaftliche Institut für Fremdenverkehr (DWIF) in München
führt regelmäßig Befragungen von Touristen über deren Tagesausgaben im Urlaub in
sämtlichen Tourismusregionen Deutschlands durch, und zwar für den Übernachtungstourismus zuletzt im Jahre 2008/999 und für den Tagestourismus im Jahre 2004100. Multipliziert man die hiernach vom DWIF für das Reisegebiet „Eifel mit Umgebung“ angegebe-
96
Beispiel 1: Back- und Konditorwaren konsumiert der Übernachtungstourist wegen der zeitlichen Möglichkeit
zu ausgedehntem Frühstück und Nachmittagskaffee in weitaus größerem Umfang als der Einheimische;
Beispiel 2: Bücher wird der Tourist daheim nur sehr gelegentlich, zumeist eher als Geschenk, kaufen, dagegen durchstöbert er im Urlaub die Buchhandlung ausgiebig; Beispiel 3: Ärzte vor Ort wird der Tourist in
einem kürzeren Urlaub meiden.
97
Vgl. dazu: RhId.-Pf. OVG, Urt. v. 29.3.2000 - 6 A 10086/00 -, ZKF 2001, S. 256 [256]; Lichtenfeld in
Driehaus (Hrsg.), KommAbgR, § 11 Rdnr. 116 c, zu lit. c) und d).
98
OVG Lüneburg, Urt. v. 26.3.2003 – 9 KN 352/02 –, NordÖR 2003, 328 [329 f.]; Urt. v. 13.12.2006 - 9 KN
180/04 -, www.dbovg.niedersachsen.de; ebenso in der Wirtschaftswissenschaft: H. Luft, Rechtfertigungsund Bemessungsgrundlagen zur Kurabgabe, Fremdenverkehrsabgabe und Zweitwohnungssteuer,
Tourismus-Jahrbuch 2000, 76 [87 f].
99
Harrer/Scherr, Ausgaben der Übernachtungsgäste in Deutschland, DWIF-Schriftenreihe Nr. 53 (2010), S.
17.
100
Maschke, Tagesreisen der Deutschen, DWIF-Schriftenreihe Nr. 50 (2005), Anhang 1 Seite III.
28
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nen Tagesausgabenbeträge101, preisindexiert auf das erste Erhebungsjahr der Satzung,
mit der Anzahl der Gastaufenthaltstage (vgl. oben a), so erhält man den – möglichen102 –
touristisch bedingten örtlichen Jahresumsatz. Setzt man diesen zu dem tatsächlich erwirtschafteten Pflichtigen-Gesamtumsatz in Hürtgenwald ins Verhältnis, so bildet sich ein
Prozentsatz für den örtlichen tourismusbedingten Anteil. Ähnlich wie die oben zu a) angesprochene Tourismusquote nach dem Verhältnis der Tagesaufenthalte bildet dieser Prozentsatz ein Ausgangsmaß für die Vorteilssatz-Ermittlung. Dabei berücksichtigt die DWIFGästebefragung insbesondere auch, wofür die Gäste ihr Geld ausgeben, differenziert
nämlich in zweierlei Hinsicht:
- zum einen nach Gästekategorien, d.h. nach Übernachtungs- und Tagesgästen, wobei
innerhalb der Übernachtungsgäste weiter untergliedert wird nach Art der Unterkunft (Hotel-, Pensions-, Ferienwohnungs-, Erholungsheim-Gäste usw.) und innerhalb der Hotelgäste noch weiter nach Preiskategorien103;
- zum anderen nach der Art des täglichen Bedarfs, nämlich: A. Unterkunft, B. Verpflegung
im Gastgewerbe, C. Einkäufe - untergliedert nach Lebensmittel- u. sonstigem Einkauf -,
D. Freizeit/Unterhaltung sowie E. sonstige Dienstleistungen (ferner, im Folgenden wegen untergeordneter Bedeutung für die Gesamtaufteilung ausgeklammert: lokaler
Transport)104;
vgl. zu beidem: anliegende Tabelle 2. „Tagesausgaben der Gäste …“.
Dieser üblichen Kategorisierung entsprechend ist der anliegende Entwurf einer Anlage zur
FVBS (Betriebartentabelle) gegliedert, um die Vorteilsabstufung bereits optisch, anhand
der sachlichen Nähe zum Touristen und seinen täglichen Bedürfnissen, nachvollziehbar
zu machen.
Den somit gebildeten Bedarfssparten A.-E. lassen sich nun bestimmte Bereiche der örtlichen Wirtschaft (im Folgenden bezeichnet als Betriebsartengruppen = BA-Gruppen A.-E.)
gegenüberstellen, die den Gästen ihrem o. g. Bedarf entsprechende Leistungen anbieten,
die also für den unmittelbaren Vorteil im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 2 FVBS-Entwurf i.V.m.
§ 11 Abs. 6 KAG in Betracht kommen.
Aufgrund dieser Gegenüberstellung von Nachfrage und Leistungsangebot ergibt sich aus
den für die Bedarfssparten ermittelten Ausgabensummen der wahrscheinlich direkt mit
Gästen erzielte, jedenfalls im Sinne der „Verdienstmöglichkeiten“-Formel der Recht101
Harrer/Scherr, Übernachtungsgäste, a.a.O. S. 61, ferner S. 78 u. 80; Maschke, Tagesreisen, a.a.O.,
Anhang 1 S. XI.
102
Allein auf die Möglichkeit ist abzustellen, weil es beitragsrechtlich auf den tatsächlich erwirtschafteten Tourismusanteil nicht ankommt, vgl. oben zu 1.
103
Harrer/Scherr, Übernachtungsgäste, a.a.O., S. 17.
104
Harrer/Scherr, Übernachtungsgäste, a.a.O., S. 17; Maschke, Tagesreisen, a.a.O., S. 102.
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29
sprechung erzielbare Umsatz der entsprechenden BA-Gruppen (sog. touristischer Primärumsatz). Setzt man diesen touristischen Primärumsatz der jeweiligen BA-Gruppe zu
ihrem – aus der vorliegenden Pflichtigenliste und aus der Umsatzsteuerstatistik für
Hürtgenwald ersichtlichen – Gesamtumsatz ins Verhältnis, so ergibt sich der (mutmaßliche) Tourismusanteil am Gesamtumsatz dieser BA-Gruppe, siehe zum ganzen: Tabelle 3
„Touristischer Primärumsatz nach Bedarfssparten …“.
Dabei wurden die reisegebietsbezogen ermittelten Ausgabenbeträge des DWIF den örtlichen Verhältnissen in Hürtgenwald bei der Erstellung der Tabelle 2. „Tagesausgaben der
Gäste …“ angepasst wie folgt:
In Bedarfssparte A. „Unterkunft“ wurden die Tagesausgaben aus den veröffentlichten
Übernachtungspreisen des örtlichen Gastgeberverzeichnisses ermittelt.
In Sparte B. „Verpflegung im Gastgewerbe“ wurde der DWIF-Tagesausgabenbetrag bei
den Übernachtungsgästen quotal an das ortsspezifische Übernachtungspreisniveau angepasst.
Wegen Einzelheiten zur nachfrageorientierten Vorteilssatz-Schätzung wird auf die stichwortartigen Anmerkungen in der Tabelle 8 „Erläutungen zu den Einzel-Maßstäben“ verwiesen.
Diese Schätzungsmethode vermag allerdings, ähnlich wie die bereits oben zu aa) (Tourismusquoten) dargestellte, nur grobe Orientierungswerte für die 5 Obergruppen der unmittelbar bevorteilten Betriebsarten (BA-Gruppen) zu liefern, also nicht bereits die Vorteilssätze, sondern lediglich 5 gruppenspezifische Roh-Vorteilssätze. Diese müssen jeweils innerhalb der BA-Gruppen für deren Einzel-Betriebsarten weiter differenziert werden, wobei die im Folgenden beschriebenen Methoden bb) bis dd) anzuwenden sind.
bb) Blickwinkel Leistungsseite: interkommunaler Umsatzvergleich
Eine weitere geeignete Ermittlungsquelle für die Betrachtung von der Leistungsseite aus
besteht in den amtlichen Umsatzsteuerstatistiken105 für die Gemeinde Hürtgenwald einerseits und für Gemeinden mit fehlender bzw. geringer Fremdenverkehrsfunktion106 andererseits. Diese Methode hat sich bereits bei zahlreichen anderen Fremdenverkehrsbeitragssatzungen107 bewährt und ist in der Rechtsprechung als geeignet anerkannt108. Bei
105
Quelle: Landesbetrieb für Information und Technik NRW, Düsseldorf.
106
Gemeint sind Orte, in denen die örtliche Beherbergungswirtschaft weniger als 1% des Umsatzes der örtlichen Wirtschaft insgesamt erzielt.
107
z.B. Bad Sassendorf (NRW), Braunlage (Nds.), Butjadingen (Nds.), Neuharlingersiel (Nds.), Wittmund
(Nds.), Zell/Mosel (R.-P.), Sylt-Ost (S.-H.), Westerland (S.H.), Wyk auf Föhr (S.-H.).
30
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ihrer Anwendung auf den Fall der Gemeinde Hürtgenwald ergab sich im Einzelnen:
Als Vergleichsgemeinden wurden ausgewählt: Aldenhoven (14.056 Ew.), Langerwehe
(14.233 Ew.), Linnich (13.667 Ew.), Niederzier (14.227 Ew.), Swisttal (18.280 Ew.),
Weilerswist (16.341 Ew.).
Aufgrund dieser Einwohnerzahl-Unterschiede werden die vorhandenen Umsatzangaben
für die einzelnen Wirtschaftszweige dergestalt vergleichbar gemacht, dass sie durch die
Einwohnerzahl dividiert werden, sich somit ein bestimmter Umsatzbetrag je Einwohner
ergibt. Der Mittelwert aus den wirtschaftszweig-bezogenen Einwohner-Umsätzen der einzelnen Vergleichsorte bildet den Einwohnerumsatz-Standard des jeweiligen Wirtschaftszweiges. Soweit dieser Standard von dem für Hürtgenwald errechneten Einwohnerumsatz
des betreffenden Wirtschaftszweiges überschritten wird, kann – sofern nicht andere umsatzvergrößernde Faktoren eingreifen – vermutet werden, dass der Überschuss vom Tourismus herrührt (→ Tabelle 5: interkommunaler Umsatzvergleich).
Diese Vermutung muss allerdings nicht bei jedem Wirtschaftszweig (jeder Betriebsart)
dazu führen, den errechneten %-Satz der Standardüberschreitung ohne weiteres als Vorteilssatz zu verwenden. So ist gerade bei solchen Betriebsarten, die in den nichttouristischen Vergleichsorten kaum oder gar nicht vorkommen (z.B. Uhren-/Schmuckgeschäfte), von einem Schwellenwert-Effekt auszugehen: Die eigene Einwohnerzahl jener
Vergleichsorte trägt die Eröffnung und den Betrieb solcher spezialisierten Geschäfte nicht.
Kommen aber Touristen in den Ort, die verstärkt bestimmte Waren des nicht täglichen
Bedarfs nachfragen, so bekommen auch die Einwohner (und diejenigen der Nachbarorte)
dadurch die Gelegenheit, ihren diesbezüglichen Bedarf im eigenen Wohnort zu decken,
anstatt in Zentralorte zu fahren. Es addieren sich somit die Nachfrage der Touristen und
der Einwohner zu einer gemeinsamen Umsatzsteigerung, die erst den hinreichenden Ertrag gewährleistet, um derartige Geschäfte betreiben zu können. – Daher können bei derartigen Geschäften, die in den Vergleichsorten mangels Schwellenwert-Überschreitung
gar nicht vorkommen, mitnichten die evtl. ermittelten 100%, 90% o.ä. als Vorteilssatz zugrunde gelegt werden. Vielmehr müssen solche Ausreißer-Werte in angemessene Nähe
desjenigen Wertes gebracht werden, den der Umsatzvergleich für die betreffende Wirtschaftszweig-Obergruppe ergibt oder der in Anbetracht des Roh-Vorteilssatzes der Betriebsartengruppe noch (von dort aus) erreichbar erscheint.
Als Hemmnis für die Anwendung des interkommunalen Umsatzvergleichs erwies es sich,
dass die vom Landesbetrieb IT-NRW aus Datenschutzgründen vorgenommenen Unkenntlichmachungen beim Umsatz wie auch bei der Betriebe-Anzahl der einzelnen Wirtschaftszweige ein Ausmaß erreicht haben, dass es nur noch für einen Teil der touristi108
OVG Lüneburg, Urt. v. 23.3.2009 - 9 LC 257/07 -, juris Rdnr. 40; im Grundsatz auch: Urt. v. 13.12.2006 - 9
KN 180/04 -; VG Oldenburg, Urt. v. 22.2.2007 - 2 A 2813/05 -; ebenso (im Land NRW) VG Arnsberg, Urt. v.
15.12.2006 - 13 K 2577/05 -.
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schen Bedarfsparten möglich ist, aussagekräftige Vergleichszahlen zu erkennen. Vor allem aber sind die erkennbaren Umsatzstandard-Überschüsse nicht für das gesamte Gemeindegebiet repräsentativ, weil nach Ortsteilen differenziert werden muss.
Aus diesen Gründen ist der Versuch, die nach obiger Methode aa) ermittelten RohVorteilssätze im Wege des interkommunalen Umsatzvergleichs näher zu differenzieren,
im vorliegenden Fall, im Gegensatz zu den Fremdenverkehrsorten mit einheitlicher Tourismusquote, weitgehend misslungen. Der interkommunale Umsatzvergleich kann im Fall
der Gemeinde Hürtgenwald, allenfalls für gemeindegebietseinheitlich zu bewertende Betriebsartengruppen eine Orientierung über den höchstens anzunehmenden Vorteilssatz
geben. Insofern kann dieser unter bb) beschriebenen Ermittlungsmethode im Falle der
Gemeinde Hürtgenwald bestätigende Wirkung für dann aber niedriger anzusetzende Vorteilssätze zukommen. Im Übrigen jedoch können nur noch die beiden folgenden Methoden den Ausschlag geben:
cc) Ermittlung der Sekundär-Umsätze (mittelbarer Vorteil)
Die obigen Darlegungen zu aa) und bb) betreffen die Ermittlung der unmittelbaren Vorteile
vom Fremdenverkehr (§ 2 Abs. 2 Satz 2 FVBS-Entwurf). Sie sind zu ergänzen für die mittelbaren Vorteile (§ 2 Abs. 2 Satz 3 FVBS-Entwurf). Bei ihnen besteht der fremdenverkehrsbedingte Vorteil in der Möglichkeit zur Zulieferung an die unmittelbar bevorteilten
Betriebe, woraus der sog. touristische Sekundärumsatz resultiert. Zu beachten ist dabei,
dass Zulieferung an ihrerseits nur mittelbar bevorteilte Betriebe, z.B. an Handwerksbetriebe, keinen relevanten Vorteil im Sinne des Fremdenverkehrsbeitragsrechts mehr darstellt.
Die Sekundär-Umsätze sind vom Gutachter für typische Gruppen der typischerweise nur
(bzw. in erster Linie) mittelbar bevorteilten Betriebsarten in der Weise ermittelt worden,
dass
- die dafür in Betracht kommenden Betriebsarten bereits bei der Gliederung der Anlage
zur FVB-Satzung sämtlich ausgesondert wurden zu einer Obergruppe F. und
- die Umsätze der unmittelbar bevorteilten BA-Gruppen mit deren Roh-Vorteilssätzen (Tabelle 3), mit statistisch (anhand der oben genannten Kostenstrukturdaten der DATEV
e.G.) ermittelten Zuliefer-Kostensätzen und geschätzten innerörtlichen Zuliefer-Anteilen
multipliziert worden sind (vgl. dazu die Tabelle 4 „Touristische Sekundärumsätze“).
Auf diese Weise ergaben sich Zuliefer-Umsätze, die sodann zu den ermittelten Gesamtumsätzen der betreffenden Sekundär-Betriebsarten der Gruppe F. ins Verhältnis gesetzt
worden sind. Die sich daraus ergebenden Prozentsätze dienen als Grundlage für die Vorteilssatz-Schätzung für die zu dem Betriebsart-Typus gehörenden Betriebsarten.
32
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Wegen Einzelheiten wird wiederum auf die stichwortartigen Anmerkungen in der Tabelle 8
„Erläuterungen zu den Einzel-Maßstäben“ verwiesen.
dd) Touristischer Nachfragegrad auf die Tourismusquote
Sofern die unter aa) bis cc) dargestellten Schätzungsmethoden aus den dort genannten
Gründen nicht zum Erfolg verhelfen, verbleibt nur die Methode, eine der oben zu C.III.2.a)
genannten Tourismusquoten, d.h. je nach Sachnähe zur Betriebsart entweder die Fremdenübernachtungsquote oder die Tourismusquote II (→ Tabelle 1), mit einem touristischen Nachfragegrad zu multiplizieren. Der touristische Nachfragegrad, d.h. der Grad
reduzierter, gleicher oder erhöhter Nachfrage durch einen Touristen im Vergleich zu einem Einheimischen, kann nur nach der Lebenserfahrung, ggf. anhand vorhandener Leitaussagen der Rechtsprechung, geschätzt werden. So besteht lt. Rechtsprechung erfahrungsgemäß z. B. nach Leistungen des Gesundheitswesens vergleichsweise geringe
Nachfrage in Fremdenverkehrsorten ohne Kurortstatus, noch geringere in Orten mit
durchschnittlicher Gästeaufenthaltsdauer von nur wenigen Tagen und noch geringere
Nachfrage in Orten mit überwiegendem Tagestourismus. Umgekehrt ist die Nachfrage
z.B. nach Gaststättenleistungen, Geschenkartikeln, Kioskwaren (Wochenende), Schuhen,
Freizeitdienstleistungen u.v.a.m. bei einem Touristen erfahrungsgemäß höher als bei einem Ortsansässigen. Überhaupt lässt sich für die meisten Betriebsarten des Einzelhandels und der Dienstleistungen empirisch in etwa bestimmen, ob die Nachfrage seitens
eines Touristen diejenige seitens eines Einheimischen unterschreitet, erreicht oder übersteigt und ob die Unterschiede etwa besonders groß sind.
Zusammenfassend zu III.:
Die vorstehenden Ausführungen führen zu folgendem Vorschlag für den Satzungstext:
(3) Der Vorteilssatz bezeichnet für die einzelnen Arten der beitragspflichtigen Tätigkeit den als
auf dem Fremdenverkehr beruhend geltenden Teil des Umsatzes. Er ist in der Anlage 1 zu
dieser Satzung (Betriebsartentabelle) in Spalte 2 bestimmt und unterteilt in Zone 1 und Zone
2.
Zur Zone 1 gehören:
– der in der Anlage 2 zu dieser Satzung kartographisch dargestellte Teil des Ortsteils
Vossenack sowie
– die Ortschaft Simonskall.
Zur Zone 2 zählt das übrige Gemeindegebiet.
Der Entwurf der hier genannten Anlage 1 zur Satzung ist diesem Gutachten ebenfalls als
Anlage beigefügt.
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Es ist allerdings vorsorglich darauf hinzuweisen, dass die Regelung der Vorteilssätze derart augenfällige bzw. augenscheinliche Ungleichbehandlungen enthält, dass sich aus
Sicht der Pflichtigen mit Betriebsstätte in Vorteilszone 1 der Eindruck der Gleichheitswidrigkeit (Verfassungsrechtsverletzung) geradezu aufdrängt; es dürfte der Einwand erhoben
werden, dass nur wenige Pflichtige die Tourismusförderungskosten der gesamten Gemeinde zu tragen hätten. Umgekehrt ist aus Sicht der Pflichtigen mit Betriebsstätte in Vorteilzone 2 mit hoher Wahrscheinlichkeit eine massive Gegenwehr gegen die Heranziehung zu erwarten, weil nach deren Ansicht keinerlei Vorteile vom Tourismus geboten seien, was sich bereits darin zeige, dass nur kleine Teile des Gemeindegebiet als Erholungsort anerkannt sind. Es ist daher mit einem außerordentlich hohen Rechtsbehelfsaufkommen zu rechnen.
Diese mangelnde Akzeptanz ist insbesondere auch mit Blick darauf zu erwarten, dass der
nordrhein-westfälische Gesetzgeber in seinem § 11 Abs. 5 und 6 KAG keinerlei Vorsorge
für Gemeinden mit der besonderen Tourismusstruktur der Gemeinde Hürtgenwald getroffen, an solche Gemeinden augenscheinlich nicht gedacht hat.
Es sollte daher von der Gemeinde Hürtgenwald ernsthaft erwogen werden, die Erhebung
des Fremdenverkehrsbeitrages zu verschieben, bis der Gesetzgeber für derartige Konstellationen eines Punktual-Tourismus’ in einem größeren Gemeindegebiet die erforderliche Klarheit geschaffen hat.
IV. Maßstabskomponente Gewinnsatz
Die Beitragsgerechtigkeit im Hinblick auf den „wirtschaftlichen“ Vorteil verlangt ferner, den
unter den Betriebsarten bestehenden Verschiedenheiten hinsichtlich der Gewinnspanne
Rechnung zu tragen, indem den Maßstabskomponenten Umsatz und Vorteilssatz als dritte Komponente ein %-Satz für die typische Gewinnspanne der jeweiligen Betriebsart, der
sog. Gewinnsatz, hinzugefügt wird109. Typische Gewinnspanne der Betriebsart bedeutet,
dass der konkret erzielte Gewinn des jeweiligen Beitragspflichtigen keine Rolle spielt,
dass also niemand Herabsetzung seines Beitrags verlangen kann, weil er mit seinem Betrieb im Bemessungsjahr keinen bzw. weniger Gewinn erzielt hat als in der Anlage zur
Satzung für seine Betriebsart festgelegt ist110. Denn da der Fremdenverkehrsbeitrag sei109
OVG Koblenz, Urt. v. 12.11.1986 - 10 C 51/85 -, AS 21, 87; OVG Schleswig, Urt. v. 23.8.2000 - 2 L 226/98
-, NordÖR 2001, S. 221 [223].
110
VGH Mannheim, Urt. v. 6.11.2008 - 2 S 669/07 -, ZKF 2009, S. 141 = juris Rdnr. 39; vgl. auch: Bay. VGH,
Urt. v. 29.11.2002 - 4 B 98.1347 -, KStZ 2003, S. 178 [179]; OVG Schleswig, Beschl. v. 9.12.2004 - 2 LA
124/04 -, BeschlAbdr. S. 7/8; Beschl. v. 7.6.2004 - 2 LA 26/04 -, BeschlAbdr. S. 4; VG Sigmaringen, Urt. v.
5.3.2002 - 7 K 690/00 -, UrtAbdr. S. 14; VG München, Urt. v. 9.1.2003 - 10 K 02.953 -, ZKF 2004, S. 137
[138]VG Braunschweig, Urt. v. 22.5.2006 - 8 A 16/06 -, n.v., UrtAbdr. S. 5; Urt. v. 2.3.2004 - 5 A 461/03 -,
n.v., UrtAbdr. S. 9; VG Oldenburg, Urt. v. 22.8.2002 - 2 A 1802/00 -, UrtAbdr. S. 10; VG Stade, Urt. v.
11.11.2004 - 6 A 1776/02 -; vgl. ferner: VG Schleswig, Urt. v. 25.3.2004 - 6 A 207/02 -, UrtAbdr. S. 7; Urt. v.
13.1.2004 - 14 A 248/02 -, UrtAbdr. S. 11; Urt. v. 10.11.2003 - 14 A 430/01 -, UrtAbdr. S. 6/7; Urt. v.
6.11.2003 - 14 A 432/01 -, UrtAbdr. S. 17; Urt. v. 24.6.2003 - 14 A 75/02 -, UrtAbdr. S. 6/7; ebenso, aller-
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nen Rechtfertigungsgrund nicht in dem Prinzip der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit,
sondern in dem der Gegenleistung für gemeindliche Leistungen zugunsten eines besonderen Interessentenkreises hat111, wäre es beitragsrechtlich nicht sachgerecht, die finanzielle Beteiligung an der gemeindlichen Fremdenverkehrswerbung davon abhängig zu
machen, ob der Einzelne die – objektiv bestehende – Gewinnmöglichkeit aus dem örtlichen Tourismus persönlich genutzt hat oder nicht112.
1. Die Reingewinnsätze lt. BMF-Richtsatzsammlung
Angesichts der weitaus überwiegenden Mehrheit aller in Deutschland vorhandenen Fremdenverkehrsabgabesatzungen ist es Standard, den Gewinnsatz aus der Richtsatzsammlung des Bundesfinanzministeriums zu übernehmen.
a) Regelungsform
Das „Übernehmen“ ist in der Vergangenheit vielfach in der Form erfolgt, dass auf die jeweils aktuelle Richtsatzsammlung verwiesen wird, anstatt die Gewinnsätze selbst in die
FVB-Satzung bzw. deren Anlage (Betriebsartentabelle) hineinzuschreiben.
Diese Regelungsform mochte für die Verwaltung den Vorteil haben, dass mangels jeglicher numerischer Auflistung der Gewinnsätze dem Satzungsleser verborgen blieb, wie
viele Betriebsarten in der Richtsatzsammlung nicht erfasst waren und somit aus anderweitigen Quellen mit Gewinnsätzen versehen werden mussten, deren Niveauvergleichbarkeit
mit den Richtsätzen fragwürdig war bzw. fehlte113. Jener „Vorteil“ war allerdings rechtsstaatlich eher ein Nachteil, weil die betroffenen Pflichtigen etwaige Ungereimtheiten und
daraus folgende Gerechtigkeitsmängel infolge fehlenden Ausweises der Gewinnsätze in
der Satzung gar nicht erst erkennen konnten.
Abgesehen von diesem „Informationsverzicht“ der Satzung zu lasten der Pflichtigen haftet
der Verweisung auf die jeweilige Richtsatzsammlung das schon oft realisierte Risiko an,
dass die Verweisungsklausel der Satzung wegen nachträglicher Änderung der Richtsatz-
dings im Rahmen der Beurteilung eines Naturalmaßstabes: OVG Lüneburg, Beschl. v. 11.8.2003 - 9 LA
42/03 -, NordÖR 2003, S. 510 [511] = NVwZ-RR 2004, S. 297 [297].
111
OVG Lüneburg, Urt. v. 13.11.1990 - 9 K 11/89 -, NVwZ-RR 1992, S. 40 [42 re. Sp.].
112
OVG Koblenz, Urt. v. 12.11.1986 - 10 C 51/85 -, AS 21, 87.
113
In der nordrhein-westfälischen Rechtsprechung zutage getreten ist dieses Problem, soweit ersichtlich,
lediglich einmal, nämlich in der Entscheidung zugunsten eines Arztes, wonach die Gemeinde daran erinnert
wurde, dass sie anhand anderer Quellen ermittelter Durchschnittsgewinn dem Richtsatzniveau anzupassen
hat: OVG Koblenz, Urt. v. 7.8.1998 - 6 A 12779/97 -, NVwZ-RR 1999, S. 269 (270).
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Urheberschaft oder -bezeichnung ins Leere führt oder überhaupt Unklarheit über das von
der Verweisung konkret Gemeinte besteht114 und die Satzung damit unwirksam ist.
Aus diesen Gründen ist es in den meisten Bundesländern seit langem selbstverständlich,
die Richtsätze und die aus anderen Quellen ermittelten Gewinnsätze explizit in die Anlage
zur Satzung aufzunehmen. Ein Zwang zur ständigen Anpassung der Anlage zur Satzung
an die jeweils aktuelle Richtsatzsammlung ist damit nicht verbunden115, und zwar schon
deshalb, weil das BMF die Richtsätze erfahrungsgemäß nur in mehrjährigen Abständen
und dann auch nur zu einzelnen ausgewählten Gewerbeklassen ändert.
Auch aus der insoweit einzigen Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts über die Vorteilssätze116, worin sich Ausführungen über die Gewinnsätze nicht finden, ist am ehesten
zu schließen, dass wegen § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG (Mindestinhalt der Satzung u.a. „Maßstab“) die explizite Ausweisung der Gewinnsätze in die Anlage zur FVB-Satzung gehört.
Daher sieht auch der anliegende Satzungsentwurf die ausdrückliche Ausweisung sämtlicher Gewinnsätze vor.
b) Regelungsinhalt
Die aktuellste vom Bundesfinanzministerium veröffentlichte Richtsatzsammlung ist die im
Oktober 2010 erschienene „Richtsatzsammlung 2009“117. Die dort in Spalte 7 als sog.
Reingewinnsätze ausgewiesenen Daten sind in der Rechtsprechung als geeignete Erkenntnisquelle für die Typisierung der Gewinnmöglichkeit anerkannt118.
aa) Richtsatz-Niveau-Auswahl
Die Reingewinnsätze sind jeweils in drei Niveaustufen ausgewiesen: unterer Rahmensatz,
mittlerer Satz und oberer Rahmensatz. Der FVB-Satzungsgeber hat sich für eine dieser
114
VG Neustadt adW., Urt. v. 30.1.2008 - 1 K 28/07 -, n.v., UrtAbdr. S. 9/10: fehlerhaft benannte Urheberschaft („OFD“ statt inzwischen BMF; VG Koblenz, Urt. v. – 2 K 2017/99 -, n.v., UrtAbdr. S. 7: fehlende Bezeichnung der gemeinten Richtsätze mit der Folge freier Schöpfung von Anforderungen durch das Gericht;
OVG Koblenz, Urt. v. 8.9.1998 - 6 A 10809/98 -, n.v., UrtAbdr. S. 6: unklare, unbestimmte Formulierung der
jeweils gemeinten Richtsatzsammlung; Urt. v. 10.7.1982 - 10 C 9/82 -, KStZ 1983, S. 116 [118]: Bedenken
hinsichtlich Bestimmtheit, vom Gericht ausgeräumt; VG Freiburg, Urt. v. 10.2.2008 - 4 K 1123/06 -, juris
Rdnr. 22/23: miss- bzw. unverständliche oder fehlerhafte Formulierung der gemeinten Richtsatz-Art.
115
VGH Mannheim, Urt. v 6.11.2008 - 2 S 669/07 -, ZKF 2009, S. 141 = juris Rdnr. 43: „Der Umstand, dass
die Richtsätze von der Finanzverwaltung jährlich neu herausgegeben werden, während die in der Satzung
der Antragsgegnerin festgesetzten Reingewinnsätze nicht nur für das Jahr 2006, sondern auch für die Folgejahre Gültigkeit beanspruchen, ist ebenfalls unschädlich.“.
116
OVG Münster, Beschl. v. 30.10.1996 - 15 A 262/96 -, KStZ 1997, 219.
117
veröffentlicht in www.bundesfinanzministerium.de.
118
VG Arnsberg, Urt. v. 7.9.2009 – 13 K 2166/08 -, juris Rdnr. 70 m.w.N.; seit OVG Koblenz, Urt. v. 10.7.1982
- 10 C 9/82 -, KStZ 1983, S. 116 [118] ständ. RSpr. aller Obergerichte.
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Niveaustufen zu entscheiden und diese konsequent für sämtliche Betriebsarten beizubehalten119.
In der Praxis besonders bewährt hat es sich, den unteren Rahmensatz zu wählen. Dieser
wird nämlich in der Regel vom tatsächlich erwirtschafteten Betriebsergebnis des jeweiligen Pflichtigen nicht unterschritten. Folglich kommt nur eine minimale Zahl von Pflichtigen
jemals auf den Gedanken, den empfangenen Bescheid mit dem Argument anzufechten,
dass seine Gewinnspanne niedriger sei als die vom Satzungsgeber unterstellte. In den
zahllosen Gerichtsentscheidungen, die sich mit der Rüge unangemessenen Gewinnsatzes befassen120, ging es stets um den Mittelsatz, der vom Pflichtigen als überhöht empfunden wurde und daher Gegenwehr veranlasste. Dass diese Gegenwehr in der Sache
unbegründet ist, wie die Gerichte ausnahmslos attestieren, vermag nichts daran zu ändern, dass zunächst einmal (unnötig) erhöhter Arbeitsaufwand in Verwaltung und Rechtsprechung für die Bearbeitung aussichtsloser Rechtsbehelfe anfiel. – Daher wird angeraten, die Gewinnsätze an den unteren Reingewinnsätzen der Richtsatzsammlung auszurichten.
bb) Zusammenfassung von Richtsätzen
Dabei fragt sich allerdings, ob auch die in der Richtsatzsammlung für viele Gewerbeklassen ausgewiesene Umsatzklassen-Differenzierung mit übernommen werden muss. Die
einzige bekannt gewordene Gerichtsentscheidung, die dies bejaht hat, erging beim Verwaltungsgericht Koblenz, deren vormals zuständige 2. Kammer es beanstandete, dass
die Gemeinde die Umsatzklassen-Differenzierung nicht berücksichtigt hatte 121. Das lag
indes daran, dass die im Fall beurteilte Satzung die Gewinnsätze nicht selbst festlegte,
sondern der Verwaltung deren Schätzung überließ, die dann angeblich anhand der Richtsatzsammlung vorgenommen wurde. Dagegen wurde für eine die Gewinnsätze selbst
festlegende FVB-Satzung kürzlich vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg ausdrücklich gebilligt, dass der Satzungsgeber einer Umsatzklassen-Differenzierung der
Richtsatzsammlung nicht gefolgt ist, sondern einen zwischen den beiden umsatzdifferenzierten Richtsätzen liegenden Gewinnsatz ausweist 122 . In Nordrhein-Westfalen hat das
Verwaltungsgericht Arnsberg ebenfalls die Zusammenfassung der umsatzklassendifferenzierenden Richtsätze zu Mittelwerten gebilligt123. Dieses Recht zur Zusammenfassung von Umsatzklassen gründet sich darauf, dass die Rechtsprechung dem gemeindli119
Vgl. OVG Koblenz, Urt. v. 7.8.1998 - 6 A 12779/97 -, KStZ 2000, S. 19 [20]; OVG Schleswig, Urt. v.
22.12.1999 - 2 L 134/98 -, ZKF 2000, S. 89.
120
OVG Schleswig, Beschl. v. 9.12.2004 - 2 LA 124/04 -, BeschlAbdr. S. 7/8; Beschl. v. 7.6.2004 - 2 LA 26/04
-, BeschlAbdr. S. 4; VG Schleswig, Urt. v. 25.3.2004 - 6 A 207/02 -, UrtAbdr. S. 7; Urt. v. 13.1.2004 - 14 A
248/02 -, UrtAbdr. S. 11; Urt. v. 10.11.2003 - 14 A 430/01 -, UrtAbdr. S. 6/7; Urt. v. 6.11.2003 - 14 A 432/01
-, UrtAbdr. S. 17; Urt. v. 24.6.2003 - 14 A 75/02 -, UrtAbdr. S. 6/7.
121
VG Koblenz, Urt. v. 9.2.2000 - 2 K 2017/99 -, n.v., UrtAbdr. S. 7.
122
VGH Mannheim, Urt. v. 6.11.2008 - 2 S 669/07 -, ZKF 2009, S. 141 = juris Rdnr. 43.
123
VG Arnsberg, Urt. v. 7.9.2009 – 13 K 2166/08 -, juris Rdnr. 76.
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chen Satzungsgebers bereits hinsichtlich der Bildung von Vorteilsgruppen überhaupt ein
Typisierungsermessen einräumt, welches ihm erlaubt, die vorhandenen Betriebe auch
unter Praktikabilitätserwägungen zu Beitragsgruppen zusammenzufassen124.
Abgesehen von dieser Berechtigung der Gemeinden zum Verzicht auf UmsatzklassenDifferenzierung kommt aber folgendes hinzu:
(1) Zum einen führt die Übernahme von Umsatzklassen-Differenzierungen der Richtsätze
zu ganz beträchtlicher Ungleichbehandlung unter den Beitragspflichtigen: So hätten Hotelbetriebe unterhalb der Umsatzklassengrenze von 500 T€, dort bemessen mit 6%igem
Richtsatz, einen höheren Beitrag zu zahlen als diejenigen oberhalb dieser Grenze (mit nur
3%igen Richtsatz). Weil der betreffende Reingewinnsatz oberhalb der Grenze nur halb so
hoch ist wie darunter, ist diese Ungerechtigkeit keine zu vernachlässigende Ausnahme,
sondern betrifft (und belastet) bereits jeden Hotelbetrieb, der mehr als 250 T€ Umsatz
erzielt. Und je näher der Umsatz an die 500-T€-Grenze heranreicht, desto drastischer fällt
die Mehrbelastung im Vergleich zu den Pflichtigen in der höheren Umsatzklasse aus. Diese Ungleichbehandlung lässt sich nicht mit Unvermeidbarkeit als Folge jeder Abstufung
rechtfertigen, weil man ja schließlich auf die Differenzierung verzichten könnte. Ferner ist
zu beachten, dass die Richtsätze dann, wenn sie zur Bildung einer Maßstabsnorm verwendet werden, zweckentfremdet werden. Die Finanzverwaltung sieht die Richtsätze
nicht etwa als Steuermaßstabsnorm – diese besteht nämlich in Form des Einkommensteuergesetzes –, sondern lediglich als Hilfsmittel zur Einzelfall-Schätzung gemäß § 162
AO für den Fall vor, dass sich der Sachverhalt des wirklichen Einkommens nicht aufklären
lässt. Demgegenüber geht es der jeweiligen Fremdenverkehrsgemeinde darum, die
Richtsätze zur Normierung eines Abgabenmaßstabs zu verwenden. Also hat sie, im Unterschied zur Finanzverwaltung bei der Einzelfall-Schätzung, die Verantwortung eines
Normgebers, auf die Vermeidung offensichtlicher Ungerechtigkeiten zu achten. Diese
Aufgabe wird verfehlt, wenn Richtsätze unbesehen zur Norm transformiert werden, obwohl deren normgemäße Anwendung sogar im Regelfall zu erheblichen Ungleichbehandlungen führt.
(2) Zum anderen stellt es einen erheblichen Mehraufwand bei der Veranlagung dar, den
Umsatzklassen-Verästelungen der Richtsatzsammlung folgen zu müssen. Denn die
Pflichtigen haben wegen der eben aufgezeigten Auswirkungen für große Spannen unterhalb der jeweiligen Umsatzklassen-Grenzen ein handfestes Interesse, ihren Beitrag durch
möglichst hohe Umsatzangaben letztlich zu senken. So müssen gerade dann, wenn jemand – wie oft – mehrere Betriebsarten ausübt, beträchtliche, auch den Pflichtigen mit
124
VGH Mannheim, Urt. v. 6.11.2008 - 2 S 669/07 -, ZKF 2009, S. 141 = juris Rdnr. 56: „Der Gemeinde steht
daher sowohl bei der Zusammenfassung bestimmter Branchen zu einer Gruppe als auch bei der Frage,
welche Vorteile diesen Gruppen bei pauschalierender Betrachtungsweise typischerweise zuzurechnen sind,
ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu.“; ebenso: OVG Lüneburg, Urt. v.
23.3.2009 - 9 LC 257/07 -, juris Rdnr. 42 (ständ. RSpr.); OVG Schleswig, Urt. v. 17.3.2008 - 2 LB 40/07 -,
juris Rdnr. 29 (ständ. RSpr.).
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Nachweisarbeit belastende Anstrengungen zur Kontrolle der Angaben unternommen werden, zumal die finanzbehördlichen Umsatzbelege die Aufteilung auf verschiedene Tätigkeitsarten nicht erkennen lassen.
Daher wird vorgeschlagen, grundsätzlich aus den umsatzklassen-verschiedenen Angaben
der Richtsatzsammlung den Mittelwert zu bilden und nur diesen in die Betriebsartentabelle der FVB-Satzung einzustellen. Eine – scheinbare – Ausnahme hiervon sollte man in
Hürtgenwald beim „Einzelhandel mit Waren verschiedener Art, Hauptrichtung Nahrungsmittel“ machen: Hier ist es sachgerecht, die Unterscheidung zwischen dem kleinen bis
mittleren Supermarkt mit bis zu 300 qm Verkaufsraumfläche und dem Verbrauchermarkt
(Discount-Markt) mit 1000 und mehr qm, anhand einer Umsatzklassen-Differenzierung in
der Anlage zur Satzung zu markieren. Hier kommt es nicht zu der oben am Beispiel der
Hotelbetriebe dargestellten strukturellen Ungleichheit der Bemessung. In diesem besonderen Fall kann also ausnahmsweise einmal eine Unterscheidung nach der Umsatzhöhe
vorgenommen werden, andernfalls nach unsicheren, diskussionsbedürftigen Begriffen
„Supermarkt“ / „Verbrauchermarkt“ differenziert werden müsste. Die Grenze sollte hier
allerdings – im Unterschied zu Monschau, wo die Größen- und Lageverhältnisse der Betriebe etwas anders aussehen – nicht bei 400 T€ gesetzt werden, vielmehr sollten die
unteren Reingewinnsätze gemittelt und sodann eine Grenze bei 1 Mio € gesetzt werden,
jenseits derer nicht mehr die Richtsatzsammlung angewandt wird, sondern die unter 2.
dargestellte Ermittlungsquelle.
2. Ergänzende Ermittlungsquellen
Die amtliche Richtsatzsammlung enthält jedoch für etliche in der Satzung zu regelnde
Betriebsarten keine Angaben. Für diese Fälle werden als ergänzende Ermittlungsquelle
die BWA-Vergleiche der Datev e.G., Nürnberg,125 durch die Rechtsprechung für geeignet
befunden126 (aufgelistet in anliegender Tabelle 6: „Betriebsergebnisse lt. BWA-Vergleich,
geordnet nach Wirtschaftszweigen“).
Zu gewährleisten ist allerdings, dass die Gewinnsätze auf wirtschaftlich vergleichbare
Weise ermittelt sind. So wurde es von der Rechtsprechung als gleichheitswidrig beanstandet, wenn für einen Teil der Pflichtigen Durchschnitts-, für einen anderen Teil hingegen Maximalgewinne 127 oder für einen Teil Mindest-, für einen anderen Teil Durchschnittsgewinne zugrunde gelegt wurden128.
125
- des bundesweit führenden, mit den Ertragsstrukturen fast aller existierenden Wirtschaftszweige vertrauten Datenverarbeitungsinstituts der steuerberatenden Berufe 126
VG Schleswig, Urt. v. 6.11.2003 - 14 A 415/01 -, juris Rdnr. 32; Urt. v. 9.11.2004 - 14 A 156/02 -, juris
Rdnr. 51; VG Arnsberg, Urt. v. 15.12.2006 – 13 K 2577/08 -, juris Rdnr. 62/63; Urt. v. 7.9.2009 - 13 K
2166/08 -, juris Rdnr. 76/77; sämtl. Entscheidungen rechtskräftig.
127
OVG Schleswig, Urt. v. 22.12.1999 - 2 L 134/98 -, ZKF 2000, S. 89.
128
OVG Koblenz, Urt. v. 7.8.1998 - 6 A 12779/97 - NVwZ-RR 1999, S. 269 (270).
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Da sowohl die Richtsätze als auch die BWA-Vergleiche nach betriebswirtschaftlichen
Grundsätzen aus den ausgewerteten Gewinn- und Verlustrechnungen ermittelt sind, gibt
es hinsichtlich der grundsätzlichen Vergleichbarkeit beider Ermittlungsquellen keine Zweifel. Allerdings geben die Datev-Gewinnsätze den Durchschnittsgewinn der jeweiligen Betriebsart wieder. Inwieweit das zu Niveauabweichungen zwischen den beiden Ermittlungsquellen führt, ist vom Unterzeichner für die FVB-relevanten Wirtschaftsbereiche seit
1998 fortlaufend berechnet worden: Für diejenigen Wirtschaftszweige, die sowohl in der
Richtsatzsammlung als auch in den BWA-Vergleichen erfasst sind, wurden die in beiden
Quellen genannten %-Sätze in der anliegenden Tabelle 7 („Gewinnsatz-Ermittlungsquellen Niveauvergleich“) gegenübergestellt und ins Verhältnis gesetzt.
Vor dem Hintergrund dieser niveauvergleichenden Feststellungen wurde weitestgehend
auf die unteren Reingewinnsätze der amtlichen Richtsatzsammlung 2008 des Bundesfinanzministeriums (vgl. oben zu 1.) zurückgegriffen. Für die dort nicht erfassten Betriebsarten wurde auf die Werte aus dem Datev-BWA-Vergleich zurückgegriffen und mit dem
für den jeweiligen Wirtschaftsbereich geltenden Umrechnungsfaktor auf das Niveau der
unteren Reingewinnsätze heruntergerechnet.
Einzelheiten zur Gewinnsatzermittlung, insbesondere zu den ausgewählten Ermittlungsquellen, sind wiederum der Tabelle 8 „Erläuterungen zu den Einzelmaßstäben …“ zu entnehmen.
Fazit: Der Satzungstext sollte folgende Verweisung auf die Anlage zur Satzung erhalten:
(4) Der Gewinnsatz drückt die objektive Gewinnmöglichkeit der jeweiligen Betriebsart aus; er ist
für die einzelnen Arten der beitragspflichtigen Tätigkeit in der Anlage 1 zu dieser Satzung (Betriebsartentabelle) bestimmt.
E. Der Beitragssatz
Desweiteren verlangt § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG, eine satzungsmäßige Regelung auch des
Abgaben(hebe)satzes.
Der Beitragssatz ist die Verhältniszahl aus der Division des auf die Beitragspflichtigen
umzulegenden Aufwands(-anteils) durch die Summe aller Maßstabseinheiten (auch sog.
Messbetragssumme)129. Da sich die Zahlen auf Aufwands- wie auf Verteilungsseite (Um129
VGH Mannheim, Urt. v. 11.12.1997 - 2 S 3247/69 -, KStZ 1998, S. 196 [198] = juris ; OVG Lüneburg, Urt.
v. 13.11.1990 - 9 K 11/89 -, NVwZ-RR 1992, S. 40 [43]; OVG Schleswig, Urt. v. 23.8.2000 - 2 L 226/98 -,
NordÖR 2001, S. 221 [224] = juris; so offensichtlich auch OVG Koblenz, Urt. v. 14.2.1995 - 6 C 11810/94 -:
„Da beim Kurbeitrag die Zahl der Maßstabseinheiten (hier: die Anzahl der Übernachtungen) zum Zeitpunkt
der Festlegung des Beitragssatzes nicht feststeht, ist die Höhe des Beitragssatzes jedenfalls dann nicht zu
beanstanden, wenn das aufgrund der Schätzung der Maßstabseinheiten erwartete Beitragsaufkommen den
beitragsfähigen Aufwand nicht übersteigt.“.
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sätze der Pflichtigen) ständig ändern, muss die Verhältnisrechnung für jedes Erhebungsjahr neu durchgeführt werden. Dadurch dürfte sich der zulässige Beitragssatz regelmäßig
von Jahr zu Jahr ändern. Er ist zu reduzieren, wenn die Umsätze höher ausfallen als veranschlagt, und ist zu erhöhen, wenn die Umsätze niedriger ausfallen als veranschlagt.
Ein alljährliches Ändern der FVB-Satzung kann nur dadurch vermieden werden, dass der
Beitragssatz in einer anderweitigen, jährlichen Satzung, entweder in der Haushaltssatzung oder in einer gesonderten Satzung über die Festlegung des Hebesatzes für den
Fremdenverkehrbeitrag, geregelt wird und dass in § 4 FVBS auf diese anderweitige Satzung – mit exakter Bezeichnung derselben – verwiesen wird. Das allerdings ist eine Lösung, die mit Blick auf eine mögliche enge, absolut betrachtende Auslegung des § 2 Abs.
1 Satz 2 KAG („Die Satzung muss … den Satz der Abgabe … angeben.“) als zu risikoreich im Hinblick auf die Wirksamkeit der Satzung insgesamt betrachtet werden muss (vgl.
bereits obige Ausführungen zu GldPkt. B. II.). Es wird daher angeraten, den Beitragssatz
in § 4 selbst zu beziffern.
Hinweis: Wichtig für die Rechtswirksamkeit der Beitragssatz-Regelung ist, dass mit dem
Beschluss des Satzungsgebers über die Beitragskalkulation festgelegt wird, für welches
Jahr bzw. für welche Jahre diese Kalkulation gelten soll denn andernfalls lässt sich der
Beitragssatz nicht im Hinblick auf das Kostenüberschreitungsverbot überprüfen130.
Im Rahmen der Aufwandskalkulation für die Beitragssatz-Ermittlung ist darauf zu achten,
dass dem Gemeinderat, bevor er die hiermit entworfene Satzung oder den jährlichen Beitragssatz (§ 4) beschließt, mit der Beschlussvorlage eine nach Kostenstellen und Kostenarten gegliederte Aufstellung des veranschlagten Aufwands vorgelegt wird. Denn es
muss, wie bereits oben zu GldPkt. B. I. dargelegt, nach wohl herrschender Auffassung in
der Rechtsprechung der Aufwand so aufgeschlüsselt sein, dass sowohl durch den Satzungsgeber im Rahmen seiner Ermessensausübung als auch evtl. später durch überprüfende Gerichte die Angemessenheit und Zweckgeeignetheit der Aufwendungen – zumindest ungefähr – eingeschätzt werden kann131.
Ferner sollte zur Information der Verwaltung, des Gemeinderates, der Pflichtigen sowie
der rechtsüberprüfenden Funktionsträger in Rechtsbehelfsverfahren, die in der Rechtsprechung entwickelte, eingangs (zweiter Absatz) zitierte Grundregel für die Berechnung
des Beitragssatzes in der Satzung festgelegt werden.
Nach alldem wird für die Bestimmung über den Beitragssatz folgender Wortlaut vorgeschlagen:
130
Die Nichtbeachtung dieser Selbstverständlichkeit hat in einer (rechtskräftigen) Entscheidung des VG Oldenburg, Urt. v. 22.6.2006 - 2 A 3746/02 -, www.dbovg.niedersachsen.de, zur Nichtigerklärung der Satzung
geführt.
131
VGH Mannheim, Urt. v. 4.12.2003 - 2 S 2669/02 -, ZKF 2005, 20 = juris Rdnr. 32-38; OVG Lüneburg, Urt.
v. 27.1.2003 - 9 LB 287/02 -, NordÖR 2003, S. 420 [421, li. Sp. Mitte].
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41
§4
Beitragssatz
Der Fremdenverkehrsbeitrag wird nach einem Vomhundertsatz vom nach § 3 Abs. 1 ermittelten
Messbetrag bemessen. Dieser Vomhundertsatz (Beitragssatz) ist durch Division der Aufwandsdeckungssumme durch die veranschlagte Summe der Messbeträge aller Beitragspflichtigen
errechnet. Er beträgt __%.
F. Übrige Regelungen
Wegen der zahlreichen weiteren Regelungen betreffend Schuldentstehung, Fälligkeit,
Veranlagungsverfahren usw. wird auf die anliegende synoptische Übersicht „FVBSatzung, bisherige Fassung / Gutachter-Entwurf d. FVB-Satzung ab 01.01.2011“ mit den
darin enthaltenen ausführlichen Erläuterungen verwiesen.
Die Satzung sollte nach der von der Auftraggeberin geäußerten Absicht zum 1.1.2011 in
Kraft treten. Für den Fall, dass es erst nach diesem Zeitpunkt zur Bekanntmachung eines
Satzungsbeschlusses kommen sollte, sei vorsorglich auf folgendes hingewiesen:
Die Zulässigkeit rückwirkender Inkraftsetzung einer Fremdenverkehrsbeitragssatzung
hängt wesentlich davon ab, ob das Vertrauen der Betroffenen in darin, dass an ihre Erwerbstätigkeit in der Zeit vor Bekanntmachung der neuen Satzung keine neuen Beitragszahlungspflichten geknüpft werden, schutzwürdig ist 132 . Nach der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts ist das Vertrauen mit Blick auf die Abwälzbarkeit der Beitragslast auf die Kundschaft jedenfalls dann schutzwürdig, wenn die neue Satzung die Fremdenverkehrsbeitragspflicht überhaupt erst einführt und das Jahr, für das erstmals die Beitragspflicht eingeführt wird, bei Bekanntgabe der Satzung schon vorbei ist133. Umgekehrt
ist ein Vertrauen aber dann nicht schutzwürdig, wenn bereits eine Beitragspflicht bestanden hat und lediglich eine neue FVB-Satzung an die Stelle der bisherigen tritt134.
Das Vertrauen der Betroffenen auf einen Fortbestand der bisherigen Rechtslage ist insbesondere dann nicht schutzwürdig, vielmehr ist eine rückwirkende Satzungsänderung
gerechtfertigt, wenn die bisherige FVB-Satzung mit ernsthaften Wirksamkeitszweifeln behaftet ist135.
132
BVerwG, Urt. v. 26.2.2003 - 9 CN 2.02 -, ZKF 2003, S.216; Urt. v. 15.3.1983 - 8 B 152/82 -, juris Rdnr.5.
BVerwG, Urt. v. 26.2.2003 - 9 CN 2.02 -, ZKF 2003, S. 216.
134
BVerwG, Urt. v. 15.3.1983 - 8 B 152/82 -, juris Rdnr.5.
135
OVG Koblenz, Urt. 3.6.1980 - 6 A 46/79 -, juris Rdnr. 20; vgl. ferner (für Straßenausbaubeitrag) OVG Koblenz, Urt. v. 12.6.2007 - 6 A 10323/07 -, KStZ 2008, S. 33 = juris Rdnr. 22; jeweils mit Hinw. auf: BVerwG,
28.11.1975 - IV C 45.74 -, KStZ 1976, S. 191 = juris Rdnr. 22.
133
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Ob die Zulässigkeit einer rückwirkenden FVB-Satzung auch eine Erhöhung der Beitragslast umfasst, ist vom Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich offen gelassen136 und von
der nordrhein-westfälischen Rechtsprechung noch nicht behandelt worden. Der nordrheinwestfälische Gesetzgeber hat die Möglichkeit rückwirkender Erhöhung offen gelassen,
indem er auf ein Schlechterstellungsverbot, wie es in § 2 der Kommunalabgabengesetze
z.B. von Schleswig-Holstein (für jeden Individualfall) und Niedersachsen (für das Gesamtaufkommen) vorkommt, bisher verzichtet hat. Für die Beantwortung dürfte, orientiert man
sich an der letzten einschlägigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, eine
wichtige Rolle spielen, ob die Zeitspanne von der Bekanntgabe der neuen Satzung bis zur
Entstehung der Beitragsschuld am 31.12.2011 noch hinreichend Spielraum belässt, um
den Preis für die jeweils angebotenen Leistungen der Beitragspflichtigen an die höhere
Beitragslast anzupassen137. Diese Möglichkeit ist jedenfalls dann noch gegeben, wenn die
Hauptsaison des Tourismus’ in Hürtgenwald bei Bekanntgabe der neuen Satzung noch
bevorsteht. Denn es darf nicht außer Acht gelassen werden, dass selbst in denjenigen
Bundesländern, die sich für gesetzliche Schlechterstellungsverbote entschieden haben,
jede Gemeinde die Möglichkeit hat, das zur Aufwandsdeckung erforderliche Mehraufkommen durch entsprechend verstärkte Beitragserhöhung für die noch verbleibenden
Monate des Jahres zu erzielen.
G. Ergebnis
Die vorstehende Begutachtung hat eine nach Dafürhalten des Unterzeichners zulässige
Gestaltung einer Fremdenverkehrsbeitragssatzung ergeben.
Es verbleibt allerdings ein erheblicher Zweifel, ob es der Gemeinde Hürtgenwald empfohlen werden kann, die entworfene Satzung tatsächlich dem Gemeinderat zum Beschluss
vorzulegen. Eine Gemeinde mit derart punktuellem Tourismusschwerpunkt und dermaßen
geringer Fremdenübernachtungsquote hat unter einem Kommunalabgabengesetz, welches für Fälle nur teilweiser Anerkennung nicht ausdrücklich eine Beschränkbarkeit des
Erhebungsgebietes vorsieht, nicht das für eine (noch) wirtschaftliche Abgabenerhebung
erforderliche Mindestmaß an Akzeptanz unter den Beitragspflichtigen zu erwarten. Die
Verhältnismäßigkeitsabwägung legt auch deshalb den (derzeitigen) Verzicht auf den
Fremdenverkehrsbeitrag nahe, weil ohnehin nur eine Deckungssumme von ca. 35.000 €
beabsichtigt ist:
Zum steht eine solche Deckungssumme in keinem angemessenen Verhältnis zu der Anzahl der Beitragspflichtigen in dem außerordentlich tourismusschwachen Gebiet der Vor-
136
BVerwG, Urt. v. 15.3.1983 - 8 B 152/82 -, juris Rdnr.5.
Vgl. BVerwG, Urt. v. 26.2.2003 - 9 CN 2.02 -, ZKF 2003, S. 216 [217]: hier war das entscheidende Argument für die Unzulässigkeit der Rückwirkung, dass diese Möglichkeit der Preiskalkulation bereits verstrichen
war.
137
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43
teilszone 2. Die Aufstellung aller potentiell Beitragspflichtigen lässt nach den vorbereiteten
Berechnungen anhand des entworfenen Beitragsmaßstabs lediglich für ca. 70 Pflichtige
eine Beitragsschuld erwarten, die den Verwaltungsaufwand je Veranlagungsfall nennenswert überschreitet. Für die weitaus überwiegende Mehrzahl von ca. 350 Pflichtigen (es
werden aber noch wesentlich mehr sein, weil bislang die zwingend heranzuziehenden
Vermieter/Verpächter von Geschäftsräumen noch nicht personell erfasst sind) ist indes
eine sehr geringe Beitragsschuld zu erwarten. Es würde im Streitfalle mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit von Verwaltungsgerichten nicht akzeptiert werden, würde
man diesen „Löwenanteil“ der Beitragspflichtigen dadurch aus dem Veranlagungsverfahren ausscheiden, indem man die Bagatellgrenze des § 13 Abs. 1 KAG anwendet, unterhalb derer von der Beitragsfestsetzung abgesehen werden darf. Hier könnte nämlich seitens der Gerichte die Grundsatzklausel angewandt werden, wonach der Verzicht unzulässig sein kann.
Zum andere ist eine Deckungssumme in der beabsichtigten Größenordnung aber auch
erfahrungsgemäß sehr schnell bereits durch den Verwaltungsaufwand konsumiert, wenn
allein die Erklärung des Umsatzes seitens der Pflichtigen mangels Akzeptanz der Beitragserhebung nur gegen Widerstände durchgesetzt werden kann. Dann müssen, nach
erfolgloser Anmahnung der Abgabe der Umsatzerklärung, Schätzungen vorgenommen
werden, die wiederum Klageverfahren provozieren, bei denen es dann teilweise auch um
die Angemessenheit der Schätzung als solche – abgesehen von der Frage der Rechtmäßigkeit der satzungsrechtlichen Grundlagen für den Beitragsbescheid – geht.
Nach alldem wird vorgeschlagen, die FVB-Satzung nebst Anlage (Betriebsartentabelle) in
dem Wortlaut des anliegenden Entwurfs (erst) dann zu beschließen, wenn der Gesetzgeber durch eine Ergänzung des Gesetzes, wie sie z.B. in Niedersachsen (§ 9 Abs. 4
NKAG) vorgenommen wurde, die Rahmenbedingungen für eine Beschränkung des Erhebungsgebietes oder überhaupt für einen Ermessensspielraum des Satzungsgebers zur
Gestaltung des Erhebungsgebietes geschaffen hat. (Dann könnte insbesondere erwogen
werden, die Vorteilszone 2 (§ 3 Abs. 3 FVB-S-Entwurf) entfallen zu lassen.)
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RA R. Elmenhorst · Fachanwalt für Verwaltungsrecht · Bochum
Erneuerung der Fremdenverkehrsbeitragssatzung in der Gemeinde Hürtgenwald
Erklärung:
Das vorstehende Gutachten ist nach bestem Wissen und Gewissen, nach dem Stand der
bis einschließlich Oktober 2010 veröffentlichten bzw. beim Gutachter archivierten unveröffentlichten Rechtsprechung angefertigt worden. Das von der Auftraggeberin vorgelegte
Datenmaterial hinsichtlich der Übernachtungszahlen und hinsichtlich der von den Abgabepflichtigen gemeldeten Umsätze ist ohne eigene Prüfung in tatsächlicher Hinsicht, lediglich unter Plausibilitätskontrolle, durch den Gutachter zugrunde gelegt und eingearbeitet worden.
Bochum, den 29. November 2010
(Elmenhorst)
Rechtsanwalt