Daten
Kommune
Kreis Euskirchen
Größe
93 kB
Datum
16.11.2017
Erstellt
10.11.17, 12:01
Aktualisiert
10.11.17, 12:01
Stichworte
Inhalt der Datei
Kreis Euskirchen
Der Landrat
Z 1/F 37/2017
Datum: 06.11.2017
Angemessene Kosten der Unterkunft im Kreis Euskirchen
hier: Anfrage der Fraktion DIE LINKE
Zu den gestellten Fragen wird wie folgt Stellung genommen:
1. Nach welchen Maßgaben und unter Einbeziehung welcher Faktoren erfolgt die Ermittlung der
maximalen Höhe der angemessenen Unterkunftskosten im Kreis Euskirchen? Auf welche
Daten greift die Verwaltung zurück, sofern in der Kommune kein qualifizierter Mietspiegel
vorliegt? In welchen zeitlichen Abständen werden die Werte aktualisiert?
Die derzeit geltenden Angemessenheitswerte für die kreisangehörigen Kommunen des
Kreises Euskirchen wurden nach einer entsprechenden Auswertung zum 01.07.2017
angepasst. Zuvor erfolgte eine Anpassung 2009 und 2012, die Beträge im Bereich Wohngeld
wurden vom Gesetzgeber im Vergleich dazu 2009 und 2016 angepasst.
Der Träger der Sozialhilfe hat dazu seinerseits einen Auftrag zur Datenauswertung und erhebung an IT NRW erteilt und darum gebeten, für jede Kommune im Kreis Euskirchen alle
vorhandenen Wohngeldfälle hinsichtlich der tatsächlich zu zahlenden Kaltmieten (Grundmiete
plus Nebenkosten, jedoch ohne Heizkosten) auszuwerten und zu ermitteln. Die Auswertung
enthält kommunenscharf und nach Wohnungsgrößen gestaffelte Kaltmietpreise.
Da diese Auswertung von IT NRW aber nicht die alleinige Grundlage für eine angemessene
Referenzmiete sein sollte, wurden zusätzlich alle im Kreisgebiet vorhandenen Mietspiegel in
die Beurteilung der angemessenen Wohnungsmiete einbezogen. Alle von den
kreisangehörigen Städten und Gemeinden (ohne Mitwirkung des Sozialhilfeträgers) erstellten
Mietspiegel beziehen sich auf frei finanzierten Wohnraum und wurden in Zusammenarbeit mit
dem Haus- und Eigentümerverein und dem Mieterverein erstellt, so dass es sich hierbei um
eine relativ verlässliche und objektive Wiedergabe der Mietensituation in den
kreisangehörigen Kommunen handelt.
Bei der Festlegung der angemessenen Wohnungsmieten ab dem 01.07.2017 hat der
Sozialhilfeträger Altbauwohnungen, die bis 1975 bezugsfertig wurden und Wohnungen mit
schlechter Ausstattung (= ohne Heizung, mit Bad/WC oder mit Heizung ohne Bad) völlig
unberücksichtigt gelassen und aus den Werten der Gruppen III und IV für Wohnraum mittlerer
Wohnlagen für jede Wohnungsgröße Durchschnittsmietpreise errechnet. Die hierin
enthaltenen Werte weisen die m²-Miete (kalt ohne Nebenkosten und ohne Heizung aus).
Die ermittelten Durchschnittsmieten werden vom Sozialhilfeträger hinsichtlich der
Mietpreisentwicklungen im Kreisgebiet ergänzend anhand der Wohnungsangebote in der
Tagespresse, den Wochenblättern etc. aber auch anhand von Angeboten im Internet
kontinuierlich beobachtet. Ferner werden die vorhandenen Mietspiegel ebenfalls anhand der
Mietpreisentwicklung am Wohnungsmarkt durch die Kommunen bei Bedarf angepasst.
Sofern kein qualifizierter Mietspiegel vorlag, wurden die Werte anhand der übrigen o. g.
Kriterien ermittelt. Dadurch wurden auch die Mietsteigerungen der letzten Jahre entsprechend
berücksichtigt
-22. Verfügt der Kreis über ein sog. Schlüssiges Konzept i. S. d. Forderung der Sozialgerichte zur
Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft? Wenn ja, wie lautet es?
Der Kreis Euskirchen hat bislang aus Kostengründen und aufgrund des weiterhin
bestehenden Prozessrisikos auf die externe Beauftragung eines schlüssigen Konzeptes
verzichtet, da selbst diese vor Gericht oftmals nicht anerkannt werden. Stattdessen dienten
die unter 1. dargestellten Ausführungen als Grundlage für eine entsprechende Vorlage an die
Sozialgerichte, deren Entscheidungen dann auch stark von der jeweiligen Kammer abhängig
waren. Der Landkreistag hat hierzu aktuell mitgeteilt, dass die Länder eine ASMKArbeitsgruppe eingesetzt haben, die Eckpunkte für eine gesetzliche Änderung erarbeiten soll
und an der auch der Deutsche Landkreistag ebenfalls beteiligt ist. Leitgedanke sei dabei ein
deutlicher Zuwachs an Rechtssicherheit kommunaler (schlüssiger) Konzepte sowie eine
Verwaltungsvereinfachung dieser sehr komplexen und anspruchsvollen Materie. Vor diesem
Hintergrund macht aus Sicht der Verwaltung eine Beauftragung zur Erstellung eines
schlüssigen Konzeptes zum jetzigen Zeitpunkt keinen Sinn.
3. Wie beurteilt der Kreis vor diesem Hintergrund Berichte wie z. B. den LEGWohnungsmarktreport NRW, der im Kreis Euskirchen in den letzten Jahren die höchste
durchschnittliche Mietsteigerung aller Landkreise in NRW ausgemacht hat und in Weilerswist
und Euskirchen auf Spitzenwerte von 6,91 €/ qm bzw. 6,40 €/ qm bei den Angebotsmieten
kommt? Wie fließen solche Erkenntnisse bei der Anpassung der angemessenen Kosten der
Unterkunft mit ein?
Da dem Träger der Sozialhilfe die Mietsteigerungen der letzten Jahre bewußt waren, wurden
die Werte im Sommer 2017 neu angepasst. Die neuen Werte der Angemessenheitsgrenzen
für einen Einpersonenhaushalt liegen lediglich in Weilerswist und Euskirchen unter den im
LEG-Wohnungsmarktreport NRW (LEG = Immobilienunternehmen als AG in Düsseldorf)
veröffentlichen Werten. In allen anderen Kommunen liegen die Werte des Kreises darüber
oder ganz marginal um 1-2 Cent darunter.
Zu berücksichtigen ist zudem, dass in die Berechnung der Angemessenheitswerte des Kreises
unter Einbeziehung der Mietspiegel lediglich Wohnungen und Häuser ab dem Baujahr 1976
berücksichtigt wurden und insofern ältere, günstigere Immobilien, die einen niedrigeren Wert
zur Folge hätten nicht einbezogen wurden. Insbesondere in der Gemeinde Weilerswist sind
durch große Baugebiete neue Wohnungen und Häuser entstanden, die sich auch in den
Werten des LEG-Wohnungsmarktreportes NRW widerspiegeln, jedoch für Empfänger von
Sozialleistungen aufgrund der gesetzlichen Vorschriften durchweg nicht in Frage kommen.
Jedoch sind diese Immobilien für Pendler sehr interessant, da Weilerswist aufgrund der guten
Verkehrsanbindung mittlerweile zum Speckgürtel von Köln zählt und diese Personen dann
auch bereit sind, hier entsprechend höhere Mieten zu zahlen.
4. Welche Chancen sieht die Verwaltung unter diesen Bedingungen insbesondere in den
Kommunen mit hohen Durchschnittsmieten für AsylbewerberInnen und anerkannte
Flüchtlinge, aus den Flüchtlingsunterkünften in eigenen Wohnraum zu gelangen?
Zunächst ist festzustellen, dass die Angemessenheitswerte gleichermaßen für alle Personen
gelten, unabhängig von deren „Status“ (Asylbewerber*innen, anerkannte Flüchtlinge,
Deutsche, etc.). Letztlich hängt die Chancengleichheit jedoch ausschließlich vom Vermieter ab,
so dass die Angemessenheitswerte nur einen Faktor darstellen - die Zurückhaltung
insbesondere privater Vermieter gegenüber Asylbewerber*innen und Flüchtlingen (vor allen
Dingen bei männlichen Einzelpersonen) bildet einen weiteren. Erschwerend kommt hinzu, dass
es aufgrund der jeweiligen Mietstufen (Wohngeld) für Investoren derzeit – wenn überhaupt –
nur noch in Euskirchen und Weilerswist lohnenswert ist, entsprechende Wohnungen zu
errichten und zur Verfügung zu stellen. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass auch für
-3Menschen, die keine Sozialleistungen beziehen, feststellbar ist, dass derzeit insbesondere für
Einzelpersonen Wohnraum schwer erhältlich ist und nur sehr begrenzt zur Verfügung steht.
Insofern würde eine weitere Erhöhung der Angemessenheitswerte nicht zwingend eine
Verbesserung dieses Zustandes bewirken, jedoch zu einer Situation führen, in der
möglicherweise Empfänger von Sozialleistungen viel eher eine Wohnung beziehen könnten als
ein geringverdienender Arbeitnehmer. Da diese Thematik auch in der Sozialkonferenz Anfang
November besprochen wurde und hier von den Kommunen keine nennenswerten Probleme
gemeldet wurden (es wurde sogar geäußert, dass der o. g. Personenkreis zum Teil lieber in
der Gemeinschaftsunterkunft verbleiben möchte statt eine eigene Wohnung zu beziehen, vor
allem wenn die Alternative kein zentral gelegener Wohnort ist) und auch der Fachaufsicht des
Kreises diesbezüglich keine anderen Erkenntnisse hat, sind die aktuellen Werte zur
Angemessenheit für Wohnraum im Kreis Euskirchen kein maßgebliches Hindernis, in Bezug
auf die Möglichkeit des o.g. Personenkreises eigenen Wohnraum zu beziehen.
5. In wie vielen Fällen wurden LeistungsempfängerInnen im Kreis in den letzten vier Jahre
aufgefordert, ihre Kosten der Unterkunft zu senken, weil ihre Mietkosten nicht (mehr) den
Richtwerten zur Angemessenheit der Unterkunftskosten entsprachen? Die Fragesteller bitten
jeweils um eine einzelne Auflistung für die Jahre 2013-2016.
Eine entsprechende Rückfrage beim Jobcenter hat ergeben, dass hierzu keine belastbaren
Zahlen mitgeteilt werden können, da das entsprechende IT-System ALLEGRO der
Bundesagentur für Arbeit keine Kennzeichnung für Kostensenkungsverfahren vorsieht und
insofern eine Auswertung nicht möglich sei. Hierzu müsste sodann jede einzelne Leistungsakte
angesehen werden. Die gleiche Rückmeldung erfolgte von Seiten der Kommunen für den
wesentlich geringeren Anteil im Bereich SGB XII.
gez. i.V. Poth