Daten
Kommune
Kreis Euskirchen
Größe
142 kB
Datum
12.07.2017
Erstellt
10.07.17, 16:01
Aktualisiert
10.07.17, 16:01
Stichworte
Inhalt der Datei
Kreis Euskirchen
Der Landrat
Z 1 / R 9/2017
Datum: 07.07.2017
Keine Abschiebungen nach Afghanistan
hier: Resolution der Fraktion DIE LINKE
Im Kreis Euskirchen halten sich derzeit 294 afghanische Staatsangehörige auf, von denen 149
Personen im laufenden Asylverfahren, 124 Personen im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis und
21 Personen im Besitz einer Duldung sind.
Der überwiegende Teil der sich hier aufhaltenden afghanischen Staatsangehörigen reiste zur
Beantragung von Asyl nach Deutschland ein. Die Prüfung und Entscheidung über die gestellten
Asylanträge obliegt dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), an dessen
Entscheidung die Ausländerbehörde gemäß § 42 Asylgesetz (AsylG) gebunden ist. Erfolgt
durch das BAMF oder im gerichtlichen Überprüfungsverfahren keine Anerkennung als Flüchtling
oder subsidiär Schutzberechtigter und wird auch kein Abschiebungshindernis bezüglich des
Herkunftsstaates festgestellt, sind die Betroffenen ausreisepflichtig und müssen Deutschland
verlassen.
Nach Abschluss des Asylverfahrens ist die Ausländerbehörde für den Vollzug der
Bundesamtsentscheidung zuständig, wobei sie hierbei, da es sich um eine Pflichtaufgabe zur
Erfüllung nach Weisung handelt, an die geltende Erlasslage gebunden ist. Kommen die
Betroffenen der Ausreiseaufforderung des BAMF freiwillig nicht nach, sind sie gemäß § 58 Abs.
1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) abzuschieben. Im Rahmen dieses Verfahrens wird durch die
Ausländerbehörde geprüft, ob unabhängig vom Asylverfahren Gründe für ein weiteres
Aufenthaltsrecht gegeben sind (z.B. § 25 a bei gut integrierten Jugendlichen, § 25 b bei
nachhaltiger Integration, § 60 a Abs. 2 AufenthG bei Ausbildung). Des Weiteren ist eine
Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 AufenthG zu prüfen.
25 AufenthG – Aufenthalt aus humanitären Gründen
(1) - (3) …
(4) 1Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis
erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende
weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. 2Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert
werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine
außergewöhnliche Härte bedeuten würde.
(4a) - (4b) …
(5) 1Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus
rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu
rechnen ist. 2Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. 3Eine
-2Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. 4Ein Verschulden des
Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder
zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.
Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach Ermessen setzt für die hier betroffene Gruppe der
vollziehbar Ausreisepflichteigen gemäß Absatz 5 voraus, dass die Ausreise aus rechtlichen oder
tatsächlichen Gründen unmöglich ist, mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer
Zeit nicht zu rechnen und der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Darüber
hinaus müssen die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 5 AufenthG (u.a.
Sicherung des Lebensunterhalts, geklärte Identität, Erfüllung der Passpflicht) erfüllt sein. Die
Erteilung der Aufenthaltserlaubnis kommt nur in Betracht, wenn der Ausländer nicht ausreisen
kann. Dabei umfasst der Begriff der Ausreise sowohl die zwangsweise Rückführung als auch
die freiwillige Ausreise. Es ist daher unerheblich, ob eine zwangsweise Rückführung unmöglich
ist, z.B. weil eine Begleitung durch Sicherheitsbeamte nicht durchgeführt werden kann, wenn
der Ausländer freiwillig in den Herkunftsstaat oder in einen anderen aufnahmebereiten Staat
ausreisen könnte.
Die Unmöglichkeit aus tatsächlichen Gründen betrifft z.B. Fälle der Reiseunfähigkeit,
unverschuldeter Passlosigkeit und unterbrochener oder fehlender Verkehrsverbindungen. § 25
Absatz 5 Satz 3 und 4 stellen sicher, dass eine Aufenthaltserlaubnis nur erteilt wird, wenn
positiv festgestellt ist, dass der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Von
einem Verschulden ist regelmäßig dann auszugehen, wenn der Ausländer über seine Identität
oder Nationalität täuscht, oder wenn er zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der
Ausreisehindernisse,
beispielsweise
die
Mitwirkung
bei
der
Beschaffung
von
Heimreisedokumenten (Zeichnung einer so genannten Freiwilligkeitserklärung, Vorlage der
erforderlichen Fotos) nicht erfüllt. Auch soweit das Ausreisehindernis darauf beruht, dass der
Ausländer erforderliche Angaben verweigert hat, ist dies von ihm zu vertreten und schließt die
Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus.
Die Unmöglichkeit der Ausreise aus rechtlichen Gründen umfasst inlandsbezogene
Ausreisehindernisse, beispielsweise bei Vorliegen einer körperlichen oder psychischen
Erkrankung, wenn die ernsthafte Gefahr besteht, dass sich der Gesundheitszustand des
Ausländers durch die Ausreise als solche, also unabhängig von den spezifischen Verhältnissen
im Abschiebestaat, erheblich verschlechtert. Eine dem Ausländer wegen der spezifischen
Verhältnisse
im
Herkunftsland
drohende
Gefahr
einer
wesentlichen
Gesundheitsverschlechterung, der nicht durch eine geeignete Behandlung begegnet werden
kann, fällt i.d.R. nicht in den Anwendungsbereich des § 25 Absatz 5, sondern ist bei der Prüfung
zielstaatsbezogener Abschiebungsverbote nach § 60 AufenthG zu berücksichtigen und im
Asylverfahrens zu prüfen.
Wenn die Tatbestandsvoraussetzungen grundsätzlich vorliegen, hat die Ausländerbehörde bei
der Ausübung des Ermessens ausgehend von der Zielvorgabe des § 1 Absatz 1 AufenthG u.a.
folgende Kriterien heranzuziehen:
-
die Dauer des Aufenthalts in Deutschland,
die Integration des Ausländers in den Arbeitsmarkt durch den Nachweis eines
Beschäftigungsverhältnisses
die Integration in die Lebensverhältnisse, wobei abhängig von der Dauer des Aufenthalts
in Deutschland zumindest einfache Deutschkenntnisse vorausgesetzt werden können.
-3-
Liegen die Voraussetzungen nicht vor, kann eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5
AufenthG nicht erteilt werden und die Betroffenen werden weiter geduldet, bis das Ausreiseoder Abschiebungshindernis beseitigt ist oder sich die Sachlage zu Gunsten der Betroffenen
verändert hat.
Derzeit halten sich im Kreis Euskirchen keine afghanischen Staatsangehörigen auf, bei denen
die Voraussetzungen für eine Abschiebung gegeben sind. Bei den 21 geduldeten Personen
kann eine Rückführung wegen ungeklärter Identität bzw. geltend gemachter Reiseunfähigkeit
wegen Erkrankung derzeit nicht erfolgen.
Ferner ist festzustellen, dass Abschiebungen nach Afghanistan in der Vergangenheit nicht als
Einzelmaßnahme durch die jeweilige Ausländerbehörde veranlasst, sondern zentral bundesweit
durch das Bundesinnenministerium und die jeweiligen Landesinnenministerien koordiniert und
durchgeführt wurden. Seitens des MIK wurde dementsprechend die Ausländerbehörde
aufgefordert, alle vollziehbar ausreisepflichtigen afghanischen Staatsangehörigen, bei denen
keine persönlichen Ausreise- oder Abschiebungshindernisse vorliegen, zu melden Die weitere
Vorbereitung und Durchführung der Abschiebungen erfolgte danach durch das MIK. Seitens der
Ausländerbehörde des Kreises Euskirchen wurden vier Personen gemeldet. Hiervon wurden
drei Personen abgeschoben, während eine Person sich der Abschiebung durch Flucht entzog
und seither untergetaucht ist. Derzeit erfolgen keine Abschiebungen nach Afghanistan. Es
liegen hier keine Erkenntnisse darüber vor, ob zukünftig weitere Abschiebungen erfolgen
werden.
gez. Rosenke