Daten
Kommune
Kreis Euskirchen
Größe
83 kB
Datum
22.03.2017
Erstellt
21.03.17, 17:03
Aktualisiert
21.03.17, 17:03
Stichworte
Inhalt der Datei
Kreis Euskirchen
Der Landrat
Z 1/ F 34/2017
Datum: 17.03.2017
Erkenntnisse über Aktivität von Reichsbürgern im Kreis Euskirchen
hier: Anfrage der Fraktion DIE LINKE
Zu den Fragen der Fraktion DIE LINKE vom 06.02.2017 wird wie folgt Stellung genommen:
1. Welche Erkenntnisse hat die Verwaltung über Anzahl und Verbreitung von Reichsbürgern im
Kreisgebiet?
Derzeit sind im Kreisgebiet 44 „Reichsbürger“ bekannt.
Diese Personen stellen öffentlich oder bei ihren Kontakten mit staatlichen oder kommunalen
Ämtern und Behörden die Behauptung auf, dass das Deutsche Reich mit seinen Grenzen von
1937 weiterhin bestehe und somit die Bundesrepublik Deutschland und ihre Institutionen
weder existierten noch eine rechtliche Legitimation hätten. Gestützt werden ihre Anträge auf
im Internet kursierende Musterformulare und „Abhandlungen“.
Inhaltlich kann man die sog. "Reichsbürger" in drei Gruppen unterteilen:
- Verschwörungstheoretiker
- Rechtsextremisten
- Personen, die nach Argumenten suchen, ihre finanziellen Verpflichtungen gegenüber dem
Staat zu bestreiten.
Bezeichnend ist u.a., dass dieser Personenkreis die Bundesrepublik Deutschland und ihre
Rechtsordnung immer (und nur) dann ablehnt bzw. negiert, wenn für sie belastende oder
einschränkende Regelungen im Raum stehen. Begünstigende Regelungen der
Rechtsordnung, wie z.B. die Gewährung öffentlicher Leistungen zur Sicherung des eigenen
Lebensunterhalts, werden hingegen in Anspruch genommen.
Hier fielen die „Reichsbürger“ z.B. dadurch auf, dass Kfz-Kennzeichen manipuliert wurden
(Europaflagge durch die Reichsflagge schwarz-weiß-rot ersetzt) und selbst erstellte
„Ausweise“ vorgelegt wurden. Auch werden vermehrt Anträge auf Feststellung der
Staatsangehörigkeit gestellt, die hier regelmäßig dahingehend beschieden werden, dass nac h
Prüfung und Vorliegen der deutschen Staatsangehörigkeit ein entsprechender Ausweis
(Feststellung der Staatsangehörigkeit nach dem Staatsangehörigkeitsgesetz in der Fassung
vom 11.10.2016) beschieden wird. Klagen gegen die Feststellung der „bundesrepublikanisch“
deutschen Staatsangehörigkeit wurden bisher nicht erhoben.
Auch im Bereich des Jobcenters sind diese Personen in 5 Fällen durch entsprechende
Äußerungen in Erscheinung getreten. So wurde z.B. in Bewerbungen bei der
Staatsangehörigkeit „Deutsches Reich“ angegeben.
Daneben gehen hier vermehrt umfängliche Schreiben ein, die etwa folgenden Absender
tragen:
-2„Deutsches Reich des seit 1871 existierenden Staatenbundes Deutsches Reich innerhalb der
Reichsgrenzen 2 Tage vor Ausbruch des 1. Weltkriegs und für den Freistaat Preußen im
Rechtsstand vom 18. Juli 1932 wiederhergestellte Handlungsfähigkeit seit 3. Oktober 2015
gemäß völkerrechtskonformer Reorganisation der Gliederstaaten“
2.
Kam es im Umgang mit entsprechenden Personen bereits zu Problemen bei Polizei oder
anderen Behörden?
Probleme, insbesondere verbale oder tätliche Übergriffen, wurden bisher nicht registriert.
3.
Was ist der Verwaltung über die Vernetzung mit anderen Gruppierungen und Parteien
bekannt?
Hinweise auf eine Vernetzung oder den Aufbau fester Strukturen liegen hier nicht vor.
4.
Beim Amtsgericht in Euskirchen gelten bei Personen, die dieser Gruppe zugerechnet werden,
spezielle Sicherheitsverfahren. Existieren solche Regelungen bei Stellen des Kreises und dem
Jobcenter auch?
Die Kolleginnen und Kollegen der Kreisverwaltung wie auch des Jobcenters wurden bezüglich
des Umgangs mit Personen, die dem Kreis der „Reichsbürger“ zugeordnet werden können,
sensibilisiert. Dazu gehört insbesondere, dass Gespräche mit diesen Personen grundsätzlich
nur in Gegenwart eines weiteren Kollegen bzw. einer weiteren Kollegin geführt werden.
Hierbei steht neben der Problematik einer möglichen Gefährdung auch die Frage der
Beweisführung über das Gesagte im Vordergrund.
Daneben wurde mit der Polizei ein gegenseitiger Informationsaustausch vereinbart, so dass
sicherheitsrelevante Erkenntnisse im Sinne einer wirksamen Prävention ausgetauscht werden
können. Ferner erfolgt eine Information des Ministeriums für Inneres und Kommunales des
Landes NRW (MIK), so dass durch die Meldung der einzelnen Behörden eine großräumige
Datensammlung aufgebaut werden kann und nach Analyse der Erkenntnisse entsprechende
Maßnahmen ergriffen werden können.
Weitergehende Maßnahmen wurden bisher noch nicht ergriffen.
gez. i.V. Poth