Daten
Kommune
Kreis Euskirchen
Größe
52 kB
Datum
14.12.2016
Erstellt
18.11.16, 09:01
Aktualisiert
18.11.16, 09:01
Stichworte
Inhalt der Datei
KREIS EUSKIRCHEN
Euskirchen, 03.11.2016
Kreishaus, Jülicher Ring 32
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Telefon-Durchwahl (0 22 51) 15-3 00
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Der Landrat
Herrn/Frau
MdB
Abgeordnetenbüro
Deutscher Bundestag
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11011 Berlin
Herrn/Frau
MdL
Landtag Nordrhein-Westfalen
Postfach 10 11 43
40002 Düsseldorf
Änderung des Unterhaltsvorschussgesetzes (UVG)
Sehr geehrte
,
im Rahmen der Einigung der Regierungschefinnen und Regierungschefs bei der
Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen vom 14.10.2016 ist bekanntlich zwischen
Bund und Ländern u. a. vereinbart worden, beim Unterhaltsvorschuss bereits ab dem
01.01.2017 die Altersgrenze von 12 auf 18 Jahre anzuheben und die Befristung der
Bezugsdauer (derzeit: 72 Monate bzw. 6 Jahre) aufzuheben. Allerdings bestehe zu den
finanziellen Belastungen der Länder noch Beratungsbedarf mit dem Bund.
Eine Änderung des UVG mit einer Ausweitung von Altersgrenzen und Bezugsdauer hätte
erhebliche Fallzahlenausweitungen zur Folge, die auch die Personal- und Raumressourcen
des Kreises Euskirchen massiv betreffen würden. Das Fraunhofer-Institut erwartet, dass die
aktuelle Zahl der UVG-Leistungsbezieher bundesweit von rund 450.000 um 260.000 Fälle
ansteigen wird. Der Landkreistag NRW geht nach den Rückmeldungen aus der
Mitgliedschaft für Nordrhein-Westfalen mindestens von einer Verdoppelung der Fallzahlen
aus. Eigene Abschätzungen meines Kreisjugendamtes stützen ebenfalls die Annahmen des
Landkreistages: der Kreis Euskirchen geht von einer Fallzahlenerhöhung um 112% aus.
Die kommunalen Spitzenverbände lehnen eine solche „Stehgreif“-Reform des Unterhaltsvorschussgesetzes (UVG) vor diesem Hintergrund und ohne jedes Vorliegen einer validen
Kostenfolgenabschätzung, die Rückschlüsse zur Wirkung auf alle drei Ebenen des
Staatsaufbaus zulässt, richtigerweise ab.
-2-
Drei Punkte möchte ich besonders ansprechen:
I. Administrative Herausforderungen
Angesichts der Kurzfristigkeit werden die zu bewältigenden administrativen Herausforderungen, die mit der geplanten Umsetzung des UVG einhergehen, kaum zu bewältigen
sein. Die extrem kurzfristige Umsetzung der Änderung des UVG bereits zum 1. Januar 2017
ist weder personell noch organisatorisch unproblematisch möglich.
Wenn – wie geplant – nicht nur der Bezugszeitraum verdreifacht, sondern auch die Altersgrenze von 12 auf 18 Jahre angehoben werden sollte, führt dies automatisch zu einem
massiven kurzfristigen Anstieg der Leistungsanträge. Da das Gesetz frühestens Mitte
Dezember 2016 verabschiedet werden kann, ist eine ordnungsgemäße und bürgerfreundliche Vorbereitung für die Kommunen faktisch ausgeschlossen. Dabei ist neben dem
Problem des zusätzlich erforderlichen Personals sowie der für die Bearbeitung erforderlichen
Räumlichkeiten auch darauf hinzuweisen, dass es auch an den notwendigen technischen
Voraussetzungen für die Bearbeitung, insbesondere auf die neue Rechtslage angepasste
Software, fehlt.
Eine Umsetzung zum 01.01.2017 würde daher automatisch zu Frustration bei Antragstellern
und Öffentlichkeit führen. Ich denke, dies kann weder im Sinne der Bundes- noch der
Landespolitik liegen.
II. Finanzielle Auswirkungen auf die Kommunen
Angesichts der erheblichen Fallzahlsteigerungen gibt es noch erheblichen Klärungsbedarf
bei den finanziellen Folgewirkungen der beabsichtigten Änderungen des UVG. Das
Fraunhofer-Institut schätzt, dass den Mehrbelastungen im UVG in Höhe von 790 Mio. Euro
p.a. Einsparungen bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) in Höhe von 690 Mio.
Euro entgegenstehen. Allerdings profitiert der Bund von diesen Verschiebungen weit
überproportional. Die Kommunen tragen einen erheblichen Teil der Leistungsausgaben und
die gesamten – nicht bezifferten – Verwaltungskosten im UVG. Es muss daher sichergestellt
werden, dass die finanzielle Zusatzbelastung der Kommunen vollständig ausgeglichen wird.
Eine Ausweitung des Anspruchs auf Unterhaltsvorschuss hätte eine deutliche weitere
Belastung vor allem für die Kommunen aus Nordrhein-Westfalen zur Folge: nach § 8 Abs. 1
UVG werden die Kosten der Unterhaltsvorschussgewährung zu 33 % vom Bund und zu 66
% von den Ländern getragen, wobei das Gesetz eine angemessene Aufteilung der nicht vom
Bund zu zahlenden Geldleistungen auf Länder und Gemeinden in die Befugnis der Länder
legt. Das Gesetz zur Ausführung des Unterhaltsvorschussgesetzes NRW regelt, dass die
Kommunen in Nordrhein-Westfalen mit 80 % des Landesanteils den höchsten Anteil bundesweit tragen. Die Mehrbelastungen, die vorliegend zu erwarten wären, würden dabei allein in
Nordrhein-Westfalen schon bei der sehr zurückhaltenden Annahme einer Verdopplung des
Aufwands eine dreistellige Millionenhöhe erreichen.
III. Ausweitung bestehender Doppelstrukturen von SGB II- und UVG-Leistungsbezug
Ich möchte auch eindringlich auf die Grundsatzfrage hinweisen, ob die bestehende
Doppelbürokratie durch das Nebeneinander von Leistungsansprüchen im SGB II und im
UVG noch sinnvoll und zeitgemäß ist. Eine aktuelle Studie des Statistischen Bundesamtes
hat ergeben, dass 87 Prozent der derzeitigen Leistungsbezieher nach UVG auch SGB IILeistungen erhalten. Diese Leistungen werden von den Jobcentern und den UVG-Stellen
miteinander verrechnet. Die Familien haben hierdurch keinerlei finanzielle Vorteile.
-3Es ist dringend notwendig, einen Leistungsausschluss im UVG einzuführen bei
gleichzeitigem SGB II-Leistungsbezug. Dadurch würde der bürokratische Aufwand erheblich
minimiert und die leistungsberechtigten Familien erhielten ihre Unterstützung aus einer
Hand. Mit der jetzt geplanten Änderung des UVG würde jedoch die allseits kritisierte
Doppelbürokratie (siehe Bundesrechnungshof, Bericht nach § 99 BHO vom 17.07.2012)
ausgeweitet.
Ich möchte Sie bitten, sich für die Kommunen im Kreis Euskirchen dahingehend einzusetzen,
dass
• eine etwaige UVG-Erweiterung nicht bereits mit einem Schnellschuss zum 01.01.2017
eingeführt wird,
• dafür Sorge getragen wird, dass es zu keinen finanziellen Mehrbelastungen für die
Kommunen kommt, und
• die Beschäftigung mit dem UVG zum Anlass genommen wird, die unnötige
Doppelbürokratie an der Überschneidung UVG/SGB II zu beseitigen.
Für Ihre Mühen danke ich Ihnen im Voraus.
Mit freundlichen Grüßen
gez. Rosenke
(Rosenke)
Verteiler:
MdB Detlef Seif
MdB Helga Kühn-Mengel
MdL Klaus Voussem
MdL Rolf Seel
MdL Dr. Ingo Wolf
MdL Gudrun Zentis