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Info GB (Zwischenbericht der TH Köln)

Daten

Kommune
Kreis Euskirchen
Größe
823 kB
Datum
22.09.2016
Erstellt
13.09.16, 10:01
Aktualisiert
13.09.16, 10:01

Inhalt der Datei

Forschungsschwerpunkt Nonformale Bildung Demografischer Wandel versus Jugendarbeit im ländlichen Raum? Zukunftsfähige Konzepte für die Jugendarbeit Bericht der wissenschaftlichen Begleitung der ersten Projektphase verfasst von Dipl.-Soz.Päd. Nils Wenzler, M.A. Zijad Naddaf, B.A. Projektleitung Prof. Dr. Andreas Thimmel Köln, Juli 2016 Zitation: Wenzler, Nils/ Naddaf, Zijad (2016): Demografischer Wandel versus Jugendarbeit im ländlichen Raum? Zukunftsfähige Konzepte für die Jugendarbeit. Bericht der wissenschaftlichen Begleitung für den Kreis Euskirchen. Schriftenreihe des Forschungsschwerpunkts Nonformale Bildung. Köln Autoren: Nils Wenzler (Dipl.-Soz.Päd., M.A. ), Zijad Naddaf (B.A.) Unter Mitarbeit von: Yasmine Chehata (Dipl.-Soz.Arb. M.A.), Stefan Schäfer (M.A.) Projektleitung: Prof. Dr. Andreas Thimmel (andreas.thimmel@th-koeln.de) Auftraggeber: Kreis Euskirchen, Abteilung Jugend und Familie 2 Inhalt 1. Einleitung - Projektkontext ............................................................................................................. 4 2. Praxisforschung und wissenschaftliche Begleitung....................................................................... 5 3. Forschungsdesign ........................................................................................................................... 6 3.1 Ausgangspunkt und Forschungsfrage ..................................................................................... 6 3.2 Forschungsmethode ................................................................................................................. 9 3.3 Forschungsprozess .................................................................................................................. 10 4. Demografischer Wandel, OKJA und Lebensbewältigung ........................................................... 12 4.1 Demografischer Wandel und Konzeptentwicklung in der OKJA .......................................... 12 4.2 Offene Kinder- und Jugendarbeit und non-formale Bildung ................................................ 15 4.3 Lebensbewältigung als theoretischer Zugang zur Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen ................................................................................................................................. 16 5. Ergebnisse der Jugendbefragung................................................................................................. 18 5.1 Allgemeine Informationen zu den befragten Jugendlichen und soziodemografische Daten ........................................................................................................................................................ 18 5.2 Freizeitorte, Freizeitaktivitäten und soziale Bezüge .............................................................. 20 5.3 Schulferien und Urlaub ........................................................................................................... 26 5.4 Mobilität ................................................................................................................................... 27 5.5 Handlungsfähigkeit (Agency) ................................................................................................. 28 5.6 Wünsche und Interessen der Jugendlichen ........................................................................... 31 6. Lebensbewältigung und Bewältigungslagen .............................................................................. 32 6.1 Bedeutung von Eltern und Familie und soziokulturelle Unabhängigkeit ............................ 33 6.2 Mobilitätsanforderungen ........................................................................................................ 34 6.3 Die Gruppe der Gleichaltrigen ................................................................................................ 35 6.4 Orte und Treffpunkte - fehlen Räume der Aneignung? ......................................................... 36 6.5 Anerkennung und Gemeinschaft ........................................................................................... 36 6.6 Qualifikationsparadoxon und die lebbare Gegenwart .......................................................... 37 6.7 Chillen - eine Reaktion auf alltägliche Anforderungen der Bewältigungslagen? ................. 38 Ausblick.............................................................................................................................................. 39 Abbildungsverzeichnis...................................................................................................................... 40 Tabellenverzeichnis ........................................................................................................................... 40 Literatur ............................................................................................................................................. 41 3 1. Einleitung - Projektkontext Das Forschungsprojekt „Demografischer Wandel versus Jugendarbeit im ländlichen Raum? Zukunftsfähige Konzepte für die Jugendarbeit“1 wird über den Zeitraum von November 2015 bis Dezember 2016 durch das Land NRW gefördert. Auftraggeber der wissenschaftlichen Begleitung ist der Kreis Euskirchen, Abteilung Jugend und Familie. Diese Zeitspanne ist in zwei Projektphasen unterteilt. Kurz gefasst, lassen sich die Projektphasen in Bezug auf den gesamten Zeitraum der Förderung in (1) eine Bedarfserhebung (Situationsanalyse) und (2) einer darauf aufbauenden Konzept- und Strategieentwicklung differenzieren. Die erste Projektphase umfasste den Zeitraum von November 2015 bis Februar 2016 (vgl. Abb.1). Hierbei wurden zunächst Zugänge zu den Akteurinnen und Akteuren der Offenen Kinder- und Jugendarbeit und anderen Institutionen (z.B. Schulen) aufgebaut. Einen Schwerpunkt bildete die Befragung von Jugendlichen im Kreis Euskirchen. Hierbei wurden mithilfe eines Fragebogens Jugendliche im Alter zwischen 14 und 18 Jahren befragt. Als methodische Ergänzung des Fragebogens wurden zusätzlich zwei Gruppendiskussionen mit jeweils 5 bis 6 Jugendlichen in Weilerswist und Blankenheim (Region A und B) durchgeführt. In diesem Sinne bilden die Erkenntnisse der ersten Phase die Basis und Ausgangslage für die gemeinsame Arbeit mit den Praktikerinnen und Praktikern und weiteren Akteurinnen und Akteuren in Form von Workshops (2. Phase). Der Gesamtprozess wird durch eine Steuerungsgruppe begleitet. Die Steuerungsgruppe besteht aus den Projektverantwortlichen des Kreisjugendamtes Euskirchen und den Mitarbeitenden des Forschungsschwerpunktes Nonformale Bildung. Die wissenschaftliche Begleitung hat der Forschungsschwerpunkt Nonformale Bildung der Technischen Hochschule Köln unter Leitung von Professor Dr. Andreas Thimmel übernommen. Der vorliegende Bericht stellt die Ergebnisse aus der ersten Projektphase der wissenschaftlichen Begleitung in zusammenfassender Form dar. Zunächst möchten wir im Folgenden das Selbstverständnis von wissenschaftlicher Begleitung und unser Verständnis von Praxisforschung kenntlich machen (Kapitel 2). Der Hauptteil stellt die Ergebnisse der Jugendbefragung dar. Wobei es hierbei zunächst um das Forschungsdesign, das heißt um die Forschungsfrage, empirische Zugänge und den Projektverlauf gehen wird (Kapitel 3). Kapitel 4 umfasst die Themenfelder (1) demografischer Wandel und Jugendhilfeplanung, (2) Offene Kinder- und Jugendarbeit und (3) theoretische Perspektiven auf die Jugendphase, um auf dieser Grundlage die Ergebnisse der Fragebogenerhebung darzustellen (Kapitel 5). In Kapitel 6 werden die Forschungsergebnisse theoretisiert und im Sinne von 'Bewältigungslagen' abstrahiert und verdichtet. Den Abschluss bildet ein Ausblick auf die zweite Förderphase. 1 Im Verlauf der ersten Projektphase wurde der Projektname gekürzt und orthografisch aktualisiert. 4 Abbildung 1: Zeitschiene erste Projektphase 2. Praxisforschung und wissenschaftliche Begleitung Wissenschaftliche Begleitung kann als Aufgabe beschrieben werden „Konzepte und Vorstellungen zu entwickeln, die Fähigkeit von Organisationen zur Problemwahrnehmung und – bewältigung zu stärken, mitzuwirken retrospektiv und prospektiv Politikfelder zu strukturieren“ (Kromrey 2001:115). In diesem Sinne versteht sich die wissenschaftliche Begleitung als Prozessbegleitung, die unter anderem zum Ziel hat, der Praxis der Kinder- und Jugendarbeit in Euskirchen externe Reflexionsmöglichkeiten zu bieten, mit deren Hilfe konzeptionelle Planungen neu gedacht und realisiert werden können. Insofern soll die methodisch geleitete wissenschaftliche Begleitung die Praktikerinnen und Praktiker darin unterstützen, für die Kinder- und Jugendarbeit relevante Thematisierungen aufzugreifen und zu systematisieren. Um der Heterogenität des Forschungsfeldes angemessen zu begegnen, orientiert sich die Praxisbegleitung dabei an einem partizipativen Verständnis. Dies bedeutet, dass die Sichtweisen der am Prozess Beteiligten einbezogen und in die Problemstellungen einfließen. Auf Grundlage einer in der ersten Projektphase erfolgten Situationsanalyse verfolgt die partizipative und in verschiedenen Workshops methodisch angeleitete Bearbeitung von relevanten Thematisierungen für die Kinderund Jugendarbeit in Euskirchen darüber hinaus das Ziel, mögliche Perspektiven bzw. Handlungsempfehlungen für die Erarbeitung von zukunftsfähigen Konzepten für Jugendarbeit im 5 Kreis Euskirchen abzuleiten. Vor diesem Hintergrund wird im folgenden Kapitel das Forschungsdesign des Projekts vorgestellt. 3. Forschungsdesign 3.1 Ausgangspunkt und Forschungsfrage Vor dem Hintergrund struktureller Veränderungen in ländlichen Räumen und einer vermehrt angespannten finanziellen Situation der Kommunen ist auch die Lebenswelt von jungen Menschen in tendenziell eher suburban strukturierten Räumen einem Wandel unterworfen, der (neue) Herausforderungen an die Planung und Organisation der Offenen Kinder- und Jugendarbeit stellt und nach neuen, zeitgemäßen und der Lebenswirklichkeit von Jugendlichen entsprechenden Formen der Jugendarbeit fragt. Für eine zukunftsweisende Konzeptentwicklung der Offenen Kinder- und Jugendarbeit hat die Verwaltung des Kreises Euskirchen im Rahmen des kommunalen Kinder- und Jugendförderplans den Auftrag aus dem Jugendhilfeausschuss erhalten, gemeinsam mit den Trägern der Einrichtungen eine zukunftsfähige Gestaltung der Offenen Kinder- und Jugendarbeit zu entwickeln. Die Grundlage der Konzeptentwicklung bildet zunächst eine Analyse der Situation vor Ort. Dabei ging es einerseits um die subjektiven Lebenswelten der Jugendlichen, also um die Frage, wie Jugendliche aus ihren individuellen Perspektiven ihre Lebenssituation verstehen und deuten, andererseits um eine dahinterliegende Dimension, die die gesellschaftlichen Strukturen und Bedingungen des Aufwachsens junger Menschen im Kreis Euskirchen umfasst. Zentral ist also die Frage nach den Lebenswelten und Lebenswirklichkeit junger Menschen im Kreis Euskirchen. 6 Tabelle 1: Theoretisch-konzeptionelle Hintergrundfolie für die Entwicklung der Leitfragen theoriegeleitete KonzeptiEbene on/Bezüge (Lebenswelt/Lebensbewältigung/ Fragestellungen Interaktionismus) erfahrenes Selbst- und Weltverhältnis 1 Handeln in sozialen Bezügen Handeln in Bezug auf Welt Handlungsfähigkeit Wie erfahren sich Jugendliche in Auseinandersetzung mit sich und Welt? Wie erfahren sich Jugendliche in sozialen Bezügen? Welche Erwartungen werden an Jugendliche 2 gesellschaftliche Erwartungen an Jugend gestellt bzw. von ihnen wahrgenommen? Welcher Ort wird Jugendlichen durch die Gesellschaft zugewiesen? 3 Konstruktion von Jugend Homogenität und Individualisierung Welches sind konstruierte Selbstdeutungen und Selbstbilder der sogenannten Jugend? Worin liegen Besonderheiten? Die Ausarbeitung und Operationalisierung der Forschungsfrage erfolgte vor einem theoretischkonzeptionellen Hintergrund (vgl. Tab. 1). Mit Blick auf das Forschungsinteresse und die Forschungsfrage kristallisierten sich Bezüge zu den Konzepten der Lebensweltorientierung nach Hans Thiersch, der Lebensbewältigung nach Lothar Böhnisch und andere interaktionistische Theoriebezüge heraus (vgl. Blumer 1973). Die Erfahrung des Selbst in Bezug auf Welt (Erfahrungsebene), die gesellschaftlichen Erwartungen an die sogenannte Jugend (Erwartungsebene) und drittens die daraus abgeleiteten Konstruktionen (Konstruktionsebene) lassen sich nochmals konkretisieren und praktisch verorten (vgl. Tab. 2). 7 Tabelle 2: Verortungen in der Praxis Ebene Perspektive Verortung Selbstwert, Selbstwirksamkeit, Erfahrungsebene sozialpädagogisch Handlungsfähigkeit Konformität/Abweichung Erwartungsebene bildungspolitisch Konstruktionsebene soziologisch Qualifikation vs. Bildung Homogenität, Individualisierung, Pluralisierung Lebensweltorientierung kann nach Hans Thiersch als ein sozialpädagogisches Schlüsselkonzept der Kinder- und Jugendhilfe verstanden werden. Damit stehen die „subjektiven Probleme der Lebensführung, die Probleme der Gestaltung und Bewältigung der offenen und widersprüchlichen Lebensvorgaben“ (Thiersch 1997:22) im Zuge gesellschaftlicher Individualisierungs- und Pluralisierungsprozesse im Vordergrund. Lebensweltorientierte Kinder- und Jugendhilfe nimmt ihren „Ausgang (…) in den gegebenen Struktur- Verständnis- und Handlungsmustern“ (ebd.:23) und den alltäglichen Erfahrungen junger Menschen. Die Phänomene, die den Menschen täglich umgeben, formen sein Handeln und die zugeschriebenen Relevanzen bzw. Bedeutungen, die er Dingen beimisst (vgl. Thiersch 1978). Für die Lebensbewältigung junger Menschen, also für die Erfahrungsebene des Handelns in sozialen Bezügen, stellen sich in sozialpädagogischer Perspektive die Fragen nach der Erfahrung von sozialer Anerkennung, Selbstwirksamkeit und Handlungsfähigkeit (vgl. Böhnisch 2012). Dieses Handeln verstehen wir aber als gesellschaftlich eingebettet. Hieraus resultieren dann wiederum Fragen nach Integration und Ausschluss, nach Konformität und Abweichung. Auf der Erwartungsebene, die wir hier für die Jugendphase als bildungspolitische Perspektive profilieren wollen, geht es um die dominanten gesellschaftlichen Vorstellungen darüber, auf welche Weise die Bildungsfragen in ihrer Funktionalität (gesellschaftliche Erwartung an die Jugendlichen) verstanden werden und wie Jugendliche dies bewerten. Hierbei geht es um die Widersprüche zwischen Qualifikation und Arbeitsmarktfähigkeit im Gegensatz zu Bildung (im Sinne von Emanzipation und Mündigkeit), welche über Institutionen wie die Schule in die Lebenswelt der jungen Menschen hinein verlagert werden. Zuletzt lassen sich auf der Konstruktionsebene in soziologischer Perspektive die Fragen nach Homogenität, Individualität und Pluralismus verorten und gegebenenfalls mit anderen empirischen Befunden (beispielsweise der Rede von der sogenannten 'pragmatischen Jugend') abgleichen (vgl. Shell Studie 2015). 8 3.2 Forschungsmethode Das methodische Vorgehen der wissenschaftlichen Begleitung orientiert sich an den Kriterien und Methoden qualitativer Sozialforschung. Forschungsmethodisch wurden zwei Zugriffe gewählt, (1) eine quantitative Fragebogenerhebung und (2) Gruppendiskussionen als qualitatives Erhebungsverfahren. Da quantitative Designs zwar interessante und eindrucksvolle Erkenntnisse über soziale Phänomene zu liefern imstande sind, sie strukturell betrachtet jedoch meist nur Aussagen über vorab definierte Realitäten treffen können, haben wir uns dazu entschieden, die quantitative Ebene durch die qualitative Methode der Gruppendiskussionen 2 zu ergänzen. Hiermit verfolgen wir das Ziel, tiefergehende Erkenntnisse über die Lebenswelten von Jugendlichen und deren Sicht auf die 'Welt' zu gewinnen, sowie ihnen den Raum zu eröffnen, die für sie relevanten Themen in den Forschungsprozess einzubringen. (1) Auf einer allgemeinen Ebene sollten Erkenntnisse darüber gewonnen werden, wie Jugendliche im Alter von 14 bis 18 Jahren konkret leben. Zunächst wurden hierfür Thesen formuliert, welche als Grundlage der Fragebogenentwicklung dienten. Hierzu wurde in mehreren Forschungswerkstätten am Forschungsschwerpunkt Nonformale Bildung ein Fragebogen durchgeführt, welcher im Dezember 2015 durch einen Pretest auf seine Funktionalität getestet wurde. Durch die Vorgabe spezieller Thesen und daraus abgeleiteter Fragen sind quantitative Methoden als thesenüberprüfende Verfahren tendenziell spezifischer in ihrem Erkenntnisgewinn und ermöglichen daher ausschnitthafte Darstellungen von Lebensrealitäten. Es ergaben sich folgende grundsätzliche Fragen: • • • • • • • In welchen Zeitstrukturen bewegen sich die Jugendlichen? Was machen Jugendliche in ihrer Freizeit? Was sind Ihre Freizeitorte? Wie bewegen sich die Jugendlichen in ihrem sozialen Nahraum und darüber hinaus (lokale und regionale Mobilitäten)? Welche Themen sind Jugendlichen wichtig? Was haben sie für Interessen? Wie schätzen sie ihre Handlungsfähigkeit (Agency) ein? (2) In einem zweiten Schritt wurde daher die quantitative Methode durch zwei Gruppendiskussionen ergänzt. Im Anschluss an eine lebensweltorientierte Perspektive eignet sich die Methode der Gruppendiskussion, um u.a. kollektive Orientierungen der Diskutantinnen und Diskutanten als ‚geteilte Erfahrungsräume‘ von Lebenswirklichkeiten zu fokussieren (vgl. Bohnsack 2012:369 ff.). Die qualitative Erhebung zielte darauf, die subjektiven Lebenswelten und die lebensweltli2 Zur Methode der Gruppendiskussion vgl. u.a Bohnsack 2012. Für eine pragmatische Anleitung und Durchführung einer Gruppendiskussion vgl. Beywl et al. 2005. 9 chen Bedingungen des Aufwachsens von Jugendlichen für die Interpretation der quantitativen Erhebung fruchtbar zu machen. Die Gruppendiskussionen dienen damit in erster Linie der Ergänzung und dem besseren Verständnis der quantitativen Ergebnisse und übernehmen dementsprechend eine unterstützende Funktion für die Herstellung eines allgemeineren Bildes des untersuchten Gegenstands. Auf dieser Grundlage wurden fünf Impulsfragen für die Gruppendiskussionen erarbeitet: • • • • Wie ist es als Jugendliche/r im Jahr 2016 zu leben? Wie ist es als Jugendliche/r in Weilerswist/Blankenheim und näherer Umgebung zu leben? Was sind eure Themen? Womit beschäftigt ihr euch gerade? Was ist angesagt in der Freizeit zu machen? Wo und wobei habt ihr das Gefühl gebraucht zu werden und richtig was drauf zu haben? Was gibt euch das Gefühl, jemand zu sein? 3.3 Forschungsprozess Im Zeitraum von November 2015 bis Februar 2016 wurden die zwei Datenerhebungen durchgeführt. Die erste (quantitative) Erhebungsphase fand von Anfang Dezember 2015 bis Ende Januar 2016 statt und diente einem allgemeinen Erkenntnisgewinn über Interessen und Freizeitgestaltung von Jugendlichen im Alter von 14 bis 18 Jahren im Kreis Euskirchen. Die Gruppendiskussionen (qualitativ) schlossen sich im Januar und Februar 2016 daran an. (1) Fragebogenerhebung Um die Befragung möglichst breit zu streuen, wurde der Fragebogen als Printversion und darüber hinaus als Online-Tool entwickelt. Ein Schwerpunkt wurde hierbei auf den Zugang über unterschiedliche Schulformen gesetzt, um hierdurch einer möglichst heterogenen Gruppe von Jugendlichen Zugang zur Befragung zu ermöglichen. Der Rücklauf der Befragung betrug bei Abschluss der Erhebungsphase Ende Januar N=377. Beteiligt waren insgesamt fünf Schulen unterschiedlicher Schulformen sowie ein Jugendzentrum. Über die Online-Befragung konnten 114 Teilnehmende gewonnen werden (vgl. Tab.3). 10 Tabelle 3: Rücklauf aus der quantitativen Befragung Nr. Befragungsort Rücklauf 1 Realschule Blankenheim 161 2 Berufsschule Euskirchen 63 3 Berufsschule Kall 16 4 Städt. Gymnasium Schleiden 8 5 Gesamtschule Weilerswist 7 6 Jugendzentrum Weilerswist 8 7 online-Befragung 114 gesamt: N 377 (2) Gruppendiskussionen - Gruppenzusammenstellung3und Setting Um eine rege Interaktion mit zahlreichen einzelnen Redeanteilen zu ermöglichen, erfolgten die Diskussionen in relativ kleiner Gruppe von 5- 6 Personen. Auch hier war die Zielgruppe der Untersuchung Jugendliche im Alter von 14-18 Jahren. Die Geschlechterzugehörigkeit der Diskutantinnen und Diskutanten war möglichst gleich verteilt. Tabelle 4: Basisinformationen zu den Gruppendiskussionen Ort der Diskussion Weilerswist Blankenheim Gruppengröße 5 Personen 6 Personen Alter 15 Jahre 14-18 Jahre Geschlecht gemischt gemischt Dauer in Minuten 94 103 Durchführung 19.01.2016 25.02.2016 Als 'gate opener' für den Zugang zu den Teilnehmenden der Gruppendiskussion dienten, wie bei der quantitativen Befragung in erster Linie das Kreisjugendamt Euskirchen, die Schulverwaltung und die Jugendzentren (vgl. für die Basisinformationen zu den Gruppendiskussionen Tab.4). Um eine generelle Kommunikationsbereitschaft zu fördern, sollten die angesprochenen Themen für alle Teilnehmenden von Interesse sein. Gleichzeitig können enge soziale Beziehungen zwischen einzelnen Personen zu Verzerrungen führen, weil bestimmte Kommunikationsmuster den Teilnehmenden untereinander zwar bekannt sind, die interviewende Person diese jedoch nicht mitinterpretieren kann. In diesem Sinne war darauf zu achten, dass das Verhältnis von Homoge3 vgl. für die Kriterien der Gruppenzusammenstellung insgesamt Beywl et al. 2005; über Samplingstrategien in der qualitativen Forschung vgl. auch Fuhs 2007:64ff. 11 nität und Heterogenität ausgewogen ist. Darüber hinaus sollten die Jugendlichen nicht als Nutzerinnen und Nutzer einer Jugendeinrichtung befragt werden, sondern unabhängig von institutionellen Einrichtungen in der Rolle als Expertinnen und Experten ihres eigenen Lebens. Die Gruppendiskussionen fanden daher an neutralen Orten statt. Damit sich die Teilnehmenden in einer offenen Befragungsrolle verstehen konnten, wurden die Orte außerhalb der bekannten Jugendeinrichtungen durchgeführt. Bevor wir nun auf die Ergebnisse der Erhebungsphase eingehen werden, möchten wir gerne einen inhaltlichen Rahmen darstellen, welcher es erlauben soll, die Forschungsergebnisse (Perspektive der Jugendlichen) in die Themenfelder: Demografischer Wandel und Jugendhilfeplanung, Offene Kinder- und Jugendarbeit, Jugendphase und Lebensbewältigung einzubetten, um hierdurch die Ergebnisse in Hinblick auf eine Situationsanalyse im Prozess der Konzepterarbeitung zu profilieren. 4. Demografischer Wandel, OKJA und Lebensbewältigung 4.1 Demografischer Wandel und Konzeptentwicklung in der OKJA Die bekannten demografischen Entwicklungen in Deutschland, die stichwortartig unter den Begriffen „alternde Gesellschaft“, „Geburtenrückgang“ und für ländliche Gebiete mit dem Vermerk „Landflucht“ zusammengefasst werden können, haben selbstverständlich auch für den Kreis Euskirchen prognostizierte Auswirkungen. Die demografischen Entwicklungen wirken sich dann in doppelter Weise aus, wenn für bestimmte Flächenteile eine tendenziell eher geringe Bevölkerungsdichte konstatiert werden kann, wie es beispielsweise im ländlichen Raum der Fall ist, und diese Region zugleich unter einem generellen Arbeitsplatzmangel leidet. In dieser Konstellation besteht vermehrt die Möglichkeit, dass viele junge Menschen aufgrund fehlender beruflicher Perspektiven abwandern.4 Seit dem 11. Kinder- und Jugendbericht wird die demografische Entwicklung in der BRD insbesondere auch in Anbetracht der Herausforderung für die Kinder- und Jugendhilfe diskutiert. Hierbei wird auf die Bedeutung der Jugendhilfeplanung hingewiesen, welche angemessen auf die demografischen Entwicklungen reagieren sollte. Dass diese Reaktion auf das überwiegend quantitativ verhandelte Phänomen des demografischen Wandels in konzeptionellen Fragen nicht auf quantitative Reaktionen zu reduzieren ist, erscheint evident. Es bedarf also kluger konzeptioneller (inhaltlicher) Antworten, wobei eine Verengung der Jugendhilfeplanung auf quanti4 Darüber hinaus kann ein tendenzielles Ausbleiben potenzieller Elternschaften aufgrund der subjektiv erfahrenen wirtschaftlichen Verunsicherungen entstehen (vgl. John 2006:24 ff.). 12 tative Dimensionen des Rückgangs der absoluten Anzahl der Jugendlichen immer wieder problematisiert werden sollte (vgl. BMFSFJ 2002:119ff). Am Stichtag 01.01.2014 lag die Einwohnerzahl in NRW bei 17 571 900 Einwohnerinnen und Einwohnern. Laut der Berechnungen wird diese bis zum Jahr 2025 um 0,9% ansteigen, bis ab dem Jahr 2026 dann ein länger anhaltender Bevölkerungsrückgang errechnet wurde. Diese Bevölkerungsabnahme erreicht bis zum Jahr 2040 ein Volumen von 246 200 Personen (–1,4 Prozent) gegenüber dem Höchststand im Jahr 2025, sodass die Einwohnerzahl bis zu diesem Zeitpunkt auf 17 491 100 zurückgeht. Danach intensiviert sich dieser Vorgang: Bis zum Jahr 2060 findet ein weiterer Rückgang um 968 700 Personen (–5,5 Prozent) statt. (Cicholas et .al. 2015:10) So lässt sich anhand der Verrechnung vermuteter Geburtenraten, Sterbefälle und der (Binnen)Migration zeigen, dass die Kreise von dieser prognostizierten Bevölkerungsabnahme weit mehr betroffen sind als die kreisfreien Städte. Zumindest scheint die Binnenwanderung zwischen den Kreisen und den kreisfreien Städten in NRW zwischen 2006 und 2013 in Richtung der Städte stetig zugenommen zu haben (vgl. ebd.:7,16). Betrachtet man die Bevölkerungsberechnungen für den Kreis Euskirchen bis zum Jahr 2040, kann man von einem numerischen Rückgang von etwa 6000 Jugendlichen (10-25 Jahre) in den nächsten 25 Jahren ausgehen. Zugleich wird aber ein numerischer Überschuss durch Zuzug in den Kreis Euskirchen von +12% bis 2040 errechnet. Zu vermuten ist aber, dass hiervon insbesondere die Regionen profitieren, die einen städtischen Charakter aufweisen, oder (alltagssprachlich) als sogenannter 'Speckgürtel' der kreisfreien Städte Bonn und Köln betrachten werden können (vgl. ebd.:35). Deutlich ist in den Berechnungen das Phänomen der 'alternden Gesellschaft'. Bis 2040 wird sich das Durchschnittsalter laut der Prognosen für die Kreise in NRW von 45,5 auf 50,2 % (weiblich) und 42,8 auf 47,6 % (männlich) verschieben (vgl. ebd.:18). Für die Jugendhilfeplanung im Allgemeinen und die Offene Kinder- und Jugendarbeit im Speziellen ergeben sich hieraus konzeptionelle Fragen. Wie lässt sich langfristig eine Infrastruktur für eine Bevölkerungsgruppe ausgestalten, wenn diese in absoluten Zahlen immer kleiner wird? Und wie lässt sich neben diesen quantitativen Aspekten ein inhaltlicher Bedarf für die Jugendarbeit begründen? (1) Wir gehen erstens davon aus, dass die Bedeutung, der Nutzen, der Bedarf und die Nachfrage der Jugendarbeit nicht nur aus der Anzahl der Jugendlichen als potenzielle Nutzerinnen und Nutzer resultiert, sondern auch durch die lokalen sozialen Gegebenheiten, den Bedingungen des Aufwachsens und den Bewältigungslagen der Jugendlichen begründet ist. Diese 'Lebensbedingungen' können von den demographischen Veränderungen vollkommen unberührt bleiben oder sich hierdurch sogar noch verschlechtern (vgl. van Santen 2010:172). (2) Zweitens wollen wir hervorheben, dass die Infrastruktur der Jugendarbeit anders als die 13 Schule nie dafür ausgerichtet war, die gesamte Alterskohorte zu erreichen. Laut der Strukturdatenerhebung der Jugendarbeit in NRW sind es zwischen 5% und 10% der potenziellen Nutzerinnen und Nutzer, welche die Angebote der Jugendarbeit tatsächlich für sich regelmäßig nutzen (vgl. Strukturdatenerhebung Jugendarbeit NRW). Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass zukünftig bei einem Rückgang der absoluten Anzahl der Jugendlichen durch das Erreichen bisheriger Nichtnutzerinnen bzw. Nichtnutzer die Jugendarbeit durchaus ein Angebot für die numerisch gleiche Anzahl der Jugendlichen bereitstellen kann. (3) Damit verbunden stellt sich drittens die Frage nach den Kindern und Jugendlichen, die von der Jugendarbeit als Nutzerinnen und Nutzer nicht adressiert werden. Grundsätzlich können die Angebote der Offenen Kinder- und Jugendarbeit Kinder, Kids, Jugendliche, junge Erwachsene bis zu einer Obergrenze von 27 Jahren zu ihren Zielgruppen zählen (§ 11 SGB VIII). Durch eine Ausdifferenzierung der Angebotsformen (Schwerpunktsetzungen) in Hinblick auf die jeweils konkreten Situationen vor Ort, besteht immer auch die Möglichkeit, die Reichweite und den Zugang zu den Angeboten der OKJA zu erweitern. (4) Viertens möchten wir anmerken, dass mit dem demografischen Wandel die Kinder und Jugendlichen nun zukünftig zu einer gesellschaftlichen Minderheit werden könnten. Dabei stellt sich die Frage danach, welche Auswirkung die 'älter werdende Gesellschaft' auf die Themen der Politik und die politischen Entscheidungen hat? Inwieweit werden damit auch die Themen der 'älter-werdenden' Erwachsenen aufgewertet oder die Themen der Kindheit und Jugend vor dem Hintergrund der Interessen der 'Alten' diskutiert? Das quantitative Verhältnis der Generation der jungen Menschen gegenüber den älteren Generationen wird sich weiter dramatisch zuungunsten der Jüngeren verändern. Gesellschaftliche Themen wie Gesundheit, Pflege, Alterssicherung und innere Sicherheit, welche in erster Linie die Interessenlage der älteren Bevölkerungsgruppen widerspiegeln, werden weiter an öffentlicher Aufmerksamkeit gewinnen. (Van Santen 2010:176) (5) Letztlich verweist der gesetzliche Auftrag der Kinder- und Jugendhilfe (§1 Abs.4 SGB VIII) auf den allgemeinen Anspruch, an der Gestaltung positiver Lebensbedingungen von Kindern, Jugendlichen und Familien mitzuwirken. Neben dem Kreisjugendhilfeausschuss im Kreistag und dem Jugendamt bringt insbesondere die Offene Kinder- und Jugendarbeit auf Grundlage ihrer spezifischen konzeptionellen Ausgestaltung und ihrer Zugänge zu den Themen der jungen Menschen und ihrer Familien das Potenzial mit, an der Institutionalisierung und Umsetzung dieses gesetzlichen Auftrags mitzuwirken. 14 4.2 Offene Kinder- und Jugendarbeit und non-formale Bildung Bei der Offenen Kinder- und Jugendarbeit handelt es sich um ein spezifisches, gesellschaftlich institutionalisiertes und rechtlich geregeltes Arbeits-, Diskurs- und Forschungsfeld, dessen Finanzierung - unabhängig von der Trägerschaft - insbesondere Aufgabe der Kommunen ist. Die Angebote der Jugendarbeit sollen, wie es in § 11 des SGB VIII (KJHG) heißt, allen jungen Menschen zur Förderung ihrer Entwicklung zur Verfügung stehen, an ihren Interessen anknüpfen sowie von ihnen und durch sie mitbestimmt und mitgestaltet werden. Jugendarbeit zielt auf Selbstbestimmung, gesellschaftliche Mitverantwortung und gesellschaftliches Engagement. Zur Offenen Kinder- und Jugendarbeit gehören unter anderem Jugendzentren, Jugendfreizeitstätten, Jugendclubs und Offene Türen, Bauspielplätze, soziokulturelle Zentren und Spielmobile. Grundlegende Prinzipien der sozialpädagogischen Arbeit sind Partizipation, Freiwilligkeit und die Offenheit. Die Offene Kinder- und Jugendarbeit wiederum ist nur ein Teilbereich der Kinderund Jugendarbeit im Allgemeinen, die sich strukturell unterscheiden lässt in die Bereiche Offene Jugendarbeit, Jugendverbandsarbeit (§12 SGB VIII) und Jugendbildungsarbeit. Davon nochmals zu unterscheiden ist Jugendsozialarbeit (§ 13 SGB VIII). Die Grenzen zwischen diesen Bereichen sind fließend. Im Rahmen dieses Partizipationsgebots werden Inhalte, Themen und Methoden von den Kindern und Jugendlichen mitbestimmt. Dabei ist immer darauf zu verweisen, dass Frei(e)zeit und zweckfreie Kommunikation, Spaß, Geselligkeit und Nichtstun aus jugendpädagogischer Perspektive zu einem reflektierten Konzept von non-formaler Bildung gehören. Unter non-formaler Bildung sind Formen organisierter Bildung, Freizeitgestaltung und Ermöglichung von Gelegenheitsstrukturen zu verstehen, die für die Jugendlichen generell freiwilliger Natur sind. Der pädagogische Blick der Professionellen sollte darauf gerichtet sein, Bildungsgelegenheiten im Alltag der Jugendlichen zu eröffnen, um Bildungsprozesse zu ermöglichen. Das non-formale Setting bietet unterschiedlich stark strukturierte 'Räume', in denen Lernen intendiert ist, es aber keinen Lehrplan gibt und im Allgemeinen keine Zertifikate ausgestellt werden. Dies impliziert auch insbesondere eine emanzipatorisch orientierte Methodik-Didaktik, die ihren Ausgangspunkt an der Lebenswelt der Jugendlichen nimmt und damit eingebettet ist in die gesellschaftlichen Bedingungen des Aufwachsens junger Menschen (Bewältigungslagen). Dabei ist die Vorstellung leitend, dass sich insbesondere die Jugendarbeit als non-formaler Rahmen versteht, in dem informelle Lernprozesse und lebensweltliche Erfahrungen ihren Ort finden. Die hier stattfindenden Bildungsprozesse schließen den Erwerb von Kompetenzen selbstverständlich mit ein. Bildungsprozesse lassen sich aber nicht auf Kompetenzerwerb reduzieren (vgl. Lindner 2011). Alltagserfahrungen (auch Krisen, Irritationen, Konflikte, Grenzerfahrungen) können zum zentralen Gegenstand des Miteinander-Sprechens und -Handelns werden. Dieser fachlich 15 verantwortete Rahmen zielt auf Ermöglichung und Unterstützung von selbsttätiger Bildung im sozialpädagogischen Sinne, das heißt durch die aktive Unterstützung, durch Gelegenheiten, Anlässe und Aufgaben, durch Begleitung, Aufklärung und Reflexion. In der praktischen Arbeit und genau das ist die große Stärke der Offenen Kinder- und Jugendarbeit - gehen Alltagsbezug, informelles Lernen, Beziehungsarbeit, offene- und thematische Angebote, Erfahrungen mit der Gruppe der Gleichaltrigen, Erlebnisse und individuelle Herausforderungen in der Lebensbewältigung ein konstruktives Mischungsverhältnis ein. Zugleich werden gemeinsam mit den Jugendlichen unterschiedliche thematische Projekte initiiert, deren Qualität darin besteht, ihren Ausgangspunkt bei den Jugendlichen zu finden und für die Lebenswelt der Jugendlichen von Bedeutung zu sein. Die Breite der angewandten Methoden ist eine weitere Stärke der Offenen Jugendarbeit und zugleich eine große Herausforderung an die Professionalität der Jugendarbeiterinnen und Jugendarbeiter. Dabei berücksichtigt die Offene Jugendarbeit die Herausforderungen der Jugendphase und des Jugendalters (vgl. Rauschenbach/Borrmann 2013) sowie die lebensweltlichen Bedingungen und Erfordernisse des Aufwachsens in einer demokratischen und zugleich kapitalistischen, entgrenzten und hoch selektiven Gesellschaft. 4.3 Lebensbewältigung als theoretischer Zugang zur Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen Neben der Vielzahl von aktuellen Gesellschaftsdiagnosen hat sich die Individualisierungs- und Pluralisierungsthese (vgl. Beck 1986) als relativ stabile Gesellschaftsbeschreibung seit den 1980er Jahren erhalten und bietet die Möglichkeit, Veränderungen in den Lebensbewältigungsformen von Jugendlichen zu beschreiben. Mit Individualisierung und Pluralisierung der Lebensführung wird auf gesellschaftliche Veränderungen verwiesen, welche in den Dimensionen der Kultur und des Sozio-Ökonomischen beschrieben werden können, also zum einen (1) das Zusammenleben der Menschen in Deutschland betrifft, zum anderen (2) auf eine Veränderung der Produktionsweisen verweist, also auf die Entwicklung von einer industriellen zu einer dienstleistungsorientierten kapitalistischen Wirtschaftsform. Das Individualisierungsparadigma wirkt selbstverständlich auch in die Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen hinein und lenkt den sozialpädagogischen Blick auf die biografischen Passagen und Übergänge von jungen Menschen. Mit den Prozessen der Individualisierung der Lebensführung und der Pluralisierung der Lebenslagen werden traditionelle Lebenslaufmuster und Werte- bzw. Normvorstellungen verunsichert bzw. transformiert. Die Lebenswege beispielsweise von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gleichen immer weniger einer 'Norma- 16 lerwerbsbiografie', auch wenn diese nach wie vor jungen Menschen als subjektiver Orientierungsrahmen dienen. Die (zumeist männliche) Normalerwerbsbiografie bestehend aus einem lebenslang ausgeübten, sozial abgesicherten Beruf, welcher mit einem verlässlichen Lebenslauf bestehend aus Ausbildung, Arbeit, beruflicher Aufstieg und Ruhestand einhergeht, entspricht nicht mehr der Wirklichkeit. Aus der 'Normalerwerbsbiografie' resultierte die Vorstellung sozialer Sicherheit, welche einherging mit dem Versprechen des sozialen Aufstiegs ('Fahrstuhl Effekt') und konnte hierüber eine enorme integrative Kraft und Orientierung bei der Lebensführung geben. Diese sozialen Orientierungspunkte sind für die heute nachwachsenden Generationen auf diese Weise nicht mehr selbstverständlich. Die Lebensläufe unterliegen einer Entstandardisierung, was für die Jugendlichen zu einer erhöhten Anforderung bzgl. ihrer sozialen Orientierung und Integration führen kann. Sozialisationstheoretisch ist der zentrale Moment der Jugendphase die Auseinandersetzung mit der Frage 'Wer man ist' und der Suche nach 'dem Ort, wo man hingehört' - die sich implizit im Alltag der Jugendlichen vollzieht. Mit anderen Worten handelt es sich um ein Zusammenspiel von Individuation und Integration in die Gesellschaft (Gemeinschaft). Bildungstheoretisch gesprochen, geht es hierbei um die Selbst- und Weltverhältnisse von Jugendlichen und die hierin eingelagerten Fragen nach einer gelingenden Lebensbewältigung (vgl. Böhnisch 2012a:2). So gibt es auf der einen Seite das (Bewältigungs-)Handeln der Jugendlichen, bei dem sie auf Grundlage von Erfahrungen von Selbstwirksamkeit, sozialer Anerkennung und Selbstwert einen Umgang mit ihren lebensweltlichen Themen finden und auf der anderen Seite die Herausforderungen (Bewältigungslagen), welche durch das Aufwachsen in einer modernen kapitalistischen Gesellschaft entstehen können. Die Lebensbewältigung von Jugendlichen vollzieht sich aber vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Ungleichheitsverhältnisse (Lebenslagen), so dass die Umstände und Bedingungen für die Bewältigung, beispielsweise von krisenhaften Lebenssituationen, somit auch ungleich verteilt sind. Anders formuliert, verweist die Perspektive der Lebensbewältigung von Jugendlichen auf die soziostrukturelle Einbettung der individuellen Lebensverhältnisse und damit zugleich auf die möglichen Ressourcen und die individuell unterschiedlichen Spielräume für die biografischen Bewältigungen der Jugendphase (vgl. Böhnisch 2012:53). Viele, wahrscheinlich sogar die meisten, der sozialen, psychischen und körperlich 'auffälligen' Verhaltensweisen sind Symptome für Überforderungen. (...) 'Kosten der modernen Lebensweise' (...). Sie drücken die Probleme aus, die Jugendliche (...) bei der Entfaltung von Individualität und Identität und der sozialen Integration in die verschiedenen Bereiche der Gesellschaft (...) haben. (Hurrelmann 2007: Seite??). Vor diesen theoretischen Hintergründen (demografischer Wandel, OKJA, Lebensbewältigung) werden wir nun die Ergebnisse der Jugendbefragung darstellen (Kapitel 5). Auf Grundlage dieser 17 Ergebnisse und unter Einbeziehung der Ergebnisse der Gruppendiskussionen, werden wir im Anschluss Bewältigungslagen skizzieren (Kapitel 6), welche der Situationsanalyse dienen und hierüber von der Ebene der individuellen Lebenswelt der Jugendlichen zu abstrahieren, um die individuelle Perspektive mit der Perspektive auf (gesellschaftliche) Bedingungen der Jugendlichen im Kreis Euskirchen zu vermitteln versuchen. 5. Ergebnisse der Jugendbefragung In diesem Abschnitt werden wir die zentralen Fragekomplexe der Jugendbefragung darstellen. Dabei möchten wir insbesondere den Fokus auf die Themen Freizeitgestaltung, Mobilität und Interessen und Wünsche von Jugendlichen legen. In Hinblick auf die Fragestellung ging es zunächst einmal darum, einen breiten Einblick in die Lebenswelt von Jugendlichen im Kreis Euskirchen zu erhalten, verbunden mit dem Anspruch, dabei bestimmte Alltagspraxen zu fokussieren. Wie eingangs erwähnt, nahmen an der Fragebogenerhebung 377 Jugendliche (Grundgesamtheit) im Alter von 14 bis 18 Jahren teil. Dabei sind die Ergebnisse nicht repräsentativ, bieten wohl aber einen Einblick von immerhin 377 Jugendlichen aus dem Kreis Euskirchen, die die Bereitschaft dazu hatten an der Weiterentwicklung der Offenen Kinder- und Jugendarbeit durch ihre Erfahrungen und Meinungen mitzuwirken. 5.1 Allgemeine Informationen zu den befragten Jugendlichen und soziodemografische Daten Es ist gelungen, eine gute Verteilung bzgl. der Altersstruktur der befragten Jugendlichen zu erreichen. Die größte Gruppe bilden die 16 Jährigen mit 30%, die 18 Jährigen bilden mit 9% die kleinste Gruppe. Kumuliert man die Prozente und fasst die Gruppen ein wenig zusammen, bilden die 14-16 Jährigen mit 75,2% die Hauptgruppe (vgl. Abb.2). F14: Alter, N=343 9% 20% 16% 14 Jahre 15 Jahre 16 Jahre 25% 30% 17 Jahre 18 Jahre Abbildung 2: Alter der Befragten 18 Die Geschlechterverteilung der Befragten ist mit 52% Mädchen bzw. jungen Frauen und 48% Jungen bzw. jungen Männern recht ausgewogen (vgl. Abb. 3). F15: Geschlecht, N=347 52% 48% Junge Mädchen Abbildung 3: Alter der Befragten Auf die Verteilung der Wohnorte konnte im Vorfeld kein Einfluss genommen werden, da durch den über die Schulen erfolgten Zugang der Wohnort der Jugendlichen intransparent war. Ein großer Teil der Befragten (33,2%) wohnt in Blankenheim. Der am zweitstärksten vertretene Wohnort ist Nettersheim (24,5%) gefolgt von Dahlem, Euskirchen, Weilerswist (4,4%) und Kall. Zusammenfassend kann man sagen, dass etwa die Hälfte der Befragten aus Blankenheim und Nettersheim kommen (vgl. Abb.4). 19 F16: Wohnort, N=364 Bad Münstereifel 1,37 % Blankenheim 33,24 % Dahlem 8,79 % Euskirchen 6,32 % Hellenthal 1,10 % Kall 3,85 % Mechernich 3,30 % NeHersheim 24,45 % Schleiden 2,47 % Weilerswist 4,40 % Zülpich 1,65 % in Prozent SonsOge 9,07 % 0,0 5,0 10,0 15,0 20,0 25,0 30,0 35,0 40,0 45,0 50,0 Abbildung 4: Wohnort der Befragten Aus der Rücklauftabelle oben (Tab. 3) wird ersichtlich, dass der größte Teil der Befragten Realschülerinnen und Realschüler bzw. Berufsschülerinnen und Berufsschüler sind. Auf Grund organisationaler Rahmenbedingungen haben wir Schülerinnen und Schüler von Haupt- und Sonderschulen nicht angemessen in die Befragung aufnehmen können. Hieraus ergibt sich möglicherweise eine Mittelschichtsverzerrung, die wir aber in die Analysen mit einbezogen haben. Die nachträglich einbezogenen Berufsschulen in Euskirchen und Kall erwiesen sich für unsere Befragung darüber hinaus jedoch recht bereichernd, da diese Gruppe insgesamt 21,2% der Befragten ausmacht. 5.2 Freizeitorte, Freizeitaktivitäten und soziale Bezüge Wir haben die Jugendlichen nach möglichen Orten befragt, an denen sie ihre Freizeit verbringen (vgl. Abb. 5). (F4: Wo verbringst Du Deine Freizeit?) 20 F4.1: Wo verbringst Du Deine Freizeit? N=363-373 2,7 bei Freund*innen 36,8 0 zu Hause in Prozent 16,7 5,1 26,3 2,7 irgendwo draußen 43,8 68,6 17,1 53,8 26,4 Disco / Kneipe / Café 9,9 42,1 35,8 7,7 9,3 außerhalb der Gemeinde (z.B. Euskirchen, Bonn, Köln etc.) 0 28,4 22,1 20 selten manchmal 14,3 GeschäYe / Einkaufszentrum nie 31,4 33,9 24,8 oY 40,2 40 60 80 Abbildung 5: Freizeitorte Von den Personen, die diese Frage beantworteten, hat mit 68,6% die Mehrzahl angegeben, die Freizeit zu Hause zu verbringen. Immerhin knapp über ein Viertel antwortete, manchmal die Zeit zu Hause zu verbringen. Knapp über 80% der Befragten verbringen ihre Freizeit draußen. ‚Irgendwo draußen‘ verbringen 53,8% manchmal und 26,4% oft ihre Freizeit. Fast 37% bzw. 44% haben angegeben, ihre Freizeit oft / manchmal bei Freundinnen und Freunden zu verbringen. Auch Geschäfte und Einkaufszentren sind Aufenthaltsort in der Freizeit von Jugendlichen. Immerhin ca. 43% der Befragten gaben an, sich manchmal / oft dort in ihrer Freizeit aufzuhalten. Mehr als die Hälfte der Befragten verbringen manchmal / oft die Freizeit außerhalb der Gemeinde. Nur knapp 10% der Befragten verbringen die Freizeit nie außerhalb der eigenen Gemeinde. Zusammenfassend weisen die Ergebnisse darauf hin, dass die Mehrheit der Befragten ihre Freizeit zu Hause oder bei Freundinnen und Freunden verbringen, dies gefolgt von Geschäften bzw. Einkaufszentren als beliebte Freizeitorte. Die Jugendlichen wurden weiterhin gefragt, mit welchen Personengruppen sie ihre Freizeit verbringen (vgl. Abb.6)? (F2: Wie oft verbringst Du Deine Freizeit mit…?) 21 F2: Wie oE verbringst Du Deine Freizeit mit...? N=190-360 in Prozent 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 Clique Geschwistern Eltern/ Großeltern bestem Freund/bester Freundin allein mit anderen, und zwar oY 28,2 27,2 19,9 44,6 30 50 manchmal 42,7 31,3 41,3 42,9 31,7 31,6 selten 19,2 31,9 32,2 10,5 32,8 10 nie 9,9 9,6 6,6 2 5,6 8,4 Abbildung 6: Mit wem verbringst Du Deine Freizeit? Fast die Hälfte der befragten Jugendlichen verbringen ihre Freizeit mit dem besten Freund bzw. der besten Freundin (44,6% oft, 42,9% manchmal). Auch die Clique nimmt einen großen Raum in der Freizeitgestaltung ein (28,2% oft, 42,7% manchmal). Die Kategorie ‚allein‘, die immerhin mit 30% (oft) und 31,7% (manchmal) besetzt ist, könnte auf die o.g. Kategorie ‚zu Hause‘ der Freizeitorte hinweisen. Auch mit Eltern und Großeltern verbringen unsere befragten Jugendlichen recht häufig ihre Freizeit (19,9% oft und 41,3% manchmal). Die Kategorie ‚mit anderen, und zwar‘ fällt relativ hoch aus. Bei der Auswertung der freien Antwortmöglichkeit sind recht viele Dopplungen zu bereits bestehenden Kategoriefeldern aufgefallen. Zusammenfassend verbringen die befragten Jugendlichen auffällig häufig ihre Freizeit mit dem besten Freund bzw. der besten Freundin, gefolgt von der Freizeit mit ihrer Clique. Aber auch die Familie (Eltern/Großeltern und Geschwister) ist von großer Bedeutung für die Freizeit. Die Frage „Was machst Du in Deiner Freizeit?“ (F3) stellte einen verhältnismäßig großen Abfragebereich dar. Hier konnten unterschiedliche Items benannt werden, die in Abb. 7-9 wiedergegeben werden. 22 F3.1: Was machst Du in Deiner Freizeit? N=359-370 in Prozent 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 Rumfahren/ Rumlaufen Freund*innen treffen Filme / Serien gucken / Fernsehen Lesen Sport oY 20,1 46,8 35,8 12,1 37,4 manchmal 37,3 38,1 38,8 16,8 37,2 selten 30,1 12,4 23,6 28,6 16,9 nie 12,5 2,7 1,9 42,6 8,5 Abbildung 7: Freizeitaktivitäten (1) 46,8% der Befragten treffen in ihrer Freizeit oft ihre Freundinnen und Freunde. Immer noch 38,1% haben angegeben, ihre Freundinnen und Freunde manchmal zu treffen (vgl. Abb. 7). Dies korrespondiert wahrscheinlich mit dem o.g. Bereich Zeit mit bestem Freund/ bester Freundin verbringen (vgl. Abb.6). Weit mehr als die Hälfte der Befragten machen in ihrer Freizeit oft / manchmal Sport. Auch Filme und Serien schauen bzw. Fernsehen scheint recht beliebt zu sein. Lesen fällt als Kategorie der Freizeitgestaltung eher gering aus. 23 F3.2: Was machst Du in Deiner Freizeit? N=354-371 in Prozent 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 Musik machen Konzerte / Theater Internet / PC / Smartphone / Computerspiel e Chillen Kino Shoppen oY 16,1 3,7 66,3 55,8 7,4 11,2 manchmal 15,3 9,9 23,2 28,6 40,1 39,1 selten 22,5 22,6 7,3 12,1 45,8 38,5 nie 46,1 63,8 3,2 3,5 6,8 11,2 Abbildung 8: Freizeitaktivitäten (2) Die Tatsache, dass auffällig viele befragte Jugendliche in ihrer Freizeit neue Medien nutzen (nur ca. 10% nutzen selten bzw. nie Internet, PC und Smartphone) verwundert als zeitgemäße Praxis nicht (vgl. Abb. 8). Darüber hinaus lassen sich eventuell Korrespondenzen zu o.g. ‚Filme/ Serien gucken/ Fernsehen‘ (vgl. Abb. 7) unterstellen. Die Nennung ‚chillen‘ ist bei den befragten Jugendlichen als jugendkulturelle Alltagspraxis stark ausgeprägt. Fast ein Drittel der Befragten verbringen ihre Freizeit oft / manchmal mit ‚Musik machen‘. 24 F3.3: Was machst Du in Deiner Freizeit? N=62-366 in Prozent 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 Verein freiwillig engagieren KreaOves / (z.B. Künstlerisches Umweltschutz) mit Familie zusammen sein um Familie (z.B. Geschwister kümmern) SonsOges oY 22,1 5,9 10,9 30,6 20,5 69,4 manchmal 18,3 10,9 22,3 45,9 30,3 11,3 selten 15,8 20,4 25,4 18,3 30,6 6,5 nie 43,8 62,7 41,4 5,2 18,7 12,9 Abbildung 9: Freizeitaktivitäten (3) 30,6% bzw. 45,9% der Befragten haben angegeben, oft / manchmal in ihrer Freizeit mit der Familie zusammen zu sein. Ungefähr die Hälfte der Befragten geben an, sich oft / manchmal um Familienmitglieder zu kümmern. Die Zugehörigkeit zu Vereinen scheint zunächst weniger ausgeprägt zu sein. Fast 44% verbringen ihre Freizeit nie in einem Verein. Diese Einschätzung kann aber relativiert werden, sofern man in Betracht zieht, dass einigen der Befragten eine Vereinszugehörigkeit nicht bewusst ist, weil sie beispielsweise schon seit früher Kindheit bestimmten Vereinen angehören. Dies kann zur Folge haben, dass beispielsweise das regelmäßige Fußballspielen nicht notwendigerweise mit einer Vereinszugehörigkeit assoziiert wird. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das ‚chillen‘ als jugendkulturelle (Abgrenzungs-) Praxis einen besonders hohen Stellenwert hat. Aber auch Sport ist neben der Nutzung von neuen Medien bzw. Fernsehen/ Serien schauen eine scheinbar beliebte Freizeitaktivität bei den befragten Jugendlichen. Beziehungen zu Freunden und Freundinnen scheint den Befragten wichtig. Darüber hinaus ist ein ausgeprägtes Unterstützungsengagement innerhalb des familiären Kontexts zu verzeichnen. 25 5.3 Schulferien und Urlaub Die befragten Jugendlichen wurden gefragt, wie sie ihre Schulferien bzw. den Urlaub verbracht haben (vgl. Abb. 10). (F5: Wie hast Du im letzten Jahr die Schulferien/den Urlaub verbracht?) F5: Mehrfachantwortenset (Fälle) - Wie hast Du die Schulferien / den Urlaub verbracht? N=369 80,0% 67,21% 70,0% 60,0% 46,07% 50,0% 38,21% 40,0% 30,0% 20,0% 10,0% 27,10% 7,59% 17,34% 11,65% 1,90% 3,25% 0,0% Abbildung 10: Freizeitverhalten - Schulferien und Urlaub Mit 67,2% hat der größte Teil der Befragten die vergangenen Schulferien bzw. den Urlaub unter anderem zu Hause verbracht. 46,1% der Befragten konnten gemeinsam mit ihrer Familie eine Auslandserfahrung machen.11,7% reisten selbstorganisiert, 7,6% waren an eine Jugendgruppe angeschlossen und nur 1,9% machten die Erfahrung einer internationalen Jugendbegegnung. Dies ist nicht zuletzt auch in konzeptioneller Hinsicht ein interessantes Ergebnis, weil es sich sowohl bei den selbstorganisierten Reisen (pädagogisches Kinder- und Jugendreisen) als auch bei den internationalen Jugendbegegnungen um Felder der Jugendarbeit nach § 11 SGB VIII handelt. 26 5.4 Mobilität Ein weiterer interessanter thematischer Bereich bezieht sich auf die Mobilität von Jugendlichen. Dahingehend haben wir gefragt, wie Jugendliche ihre Freizeitorte erreichen (vgl. Abb. 11) bzw. wie sie von einem Ort zum anderen kommen (vgl. Abb. 12). (F6: Wie erreichst Du in der Regel die Orte, an denen Du Deine Freizeit verbringst?; F7: Wie findest Du die Möglichkeit, von einem Ort zum anderen zu kommen?) F6: Mehrfachantwortenset (Fälle) - Wie erreichst Du Deine Freizeitorte? N=374 90,0% 80,0% 70,0% 60,0% 74,06% 66,84% 58,82% 50,0% 37,97% 40,0% 30,0% 20,0% 20,32% 18,18% 22,46% 19,52% 10,0% 0,0% Abbildung 11: Mobilität (1) Hervorstechend ist, dass die befragten Jugendlichen zum Erreichen ihrer Freizeitorte vermehrt auf ihre Eltern angewiesen sind. 74,1% der Befragten gaben an, dass ihre Eltern sie zu den jeweiligen Freizeitorten bringen. Dies verweist auf eine recht ausgeprägte Abhängigkeit gegenüber Dritten. Öffentliche Verkehrsmittel (hier Busse und Bahnen) nutzen 66,8% zum Erreichen ihrer Freizeitorte. Knapp 60% der Befragten erreichen ihre Zielorte in der Freizeit unter anderem zu Fuß. 22,5% der Befragten schließen sich unter anderem zu Gruppen mit Freundinnen bzw. Freunden zusammen. Knapp 20% werden von den Eltern der Freundinnen bzw. Freunde zu ihren Zielorten gefahren. 27 in Prozent F7: Wie findest Du die Möglichkeiten, von Ort zu Ort zu kommen? N=347-365 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 4,5 7,5 10,4 24,8 21 24,1 31 19,5 27,2 36,3 63,3 32,3 24,7 36,1 20,3 17,2 sOmmt voll Es gibt zwar Ich verzichte auf Ich komme mit den Ich bin von einigen Möglichkeiten, mit einiges in der öffentlichen Orten, an denen ich öffentlichen Freizeit, weil ich VerkehrsmiHeln gern meine Freizeit VerkehrmiHeln schon genug überall hin, wo ich verbringen würden, überall Fahrzeit zwischen hin will. abgeschniHen. hinzukommen, aber Schule/ das kann ich mir oY Ausbildungs-/ nicht leisten. Arbeitsort und meinem Wohnort habe. sOmmt eher sOmmt eher nicht sOmmt gar nicht Abbildung 12: Mobilität (2) Die Relevanz öffentlicher Verkehrsmittel spiegelt sich in gewisser Weise auch in dem zweiten Fragenkomplex wider. Hier stimmen über die Hälfte der Befragten der Aussage voll / eher zu, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln überall hinzukommen (insgesamt 55,1%). Die Hypothese, dass Jugendliche in ländlichen Räumen von einigen Orten abgeschnitten sind, findet wenig Resonanz. Über 50% der Befragten stimmen dieser These eher nicht (36,1%) bzw. gar nicht (17,2%) zu. Auch finden sich keine signifikanten Hinweise auf ökonomisch bedingte Mobilitätsbarrieren. Doch immerhin noch 12% der Befragten können sich öffentliche Verkehrsmittel oft nicht leisten. 5.5 Handlungsfähigkeit (Agency) In Hinblick auf eine lebensweltliche Perspektive, Alltagserfahrungen von Jugendlichen und ihren jeweiligen Bewältigungslagen, spielt die Erfahrung von Handlungsfähigkeit und Selbstwirksamkeit eine besondere Rolle. Handlungsfähigkeit (Agency) meint hierbei die subjektive Einschätzung darüber, inwieweit man selbst Einfluss auf die Gestaltung des eigenen Alltags hat oder sich, im Falle eine Verlustes von Handlungsfähigkeit, den Anforderungen des Alltags und den äußeren Umstände ausgeliefert fühlt. In der Interpretation gibt die Kategorie (Handlungsfähigkeit) einerseits Aufschluss über die Selbst- und Weltverhältnisse der Jugendlichen und ermöglicht 28 zugleich den Rekurs auf die sozioökonomische Lebenslage der Befragten. In diesem Sinne haben wir die Jugendlichen nach der Einschätzung ihrer Handlungsmöglichkeiten gefragt (vgl. Abb. 13 und Abb. 14). (Operationalisiert durch die Aussage F11: Wenn ich möchte kann ich…). F11.1: "Wenn ich möchte, kann ich...", N=340-360 40,9 an einer Hochschule studieren gehen. die Schule ruhig mal schleifen lassen. 17,8 2,5 1,7 78 selbst entscheiden, welchen Beruf ich erlernen will. 7,9 13,2 30 36,1 20 9,1 sOmmt voll sOmmt eher 42,8 sOmmt eher nicht 73,1 Kleidung tragen, in der ich mich wohlfühle. 63,9 immer frei meine Meinung sagen. 0 20,3 4,7 1,9 26,7 sOmmt gar nicht 7,5 1,9 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in Prozent Abbildung 13: Handlungsfähigkeit und Selbstwirksamkeit (1) Betrachtet man die Ergebnisse zum Themenfeld Agency, dann kann verallgemeinernd gesagt werden, dass sich die Befragten zu überwiegenden Teilen in Bezug auf ihre biografischen Perspektiven (beispielsweise in Bezug auf Beruf, Studium usw.) aber auch in ihren alltäglichen Entscheidungen (beispielsweise in Hinblick auf die Realisierung von individuellen Lebensstilen und Einstellungen) als handlungsfähig und autonom erleben. Nur 4,2% der Befragten geben an, ihren Beruf eher nicht (2,5%) bzw. gar nicht (1,7%) selbst entscheiden zu können. Knapp 71% stimmen der Aussage voll (40,9%) bzw. eher (30%) zu, selbst zu entscheiden, ob sie an einer Hochschule studieren werden. Fast 95% der Befragten tragen die Kleidungsstücke, in denen sie sich wohlfühlen bzw. stimmen mit fast 90% der Befragten der Aussage voll (61,6%) bzw. eher (25,8%) zu, so sein zu können wie sie sind und sich nicht verstellen zu müssen (vgl. Abb. 13). Durch eine breitere Untersuchungsbasis und unter Einbeziehung weiterer Schulformen, welche mit niedrigeren Bildungsabschlüssen einhergehen, ließe sich in diesem Fragekomplex nochmal stärker differenzieren und zum Beispiel der Frage nachgehen inwieweit bestimmte Schulformen und Erfahrung von Agency zusammenhängen. Die vorliegenden Ergebnisse stehen demnach vor allem für die konkreten Jugendlichen, die an der Befragung teilgenommen haben, wobei es sich hierbei überwiegend um Realschülerinnen und Realschüler handelte. 29 F11.2: "Wenn ich möchte, kann ich...", N=343-357 mir jede Woche neue KlamoHen kaufen. hingehen wo ich will und mich überall sicher fühlen. 15,1 23,4 35,7 34,3 34,3 22,3 61,6 so sein wie ich bin, ohne mich zu verstellen. 25,7 9,1 9,5 3,1 25,8 sOmmt voll sOmmt eher spontan übers Wochenende mit Freunden/Freundinnen verreisen. 26,1 25 29,8 19 sOmmt eher nicht sOmmt gar nicht entscheiden, wann ich am Wochendende aufstehe und nach Hause komme. sicher sein, dass ich einen Ausbildungsplatz/einen Arbeitsplatz bekomme. 32,7 39,4 35,2 38,5 24,2 7,9 16,3 5,8 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in Prozent Abbildung 14: Handlungsfähigkeit und Selbstwirksamkeit (2) Insgesamt verweisen die Ergebnisse darauf, dass die befragten Jugendlichen eher positiv in die Zukunft blicken und sich insgesamt in ihren Handlungsbezügen frei und selbständig erfahren. Auffällig ist in dem diskutierten Aussagekomplex das Thema Schule. Fast 80% der Befragten stimmen der Aussage eher nicht (36,1%) bzw. gar nicht (42,8%) zu, die Schule ruhig mal schleifen zu lassen (vgl. Abb. 13). Differenziert man die Ergebnisse nach Geschlechtszugehörigkeiten, dann findet sich ein signifikant (noch) höherer Wert bei den jungen Frauen. Der hohe biografische Stellenwert von Schule und ihren spezifischen Herausforderungen an den Alltag der befragten Jugendlichen illustriert sich auch in den Gruppeninterviews. Dort werden die Themen Schule, Noten bzw. die gesellschaftlich vorgegebenen Anforderungen an quantitativ markierbarem Kompetenzerwerb in langen Sequenzen vorherrschend aufgegriffen. 30 5.6 Wünsche und Interessen der Jugendlichen Abschließend haben wir die Jugendlichen nach ihren Wünschen und Interessen befragt (vgl. Abb. 15 und Abb. 16). (F12: Welche Wünsche hast Du? Wofür interessierst Du Dich?) F12.1: Wünsche und Interessen der Jugendlichen, N=336-358 Ich möchte häufiger sagen, was mir wichOg ist, z.B auch PoliOker*innen 15,8 Ich würde gern mehr von der Welt kennenlernen, z.B. andere Länder und Kulturen. Ich häHe gern mehr InformaOonen, was in der Jugendarbeit so läuY. 27,1 46,1 9,8 21,7 36,9 20,2 30,7 14,2 8,9 47,1 21,4 sOmmt voll sOmmt eher Ich häHe gern neben der Schule / Ausbildung / Arbeit mehr Freizeit, um mal ganz andere Sachen auszuprobieren. 37 34,7 20,8 7,5 sOmmt eher nicht sOmmt gar nicht Ich würde gern mehr kreaOve / künstlerische Sachen machen. 15,6 Ich würde gerne mehr mit Medien machen. 16,7 24,5 26,8 30,8 38 29,1 18,4 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in Prozent Abbildung 15: Wünsche und Interessen (1) Fast 77% der Befragten stimmen der Aussage voll (46,1%) bzw. eher (30,7%) zu, mehr von der Welt kennenlernen zu wollen und andere Länder zu bereisen. 71,7% der Befragten wünschen sich neben Schule und Ausbildung mehr Freizeit, um ganz andere Sachen ausprobieren zu können (37% zu 34,7%). 31 F12.2: Wünsche und Interessen der Jugendlichen, N=326-337 Ich fänd´s wichOg, dass in den Schulferien / im Urlaub etwas für Jugendliche in der Gemeinde läuY. 14,5 18,4 Ich fänd´s wichOg, dass am Wochenende etwas für Jugendliche in der Gemeinde läuY. 13,6 23,3 Ich würde mich gern mehr engagieren, z.B. poliOsch, in der GesellschaY, im 6,5 19,9 Umweltschutz etc. Ich will auf jeden Fall aus der Gemeinde weg und später woanders leben. 38,4 28,7 34,2 28,8 sOmmt voll 35 38,6 sOmmt eher sOmmt eher nicht sOmmt gar nicht 23,9 26,1 26,4 23,6 in Prozent Ich kann mir gut vorstellen hier in der Gemeinde wohnen zu bleiben. 24 34,2 22,5 19,2 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Abbildung 16: Wünsche und Interessen (2) Schließlich stimmen 14,5% und 18,4% der Aussage voll / eher zu, dass sie es wichtig finden, wenn es in der Urlaubszeit bzw. in den Schulferien Angebote für Jugendliche gibt. Auch in Bezug auf die Angebotsstrukturen für Jugendliche an den Wochenenden stimmen der Aussage insgesamt knapp 37% der befragten Jugendlichen voll / eher zu. In Hinblick auf den Wegzug aus der Gemeinde bzw. deren Verbleib ist das Ergebnis der Befragung relativ ausgewogen. 6. Lebensbewältigung und Bewältigungslagen In diesem letzten Abschnitt möchten wir nun an den Ergebnissen der Jugendbefragung anknüpfen, diese aber mit den geführten Gruppendiskussionen verknüpfen und im Hinblick auf die Frage der Bewältigungslagen von Jugendlichen im Kreis Euskirchen verdichten. Dabei handelt es sich um einen Arbeitsschritt der Verdichtung unserer Forschungsergebnisse, welcher durch die Frage geleitet wurde: 'Welche Thematisierungen ergeben sich aus den Ergebnissen der Jugendbefragung, wenn wir nun ausgehend von den durch die Jugendlichen aufgeworfenen Themen aus den Gruppendiskussionen auf die Ergebnisse der Jugendbefragung schauen?' In diesem diskursiven Prozess dient uns das Konzept der Bewältigungslagen, wie wir es oben dargestellt haben, als theoretischer Rahmen, der uns ermöglicht, Perspektiven (Bewältigungslagen) auszu- 32 arbeiten, die zum einem an den Relevanzsetzungen durch die lebensweltlichen Themen der Jugendlichen anknüpfen, aber zugleich versuchen, diese im Hinblick auf die Bedingungen und soziostrukturellen Umstände des Aufwachsens zu verallgemeinern - immer im Wissen darum, dass die tatsächlichen Lebensverhältnisse der Jugendlichen im Kreis Euskirchen individuell höchst unterschiedlich sind. Damit dient uns das Konzept der Bewältigungslagen dazu, aufzuzeigen, dass die Bedingungen des Aufwachsens von Jugendlichen Produkt gesellschaftlicher Entwicklungen sind, diese Strukturen aber zugleich auch auf die Lebensführung und Lebensbewältigung einzelner Jugendlicher und Gruppen zurückwirken. Bewältigungslagen sind Ausgangsbedingung und zugleich Ergebnis menschlichen Handelns (vgl. Böhnisch 2012: 53). Dabei werden wir an den Ergebnissen der Fragebogenerhebung und den Gruppendiskussionen anknüpfen, ohne sie an dieser Stelle nochmals und explizit zu referieren. Vielmehr wollen wir theoretisierte Perspektiven aufzeigen, die wir im Forschungsprozess auch durch zahlreiche Gespräche mit Akteuren aus dem Kreis Euskirchen (diskursive Validierung) verdichten konnten. Dies geschieht vor dem Hintergrund der Konzeptentwicklung für die Offene Kinder- und Jugendarbeit, da die gegenwärtigen Bewältigungslagen der Jugendlichen im Kreis Euskirchen hierbei als Orientierungspunkte dienen können. 6.1 Bedeutung von Eltern und Familie und soziokulturelle Unabhängigkeit Die Beziehungen zu Eltern und Familie besitzen für Jugendliche sowohl bei der Freizeitgestaltung, bei Urlaub oder allgemeiner in Hinblick auf Mobilitätsaspekte eine hohe Bedeutung (siehe Punkt 5.2 ). Mit der Jugendphase setzt zwar die Ablösung von den primären Bezugspersonen (in den meisten Fällen den Eltern) ein und es findet eine Ausweitung der sozialen Kontakte statt, die unterschiedliche Funktionen für die Jugendlichen erfüllen. Doch auch wenn sich eine Ablösung gegenüber den Eltern vollzieht, handelt es sich nicht um eine Aufgabe der Elternbeziehung, sondern um eine Veränderung dieser Beziehung. Zugleich können diese Ergebnisse auf eine Bewältigungslage verweisen, dann nämlich, wenn es soziostrukturelle Gründe für die hohe Bedeutung der Eltern und Familie für die Lebensbewältigung der Jugendphase gibt und wenn der Rückbezug auf die Familie auf Grundlage von fehlenden anderen Möglichkeiten geschieht. Dies findet beispielsweise dann statt, wenn die Eltern neben dem öffentlichen Nahverkehr die einzige Möglichkeit sind, die Mobilität in den ländlichen Regionen zu garantieren. Hinzu kann eine materielle Abhängigkeit von den Eltern kommen, welche Einfluss auf die Bewältigung (z.B. materielle Autonomie) des Übergangs von Jugendlichen und jungen Erwachsenen hat. Durch die in den letzten Jahrzehnten immer länger gewordenen Ausbildungs- und Qualifizierungszeiten und der unsicherer gewordenen Übergange von der Schule in Arbeitsverhältnisse, 33 sowie der Rückzug von traditionellen sozial-versicherungspflichtigen Vollzeit– Beschäftigungsverhältnissen (prekäre Beschäftigung), wird auch die eigenständige Lebensführung junger Erwachsener verunsichert. Wenn sich die Autonomiebestrebungen des jungen Erwachsenenalters durch eine eigene Wohnung (räumliche Dimension) und das selbstverdiente Geld (materielle Dimension) in der bestehenden Lebenssituation nicht umsetzen lässt, sind die jungen Erwachsenen auf die Unterstützung der Eltern und Familie angewiesen, was als Prozess der Re-Familiarisierung zu fassen ist. Für die Jugendlichen bedeutet dies „[s]olange wie möglich in der Familie [zu] bleiben, aus der man sich eigentlich ablösen soll, gleichzeitig jugendkulturell experimentieren [zu] können und sich dennoch so elastisch wie möglich in die Gesellschaft ein[zu]fädeln, an der man sich nicht lange reiben kann“ (Böhnisch 2012: 142). Damit kann es in der Jugendphase zu einer Verschiebung zwischen einer früher entstehenden soziokulturellen Selbständigkeit einerseits (eigene Freundeskreise, eigener Lebensstil, eigene Meinung und eigene Mediennutzung usw.) und einer längeren Abhängigkeit von den Eltern (materiell - späterer Berufseinstieg, Mobilität und Wohnsituation) andererseits kommen. 6.2 Mobilitätsanforderungen Die Frage der Mobilität ist in unserer Untersuchung auf mehrere Weisen zum Thema geworden (siehe Punkt 5.4), zum einem durch die alltägliche Mobilität, verstanden als Fortbewegung mit öffentlichen Verkehrsmitteln und durch die regelmäßige Unterstützung durch die Eltern. Und zugleich ist Mobilität verbunden mit der Frage von Zukunftsperspektiven und wird assoziiert mit Freiheit, Flexibilität, Zukunftschancen und Zukunftsperspektiven - insbesondere im ländlichen Raum und auch in Hinblick auf eine Debatte um die 'Landflucht' den ländlichen Raum betreffend (vgl. Sinus 2016). Grundsätzlich kann zunächst von einem individuellen Bedürfnis junger Menschen nach stabilen und verlässlichen und auf Dauerhaftigkeit angelegten sozialen Bezügen (sozialer Rückhalt) ausgegangen werden. Hierzu gehört auch eine lokale Verortung im Sozialraum, in der Gemeinde oder im Gemeinwesen. Diese sozialräumliche Rückgebundenheit der eigenen Lebenspraxis wird dynamisiert, wenn die Jugendlichen neben der gegenwärtigen Lebenspraxis nach einer imaginären zukünftigen 'Verortung' gefragt werden. Hier zeigt sich eine Bewältigungslage, aus der heraus das Vertrauen in die Stabilität der soziostrukturellen Bedingungen als zukünftigem Möglichkeitsraum verunsichert wird, was sich in der Frage: 'Habe ich hier an diesem Ort eine Zukunft?', ausdrückt. Dabei wird die 'Groß-Stadt' als Möglichkeitsraum imaginiert, welcher mehr Optionen für die eigene Zukunft eröffnet als dies für die gegenwärtige Wohnsituation erwartet 34 wird. Die Mobilität, beispielsweise in die 'imaginierte Stadt', wird als notwendiger Schritt in die Zukunft betrachtet und insbesondere auch in Hinblick auf die eigene Ausbildung oder Berufsausübung und den damit einhergehenden 'Lebenschancen' gerahmt. Zugleich geht die Bereitschaft zur Mobilität und damit, die 'Heimat' zu verlassen, einher mit einer Vorstellung, hierdurch in die eigene Zukunft zu investieren, sie gestaltbar zu machen und hierüber Optionen zur Lebensgestaltung zu gewinnen. Mobilität und Flexibilität in ihren verschiedensten Dimensionen würden dann als Notwendigkeit für eine gelingende zukünftige Lebenspraxis angesehen werden (vgl. Shell 2016). 6.3 Die Gruppe der Gleichaltrigen Die lebensweltliche Relevanz der Gleichaltrigengruppe ist in unseren Untersuchungen deutlich zutage getreten (siehe Punkt 4.2). Die Clique, Peer-Group oder der Freundeskreis sind mehr als nur gleichaltrige Gefährten, mit denen man Interessen teilt. In der Gleichaltrigengruppe lässt sich Gleichheit in der Stellung zueinander erfahren und Unabhängigkeit besser verwirklichen als im sozialen Bezug zu Erwachsenen (vgl. Oerter, 2002). Die Clique bietet Orientierung, Stabilisierung und emotionale Geborgenheit in einer Lebensphase des Umbruchs und der Veränderungen, in der die Jugendlichen in selbstverantwortlicher Weise auf sich selbst verwiesen sind. Die Clique ermöglicht einen sozialen Freiraum zum Erproben von Verhaltensweisen und riskanten Handlungen und bietet Raum für Selbstinszenierungen und Identifikationsmöglichkeiten (vgl. Oerter 2002: 310). Dabei können Cliquen die Möglichkeit eröffnen, 'Anders zu sein', dennoch sozialen Rückhalt zu erfahren und 'so wie man ist' anerkannt zu werden. So geben in der Jugendbefragung insbesondere die Jugendlichen, welche sich selbst als weniger handlungsfähig einschätzen an, ihre Freizeit zugleich auch weniger mit anderen Jugendlichen zu verbringen. Die 25% (!) der befragten Jugendlichen, welche sich selbst als nicht im vollen Umfang als handlungsfähig, also nicht als Gestalterin bzw. Gestalter der eigenen Lebensumstände erfahren, sind diejenigen, welche signifikant seltener ihre Freizeit mit einer Clique, mit einer festen Gruppe der Gleichaltrigen verbringen. Dies kann ein Hinweis auf individuelle Zusammenhänge der Lebensbewältigung sein und verweist damit auf die hohe Bedeutung von sozialem Rückhalt, Anerkennung von anderen, Selbstwert und Selbstwirksamkeit, welche die grundlegenden Dimensionen von Handlungsfähigkeit sind. 35 6.4 Orte und Treffpunkte - fehlen Räume der Aneignung? Deutliche Hinweise auf die Bedeutung von Treffpunkten für Jugendliche haben wir in den Gruppendiskussionen erhalten (siehe auch Punkt 5.2). Die Bedeutung informeller Orte als Treffpunkte wird auch in der Jugendforschung betont. So geht etwa Hurrelmann davon aus, dass Freizeit dann eine hohe persönliche Relevanz besitzt, „wenn die Handlungen nicht in erster Linie auf ein Ziel ausgerichtet sind, sondern selbstzweckhaften Charakter tragen.“ (Hurrelmann 2007: 135) Das 'draußen Sein', das 'Rumhängen' und das 'Chillen', so lässt sich dann schlussfolgern, verweisen auf eine explorative, selbstzweckhafte Handlungspraxis, welche aber augenscheinlich nach 'Jugendorten' fragt, also nach Treffpunkten, welche für die Jugendlichen eine spezifische Qualität besitzen. Öffentlicher Raum, so kann man aus aneignungstheoretischer Perspektive ergänzen, wird von Jugendlichen angeeignet und ganz unterschiedlich genutzt, indem „die Jugendlichen gesellschaftlich und individuell notwendige selbstständige Lebensformen entwickeln und dadurch ihren sozialen und materiellen Lebenserfahrungen Ausdruck hen.“ (Deinet 1998: 132). Mit dem Bewältigungslagenkonzept lässt sich nun anfragen, ob es diese Räume überhaupt und in ausreichender Weise gibt, unter welchen Bedingungen sie von Jugendlichen zu nutzen und anzueignen sind und welche Beschaffenheit und Qualitäten diese Orte und Treffpunkte brauchen, um für Jugendliche zu einem guten Treffpunkt zu werden. 6.5 Anerkennung und Gemeinschaft Einerseits fordern die Jugendlichen, mit ihren für Erwachsene auch oft undurchschaubaren sozialen Netzwerken, unbeobachtet zu sein, Rückzugsorte zu haben, ihre 'eigenen' Orte zu haben, zugleich wünschen sie sich aber die Anerkennung durch Erwachsene. In den Gruppendiskussionen haben Jugendliche kenntlich gemacht, dass sie sich nicht als Teil einer 'Gegenwelt' zu der Erwachsenenwelt verstehen, sondern sich auch als Teil der Gemeinschaft betrachten und auf diese Weise auch wahrgenommen werden wollen. Die Bewältigungslage zeichnet sich durch die Anerkennung und Ausgestaltung dieser Grenze, zwischen jugendspezifischem Rückzug und Abgrenzung und der Anerkennung durch die Erwachsenen und die Gemeinschaft aus. So kann es den Jugendlichen wichtig werden, unter sich zu sein, sich den Blicken der Öffentlichkeit zu entziehen und sich zurückzuziehen, aber zugleich hat es eine hohe Bedeutung, im öffentlichen Raum als Teil der Gemeinschaft wahrgenommen und als dessen Teil anerkannt zu werden. Für die Jugendlichen drückt sich dieses 'gesehen werden' zum Beispiel auch in der 'Praxis des Grüßens' aus, da sie hierdurch zumindest symbolisch anerkannt werden und sich als zugehörig verstehen können. 36 6.6 Qualifikationsparadoxon und die lebbare Gegenwart Die Ergebnisse der Gruppendiskussionen und der Jugendbefragung geben an verschiedenen Stellen Hinweise darauf, dass die Jugendphase von den Jugendlichen selbst auch als 'Qualifikationsphase' verstanden wird (siehe Punkt 5.5; 5.6). Damit verweist die Jugendphase zum einem auf eine zu bewältigende (lebbare) Gegenwart und zugleich auf die eigene (ungewisse) berufliche Zukunft. Damit lässt sich die Jugendphase nicht mehr als ein 'Moratorium' von gesellschaftlichen Erwartungen oder Anforderungen betrachten, sondern die Jugendlichen wissen sehr wohl um die Anforderungen, welche mit einer als notwendig verstandenen Zukunftsorientierung einhergeht. Diese Bewältigungslage zeichnet sich durch eine hohe Qualifikationsanforderung aus. Die biografische Bedeutung des schulischen Erfolgs und der Erwerb schulischer Qualifikation sind den Jugendlichen bewusst. Dem Schulerfolg wird im Selbstverständnis der Jugendlichen ein hoher biografischer Stellenwert zugewiesen. Insbesondere wenn eine große Anzahl von Jugendlichen den Wunsch nach Orientierung in einer unübersichtlich gewordenen (globalisierten, digitalisierten) Welt haben und dabei eine 'bürgerliche Normalbiografie mit angemessenen Wohlstand' anstreben (vgl. Shell 2015), gewinnt die Jugendphase als Qualifikationsphase an Bedeutung, verbunden mit der Bereitschaft, (1) die notwendigen Leistungen zu erbringen (leistungsorientiert) und (2) die Bereitschaft zur Anpassung aufzubringen. Die aktuelle Shell-Studie spricht von einer Orientierung der Jugendlichen an der Mehrheit - eine Ausrichtung an dem 'Mainstream' und Durchschnitt - eine Suche nach Orientierung (Normalität) in Zeiten verunsicherter Zukünfte und Perspektiven (vgl. Shell 2015). Dass die Jugendlichen nun ihre Zukunftsperspektiven gut einschätzen und zugleich aber die 'Schule nicht schleifen lassen können' (siehe Punkt 5.5), verweist in unserer Lesart auf eine Bewältigungslage mit hoher Anforderung an die Selbstführungskräfte und das Selbstmanagement der Jugendlichen. Obwohl Jugendliche also für sich selbst die Qualifikationsanforderungen als biografisch sinnvoll verstehen und sich damit frühzeitig auf die Lebensphase des Erwachsenenlebens vorzubereiten beginnen wollen und sollen, sind die damit verbundenen 'Versprechungen' nicht immer garantiert. Leistungsbereitschaft und schulische Qualifikationen können nicht mehr in jedem Fall als Garantie für eine 'bürgerliche Normalbiografie und Wohlstand ' angesehen werden. (vgl. Scherr 1998:158) Dieses Qualifikationsparadox besagt, dass die schulisch-berufliche Qualifikation für die unabhängige Lebensgestaltung als immer wichtiger erfahren wird, aber zugleich die eigene Qualifikation immer weniger entsprechende soziale Positionen garantieren kann. Trotz dieser Bedeutung, welche der Schule für die zukünftigen Lebensmöglichkeiten und Optionen aus der Perspektive der Jugendlichen ausweist, problematisieren sie die dort stattfindende Reduktion 37 auf die Vermittlung verwertbarer Qualifikationen. Durch die 'Reduktion auf Noten' beschreiben Jugendliche sich selbst in schulischen Kontexten als 'nicht gesehen'. 6.7 Chillen - eine Reaktion auf alltägliche Anforderungen der Bewältigungslagen? Chillen scheint eine äußerst beliebte Freizeitbeschäftigung von Jugendlichen zu sein (siehe Punkt 5.2 ). Das Chillen lässt sich als eine jugendkulturelle Praxis verstehen. Gemeint ist ein Tun, dessen innere Logik sich nur aus einem komplexen jugendspezifischen Zusammenhang verstehen lässt. Der aus dem amerikanischen Slang stammende Begriff des Chillens steht dafür, sich zu beruhigen, sich zu entspannen, runterzukommen, rum- und abzuhängen. Einzug in den deutschen Sprachraum erhielt er möglicherweise in den 1990er Jahren durch die sogenannten 'ChillOut-Areas' auf Techno Veranstaltungen, in denen die Partygäste nach stundenlangem Tanzen einen Ort fanden, an dem sie mit ruhiger (chilliger) Musik und gemütlichen Liege- und Sitzmöbel runter kommen konnten. Entspannung, Nichtstun, abhängen und gammeln können Synonyme für chillen sein. Man würde diese jugendkulturelle Praxis nun aber verkennen, wenn man sie als 'passives' Nichtstun verstehen würde. Vielmehr kultiviert 'Chillen' einen Modus der In-Verhältnissetzung mit der umgebenden Welt (den Dingen und den Anderen). Denn 'chillen' kann man alleine oder mit anderen und man kann während des 'chillens' ganz 'nebenbei' auch andere Dinge tun, Serien schauen, telefonieren, im Internet surfen usw.. Das Phänomen 'chillen' entspricht dem Modus der Verhältnissetzung dann am ehesten, wenn es frei ist von Leistungsanforderungen und Nützlichkeitserwartungen. Dies entlastet gegenüber den alltäglichen Anforderungen des Selbstmanagements, der Selbstführung und Selbstregulierung und ist selbst doch ein Teil davon. Diese jugendkulturelle Praxis steht damit für eine Distanzierung von Erwartungen und Anforderungen von Außen und eine Distanzierung gegenüber einem Zeitregime, welches die (beschleunigte) Gegenwart (vgl. Rosa 2005) in eine zu gestaltende Zukunft stellt. Würde ein Jugendlicher gefragt werden, welchen Zweck das Chillen erfüllt, so könnte die Antworten lauten: Um runterzukommen, um zu entspannen, keinen Stress zu haben. Damit ist das Chillen eine Art Umgang mit den allgemeinen Anforderungen des Alltags. Während das Chillen im Sinne von cool-sein als rebellische Distanzierung zur Umwelt verstanden werden kann, kann es aber zugleich auch als eine im fortgeschrittenen Kapitalismus angemessene Strategie des Selbstmanagements verstanden werden. 38 Ausblick Die im Bericht dargestellten theoretischen Bezüge, die Forschungsergebnisse und die skizzierten Bewältigungslagen sind das Ergebnis der ersten Förderphase, welche im Februar 2016 beendet wurde. Sie bilden nun die Grundlage für den zweiten 'konzeptionellen' Teil des Projektes. Vor diesem Hintergrund sollen in der zweiten Projektphase Strategien für die Konzeptentwicklung einer zeitgemäßen und nachhaltigen Offenen Kinder- und Jugendarbeit in Euskirchen entwickelt werden. Hierzu sind drei Arbeitstreffen (Workshops) geplant, in denen zunächst die aus der Forschung gewonnenen Wissensbestände mit dem Praxiswissen unterschiedlicher Akteurinnen und Akteure in Euskirchen zusammengeführt, diskutiert und diskursiv validiert werden. Darüber hinaus soll ein Arbeitsprozess eröffnet werden, in dem die unterschiedlichen Akteursgruppen: Praktikerinnen und Praktiker der Jugendarbeit, Jugendamt, politische Gremien und weitere Stakeholder eingebunden werden, um Relevanzsetzungen, Orientierungspunkte und gemeinsame Ideen zu entwickeln und den Prozess der Praxisbegleitung immer wieder an den Themen und der konkreten Praxis in Euskirchen auszurichten. Im weiteren Verlauf und flankiert von fachlichen Inputs der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Forschungsschwerpunktes sowie durch den Austausch zwischen Forschungserkenntnissen einerseits und fachlicher Expertise der Praxis andererseits werden konzeptionelle Fragestellungen entwickelt und Verfahrensweisen diskutiert. Darüber hinaus soll für eine nachhaltige Weiterentwicklung der Offenen Kinder- und Jugendarbeit für Euskirchen und eine Zusammenarbeit unterschiedlicher Akteursgruppen geworben werden. 39 Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Zeitschiene erste Projektphase ...................................................................................................... 5 Abbildung 2: Alter der Befragten .......................................................................................................................... 18 Abbildung 3: Alter der Befragten .......................................................................................................................... 19 Abbildung 4: Wohnort der Befragten .................................................................................................................. 20 Abbildung 5: Freizeitorte.......................................................................................................................................... 21 Abbildung 6: Mit wem verbringst Du Deine Freizeit? .................................................................................... 22 Abbildung 7: Freizeitaktivitäten (1) ...................................................................................................................... 23 Abbildung 8: Freizeitaktivitäten (2) ...................................................................................................................... 24 Abbildung 9: Freizeitaktivitäten (3) ...................................................................................................................... 25 Abbildung 10: Freizeitverhalten - Schulferien und Urlaub .......................................................................... 26 Abbildung 11: Mobilität (1)...................................................................................................................................... 27 Abbildung 12: Mobilität (2)...................................................................................................................................... 28 Abbildung 13: Handlungsfähigkeit und Selbstwirksamkeit (1).................................................................. 29 Abbildung 14: Handlungsfähigkeit und Selbstwirksamkeit (2).................................................................. 30 Abbildung 15: Wünsche und Interessen (1) ...................................................................................................... 31 Abbildung 16: Wünsche und Interessen (2) ...................................................................................................... 32 Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Theoretisch-konzeptionelle Hintergrundfolie für die Entwicklung der Leitfragen ........... 7 Tabelle 2: Verortungen in der Praxis ....................................................................................................................... 8 Tabelle 3: Rücklauf aus der quantitativen Befragung .................................................................................... 11 Tabelle 4: Basisinformationen zu den Gruppendiskussionen ..................................................................... 11 40 Literatur Beck, Ulrich (1986): Die Risikogesellschaft. 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