Daten
Kommune
Kreis Euskirchen
Größe
3,1 MB
Datum
01.06.2015
Erstellt
22.05.15, 04:05
Aktualisiert
22.05.15, 04:05
Stichworte
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Integriertes Handlungskonzept
für die Region Aachen
Aachen, 12.03.2015
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
Inhaltsverzeichnis
1.
Region Aachen ................................................................................................................................. 1
2.
Regionalwirtschaftliche Analyse ...................................................................................................... 4
3.1 Demografie und Stadt‐Land‐Region .............................................................................................. 4
3.2 Wirtschaft und Arbeit in der Region Aachen ................................................................................ 8
3.3 Wissenschaft und Bildung ........................................................................................................... 27
3.4 Energie, Klima, Ressourcen ......................................................................................................... 33
3.
SWOT Analyse ............................................................................................................................... 37
4.
Ziele und Strategien ...................................................................................................................... 39
5.1 Internationale und euregionale Entwicklungsstrategie .............................................................. 41
5.2 Innovative Wirtschafts‐ und Regionalentwicklung ..................................................................... 42
5.3 Erneuerbare Energien, Klimaschutz, Ressourceneffizienz .......................................................... 44
5.4 Wirtschaftsnahe Infrastruktur / Gewerbeflächenentwicklung / Mobilität ................................ 45
5.5 Fachkräftesicherung .................................................................................................................... 47
5.6 Bildungs‐ und Wissensregion ...................................................................................................... 48
5.7 Tourismus, Kultur, Freizeit .......................................................................................................... 50
5.8 Kooperation, Kommunikation, Standortmarketing .................................................................... 51
5.
Organisation und relevante Stakeholder ...................................................................................... 52
6.
Übersicht zu den geplanten Umsetzungsprojekten ...................................................................... 56
Abbildungsverzeichnis ........................................................................................................................... 57
Tabellenverzeichnis ............................................................................................................................... 58
Impressum ............................................................................................................................................. 59
„Verstand besteht nicht nur im Wissen, sondern auch in der Fähigkeit, das Wissen in der Tat an‐
zuwenden.“ Aristoteles
I
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
1. Region Aachen
Die Region Aachen Blick zurück – nach vorn!
Als im Jahre 1997 mit der Schachtanlage Sophia‐Jacoba in Hückelhoven die letzte Steinkohlezeche
des traditionsreichen Aachener Reviers geschlossen wurde, ging ein zwei Jahrzehnte währender
Strukturwandlungsprozess in weiten Teilen der nördlichen Region Aachen in seine letzte Phase. Mehr
als 150 Jahre lang war der Steinkohlenbergbau der Taktgeber eines dynamisch prosperierenden
Wirtschaftsraums rund um die alte Kaiserstadt Aachen gewesen – die Auswirkungen auf das Wirt‐
schafts‐, Arbeitsmarkt‐ sowie das Gesellschafts‐ und Sozialgefüge der gesamten Region waren tief
greifend und sind bis heute spürbar.
Das Ende des Steinkohlenbergbaus im Raum Aachen war nicht der erste – und es wird auch nicht der
letzte weitreichende wirtschaftsstrukturelle Wandelungsprozess sein, den diese Region zu bewälti‐
gen hat: Aktuell zeichnet sich der zunehmende Verlust von Arbeitsplätzen im verarbeitenden Gewer‐
be – insbesondere im Bereich der industriellen Produktion ab. Perspektivisch – d.h. über die nächsten
beiden Jahrzehnten hinweg – wird sich die Region mit den Folgen der zunehmenden Reduzierung bis
zum endgültigen Ende des Bergbaus im Rheinischen Braunkohlenrevier auseinandersetzen und den
Strukturwandel angehen.
Gleichwohl markiert die Entwicklung der jüngeren Vergangenheit einen entscheidenden Wende‐
punkt im Denken und Handeln in der
Abbildung 1: Region Aachen ‐ Übersicht
Region: Strukturwandel kann nicht
vermieden werden – und vielleicht
sollte er auch nicht vermieden wer‐
den. Aber Strukturwandel ist gestalt‐
bar! Das zielgerichtete Zusammenwir‐
ken der relevanten Akteure aus Wirt‐
schaft, Politik und auch der in der Re‐
gion Aachen besonders wichtigen In‐
novationsgeber aus Hochschulen und
Forschungseinrichtungen kann ent‐
scheidend mit dazu beitragen, die
negativen Folgen regionalökonomi‐
scher Veränderungsprozesse abzufe‐
dern – und vor allem neue, zukunfts‐
orientierte Strukturen aufzubauen.
Die Region Aachen, das sind die Kreise
Heinsberg, Düren und Euskirchen so‐
wie die Städteregion Aachen, die sich
2009 aus der Stadt Aachen und den Städten und Gemeinden des ehemaligen Kreis Aachen gebildet
hat. Die Region Aachen zeichnet sich durch eine außerordentlich heterogene Struktur aus.
1
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
Gleichwohl handelt es sich um einen Raum, der willens und in der Lage ist, aus der gemeinsamen
Vergangenheit – wirtschaftsstrukturell ebenso wie administrativ – Gegenwart zu gestalten und eine
gemeinsame Zukunft zu entwickeln.
Denn eine ausgeprägte Dialog‐ und Kommunikationskultur hat in der Region Aachen traditionell ei‐
nen hohen Stellenwert: Aus dem alten Regierungsbezirk Aachen (bis 1972) und dem deckungsglei‐
chen räumlichen Zuschnitt der Aachener Wirtschaftskammern entwickelte sich in den 1980er Jahren
Regio Aachen e.V. und AGIT mbH. Es galt zum einen die Chancen der Zusammenarbeit mit den nie‐
derländischen und belgischen Partnern jenseits der damals noch faktisch existenten europäischen
Binnengrenzen besser zu nutzen und anderseits den Herausforderungen des Strukturwandels durch
technologie‐ und innovationsorientierte Entwicklungsimpulse in die Region hinein zu begegnen. Zu
ihrer Zeit waren die beiden Institutionen zukunftsorientiert; und insbesondere die AGIT mbH mit
ihrer Aufgabenstellung als eine auf Technologietransfer ausgerichtete gesamtregionale Entwick‐
lungsagentur einzigartig in NRW und darüber hinaus.
Doch die Zeiten ändern sich – heute weiß man, dass die Antwort auf eine der Herausforderungen
eines regionalökonomischen Strukturwandels mit seinen wirtschaftlichen, arbeitsmarktpolitischen
und gesellschaftlich‐sozialen Verwerfungen nicht vor allem – oder gar ausschließlich – mit Technolo‐
gieentwicklungen und ihrer Diffundierung in die (regionale) Wirtschaft beantwortet werden können.
Technologietransfer ist nach wie vor wichtig – erst recht für eine sog. "Technologieregion" als die
man den Raum Aachen bezeichnen kann. Sicherlich ist Technologietransfer aber nicht der zentrale
Faktor, um einen Strukturwandel nachhaltig zu gestalten.
Dieser Erkenntnis folgend ging die Region Aachen in jüngster Vergangenheit einen gemeinsamen
neuen Weg und gründet als Ergebnis eines umfassenden Reformprozess der regionalen Institutionen
im Jahre 2012 aus Regio Aachen e.V. und wesentlichen Teilbereichen der AGIT mbH den neuen
Zweckverband Region Aachen. Der Zweckverband Region Aachen ist nicht nur politisch‐administrativ
legitimierte Körperschaft des Gesamtraums, sondern ein in dieser Form einzigartiger Multifunktions‐
verband der Regional‐ und Euregionalentwicklung. Er verbindet inhaltlich‐strategischen Kompeten‐
zen mit operativen Beratungs‐ und Unterstützungs‐ Know‐how für die regionalen Akteure – vor allem
aber ist er mit demokratisch legitimierten Entscheidungsstrukturen für die Gesamtregion ausgestat‐
tet. Damit ist der Zweckverband Region Aachen nicht nur das zentrale Element einer wirkungsvollen
regionalen Dialog‐ und Kooperationskultur, sondern auch Motor einer in der Region Aachen konse‐
quent verfolgten Triple‐Helix‐Strategie "Wirtschaft – Wissenschaft – Politik", wenn es um langfristig
wirkende regionale Entwicklungsansätze geht. Dies gilt sowohl nach innen wie auch im Zusammen‐
wirken mit externen Partnern.
Das kann durchaus als eine besondere Stärke der Region betrachten werden: regionale wie teilregio‐
nale Herausforderungen werden mit dem Ziel angegangen, pragmatische, für alle Akteure im Kon‐
sens zu tragende Lösungsansätze zu finden und diese – versehen mit einem bindendem Votum – zur
Umsetzung zu bringen.
Letzteres ist neu und verstärkt regionale Entwicklungsstrategie noch einmal nachhaltig. Gleichwohl
ist feststellbar, dass die Region Aachen seit mehr als drei Jahrzehnten mit einem hohem Maß an
Stringenz eine durch den Strukturwandel induzierte regionale Entwicklungsstrategie verfolgt – die
aufgrund von Veränderungsprozessen freilich immer wieder an neue Herausforderungen angepasst
und weiter entwickelte wurde. Dafür stehen bislang vier Regionalen Entwicklungskonzepte und Leit‐
bilder, an deren Reihe sich das aktuell vorliegende Regionale Entwicklungskonzept logisch anschließt:
2
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
Anfang der 90er Jahre legte die damals neu gegründete Regionalkonferenz der Region Aachen – als
erster gemeinschaftlicher Wirtschaftsraum in Nordrhein‐Westfalen – ein umfassendes Regionales
Entwicklungskonzept (REK) vor. Angesichts des fortschreitenden Strukturwandels und den damit
verbundenen Herausforderungen wurde 1995 die umfassende Fortschreibung des Regionalen Ent‐
wicklungskonzepts (fo‐REK) beschlossen, die der Regionalkonferenz 1999 vorgelegt wurde.
Mit der Entwicklung des "Leitbildes Region Aachen 2015", wurden 2007 neue, an die sich wandeln‐
den Rahmenbedingungen angepasste Strategie‐Leitlinien für die Entwicklung der Gesamtregion in
der nächsten Dekade erarbeitet. Eine wesentliche Rolle dabei spielten auch die sich seinerzeit erst‐
mals für die gesamte Region Aachen eröffnenden neuen Möglichkeiten einer stringent auf Technolo‐
gie‐ und Innovationsentwicklung ausgerichteten NRW‐EU Ziel 2 EFRE‐Förderperiode 2007‐2013.
Das Regionale Entwicklungskonzept Region Aachen 2010 wurde im Rahmen des Ziel 2 Förderwett‐
bewerbs "RegioCluster.NRW" entwickelt
Abbildung 2: EMR und IRR
und stellt vor allem eine auf die Clus‐
terstrategie des Landes abgestimmte
Umsetzungskonzeption für die Region
Aachen dar.
Das nun vorzulegende Regionale Ent‐
wicklungskonzept des Jahres 2015
spannt wiederum den Bogen weiter,
denn sich deutlich abzeichnende Struk‐
turveränderungen bringen neue Heraus‐
forderungen mit sich. Dafür stehen nicht
nur die regionalökonomischen Auswir‐
kungen des Demografischen Wandels,
eine fortschreitende Deindustrialisie‐
rung und der Wegfall von Arbeitsplätzen
im produzierenden Gewerbe oder aber
die Möglichkeiten, die mit einer fort‐
schreitenden Digitalisierung der Wirt‐
schaft verbunden sind. Dabei kon‐
zentriert sich dieses Regionale Entwicklungskonzept auf die Schwerpunkte der Ausrichtung der Euro‐
päischen Strukturförderung und insbesondere auf den Rahmen des Ziel 2 EFRE. Es wird ergänzt um
bestehende Konzepte und Handlungspläne z.B. im Bereich der Fachkräftesicherung, der Kulturregion
Aachen oder der Euregionalen Entwicklungsstrategie 2020, die jeweils weiterhin ihre Gültigkeit ha‐
ben.
In der Region Aachen wird sich in den nächsten Jahrzehnten vielmehr ein weitaus tiefgreifenderer
Strukturwandel vollziehen: Das Ende des Rheinischen Braunkohlentagebaus ist absehbar und wird
voraussichtlich aufgrund der Energiewende andererseits sowie der auf landes‐, bundes‐ und EU‐
Ebene gesetzten Klimaschutzziele forciert werden. Die wirtschaftsstrukturellen und arbeitsmarktpoli‐
tischen Auswirkungen dieser Entwicklung werden weitreichend sein für die Region Aachen, die der
zentrale Projektions‐ und Entwicklungsraum der sog. Innovationsregion Rheinisches Revier (IRR) ist.
Es wird also in den nächsten Jahren darauf ankommen, für und im engen Schulterschluss mit der
Innovationsregionsregion Rheinisches Revier Entwicklungsperspektiven aufzuzeigen und konkrete
3
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
Projekte zu entwickeln, die den Strukturwandel befördern und dabei ebenso zukunftsorientiert wie
nachhaltig gestalten.
Zum anderen muss und wird die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Rahmen der Euregio
Maas Rhein (EMR), deren deutscher Partner die Region Aachen ist, in den nächsten Jahren wieder
stärker an Bedeutung gewinnen. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund, als das die Region
Aachen im März 2016 für drei Jahre den Vorsitz in der EMR übernehmen wird. Angesichts der nicht
zu leugnenden krisenhaften Entwicklungen in Europa wird es künftig verstärkt darauf ankommen, die
gewachsenen Strukturen des europäischen Integrationsprozesses – und zu diesen gehört die Euregio
Maas‐Rhein und die damit seit fast vier Jahrzehnten verbundene institutionalisierte grenzüber‐
schreitendende Zusammenarbeit im Nukleus der Europäischen Union – weiter zu entwickeln und
nachhaltig auszuformen. Mit der im Jahr 2013 verabschiedeten Entwicklungsstrategie Euregio Maas‐
Rhein 2020 wurde hier die richtige Grundlage gelegt. Der Region Aachen wird dabei besonders in den
nächsten Jahren eine wichtige Rolle zukommen.
2. Regionalwirtschaftliche Analyse1
3.1 Demografie und Stadt‐Land‐Region
Laut Fortschreibung des Bevölkerungsstandes auf Basis des Zensus von 2011 durch IT NRW lebten
zum Stichtag 31.12.2013 1.239.122 Menschen in der Region Aachen. Sie verteilen sich wie folgt auf
die einzelnen Gebietskörperschaften:
Tabelle 1: Einwohnerzahlen der Gebietskörperschaften
Gebietskörperschaft
Einwohnerzahl
Stadt Aachen
Städteregion Aachen*
Städteregion Aachen**
Kreis Düren
Kreis Euskirchen
Kreis Heinsberg
Region Aachen Gesamt
*= ohne Stadt Aachen
**= inkl. Stadt Aachen
Quelle: IT NRW – Landesdatenbank
Fläche (km²)
241.683
303.384
545.067
258.385
187.437
248.233
1.239.122
Einwohner/km²
160,84
546,24
707,08
941,41
1.248,71
627,98
3.525,18
1.502,63
555,40
770,87
274,47
150,10
395,29
351,51
Hier zeigt sich deutlich die Heterogenität der Region Aachen: die Städteregion Aachen mit der Stadt
Aachen stehen hier im klaren Gegensatz zu den eher ländlich geprägten Kreisen. Die Region Aachen
muss daher die Herausforderung bewältigen, sowohl den Bedürfnissen einer Stadtregion im Verdich‐
tungs‐ und Verflechtungsgebiet um Aachen als auch den ländlichen Regionen in den Kreisen Düren,
Euskirchen und Heinsberg gerecht zu werden.
1
Aufgrund der statistischen Zuordnung der Stadt Aachen zur Städteregion Aachen ist in vielen Themenfeldern eine diffe‐
renzierte Darstellung der Stadt Aachen nicht möglich. In diesen Fällen beziehen sich die Aussagen zur Städteregion auf das
Gesamtgebiet inkl. der Stadt Aachen.
4
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
Der Anteil der Bevölkerung unter 25 Jahren liegt in der Region Aachen bei 25,67% und damit etwas
höher als der NRW‐Schnitt von 24,75%. In der Stadt Aachen ist der Anteil der unter 25‐jährigen mit
27,88% am höchsten. Hier macht sich die Zahl der Studierenden an den Aachener Hochschulen deut‐
lich bemerkbar. So verzeichnet Aachen mit 27.458 Einwohnern zwischen 20 und 25 Jahren mit Ab‐
stand die höchste Zahl in dieser Altersgruppe in der Gesamtregion. Den geringsten Anteil an der Be‐
völkerung machen die unter 25‐jährigen im Kreis Euskirchen mit 24.67% aus.
516.608 Einwohner der Region Aachen sind 50 Jahre oder älter, das entspricht einem Anteil von
41,69% (NRW: 41,88%). Am höchsten ist der Wert für den Kreis Euskirchen mit 43,9%, vor Düren
(43,04%), der Städteregion Aachen (ohne Stadt) 42,7% und dem Kreis Heinsberg 52,54%. Einzig die
Stadt Aachen hat mit 36,01% einen deutlich geringeren Anteil der über 50‐jährigen als NRW.
Der Ausländeranteil in der Region liegt bei 9,91%2 (NRW: 11,17%3). Die meisten Ausländer leben in
der Städteregion Aachen (einschl. Stadt Aachen) mit 67.093 Einwohnern machen sie einen Anteil von
12,31% aus. Den geringsten Ausländeranteil verzeichnet der Kreis Euskirchen mit 4,77%. Die Grenzla‐
ge der Region macht sich nur teilweise bemerkbar. Es leben nur 2.748 Belgier in der Region Aachen,
was 2,24% des Ausländeranteils entspricht. Deutlich stärker vertreten sind die Niederländer: 11.803
Niederländer leben in der Region Aachen (9,61%). Besonders stark vertreten sind sie im Kreis Heins‐
berg. Hier stellen die mehr als 7.000 Niederländer fast ein Drittel des Ausländeranteils. Die Auslän‐
derstatistik bildet jedoch nicht den gesamten Bevölkerungsanteil mit Migrationshintergrund ab. Die‐
ser lag im Jahr 2012 in der Region Aachen bei 21%.4
Bevölkerungsprognose
Der Demografische Wandel macht sich auch in der Region Aachen nachhaltig bemerkbar. So wird die
Bevölkerung in der Region Aachen bis zum Jahr 2030 um drei Prozent abnehmen. Besonders betrof‐
fen sind die Kreise Düren und Euskirchen, dort sinkt die Bevölkerung um 4,9% bzw. 4,2%. Lediglich
die Stadt Aachen kann einen Zugewinn von 0,7% verzeichnen. Dennoch liegt die Region damit knapp
unter dem Wert für ganz NRW von 3,7%. Die eigentliche Herausforderung stellt für die Region aller‐
dings die Veränderung der Altersstruktur dar. Die Gruppe der über 65‐Jährigen wächst um 39,7%,
deutlich stärker als in ganz NRW (27,4%); besonders deutlich ist der Anstieg in den Kreisen Heinsberg
und Euskirchen mit 46,9 bzw. 45,3%. Gleichzeitig wird es deutlich weniger Schulabgänger, Auszubil‐
dende und Studenten in der Region geben. Der Anteil der 15‐29‐Jährigen sinkt um 21,6% – auch die‐
ser Wert ist höher als der Landesdurchschnitt von 20,4%. Am stärksten ist der Kreis Heinsberg mit
einem Rückgang von 27,3% betroffen.
Tabelle 2: Prognose der Bevölkerungsentwicklung 2011‐2030
Region Städteregion
Aachen
Alter
Kreis
Düren
Kreis
Euskirchen
Kreis
Heinsberg
Region
Aachen
NRW
unter 15
15‐29
30‐49
‐15,5%
‐24,8%
‐17,2%
‐17,7%
‐24,4%
‐19,8%
‐16,7%
‐27,3%
‐15,1%
‐12,4%
‐21,6%
‐13,5%
‐10,4%
‐20,4%
‐12,6%
‐6,8%
‐17,4%
‐8,9%
2
Ausländerstatistik zum Stichtag 31.12.2013; Quelle: IT NRW – Landesdatenbank
Eigene Berechnung nach Ausländerstatistik zum Stichtag 31.12.2013 (1.963.242 EW mit ausländischer Staatsangehörig‐
keit) und Einwohnerstatistik NRW zum Stichtag 31.12.2013 (17.571.856 EW)
4
IT NRW, Ergebnisse des Mikrozensus, aus: http://fachkraefteinitiative‐nrw.de/regionen‐im‐vergleich
3
5
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
50‐65
über 65
insgesamt
‐7,4%
34,3%
‐1,8%
‐6,0%
40,4%
‐4,7%
‐5,1%
45,3%
‐4,0%
‐2,7%
46,9%
‐3,0%
‐5,8%
39,7%
‐3,0%
‐3,3%
27,4%
‐3,7%
Quelle: IT NRW
Dieser Trend hat auch Folgen für die Zahl der Erwerbspersonen. 2030 werden dem Arbeitsmarkt in
der Region Aachen deutlich weniger Personen im erwerbsfähigen Alter zur Verfügung stehen.5
Für die Region Aachen bedeutet diese Prognose eine große Herausforderung. Die stark wachsende
Zahl älterer Menschen schafft die Notwendigkeit, die über 65‐Jährigen einzubinden und Rahmenbe‐
dingungen zu schaffen, die es ermöglichen, auch im Alter in jeder Hinsicht so lange wie möglich aktiv
zu bleiben. Gleichzeitig bedeutet der Zuwachs an älteren Menschen auch eine erhöhte Belastung der
Sozialsysteme insbesondere im Pflegebereich. Die ländlichen Teile der Region werden hier besonders
betroffen sein, schon jetzt liegt beispielsweise im Kreis Euskirchen der Anteil der Über‐50‐Jährigen
bei 43,9%. Es gilt daher für die Region Konzepte und Ansätze zu entwickeln, welche die Daseinsvor‐
sorge auf Dauer den geänderten Bedingungen anpassen und sichern. Verschärfend für die Sicherung
der Daseinsvorsorge wirkt sich das relativ hohe Armutsrisiko in der Region Aachen aus. Mit 16% Pro‐
zent ist die Armutsrisikoquote nach dem Ruhrgebiet die zweithöchste Nordrhein‐Westfalens und
liegt 1,3% höher als in ganz NRW. Hinzukommt, dass das Äquivalenzdurchschnittseinkommen in der
Region Aachen um 4,5% unter dem Durchschnittseinkommen in NRW liegt. Nur im Ruhrgebiet liegen
die Einkommen mit 7,5% noch tiefer unter dem Landesdurchschnitt. Hier zeigt sich ein deutlicher
Unterschied zur benachbarten Rheinschiene. Dort ist die Entwicklung beinahe gegenläufig: Im Rhein‐
land wird das höchste Durchschnittseinkommen ganz NRWs erzielt, 10% über dem Landesdurch‐
schnitt, gleichzeitig ist die Armutsrisikoquote mit 12,6% die zweitniedrigste Nordrhein‐Westfalens.6
Mobilität, Verkehrsplanung
Die Region Aachen ist eine Pendler Region. Mehr als 640.000 Menschen pendeln täglich in die Regi‐
on, innerhalb oder aus der Region Aachen zu ihren Arbeitsstätten.
5
Siehe Kapitel 3.2 Wirtschaft und Arbeit
Vgl. Sozialbericht NRW 2012 im Auftrag des Ministeriums für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein‐
Westfalen. S. 73ff.
6
6
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
Abbildung 3: Ein‐ und Auspendler der Region Aachen
Das Mobilitätsangebot und ‐verständnis befindet sich im Umbruch, mit neuen Technologien und
zugehörigen Produkten, die sich nach und nach am Markt durchsetzen sowie einem sich ändernden
Mobilitätsverhalten der Bevölkerung – beides vor dem Hintergrund der Notwendigkeit einer stärker
ressourcen‐ und klimaschonenden Abwicklung der weiterhin zunehmenden lokalen, regionalen und
internationalen Verkehre und der – auch perspektivisch – geringeren Verfügbarkeit von öffentlichen
Finanzmitteln für den Bau und Unterhalt von Verkehrsinfrastrukturen und den Betrieb entsprechen‐
der Mobilitätsangebote. Für die Mobilität in der Region Aachen mit ihrer nach wie vor erheblichen
Verschiedenartigkeit und Vielgestaltigkeit, die sich aus den sehr heterogenen Siedlungs‐, Wirtschafts‐
und Sozialstrukturen, naturräumlichen Voraussetzungen und der direkten Grenzlage weiter Bereiche
ableitet, bedeutet dies Chance und Herausforderung zugleich.
Während auf den zentralen Pendlerachsen zwischen dem Oberzentrum Aachen und den umliegen‐
den Mittelzentren die klassische Stau‐ (und Emissions‐) Problematik im Straßenverkehr herrscht und
der innerstädtische ÖPNV und auch der regionale Bahnverkehr trotz eines konsequenten Ausbaus
der Bus‐ und Bahnverbindungen in den vergangenen Jahrzehnten (Stichwort: Euregiobahn) teils an
seine Kapazitätsgrenzen stößt, sehen sich manche ländliche Bereiche mehr und mehr damit konfron‐
tiert, wie angesichts Sanierungsstaus und Schuldenbremsen dauerhaft ein Mindestmaß an notwendi‐
gen Verkehrsinfrastrukturen und Mobilitätsangeboten überhaupt finanziert und vorgehalten werden
kann und damit die entsprechenden Gebiete auch zukünftig als Wohn‐ und Wirtschaftsstandorte
attraktiv genug bleiben können. Gleichzeitig entstehen, z. T. stimuliert durch das umfassende Know‐
how und Innovationspotenzial der Hochschulen in der Region, neue Produkte und Angebote wie z. B.
der überaus erfolgreiche Streetscooter, flexible Car‐ und Bikesharingsysteme oder auch Mitfahrpor‐
tale und Taxi‐Apps, die sich durch neue technologische Entwicklungen und die flächendeckende Ver‐
breitung von Smartphones rasch etablieren. Zugespitzt formuliert kennzeichnet sich die aktuelle Si‐
tuation durch ein direktes Nebeneinander von Aufbruch, Stillstand und Risiko des Rückschritts. Es gilt
daher, die vorhandenen innovativen Ansätze und Produkte sowie technologischen Potenziale so zu
bündeln und nutzen, dass die Mobilität in der Region Aachen als Ganzes gestärkt, zukunftssicher
weiterentwickelt und so effizient und klimaschonend wie möglich gestaltet wird.
7
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
3.2 Wirtschaft und Arbeit in der Region Aachen
Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) als zentraler Indikator für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von
Regionen hat sich in den letzten zwei Dekaden in der Region Aachen im Vergleich zum Land Nord‐
rhein‐Westfalen dynamischer entwickelt und wuchs von 1992‐2012 um 56,05% (NRW: +50,26%),
während die Entwicklung auf Bundesebene noch deutlich positiver verlief (+ 61,76%).7
Der Blick auf das aktuelle Bruttoinlandsprodukt je Einwohner (2012: Region Aachen: 25.948 Euro,
Land: 32.882 Euro, Bund: 32.550 Euro) zeigt allerdings, dass sich die Region nach wie vor auf einem
niedrigen Niveau befindet und nur knapp 80% des Landes‐ und Bundesdurchschnittes erreichen
kann.
Das Produktivitätswachstum der vergangenen zwanzig Jahre (Entwicklung des BIP je Erwerbstätigen)
fällt mit 32% deutlich hinter die Landes‐ (+36%) und Bundesentwicklung (+48%) zurück und erreicht
aktuell mit 57.871 Euro pro Erwerbstätigen nur weniger als 90% des Landesschnittes.8
Abbildung 4: Entwicklung der Produktivität in der Region Aachen 1992‐2012
Quelle: VGRdL
Dieses Bild ändert sich auch bei einem Blick auf das noch genauere Maß zur Messung der Produktivi‐
tät – das BIP je Erwerbstätigenstunde – nicht.9 Es gilt, die wichtigsten Produktivitätstreiber zu identi‐
fizieren und systematisch für eine Steigerung der Wirtschaftsleistung in der Region Aachen zu entwi‐
ckeln.10 Die Unternehmensstruktur ist stark von kleinen Unternehmen geprägt. 90% der rund 55.000
Unternehmen in der Region beschäftigen weniger als zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
7
Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder (VGRdL): Reihe 2, Kreisergebnisse, Band 1 Bruttoinlandsprodukt,
Bruttowertschöpfung in den kreisfreien Städten und Kreisen der Bundesrepublik Deutschland 1992 und 1994 bis 2012,
Berechnungsstand: August 2013
8
65.964 Euro pro Erwerbstätigen. Ebenda
9
2012: NRW 48,73 Euro, Städteregion Aachen 44,07 Euro, Kreis Düren 43,84 Euro, Kreis Euskirchen 43,06 Euro, Kreis Heins‐
berg 43,04 Euro. Ebenda
„Die Produktivität bezeichnet das Verhältnis der wirtschaftlichen Leistung zum Arbeitseinsatz. Dabei wird der Arbeitseinsatz
in Erwerbstätigenstunden oder nach der Anzahl der Erwerbstätigen gemessen. Infolge moderner Beschäftigungsverhältnis‐
se (z.B. Teilzeit) ist die auf die Erwerbstätigenstunden bezogene Wirtschaftsleistung das zutreffendere Produktionsmaß.“
VGRdL‐Begriffsdefinitionen
10
Vgl.: Institut der deutschen Wirtschaft Köln, 07.11.2013 „Produktivität der Regionen“
8
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
Abbildung 5: Unternehmen in der Region nach Beschäftigtengrößenklassen
Quelle: Unternehmensregister – IT NRW
Unbestritten bilden KMU den Motor der regionalen Wirtschaftsentwicklung und haben Wettbe‐
werbsvorteile in ihrer Flexibilität und Spezialisierung; es gibt jedoch auch eine Reihe von Nachteilen
gegenüber größeren Unternehmen, wie zum Beispiel geringere Management‐ und F&E‐Ressourcen.
Darüber hinaus ist es in der regionalen Entwicklungsstrategie von Bedeutung, die KMU differenziert
zu betrachten und Kleinstunternehmen anders zu adressieren als den Mittelstand.
Bei Betrachtung der Bruttowertschöpfung nach Wirtschaftsbereichen liegt die Region weitgehend im
Landes‐ und Bundesschnitt.
Tabelle 3: Bruttowertschöpfung 2012 nach Wirtschaftsbereichen
Bruttowert‐
schöpfung
Landwirt‐
schaft
Absolut in Mrd.
Gesamt
Produzierendes Gewerbe
Dienstleistungsge‐
werbe
Gesamt
darunter
verarbeitendes
Gewerbe
Gesamt
Nordrhein‐Westfalen
525,154
0,52%
29,14%
20,50%
70,34%
Städteregion Aachen
15,024
0,20%
27,79%
20,18%
72,00%
Kreis Düren
5,839
0,97%
32,18%
24,10%
66,85%
Kreis Euskirchen
4,003
1,17%
31,05%
21,99%
67,77%
Kreis Heinsberg
4,838
1,27%
27,46%
16,77%
71,27%
Region Aachen
29,705
0,66%
29,04%
20,64%
70,30%
2.386,790
0,84%
30,51%
22,39%
68,65%
Deutschland
Quelle: VGRdL
Auch wenn der Anteil des verarbeitenden Gewerbes an der Bruttowertschöpfung seit den neunziger
Jahren wesentlich geringer gesunken ist als der Beschäftigtenanteil im industriellen Sektor, setzt sich
der Trend zur Deindustrialisierung fort.
9
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
Abbildung 6: Anteil des verarbeitenden Gewerbes an der BWS in Prozent
Quelle: VGRdL
Die Zielmarke der Europäischen Union, den Anteil der Industrie an der Wirtschaftsleistung europa‐
weit bis 2020 von derzeit 15,6% auf 20% anzuheben, kann nur erreicht werden, wenn wir am nach
wie vor stärksten europäischen Industriestandort Deutschland – und damit auch in der Region
Aachen – nachhaltige Wertschöpfungsketten und Standortqualitäten für die Industrie stärken. Ihre
besondere Stärke entfaltet die Industrie im Verbund mit Dienstleistungen; der Verbundeffekt ist in
Deutschland im Vergleich der EU‐27 Staaten besonders ausgeprägt;11 auf diese Stärke kann die regi‐
onale Entwicklung der Wertschöpfungsketten des industriellen Kerns ebenso wie auf die F&E‐
Intensität der Industrie aufbauen.
Die Erfahrung aus zahlreichen Standortprojekten zeigt, dass die Region gute Voraussetzungen als
Industriestandort hat. Es gilt allerdings, diese Standortfaktoren weiter zu verbessern und ein indust‐
rielles Standortprofil zu definieren, das sowohl für Unternehmen innerhalb der Region als auch für
potentielle ansiedlungsinteressierte Unternehmen von außerhalb klar erkennbar ist und Raum für
notwendige regionale Industrieentwicklungen bietet.12
Regionale Verfügbarkeit von Gewerbe‐ und Industrieflächen
Anfang 2014 existierten in der Region Aachen 251 Gewerbegebiete (> 1 ha) mit einer Bruttofläche
von 6.957 ha; die gewerblich‐industriell nutzbare Nettofläche umfasste 5.728 ha. Von dieser Netto‐
fläche wurden rd. 4.432 ha bereits genutzt, während knapp 1.153 ha noch als gewerbliche Flächenre‐
serven verfügbar waren. Sofort verfügbare Gewerbeflächen – wichtig für die Ansiedlung, Verlagerung
und Erweiterung von Unternehmen – wurden insgesamt 468 ha angeboten; sie nahmen gegenüber
dem Vorjahr um 5,3% ab und folgten damit dem Trend der Vorjahre. Als Reaktion auf das sich ver‐
knappende Angebot unternahmen die Gemeinden verstärkte Anstrengungen zur Flächenaktivierung:
So stieg das kurzfristig (d. h. innerhalb von zwei Jahren) verfügbare Flächenangebot auf knapp 200 ha
11
Institut der deutschen Wirtschaft Köln, Dr. Rolf Kroker: Die Bedeutung der Industrie für die Wettbewerbsfähigkeit Euro‐
pas und seiner Regionen; Präsentation im Rahmen der Regionalkonferenz Wirtschaftsstandort EMR am 10.12.2014 in
Aachen
12
Vgl. beispielsweise das Modell „Fabrikplanung in der Region Aachen“ des Fraunhofer IPT und des WZL der RWTH Aachen.
Es stellt sich auch die Frage ob das Erfolgsmodell der Entwicklung und Produktion „Made in Aachen“ – der Streetscooter –
auf andere Produkte übertragbar ist und sich die Region so tatsächlich zum „Produktions‐Innovations‐Silikon‐Valley“ entwi‐
ckeln kann, wie WZL‐Direktor Günter Schuh die Vision skizziert hat. Vgl. AZ 23.05.2014
10
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
(2012: 142 ha). Gleichzeitig verringerten sich aber die mittelfristig (in drei bis fünf Jahren) bereitstell‐
baren Flächen auf 412 ha (2012: 487 ha).13
Abbildung 7: Entwicklung der Gewerbeflächenreserven (sofort/kurzfristig/mittelfristig) in der Region Aachen 2003‐2013
(in ha)
Quelle: AGIT /gfm 2013
Aktuell ist neben der Verkehr/Logistik‐Branche vor allem die Gewerbeflächennachfrage der Industrie
und des Handwerkes/Baugewerbes in der Region angestiegen, während sich Handel und Dienstleis‐
tungen durch deutlich geringere Flächennachfrage auszeichnen. Rund 86% der nachfragenden Un‐
ternehmen stammten im Berichtsjahr 2013 aus der Region. Angesichts des sich verknappenden An‐
gebots gewinnt in Zukunft die Brownfield‐Entwicklung an Bedeutung. Der anstehende strukturelle
Wandel im Raum der Innovationsregion Rheinisches Revier erfordert auch neue Raumentwicklungs‐
lösungen. Es muss im Rahmen der IRR möglich sein, rechtzeitig und somit bereits innerhalb der Lauf‐
zeit des neuen LEP eine nachhaltige Wirtschaftsstruktur aufzubauen. Ein sparsamer und ressourcen‐
schonender Flächenverbrauch muss mit dem nach wie vor hohen Flächenbedarf im Rheinischen Re‐
vier, zwischen den Wachstumszentren an der Rheinschiene und der belgisch‐niederländischen Gren‐
ze, in Einklang gebracht werden.
Interkommunale Zusammenarbeit ist das Gebot der Stunde. Es gilt, Moderationsprozesse und Ab‐
stimmungsmechanismen im Rheinischen Revier zu initiieren, um konkrete regionalrelevante Vorha‐
ben kooperativ zu initiieren, zu befördern und ergebnisorientiert zu organisieren. Es gilt, Bedarfe,
Zielvorstellungen und Positionen der regionalen Akteure zur strukturellen Entwicklung zu bündeln
und zu moderieren. Der Raum der Innovationsregion Rheinisches Revier ist dabei ein sinnvoller
räumlicher Betrachtungsrahmen, der den jeweiligen teilräumlichen Bedarfen und Gegebenheiten
(Entwicklung des Kernreviers sowie Stadt‐Umland‐Beziehungen) gerecht wird.
Unternehmensgründungen
In Spitzenzeiten war die Region Aachen eine der Regionen mit der größten Gründungsdynamik in
Nordrhein‐Westfalen.
13
Das in der Region Aachen seit 2002 systematisch mit Unterstützung aller 46 regionsangehörigen Gemeinden aufgebaute
Gewerbeflächen‐Monitoring (gfm®) und das Gewerbeflächengeoportal gisTRA® ermöglichen einen tagesaktuellen und par‐
zellenscharfen Überblick über den regionalen Gewerbeflächenmarkt. Mit dieser einzigartigen Symbiose aus Planungs‐ und
Wirtschaftsförderungsinstrument gilt es als das führende System der Gewerbeflächenbeobachtung und ‐vermarktung in
Deutschland, das aktuell zu einem euregionalen Standortinformationssystem weiterentwickelt wird: www.the‐locator.eu
11
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
Abbildung 8: Gründungsdynamik in der Region Aachen 1999‐2013
Quelle: Gründerregion Aachen
Auch wenn die Dynamik – bezogen auf den Betrachtungszeitraum der letzten anderthalb Dekaden –
immer noch leicht besser abschließt als in NRW gesamt, sinkt die Zahl der Unternehmensgründungen
stetig; von 2010 bis 2013 um 14%. Bei der Betrachtung des Gründungssaldos14 zeigt sich für die Regi‐
on auch aktuell noch ein Plus von knapp 1.00015, dieses fällt allerdings gegenüber den Vorjahren
ebenfalls immer geringer aus.16 Zudem ist nach einem vom Institut für Mittelstandsforschung (IfM)
entwickelten Standard davon auszugehen, dass nur 53% der Gründungen in der Region „echte“
Gründungen sind.17
Bei der Weiterentwicklung und Ausschöpfung ihrer Potentiale zur Steigerung von
Unternehmensgründungen kann die Region auf ihre jahrzehntelange Erfahrung in der Forcierung von
innovativen Gründungen zurückgreifen.18 In den Jahren 2005 bis 2009 sind in der Region Aachen 544
technologieorientierte Unternehmen gegründet worden. Mit den zwischen 1975 und 2004 gegründe‐
ten und noch aktiven bestehen 1.410 TOU. Der Anteil der neu gegründeten Technologieunterneh‐
men, die ihren Ursprung an den Aachener Hochschulen haben, ist rückläufig: Waren es 2005 noch
etwa 60%, sind es 2009 53%.19 Die TOU stammen vorwiegend aus den an den Hochschulen starken
Fachbereichen. Die Branchenverteilung zeigt, dass es auch aktuell noch nicht gelingt, innovative und
wissensbasierte Gründungen aus allen Fachbereichen der Hochschulen und in allen Kompetenzfel‐
dern der Region zu realisieren: vor allem die Bereiche Gesundheit/Life Science und Energie/Umwelt,
Medien sind unterrepräsentiert:
14
Also das Ergebnis der jährlichen Gewerbeanmeldungen nach Abzug der Liquidationen
2013: 8996 Gewerbeanmeldungen, 8.003 Liquidationen; Saldo: 993. Quelle: IT NRW – Gewerbeanzeigenstatistik, Starter‐
center NRW in der Gründerregion Aachen, 5. Gründungsmonitoringbericht, 2014, S. 8
16
Im Jahr 2004 hatte die Region Aachen noch ein positives Saldo von 3.836 zu verzeichnen. Quelle: Ebenda
17
Vgl. Ebenda, S. 11 f.
18
Der folgende Absatz basiert auf den Ergebnissen der Studie „Technologieorientierte Unternehmensgründungen in der
Region Aachen“ der IHK Aachen mit Stand 06/2010. Die Studie wird aktuell für die Jahre 2010‐2014 fortgeschrieben. Ergeb‐
nisse stehen ab Ende Mai zur Verfügung und können in eine überarbeitete Fassung des integrierten regionalen Handlungs‐
konzeptes eingearbeitet werden.
19
Aus bestehenden Unternehmen stammen rund 48% der TOU, aus F&E‐Einrichtungen 6%. (Mehrfachnennungen waren
möglich)
15
12
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
Abbildung 9: Branchenverteilung der TOU in der Region Aachen
Quelle: IHK Aachen
Im deutschlandweiten regionalen Vergleich der Gründungsintensität von High‐Tech‐Gründungen
befindet sich die Region Aachen nur noch ziemlich exakt im Mittelfeld aller 80 IHK‐Bezirke; allein in
Nordrhein‐Westfalen schneiden fünf Regionen besser ab; Köln und Düsseldorf können sich sogar
unter den ersten zehn platzieren.20
Die Tendenz zu Unternehmensgründungen mit geringeren Beschäftigungseffekten und Umsätzen je
Unternehmen ist ebenfalls bei technologieorientierten Unternehmensgründungen zu verzeichnen.21
In der Wachstumsunterstützung innovativer Unternehmen hat die Region Ansätze entwickelt, die
u.a. mit der Förderung im Wettbewerb „EXIST Gründerkultur – Die Gründerhochschule“ systematisch
weiter entwickelt werden sollen. Mit der Unterstützung der Potenziale hoch qualifizierter Frauen zur
Unternehmensgründung hat die Region Aachen als eine der ersten Regionen in NRW begonnen; der
systematische Ausbau sollte angesichts des bei Weitem noch nicht ausgeschöpften Gründungspoten‐
zials dieser Zielgruppe vorangetrieben werden.
Kompetenzfelder, Cluster, Leitmärkte
Zu Beginn des vergangenen Jahrzehnts hat das Land Nordrhein‐Westfalen bereits die Weichen zu
einer intelligenten Spezialisierung gestellt, basierend auf empirischen Grundlagen eine Fokussierung
auf 16 Technologie‐ und Branchencluster22 herausgearbeitet und damit die bis dahin betriebene Aus‐
gleichspolitik zur Behebung von Defiziten zu einer Politik des „Stärken stärken“ weiterentwickelt. Mit
der Clusterstrategie wurde in der Förderperiode 2007‐2013 die Grundlage für eine Kooperationskul‐
tur entlang der gesamten Wertschöpfungskette geschaffen – zwischen Wissenschaft und Forschung,
Unternehmen, Zulieferern, Bildungsinstitutionen und Dienstleistern. Die Regionen im Land haben
20
Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung (ZEW): High‐Tech‐Gründungen in Deutschland ‐ Von Tabellenführern, Auf‐
und Absteigern: Regionale Entwicklung der Gründungstätigkeit
21
In der Studie 2005 beschäftigte jedes Unternehmen durchschnittlich 28 Mitarbeiter, 2009 waren es 23 Mitarbeiter je
Unternehmen. Der durchschnittliche Umsatz je Unternehmen sank von 4,6 Mio. Euro (2005) auf 4 Mio Euro (2009).
22
Die Schwerpunkte der Landes‐Cluster sind in den Feldern Automotive, Biotechnologie, Chemie, Energieforschung, Ener‐
giewirtschaft, Ernährung, Gesundheitswirtschaft, IKT, Kultur‐ und Kreativwirtschaft, Kunststoff, Logistik, Maschinen‐
bau/Produktionstechnik, Medien, Medizintechnik, Nano Mikro Werkstoffe, Photonik und Umwelttechnologien herausgear‐
beitet worden.
13
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
diese Strategie – die darauf basiert, dass Potenziale für die wirtschaftliche Entwicklung sich vor allem
in wachsenden und spezialisierten Branchen identifizieren lassen – aktiv mitgetragen und in ihren
regionalen Entwicklungsstrategien die regionalspezifischen Kompetenzfelder identifiziert und deren
Entwicklung vorangetrieben. Für die Region Aachen wurden im Regionalen Entwicklungskonzept aus
dem Jahr 2010 die regionalen Kompetenzfelder Hochschulen/FuE/FuE‐nahe Dienstleistungen, Auto‐
motive/Fahrzeugbau, Logistik, IKT, Gummi/Kunststoffe/Chemie, Bauwirtschaft, Einzelhandel, Ener‐
gie/Umwelt und Gesundheit/Medizintechnik identifiziert.23 Teilregionale Kompetenzen ergaben sich
darüber hinaus in den Branchen Papier, Textil, Ernährung, Mess‐, Steuer‐ und Regelungstechnik, Her‐
stellung von Geräten der Elektrizitätserzeugung, Landwirtschaft/Forst/Holz, Tourismus und Maschi‐
nenbau/Metall. Da mit den Clustern jedoch vor allem die Angebotsseite der Wirtschaft adressiert
und fokussiert wurde, führte die Ergänzung dieser Perspektive um die Nachfrageseite zu einem wei‐
teren Paradigmenwechsel hin zur Leitmarktpolitik. Die Landesregierung hat die 16 Cluster zu acht
Leitmärkten weiterentwickelt, die über die Wachstums‐ und Spezialisierungsvorteile hinaus folgen‐
den Bewertungskriterien unterzogen wurden: Relevanz für den deutschen und weltweiten Markt,
Beitrag zu Lösung der großen gesellschaftlichen Herausforderungen wie Ressourcen‐ und Energieeffi‐
zienz, demografischer Wandel, Qualität der Hochschul‐ und Forschungslandschaft sowie Potenziale,
technologische Impulse auch für andere Wirtschaftszweige zu generieren im Sinne von key‐enabling‐
technologies und cross‐innovations.
Die Kompetenzfelder der Region Aachen lassen sich den so identifizierten Leitmärkten in NRW wie
folgt zuordnen:
Tabelle 4: Leitmärkte NRW / Kompetenzfelder in der Region Aachen
Leitmärkte
Cluster Region AC
Hochschulen/FuE
Automotive
Logistik
IKT
Gum‐
mi/Kunststoffe/Chemie
Bauwirtschaft/‐Handwerk
Einzelhandel
Energie/Umwelt
Gesund‐
heit/Medizintechnik
Anlagen‐
und
Maschi‐
nenbau
X
X
X
Energie/
Umwelt‐
wirt‐
schaft
X
X
X
X
IKT
Life
Science
Medien/
Kreativ‐
wirtschaft
Mobili‐
tät
Logistik
Neue
Werkstoffe
Gesundheits‐
Wirtschaft
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
Tabelle 5: Leitmärkte NRW / Kompetenzfelder der Teilregionen in der Region Aachen
Leitmärkte
teilregionale
Kompetenzfelder
Papier
Textil/Leder
Ernährung
Mess‐/Steuer‐ und Rege‐
lungstechnik
Herstellung von Geräten
der Elektrizitätserzeugung
Landwirtschaft/Forst/Holz
Tourismus
Maschinenbau/
Metall
Anlagen‐
und
Maschi‐
nenbau
X
Energie/
Umwelt‐
wirt‐
Schaft
X
X
X
X
X
X
X
X
IKT
Life
Science
Medien/
Kreativ‐
Wirtschaft
Mobili‐
tät
Logistik
Neue
Werkstoffe
Gesundheits‐
Wirtschaft
X
X
X
X
23
Vgl.: AGIT mbH: Regionales Entwicklungskonzept für die Region Aachen, April 2010, S. 13
14
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
Für die Weiterentwicklung der regionalen Strategie ist es zunächst von Bedeutung zu untersuchen,
wie sich die regionalen Kompetenzfelder im Hinblick auf ihre Spezialisierungsvorteile und ihr Wachs‐
tum in den letzten fünf Jahren entwickelt haben. Dazu wurden in einem ersten Schritt die 20 be‐
schäftigungsintensivsten Branchen untersucht.
Abbildung 10: Beschäftigte und Branchenspezialisierung in der Region Aachen – TOP 20 Branchen
15
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
Abbildung 11: Beschäftigte und Branchenspezialisierung in der Region Aachen – TOP 20 Branchen (Zoom)
Tabelle 6: Datenbasis zu Abb. 7 u. 8 – Sortiert nach Relativer Anteil an Gesamtbeschäftigung in der Region in %
WZ 86
WZ 47
Gesundheitswesen
Einzelhandel (ohne Handel mit
Kraftfahrzeugen)
F (WZ
Baugewerbe
41,42,43)
Öffentliche Verwaltung, Verteidigung;
WZ 84
Sozialversicherung
WZ 85
Erziehung und Unterricht
Spezialisie‐
rungsindex
Region
Aachen
118,12%
Wachstum
Beschäfti‐
gung 2009 ‐
2014 in %
16,39%
8,19%
111,80%
2,75%
5,75%
116,46%
12,42%%
5,47%
105,14%
1,61%
4,85%
131,98%
16,25%
WZ 87
Heime (ohne Erholungs‐ und Ferienheime)
4,24%
121,18%
19,85%
WZ 88
Sozialwesen (ohne Heime)
Großhandel (ohne Handel mit
Kraftfahrzeugen)
Forschung und Entwicklung
3,65%
92,29%
25,38%
3,47%
64,92%
‐1,39%
2,83%
418,82%
14,84%
2,74%
78,24%
6,19%
2,74%
124,18%
46,92%
2,56%
110,66%
10,29%
2,49%
47,84%
‐1,26%
2,43%
85,29%
33,30%
2,34%
120,80%
37,67%
WZ 46
WZ 72
WZ 28
Maschinenbau
Gebäudebetreuung; Garten‐ und
WZ 81
Landschaftsbau
Lagerei sowie Erbringung von sonstigen
WZ 52
Dienstleistungen für den Verkehr
Metallerzeugung und ‐bearbeitung; Herstel‐
WZ 24, 25
lung von Metallerzeugnissen
Vermittlung und Überlassung von
WZ 78
Arbeitskräften
Erbringung von Dienstleistungen der Informa‐
WZ 62
tionstechnologie
Relativer Anteil
an Gesamtbe‐
schäftigung in
der Region in %
9,22%
16
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
WZ 10
WZ 45
WZ 94
WZ 71
WZ 17
Herstellung von Nahrungs‐ und Futtermitteln
Handel mit Kraftfahrzeugen; Instandhaltung
und Reparatur von Kraftfahrzeugen
Interessenvertr., kirchl. u. sonst. Verein
Architektur‐ und Ingenieurbüros; technische,
physikalische und chemische Untersuchung
Herstellung von Papier, Pappe und Waren
daraus
2,29%
129,18%
13,95%
2,21%
113,78%
7,09%
2,02%
126,09%
23,53%
1,99%
138,06%
23,97%
1,86%
411,98%
8,82%
Die Wirtschaftsstruktur in der Region Aachen ist breit aufgestellt: Spezialisierungsvorteile zeigen sich
in insgesamt 13 der 20 beschäftigungsintensivsten Branchen. Ein Wachstum konnte in 17 Branchen
realisiert werden. Diese Struktur ist sehr belastbar, weil Branchenkrisen sich nicht so extrem auf die
Gesamtwirtschaft auswirken. In einem weiteren Schritt wurden alle Branchen untersucht, die einen
Spezialisierungsindex auf der regionalen Ebene vorzuweisen haben.
Abbildung 12: Spezialisierung in der Region Aachen nach Branchen
17
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
Abbildung 13. Spezialisierung in der Region Aachen nach Branchen (Zoom)
Tabelle 7: Datenbasis zu Abb. 9 u. 10 – Sortiert nach Spezialisierungsindex Region Aachen
Spezialisierungs‐ Relativer Anteil an
Wachstum Be‐
index Region
Gesamtbeschäftigung schäftigung 2009
Aachen
in der Region in %
‐ 2014 in %
WZ 72
Forschung und Entwicklung
418,82%
2,83%
14,84%
Herstellung von Papier, Pappe und Waren
WZ 17
411,98%
1,86%
8,82%
daraus
WZ 13
Herstellung von Textilien
203,88%
0,60%
‐12,58%
WZ 32
WZ 85
Herstellung von sonstigen Waren
Herstellung von Glas und Glaswaren, Keramik,
Verarbeitung von Steinen und Erden
Herstellung von Druckerzeugnissen; Vervielfäl‐
tigung von bespielten Ton‐, Bild‐ und Daten‐
trägern
Herstellung von Gummi‐ und Kunststoffwaren
Architektur‐ und Ingenieurbüros; technische,
physikalische und chemische Untersuchung
Erziehung und Unterricht
WZ 10
Herstellung von Nahrungs‐ und Futtermitteln
129,18%
2,29%
13,95%
WZ 94
Interessenvertr.,kirchl.u.sonst.Verein
Gebäudebetreuung; Garten‐ und Landschafts‐
bau
Heime (ohne Erholungs‐ und Ferienheime)
Erbringung von Dienstleistungen der Informa‐
tionstechnologie
Gesundheitswesen
126,09%
2,02%
23,53%
124,18%
2,74%
46,92%
121,18%
4,24%
19,85%
120,80%
2,34%
37,67%
118,12%
9,22%
16,39%
116,46%
5,75%
1,61%
115,04%
0,24%
43,52%
WZ 23
WZ 18
WZ 22
WZ 71
WZ 81
WZ 87
WZ 62
WZ 86
F (WZ
Baugewerbe
41,42,43)
WZ 74
Sonstige freiberufliche, wissenschaftliche und
technische Tätigkeiten
175,51%
0,87%
11,38%
152,65%
0,74%
‐7,95%
147,28%
0,74%
42,51%
142,64%
1,80%
10,16%
138,06%
1,99%
23,97%
131,98%
4,85%
16,25%
18
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
WZ 96
WZ 45
WZ 47
WZ 52
WZ 84
WZ 35
WZ 01
Erbringung von sonstigen überwiegend persön‐
lichen Dienstleistungen
Handel mit Kraftfahrzeugen; Instandhaltung
und Reparatur von Kraftfahrzeugen
Einzelhandel (ohne Handel mit Kraftfahrzeu‐
gen)
Lagerei sowie Erbringung von sonstigen Dienst‐
leistungen für den Verkehr
Öffentliche Verwaltung, Verteidigung; Sozial‐
versicherung
Energieversorgung
Landwirtschaft, Jagd und damit verbundene
Tätigkeiten
113,93%
1,14%
‐8,33%
113,78%
2,21%
7,09%
111,80%
8,19%
2,75%
110,66%
2,56%
10,29%
106,02%
5,47%
1,61%
105,66%
0,94%
41,14%
103,92%
0,47%
30,57%
Die Aktualisierung der Kompetenzfeldanalyse hat die im regionalen Entwicklungskonzept von 2010
nachgewiesenen regionalen Kompetenzfelder der Region bestätigt.
Forschung und Entwicklung:
Der Spezialisierungsindex ist herausragend, obwohl im Unterschied zu der Analyse 2010 die Hoch‐
schulbeschäftigten und die freiberuflichen wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen so‐
wie die Ingenieurbüros gesondert ausgewiesen werden. Die hohe Anzahl an Hochschulbeschäftigten
ist ursächlich für die Spezialisierung in der Branche „Erziehung und Unterricht“; die „wissenschaftli‐
chen und technischen Dienstleistungen“ weisen einen im Landesvergleich überdurchschnittliches
Wachstum aus.
Informations‐ und Kommunikationstechnologie:
Sowohl Beschäftigungs‐ als auch Wachstumsvorteile haben sich in den letzten fünf Jahren noch mal
dynamisiert. Die räumliche Lokalisation liegt eindeutig auf dem Gebiet der Städteregion Aachen. Die
Branche ist der Innovationstreiber zur Digitalisierung der Wirtschaft.
Gummi/Kunststoffe/Chemie:
Mit einem Jahresumsatz von über 1,8 Mrd. Euro und über 7.500 Beschäftigten im Jahr sind die Her‐
steller von Gummi‐ und Kunststoffwaren die viertgrößte Industriebranche in der Region. Die Branche
weist in der gesamten Region einen Spezialisierungsindex auf, die höchsten Anteile verzeichnen der
Kreis Heinsberg und die Städteregion. Auch die chemische Industrie ist eine bedeutsame Industrie‐
branche in der Region – im Vergleich zur Kompetenzfeldanalyse für das Regionale Entwicklungskon‐
zept 2010 sind hier Spezialisierungs‐ und Wachstumsvorteile aufgrund der Umstellung der Wirt‐
schaftsklassifikationen nur bei einer vertieften Analyse zu erwarten. Die hohe innovative Kompetenz
der Branche hat für den Leitmarkt „Neue Werkstoffe“ eine große Bedeutung.
Bauwirtschaft/‐handwerk
Die Branche weist für die Gesamtregion eine leicht überdurchschnittliche, für die Kreise Heinsberg
und Düren eine starke Spezialisierung auf. In den vergangenen Jahren wurde das Kompetenzfeld
nicht von einem Cluster bearbeitet. Auf Initiative der IHK Aachen bündelt die Branche aktuell ihre
Kompetenzen und wird sich zunächst mit den Themen „Building Information Modeling (BIM)", "Neue
Materialien und Werkstoffe" sowie "Technische Gebäude‐Ausstattung (TGA)" befassen.
19
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
Gesundheit/Medizintechnik:
Die Region Aachen hat herausragende Kompetenzen in den Leitmärkten Gesundheitswirtschaft/Life
Sciences und sich von Beginn an in den Landesclustern Biotechnologie, Medizintechnik und Gesund‐
heitswirtschaft engagiert. Im Cluster Gesundheitswirtschaft wurde landesweit das Themenfeld Tele‐
medizin/Telematik fokussiert. Im Cluster Biomedizintechnik auf dem RWTH Aachen Campus werden
bedeutende Zukunftsfelder beforscht, etwa Bildgebung, bildgeführte Therapie, Organunterstützung,
Personal Health Care, biohybride/intelligente Implantate, Tissue Engineering und pharmazeutische
Produktentwicklung, die dem regionalen Kompetenzfeld neue Zukunftsimpulse geben.
Logistik/Automotive/Fahrzeugbau:
Die Region Aachen ist keine Kernlogistikregion wie der Niederrhein oder die Region Köln/Bonn. Im
Zuge der Bedeutung als Querschnittsbranche hat sich die Definition der Logistikbranche weiterentwi‐
ckelt und beinhaltet sämtliche Elemente im globalen Netzwerk – vom Material‐ und Informations‐
fluss zwischen Unternehmen bis hin zum Material‐ und Informationsfluss zwischen einzelnen Ar‐
beitsplätzen eines Fertigungsbereiches. Im Bereich Automotive weist die Region vor allem Kompe‐
tenzen in Karosserie und Fahrwerk, Antriebsstrang sowie Elektronik und Verkehrstelematik auf.
Energie/Umwelt + Landwirtschaft/Forst/Holz (teilregionales Kompetenzfeld):
Der Umweltwirtschaftsbericht NRW weist im Regionalprofil für die Region Aachen hohe Spezialisie‐
rungskompetenzen auf den Teilmärkten Materialien, Materialeffizienz und Ressourcenwirtschaft
sowie Energieeffizienz und Energieeinsparung auf. Auch der Teilmarkt Nachhaltige Holz‐ und Forst‐
wirtschaft ist von – wenn auch untergeordneter – Bedeutung.24 Das Projekt HolzCluster.Eifel verfolgt
das Ziel, über die Förderung von Innovation und Qualifikation die Wettbewerbs‐ und Innovationsfä‐
higkeit der Holzbranche in der Eifel zu steigern. In Kombination mit dem Holz‐Campus‐Eifel wird die
bereits bestehende Zusammenarbeit in der regionalen Forst‐ und Holzwirtschaft zielgerichtet und
zum Nutzen der Branche und der Verbraucher ausgebaut. Von zentraler Bedeutung ist dabei die mo‐
derne Holzverarbeitung.
Folgende 2010 identifizierte teilregionale Kompetenzfelder haben nach wie vor eine hohe Bedeutung
für die wirtschaftliche Entwicklung der Region und für die Weiterentwicklung der Leitmärkte in NRW:
Papier:
Die Papierindustrie weist den zweithöchsten Spezialisierungsindex für die Region Aachen aus, der
sich teilregional in den Kreisen Düren und Euskirchen verorten lässt. Die Papierindustrie ist die viert‐
größte Industriebranche in der Region und hat Bedeutung für die Leitmärkte neue Werkstoffe und
Energie/Umwelt.
Ernährung:
Die Ernährungsindustrie ist die zweitgrößte Industriebranche der Region und hat Spezialisierungsvor‐
teile in den Kreisen Heinsberg, Düren und vor allem der Städteregion Aachen aufzuweisen.
24
Prognos AG im Auftrag des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur‐ und Verbraucherschutz NRW:
Zwischenbericht Umweltwirtschaft NRW, Ergebnisse vorläufig – Stand: 06.02.2015
20
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
Maschinenbau/Metall:
Mit einem Jahresumsatz von über 2,25 Mrd. Euro und über 10.000 Beschäftigten steht der Maschi‐
nenbau an erster Stelle der fünf stärksten Industriebranchen in der Region Aachen. Der Maschinen‐
bau ist mit Abstand regionaler Spitzenreiter im Export: 77,1% des Umsatzes werden im Ausland er‐
zielt. In Verknüpfung mit den regionalen Forschungskompetenzen ist die Branche für die Entwicklung
und den Einsatz von Schlüsseltechnologien von zentraler Bedeutung.
Vor dem Hintergrund der Innovationsstrategie und hier besonders der Leitmarktstrategie ist eine
differenzierte Untersuchung der Regionalen Branchenkompetenzen im Rahmen der Umsetzungspro‐
jekte des Regio.NRW geplant.
Innovation im Mittelstand:
Die Region Aachen ist herausragend in Forschung und Entwicklung. Die Fähigkeit, auf Veränderungen
der Märkte rasch zu reagieren, verleiht gerade kleinen und mittleren Unternehmen eine Schlüsselrol‐
le für Innovationen in der Wirtschaft. Doch in welchem Ausmaß nutzt der regionale Mittstand diese
Kompetenzen?
Die Patentaktivität wird als ein erster Indikator für die Innovationsdynamik von Regionen herangezo‐
gen. Da berechtigte Kritikpunkte vorliegen – z.B. wird nicht jedes Patent auch gewerblich genutzt –
werden hier die Patentanmeldungen beim Europäischen Patentamt herangezogen. Aufgrund der
höheren Kosten und des Mehraufwandes ist anzunehmen, dass Patentanmeldungen beim EPA als
„höherwertige“ Innovationen mit Vermarktungspotenzial zu werten sind. Die Städteregion Aachen ist
herausragend bei der Anzahl der Patentanmeldungen, auch im Vergleich zu den wesentlich größeren
Städten der Rheinschiene. Allerdings ist hier auch die Zahl der Patente stark rückläufig und hat sich in
den vergangenen fünf Jahren halbiert.25
Tabelle 8: Patentanmeldungen beim EPA
NRW
Düsseldorf
Köln
Städteregion Aachen
Kreis Düren
Kreis Euskirchen
Kreis Heinsberg
2006
2007
2008
2009
2010
4.481,24 4.417,80 4.424,56 4.597,29 2.694,47
245,05
241,70
207,15
224,10
91,61
184,92
195,55
202,10
209,01
106,95
225,73
221,14
218,86
199,82
115,09
61,31
50,75
53,22
58,29
25,97
19,75
18,43
13,29
23,79
15,30
39,99
48,35
48,91
44,01
21,18
Quelle: Eurostat
Die F&E‐Investitionen der Unternehmen in der Region sind im zeitlichen Verlauf von 10 Jahren leicht
rückläufig, liegen aber immer noch deutlich über dem Landeswert. Die intraregionale Betrachtungs‐
weise zeigt jedoch, dass dieser gute Wert ausschließlich auf die herausragenden F&E‐Aktivitäten der
Unternehmen in der Städteregion Aachen zurückzuführen ist, während die F&E‐Aufwendungen der
Wirtschaft im Kreis Düren leicht, in der Kreisen Euskirchen und Heinsberg sehr deutlich unterdurch‐
schnittlich sind.
25
Aktuellere Daten liegen nicht vor.
21
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
Abbildung 14: F&E‐Intensität der regionalen Wirtschaft (F&E‐Aufwendungen / BIP Gesamtwirtschaft in %)
Quelle: VGRdL, Stifterverband Wissenschaftsstatistik
Einer aktuellen Studie zur Innovationsfähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen in der Region
Aachen26 liegt als erweiterter Indikator die Innovationsreife27 zugrunde. Aus der Studie geht hervor,
dass sich die Innovationsfähigkeit der befragten Unternehmen überwiegend auf die bestehenden
Produkte und Leistungen oder die eingesetzten Technologien und weniger auf Prozesse und neue
Möglichkeiten Ertrag zu generieren, bezieht. Deutlich wurde: Innovation darf sich nicht nur auf Tech‐
nologie beziehen, sondern muss das gesamte Unternehmen umfassen, Ressourcen werden vornehm‐
lich für das etablierte Geschäft eingesetzt, Methoden für ein systematisches Innovationsmanage‐
ment scheinen vielfach nicht bekannt zu sein oder werden nicht eingesetzt und viele Unternehmen
messen übergeordneten Technologietrends nur eine sehr geringe Bedeutung bei.
Digitalwirtschaft:
Die Digitalisierung bietet in nahezu allen Lebensbereichen viele neue Möglichkeiten, die das Verhal‐
ten von Nutzern und Kunden prägen. Sie ist ein wichtiger Bestandteil von Innovationen, Geschäfts‐
modellen und betrieblichen Prozessen. Mit der Digitalisierung wollen Unternehmen Produkte und
Dienstleistungen schneller, kostengünstiger, individualisiert und teilweise auch in ganz neuer Form
verfügbar machen. Die sogenannte vierte industrielle Revolution löst einen gravierenden Struktur‐
wandel in den Schlüsselbranchen aus, mit großem Potenzial für die gesamte Industrie, Dienstleis‐
tungswirtschaft, Energiewirtschaft, Handel und Logistik. Letztlich geht es um zentrale Fragen der
Wettbewerbsfähigkeit. Professionell mit den Veränderungen in einer digitalen Welt umzugehen,
bedeutet, geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen.
Die zunehmende digitale Vernetzung stellt traditionelle Wertschöpfungsketten und Branchengrenzen
in Frage. Bis zum Jahr 2020 werden über 30 Mrd. Geräte weltweit netzfähig sein und eigenständig
Daten untereinander austauschen können. Dies ermöglicht neue Formen der Organisation und Ko‐
operation. Dabei geht es nicht nur um die Vernetzung bestehender Modelle, sondern um die Ent‐
wicklung neuer Dienstleistungen auf Basis dieser Technologien. Produktionsgeräte werden zum Bei‐
spiel nicht mehr von jedem Betrieb angeschafft, sondern von einem Betreiber ins Netz gestellt und
26
IHK Aachen in Zusammenarbeit mit dem Aachener Institut für Mittelstandsentwicklung: Innovation im Mittelstand: Studie
zur Innovationsfähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen in der Region Aachen, Januar 2015
27
Vgl.: Rita McGrath: The End of Competitive Advantage, Boston, Massachusetts, 2013
22
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
vom Produzenten über das Netz gesteuert werden. Die IT wird so zum Treiber anderer Branchen mit
zum Teil neuen (digitalen) Geschäftsmodellen.
Nur Regionen, die die Herausforderungen frühzeitig annehmen, werden von den Chancen profitie‐
ren. Wirtschaftswachstum wird davon abhängen, dass man nicht an bislang bewährten Strategien
festhält, sondern eine strategische Innovationsplanung leistet. Die gesamtwirtschaftlich möglichen
Effekte aus der digitalen Vernetzung werden bundesweit auf rund 56 Mrd. Euro pro Jahr geschätzt.
Die Region Aachen verfügt aufgrund ihrer leistungsfähigen Hochschulen und der Grenzlage im Drei‐
ländereck über beste Voraussetzungen, sich zu einer Modellregion der Digitalisierung zu entwickeln.
Bei den Expertengesprächen im Rahmen der Erarbeitung des Regionalen Entwicklungskonzepts28
wurde allerdings deutlich, dass die systematische Entwicklung der digitalen Vernetzung noch am
Anfang steht. Die möglichen Akteure kennen sich untereinander zu wenig, was die Notwendigkeit
eines branchenübergreifenden Ansatzes noch unterstreicht. Dabei sind Unternehmen außerhalb des
IKT‐Bereichs häufig noch nicht für die neuen Potenziale und Herausforderungen sensibilisiert. Tech‐
nologietransfer und Digitalkompetenz in der Region sind nach wie vor ausbaufähig („digital
mindset“).
Beschäftigung:
Die Beschäftigung entwickelte sich in der vergangenen Dekade in der Region dynamisch. Die Zahl der
sozialversicherungspflichtig Beschäftigten stieg um 13,17% (NRW: 13,66%). Ein überdurchschnittli‐
ches Wachstum ist in den Kreisen Heinsberg (22,05%) und Euskirchen (17,37%) zu verzeichnen.29
Damit verzeichnet der Kreis Heinsberg die dynamischste Beschäftigungsentwicklung der letzten Jahre
im Vergleich aller 53 Gebietskörperschaften in Nordrhein‐Westfalen; der Kreis Euskirchen belegt den
Entwicklungsrang vier.30
28
Es wurden zwei Workshops mit rund 20 Unternehmen der digitalen Wirtschaft unter Moderation der IHK durchgeführt.
Bundesagentur für Arbeit
30
G.I.B. NRW, Sonderbericht: Struktur und Entwicklung der Beschäftigung, Juni 2014, S. 64
29
23
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
Abbildung 15: Entwicklung der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung am Arbeitsort in der Region Aachen (jeweils
zum 30.06.)
Quelle: Bundesagentur für Arbeit ‐ eigene Berechnung
Der Beschäftigungsaufbau ist ausschließlich auf einen Anstieg der Teilzeitbeschäftigung zurückzufüh‐
ren; mit Ausnahme des Kreises Heinsberg ist die Entwicklung der Vollzeitbeschäftigung rückläufig.31
Die Veränderung in der Beschäftigungsstruktur zeigt sich wie folgt: Nur 58,2% aller Beschäftigten in
der Region Aachen sind Vollzeitbeschäftigte, damit belegt die Region den niedrigsten Wert aller Re‐
gionen in NRW, 22,0% der Beschäftigen sind teilzeitbeschäftigt – dritthöchster Wert im Land – und
19,8% ausschließlich geringfügig beschäftigt – das bedeutet den zweithöchsten Wert in Nordrhein‐
Westfalen.32
Die dynamische Beschäftigungsentwicklung kann auch nicht darüber wegtäuschen, dass die Region
auf einem niedrigen Niveau gestartet ist. Erwerbstätigen33 – und Beschäftigungsquoten liegen nach
wie vor deutlich unter dem Landesdurchschnitt.
31
HS: +5,1%, EU: ‐0,3%, AC: ‐2,1%, DN: ‐3,3% im Zeitraum vom 30.06.2007 bis 30.06.2013, vgl. Ebenda, S. 65
Ebenda, S. 47 ff.
33
Erwerbstätigenquote Region Aachen 2013: 67,6%, NRW: 69,8%, IT NRW – Ergebnisse des Mikrozensus
32
24
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
Abbildung 16: Entwicklung der Beschäftigungsquoten in der Region Aachen/NRW von 2005‐2013
Quelle: Bundesagentur für Arbeit: Arbeitsmarktmonitor
Abbildung 17: Entwicklung der Beschäftigungsquoten der Frauen in der Region Aachen/NRW 2005‐2013
Quelle: Bundesagentur für Arbeit: Arbeitsmarktmonitor
Die Tertiarisierung ist weit fortgeschritten: In der Städteregion Aachen sind 75,1% der Beschäftigten
im Dienstleistungssektor tätig, in den anderen Kreisen ist der Anteil erwartungsgemäß geringer (Kreis
Düren 67,1%, Kreis Euskirchen 69,4%, Kreis Heinsberg 69,2%)34. Vor allem die wissensintensiven
Branchen35 stellen hohe Anforderungen an das Innovationspotenzial und die Versorgung mit Fach‐
kräften. Mit einem Beschäftigungsanteil von 36,2% in der „Wissenswirtschaft“ liegt die Region leicht
34
Bundesagentur für Arbeit, Strukturdaten und Indikatoren, 2013 – Stand: 16.12.2014
Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in der Region Aachen in folgenden wissensintensiven Wirtschaftszweigen zum
30.06.2012: 18‐21 Druckereien, Mineralölverarbeitung, Chemische und pharmazeutische Industrie, 26‐27 Elektroindustrie,
28 Maschinenbau, 29‐30 Fahrzeugbau, 35‐36 Energie‐ und Wasserversorgung, 58‐63 Information und Kommunikation, 64‐
66 Finanz‐ und Versicherungsdienstleistungen, 68‐75 wissenschaftliche und technische Dienstleistungen, 85 Erziehung und
Unterricht, 86 Gesundheitswesen. Quelle: Bundesagentur für Arbeit, aus: http://fachkraefteinitiative‐nrw.de/regionen‐im‐
vergleich
35
25
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
über dem Landesschnitt (36,1%); mit dem Beschäftigungsanteil Hochqualifizierter schon deutlicher:
12,3% (NRW: 11,7%). Leider ist in der Region auch der Anteil der Beschäftigten ohne Berufsausbil‐
dung immer noch sehr hoch: 15,1% (NRW: 13,9%). – Ein Seitenblick auf das Qualifikationsniveau der
Bevölkerung ab 25 Jahren zeigt den hohen Anteil ohne Berufsabschluss (27,6%, NRW: 23,9%) und
den unterdurchschnittlichen Bevölkerungsanteil mit einem akademischen Berufsabschluss (14%,
NRW: 15,3%).36 Auch an dieser Stelle wird deutlich, dass es bisher nicht in ausreichendem Maß ge‐
lingt, die Absolventinnen und Absolventen der Hochschulen an die Region zu binden. In Verbindung
mit einer Wirtschaftsstruktur, die einen hohen Bedarf an hochqualifizierten Fachkräften hat, wird das
zu einer Verschärfung des Fachkräftemangels für die in der Region bedeutsamen Kompetenzfelder
führen. Die beschäftigungsintensivsten Branchen in der Region sind erwartungsgemäß das Gesund‐
heitswesen, der Einzelhandel und das Baugewerbe; zu den Top10 zählt aber auch die Forschung und
Entwicklung.
Die Beschäftigten in der Region erzielen ein unterdurchschnittliches Einkommen; das Medianent‐
gelt37 liegt unter, der Anteil der Niedriglohnbeschäftigten38 (alternativ: Beschäftigten im unteren
Entgeltbereich) über dem Landesschnitt (20%, NRW: 18,6%).39
Entsprechend der Unternehmensstruktur sind 68,4% aller Beschäftigten im KMU‐Sektor tätig (NRW:
66,0%).40
Arbeitslosen‐ und Unterbeschäftigungsquote entwickeln sich rückläufig zu einem auch im Landesver‐
gleich positiven Niveau. Die regionale Arbeitslosenquote liegt mit 7,7% unter dem Landesschnitt
(8,1%); die regionale Spreizung im Land reicht von 4,8% (Münsterland) bis zu 11,4% (Mühlheim‐
Essen‐Oberhausen).41 Auch die Unterbeschäftigungsquote bewegt sich mit 9,4% unterhalb des Lan‐
desdurchschnittes (10,1%).42 Allerdings ist der Anteil der Arbeitslosen im SGB‐II an allen Arbeitslosen
– und damit die verfestigte Langzeitarbeitslosigkeit vor allem in der Städteregion Aachen – immer
noch hoch.43
Der Bedarf an gemeldeten ungeförderten Stellen ist von Jahreszeitraum von 2013‐2014 um 28,6%
angestiegen.44 Ein Indiz für den zukünftigen Fachkräftemangel in der Region? 2030 werden dem Ar‐
beitsmarkt in der Region Aachen nur noch 250.957 Erwerbspersonen zur Verfügung stehen. Das ent‐
spricht einem Rückgang um rund 115.000 Personen bzw. 12,3%. Allein in der Städteregion Aachen
36
2013, IT NRW – Ergebnisse des Mikrozensus, aus: G.I.B. Arbeitsmarktreport NRW 2015, S.118
Medianentgelt: Median des Bruttoarbeitsentgeltes der sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten (ohne Auszubil‐
dende): Die Hälfte der Beschäftigten erhält ein höheres Bruttoarbeitsentgelt, die andere Hälfte ein geringeres. NRW: 3020
€, Städteregion Aachen: 3.034 €, Kreis DN: 2.974 €, Kreis EU: 2.795 €, Kreis HS: 2.645 €. Quelle: Bundesagentur für Arbeit,
Beschäftigungsstatistik
38
Definition Niedriglohnbeschäftigung: Sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigte (ohne Auszubildende) mit einem
durchschnittlichen monatlichen Bruttoarbeitsentgelt unterhalb der von 2/3 des Medianentgeltes. Quelle: Bundesagentur
für Arbeit, Beschäftigungsstatistik
39
31.12.2013, Bundesagentur für Arbeit, aus: G.I.B. Arbeitsmarktreport NRW 2014, Juni 2014, S. 58
40
Die Spreizung in der Region ist groß: Von 63,8% Beschäftigten im KMU‐Sektor in der Städteregion (DN: 66,1%, EU: 73,3%)
bis zu 81,4% im Kreis Heinsberg. Damit ist Heinsberg NRW‐weit der Kreis mit dem höchsten Anteil der Beschäftigung in
KMU. Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Beschäftigungsstatistik
41
Stand: 30.09.2014, Quelle: Bundesagentur für Arbeit, nach G.I.B. NRW: Arbeitsmarktreport 2014, 3. Quartalsreport Sep‐
tember, S. 32
42
Stand: 30.09.2014, Quelle: Ebenda, S. 30
43
Anteil der Arbeitslosen im SGB II an allen Arbeitslosen: Städteregion Aachen: 75,1%, Kreis DN: 72,7%, Kreis EU: 64,2%,
Kreis HS: 62,7% ‐ Stand: 30.06.2014, Quelle: Bundesagentur für Arbeit/Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales
NRW, SGB‐II‐Report, 2. Quartal 2014
44
Quelle: Bundesagentur für Arbeit, nach G.I.B. NRW: Arbeitsmarktreport 2014, 3. Quartalsreport September 2014, S. 34
37
26
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
würden danach 2030 über 42.000 Erwerbspersonen fehlen. Zum Vergleich: Für NRW wird mit einem
Rückgang der Erwerbspersonen um 11,6% gerechnet.
Die zukünftige Beschäftigungsstruktur des regionalen Arbeitsmarktes im Jahr 2020 wird mit einem
Mangel an Fachkräften konfrontiert werden. Der Bedarf setzt sich dabei aus der ungedeckten Fach‐
kräftenachfrage gegenüber dem Fachkräfteangebot zusammen und resultiert aus den Auswirkungen
des demographischen Wandels. Die folgende Berufsgruppenauflistung legt dar, in welchen Berufen
es innerhalb der Region Aachen zu Problemen bei der Besetzung von freien Arbeitsstellen kommen
kann:45
Tabelle 9: Top Engpassberufsgruppen im Jahre 2020
Top Engpassberufsgruppen im Jahre 2020
• Technische Forschungs‐, Entwicklungs‐, Konstruktions‐ und
Produktionssteuerungsberufe
• Rohstoffgewinnung und –aufbereitung, Glas‐ und Keramikherstellung und –verarbeitung
• Bauplanungs‐, Architektur‐ und Vermessungsberufe
• Maschinenbau‐ und Betriebstechnik
• Elektrotechnik
• Mathematik‐, Biologie‐, Chemie‐ und Physikberufe, Geologie‐, Geographie‐ und
Umweltschutzberufe
• Textil‐ und Lederberufe
• Einkaufs‐, Vertriebs‐ und Handelsberufe
3.3 Wissenschaft und Bildung
Die Wissenschaftsregion Aachen ist geprägt durch die RWTH Aachen als eine der größten und bedeu‐
tendsten Technischen Hochschulen Europas, die FH Aachen, das Forschungszentrum Jülich und zahl‐
reiche weitere Hochschul‐ sowie außeruniversitäre Forschungseinrichtungen in der Region. Die
Hochschulen sind ein entscheidender Standortfaktor in der Region. Sie sind Quelle von Produkt‐ und
Prozessinnovationen und stellen die exzellente Ausbildung von Fachkräften sicher. Ein räumlicher
Schwerpunkt ist insbesondere in der Stadt Aachen, der Städteregion Aachen und im Kreis Düren aus‐
zumachen. Aber auch die Kreise Euskirchen und Heinsberg wissen mit ihren sich im Aufbau befin‐
denden Studienstandorten dazu beizutragen. Derzeit lernen und forschen an den Hochschulen der
Region mehr als 55.500 Studentinnen und Studenten.46 Neben diesem Paket „Wissenschaft“ profi‐
tiert die Region Aachen auch von der euregionalen Zusammenarbeit. Bei einer Ausweitung des Be‐
trachtungsraumes sind fünf Universitäten, 15 Fachhochschulen sowie unzählige Forschungslaborato‐
rien und Entwicklungszentren auszumachen. Die RWTH Aachen ist mit ihren mehr als 42.000 Studen‐
tinnen und Studenten47 mit Abstand die größte Hochschule der Region. Der fachliche Schwerpunkt
45
http://www.ihk‐fachkraefte‐nrw.de/fkm/index.html#mj3L6g5fOhj‐b_
Neben RWTH und FH Aachen verfügt die Region Aachen auch über je einen Standort der katholischen Hochschule NRW,
der Fachhochschule für Rechtspflege des Landes NRW, der Rheinischen Fachhochschule Köln und der Hochschule für Musik
und Tanz Köln. Die Hochschule für Ökonomie und Management (FOM) ist als Spezialist für das berufsbegleitende Studium
seit 2011 auch mit einem Standort in Aachen überwiegend in wirtschaftswissenschaftlichen Studiengängen aktiv. Weitere
private Hochschulen am Standort sind die Aachen Business School und ab Oktober d2015 die Euro‐FH.
47
RWTH Aachen: Daten und Fakten
46
27
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
der RWTH liegt auf den Ingenieurwissenschaften, wobei auch die Naturwissenschaften einen hohen
Stellenwert einnehmen.
Abbildung 18: Verteilung der Studenten nach Wissenschaftsbereichen
Quelle: RWTH Aachen: Zahlenspiegel 2013, eigene Darstellung
Als erste Universität in Nordrhein‐Westfalen ist sie mit dem Titel der „Exzellenz‐Universität“ im Rah‐
men der Bund/Länder‐Exzellenzinitiative für Spitzenforschungen in Deutschland seit 2007 ausge‐
zeichnet. Mit der Exzellenzinitiative werden Graduiertenschulen zur Förderung des wissenschaftli‐
chen Nachwuchses, Exzellenzcluster zur Förderung der Spitzenforschung und Zukunftsprojekte zum
Ausbau der universitären Spitzenforschung nach einem Wettbewerbsverfahren gefördert. Mit Ihrem
ausgezeichneten Zukunftskonzept „RWTH: 2020 Meeting Global Challenges“ hat die Hochschule sich
zum Ziel gesetzt, bis zum Ende des Jahrzehntes eine der weltweit besten integrierten und interdiszip‐
linären technischen Universitäten zu werden. Auch in den beiden anderen Wettbewerbsbereichen
der Exzellenzinitiative war die RWTH erfolgreich und hat eine Graduiertenschule für computerge‐
stützte Natur‐ und Ingenieurwissenschaften und drei Exzellenzcluster etabliert. Zu den ausgewählten
und als besonders zukunftsträchtig eingestuften Clustern gehören aus dem Bereich der Informatik
„Ultra High‐Speed Information an Communication (UMIC)“, aus dem Bereich der Produktionstechno‐
logie „Integrative Produktionstechnik für Hochlohnländer“ und bereichsübergreifend „Maßgeschnei‐
derte Kraftstoffe aus Biomasse“.48 Neben den ausgezeichneten Forschungseinrichtungen kann die
RWTH Aachen weitere weltweit renommierte Einrichtungen vorweisen. Dazu lassen sich von den 260
Instituten und den acht Sonderforschungsbereichen stellvertretend das Werkzeugmaschinenlabor
WZL der RWTH Aachen (WZL) und die Institute für Kunststoffverarbeitung, Kraftfahrtwesen sowie
Störungsdynamik nennen.49 Deutlich gemacht werden kann der herausragende Stellenwert der
RWTH Aachen auch anhand des immer weiter steigenden Drittmittelvolumens. Ein bisheriger Spit‐
zenwert von über 353 Mio. Euro konnte 2013 erzielt werden, wodurch die Spitzenposition im bun‐
desdeutschen Vergleich gehalten wurde.50
48
49
RWTH Aachen: Exzellenzcluster
RWTH Aachen: Daten und Fakten
28
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
Abbildung 19:Entwicklung des Drittmittelvolumens in Mio. Euro 2000‐2013
Quelle: RWTH Aachen: Zahlenspiegel 2013, eigene Darstellung
Die Fachhochschule Aachen mit ihren großen Standorten in Aachen und Jülich zählt mit ihren zehn
Fachbereichen und rund 12.000 Studierenden51 zu den größten und innovativsten Fachhochschulen
in ganz Deutschland. Wie auch bei der RWTH liegt der fachliche Schwerpunkt der FH Aachen bei den
ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen, aber auch die Wirtschaftswissenschaften und Studien‐
gänge aus dem Design haben überregionale Strahlkraft. Bei den in der gesamten Region Aachen ver‐
teilten Standorten lassen sich weitere regionalspezifische Schwerpunkte ausmachen. So ist am Stu‐
dienstandort Euskirchen der Fachbereich Holzingenieurwesen und am Standort Wildenrath, im Kreis
Heinsberg, der Fachbereich für Schienenfahrzeugtechnik angesiedelt, während auf dem Solarcampus
Jülich Studiengänge aus den Fachbereichen Medizintechnik und Energietechnik die Hauptrolle spie‐
len. Zudem ist Düren Studienort des MBA‐Studiengangs „Entrepreneurship“. Die FH Aachen ist eine
der forschungsstärksten Fachhochschulen in Deutschland. Die Kompetenzen liegen vor allem in den
Zukunftsfeldern Energie, Mobilität und Life Science.
Die Attraktivität des Hochschulstandortes Region Aachen zeigt sich auch in den Wachstumsraten von
Studierenden und Absolventen. Die Zahl der Studierenden ist im Zeitraum 2004 bis 2014 um ca. 50%
von 37.225 auf 55.589 angestiegen. Auch bereits vor dem doppelten Abiturjahrgang an Nordrhein‐
Westfalens Schulen konnte ein entsprechender Trend verzeichnet werden. Zum Nachweis trägt die
Zahl der Absolventinnen und Absolventen unterstützend bei. Denn stetig steigende Zahlen haben
innerhalb des betrachteten Zeitraums z.B. an der RWTH Aachen zu einer Verdreifachung der Studi‐
enabschlüsse geführt.52
Auf einer internationalen Ebene sticht das renommierte Forschungszentrum Jülich besonders unter
den F&E‐Einrichtungen heraus. Mit seinen neun Forschungsinstituten und 50 Institutsbereichen zählt
es zu den größten interdisziplinären Forschungseinrichtungen Europas. Besonders virulent sind die
Energie‐ und Umwelt‐ sowie Informations‐ und Hirnforschung. Bei der Umsetzung der übergeordne‐
ten Zielsetzung, Grundlagen für zukünftige Schlüsseltechnologien zu schaffen, verhilft auch die aner‐
kannte Mitgliedschaft bei der Helmholtz‐Gemeinschaft. Des Weiteren genießt die Verbindung von
Forschung und Lehre einen hohen Stellenwert am FZ Jülich. Sichtbar wird dies in der Jülich Aachen
Research Alliance (JARA). Aus diesem Bündnis zwischen dem Forschungszentrum und der RWTH
51
52
FH Aachen: Kurzprofil
RWTH Aachen: Zahlenspiegel 2013, S. 64
29
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
Aachen soll die Vernetzung von universitärer und außeruniversitärer Forschung mit der Lehre inten‐
siviert werden.
Darüber hinaus können auch zahlreiche weitere Einrichtungen ebenfalls nationale und internationale
Anerkennungen und Beziehungen aufweisen. Zu diesen weiteren Forschungs‐ und Entwicklungsein‐
richtungen zählen die drei Fraunhofer‐Institute53, die 16 An‐Institute der RWTH Aachen54 und die
privatwirtschaftlichen Laboratorien wie bspw. von Ericsson, Ford, United Technologies und Micro‐
soft. Zudem verfügt die RWTH Aachen mit ihren mehr als 20 Großinstituten deutschlandweit über ein
Alleinstellungsmerkmal. Folglich ist die Region Aachen in einem besonderen Maße mit einer techno‐
logischen und innovativen Hochschul‐ und Forschungsinfrastruktur durchzogen, wie sie nur wenige
Regionen im nationalen und internationalen Vergleich präsentieren können.
Die Excellenz‐Universität RWTH Aachen beabsichtigt, sich mit dem RWTH Aachen Campus zu einer
der weltweit führenden technischen Universitäten zu entwickeln. Mit 19 Forschungsclustern entsteht
auf einer Fläche von 800.000 Quadratmetern eine der größten Forschungslandschaften Europas. Mit
dem RWTH Campus schafft die Universität ein einzigartiges Leistungsangebot zur Kooperation in
fachspezifischen Clustern, in den die RWTH Know‐how und eine einmalige Forschungsinfrastruktur
zur Verfügung stellt. Nationalen und internationalen Unternehmen wird die Möglichkeit eröffnet,
sich mit eigenen Forschungs‐ und Entwicklungsressourcen auf dem Campus zu engagieren. Industrie‐
partner erhalten damit auch Zugang zu qualifiziertem Nachwuchs sowie zu Aus‐ und Weiterbildungs‐
programmen. Mehr als 200 Unternehmen engagieren sich bereits auf dem Campus. Derzeit befinden
sich sechs Startcluster in der Realisierung: Cluster Logistik, Cluster Produktionstechnik, Cluster Pho‐
tonik, Cluster Biomedizintechnik, Cluster Schwerlastantriebe, Cluster Nachhaltige Energie.
Darüber hinaus weist die technologische und innovative Hochschul‐ und Forschungsinfrastruktur
weitere Kompetenzfelder auf. Innerhalb dieser Kompetenzfelder entstanden mehrere Unterneh‐
mensbeziehungen, die sich zu Unternehmensclustern ausgeweitet haben. Unterschieden werden
können diese Clusterbeziehungen in Cluster mit überwiegendem Hochschulbezug und in solche mit
überwiegendem Unternehmensbezug. Vorausgehende und grundlegende bottom‐up‐Prozesse ver‐
deutlichen dabei die Stärke und Eigeninitiative der Hochschul‐ und Forschungsinfrastruktur innerhalb
der Region Aachen. Des Weiteren sind die hervorgerufenen Synergiepotenziale ein Beispiel dafür,
wie die Region sich selber immer stärker verbindet. Intensiviert werden könnte dies mit Hilfe einer
noch einzurichtenden Koordinationsstelle für die Verknüpfung regionaler Kompetenzfelder. Einen
Überblick über die in der Region Aachen etablierten Cluster gibt Tabelle 1.
Tabelle 10: Clusterübersicht der Region Aachen
Kompetenzfeld
Automotive / Fahrzeugbau
Automotive / Fahrzeugbau
Automotive / Fahrzeugbau
Automotive / Fahrzeugbau
(Bio‐)Medizintechnik / Gesundheit
Cluster
ABC‐Cluster
ARIC – automotive + rail innovation
center aachen
car e.V. – competence center automo‐
tive region aachen/euregio maas‐rhein
FH Aachen Synergetic Automotive &
Aerospace
AKM
Institution
‐‐‐
‐‐‐
‐‐‐
FH Aachen
Aachener Kompetenzzentrum
Medizintechnik e.V.
53
54
Fraunhofer‐Aachen
RWTH Aachen: An‐Institute
30
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
(Bio‐)Medizintechnik / Gesundheit
(Bio‐)Medizintechnik / Gesundheit
(Bio‐)Medizintechnik / Gesundheit
(Bio‐)Medizintechnik / Gesundheit
(Bio‐)Medizintechnik / Gesundheit
Energie und Umwelt
Energie und Umwelt
Energie und Umwelt
Energie und Umwelt
Energie und Umwelt
Energie und Umwelt
IKT
IKT
IKT
IKT
IKT
IKT
Land‐ / Forstwirtschaft / Holz
Logistik
Logistik
Logistik
Maschinenbau / Produktionstechnik
Maschinenbau / Produktionstechnik
Maschinenbau / Produktionstechnik
Maschinenbau / Produktionstechnik
Maschinenbau / Produktionstechnik
Maschinenbau / Produktionstechnik
Mediengestaltung
Photonik
Werk‐ und Kunststoffe
Werk‐ und Kunststoffe
Cluster Biomedizintechnik
Forum Life Sciences
Gesundheitsregion AC
JARA‐Brain
Life Tec Aachen‐Jülich e.V.
BIOENGINEERING – Kompetenzplatt‐
form
Cluster Nachhaltige Energie
ENERGY HILLS e.V.
JARA‐Energy
Tailor‐Made Fuels from Biomass
(Kraftstoff aus Biomasse)
Umwelt‐Forum
Forum Informatik
JARA‐FIT
JARA‐HPC
JARA‐SIM
REGINA e.V. – REGionaler Indust‐
rieclub Informatik Aachen
Ultra High‐Speed Mobile Information
an Communication (UMIC)
HolzCluster Eifel
A4‐Initiative
RWTH Aachen
RWTH Aachen
‐‐‐
RWTH Aachen
‐‐‐
FH Aachen
RWTH Aachen
‐‐‐
RWTH Aachen
RWTH Aachen
RWTH Aachen
RWTH Aachen
RWTH Aachen
RWTH Aachen
RWTH Aachen
RWTH Aachen
RWTH Aachen
Wald und Holz Eifel e.V.
Strukturförderungsgesellschaft
Eschweiler mbH & Co. KG
Cluster Logistik
RWTH Aachen
Forum Mobilität und Verkehr
RWTH Aachen
Cluster Produktionstechnik
RWTH Aachen
Cluster Schwerlastantriebe
RWTH Aachen
Integrative Produktionstechnik für RWTH Aachen
Hochlohnländer
PhotonAix – Kompetenznetz für Opti‐ ‐ ‐ ‐
sche Technologien und Systeme
PROTECA ‐ Produktionstechnologie RWTH Aachen
Aachen
Zukunftsinitiative Eifel – Maschinen‐ ‐ ‐ ‐
bau und Mechatronik
FiMeA e.V. – Kompetenznetz Film und ‐ ‐ ‐
Medien Aachen
Cluster Photonik
RWTH Aachen
INTRA e.V.
Interessensgemeinschaft in‐
novativer Aachen Unterneh‐
men der Kunststoffbranche
Werkstoff Forum
RWTH Aachen
Die Region Aachen zählt nachweislich zu den Regionen mit der höchsten Dichte an Forschungs‐ und
Entwicklungseinrichtungen in Deutschland. Dies überträgt sich auch auf die Beschäftigtenstruktur in
der gesamten Region. Mehr als jeder vierte Beschäftigte im Bereich der F&E in Nordrhein‐Westfalen
arbeitet in der Region Aachen. Absolut entspricht dies einem Verhältnis von 42.529 zu 11.017 Be‐
schäftigten.55 Die dem zu Grunde liegende Wirtschaftsklassifikation für Forschung und Entwicklung
(WZ 72) bezieht Hochschulmitarbeiter nicht mit ein. Eine Hinzunahme dieser Anzahl ließe sowohl die
absoluten als auch die relativen Zahlen ansteigen.
55
Bundesagentur für Arbeit
31
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
Junge Talente:
Das Bildungswesen war in den letzten Jahren von einer verstärkten Dynamik gekennzeichnet, die sich
deutlich im Ausbau der frühkindlichen Bildung und Betreuung, bei der Ausweitung von Ganztags‐
schulangeboten und in der starken Zunahme der Studienberechtigtenquote zeigt. Die Entwicklung
einer regionalen Strategie zum Ausbau der regionalen Bildungslandschaft muss sich an den aktuellen,
bildungsrelevanten Aufgaben, Herausforderungen und Chancen orientieren, wie zum Beispiel die
Ausprägungen des demografischen Wandels in der Region, dem zunehmenden Fachkräftemangel
oder den Schwierigkeiten an den Übergängen der formalen Bildungskette.
Der Ausbau der U3‐Betreuung kommt in der Region Aachen zügig voran; die Stadt Aachen beispiels‐
weise avisiert bis 2017 eine 50 Prozentquote.56 In den ländlichen Kreisen liegen die Betreuungsquo‐
ten entsprechend niedriger, hier ist allerdings das Wachstum seit 2010 größer.57
Die Zahl der Schüler/innen und der Schulabgänger/innen wird in der Region Aachen in den kommen‐
den Jahren deutlich sinken. Illustrierend sei das hier an dem prognostizierten Rückgang der regiona‐
len Abgangszahlen dargelegt.
Abbildung 20: Voraussichtliche Entwicklung der Anzahl der Schulabgänger 2012‐2020
Quelle: IT NRW – eigene Berechnung
Diese Entwicklung hat erhebliche Konsequenzen unter anderem für eine wohnortnahe Versorgung
mit einem ausdifferenzierten Bildungsangebot und für die Nachwuchssicherung der Unternehmen in
der Region, die zusätzlich dadurch verschärft werden, dass ein immer höherer Anteil der Schulabgän‐
ger/innen die Hochschulreife erlangt und ein Studium aufnimmt.58 Wenn nicht gegengesteuert wird,
ist davon auszugehen, dass die aktuell im Vergleich zum Landes‐ und Bundesschnitt noch leicht höhe‐
56
Aachener Nachrichten, 26.02.2015
Die aktuell veröffentlichten Zahlen von IT NRW weisen eine U3‐Betreuungsquote von 23,8 Prozent für NRW aus; für die
Städteregion: 25,9%, Stadt Aachen 24,3 Prozent, Kreis Düren 21,0%, Kreis Euskirchen 19,5%, Kreis Heinsberg 18,4% (Stand:
01.03.2014) – Die vom Land NRW veröffentlichten Zahlen liegen wesentlich höher, da sie die Vorausschau auf die Planzah‐
len für das kommende Kindergartenjahr abbilden, und weisen für NRW eine Versorgungsquote von 35,4 Prozent aus.
58
Rein rechnerisch kamen im Schuljahr 2013 auf 100 Schulentlassungen in NRW 48,5 neue Ausbildungsverträge, eine deut‐
liche Verringerung zum Jahr 2012, als 61 Ausbildungsverträge auf 100 Schulentlassungen kamen. Vgl. IT NRW, Statistische
Analysen und Studien, Band 82, Bildungsreport NRW 2014, S. 17
57
32
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
re Ausbildungsquote in der Region in den nächsten Jahren weiter sinken wird.59 Die Zahl der neu
abgeschlossenen Ausbildungsverträge in der Region ist aktuell rückläufig. Im Zeitraum vom
01.10.2013 ‐ 30.09.2014 wurden im Arbeitsagenturbezirk Aachen‐Düren 6.792 Ausbildungsverträge
neu abgeschlossen; dies entspricht einem Rückgang von knapp 5% gegenüber dem Vorjahr.60 Auch
wenn es zurzeit rechnerisch noch einen Überhang an Bewerber/innen um Ausbildungsplätze gibt,
melden zunehmend Unternehmen Probleme bei der Besetzung ihrer Ausbildungsstellen.61 Als Grün‐
de werden vor allem die „mangelnde Ausbildungsreife“ (86%) sowie „zu unklare Berufsvorstellun‐
gen“ der Schulabgänger“ (57%) benannt.62 Diese Problemanzeigen weisen erstens darauf hin, dass
vor allem kleine Unternehmen63 in den nächsten Jahren Unterstützungsbedarf bei der Ausbildung
von leistungsschwächeren Schulabgängerinnen und Schulabgängern haben werden; zweitens wird es
darauf ankommen, die systematische Verknüpfung von Schule und Berufswelt im Rahmen des Lan‐
desvorhabens „Kein Abschluss ohne Anschluss“ in der Region Aachen zügig und unter breiter Beteili‐
gung auch der Unternehmen voranzutreiben. Während die Zahl der Abgänger/innen, die die Schule
ohne Abschluss verlassen, rückläufig ist und die Vereinbarung einer verbindlichen Anschlussperspek‐
tive für alle Jugendlichen im Rahmen von „Kein Abschluss ohne Anschluss“ gestaltet wird, zeigen die
nach wie vor hohen Abbruchsquoten bei Auszubildenden und Studierenden weiteren Handlungsbe‐
darf auf.
3.4 Energie, Klima, Ressourcen
Die Energieversorgung der rund 1,3 Millionen Menschen und der mehr als 100.000 Betriebe in der
Region Aachen, erfolgt zurzeit überwiegend auf Basis von Braunkohle und Erdgas. Der Ausbau rege‐
nerativer Energieträger hat in den letzten Jahren jedoch stetig zugenommen. Diese zunehmend hete‐
rogene Erzeugungsstruktur zeigt sich in einer von der IHK Aachen erarbeiteten Bilanz für die leitungs‐
gebundenen Energieträger Strom, Gas und Fernwärme. Diese gibt eine detaillierte Übersicht über die
in den Städten und Gemeinden der Region Aachen in die Netze eingespeisten Strommengen aus
Windkraft‐, Photovoltaik‐, Wasserkraft‐, Deponiegas‐ und KWK‐Anlagen sowie dem Großkraftwerk in
Weisweiler.64
Das Kraftwerk Weisweiler bleibt mit einer installierten Leistung/netto von rund 1.800 MW mit Ab‐
stand der größte Stromerzeuger. Mehr als 90 Prozent der gesamten Stromproduktion in der Region
Aachen liefert das Großkraftwerk – jedes Jahr rund 17 Milliarden Kilowattstunden. Es hält zudem
zwei Gasvorschaltturbinen mit einer Netto‐Nennleistung von zusammen 544 MW vor, die jedoch
aufgrund der aktuellen Marktlage dauerkonserviert und somit nicht am Netz sind. Hinzu kommt, dass
Weisweiler 69 Prozent der Gesamtmenge an Fernwärme für die Region liefert. Die Müllverbren‐
nungsanlage neben dem Kraftwerk liefert Wasserdampf, der mit einer MW Netto‐Nennleistung von
24 MW ebenfalls verstromt wird.
59
Die Ausbildungsquote beziffert den Anteil der Auszubildenden an den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und
betrug zum Stichtag am 31.12.2013 in der Städteregion Aachen 5,9%, im Kreis Düren 6,4%, im Kreis Euskirchen 6,1% und im
Kreis Heinsberg 7,4%. Zum Vergleich NRW: 5,9% Bund: 5,4% Quelle: Bundesagentur für Arbeit
60
Obwohl zugleich auch ein Bewerber/innenrückgang in etwa der gleichen Größenordnung zu verzeichnen war, ist die Zahl
der unversorgten Bewerber/innen leicht angestiegen, die Zahl der unbesetzten Plätze leicht gesunken. Quelle: Bundesinsti‐
tut für Berufsbildung, Neu abgeschlossene Ausbildungsverträge, Erhebung zum 30.09.2014
61
Vgl.: IHK NRW, Fachkräftereport 2014 für Nordrhein‐Westfalen
62
Ebenda
63
„Klein‐ und Kleinstbetriebe stellen zusammen 45% der angebotenen Ausbildungsplätze, aber rund 80% aller unbesetzten
Ausbildungsplätze“. Quelle: IAB Betriebspanel, Ausbildungsaktivitäten und Stellenbesetzungen der Betriebe in NRW, S.44
64
Vgl. Energieregion Aachen: Potenziale für die Energieversorgung von morgen, IHK Aachen
33
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
Der in der Region Aachen aus regenerativen Quellen ins Netz eingespeiste Strom erreichte im Jahr
2013 rund 1,3 Milliarden Kilowattstunden. Er kommt zu über 60 Prozent aus Windkraft, zu knapp 20
Prozent aus Photovoltaik und zu etwa 18 Prozent aus Biomasse. Hinzu kommen noch kleinere Men‐
gen aus Deponiegas und Wasserkraft. Im Bereich der Windkraft werden in der Region Aachen derzeit
rund 596 MW installierte Leistung vorgehalten (Kreis Düren 201 MW; Kreis Heinsberg 164 MW; Kreis
Euskirchen 123 MW; Städteregion 108 MW). Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucher‐
schutz (LANUV) hat errechnet, dass insbesondere die Eifel, aber auch tiefliegenden Auenbereiche
und bewaldete Terrassenbereiche im Westen der niederrheinischen Bucht eine ausgesprochene
„Windhöffigkeit“ aufweisen. Insbesondere die Kreise Düren und Euskirchen verfügen der Studie zu‐
folge über große Potentialflächen. Dieselbe Studie weist für die Region Aachen auch ein weitaus hö‐
heres Potential für die Energiegewinnung aus Photovoltaik auf, als die bislang installierte Leistung
von etwa 342 MW (Kreis Düren 72 MW; Kreis Heinsberg 100 MW; Kreis Euskirchen 102 MW; Städte‐
region 68 MW).65
Der gesamte Endenergieverbrauch für die Region Aachen wurde letztmalig im Jahr 2008 erhoben und
lag seinerzeit bei rund 258 Milliarden Kilowattstunden. Etwa 46 Prozent dieser Endenergie wurden
von der Industrie verbraucht. Vor allem im Kreis Düren und im alten Kreisgebiet der Städteregion
Aachen ist der industrielle Verbrauch sehr hoch, während der Kreis Heinsberg hier nur einen sehr
geringen Anteil aufweist. Besonders hohe Energiebedarfe weisen insbesondere die Papier‐ und Glas‐
industrie, der Braunkohlebergbau und die Nahrungsmittelproduktion auf. Der Endenergieverbrauch
findet – entsprechend dem Energiemix – sein Äquivalent in der Gesamtemission von CO2. Neben
Industrie und Landwirtschaft, zählen vor allem die privaten Haushalte (sowie die kommunalen Lie‐
genschaften) und die Mobilität zu den großen Verbrauchssektoren.
Klimawandel und Ressourcenverbrauch nehmen die moderne Industriegesellschaft in die Pflicht um‐
zusteuern und gegenzulenken. Die Energiewende ist politisch beschlossen. Es bleibt die große Her‐
ausforderung, Klimaschutz und Ressourceneffizienz in das Wirtschaftssystem zu integrieren.
Den politischen Rahmen für die Energiewende geben die energie‐ und klimapolitischen Vorgaben der
Europäischen Union, der Bundesregierung und der Landesregierung NRW. Diese orientieren sich am
internationalen Ziel, in den Industriestaaten bis zur Mitte des Jahrhunderts 80% ‐ 95% der CO2‐
Emissionen (bezogen auf die Werte von 1990) zu vermeiden. Das hat in Deutschland zu einer Neu‐
ausrichtung der Energiepolitik geführt, die vorsieht, eine Transformation von den fossilen und ato‐
maren Energieträgern hin zu regenerativen Energieträgern zu organisieren.
Das Energiekonzept der Bundesregierung von 2010 liefert den gegenwärtig gültigen nationalen Poli‐
tikrahmen, insbesondere die verbindlichen nationalen Klimaschutzziele: Die Treibhausgasemissionen
in Deutschland sollen im Jahr 2020 um 40% unter denen des Jahres 1990 liegen. Bis zum Jahr 2050
sollen sie sich sogar um 80 bis 95% gegenüber 1990 reduzieren. Der Anteil erneuerbarer Energien am
Bruttoendenergieverbrauch soll bis 2020 auf 18% ansteigen. Für die nachfolgenden Jahre wird eine
Erhöhung auf schließlich 60% im Jahr 2050 angestrebt. Der Anteil erneuerbarer Stromerzeugung am
Bruttostromverbrauch soll im Jahr 2020 35% und im Jahr 2050 80% betragen. Weitere Ziele werden
für den Bereich der Energieeffizienz und den Mobilitätssektor formuliert.
65
Vgl. Energieatlas NRW, LANUV
34
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
Das Land Nordrhein‐Westfalen hat mit dem Klimaschutzgesetz 2012 ebenfalls einen rechtsverbindli‐
chen Rahmen geschaffen. Das Gesetz schreibt das Ziel fest, bis 2020 die Treibhausgasemissionen um
mindestens 25% (und um mindestens 80% bis 2050) gegenüber 1990 zu reduzieren. Umsetzung und
Ausgestaltung der Maßnahmen werden derzeit über die Erstellung eines Klimaschutzplans festgelegt,
der u.a. Zwischenziele zur Reduktion der Gesamtmenge von Treibhausgasen, zur Energie‐ und Res‐
sourceneffizienz sowie zum Ausbau der Erneuerbaren Energien (untergliedert in sektorale und ggf.
auch regionale Beiträge) beinhalten wird.
Das Klimaschutzgesetz NRW und insbesondere der noch zu verabschiedende Klimaschutzplan, wer‐
den den öffentlichen Sektor, also auch die Kommunen, rechtlich binden. Zahlreiche Kommunen in
der Region Aachen haben sich daher bereits auf den Weg gemacht, über integrierte Klimaschutzkon‐
zepte (IKKs, gefördert vom Bundesumweltministerium) systematisch eigene Umsetzungsmaßnahmen
(z.B. Klimaschutzmanagement, Energiesparmodelle an öffentlichen Liegenschaften, Beratungsleis‐
tungen und einzelne investive Leistungen im Bereich der technischen Infrastrukturen) anzugehen. Im
Rahmen eines IKK werden Energie‐ und CO2‐Bilanzen aufgestellt, Minderungsziele sowie Maßnah‐
menkataloge festgelegt.
Die Region Aachen verfügt im Bereich der Energietechnik wie kaum eine andere Region über weitge‐
fächerte Kompetenzen sowie über integrierte Innovationsnetzwerke der Akteure aus Wirtschaft,
Wissenschaft, Politik und Gesellschaft. In der Region konzentrieren sich über 70 Energieforschungsin‐
stitute und An‐Institute im Bereich der Energieforschung. Vielfältige Projekte im Bereich der erneu‐
erbaren Energien, der Elektromobilität, oder der Netze der Zukunft belegen schon jetzt, dass die Re‐
gion einen nennenswerten Beitrag zu den jetzt zu lösenden energetischen und versorgungstechni‐
schen Aufgabenstellungen zu leisten im Stande ist. Nicht zuletzt für diese Aufgaben, engagieren sich
die öffentlichen Körperschaften der Region Aachen in der IRR‐Innovationsregion Rheinisches Revier
GmbH.
Energiewende, Klimaschutzziele und sparsamer Umgang mit Ressourcen haben erhebliche Auswir‐
kungen auf die Innovationsregion Rheinisches Revier und damit auch für die Region Aachen. Der
steigende Anteil Erneuerbarer Energien, der heute in Nordrhein‐Westfalen noch unter dem Bundes‐
durchschnitt liegt, bedingt den Rückgang der Stromerzeugung aus fossilen Energieträgern. Das Rhei‐
nische Revier ist geprägt durch die Braunkohlengewinnung und –verstromung mit einer installierten
Kraftwerksleistung von mehr als 10.000 MW. Die Braunkohlenkraftwerke wurden bisher in der Si‐
cherstellung der Grundlast eingesetzt. Mit dem Vorrang der Einspeisung Erneuerbarer Energien in
das Stromnetz verlieren sie diese Rolle. Damit stellt sich schon heute und verstärkt in der Zukunft die
Frage, in welchem Umfang und zu welchen Bedingungen Kraftwerksleistungen im Rheinischen Revier
bereitzustellen sind. Mit der Ankündigung einer Leitentscheidung zur Verkleinerung des Tagebaus
Garzweiler II lässt die Landesregierung Nordrhein‐Westfalen die Neubewertung der energiewirt‐
schaftlichen Erfordernisse für das genehmigte Abbaufeld Garzweiler II erkennen. Zu erwarten ist die
Zurücknahme der Abbaugrenzen des Tagesbaus bis zum Ortsteil Holzweiler der Stadt Erkelenz. Damit
stehen 300 – 400 Millionen t des genehmigten Tagebaus mit einem Kohleninhalt von 1,3 Mrd. für die
Stromerzeugung voraussichtlich nicht mehr zur Verfügung. Nach Verkündung der Leitentscheidung
wird es Aufgabe des Braunkohlen‐Ausschusses bei der Bezirksregierung Köln sein, die Konkretisie‐
rung der energiepolitischen Vorgabe der Landesregierung in einem Verfahren zur Änderung des
Braunkohlenplanes Garzweiler II umzusetzen. Dabei sind die Auswirkungen auf die Umweltmedien zu
prüfen, insbesondere wasserwirtschaftliche Fragen in Zusammenhang mit der Neuplanung eines
Restsees zu klären. Nach einem mehrjährigen Verfahren wird die Landesregierung im Rahmen der
35
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
Genehmigung des geänderten Braunkohlenplanes Garzweiler II die Umwelt‐ und Sozialverträglichkeit
sowie die energiewirtschaftlichen Erfordernisse neu darzustellen haben. Zeitlich wird bis dahin der
vollständige Ausstieg aus der Nutzung der Kernenergie deutlich näher herangerückt sein.
Unter Zugrundelegung der heutigen Fördermengen von Braunkohle im Rheinischen Revier ist die
Beendigung des Tagebaus Inden bis zum Jahr 2030 absehbar. Dies wird zur Schließung des Kraftwer‐
kes Weisweiler führen. Damit stehen nicht nur Arbeitsplätze in Tagebau und Kraftwerk zur Dispositi‐
on, sondern es muss auch rechtzeitig eine Entscheidung über die Fernwärme‐Auskopplung aus dem
Kraftwerk Weisweiler getroffen werden. Naheliegender Weise kann die Müllverbrennungsanlage der
AWA in Eschweiler‐Weisweiler diese Funktion übernehmen. Darüber hinaus wird dann die Rekultivie‐
rung des Tagebaus Inden II im Sinne des geänderten Braunkohlenplanes mit der Anlage eines Rest‐
sees beginnen.
Unterstellt man die heutigen Fördermengen – allerdings ab 2030 ohne den Tagebau Inden – wird im
Jahr 2040 der Tagebau Hambach ausgekohlt sein. Die notwendigen wasserrechtlichen Verfahren für
die künftige Anlage eines Restsees Hambach in der Größenordnung von ca. 4.000 ha werden in den
nächsten Jahren durchzuführen sein.
Die Neugestaltung des Zertifikat‐Handels mit CO 2 für die Industrie steht auf europäischer Ebene an.
Damit wird eine wesentliche Weichenstellung für den europäischen Klimaschutz erfolgen. Entschei‐
dend wird dies auch für den weiteren wirtschaftlichen Einsatz der Braunkohle in der Stromerzeugung
sein. Die Auswirkungen aktueller europäischer und deutscher Beschlüsse (siehe zuletzt Dezember
2014 Bundesregierung) sind heute noch nicht im Detail darstellbar. Gewollt ist ein deutlicher Rück‐
gang der CO 2‐Emmissionen mit einer starken Betroffenheit der Stromerzeugung aus fossilen Ener‐
gieträgern.
Die stoffliche Nutzung von Braunkohle ist derzeit Beratungsgegenstand einer Enquete‐Kommission
des Nordrhein‐Westfälischen Landtags. Ergebnisse sind für die Mitte des Jahres 2015 zu erwarten.
Abgesehen von der Frage einer wirtschaftlichen Nutzung wird es hier einen weiteren Forschungsbe‐
darf geben.
Ressourcenschonung ist eine gesamtwirtschaftliche und gesellschaftliche Aufgabe. Über den sparsa‐
men und wirtschaftlichen Umgang mit Energie und (Energie‐)Rohstoffen bedarf es einer neuen Be‐
wertung und konkreten Anwendung von Rohstoffen aller Art in der Produktion und nach der Nutzung
von Produkten. Eine besondere Aufgabe stellt sich mit der notwendigen Zurückführung des Ver‐
brauchs von Stickstoff in der landwirtschaftlichen Produktion. Große Flächen in der Region Aachen
und darüber hinaus im Gesamtraum des Rheinischen Reviers sind durch intensive landwirtschaftliche
Nutzung geprägt. Der Eintritt von Nitrat in das Grundwasser stellt nach aktuellen Erkenntnissen eine
große Belastung dar, der es entgegen zu wirken gilt.
36
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
3. SWOT Analyse
Stärken
Schwächen
Demographie und Stadt‐Land‐Region
‐
‐
‐
‐
Bevölkerungsentwicklung – vor allem in der Städ‐
teregion – stabiler als im Landeschnitt prognosti‐
ziert
Durch die zentrale Lage in Europa sind über das
Straßennetz innerhalb von 4 Stunden 55 Millio‐
nen Menschen erreichbar
Das gut ausgebaute Autobahnnetz und die An‐
zahl von Autobahnkilometern pro 100 Quadratki‐
lometern liegt in der Region 40% über dem Bun‐
desdurchschnitt
Die Bedeutung des Verkehrsträgers Straße wird
durch entsprechende Infrastrukturmaßnahmen
zukunftssicher im Hinblick auf das gestiegene
(Güter‐)verkehrsaufkommen ausgebaut
‐
‐
‐
‐
‐
Überdurchschnittliche Alterung in den Kreisen
Hohes Pendleraufkommen erschwert nachhaltige
Mobilität
Auffallend zu den Nachbarregionen ist der feh‐
lende Anschluss an Wasserstraßen und keine be‐
deutende infrastrukturelle Ausstattung im Be‐
reich des Luftverkehrs
Die Region verfügt über keine größeren Um‐
schlagterminals Straße/Schiene und weist hier
Nachholbedarf auf
Vergleichsweise hohes Armutsrisiko
Wirtschaft und Arbeit in der Region
‐
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Dynamische Wirtschaftsentwicklung (BIP und
Zahl der Erwerbstätigen66 wachsen schneller als
in NRW)
Hohe Zahlen von Patentanmeldungen aus Hoch‐
schulen und Unternehmen in der Städteregion
Aachen
Hohe Anzahl an im Vergleich zu NRW spezialisier‐
ten Branchen (13 der 20 beschäftigungsintensivs‐
ten Branchen weisen einen Spezialisierungsgrad
aus)
Herausragender Spezialisierungsindex in For‐
schung und Entwicklung (dabei sind die Beschäf‐
tigten der Hochschulen noch nicht inkludiert)
Insgesamt wachsende Kompetenzfelder in einer
dynamischen Entwicklung
RWTH Aachen Campus als Jahrhundertprojekt
bietet regionalen Kompetenzfeldern Expertise
und Innovationsentwicklung
Die positiven Entwicklungen in der IKT‐Branche
und Gesundheitswirtschaft bieten hervorragende
Voraussetzungen den gesellschaftlichen Heraus‐
forderungen zu begegnen
Dynamische Beschäftigungsentwicklung in den
Kreisen Heinsberg und Euskirchen
‐
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‐
‐
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‐
‐
‐
‐
Aktuell verfügbares Angebot an Flächen ist rück‐
läufig
Breitbandanbindung insbesondere im ländlichen
Raum noch nicht flächendeckend vorhanden
Das absehbare Ende des Braunkohletagebaus im
Rheinischen Revier stellt die Region vor große
Herausforderungen
Niedrige Produktivität in der gesamten Region
Rückläufige Gründungsintensität; Spitzenplatz
bei High‐Tech‐Gründungen in NRW ist verloren
F&E‐Aufwendungen der Wirtschaft im ländlichen
Raum stark unterdurchschnittlich
Kein Standortmarketingkonzept
Cluster‐ und cross‐innovation‐Potenziale werden
nicht genutzt
Keine wissensbasierte regionale Innovationsstra‐
tegie
Innovationsförderung ist nicht auf die Unter‐
nehmensstruktur mit überwiegend Kleinstunter‐
nehmen ausgerichtet
Bislang noch keine systematische Anbindung der
regionalen Wirtschaft an den RWTH Aachen
Campus
Erwerbstätigen‐ und Beschäftigungsquoten unter
Landes‐ und Bundesschnitt
Erwerbsbeteiligung von Frauen ist unterdurch‐
schnittlich
Niedrigster Anteil an Vollzeitbeschäftigten in
NRW und überdurchschnittlich hoher Anteil an
ausschließlich gering fügig Beschäftigten
Niedriges Einkommensniveau
Wissenschaft und Bildung
‐
Exzellente Technologieorientierte Hochschul‐
‐
Kompetenzen, Wissen und Ressourcen aus „Wis‐
66
Wachstum der Erwerbstätigen im Zeitraum 1991‐2012 in der Region Aachen +18,20% und in NRW +10,86%; eigene Be‐
rechnung nach IT NRW
37
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
‐
‐
‐
‐
‐
‐
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landschaft
Forschungskompetenzen werden systematisch
ausgebaut
‐
Weltweit renommierte Hochschulen und For‐
schungsreinrichtungen mit hohem Praxisbezug
Überdurchschnittlich steigende Zahl von Studie‐
renden und Absolventen
Forschungsinfrastruktur deckt die Kompetenzfel‐ ‐
der der Region ab
Mit der geplanten Wissenschaftsallianz wird die
Vernetzung von Wissenschaft und regionaler
‐
Entwicklung weiter zunehmen
Großes Engagement der FH Aachen beim Aufbau
dualer Studiengänge kann für den zukünftigen
Ausbau genutzt werden.
Vorreiter in der Region beim Aufbau kommuna‐
ler Bildungsmanagements
senschaft und Bildung“ werden zu wenig für die
regionale Entwicklung genutzt:
Unternehmen der Region partizipieren nicht
ausreichend am Technologie‐ und Innovations‐
transfer; dieser Trend verstärkt sich mit sinken‐
der Unternehmensgröße und wachsender Ent‐
fernung zu Hochschulen und F&E‐Einrichtungen
Absolventinnen und Absolventen der Hochschu‐
len können zu selten für eine Beschäftigung oder
Unternehmensgründung in der Region gewonnen
werden.
Euregionale Kooperation und Nutzung der F&E
Kapazität der Forschungseinrichtungen in den
Niederlanden und in Belgien werden nicht hinrei‐
chend genutzt
Energie, Klima, Ressourcen
‐
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‐
Region verfügt im Bereich der Energietechnik wie
kaum eine andere über weitgefächerte Kompe‐
tenzen sowie integrierte Innovationsnetzwerke
Ausgeprägte vielschichtige Energieforschungska‐
pazitäten
Stabile Energieversorgung durch konventionelle
Kraftwerke und hochleistungsfähige Stromnetze
Versorgungssicherheit und Versorgungsqualität
Zentrale Lage im europäischen Strommarkt
Gute Anbindung an das Gasfernleistungsnetz
Braunkohle kann nicht nur als Energieträger
sondern auch als Rohstoff für die chemische
Energie genutzt werden
Vielfältige Projektansätze im Bereich der erneu‐
erbaren Energien, der Elektromobilität und der
Netze der Zukunft
Klimaschutzaktivitäten auf Kreis‐ und kommuna‐
ler Ebene, Umsetzung (teils) durch Klimaschutz‐
manager
Hohes Ausbaupotential an Erneuerbarer Ener‐
gien
Erste Ansätze zur interkommunale Zusammenar‐
beit und Wissensaustausch
Erste Erfahrungen mit Energiegenossenschaften
Bestehende Clusteraktivitäten z. B. Holzcluster
‐
‐
‐
‐
Energieversorgung erfolgt zurzeit überwiegend
auf Basis von Braunkohle und Erdgas
Potential für die Energiegewinnung aus Photovol‐
taik wird bislang nur unzureichend genutzt
Hoher Anteil der Mobilität am Gesamtenergie‐
bedarf durch hohe Pendlerzahlen
Keine grenzüberschreitenden Verteilnetzwerke
Chancen
Risiken und Herausforderungen
Demographie und Stadt‐Land‐Region
‐
Kooperation über Gemeindegrenzen hinweg und ‐
die Nutzung von Synergien kann dazu beitragen,
die Herausforderungen bei der Daseinsvorsorge
und Infrastrukturanpassung zu bewältigen
‐
Wachsende Bedeutung der Innovationsfähigkeit ‐
von Unternehmen, Beschäftigten und Institutio‐
nen
‐
Wachsende Bedeutung der Nähe für die Entwick‐
lung von Unternehmen in der Wissensgesell‐
Trend zur Reurbanisierung verschärft den Hand‐
lungsdruck in den ländlichen Räumen
Wirtschaft und Arbeit in der Region Aachen
‐
Auswirkungen des demografischen Wandels wie
zum Beispiel Fachkräftemangel
Unternehmen außerhalb der IKT‐Wirtschaft sind
noch nicht für die Herausforderungen der Digita‐
lisierung sensibilisiert
38
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
‐
‐
‐
‐
schaft und entsprechend hoher Nutzen von Clus‐ ‐
tern für die wirtschaftliche und regionale Ent‐
wicklung
Wirtschaft der Region kann von einer prognosti‐ ‐
zierten Steigerung des Exportes profitieren, vor
allem im Europäischen Binnenhandel
Systematische Erschließung offensichtlich vor‐
handener Fachkräftepotenziale
Schaffung eines euregionalen Wirtschafts‐ und
Arbeitsmarktes
‐
Cluster
Gütertransport könnte über ein an sein Limit
gestoßenes Schienennetz und fehlenden Um‐
schlagplatz begrenzt werden
Regionen sind zunehmend dem internationalen
Standortwettbewerb ausgesetzt. Dies erfordert
von Regionen die Konzentration auf Ihre Stärken,
deren überregionale Vermarktung und der Erar‐
beitung eines sichtbaren Standortprofils auf TOP‐
Niveau
Cluster/Wertschöpfungsketten
Wissenschaft und Bildung
‐
Die komplementären Hochschul‐ und F&E‐
Kompetenzen in der Euregio‐Maas‐Rhein vor al‐
lem in den Schlüsseltechnologien und Leitmärk‐
ten stärker vernetzen
‐
‐
Hoher Anteil von Beschäftigten ohne Berufsaus‐
bildung
Bildungsangebote für die gesamte Region nutz‐
bar machen, bislang hohe Konzentration in Stadt
und Städteregion Aachen
Energie, Klima, Ressourcen
‐
‐
‐
‐
‐
‐
‐
Verbesserung des Beratungsangebots im Bereich
Energieeffizienz und Erneuerbare Energien (Pri‐
vathaushalte, Unternehmen)
Verstärkte Bildungsaktivitäten im Bereich Klima‐
schutz
Ausbau der Erneuerbaren Energien
Weiterentwicklung der interkommunalen Zu‐
sammenarbeit
Ausbau der Elektromobilität
Veränderung des Modal Split durch verändertes
Verkehrsangebot
Stärkung regionsspezifischer Cluster
‐
‐
‐
‐
‐
Auswirkungen einer Leitentscheidung zur Ver‐
kleinerung des Tagesbaus Garzweiler II
Neugestaltung des Zertifikat‐Handels mit CO2 für
die Industrie
Energiekostenentwicklung im Bereich der Indust‐
rie
Versorgungssicherheit im Sinne von Netzstabili‐
tät
Überregulierung und Überförderung
4. Ziele und Strategien
Intelligente Spezialisierung: Wir können Vieles ‐ aber nicht gleichzeitig
In vielerlei Hinsicht weißt die Region Aachen erfolgversprechende Potenziale auf, an denen eine
ebenso zukunftsorientierte wie nachhaltige regionale Entwicklung anknüpfen und aufbauen kann – ja
sogar muss.
Sein es
die hervorragenden technologie‐ und innovationsorientierten Potenziale. Die vorhandenen, in
vielen Bereichen sich gut entwickelnden Ansätze bei einer Vernetzung und Verzahnung von Wis‐
senschaft und regionaler Wirtschaft ‐ insbesondere mit den kleinen und mittelständischen Un‐
ternehmen.
die vielfältigen Ansätze zur gezielten Verbesserung der wirtschaftsnahen Infrastruktur, einer spe‐
zialisierten Gewerbeflächenentwicklung, der Verkehrsinfrastrukturausstattung und der Mobilität.
die angesichts der globalen Herausforderungen immer wichtiger werdenden Themenfelder der
Energie‐ und Ressourceneffizienz.
39
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
die gezielte Weiterentwicklung einer Wissens‐ und Bildungsregion.
die bereits eingeschlagenen Entwicklungspfade einer zukunftsorientierten Fachkräfteentwicklung
angesichts der im Zusammenhang mit dem demografischen Wandel sich immer deutlicher ab‐
zeichnenden Engpässe.
die Positionierung der Region im nationalen und internationalen Kontext – vor allem im Zusam‐
menspiel mit den Partnern in den Niederlanden und Belgien und die damit auch verbundenen
Möglichkeiten eines zukunftsorientierten Standortmarketings.
All dies sind nicht nur mögliche, sondern gleichermaßen wichtige Ansätze, um eine zukunftsorientier‐
te Regionalentwicklung in der Region Aachen voran zu bringen. Dabei wäre es verfehlt anzunehmen,
dass die exemplarisch genannten – und weiteren Themenfelder – solitär betrachtet werden könnten.
Wie auch in anderen Bereichen gilt in der Regionalentwicklung der Grundsatz: "Vieles hängt mit Vie‐
lem zusammen!" ‐ ein auf der strategischen Ebene systemischer Ansatz ist erforderlich, der die rele‐
vanten Felder synergetisch miteinander verknüpft.
Doch dass, was strategisch sinnvoll und notwendig ist, erfordert oftmals auf der operativen Umset‐
zungsebene eine – zumindest temporäre Konzentration und Spezialisierung. Denn auch wenn "Vieles
mit Vielem zusammenhängt" kann nicht "alles zugleich" angegangen werden. Eine sog. "Intelligente
Spezialisierung" wird in Zeiten finanzieller Engpässe als Schlüssel zum Erfolg für den Erhalt und den
Ausbau der regionalen Wettbewerbsfähigkeit betrachtet. Die Regionen werden auch deshalb von der
EU angehalten, eine Strategie der intelligenten Spezialisierung aufzusetzen:
Diese regionsspezifische Strategie fordert Regionen und Akteure auf, ihre inhaltlichen und finanziel‐
len Aktivitäten auf ihre spezifischen Potenziale bzw. auf besondere, für weitere zukunftsorientierte
Entwicklungen wichtige Schwerpunkte zu fokussieren. Die Erfordernisse und Notwendigkeiten sind
nicht neu – und so verfolgt die Region Aachen mit ihrem Leitbild "Region Aachen 2015" (2007) und
Regionalen Entwicklungskonzept von 2009 bereits seit geraumer Zeit inhaltlich eine Strategie der
intelligenten Spezialisierung, auch wenn sie bislang nicht explizit so genannt wurde. Die Region
Aachen plant nun mit dem Integrierten Handlungskonzept von 2015 und den im Rahmen des Ziel 2‐
Projektaufrufs Regio.NRW potenziell möglichen konkreten Förderansätzen, die erfolgreichen Ansätze
aus der Vergangenheit zu verstetigen und weitere Ansätze aufzugreifen um sich zugleich den neuen
regionalpolitischen Herausforderungen zu stellen. Operatives Ziel ist es, die Stärken und Kompeten‐
zen der Region gezielt weiterzuentwickeln, um die Region mit einer integrierten Strategie und einer
wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstruktur für die neue Förderperiode zu positionieren. Kurz: Ziel ist
es, den Prozess der intelligenten Spezialisierung der Region weiterzuführen. Das Integrierte Hand‐
lungskonzept leistet damit auch weiterhin einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung der strukturellen
Anpassungsprozesse und konzentriert sich noch stärker auf die endogenen Stärken und Potenziale.
Um diesem Ziel gerecht zu werden, wurden das Leitbild Region Aachen aus dem Jahre 2007, das Re‐
gionale Entwicklungskonzept aus dem Jahre 2009 sowie verschiedene im Zeitraum 2008‐2014 ent‐
standene teilregionale wirtschaftsbezogene Leitbildentwicklungen / Entwicklungskonzepte in den
Kreisen Heinsberg, Düren, Euskirchen, der Stadt Aachen und der Städteregion Aachen und für das
Gebiet der Innovationsregion Rheinisches Revier einer umfänglichen Analyse und Evaluation unter‐
zogen. Auf dieser Grundlage hat eine ohnehin bestehende, im Kontext des Projektaufrufs Regio.NRW
aber noch einmal spezifisch ausgerichtete Arbeitsgruppe der regionalen Wirtschafts‐ und Struk‐
turentwickler (Kreise Heinsberg, Düren, Euskirchen, Stadt Aachen, Städteregion Aachen, IHK Aachen,
40
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
HWK Aachen, IRR GmbH) Handlungsfelder, Entwicklungszielen, Themenfelder sowie Maßnahmenbe‐
reiche identifiziert und in diesem Kapitel münden lassen.
In diesem Prozess wurde mit den Ergebnissen der Aktualisierung der Stärken‐ und Schwächenanalyse
sowie den Anforderungen von Europa 2020 drei zentrale Handlungsfelder herausgearbeitet, die den
inhaltlichen Fokus der kommenden Förderperiode bilden.
5.1 Internationale und euregionale Entwicklungsstrategie
Entwicklungsziele
Themen /
Maßnahmen
Schaffung eines gemeinsamen, grenzüberschreitenden Wirtschafts‐ und
Arbeitsmarkt
Entwicklung von Internationalität zum Kernbestandteil der Marke Region
Aachen
Europäische und internationale Vernetzung der regionalen Wirtschaft
und Forschung
INTERREG‐Schwerpunktziele ausführen
Umsetzung der Strategie 2020 der EUREGIO Maar‐Rhein
Für die Region Aachen ist die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von herausragender Bedeu‐
tung. Denn die Euregio Maas‐Rhein ist ein grenzüberschreitender metropolitaner Verflechtungsraum,
in dem mehr als 3,2 Mio. Menschen leben und arbeiten.
In der Euregio Maas‐Rhein kooperieren – inzwischen seit mehr als 35 Jahren drei Länder – fünf Part‐
nerregionen mit drei Sprachen und unterschiedlichen Kulturen. Gleichwohl zeigt sich auch heute
noch, dass die eigentlich faktisch längst nicht mehr existenten europäischen Binnengrenzen immer
noch Entwicklungshemmnisse in diesem Gebiet darstellen. Grenzregionen sind ein realistischer
Gradmesser für europäische Integration: die Chancen, aber auch die Hindernisse, die eine zielgerich‐
tete grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit sich bringen, zeigen sich zuerst in den Grenzregio‐
nen und werden hier am deutlichsten erlebt. Mit der maßgeblichen Mitwirkung der Region Aachen in
der Euregio Maas‐Rhein und der Umsetzung der gemeinsamen euregionalen Entwicklungsstrategie
‚EMR 2020‘ will die Region Aachen auch weiterhin ihrer Rolle als nordrhein‐westfälische Vorbildregi‐
on im europäischen Integrationsprozess – und ihrem eigenen Anspruch als euregionale, europäische
und internationale Region – nicht nur gerecht werden, sondern weiter ausbauen. Wichtig ist dies vor
allem im Hinblick auf eine zukunftsorientierte Wirtschaftsentwicklung der Region. Hierzu muss die
Euregio Maas‐Rhein sich endlich zu einer gemeinsamen Wirtschafts‐ und Arbeitsmarkt entwickeln.
Euregionale Erfahrung und Vernetzungen bieten die ideale Grundlage zur Internationalisierung der
Aachener Region, der Unternehmen und der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. Zusammenar‐
beit über die Grenzen, Sprachen‐ und interkulturelle Kompetenz, der Umgang mit durch nationalen
Unterschieden und sich draus teilweise ergebenden Hemmnissen können gerade in einer prosperie‐
renden Grenzregion wie der Euregio Maas‐Rhein in besonderem Maße gelebt und werden und stel‐
len damit das ideale Fundament für eine tatsächlich international arbeitende und denkende Region
dar. Denn ein zunehmend wichtiger Faktor für mehr Wachstum und eine höhere Produktivität, vor
allem von kleinen und mittelständischen Unternehmen, ist deren Internationalisierung durch die
Teilnahme am internationalen Handel. Ebenso wie für Unternehmen aus ganz NRW gewinnt auch für
die Unternehmen aus der Region Aachen der Export zunehmend an Bedeutung. Die wichtigsten Han‐
delspartner der Region sind dabei die unmittelbaren Nachbarn Niederlande und Belgien – gefolgt von
Handelsbeziehungen zu weiteren europäischen Ländern. Ein weltweiter Handel hingegen – gerade
41
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
auch mit den Wachstumsmärkten in Asien und Nordamerika, spielt für die Region bislang eine nur
untergeordnete Rolle.
Dieser Internationalisierungsprozess der Aachener Region wird gestützt durch die bereits heute eu‐
ropäisch und international bestens positionierten und ausgerichteten Hochschul‐ und Forschungsein‐
richtungen der Region Aachen. Internationalität wird in der Region Aachen über die unmittelbare
grenzüberschreitende Zusammenarbeit hinaus vor allem durch diese herausragenden Hochschul‐
und Forschungseinrichtungen (RWTH Aachen, FH Aachen und Forschungszentrum Jülich) repräsen‐
tiert. Die globale Vernetzung der in der Region Aachen und im gesamten grenzüberschreitenden
Raum beheimateten Wissenschafts‐ und Forschungskompetenzen wird bislang noch zu wenig ge‐
nutzt, um die Wirtschaft der Region Aachen international weiter zu entwickeln, weltweit zu ver‐
markten und bestehende Netzwerke (Alumni u.ä.) strategisch als Mittler und Botschafter zu nutzen.
Euregional gilt es also die Zusammenarbeit zwischen den Wissenseinrichtungen in der EMR zu ver‐
stärken durch:
Förderung des Dialogs zwischen Wissenseinrichtungen (Universitäten und Hochschulen)
Erstellung einer Übersicht des Bildungs‐ und Forschungsangebotes, der Austauschprogramme,
der bestehenden Kooperationsabkommen und des Kooperationspotenzials
Unterstützung eines Kooperationsabkommens zwischen den Wissenseinrichtungen für den Aus‐
tausch von Studenten, Dozenten und Forschern; Organisation gemeinsamer Ausbildungsgänge;
Abstimmung der Forschungsarbeit; gemeinsame Nutzung von Spezialinfrastrukturen, gemeinsa‐
me Projektentwicklung und gemeinsames Profilieren des Bildungs‐ und Forschungsangebots
Förderung grenzüberschreitender Initiativen in Ausführung der Kooperationsabkommen zwi‐
schen den Wissenseinrichtungen, mit Fokussierung auf kreativem Potenzial zur Ankurbelung der
Wirtschaft und der innovativen Wirtschaftszweige
Förderung des Wissenstransfers zwischen Wissenseinrichtungen, KMU und Industrie
5.2 Innovative Wirtschafts‐ und Regionalentwicklung
Entwicklungsziele
Themen /
Maßnahmen
Sicherstellung der Wettbewerbsfähigkeit und Innovationsfähigkeit der
Region
Strategische Schärfung des regionalen Innovationssystems
Digitalisierung der Wirtschaft, Kompetenzzentrum zur Digitalisierung der
Wirtschaft
Regionales Innovationsmanagement
Stärkung des industriellen Standortes, Industriedialog
Weiterentwicklung der regionalen Kompetenzfelder/Leitmärkte
Weiterführung und Fortentwicklung der unternehmensbezogenen Clus‐
ter
Systematische Anbindung der regionalen Wirtschaft an den RWTH
Aachen Campus
Verstetigung der eingereichten Teilprojekte zum Regio.NRW
Innovationsplattform Euregional
Weiterentwicklung teilregionaler wirtschaftlicher Entwicklungskonzepte
Maßnahmen zur Daseinsvorsorge im ländlichen Raum (MORO)
Initiativen Bauen 21 und Strategie zur Eifeler Baukultur
Fortführung der länderübergreifenden Zukunftsinitivative Eifel
Stärkere Einbindung der LEADER‐Regionen in gesamtregionale Entwick‐
42
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
lungsprozesse
Die Profilierung der Kompetenzfelder zu Leitmärkten und der industriellen Basis lohnt sich:
Die industrielle Basis hat weiterhin hohe Bedeutung für die Wirtschaftsentwicklung. Das zeigt sich –
wie in der regionalwirtschaftlichen Analyse ausgeführt – in der Verflechtung zwischen Industrie und
Dienstleistungen, in der hohen Bedeutung für den Export, aber auch in der besonderen Verknüpfung
der Wettbewerbsfähigkeit der produktiven Basis mit den Megatrends „Digitalisierung“ und „Schlüs‐
seltechnologien“: „Auch wenn die Einschätzung des abgeschlossenen sektoralen Wandels auf der
makroökonomischen Ebene Hoffnung auf eine stabile, produktive Basis schürt, gilt es in den einzel‐
nen Regionen des Landes Industrie und Gewerbe zu „stützen“. Denn 70 Prozent aller Exporte aus der
Europäischen Union und fast 80 Prozent der privaten Ausgaben für Forschung und Entwicklung in
KET’s stammen aus dem verarbeitenden Gewerbe“67. Den Regionen wird die Bedeutung der Industrie
oft erst im Zusammenhang mit Standortschließungen oder –verlagerungen und der damit verbunde‐
nen Arbeitsplatzverluste bewusst. So ging es auch der Region Aachen 2012 mit der angekündigten
Standortschließung von Bombardier und dem Verlust von 600 Arbeitsplätzen. Diese Initialzündung
hat zur erfolgreichen Bildung des „Industriedialog Region Aachen“ geführt.68 Die Weiterentwicklung
des industriellen Standortprofils und die Unterstützung der Wettbewerbsfähigkeit der Industrieun‐
ternehmen in der Region Aachen. Digitale Transparenz über Beratungsangebote und Serviceleistun‐
gen der regionalen Wirtschaftsförderungseinrichtungen, der regelmäßige Dialog mit den Industrieun‐
ternehmen oder ein Frühwarnsystem zur präventiven Krisensicherung, das die Stadt Aachen gemein‐
sam mit den Gewerkschaften auf den Weg gebracht hat, sind Initiativen, die im Rahmen des Indust‐
riedialogs entwickelt wurden. Diesen Weg wollen wir in den nächsten Jahren fortsetzen, u.a. mit der
Flächenentwicklung für die proaktive Fabrikplanung. Die Industrieunternehmen in der Region haben
auch eine zentrale Bedeutung für die Umsetzung der Leitmarktstrategie in der Region Aachen. Zum
einen sind die wichtigsten Industriebranchen als Anwenderbranchen (Maschinenbau, Chemische
Industrie, Automobilindustrie) zur Diffusion von Innovationen aus den technologischen Basisfeldern,
zum anderen sind die F&E‐Investitionen der Industrie grundsätzlich hoch.
Die Clusterpolitik als zentrale strukturpolitische Innovation der letzten 20 Jahre wurde auch von der
Region als wirtschaftliche Entwicklungsstrategie verfolgt. Im vorangegangenen Entwicklungskonzept
aus dem Jahr 2010 stand sie im Mittelpunkt der Strategie. Damals wurde u.a. festgelegt „Die techno‐
logieorientierten Cluster müssen durch gezielte Weiterentwicklung der Netzwerkstrukturen zwi‐
schen Wissenschaft und Wirtschaft weiter ausgebaut werden“ und „Die Kompetenzfelder mit einer
statistisch für die Gesamtregion überdurchschnittlichen Spezialisierung sind regional zu entwickeln
oder zumindest zu betreuen.“ Die zentralen Ergebnisse der Umsetzung dieser Strategie zeigen, dass
die bei den unternehmensgetriebenen Clustern nach wie vor Ressourcen und Reichweite begrenzt
sind und ein Teil der forschungsgetriebenen Cluster immer noch wenig Bezug zeigt zu den realen
regionalen ökonomischen Strukturen.
67
Prognos AG, Wirtschaftsstandort NRW 2030, S. 25
„Dem unternehmerischen Mut und Weitblick einiger Menschen vor Ort und dem konstruktiven Zusammenwirken der
relevanten Akteure ist es zu verdanken, dass der traditionelle Schienenfahrzeugbau in Aachen auch heute noch existiert
(…). In optimaler Ergänzung entwickelt sich zudem hochinnovative Elektromobilproduktion am Standort (…) zu einem zent‐
ralen Standbein für die Zukunft.“ Marcel Philipp, Oberbürgermeister der Stadt Aachen
68
43
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
Vom Technologietransfer zum regionalen Innovationsmanagement ‐ und zur SMART Region
Deswegen ist es notwendig, einen Schritt weiter zu gehen und ein regionales Innovationsmanage‐
ment aufzubauen, das auf wissensbasierten Analysen basiert, einen integrierten Strategieprozesses
initiert, der die unterschiedlichen Teilsysteme des regionalen Innovationssystems (Wissenschaft,
Wirtschaft und Politik) integriert und so schließlich Integrative Governanceinstrumente für neue
Querschnittsmärkte aufbaut. Die Prognos AG umreißt in Ihrer Studie „Wirtschaftsstandort 2030“ fünf
Instrumente für eine „Strukturförderung zum Aufbau regionaler Systemkompetenz in Wertschöp‐
fungsverbünden“ zur Erschließung neuer wissensintensiver Wachstumsmärkte für die Regionen in
NRW:
Von der Wertschöpfungskette zur Wertschöpfungsmatrix: Schärfung der Transfer‐ und Inno‐
vationsprozess
Aktivierung von Cross‐Innovation‐Prozessen
Strategie und Gestaltung der digitalen Zukunft in Wirtschaft und Arbeit
Stärkung der regionalen Absorptionskapazitäten und
Entrepreneurisierung – Gründung und Wachstum
Mit den Umsetzungsstrategien „Kompetenzzentrum zur Digitalisierung der Wirtschaft“, „Campus
Network als Chance für die regionale Wirtschaft“ und „SMART Region – Vom Technologietransfer
zum Regionalen Innovationsmanagement“ wird die Region vier der genannten Instrumente systema‐
tisch aufbauen. Mit dem Thema Unternehmensgründung in Zeiten des Fachkräftemangels – Entre‐
preneurship 4.0 beschäftigen wir uns in einer weiteren Phase.
5.3 Erneuerbare Energien, Klimaschutz, Ressourceneffizienz
Entwicklungsziele
Themen /
Maßnahmen
Nachhaltige Entwicklung der Region
Reduzierung des Energieverbrauches und Einsatz erneuerbarer Ener‐
gien
Umsetzung der Integrierten Klimaschutzkonzepte
Umsetzungsmaßnahmen „Holzcampus West“ (Standort Nettersheim)
Ausbau der Energie‐Agentur Eifel
Ausbau Elektromobilität
Ausbau des Beratungsangebotes z. B. ENERGIEAGENTUR EIFEL
Ausbau der interkommunalen Zusammenarbeit
Bildungsaktivitäten im Bereich Klimaschutz
Aktivitäten zur Veränderung des Modal Split
Energiewende, Klimaschutzziele und sparsamer Umgang mit Ressourcen haben erhebliche Auswir‐
kungen für die Region Aachen.
Zugleich verfügt die Region im Bereich der Energie‐ und Umwelttechnologie – wie kaum eine andere
Region – über weitgefächerte Hochschul‐ und Forschungskompetenzen sowie über integrierte Inno‐
vationsnetzwerke der Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Gesellschaft.
Damit sind beste Voraussetzungen gegeben, um regionale Lösungsstrategien im Rahmen von umset‐
zungsorientierten Kooperationsprojekten im Bereich der erneuerbaren Energien, der Elektromobili‐
tät, oder der Ressourceneffizienz auf den Weg zu bringen.
44
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
Unstreitig ist, dass auf dem Weg zur Erreichung der Klimaziele im Segment der Gebäude (energeti‐
sche Sanierung des Altbaubestandes und ressourceneffizente Neubaugebiete) ein erhebliches Poten‐
zial steckt. An den insgesamt bewegten Stoffströmen ist der Anteil der Bau(stoff)industrie der höchs‐
te. Das Bauen ist im Wechselspiel mit sämtlichen anderen häufig energieintensiven Industriezweigen
(z.B. beim Entstehen von neuen Standorten) sowie der ebenfalls energieintensiven Tätigkeit des
Wohnens zu sehen. Gerade in einer vitalen Stadt‐ und Industrieregion wie dem Rheinischen Revier
kann also über Ressourceneffizienz in der Bauwirtschaft ein besonderes Innovationspotenzial er‐
schlossen werden.
Ein solches Anliegen trifft in der Region Aachen auf eine äußerst dynamische Branche:
Die Industrie‐ und Handelskammer Aachen hat aus der regionalen Baubranche heraus das Projekt
„Bauen 21 – Bauen im 21. Jahrhundert“ initiiert. Dabei will die Wirtschaft eng mit der Forschung zu‐
sammenarbeiten und so ein regionales "Kompetenzzentrum für innovatives Bauen" entwickeln. Ziel
ist es, Kooperationen zu fördern sowie den "Know‐how"‐ und Technologietransfer zwischen Unter‐
nehmen sowie zwischen Wirtschaft und Forschung zu intensivieren. Im Sinne einer nachhaltigen
Schonung mineralischer und energetischer Rohstoffe profiliert sich die Region im Indeland bereits
mit Bemühungen um verschiedene sogenannte „Faktor X‐Quartiersentwicklungen“.
In diesem Kontext setzt das Projekt „Ressourceneffiziente Stadt‐ und Energieregion“ an.
Insgesamt strebt die Region Aachen deshalb an, im Rahmen der Kooperations‐ und Dialogplattform
"render" (Regionaler Dialog Energiewende) ein Innovationskonzept "EnergieRegion Aachen 2030" zu
entwickeln. Angesichts der Herausforderungen des Braunkohlentagebaus bzw. der massive klimare‐
levanten Verstromung der Braunkohle ist dies für die Region Aachen – und damit auch das Rheini‐
sche Revier eine besondere Herausforderung. Andererseits bieten sich gerade in diesem Bereich
hervorragende Möglichkeiten einer zukunftsorientierten Entwicklung im Rheinischen Revier und
darüber hinaus.
Ein wesentlicher Bestandteil dieser Konzeption ist ein Handlungs‐ und Entwicklungsprogramm für die
regionale Umsetzung der Energiewende bis 2030. Im Mittelpunkt stehen dabei die Stärkung der regi‐
onalen Innovationskompetenz, eine akzeptanzorientierte ökologisch, ökonomisch und technologisch
sinnvolle Umsetzung der regionalen Energiewende und nicht zuletzt der Aufbau von Wertschöp‐
fungsnetzwerken bis hin zu Pilotvorhaben im Hinblick auf neue Produkte, Dienstleistungen und Ge‐
schäftsmodelle, die die regionale Energiewende befördern.
Als Partner der KlimaExpo.NRW profitiert die Region Aachen von der Kooperation auf Landesebene
und wird ihre Erfahrungen aktiv in den Entwicklungsprozess auf Landesebene einbringen.
5.4 Wirtschaftsnahe Infrastruktur / Gewerbeflächenentwicklung / Mobilität
Entwicklungsziele
Themen /
Maßnahmen
Schienenverkehr
Zusätzliches durchgehendes 3. Gleis Köln ‐ Aachen
Betuwe‐Linie
Ausbau des Bahnknotens Köln
Ausrüstung der Bahnstrecke Aachen – Mönchengladbach
Vollendung der Hochgeschwindigkeits‐verbindung (HGV) Köln – Aachen – Brüssel
Anbindung des Aachener HBF an die HGV Frankfurt‐London
Düren – Zülpich – Euskirchen: Reaktivierung für den SPNV
NBS Linnich/Baal – Lindern: Lückenschluss
45
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
Herzogenrath – Heerlen: 2‐gleisiger Ausbau und Elektrifizierung
Neubau Schienenstrecke zwischen Kerkrade und Aachen‐Richterich
Straßenverkehr
Lückenschluss A 1 AS Blankenheim – AS Adenau
Weiterentwicklung von Ortsumgehungen zur Entlastung des innerstädtischen
Verkehrs und Optimierung der Mobilitätsströme, insbesondere auf Bundes‐ und
Landestraßen
Flächenentwicklung
Fortschreibung des Reg. Gewerbeflächenkonzeptes / Stärkung Interkommunaler
Gewerbegebiete: Kall / Schleidener Tal, Nettersheim / Blankenheim
Inwertsetzung der Prime Site Rhine Region durch Großansiedlungen / Clusterver‐
bünde aus Basis der aktualisierten Marketingstrategie des Lands NRW
Mit ihrer Lage zwischen der Randstad Holland im Nordwesten, den belgischen Großstädten im Wes‐
ten und der Rhein‐Ruhr‐Agglomeration im Osten, verfügt die Region Aachen über eine strategisch
hervorragende Erreichbarkeit und Position im (west)europäischen Binnenmarkt. Als eines der westli‐
chen „Einfallstore“ nach Deutschland besitzt sie für die internationale und grenzüberschreitende
Vernetzung der Verkehrssysteme große Bedeutung.
Die wachsenden Personen‐ und Güterverkehrsströme bergen jedoch das Risiko eines „Verkehrsin‐
farkts“ gerade in der Region Aachen, wenn die (über)regionale Verkehrsinfrastruktur nicht leistungs‐
gerecht ausgebaut ist. „Missing Links“ in der Infrastruktur, speziell in den ländlich geprägten Teilen
der Region, erwachsen zudem zu gravierenden Standort‐ und Wettbewerbsnachteilen.
Der Ausbau einer leistungsfähigen Verkehrsinfrastruktur im Bereich Schiene und Straße ist und bleibt
ein wesentliches Entwicklungsziel der Region Aachen – und zwar sowohl in der überregionalen als
auch in der intraregionalen Dimension.
Zugleich muss es aber auch darum gehen, vorhandene Systeme des ÖPNV weiter zu optimieren so‐
wie – ganz besonders in der Region Aachen – das umfassende mobilitätsafine Innovationspotenzial
der Hochschulen und Forschungseinrichtungen der Region noch stärker anwendungsorientiert vor
Ort zu nutzen. Es geht darum, eine effiziente, d.h. auch und gerade eine ressourcen‐ und klimascho‐
nende Mobilitätsentwicklung zu befördern, die eine zentrale Voraussetzung für Leben und Arbeiten
in der Region Aachen ist und damit ein wichtiger Faktor für eine zukunftsfähige wirtschaftsstrukturel‐
le Entwicklung darstellt.
Neben der Mobilitätsentwicklung ist im Kontext der infrastrukturellen Ausstattung der Region
Aachen vor allem die Verfügbarkeit von Industrie‐ und Gewerbeflächen von herausragender Bedeu‐
tung. Die Region verfügt über ein differenziertes Potenzial an kurz‐, mittel‐ und langfristig verfügba‐
ren Gewerbe‐ und Industrieflächen von zum Teil herausragender regionaler und auch überregionaler
Bedeutung.
Wenn es um die Weiterentwicklung dieser Flächenpotenziale oder gar der Neuentwicklung von Ge‐
werbe‐ und Industrieflächen geht, ist sich die Region sehr wohl ihrer Verantwortung für den minima‐
len Flächenverbrauch bewusst.
Allerdings – angesichts der Herausforderungen durch die Energiewende und den damit mittelfristig
einhergehenden Veränderungen im Rheinischen Braunkohlenrevier, muss aber die Region in die Lage
46
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
versetzt werden angebotsorientiert Flächen für Industrie‐ und Gewerbeentwicklung vorzuhalten. Im
Geltungsbereich der Innovationsregion Rheinisches Revier bietet sich die gute Möglichkeit, modell‐
hafte Potenzialflächen zu entwickeln.
An diesem Punkt setzt das Projekt „Flächeninnovation – Allianz für neue Industrien“ an.
5.5 Fachkräftesicherung
Entwicklungsziele
Themen /
Maßnahmen
Fachkräftesicherung für die Unternehmen in der Region, Schwer‐
punkt: Regionale Kompetenzfelder
Umsetzung und Weiterentwicklung der Fachkräftestrategie der Region
Aachen
Aufbau Regionaler Managementstrukturen zur Fachkräftesicherung
Fachkräftesicherung in den regionalen Kompetenzfeldern
Frauenerwerbstätigkeit steigern
Ausbau familienfreundlicher Strukturen für und mit Unternehmen (Wirt‐
schaftsfaktor Familienfreundliche Unternehmen, Bertelsmann Stiftung,
Netzwerke Familie und Beruf, Aachener Familienservice)
Studierende an die Region binden
Regionaler Ausbau des Newcomer Service
Internationale Fachkräfte rekrutieren
Angesichts des Rückgangs der Erwerbspersonen und der damit drohenden Fachkräftelücke für den
regionalen Mittelstand, die erhebliche Auswirkungen auf die wirtschaftsstrukturelle Entwicklung der
Region hat, besitzt die Fachkräftesicherung eine hohe Priorität in der regionalen Entwicklungsstrate‐
gie der Region. 2012 hat die Region Aachen ihren regionalen Handlungsplan „Region Aachen: Die
besten Talente ‐ Die besten Karrieren“ zur Umsetzung der Fachkräfteinitiative des Landes NRW mit
den Handlungsfeldern
Fachkräftegewinnung und –sicherung für die KMU/die regionalen Kompetenzfelder
Studentinnen und Studenten: Von High Potentials über Studienabbrecher/innen bis zu Alum‐
ni: Fachkräfte für die Region
Frauenerwerbstätigkeit steigern
Vom MINT‐Nachwuchs bis zum externen Ausbildungsmanagement: Junge Talente
Potenziale von Zugewanderten und Un‐ und Angelernten erschließen.
verabschiedet. Folgende Ergebnisse der Aktivitäten und Projekte sind innovationsführend für die
aktuelle Förderphase:
Eine wissensbasierte und systematisch abgestimmte Strategie ist notwendig: Die Steige‐
rung der Frauenerwerbstätigkeit stellt einen zentralen Baustein zur Fachkräftesicherung dar.
Die regionale Analyse zeigt die besonders hohen Potentiale im Kreis Heinsberg. Auf der Basis
einer umfassenden Analyse und Befragung wurde eine abgestimmte Strategie mit den zu be‐
teiligenden Stakeholdern (Wirtschaftsförderung, Arbeitsagentur, Jugendamt, Jobcenter,
Kompetenzzentrum Frau und Beruf) entwickelt und in Umsetzung gebracht. Dieses Vorgehen
wird jetzt regional ausgeweitet und beispielsweise auch durch Unternehmensbefragungen
realisiert.
Fachkräftesicherung in den regionalen Kompetenzfeldern kann gelingen – mit einer lang‐
fristigen Strategie: Die Region hat frühzeitig ein Konzept zur Fachkräftesicherung in der Ge‐
sundheitswirtschaft entwickelt. Die Ergebnisse zeigen, die Strategie ist für alle Kompetenz‐
47
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
felder nachhaltig zu verfolgen. Mittlerweile gibt es in der Region Unternehmen aus der Ge‐
sundheitsbranche, die bestätigen „Fachkräftemangel ist für uns kein Thema mehr“.
Studierende frühzeitig gewinnen: Viele Absolventinnen und Absolventen verlassen die Regi‐
on nach Abschluss des Studiums. Die Unternehmen der Region konkurrieren mit Konzernen
aus ganz Deutschland. Auch wenn die Region stolz darauf ist, dass die Exzellenzuniversität
RWTH Aachen für die Welt ausbildet, gilt es die Potenziale der Studierenden für die Unter‐
nehmen der Region zu erschließen. Alle Erfahrungen zeigen, dass hier ein Ansatz erfolgver‐
sprechend ist, der frühzeitig im Studienverlauf ansetzt. Mit etablierten Formaten wie der
Nacht der Unternehmen und „Students on Snow“, den Jobexpeditionen in Unternehmen des
ländlichen Raums im Rahmen des Projektes TETTRA, regionalen Jobportalen wie karriere.ac
und demnächst auch cleverheads, mit Bindungsprogrammen wie „Innovative Recruitingstra‐
tegien für MINT‐Studentinnen“ und mit herausragenden Erfolgsgeschichten wie dem Pro‐
gramm SWITCH, mit dem Studienabbrecher/innen in eine verkürzte duale Ausbildung vermit‐
telt werden und das ab 2015 zu einer Full‐Service‐Agentur ausgebaut wird.
Eine Region ist ein lernendes System – und kann auch von anderen Regionen lernen: Viele
Ansätze zur Fachkräftesicherung wurden von einzelnen Akteuren in Teilen der Region entwi‐
ckelt. Es ist der Region immer wieder gelungen, die Innovationen zu übertragen und für die
gesamte Region nutzbar zu machen. Die Stadt Aachen hat beispielsweise den „Newcomer
Service“ eingerichtet, der Kreis Euskirchen das Siegel „Familienfreundlicher Arbeitgeber“ ein‐
geführt, im Gebiet der Städteregion fand 2015 der erste Check IN Day zur Berufsorientierung
statt. Alle Ansätze werden auf die gesamte Region übertragen. Und zur Nachwuchssicherung
in der Industrie profitieren wir von der Region OWL: Das im Umfeld des Clusters Maschinen‐
bau entstandene „Berufsausbildungsnetzwerk im Gewerbebereich“ konnte erfolgreich in die
Region Aachen exportiert werden.
5.6 Bildungs‐ und Wissensregion
Entwicklungsziele
Themen /
Maßnahmen
Verbesserung der regionalen und euregionalen Kooperation
Positionierung als Bildungs‐ und Wissensregion
Stärkung der Außenstellen der FH Aachen
Stärkung der Dependance der Rhein. Fachhochschule Köln am Standort
Schleiden
Stärkung der vorhandenen Standorte von Berufskollegs
Werbewirksame Entwicklung eines Labels „Bildungs‐ und Wissensregion“
Einrichtung eines Fonds zur Sicherung der Finanzierung kleinerer Projek‐
te (beispielsweise für grenzüberschreitende Schulbegegnungen)
Förderung der euregionalen Kompetenzen und Angebote (Sprachen,
grenzüberschreitende Berufsfelderkundungen, bi‐/trinationale Studien‐
abschlüsse)
Internationale Schule
Regionale Plattform für Bildungsangebote / außerschulische Lernorte
Die Hochschulstandorte in der Stadt Aachen, mit RWTH, FH und KatHO NRW und das Forschungs‐
zentrum Jülich machen die Region bereits heute zu einem Zentrum für Forschung und Innovation in
Nordrhein‐Westfalen. In den genannten Einrichtungen sind über 50.000 Studierende eingeschrieben
und über 14.000 Mitarbeiter beschäftigt. In den angrenzenden niederländischen und belgischen Tei‐
48
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
len der Euregio Maas‐Rhein befinden sich weitere Universitäten und Hochschulen mit mehreren
zehntausend Studierenden und tausenden Mitarbeitern.
Die Forschungskompetenz der Hochschulen wird bislang überwiegend in Stadt und Städteregion
Aachen genutzt. Hier gilt es die positiven Effekte der Hochschulen für die ganze Region nutzbar zu
machen. Das gilt vor allem für die Kooperationen zwischen den Hochschulen auf der einen und Un‐
ternehmen und Schulen auf der andren Seite. Eine besondere Herausforderung für die Bildungs‐ und
Wissensregion ist es, die Unterschiede zwischen den städtischen Ballungsräumen und dem ländli‐
chen Raum zu verringern. Insbesondere in der Eifel sind bereits heute die Folgen des demografischen
Wandels zu spüren. Die Zusammenarbeit von Hochschulen, Unternehmen und Schulen soll in der
gesamten Region aber auch gerade mit den Hochschulen in der gesamten EUREGIO Maas‐Rhein ver‐
stärkt werden. Die enge Kooperation von Unternehmen, Schulen und Hochschulen bietet insbeson‐
dere im ländlichen Raum die Möglichkeit, Auszubildende und Fachkräfte bereits frühzeitig zu gewin‐
nen und an die Region und Unternehmen zu binden. So können mittel‐ und langfristig den Folgend
des demografischen Wandels entgegengewirkt werden.
Für den Erfolg der Bildungs‐ und Wissensregion Aachen ist es von wesentlicher Bedeutung, dass sich
die Bildungsplanung und –angebote nicht eng an kommunalen Grenzen orientieren und dass das
regionale Bildungsmanagement datenbasiert aufgebaut wird. Deshalb soll für die Aachener Region
ein gemeinsames Bildungsmonitoring etabliert werden. Angestrebt wird beispielsweise eine gesamt‐
regionale Schulentwicklungsplanung für den Bereich der Berufskollegs, die sich an den Bedarfen der
Unternehmen einerseits und der Interessen der Auszubildenden andererseits orientiert.
Die Stärke der Aachener Region als Innovations‐ und Technologieregion muss durch eine Intensivie‐
rung der Bildungsaktivitäten im MINT – Bereich mit einem Schwerpunkt bei Mädchen und jungen
Frauen untermauert werden. Die Arbeit der ZDI Regionen wird hierzu regional besser vernetzt. Unter
Einbeziehung der regionalen Wirtschaft soll ein regionales Bildungsfest etabliert werden und die
Ansätze zur Berufsfeldorientierung (check‐in) auf die gesamte Region ausgeweitet werden. Ziel ist es,
die Wissenschaftsnacht der RWTH Aachen „5 vor 12“ besser mit der gesamten Region zu vernetzen
und dezentrale Angebote in allen Gebietskörperschaften in diesem Rahmen anzubieten.
Die Lage im Dreiländereck und die Nähe zur Metropolregion Rhein‐Ruhr bildet für die Bildungs‐ und
Wissensregion Aachen eine Herausforderung und eine Chance zugleich. Für viele Menschen bilden
die Grenzen auch heute noch ein Hindernis. Mangelnde Kenntnisse der Nachbarsprachen verhindern
zu oft eine Teilhabe an den Bildungslandschaften oder dem Arbeitsmarkt des Nachbarlandes. Auf der
anderen Seite steht die Region unter starkem Konkurrenzdruck durch die benachbarte Region Rhein‐
Ruhr. Daher müssen die historischen und traditionellen Verbindungen der Region in die Nachbarlän‐
der gestärkt und gefördert werden. Die europäische Ausrichtung kann die Bildungs‐ und Wissensre‐
gion dauerhaft als Scharnier zwischen dem BeNeLux‐Raum und der Region Rhein‐Ruhr etablieren.
Ziel der Aachener Region ist deshalb die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Bildungsbereich
zu intensivieren, gemeinsame (Aus‐)bildungsgänge zu fördern und durch die Umsetzung der euregio‐
nalen Sprachenstrategie die Mehrsprachigkeit zu einer besonderen regionalen Kompetenz und Mar‐
ke zu entwickeln. Hierzu werden EUREGIO‐Profil‐Schulen in allen Bildungsabschnitten geschaffen,
grenzüberschreitende Praktika gefördert und ein einfaches, transparentes System der wechselseiti‐
gen Anerkennung von (Aus)bildungsabschlüssen etabliert.
Auslandsaufenthalte im Schulalter tragen entscheidend zur Erlangung interkultureller Kompetenzen
bei. Die Auseinandersetzung mit und das Erleben von anderen Kulturen und Bildungssystemen bringt
49
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
wichtige Impulse in die Region. Bei diesen frühen Auslandsaufenthalten werden oft dauerhafte Kon‐
takte geknüpft, von denen die Bildungs‐ und Wissensregion langfristig profitiert.
Gerade in Zeiten von G8 müssen daher Auslandsaufenthalte während der Schulzeit weiterhin ermög‐
licht und gefördert werden. Interkulturelle Kompetenz ist in einer global ausgerichteten Wirtschafts‐
welt heute eine notwendige Voraussetzung zum erfolgreichen Wirtschaften und Handeln.
Die Möglichkeit zum Erlernen dieser Kompetenz bietet die Aachener Region als zentrale europäische
Grenzregion im besonderen Maße. Europäische und internationale Kompetenz soll somit zum weite‐
ren Kernkompetenzbereich der Absolventen von Schulen und Hochschulen aber gerade auch der
regionalen Unternehmen werden.
Um die Vernetzung der Bildungs‐ und Wissensregion in der Euregio Maas‐Rhein zu verstärken, sollen
gezielt Studierende aus den Niederlanden und Belgien für ein Studium in der Region Aachen gewon‐
nen werden aber auch die Bildungsangebote in den Nachbarländern für deutsche Studierende besser
zugänglich gemacht werden.
Gerade an den Hochschulstandorten der Region findet ein wichtiger internationaler Austausch statt,
der die ganze Region bereichert. Insbesondere an der RWTH Aachen studieren junge Menschen aus
aller Welt. Viele der Studierenden finden in der Region eine neue Heimat und stärken damit die Bil‐
dungs‐, und Wissensregion, auch durch die Verbindungen in ihre Heimatländer. Ebenso wichtig sind
aber diejenigen, die nach dem Studium in ihre Heimat zurückkehren. Sie sind Botschafter der Bil‐
dungs‐ und Wissensregion Aachen in aller Welt. Dieses Netzwerk gilt es in Zukunft systematisch aus‐
zubauen und zu pflegen.
5.7 Tourismus, Kultur, Freizeit
Entwicklungsziele
Themen /
Maßnahmen
Profilierung als bedeutende, attraktive und nachhaltige Tourismusregion
Verbesserung der regionalen und euregionalen Kooperation
Ausbau des Standortes Vogelsang ip zur Tourismus‐ und Bildungsdestina‐
tion
Stärkung und Ausbau der durch den Nationalpark Eifel geschaffenen tou‐
ristischen Strukturen
Qualitätsoffensive Wandern in der Eifel
Radkonzeption Eifel
Stärkung der touristischen Übernachtungsmöglichkeiten in der Eifel
durch Beratungsoffensiven, Nachfolgelösungen, Investitionen
Stärkung der euregionalen touristischen Kooperation, z.B. in den Feldern
Radtourismus, Kulturtourismus und Genussregion EUREGIO Maas‐Rhein
Die Aachener Region hat eine hohe Lebensqualität. Sie hat hervorragende Angebote im Bereich der
Naherholung, der Freizeitgestaltung und besonders auch für den Tourismussektor. Dieser stellt ins‐
besondere für den Eifel Raum und für die Stadt Aachen ein wesentliches Element der Wirtschafts‐
struktur dar. Von zunehmend hoher Bedeutung ist aber auch die touristische Entwicklung in Kreis
Heinsberg und im Gebiet der Grünroute, welche die Kreise Düren, den Nordteil der Städteregion mit
den Partnerregionen in den Niederlanden und in Belgien verbindet. Hierbei haben die einzelnen tou‐
ristischen Regionen klar erkennbare Profile und Marken. Mit einer Qualitätsoffensive Wandern und
einer Radkonzeption Eifel/Rur soll das Profil der Region – hierbei insbesondere des Eifelraums – als
touristische Destination weiter gestärkt werden. Zur nachhaltigen Sicherung und zum Ausbau der
Übernachtungszahlen müssen die touristischen Übernachtungsmöglichkeiten durch Beratungsoffen‐
50
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
siven, Nachfolgelösungen und Investitionen verbessert werden. Mit dem ip Vogelsang wird aktuell
ein herausragender touristischer Standort geschaffen, der in die gesamte Region ausstrahlt. Dieser
muss jetzt als wesentliche Tourismus‐ und Bildungsdestination profiliert und überregional – auch
international – vermarket werden. Der Nationalpark Eifel mit seinen geschaffenen touristischen
Strukturen muss weiter gestärkt und die touristische Vermarktung von einzelnen touristischen Regi‐
onen noch besser integriert werden.
Gerade im Hinblick auf die grenzüberschreitende Kooperation im Tourismus wird angestrebt, in Er‐
gänzung der Profile und Vermarktungsstrategien der touristischen Destinationen Ansätze für eine
gemeinsame themenorientierte Vermarktung zu identifizieren. Auf der Grundlage der EMR Entwick‐
lungsstrategie 2020 stehen hier vorrangig die Themen Radfahren, Kulturtourismus und EUREGIO
Maas‐Rhein als Genussregion auf der Agenda.
Im Rahmen der Bewerbung zur Kulturhauptstadt Europas haben sich vielfältige neue kulturelle Ko‐
operationsansätze sowohl in der Aachener Region als auch im grenzüberschreitenden Kontext erge‐
ben. Mit einer aktuellen Studie zur gemeinsamen Entwicklung und Vermarktung der euregionalen
Musseenlandschaft wird die Grundlage zur Bündelung der Potentiale gelegt, die es in den nächsten
Jahren auszuschöpfen gilt. Kulturelle Bildung ist eine zentrale Marke der Aachener Region. Sie unter‐
stützt im besonderen Maße alle Aspekte der Bildung.
5.8 Kooperation, Kommunikation, Standortmarketing
Entwicklungsziele
Themen /
Maßnahmen
Schaffung transparenter unternehmensorientierter Kommunikations‐
strukturen
Markenbildung Region Aachen
Ausbau und Stärkung der interkommunalen Zusammenarbeit
Entwicklung eines gesamtregionalen Regionalmarketings ‚Standortmarke
Region Aachen‘
Arbeitgebermarke (Berücksichtigung der Arbeitgebermarke Eifel
www.regionalmarke‐eifel.de)
Die Aachener Region zeichnet sich durch eine intensive Kooperationsstruktur aus. Nach Auflösung
des Regierungsbezirks Aachen haben sich starke regionale Organisationen der Regional‐, Struktur‐
und Wirtschaftsentwicklung etabliert. Heute bündelt die Region im Zweckverband Region Aachen –
demokratisch legitimierte – die verschiedenen Bereiche der Regionalentwicklung: Struktur‐ und Ar‐
beitspolitik, die Gesundheitsregion Aachen, die regionale Kulturpolitik aber auch strategische regio‐
nale Fragen der Bildung, des Tourismus und der Daseinsvorsorge. Ergänzt wird dies durch die AGIT
als regionale Wirtschaftsförderungseinrichtung. Durch die Bündelung der regionalen Aufgaben und
besonders durch die Integration aller zentralen Akteure der Verwaltungen, der Intermediäreinrich‐
tungen und besonders der Wirtschaft ist eine zielführende Regional‐ und Strukturentwicklung mög‐
lich. Das regionale Einzelhandelskonzept sowie das gemeinsame regionale Gewerbeflächenkonzept
und –monitoring zeigen auf operativer Ebene die positiven Ergebnisse für die regionale Wirtschaft.
Mit der Städteregion Aachen wurde auf kommunaler Ebene ein wesentlicher Schritt in eine zukunfts‐
gewandte moderne Aufstellung der Aachener Region geschaffen, die beispielhaft für ganz NRW ist.
Es gilt nun, die erreichten Erfolge auf struktureller Ebene weiterzuentwickeln, gezielte interkommu‐
nale Zusammenarbeit z.B. bei interkommunalen Gewerbegebieten oder Bildungskooperationen zu
fördern und die Einbindung der regionalen Wirtschaft zu stärken. Ein besonderer Schwerpunkt liegt
51
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
auf dem industrieorientierten, produktionsorientiertem Gewerbe. Unter der Marke ‚Industriedialog
Region Aachen‘ muss die Schnittstelle zwischen Wirtschaftsförderung und Unternehmen zielgerichtet
verbessert werden, ein stetiger Dialog Wirtschaft – Verwaltung – Wissenschaft – Politik verfestigt
und über die Instrumente der regionalen Arbeitspolitik die notwendigen Fachkräfte in der Region zur
Verfügung gestellt werden.
Bei aller Stärke der Region nach innen fehlt der Aachener Region jedoch eine klar erkennbare Marke
nach außen. Dies ist aber von besonderer Bedeutung, wenn sich die Aachener Region im Wettbe‐
werb der Region behaupten will und für gerade für die Neuansiedlung von Unternehmen interessant
sein möchte. Dies gilt aber auch wenn es darum geht, Fachkräfte in die Region zu werben bzw. den
Wegzug gerade junger Fachkräfte und Hochschulabsolventen zu verhindern.
Hierzu soll auf der Basis des integrierten Handlungskonzepts, der Teilregionalen Leitbilder aber auch
der euregionalen Entwicklungsstrategie EMR 2020 ein wirtschaftsbezogenes Zielprofil entwickelt
werden. Dieses stellt die Grundlage der Schaffung und Entwicklung einer Regionalmarke für die
Aachener Region verbunden mit einem umsetzungsorientierten Marketingkonzeptes. Ziel dabei ist
es, das Nebeneinander verschiedener Marketingansätze zu bündeln und ein Dach/Rahmenkonzept
für die Gesamtvermarktung der Wirtschafts‐ und Lebensregion Aachen zu schaffen.
Ein weiteres Element stellt die Ausweitung der bestehenden Konzepte für Arbeitgebermarken (Ar‐
beitgebermarke Eifel/Arbeitgebersigel Heinsberg) zu einer gesamtregionalen Arbeitgebermarke, die
die Unternehmen im Wettbewerb stärkt und das Wirtschaftsprofil der Aachener Region auszeichnet.
5. Organisation und relevante Stakeholder
Der Zweckverband Region Aachen ist im Rahmen eines Reformprozesses der regionalen Strukturen in
der Region Aachen im Jahre 2012 aus den traditionell für regionale und euregionale Wirtschafts‐ und
Strukturentwicklung verantwortlichen Organisationen AGIT mbH (seit 1983) und Regio Aachen e.V.
(seit 1981) gegründet worden.
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Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
Abbildung 21: Aufgabenübertragung aus AGIT mbH und REGIO e.V.
Der Zweckverband Region Aachen ist eine Körperschaft Öffentlichen Rechts (KÖR). Die Verbandsmit‐
glieder sind die Kreise Heinsberg, Düren und Euskirchen sowie Stadt Aachen und Städteregion
Aachen. Die Zweckverbandsversammlung, das höchste Entscheidungsgremium der Region, bildet sich
aus den Verbandsmitgliedern entsendeten jeweils 12 demokratisch legitimierte Vertreterinnen und
Vertreter aus den Kreistagen, dem Städteregionstag und dem Stadtrat. Darüber hinaus verfügt auch
der Landschaftsverband Rheinland über einen Sitz in der Zweckverbandsversammlung. Verbandsvor‐
steher ist derzeit Landrat Wolfgang Spelthahn (Kreis Düren).
Satzungsgemäß wurden dem Zweckverband durch die Verbandsmitglieder folgende Aufgaben über‐
tragen:
Abbildung 22: Aufgabenportfolio Zweckverband Region Aachen
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Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
Um das differenzierte Aufgabenspektrum im Kontext der regionalen und euregionalen Wirtschafts‐,
Strukturentwicklung und Arbeitsentwicklung erfüllen zu können, sind rund 25 Mitarbeiter in der Ge‐
schäftsstelle des Zweckverbands beschäftigt.
Das oberste Steuerungs‐ und Entscheidungsgremium des Zweckverbands Region Aachen ist die
Zweckverbandsversammlung. Sie bedient sich zur Vorbereitung der Entscheidungen – neben der
Geschäftsstelle – einer fachlich differenzierten Fachausschussstruktur. Eingebunden in diese Fach‐
ausschussstruktur sind neben den Mitgliedern der Zweckverbandsversammlung u.a. auch Fachleute
aus den Verwaltungsstrukturen entsendenden Gebietskörperschaften, den Wirtschaftskammern, den
Arbeitgeber‐ und Arbeitnehmerverbänden sowie den Hochschulen der Region.
Abbildung 23: Entwicklungs‐ und Entscheidungswege im Zweckverband
Aufgrund eines einstimmigen Beschlusses der Zweckverbandsversammlung vom 05. Dezember 2014
wurde die Geschäftsstelle des Zweckverbands Region Aachen dazu legitimiert, das IH federführend
zu erarbeiten. Inhaltlich unterstützt und damit auch entsprechend abgestimmt mit einer für diesen
Zweck im November 2014 eingerichteten spezielle „Arbeitsgruppe IH“, die sich aus Vertretern der
Gebietskörperschaften der Region, der Wirtschaftskammern, der Hochschulen und – in diesem Fall
neu hinzugekommen – die IRR GmbH – zusammensetzt. Diese Form der Zusammenarbeit ist in der
Region Aachen selbstverständlich kein neues partizipatorisches Instrument, sondern vielmehr eine
zielgerichtete auf den Regio.NRW–Aufruf ausgelegtes Element einer auf regionaler Ebene institutio‐
nalisierte Kooperations‐ und Abstimmungsstruktur über den Fachausschuss (eu)regionale Wirt‐
schafts‐ und Strukturentwicklung sowie regelmäßige Arbeitskreise der Gebietskörperschaften der
Region, der Wirtschaftskammern, Hochschulvertretern und des Zweckverbands.
54
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
Im Rahmen des dargestellten regionalen Abstimmungsprozesses zum IH wurden von Beginn an Pro‐
jekte von gesamtregionaler Relevanz durch die beteiligten Akteure entwickelt, in der Arbeitsgruppe
aus regionaler Perspektive optimiert, bewertet und letztlich ggf. zur Einreichung vorgeschlagen. So
konnten eine Vielzahl von sektoralen und lokalen Vorhaben beispielsweise an die EFRE‐
Leitmarktwettbewerbe sowie weitere Projektaufrufe und Förderinstrumente des Landes NRW, des
Bundes oder der Europäischen Union verwiesen bzw. auch abschlägig beurteilt werden.
Im Ergebnis dieses Auswahl‐ und Priorisierungsprozesses werden im Rahmen des Regio.NRW also nur
noch diejenigen Umsetzungsprojekte eingereicht, die ein aus dem innerregionalen Erarbeitungs‐ und
Abstimmungsprozess abgeleitetes Votum erhalten haben. Dies gilt vollumfänglich für die Umset‐
zungsprojekte:
„SMART Region: Vom Technologietransfer zum regionalen Innovationsmanagement“,
„Campus Network – RWTH Aachen Campus als Chance für die regionale Wirtschaft“ und
„Smart3D Business – Kompetenzzentrum zur Digitalisierung der Regionalwirtschaft“.
Dies gilt in dieser Form allerdings noch nicht für die Umsetzungsprojekte:
„Ressourceneffiziente Stadt‐ und Energieregion“,
„Flächeninnovation – Rheinische Allianz für neue Industrie“,
„InMoVe – Integrierter Mobilitätsverbund für die Region Aachen“
„Regionaler (interkommunaler) Mobilitätsplan“.
Zurückzuführen ist dies auf die zu spät für eine innerregionale Abstimmung und Votierung erfolgte
Einreichung der Projektvorschläge bei der Geschäftsstelle des Zweckverbands Region Aachen.
55
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
6. Übersicht zu den geplanten Umsetzungsprojekten
Tabelle 11: Übersicht geplanter Umsetzungsprojekte
Projekttitel
Antragsteller
SMART Region: Vom
Technologietransfer zum regionalen Region Aachen
Innovationsmanagement
Campus Network – RWTH Aachen
Campus als Chance für die regionale
Wirtschaft
Smart 3D Business –
Kompetenzzentrum zur
Digitalisierung der
Regionalwirtschaft
IRR
InMoVe – Integrierter
Mobilitätsverbund für die Region
Aachen – AVV
AVV
Ressourceneffiziente Stadt‐ und
Industrieregion
Fraunhofer INT
Förderschwerpunkte
‐ Cluster, Innovations‐ und
Kompetenznetzwerke
‐ KMU
‐ Anwendungsorienterte
Forschungseinrichtungen und
Städte Region
‐ Kompetenzzentren
Agit mbH
Cluster, Innovations‐ und
Aachen
Kompetenznetzwerke
‐ KMU
‐ Anwendungsorienterte
Forschungseinrichtungen und
Kompetenzzentren
Agit mbH
‐ Cluster, Innovations‐ und
Stadt Aachen RWTH Aachen WZL
Kompetenznetzwerke
FH Aachen ‐ m2c‐Lab ‐ Erstellung und Umsetzung
integrierter Klimaschutzkonzepte
Flächeninnovation – Rheinische
Allianz für Neue Industrie
Regionaler (interkommunaler)
Mobilitätsplan
Partner
NVR
IRR
‐ Cluster, Innovations‐ und
Agit mbh
Kompetenznetzwerke
RWTH Aachen WZL ‐ KMU
‐ ‐ ‐
‐ ‐ ‐
‐ ‐ ‐
‐ Erstellung und Umsetzung
integrierter Klimaschutzkonzepte
‐ Anwendungsorienterte
Forschungseinrichtungen und
Kompetenzzentren
‐ Cluster, Innovations‐ und
Kompetenznetzwerke
‐ Erstellung und Umsetzung
integrierter Klimaschutzkonzepte
‐ Cluster, Innovations‐ und
Kompetenznetzwerke
‐ KMU
‐ Erstellung und Umsetzung
integrierter Klimaschutzkonzepte
Gesamtausgaben / Förderung
1.435.344 € / 1.136.936 € (79%)
403.153 € / 322.522 € (80%)
721.000 € / 576.800 € (80%)
548.000 € / 453.100 € (83%)
570.000 € / 456.000 € (80%)
1.124.500 € / 899.600 €(80%)
292.000 € / 233.600 € (80%)
56
Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Region Aachen ‐ Übersicht ................................................................................................. 1
Abbildung 2: EMR und IRR ....................................................................................................................... 3
Abbildung 3: Ein‐ und Auspendler der Region Aachen ........................................................................... 7
Abbildung 4: Entwicklung der Produktivität in der Region Aachen 1992‐2012 ...................................... 8
Abbildung 5: Unternehmen in der Region nach Beschäftigtengrößenklassen ....................................... 9
Abbildung 6: Anteil des verarbeitenden Gewerbes an der BWS in Prozent ......................................... 10
Abbildung 7: Entwicklung der Gewerbeflächenreserven (sofort/kurzfristig/mittelfristig) in der Region
Aachen 2003‐2013 (in ha) ................................................................................................ 11
Abbildung 8: Gründungsdynamik in der Region Aachen 1999‐2013 .................................................... 12
Abbildung 9: Branchenverteilung der TOU in der Region Aachen ........................................................ 13
Abbildung 10: Beschäftigte und Branchenspezialisierung in der Region Aachen – TOP 20 Branchen . 15
Abbildung 11: Beschäftigte und Branchenspezialisierung in der Region Aachen – TOP 20 Branchen
(Zoom) .............................................................................................................................. 16
Abbildung 12: Spezialisierung in der Region Aachen nach Branchen ................................................... 17
Abbildung 13. Spezialisierung in der Region Aachen nach Branchen (Zoom) ....................................... 18
Abbildung 14: F&E‐Intensität der regionalen Wirtschaft (F&E‐Aufwendungen / BIP Gesamtwirtschaft
in %) ................................................................................................................................. 22
Abbildung 15: Entwicklung der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung am Arbeitsort in der
Region Aachen (jeweils zum 30.06.) ..................................................................................................... 24
Abbildung 16: Entwicklung der Beschäftigungsquoten in der Region Aachen/NRW von 2005‐2013 .. 25
Abbildung 17: Entwicklung der Beschäftigungsquoten der Frauen in der Region Aachen/NRW 2005‐
2013 ................................................................................................................................. 25
Abbildung 18: Verteilung der Studenten nach Wissenschaftsbereichen .............................................. 28
Abbildung 19:Entwicklung des Drittmittelvolumens in Mio. Euro 2000‐2013...................................... 29
Abbildung 20: Voraussichtliche Entwicklung der Anzahl der Schulabgänger 2012‐2020 .................... 32
Abbildung 21: Aufgabenübertragung aus AGIT mbH und REGIO e.V. .................................................. 53
Abbildung 22: Aufgabenportfolio Zweckverband Region Aachen ........................................................ 53
Abbildung 23: Entwicklungs‐ und Entscheidungswege im Zweckverband............................................ 54
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Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Einwohnerzahlen der Gebietskörperschaften ........................................................................ 4
Tabelle 2: Prognose der Bevölkerungsentwicklung 2011‐2030 .............................................................. 5
Tabelle 3: Bruttowertschöpfung 2012 nach Wirtschaftsbereichen ........................................................ 9
Tabelle 4: Leitmärkte NRW / Kompetenzfelder in der Region Aachen ................................................. 14
Tabelle 5: Leitmärkte NRW / Kompetenzfelder der Teilregionen in der Region Aachen ..................... 14
Tabelle 6: Datenbasis zu Abb. 7 u. 8 – Sortiert nach Relativer Anteil an Gesamtbeschäftigung in der
Region in % ........................................................................................................................... 16
Tabelle 7: Datenbasis zu Abb. 9 u. 10 – Sortiert nach Spezialisierungsindex Region Aachen .............. 18
Tabelle 8: Patentanmeldungen beim EPA ............................................................................................. 21
Tabelle 9: Top Engpassberufsgruppen im Jahre 2020 ........................................................................... 27
Tabelle 10: Clusterübersicht der Region Aachen .................................................................................. 30
Tabelle 11: Übersicht geplanter Umsetzungsprojekte .......................................................................... 56
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Integriertes Handlungskonzept für die Region Aachen
An der Erstellung des Regionalen Handlungskonzeptes haben mitgewirkt:
Stadt Aachen
StädteRegion Aachen
Industrie‐ und Handelskammer Aachen
Innovationsregion Rheinisches Revier GmbH
Wirtschaftsförderungsgesellschaft für den Kreis Heinsberg mbH
Kreis Düren
Kreis Euskirchen
Impressum
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