Daten
Kommune
Kreis Euskirchen
Größe
83 kB
Datum
17.06.2015
Erstellt
11.06.15, 12:00
Aktualisiert
11.06.15, 12:00
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Inhalt der Datei
Kreis Euskirchen
Der Landrat
Z1 / A 72/2015
Datum: 09.06.2015
Bürgeranregungen gemäß § 21 Kreisordnung NRW i. V. m. § 16 der Hauptsatzung
hier: Anträge zur Einführung einer kreisweiten Kastrations- und Kennzeichnungspflicht für
freilaufende Katzen
In den der Fachabteilung vorliegenden Anträgen der Tierschutzvereine und Tierschützer wird eine
kreisweite Einführung einer Kastrations- und Kennzeichnungspflicht für freilaufende Katzen (sog.
Freigängerkatzen) mit der Begründung gefordert, dass diese Tiere zur Vermehrung der freilebenden
verwilderten Katzen beitragen, ein Problem des Tier- und Naturschutzes darstellen und die
Versorgung der Nachkommen dieser herrenlosen Tiere die öffentlichen Kassen und die
Tierschutzvereine belasten.
Bisher ist es schon möglich, Kastrations- und Kennzeichnungsanordnungen auf kommunaler Ebene
in Form einer allgemeinen ordnungsbehördlichen Verordnung im Sinne des § 27 OBG NRW zu
erlassen. Entsprechende Verordnungen bedingen eine von freilebenden Katzen oder von
Freigängerkatzen ausgehende abstrakte Gefahr (z. B. Übertragung von Krankheiten auf Menschen,
Gefahr für andere Tierarten, etwa Singvögel). Im Kreis Euskirchen hat nur die Gemeinde Kall eine
Regelung getroffen. In §§ 5, 16 der Ordnungsbehördlichen Verordnung heißt es:
„Katzenhalterinnen und Katzenhalter, die ihrer Katze Zugang ins Freie gewähren, haben diese zuvor
von einem Tierarzt kastrieren und mittels Tätowierung oder Mikrochip kennzeichnen zu lassen. Dies
gilt nicht für Katzen, die jünger als fünf Monate sind. Als Katzenhalterin und Katzenhalter im
vorstehenden Sinne gilt auch, wer freilaufenden Katzen Futter zur Verfügung stellt.“
„Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig die Bestimmungen der Kastrations - und
Kennzeichnungspflicht für freilaufende Katzen gemäß § 5 der Verordnung verletzt.“
Bei den von den Tierschutzvereinen in ihren Anträgen beispielhaft genannten Verordnungen in Bonn
und Swisttal handelt es sich um vergleichbare kommunale Verordnungen.
Zur Abwehr konkreter Gefahren für die Gesundheit und körperliche Unversehrtheit von frei
umherlaufenden Katzen wurde den Kreisveterinärbehörden im Tierschutzgesetz in der Fassung vom
28.07.2014 erstmals die Möglichkeit eingeräumt, eine eigene Verordnung zu erlassen:
§ 13 b TierSchG:
(Die Veterinärbehörden) werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung zum Schutz freilebender
Katzen bestimmte Gebiete festzulegen, in denen
1. an diesen Katzen festgestellte erhebliche Schmerzen, Leiden oder Schäden auf die hohe Anzahl
dieser Tiere in dem jeweiligen Gebiet zurückzuführen sind und
2. durch eine Verminderung der Anzahl dieser Katzen innerhalb des jeweiligen Gebietes deren
Schmerzen, Leiden oder Schäden verringert werden können.
In der Rechtsverordnung sind die Gebiete abzugrenzen und die für die Verminderung der Anzahl der
freilebenden Katzen erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Insbesondere können in der
Rechtsverordnung
1. der unkontrollierte freie Auslauf fortpflanzungsfähiger Katzen in dem jeweiligen Gebiet verboten
oder beschränkt sowie
2. eine Kennzeichnung und Registrierung der dort gehaltenen Katzen, die unkontrollierten freien
Auslauf haben können, vorgeschrieben werden.
-2Eine Regelung nach Satz 3 Nr. 1 ist nur zulässig, soweit andere Maßnahmen, insbesondere solche
mit unmittelbarem Bezug auf die freilebenden Katzen, nicht ausreichen.
Schutzzweck dieser Verordnung ist ausschließlich der Schutz der freilebenden Katzen um ihrer selbst
willen. Der Tierschutz soll dadurch gefördert werden, dass sich die Gesamtzahl der freilebenden
Katzen in dem jeweiligen Gebiet mittelfristig durch das natürliche Versterben der vorhandenen Tiere
verringert, weil diese nicht mehr unkontrolliert Nachwuchs zeugen können. Die von freilebenden
Katzen oder von Freigängern ausgehenden Gefahren für Menschen oder andere Tierarten sind nicht
Gegenstand einer solchen Verordnung und nur durch kommunale Verordnungen regelbar (s. o.).
Tatbestandliche Voraussetzung des § 13 ist zunächst, dass bei den freilebenden Katzen Schmerzen,
Leiden oder Schäden festgestellt worden sind. Erfasst sind nur solche, die sich Katzen im Rahmen
ihres natürlichen Verhaltens in der freien Natur gegenseitig zufügen oder die sie erleiden,
beispielsweise im Rahmen von Revierkämpfen, durch Krankheitsübertragungen, im Zusammenhang
mit der Paarung oder wegen Futtermangels. Die Schmerzen, Leiden oder Schäden müssen, so die
weitere Voraussetzung der Vorschrift, unmittelbar mit der großen Anzahl von Katzen in einem Gebiet
zusammenhängen.
Unter Berücksichtigung dieser gesetzlichen Vorgaben sind die Anträge der Tierschutzvereine auf
Erlass einer Verordnung zumindest derzeit rechtlich als kritisch zu beurteilen. So beinhalten die
vorliegenden Anträge keine Angaben darüber, ob freilebende Katzen sich in einem qualvollen
Zustand befinden, die Anzahl der Tiere hierfür ursächlich ist und ein Verbreitungsgebiet
auszumachen ist.
Eine Abfrage des Veterinäramtes zur Verifizierung der genannten Voraussetzungen bei der im Kreis
Euskirchen praktizierenden Tierärzteschaft erbrachte keine Erkenntnisse darüber, dass es generell
bzw. in einem bestimmten Gebiet zu einem vermehrten Aufkommen von Schmerzen, Leiden oder
Schäden bei eingefangenen und behandelten freilebenden Katzen gekommen wäre.
Hinzu kommt, dass bei den im Rahmen der seit 2009 laufenden Katzenkastrationsaktion bislang ca.
1.400 kastrierten verwilderten Katzen keine Leiden der Tiere erkannt wurden, die eine Verordnung
zum Nachteil der ländlich gehaltenen Freigängerkatzen (vgl. § 13 Satz 3 Nr. 1) rechtfertigen würde.
Die gemeinsam mit den Ordnungsämtern und Tierschutzvereinen laufende Kastrationsaktion dient
genau dazu, eine Überpopulation freilebender Katzen zu verhindern (vgl. § 13 Satz 4).
Aus diesem Grunde sollen mit den Tierschutzvereinen die Voraussetzungen für eine
Ordnungsbehördliche Verordnung der Veterinärbehörde und die weitere Bearbeitung der Anträge
erörtert werden.
gez. i. V. Poth
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(Landrat)